1917 / 47 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 23 Feb 1917 18:00:01 GMT) scan diff

er diesen Betrieben steht doch eine große Zahl solcher bei denen ein Rückgang zu verzeichnen ist. Gelitten hat besonders der Kleinhandel mit Lebensmitteln. Man hat u spät eingesegen, daß seine Ausschaltung zeheeüre war. Warum at man den Kleinhändlern verboten, die Preise an den Waren an⸗ uheften? Die Bauhandwerker sind besonders schlimm daran. Sie seönnen die hohen Löhne nicht zahlen, welche in der Industrie gezahlt werden. Auch das Baumaterial ist viel teurer geworden. Daß den Handwerkern auch durch die Militarbehörden ihre Lage erschwert wird, zeigen mehrere Fälle in Cottbus, wo das Militärbauamt bei der Ver⸗ ebung von Baracken⸗ und Malerarbeiten nachträglich eingegangene Ufferben berücksichtigt und die der Mindestfordernden Fiewesen hat. Wenn man sich darauf berufen hat, daß die Cottbuser Hand⸗ werker nicht genug Gesellen oder Handwerker hätten, so hätte man doch die Arbeiten in kleineren Losen vergeben sollen, dann wären . rechtzeitig fertig geworden. Tatsächlich hat der Malermeister, em man die Arbeiten übertrug, selber auch nicht genügend Kräfte gehabt, sondern sie erst von anderer Stelle herbeigezogen. Die Gast⸗ wirte sind durch die Polizeistunde in eine sehr schlechte Lage gekommen. In manchen Gewerhen verhindert der Mangel an Material die Arbeiten, besonders in der Metallwaren⸗ und der Lederwarenfabrika⸗ tion. Monatelang haben die Betriebe auf die Seceenung von Leder ewartet, und doch wäre gerade beim Leder eine Vereinfachung der Helieferun möglich. Die Maßschneider haben sehr viel unter Bezugs⸗ veinpflicht zu leiden; sie haben nicht die Mittel, sich ein größeres eueres Lager hinzulegen. Ersreulich ist die Fortentwicklung des Genossenschaftswesens. Von einer Ueberentwicklung desselben kann beim Handwerk keine Rede sein. Ich wünschte sogar, daß die Zahl der Handwerksgenossenschaften sich noch verdoppeln möge. Die Uebergangszeit wird 18 das Peee recht schwer sein; aber nach den beruhigenden Erklärungen des Ministers kann man wenigstens offen, daß die Handwerker zu den Beratungen zugezogen werden. ten Handwerkern wird es trotzdem in der Uebergangszeit 88 werden, wieder regelmäßige Arbeit zu finden. Die Kaufkraft des Volkes, die jetzt noch vorhanden ist, wird erlahmen, wenn nicht mehr die hoben Lohne 872e werden können. Mit großer Beunruhigung ehen die Handwerker dieser Zukunft entgegen, zumal es an Roh⸗ toffen mangelt. Die Kommission hat leider den ersten Teil unseres ntrages wegen Ausdehnung der Kriegshilfskassen auf diejenigen, die nur mittelbar durch den Krieg ihre Existenz verloren haben, abgelehnt. Viele daheimgebliebene Handwerksmeister haben tatsächlich ihren Betrieb müssen und arbeiten in der Großindustrie. Wenn diese nach dem Kriege ihren Betrieb wieder aufnehmen wollen werden sie es nicht ohne tun können. Es gibt no viele Handwerksbetriebe, die noch Staatslieferungen übernehmen könnten. Wo if überhaupt die Grenze zwischen Handwerk und Industrie, abgesehen von der Großindustrie? Ein Teil der Henn⸗. werker arbeitet übrigens schon heute. 8 in Hand mit der Groß⸗ industrie, z. B. in der Metallwarenindustrie, in der EL1 all die kleinen Sachen machen, die die Industrie für ihre Heeres⸗ lieferungen braucht. Der Minister hat den besten Willen für das Handwerk, aber er muß auch dafür sorgen, daß die unteren Organe seine Bestimmungen befolgen. (Sehr rieztig links.) Dann wird wieder Zufriedenheit in das Handwerk einkehren, sonst aber müßte das Handwerk sagen, daß man 8* das Handwerk nur Worte, aber nicht Taten hat. Für das gewerbliche Schulwesen stehen ganz hübsche Summen im Etat, ob sie aber genügen werden, b ich nicht. Meine Partei wünscht durchaus nicht die Schließung der Fortbildungs⸗ chulen. Der vaterländische Hilfsdienst entzieht 1“ ie Lehrlinge, und nach einer Zeitungsmeldung will der

tigt werden. Al Betriebe gegenuber,

Minister sogar den älteren Lehrlingen den Fortbildungsschulunterricht erlassen, so⸗ lange das Gesetz über den vaterländischen Hilfsdienst besteht. Hoffent⸗ lich wird dies nicht das Fortbildungsschulwesen durchkreuzen. Die Gründe für den Rückgang der Lehrlingszahl sind vielfacher Art; man kann es den Eltern allerdings nicht verdenken, wenn sie ihre Söhne in besser bezahlte Stellungen bringen. Aber hier ist Staats⸗ hilfe nötig, um das Handwerk zu erhalten. Allerdings werden auch in den Staatsbetrieben, namentlich in den Eisenbahnwerkstätten, ebenso wie in der Großindustrie, Lehrlinge ausgebildet, aber der Bedarf an Lehrlingen wird dadurch nicht gedeckt. Das Königreich Sachsen zahlt jahrlich 112 für bedürftige Lehrlinge. Andere Bundesstaaten geben auch Beiträge für die SFi bedürftiger Lehrlinge, Preußen aber noch keinen Pfennig. Im Verhältnis zu dem badischen Beispiel müßte Preußen jährlich 240⸗ bis 260 000 dafür ausgeben. gegen der beschränkten Wohnungsverhältnisse der Handwerksmeister sind Lehrlingsheime gegründet worden, die Regie⸗ rung sollte sie mit ihren Mitteln unterslütben. Zu der Lehrlings⸗ ausbildung gehört aber auch die Familienerziehung, die moralische Erziehung. (Sehr richtig! rechts.) Die öffentlichen Arbeitsnachweise könnten sehr gut als Beratungsstellen für die Lehrlinge dienen. Wenn alle Kräfte mitarbeiten, kann der Erfolg nicht ausbleiben. Hoffent⸗ lich wird es wieder zur Wahrheit, daß das Handwerk einen goldenen Boden hat. Die heimkehrenden Krieger werden beweisen, daß sie das Friedenshandwerk nicht verlernt haben. Wir unsererseits haben die Pflicht, unsere Worte in Taten umzusetzen. (Beifall.)

