ausgeben, Betrages: auf den Weg der Einstellung der 8 Kriegssteuer in diesen Etat. 8 haben im vorigen Jahre beschlossen, daß die erhe gezahlt werden darf, und sie wird voraussichtlich -⸗-b erheblichen Betrage in Anleihe gezahlt werden. Ganz ben devon, daß diese Steuer zur Schuldentilgung und zur
Sg ng eines etwaigen Defizits des Jahres 1916 bestimmt war, 8 würden wir also, auch wenn wir die Steuer zur vollen Deckung des
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Fehlbetrages in den Etat hineinnähmen, auf der einen Seite Anleihe bekommen und genötigt sein, mit der anderen Hand wieder Schatz⸗ anweisungen auszugeben, und deshalb erlaubte ich mir vorhin, darauf hinhuweisen, daß der Weg der Deckung durch die Kriegssteuer nichts wesentlich anderes bedeutet als der Weg der Deckung durch eine Defigitanleihe. Wir würden aber auch, wollten wir zu diesem Aus⸗ bilfomittel greifen, den Etat des Jahres 1917 auf eine schwankende Basis stellen; denn, meine Herten, es ist Ihnen wohl bekannt, daß die Erträge der Kriegssteuer neben der Schuldentilgung auch zur Deckung eines Rechnungsdefizits aus dem Jahre 1916 zu dienen be⸗ stimmmt sind. Wir würden daher den Fehlbetrag des Jahres 1917 auf eine Einnahme verweisen, deren Höbe wir in ihrem Eingang noch nicht vollkommen zu übersehen dermögen. Vor allen Dingen, meine Herren, möchte ich auch hier wiederholen, daß es uns die Kapital⸗ beschaffung nach dem Kriege in der Uebergangszeit außerordentlich erschweren würde, wenn wir diese 1200 Millionen Mark und vielleicht im nächsten Jahre noch einmal denselben Betrag zunächst auf Schatz⸗ amweisungen und dann auf eine Anleibe verweisen wollten. Wir müßten die Schatzanweisungen, die für diesen Fehlbetrag auszugeben sein
würden, doch in der Uebergangszeit in eine Anleihe zu konsolidieren
suchen, in einer Zeit, in der das Reich nicht mehr allein am Markte mit seinen Anleiben stehen wird, in einer Zeit, in der neben dem Reich auch die Bundesstaaten und Kommunen, auch die Industrie und die Landwirtschaft wiedet als Konkurrenten bei der Kapitalbeschaffung kommen würden. Wollen wir also auf dem bisherigen soliden Wege der Kriegsfinanzierung bleiben, dann müssen wir die bisder aufge⸗ laufenen Zinsen auch wieder durch Steuern decken und damit auch unseren Anleihezeichnern die Sicherheit geben, daß die Faktoren der Gesetzgebung für regelmäßige Aufbringung aller Zinsen der bisher bewilligten Kredite Gorge zu tragen gewillt sind.
Es ergab sich für die Reichsfinanzverwaltung nun die Frage, welche Steuern im gegenwörtigen Moment vorzuschlagen sein würden. An Vorschlägen auf diesem Gediet hat es nicht gefehlt. Jeden Tag fliegt eine kleine Auslese von Steuerprojekten auf meinen Tisch und beweist mir, welch erfreuliches positives Interesse im Publikum bei der Steuerfrage augenblicklich besteht, — erfreulich für die Reichsfinanz⸗ vderwaltung, die auf diesem Gebiet im allgemeinen gerade keinen positiv gerichteten Interessen bisher begegnet war.