Ministerialdirektor Dönhoff: Daß dem Minister daran liegt, daß nach den Wünschen des Vorredners verfahren wird, möge er daraus sehen, daß der Minister alsbald über die im Ausschuß von dem Vorredner vorgebrachten Beschwerden Bericht eingefordert 2 um festaustellen, ob Unregelmäßigkeiten vorliegen. In einem 7 alle ist au Wunsch des Mhniser ein Auftrag für Schneiderarbeit den Schneidern wieder zugewiesen worden. Das Kriegsministerium hat aber erklärt, daß die Vergebung der Arbeit an einen Töpfermeister auf Empfehlung der Schneiderwerksgenossenschaft in Frankfurt a. O. erfolgt war. In einem anderen Falle hat sich herausgestellt, daß ein Lieferungsangebot durch Verschulden der Post nicht rechtzeitig eingelaufen ist. Der Ministerialdirektor klärt noch einige andere Einzelfälle auf und bemerkt dann, daß auch dem Minister die Auf⸗ rechterhaltung des Fortbildungsschulwesens erwünscht sei, damit die jungen Leute zur Arbeit erzogen werden können.

Abg. Leinert (Soz.): Der Weg der Selbsthilfe ist für das Handwerk der einzig richtige. Die Lieferungsverbände und die Zen⸗ tralen der Kleinindustrie haben den Vorteil, daß sie den Zwischen⸗ gewinn der Agenten ausschalten. Dasselbe ist auch bei den Konsum⸗ vereinen der Fall. Ob eine Genossenschaft den 1A“ eine andere die Verteilung der Waren bezweckt, ist gleich. ie Hand⸗ werker haben im letzten Jahre für 100 Millionen Heeresaufträge ausgeführt. Das war nicht leicht. (Zuruf: Es ist gegangen!) Gewiß, aber es ist nur gelungen durch Herstellung von Aufträgen in einer gemeinsamen Betriebsstätte. Das war also ein organisierter Großbetrieb. Nach dem Kriege werden die Fortschritte der Technik und der Chemie das Handwerk nicht unberührt lassen, sondern es von innen aushöhlen. Diese Entwicklung ist unaufhaltsam. Das Handwerk sollte sich keine Illusionen machen. Wenn viele Eltern jetzt ihre Söhne, die bei Meistern in der Lehre sind, in die Fa⸗ briken schicken, so sind sie dazu durch die Teuerung gezwungen. Die Fachbildung der Lehrlinge des Handwerks ist ebenso notwendig, wie die der Handlungslehrlinge und anderer Berufe. Es sind viel mehr Fachschulen für die Handwerkslehrlinge nötig, und der Staat 5.

tüchtigen Handwerksgesellen den eüsag in die technischen und höheren le Pnlschen Schulen gewähren nach dem proklamierten Grundsatz: dem Tüchtigen freie Bahnen! Herr Hammer hat in bezug auf den Wucher sehr sonderbare Anschauungen geäußert und die Erzeuger schlechtweg in Schutz genommen. Das Vorgehen des Herrn von Batocki sollte ihn eines Besseren belehren. Herr Hammer hat sodann von einer Wucherpsychose gesprochen. Was hat es denn für einen Wert, wenn er auffordert: kauft i in Warenhäusern. Dies tun doch selbst seine eigenen Freunde. anz 1; Protest aber muß ich einlegen gegen den Vorwurf des Abg. Hammer gegen die Verkäuferinnen der Warenhäuser. Von einer . ugsuch er Ver⸗

käuferinnen habe ich nichts bemerkt, wohl aber von der Putzsucht der Damen in gewissen Straßen. Herr Rewold will den Hafen von Antwerpen annektieren; warum nicht auch den von Calais oder Le

vre. Die Reichsregierung hat niemals hrab. von einer

nnexion Belgiens gesprochen; der Reichskanzler sprach nur von

und ein preußischer Minister hak gesagk, die Ein⸗

Faustpfändern, rg und Bremen a

beziehung von Antwerpen würde in Emden, n den größ ten Widerspruch erwecken. Eine Her ödrückung Deutschlands auf den Stemdpunkt von 1870 werden wir niemals zulassen. Wir wollen die wirtschaftliche Entwicklung fortsetzen, die 1914 unter⸗ brochen wutde; Annexionen sind dazu nicht notwendig. Wenn wir uns behaupten, so wie wir 1914 dastanden, so ist das ein Sieg Deutschlands, und England hat den Heies verloren. Wir stehen ganz auf denz Standpunkt unserer Note an die Neutralen. Eine Hege⸗ monie Peutschlands würde den Krieg verewigen.

Dise Diskussion wird vesclofen. 1“

Ab⸗z. Stroebel (Soz. Arb.⸗Gem.): Wie gestern dem Abg. Adolf „Hoffmann, so schneiden Sie jetzt mir das Wort ab. Sie wollen die Stimme der Besonnenheit und Wahrheit nicht hören. (Lachen.) (Vizepräsident Dr. Paasche: Das gehört nicht zur

eschäftsordnung!) Ein solches Verfahren der Minderheit gegenüber ist unnobel im höchsten Grade. Ich mißgönne der Fruktion des neuorientierenden Sozialismus nicht, daß sie regelmäßig das Wort erhält, kann aber verlangen, daß man uns eine Entgegnung nicht abschneidet.

Abg. Hammer (kons.) persönlich: Ich habe mich gestern als den schärfsten Gegner des Wuchers bekannt und von einer Wucher⸗ psychose nur in dem Sinne gesprochen, daß eine gewisse Anzeigewut herrsche. Ferner habe ich nicht von den Verkäuferinnen in den Waren⸗ häusern gesprochen und ihre Putzsucht getadelt, sondern von den Damen auf der Straße, geradeso wie der Abg. Leinert.

Abg. Leinert (Soz.): Ich hatte den Abg. Hammer so verstanden, nehme aber meine Worte zurück.

Der Etat der Handels⸗ und Gewerbeverwaltung wird enehmigt, ebenso gelangen die von dem Ausschuß vorge⸗ Resolutionen zur Annahme.

Der Etat der Zölleund indirekten Steuern wird ohne Debatte bewilligt.

Es folgt der Etat der direkten Steuern.

Berichterstatter Abg. Schmedding (Bentr.) berichtet über die Kommissionsverhandlungen und beantragt, die Uebersicht über die Ergebnisse der Veranlagung zur Einkommensteuer für das Steuer⸗ jahr 1916 durch Kenntnisnahme für erledigt zu erklären und die Pelition der Landwirtschaftskammer in Kiel um H vfasfung der Kriegs⸗ anleihe zum Nennwert als Steuerzahlungsmittel der Regierung als Material zu überweisen. 1

Abg. Hr. Bredt (freikons.): Die Finanzlage ist in Wirklichkeit noch günstiger, als es im Etat zum Ausdruck kommt; denn es sind die Einnahmen der Eisenbahnverwaltung vom Reiche noch nicht hinzu⸗ erechnet. Heute sind die Steuerzuschläge nicht mehr dazu da, als etztes Hilfsmittel ein Defizit zu decken, sondern wir können ganz ruhig fragen, ob wir die Steuerzuschläge noch haben wollen. Der Abg. Friedberg hat sich für die 1 der Einkommensteuer ausgesßrschen, Allerdings in sehr vorsichtiger Form. In den Stadt⸗ verwaltungen haben wir bereits die Quotisierung, und die Erfahrung hat dort gezeigt, daß diejenigen, die neue Ausgaben wollen, doch be⸗ denklich werden, wenn dadurch die Einkommensteuerzuschläge erhöht werden müssen. Unser Finanzwesen bedarf nach dem Kriege des organischen Autzbaues. Dieser hat mit dem Finanzbedarf nichts zu tun, es wird sich nur darum handeln, die Steuerlasten gerecht zu verteilen. Unsere ganzen Kulturarbteien dürfen unter keinen Um⸗ ständen leiden. Daß nach dem Feldzuge der Bedarf steigen wird, ist unbestreitbar. Wir müssen den organischen Ausbau der Steuern in bald vornehmen. Wir müssen alle Steuermöglichkeiten ins

uge fassen. Ich bitte die Regierung, ihre Aufmerksamkeit auf diesen organischen Ausbau zu richten. (Beifall.)

Abg. Graf von der Groeben kons.): Wir lehnen grund⸗ sätzlich gie Quotisierung der Einkommensteuer ab. Der Vorredner hat eine Neuordnung des preußischen Einkommensteuer⸗ wesens gefordert. Ich will ihm auf dieses Gebiet nicht folgen; der Gedanke verdient gründlich erwogen zu werden. Aber wir können jetzt noch nicht dazu Stellung nehmen. Das Ernkommensteuergesetz enthält allerdings eine Menge von Herte die bei einer organischen Reform beseitigt werden müssen. ie Steuereinnahmen zeigen ein günstiges Bild. Das berechtigt uns zu der Hoffnung, daß, wenn wir einen siegreichen Frieden erreichen, unser Wirtschaftsleben die Kraft haben wird, alle Schwierigkeiten zu überwinden. Die Steigerungen der Einkommensteuer in Königsberg und Gumbinnen um 15 und 13 % sind erfreulich und zeigen uns, daß Ostpreußen den schweren Einfall Rußlands überwunden hat und ein neues Erblühen der Provinz wieder begonnen hat. Bei der Hindenburg⸗Spende stand sie an der Spitze; das erfüllt uns mit Stolz und Freude. Wir können den Finanzminister nur bitten, sein Wohlwollen auch ferner dieser Provinz zuzuwenden; die aufgewandten Gelder wären wohl angebracht. Die Etatssätze 18 vorsichtig. Der Finanzminister hat recht mit dieser Vorsicht; die Etatsansaͤtze sind vorsichtig, aber nicht unrichtig. Einer Junggesellensteuer hat sich der Minister sympathisch gegen⸗ übergestellt. Diese Frage hängt aufs engste mit der Bevölkerungs⸗ politik zusammen. Viel verspreche ich mir allerdings nicht davon. Was die selbständige Steuerkommission betrifft, sy kommt es darauf an, ob die Landräte dieser Aufgabe gewachsen sind oder nicht, und ob die erforderlichen selbständigen Kräfte vorhanden sind. Haß die Land⸗ räte steuertechnisch nicht genug vorgebildet seien, trifft heute nicht mehr zu. Der Landrat 8 am e geeignet, die ganzen Verhält⸗ nisse seines Kreises und der einzelnen zu übersehen. Wo Landräte versagen, sind wir durchaus dafür, daß die Konsequenzen daraus ge⸗ zogen werden. Aber grundsätzlich sind wir der Meinung, daß der Landrat grundsätzlich der gegebene Steuerkommissar ist und bleiben muß. In bezug auf die steuerliche Belastung der Gemeinden ist fest⸗ zustellen, daß die Reichssteuern die Erträgnisse der preußischen Steuern aushöhlen. Die indirekten Steuern haben nicht so zugenom⸗ men wie die direkten. Das Reich hat den Einzelstaaten und den Kommunen Steuerquellen entzogen. Man hat darauf hingewiesen, daß nach dem Kriege ein Drittel der gesamten Vermögen konfisziert werde. sehe darin eine schwere Gefahr (lebh. Zustimmung), owohl für das Reich wie für die Bundesstaaten, die Gemeinden und ür die Volkswirtschaft und die einzelnen Klassen des Volkes. (Er⸗ Wer es mit unseren Gemeinden gut meint, darf

neute Zustimmung.) gut mei 1 Notwendig ist eine feste

ihnen direkte Steuerquellen nicht entziehen. Notwend Abgrenzung der Steuern des Reiches, der Einzelstaaten und der Ge⸗ meinden. Einseitige Belastungen müssen vermieden werden. Wir werden einen Antrag in diesem Sinne einbringen. Eine gesunde Finanzierung wird nur möglich sein, wenn wir eine ausreichende Krlegeentschädigung bekommen. Hoffentlich wirkt der Finanzminister in diesem Sinne. Die Kriegsentschädigung muß so Leszaffe sein, daß unseren Feinden die Lust zu einem neuen Kriege vergeht. (Beifall rechts.