Bei näherer Erwägung des Problems, welche Steuern dem Reichstag in diesem Jahre vorzuschlagen sein würden, erwiesen sich don vornherein eine ganze Reihe von Steuern zurzeit als ummöglich. Eine Erhöhung der Zölle und Verbrauchsabgaben konnte aus naheliegenden Gründen für uns zurzeit nicht in Betracht kommen. Ebensowenig lieoßen sich aber auch Steuern vorschlagen, die neue große Organi⸗ sationen erfordert hätten oder die die stark zusammengeschmolzenen Kräfte unserer Kommunal⸗ und staatlichen Behörden ganz außer⸗ gewöhnlich, über das jetzige Maß hinaus, in Anspruch genommen haben würden. Es konnte sich demnach nur um ein ertvagreiches, ader mög⸗ lichst einfaches Programm handeln, dessen Durchführung keine großen Organisationssckwierigkeiten macht, dessen Erträge aber besonders auch in der Uebergangszeit laufen und uns damit die Möglichkeit geben, die spätere größere und systematische Reform auf dem Gebiet der Stenern in Ruhe zu beraten.
Meine Herren, ich möchte deshald auch die Bitte an Sie richten, im gepenwärtigen Momnent, soweit als möglich, die Steuersystematik und die prinzipiellen Gesichtspunkte zurücktreten zu lassen und mit mir die Steuern nach der Richtung zu prüfen, ob sie den technischen An⸗ forderungen der augenblicklichen Zeit genügen können.
Bei Beratung des Kriegsbilfsdienstgesetzes hat der Herr Staats⸗ sekretär des Innern die Erklärung abgegeben, daß auch für die neue, am 1. Januar beginnende Periode einer Heranziehung der Kriegs⸗ gewinne erfolgen werde. Der Gedanke lag desbalb nahe, Ihnen schon im gegenwärtigen Moment ein neu formuliertes und verschärftes Gesetz über die Besteuerung der Kriegsgewinne vorzulegen. Wir halten an dieser Absicht auch für später durchaus fest (bört, hört! bei den Mationalliberalen), möchten aber davon absehen, schon beute mit einer neuen Formulierung an Sie heranzutreten. Meine Herren, ich sagte vorhin schon: die Periode der neuen Kriegsgewinnsteuer hat eben erst am 1. Januar begonnen und wird sich mindestens in das Jahr 1918 hineinziehen. Es wird sich empfehlen, erst die Erfahrungen abzu⸗ warten, die wir bei der jetzt einsetzenden Veranlagung der Kriegs⸗ gewinnsteuer machen. Denn in der Praxris werden sich nach der einen oder andern Richtung noch Febler herausstellen, die bei einer Neu⸗ fassung dann vermieden werden können. Eine Uebersicht nach dieser Richtung werden wir frühestens im Herbst dieses Jahres haben koͤnnen,
Wohl aber, meine Herren, ist schon jetzt eine Wiederholung des sogenannten Sicherungsgesetzes von 1915 notwendig, da für die Ge⸗ sellschaften das letzte Sperrjahr ja im Herbst 1916 abläuft. Die ersten Gewinne könnten also am 1. September 1917 ausgeschüttet werden, wenn wir nicht wie vor zwei Jahren diese Gewinne der Ge⸗ sellschaften für später dem steuerlichen Zugriff sicherten. Dazu dient die neue Vorlage, betreffend die Sicherung einer künftigen Kriegs⸗ steuer. In ihr ist der Prozentsatz des Mehrgewinns, der als Sonder⸗ rücklage für die künftige Besteuerung zu reserdieren ist, von 50 auf 60 ℳ erhöht worden und damit angedeutet, daß auch das spätere Gesetz eine Verschärfung bringen wird.