1 dhb.. Lewy (nl.): Der vorgelegte Etat ist ein Muster von weiser Vorsicht bei Bemessung der Einnahmen. Er enthält stille Reserven von 100 bis 150 Millionen, und was der Finanzminister dagegen ausgeführt hat, hat mich und meine Freunde nicht über⸗ eugt. Auf die Frage der Steuerzuschläge legen wir jetzt nicht das⸗ felbe Gewicht wie sonst. Wir werden eine grundlegende Regelung dieser Frage spätestens nach dem Kriege vornehmen müssen. Wenn Graf von der Groeben die Ergebnisse der Veranlagung der Ein⸗ kommensteuer als erfreuliches Zeichen für die wirtschaftliche Stärke des preußischen Staates bezeichnet hat, so kann ich ihm darin folgen. Aber es ist nicht zu verkennen, daß ein Teil des Mehreinkommens auf eine Mobilisierung des Kapitals zurückzuführen ist, nicht sowohl bei der Landwirtschaft, als bei den industriellen Unternehmungen, die ihre Vorräte verarbeitet haben. Es war vorsichtig, danach die Etats⸗ ansätze zu richten. Was die Gestaltung der Veranlagungskom⸗ missionen betrifft, so stehen wir nach wie vor auf dem Standpunkt, daß eine gleichmäßige und gerechte Heranziehung der Zensiten notwendig ist. Der Landrat ist namentlich jetzt im Kriege, wo ein Teil der besten Beamten zu den 8e einberufen ist, hierzu nicht in der Lage. Ich habe vor seinen Leistungen im Kriege die größte Achtun aber er ist so überlastet, daß er eine gerechte Verteilung gar nich vornehmen kann. Wiy werd Aülb nicht um die Uebertragung

der Steuerveranlagung an kechnisch bvorgebildele Steuerkommi im Hauptamt herumkommen 8 (Lebhafter Beizall b. d. 885 tionalliberalen.)

Auf eine Anfrage des Abg. Johannsen (freikons.) erklärt:

Generalsteuerdirektor Heinke, daß die Veranlagungskom. missionen nicht berechtigt sind, bei der Kriegs⸗ und Besitzsteuer Zu⸗ schläge zu den Gestehungskosten wegen des hohen Wertes des lebenden Inventars zu erheben. 1 .

Abg. Hirsch⸗Berlin (Soz.): Die jetzigen Steuererträgnisse lassen Linen Schluß auf die Einkommensverhältnisse nach dem Kriege zu. Wenn Graf von der Groeben bei seinem Borschlage der Abgrenzung der Steuern die direkten Reichssteuern bekämpfen wollte so müssen wir dagegen Verwahrung einlegen. Eine organische Reform der preußischen Steuern halten auch wir für notwendig. Das Kinderprivileg muß weiter ausgebaut, die steuerfreie Grenxe wegen der Entwertung des Geldes ausgedehnt werden. Die An⸗ stellung hauptamtlicher Steuerkommissare ist unbedingt erforderlich.

ätten wir solche schon vor dem Kriege gehabt, dann hätten wir ohne Steuerzuschläge das günstige Ergebnis erzielt, das jetzt vor uns liegt. Den Gedanken der Konfiskation eines Teils der Vermögen mit Rück. sicht auf die Reichsschulden halten wir für durchaus diskutabel.

Hierauf wird um 5 ½ Uhr die weitere Beratung au Freitag, 11 Uhr, vertagt. Außerdem kleinere Etats und Etat des Finanzministeriums.

Parlamentarische Nachrichten.

Dem Reichstage ist der folgende Entwurf eines Kohlensteuergesetzes zugegangen: Allgemeine Vorschriften.

§ 1. Gegenstand der Steuer.

Die inländische sowie die aus dem Ausland eingeführte Kohle unterllegt einer in die Reichskasse fließenden Abgabe (Kohlensteuen).

Im Sinne dieses Gesetzes gelten als Kohle alle Arten nicht auf⸗ bereiteter oder aufbereiteter Stein. und Braunkohle, bei Braunkohle

auch die aus ihr hergestellten Preßkohlen, bei der Einfuhr aus dem Ausland außerdem Koks sowie die aus Steinkohle hergestellten

Preßkohlen.

§ 3. A. Steuerpflicht.

9 Zur Entrichtung der Steuer ist verpflichtet, wer von ihm in Inland gewonnene Kohle oder aus von ihm gewonnener Braunkohle hergestellte Preßkohlen auf Grund eines Kaufvertrags liefert oder se sonst abgibt oder sie der Verwendung im eigenen Betrieb oder den eigenen Verbrauche zuführt.

Zur Entrichtung der Steuer ist ferner verpflichtet, wer von einem anderen im Inland gewonnene Steinkohle aufbereitet oder wer von einem ande en im Inland gewonnene Braunkohle zu Preßkohlen verarbeitet und dann auf Grund eines Kaufvertrags liefert oder sie sonst abgibt oder sie der ö1“ im eigenen Betrieb oder dem eigenen Verbrauche zuführt. Er erhält bei Versteuerung der bei ihn steuerpflichtig gewordenen Kohle die Steuer vergüter, welche für die zur Aufbereitung oder Verarbeitung bezogene Kohle entrichtet worden ist. 1

Zur Enttichtung der Steuer für aus dem Aubsland eingefühtte Kohle ist der Empfänger verpflichtet.

§ 4.

Die Steuerpflicht für die inländische Kohle tritt ein, sobald die Koble geliefert, sonst abgegeben oder der Verwendung im eigenen Betrieb oder dem eigenen Verbrauche zugeführt wird; die Steuc wird fällig am fünfzehnten des folgenden Monats. b

Die Steuerpflicht für aus dem Ausland eingeführte Kohle trit ein mit der Grenzüberschreitung. Die Steuer wird fälliz, sobal die Sendung zum freien Verkehr abgefertigt worden ist. 9c— steuerpflichtige Kohle haftet ohne wücksicht auf die Rechte ein Dritten für die darauf ruhende Steuer und fann, solange deren U richtung nicht erfolgt ist, von der Steuerbehörde zurückdehalten ter mit Beschlag belegt werden.

Im Falle der Hinterztebung gilt die Steuer als in dem Augn blicke fällig geworden, in dem d'e Kohle zur Versteuerung bätte ag emeldet werden müssen. 1 1 Befreiung von der Steuer.

Der Versteuerung unterliegen nicht die zur Aufrechterhaltung des Betriebs des Bergwerks sowie der Aufberestungsanlagen erforderlich Kohlen, ferner diej⸗nigen Mengen an Braunkohle, welche zur Her stellung der Preßkohlen benötigt werden. .

Der Buandesrat ist ermächtigt, Bestimmungen zu treffen, n wieweit Koble steuerfrei zu b⸗lassen ist, die zum Betriebe von Schiffe oder Eisenbahnzügen dient, die den Verkehr mit dem Ausland dir mitteln. 88 8

Höhe der Steuer.

Die Steuer beträgt zwanzig vom Hundert des Wertes der ge lieferten sder sonst abgegebenen oder der Verwendung im eigene Betrieb oder dem eigenen Verbrauche zugeführten oder der ei geführten Kohle. 8

Wertanmeldung und Ermittlung des Steuerbetragk.

Die steuapflichtig gewordene Kohle ist noch Menge und Be nach näberer Bestimmung des Bundesrats der Steuerbehörde schritl anzumelden. 88

Als Wert der auf Grund eines Kaufvertrags gelieferten Koh gilt der Verkaufepreis, ab Geube 3 Abs. 1) oder Verarbeitunge stelle 3 Abs. 2) gerechnet. Nachvergütungen oder neben dem kaufspreis gewährte Vorteile gelten als Teil des Verkaufspreises.

Steht der vereinbarte Verkaufzspreis im Mißverhältnisse zu e sonst ab Grube oder ab Verarbeitungsstelle abgeschlossenen 86 für entsprechende Mengen von Kohle gleicher Art, so kann die Sieu behörde die Anmeldung beanstanden. ict

Füͤhren die Verbandlungen mit dem Steuerpflichtigen nich 1 einer Einigung, so ist die Steuerbehörde berechtigt, der Versteuelc den Marklpreis zugrunde zu legen oder in Ermanglung eines so den Wert schätzen zu lassen und danach die Steuer festzusetzen. ben

Der Wert der in anderer Weise als durch Verkauf abgege 8 sowie der der Verwendung im eigenen Betrieb oder dem 8 Verbrauche zugeführten Kohle bestimmt sich nach dem für 9 gleicher Art ab Grube oder ab Verarbeitungsstelle geltenden kaufspreis. 1

§ 9. gilt d

8

Als Wert der aus dem Ausland eingeführten Kohle feüe g Erwerbspreis zuzüglich der bis zum Orte der Grenzeingangss dha standenen Kosten. Der Bundezrat ist ermächtigt, für diese Zu feste Sätze für je eine Tonne Kohlen zu bestimmen. § 10. Trägt die Steuerbehörde Bedenken, den nach § § 9 angemeldeten Wert als richtig anz mehmen, so find Ermittlung des Wertes der Kohle und für die Festsetzung die Vorschriften im § 8 Absf. 3 entsprechende Anwendung.

11.

Wird der Wert der Kohle von der Steuerbehörde 1—

8 Abf. 4 % en für der Ste

von der Anmeldung des Steuerpflichtigen festgesetzt 8

§ 10), so ist dem Steuerpflichtigen über die Festseturg ein Bescheit

zu erteilen. Beschwerde im Verwaltungswege 8

Gegen den Bescheid ist die mläsfig. Die Beschwerde hat keine aufschtebende Wirkung.

3 § 12. 3

Die Steuer kann ohre Sicherbeitsleistung auf drei Monate, gegen Sicherheitsleistung auf sechs Monate gestundet werden. 8 § 13. 1

Verjährung. Anrsprüche auf Zahlung oder Erstattung der Steuer verjähren in einem Jahre vom Tage des Eintritts der Fälligkeit oder der Ent⸗ richtung ab. Der Anspruch auf Nachzahlung eines hinterzogenen Steuerbetrags verjährt in drei Jabren. Die Verjährung wird durch jede von der zuständigen Behörde

8 1161“

gegen den Zahlungspflichtigen zur Geltendmachung des Anspruchs

gerichtete Handlung unterbrochen. üüII1. Abschnitt. Steueraufsicht. § 14. Anmeldepflicht.

Wer im Inland Kohle gewinnen, aufbereiten oder Braunkoble zu Preßkohlen verarbeiten will, hat dies vor der Eröffnung des Be⸗ triebs der Steuerbehörde nach deren näherer Bestimmung anzumelden. Ebenso sind alle Aenderungen im Besitz oder im Betrieb anzumelden, die auf die Festsetzung oder die Entrichiung der Steuer Einfluß haben.

.“ § 15. Ein Betriebsinhaber, der den Betrieb nicht selbst leitet, hat der Steuerbehörde diejentge Person zu bezeichnen, die als Betriebsleiter in seinem Namen handelt.

Die im folgenden für den Betriebsinhaber gegebenen Vorschriften gelten, mit Autnahme derjenigen über die Kostenpflicht im § 18 Hat 8, auch fuͤr den Betriebeleiteert.

Steueraufsicht.

Die nach § 3 Abs. 1 und 2 steuerpflichtigen Betriebe unterliegen der Steueraufsicht. Die Beamten der Steuerverwaltung sind befugt, die Anlagen, solange darin gearbeitet wird, zu Pder Zeit, andernfalls während der Tagesstunden zu besuchen. Die efugnis erstreckt sich nur auf die über Tage liegenden Teile der Anlagen, einschließlich der Geschäftsräume und Verladungsanlagen. Die Zeitbeschränkung fällt weg, wenn Gefahr im Verzug ist.

§ 17.

Der Betriebsinhaber hat den Steuerbeamten jede für die Steuer⸗ aufsicht erforzerliche Auskunft über den Betrieb und den Absatz zu erteilen.

§ 18.

Ist der Betriebsinhaber wegen Steuerhinterziehung bestraft worden, so kann der Betrieb besonderen Aufsichtsmaßnahmen unter⸗ worfen werden. Die Kosten fallen dem Betriebsinhaber zur Last. Die Einziehung der Kosten erfolgt nach den Vorschriften über das für die Betreibung der Zölle und mit deren Vorzugs⸗ rechte.

Der Betriebsiahaber ist verpflichtet, nach Bestimmung der Steuerbehörde über die gewonnenen, beiogenen und verarbeiteten sowie über die auf Grund von Kaufverträgen gelieferten oder sonst abgegebenen oder der desre Fe. eigenen Betrieb oder dem eigenen Verbrauche zugeführten Mengen Kohle fortlaufende An⸗ schreibungen nach Sorten und Wert zu führen.

Den Oberbeamten der Steuerverwaltung sind die auf die Ge⸗ winnung, den Bezug, die Verarbeitung und den Absatz der Kohle bezügl’ichen Geschäftsbücher und Geschäflspapiere auf Erfordein zur Einsicht vorzulegen. 88

§ 20.

Für Anlagen, die von einem Bundesstaate betrieben werden, kann der Bunderat in Ansehung der Steueraufsicht Abweichungen zulassen.

§ 21.

Aus dem Ausland darf Kohle nur auf einer Zollstraße und während der Zollstunden eingeführt werden. 8 5

III. Abschnitt. Straßvorschriften. § 22. ““ Steuerhinterziehung. Wer es unternimmt, dem Reiche die in diesem Gesetze vorgesehene Steuer vorzuenthalten, macht sich der Hinterziehung schuldig.