Meine Herren, eine solche Andeutung und das ganze Sicherungs⸗ gesetz bringt uns aber im laufenden Etat noch keine neuen Einnahmen. Der Gedanke lag deshalb nahe, ob nicht die jetzt erst beginnende Veranlagung der Kriegssteuer zu einer schärferen Heranziehung dieser Steuerquelle ausgenützt werden könnte. Die Reichsfinanzderwaltung
hat den Tarif der Kriegssteuer, wie Sie ihn im vorigen Jahre hier
gestaltet haben, auf diese Frage hin eingehend gaprüft, und sie hat es angesichts der jetzigen Sachlage für zulässig gehalten, Ihnen vorzu⸗ schlagen, gleichmäßig einen 20 Wigen Zuschlag zu erheben. Meine Herren, als das Gesetz im vorigen Jahre hier im Hause verabschiedet wurde, da war noch nicht zu übersehen, daß wir noch mit einem min⸗
einjährigen Kri⸗ on da an zu rechnen haben würden. Es
id dies führt mich auf den zweiten
war auch noch nicht zu übersehen, daß die Kriegskosten
anschwellen würden. Meine Herren, mit Rücksicht auf diese neuen Umstände glauben wir, Ihnen den auch von uns als außergewöhnlich anerkannten Weg einer Zuschlagserhebung zu dieser Steuer empfehlen zu sollen. Meine Herren, ich komme auf die Wirkungen im Tarif. Eine Prüfung des Zuschlags von 20 %G auf die unteren und mittleren Sätze ergab, daß hier jedenfalls eine zu starke Belastung nicht ein⸗ treten dürfte. Bei einem Kriegsgewinne von 10 000 ℳ beträgt jetzt die Steuer 500 ℳ. Sie würde sich durch einen 20 Pigen Zuschlag, also auf 600 ℳ, um 100 ℳ erhöhen. Für einen Kriegsgewinn von 100 000 ℳ werden jetzt 19 500 ℳ Steuern gefordert; bei Annahme unseres Vorschlags würde hier eine Erhöhung auf 23 400 ℳ ein⸗ treten. Nicht zu verkennen ist, daß Bei den höchsten Sätzen durch den Zuschlag eine ziemlich scharfe Anspannung erfolgt. Infolge der Durch⸗ staffelung des Tarifs wird ja der Maximalsatz von 50 % erst in der Unendlichkeit, also praktisch überhaupt nicht erreicht. Der Satz von 45 % wird regelmäßig wohl einer der höchsten tatsächlich zu erheben⸗ den Sätze darstellen. Eine Erhöhung um 20 % der Steuer würde also ein Heraufgehen von 45 auf 54 % des Kriegsgewinnes bedeuten.
Ich darf darauf hinweisen, daß England und Frankreich in ihrer Besteuerung der Kriegsgewinne zahlenmäßig weiter gegangen sind, daß sie die Kriegsgewinnsteuer bis 60 %% angespannt haben. Aber ich bitte dabei nicht zu vergessen, daß von diesen 60 % des Kriegs⸗ gewinns in den anderen Ländern nicht noch Einkommensteuer von Staaten, Kommunen und Kirchengemeinden erhoben wird: und bei diesen höheren Stufen werden wir den Betrag der Einkommensteuer auf kaum unter 20 % alles zusammengenommen schätzen können. Sie sehen also, daß in den höchsten Stufen mit den Beträgen der Ein⸗ kommensteuer die Sätze des Auslandes bei uns weit übertroffen werden.
Auch trotz dieser starken Anspannung in den höheren Stufen, die ich durchaus nicht verkenne, hat die Reichsfinanzverwaltung doch ge⸗ glaubt, an dem Vorschlag eines einheitlichen Zuschlags festhalten zu sollen. Ich darf annehmen, daß gerade die Leistungsfähigsten sich be⸗ wußt sein werden, daß der Ernst der Zeiten auch dieses Opfer ver⸗ langt. Als Vorteil der Steuer möchte ich in erster Linie ihre Ein⸗ fachheit in der Veranlagung und Erhebung anführen. Die Ver⸗ anlagung der Kriegssteuer beginnt erst jetzt. Es wird sich also bei der Veranlagung des Zuschlags in den meisten Fällen nur um ein reines Rechenerempel handeln. Der Ertrag dieses Zuschlags ist selbstverständlich sehr schwer zu übersehen, ich hoffe aber, daß der aus den beiden anderen Steuern nicht eingehende an 1250 Millionen Mark fehlende Betrag durch diese Steuer gedeckt werden wird.
Sie werden mir nun den Einwand machen, daß die Nachteile, die ich für eine Einstellung der genannten Kriegssteuer als Deckung des Gesamtfehlbetrags vorhin angeführt habe, auch zutreffen auf diesen Teil. Aber, meine Herren, es handelt sich nur um einen gewissen Teil des Gesamtbedarfs des nächsten Jahres, und wir werden beim Ein⸗ gang der Kriegssteuer doch auch infolge der Zahlung für Spitzen, in⸗ folge der Zahlung von kleineren Beträgen auf einen gewissen baren Eingang rechnen können. Dazu kommt auch, daß die Zahlung in An⸗ leihen uns beim Zinsenzoll erleichtern wird. Damit scheint mir für den nächstjährigen Etat auch rechnerisch der Vorschlag gerechtfertigt zu sein.