§ 23. 86 Der Tatbestand des § 22 wird insbesondere dann als vorliegend angenommen,

1) wenn mit der Gewinnung, Aufbereitung oder Verarbeitung von Kohle begonnen wird, bevor die Anmeldung des Be⸗ triebs 14) in der vorgesch iebenen Weise erfolgt ist; wenn die im § 7 vorgeschriebene Anmeldung nicht oder nicht richtig abgegeben wird; wenn die im § 19 porgeschriebenen Anschreibungen nicht oder nicht richtig geführt werden; wenn Kohle aus dem Ausland nicht auf einer Zollstraße oder nicht während der Zollstunden eingeführt wisd.

Der Hinterziehung wird es gleichgeachtet, wenn jemand Kohle,

der er 2 oder den Umständen nach annehmen muß, daß hin⸗ sichtlich ihrer eine Hinterziehung der Steuer stattgefunden hat, er⸗ wirbt und den Erwerb nicht sofort der Steuerbehörde anmeldet.

Wird festgestellt, daß eine Vorenthaltung der Steuer nicht statt⸗ gefunden hat oder nicht beabsichtigt worden sst, so tritt nur eine Ordnungsstrafe nach § 26 ein.

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8 1““ A114“ 1“ 1““

Wer eine Hinterziehung begeht, wird mit einer Geldstrafe in Hoͤhe des vierfachen Betrags der Steuer, mindestens aber in Höhe von eintausend Mark für jeden einzelnen Fall bestraft. Außerdem ist die Steuer von dem Steuerpflichtigen nachzuzahlen.

Kann der Betrag der Steuer nicht festgestellt werden, so tritt eine Geldstrafe bis zu einhunderttausend Mark ein.

Im Falle der Wiederholung der Hinterziehung nach voraus⸗ Henggefe Bestrafung werden die im § 24 vorgesehenen Strafen

oppelt.

Jeder fernere Rückfall wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren und zugleich mit Geldstrafe nicht unter dem Vierfachen der im § 24 vorgesehenen Strafen bestraft; doch kann nach richterlichem Ermessen mit Berücksichtigung aller Umstände und der vorangegangenen Fälle an Stelle der Gefängnisstrafe auf Haft oder auf Geldstrafe nicht 85 dem Vierfachen der im § 24 vorgesehenen Strafen erkannt

en.

Die Rückfallstrafe tritt ein, auch wenn die frühere Strafe nur teilweise verbüßt oder gauz oder teilweise erlassen worden ist; sie bleibt ausgeschlossen, wenn seit der Verbüßung oder dem Erlasse der früheren Strafe bis zur Begehung der neuen Straftat drei Jahre verflossen sind.

§ 26.

Ordnungsstrafen.

gegen die Vorschriften dieses Gesetzes und die . 1 eteiligten besonders bekannt⸗

Buwiderhandlungen erlassenen und öffentlich oder den

dan

322 8

24 und 25 mit einer besonderen Strafe bedroht sind, mit einer rdnungestrafe von einer Mark bis zu dreihundert Mark bestraft.

§ 27. Haftung für andere Personen. Der Inhaber des unter Steueraufsicht stehenden Betriebs 8190 und der Empfänger haften für die von ihren Verwaltern, Geschäfts⸗ führern, Gehilfen und sonstigen in ihrem Dienste oder Lohne stehenden Personen sowie von ihren Familien⸗ oder Haushaltungsmitgliedern verwirkten Geldstrafen und Kosten des Strafverfahrens im Falle des e. der eigentlich Schuldigen, wenn nachgewiesen wird, 1) daß die Zuwiderhandlung mit ihrem Wissen verübt ist, oder 2) daß sie bei Auswahl und Arstellung der Vercwalter, Ge⸗ schäftsführer, Gebilfen und sonstigen in ihrem Dienste oder Lovne stehenden Personen oder bei Beaufsichtigung dieser sowie der bezeichneten Hausgeneossen nicht mit der Sorgfalt 1 eines ordentlichen Geschättsmanns vorgegangen sind. Läßt sich die Geldstrafe von dem Schuldigen nicht beitrelben, so kann die Steuerbehörde davon absehen, den für die Geldstrafe Haftenden in Anspruch zu nehmen, und die an Stelle der Geldstrafe irttende Freiheitsstrafe an dem Schuldigen vollstrecken lassen.

8 8

§ 28. 8

Umwandlung der Geldstrafen in Freiheitsstrafen. 8

Bei Umwandlung der nicht beizutreibenden Geldstrafen in Frei⸗ heitsstrafen darf die Freiheitsstrafe bei einer Hinterziehung im ersten Falle sechs Monate, im ersten Rückfall ein Jahr und im ferneren Rückfall zwei Jahre, bei eine: Ordnungswidrigkeit drei Monate nicht übersteigen. Im Falle des § 24 Abs. 2 bleidt bei der Umwandlung ein Fünftel der Geldstrafe außer Betracht.

§ 29. Zwangsmaßregeln. Die Steuerbehörde kann die Beobachtung der auf Grund dieses v getroffenen Anordnungen durch Androhung und Einziehung von Geldstrafen bis zu fünfhundert Mark im einzelnen Falle er⸗ zwingen. Die Vorschrift des § 18, letzter Satz, findet entsprechende Anwendung.

§ 30. Verjährung der Strafverfolgung. Die Strafverfolgung von Jahren, von Ordnungswidrigkeiten in einem Jahre.

Strafverfahren.

In Ansehung des Verwaltungsstrafverfahrens, der Strafmilde⸗ rung und des Erlasses der Strafe im Gnadenwege sowie in Ansehung der Strafvollstreckung kommen die Vorschriften zur Anwendung, nach denen sich das Verfahren wegen Zuwiderhandlung gegen die Zoll⸗ gesetze bestimmt.

Die Geldstrafen fallen dem Staate zu, von dessen Behörden die Strafentscheidung erlassen ist. Im Falle detz § 24 Abs. 2 ist von dem Betrage der Geldstrafe der fünfte Teil an Stelle des nicht fest⸗ gestellten Steuerbetrags an die Reichskasse abzuführen.

§ 32.

„Ein im Strafverfahren eingegangener Geldbetrag ist im Ver⸗ hältnis zur Reichskasse zunächst auf die Steuer zu verrechnen.

IV. Abschnitt. Sonstige Vorschriften. 8 öd 8

Der Bundesrat erläßt besondere Bestimmungen für die außer⸗ halb der Zollgrenze liegenden Teile⸗ des Reichsgebiets, soweit dort die Vorschriften dieses Gesetzes nicht anwendbar sind; auch kann er auf Antrag der Landesregierung an Stelle der in diesem Gesetze vorgesehenen Steuer die Zahlung einer Abfindung an die Reichskasse

zulassen. 88886 1 Zollanschlüsse. Koble, bie aus den Gehietsteilen eingeht, ist spätestens beim Eintritt in das Inland zu versteuern. 35.

Vereinbarungen mit fremden Staaten.

Der Reichskanzler kann unter Zustimmung des Bundebrats wegen I einer den Vorschristen dieses Gesetzes entsprechenden

esteuerung in den dem Zollgebiet angeschlossenen Staaten und Ge⸗ bietsteilen, wegen Ueberweisung der Steuer für die im gegenseitigen Verkehr übergebenden steuerpflichtigen Brenastoffe oder wegen Be⸗ gründung einer Steuergemeinschaft mit den fremden Regierungen Ver⸗ einbarungen treffen.

§ 36.

Erhebung und Verwaltung der Steuer.

Die Erhebung und Verwaltung der Kohlensteuer erfolgt durch die Landesbehörden. Die erwachsenden Kosten werden den Bundes⸗ Fea nach den vom Bundezrate zu erlassenden Bestimmungen ver⸗ gütet.

Die Reichsbevollmächtigten für Zölle und Steuern und die ihnen unterstellten Aussichtsbeamten haben in bezug auf die Aus übrung des Gesetzes dieselben Rechte und Pflichten wie bezüglich der Erhebung und Verwallung der Zölle. In denjenigen Staaten, in denen die bezeichneten Geschäfte anderen Behörden ass den Zollbehörden übertragen sind, werden Um⸗ fang und Art der Tätigkeit der Reichsaufsichtsbeamten vom Reichs⸗ kanzler im Einvernehmen mit der beteiligten Landesregierung geregelt.

V. Abschnitt. 8 Uebergangs⸗ und Schlußvorschriften. § 87.

Von den bestehenden fteuerpflichtigen Betrieben sind die nach diesem Gesetz erforderlichen Anmeldungen zur Vermeldung der im § 26 angedrohten Ordnungsstrafen zu einem vom Bundesrate zu be⸗ stimmenden Zeitpunkt zu erstatten.

88

Soweit beim Inkrafttreten dieses Gesetzes Verträge über Lieferung von Kohle oder aus Koble hergestellten festen Brennstoffen bestehen, ist der Lieferer berechtiat, dem Abnehmer die auf die zu liefernde Menge entfallende Kohlensteuer in Rechnung zu stellen.

Foweit beim Inkrafttreten dieses Gesetzes Verträge über Lieferung von elektrischer Arbeit, Gas oder Wasser oder Preisvereinbarungen über derartige Leistungen bestehen, ist der Lieferer berechtigt, einen Zuschlag zum Preise zu verlangen, welcher der ihm durch die Kohlen⸗ steuer verursachten Erhöhung der Herstellungs⸗, Betriebs⸗ oder Be⸗ zugskosten entspricht. Der Bundesrat ist ermäͤchtiat, die Entscheidung entstehender Streitigkeiten Schiedsgerichten zuzuweisen. 1

§ 39.

Der Zeitpunkt, mit dem dieses Gesetz in Kraft ktritt, wird d Kaiserliche Verordnung mit Zustimmung b Bundebsrats söhacheerc

In der Begründung wird u. a. ausgeführt:

Der deutsche Steinkohlenbergbau umfaßt 350, der Braunkohlen⸗ bergbau 465 Betriebe. Die Zahl der Betriebzinhaber ist auf etwa 500, der derzeitige Wert der deutschen Kohlenförderung auf 2200 bis 2500 Millionen Mark zu schätzen. Die Kohlensteuer bietet demnach die Möglichkeit, dem Reiche den erforderlichen Betrag von etwa 500 Millionen Mark aus einer einzigen, ee z2 veranlagenden und bei nur stwa 500 Pflichtigen zu erhebenden Steuer zuzuführen. Bei der Pruͤfung der wirrschaftlichen Zulässiakeit einer Koblensteuer in der

gemachten Verwaltungsbestimmungen werden, sofern sie nicht nach den

Hinterziehungen verjährt in drei

§ 31. 8

dem Zollgebiet angeschlossenen Straten und Preisen rechnek.

für die Zeit nach dem Kriege zu beobachtenden Rücksichten, vor allem die auf die Wentbewerbefabigkeit unserer Ausfuhrindustrien, zurück. gestellt werden. Denn die Frage, in welchem Umfang für diese In⸗ dustrien und auch für die Reedereien eine Verteuerung der Kohle er⸗ träglich sein wird, läßt sich erst beantworten, wenn die Bedingungen übersehbar sind, unter denen nach dem Kriege einerseits die Auslands⸗ märkte den deutschen Erzeugnissen offen stehen, andererseits die In⸗ dustrien des Auslandes selbst arbeiten werden. Diese Frage ist dem⸗ nach erst nach dem Kriege als ein wichtiger Teil der Neuregelung unserer Wirtschaft zu prüfen. 1

Die Erhebung einer Kohlensteuer während des Krieges wird vielleicht dem Einwand begegnen, daß die Kohlenpreise seit Kriegs⸗ ausbruch nicht unerheblich gestiegen sind. Krieges eingeführte Steuer muß einer geminderten Tragfähigkeit auf. gebürdet werden. „‚Hier werden die Bedenken durch die Tatsache wesentlich abgeschwächt, daß Deutschland zurzeit die weitaus billigsten Kohlenpreise der Welt hat.

Den Kleinverbrauch, auf den etwa 10 v. H. des gesamten Koblen⸗ verbrauchs entfallen, wird selbst eine so bohe Kohlensteuer, wie sie die Vorlage bringt, nicht drückender belasten als in ihren mittelbaren Wirkungen irgendeine andere Steuer gleichen Ertrags. Vor allem ist bei der Berechnung der Belastung zu berücksichtigen, daß in dem von dem Kleinverbraucher zu zahlenden Preise der auf Fracht⸗ und Abrollungszuschläge entfallende Anteil durchschnittlich den des reinen, ab Grube zu zahlenden Kohlenpreises über steigt, die durch die Steuer bewirkte Belastung also prozentual erbeblich abgeschwächt wird. Als Beispiel mögen die Berliner Kleinhandelspreise für Anfang Februar 1917 dienen: Der Verhand der Berliner Kohlen⸗Großhändser setzte als Richtpreis für Ilsebriketts frei Haus 18 je 1000 Stück fest, während sich der Preis ab Werk für den 20 bis 22 000 Stück enthaltenden Waagon auf 155 stellte. Der der Versteuerung zugrunde zu legende Wert beruß demnach nur 40 bis 43 v. H. des Kleinhandelspreises; die Belastung der Kohle durch eine 20 v. H. betragende Steuer würde sich im vorliegenden Falle für den Kleinhandels⸗ preis auf etwa 8 v. H. abschwächen. Nach der für das Jahr 1907 von dem Keaiserlichen Statistischen Amte ver⸗ anstalteten „Erhebung von Wirtschastsrechnungen minderbemittelter g im Deutschen Reiche“ entfielen von der Gesamtausgabe auf

etzung und Beleuchtung bei Familten mit einer Ausgabe von unter 2000 etwa 5 v. H. Nach der von dem „Kriegsausschuß für Kon⸗ sumenteninteressen“ zu Berlin für den April 1916 veranstalteten Er⸗ hebung entfielen auf den Kopf der Verbraucher für Feuerung (Dolz, Kohlen) und Beleuchtung 3,6 v. H. der Gesamtausgabe (gegenüber 4,98 v. H. für Vergnügen, Sport und Geschenke).

Die Steuer muß zum Auagleich des Fehlbetrags 500 Millionen Mark erhringen. Es betrugen di tsche K gewinnung und ihr geschätzter Wert

1913

Steinkohle Braunkohle.. 1914

Steinkohle Braunkohle.. 1915

Steinkohle 146 712 000 t 1 797 222 000 Braunkohle 88 370 000 t 220 925 000 Der durch die Verarbeitung von Braunkohle zu Preßkohlen erzielte Mehrwert betrug 1913 etwa 51 153 000 50 000 000

Von den vorstehenden Werten kommen für die Besteuerung noch die zur Aufrechterhaltung des Betriebs der Bergwerke und der Auf⸗ bereitungsanlagen erforderlichen Kohlen sowie diejenigen Mengen an Braunkohle in Abzug, welche zur Herstellung von Preßkohlen be⸗ nötigt werden. Der erforderliche Ertrag von annähernd 500 Millionen Mark wird daher bei Bemessung des Steuersatzes auf 20 v. H. des Wertes nur knapp erreicht, selbst wenn man für das Jahr 1917 und die folgenden Jahre mit einer gesteigerten Förderung und hoheren ) Die Einfuhr ist bei der Ertragsberechnung unbe⸗ rücksichtigt geblieben, weil sie unter den derzeiligen Verhältnissen für das finanzselle Ergehnis nicht von Belang sein wird.

Als Form der Besteuerung ist sowohl eine je Tonne geförderte Kohle zu entrichtende feste Abgabe, also eine reine Gewichtssteuer, als auch eine nach dem Werte der Bergwerkserzeugnisse auferlegte Abgabe denkbar. Die letztere Form findet sich bereits in der früheren preußischen, aus dem landrechtlichen Bergwerkszehnten entstandenen Bergwerksabgabe, welche zuletzt 2. v. H. vom Werte der abgesetzten Bergwerksprodukte, zur Zeit ihres Absatzes berechnet, betrug. Die verbündeten Regierungen haben sich entschlossen, eine Besteuerung nach dem Werte in Vorschlag zu bringen.

enkschrift für

Dem Reichstag ist ferner eine Anleih die Schutzgebiete 1915 zugegangen.

etwa

191 920 000

1 776 885 000 193 078 200

190 109 440 t 2 87 233 084 9

161 535 000 t 83 947 000 t

Nr. 8 der „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts“ vom 21. Februar 1917 hat folgenden Inhalt: Gesundheitsstand und Gang der Volkskrankheiten. Sterbefälle im Dezember 1916. Zeitweilige Maßregeln gegen die Pest. Gesetz⸗ gebung usw. (Deutsches Reich.) Berichtigung. Anstalten für die 1 lährige praktische Tätigkeit der Nahrungsmittelchemiker. Back⸗ ware. Studterende der Medizin, Zahnheilkunde, Tierheilkunde, Pharmazie. (Bayern.) Milcherhitzer. Ver⸗ mutungsfristen bei Viehmängeln. (Rußland besetzte Gebiete —.) Arznetmittel, Gifte, Desinfektiovs⸗, Verbandmittel, ärztliche Instru⸗ mente und Geräte. Zeitweilige Maßregeln gegen Vierseuchen. (Bayern.) Geschenkliste. Monatstabelle über die Sterbefälle in deutschen Orten mit 15 000 und mehr Einwohnern, Dezember 1916. —, Desgleichen in größeren Städten des Auslandes. Wochen⸗ tabelle über die Sterbefälle in deulschen Orten mit 40 000 und mehr Einwohnern. Desgleichen in größeren Städten des Auslandes. Erkrankungen in Krankenhäusern deutscher Großstädte. Desgleichen in deutschen Stadt⸗ und Landbezirken. Witterung.

Gesundheitswesen, Tierkraukheiten und Absperrungs⸗ 8 maßregeln.

Mnter der Leitung des seit dem Jahre 1914 in Buenos Aires als Professor der Hygiene angestellten Wiener Bakteriologen Prof. R. Kraus ist in der argentinischen Hauptstadt ein Bakterio⸗ logisches Institut errichtet worden. Es untersteht, wie die „Deutf e Medizinische Wochenschrift“ berichtet, dem Departamento Nacionale de Higiene. Die Anstalt hat in erster Linie die Aufgabe, alle Fragen der öffentlichen Gesundheitspflege zu studieren, ferner die Erzeugung der Schutz⸗ und Heilmittel für die Bekämpfung der ansteckenden Krankheiten. Sie ist in einem Haupt⸗ gehäude, in dem alle Arteitsräume liegen, und in einigen Neben⸗ gebäuden untergebracht. Die verschiedenen Abteilungen des Instituts gliedern sich in solche für Hygiene und Diagnostik, Protozoenforschung, Zoologie und Parasitologte, Pestuntersuchungen (in einem besonderen Gebäude), Studien über Vakzine, Serotherapie, chemisch⸗physikalische Untersuchungen, Pathologierund Orgonotherapie, Krebsforschung und experimentelle Therapie Vor einigen Monaten hat Kraus auch eine Südamerikanische Gesellschaft für Hygiene, Mikrobiologte und Pathologie gegründet

vorgesehenen Höhe von 20 v. H. ihres Wertes ab Grube mußten die

Aber jede während des