Meine Herren, ich komme zur Kohlensteuer, die von weiten Kreisen seit längerer Zeit erwartet wird, wenigstens weisen die uns vorliegenden Verträge mit ihrer Kohlensteuerklausel dereits seit einiger Zeit auf diese Erwartung hin. (Zurufe bei den Sozialdemokraten und der fortschrittlichen Volkspartei.) Zu der hier vorgeschlagenen Form der Besteuerung übergehend, darf ich etwas weiter ausholen. Die Kohlensteuer ist auch in den Veröffentlichungen der letzten Monate vielfach als ein Teil einer allgemeinen Energiesteuer empfohlen wor⸗ den, und das legte den Gedanken nahe, ob man sie nicht in einen weiteren Rahmen stellen und alle Energiequellen mit der Kohle zu⸗ sammen heranziehen sollte. In Betracht kam die Elektrizität und daneben auch die Wasserkraft. Meine Herren, wollte man eine solche Energiequellenbesteuerung hier vorschlagen, dann müßte man daneben zweifellos die Kohle als Grundlage der Dampfkraft besonders be⸗ steuern. Bei der Elektrizität ist empfohlen und kam auch zweifellos in Betracht ein Elektrizitätsmonopol. Ein solches Monopol wäre zurzeit für das Reich technisch nicht durchführbar gewesen. Es würde zunächst einen ganz außerordentlichen Kapitalaufwand erfordern und bei den jetzigen niedrigen Kraftpreisen zweifellos auch nach Ansicht aller Kenner keinen erbeblichen finanziellen Ertrag bringen. Finanzielle Gründe scheinen mir daher nicht dafür zu sprechen, jetzt in diese Ent⸗ wicklung einzugreifen.
Auch die Frage einer K
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eranziehung der Wasserkräfte im Rahmen mußte zurzeit verneint werden. Es
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handelt sich, wie Sie wissen, bei den Wasserkräften um sehr viele
einer allgemeinen Energie⸗
eingelne und auch sehr viel kleine Betriebe. Ich halte es für ganz ausgeschlossen, daß wir diese Betriebe jetzt steuerlich erfassen können. Lassen wir es aber bei den größeren faßbaren Betrieben bewenden, dann würde eine Besteuerung der Wasserkräfte nur einen Betrag von etwa 3 bis 5 Millionen Mark bringen. Die Steuer würde aber auch bei diesen Betrieben außerordentlich schwer zu veranlagen sein und eine neue Organisation erfordern, die den von mir genannten Ertrag nicht lohnen könnte.
Auch die Frage einer Heranziehung der anderen Energiequellen für die Lasten des Reichs wird erst nach dem Kriege entschieden werden können. In Betracht kommen nach dieser Richtung Petroleum und Benzin, die flüssigen Brennstoffe, für deren Heranziehung wir aber die Gestaltung unserer Handelsbeziehungen nach dem Kriege werden ab⸗ warten müssen.
Unter den Energiequellen bleibt hiernach für den steuerlichen Zugriff zurzeit nur die Kohle, die auch zahlenmäßig im Vevhältnis zu den anderen Energiequellen das weitaus größte Objekt darstellt, mit einem Wert von etwa 2 ¼ Milliarden Mark, an Förderung und Ein⸗ fuhr ein Objekt, dessen Besteuerung außerordenklich leicht zu über⸗ wachen ist, weil es sich um verhältnismäßig wenig Betriebe und noch weniger Unternehmer handelt, die in ihrer Produktion aus bergpolizei⸗ lichen Gründen schon jetzt einer Ueberwachung unterliegen.
Wollte man sich im gegenwärtigen Moment füt eine Heran⸗ ziehung der Kohle entscheiden, dann war noch die Frage nach ihrer Form zu beantworten. Eine Ueberführung der Bergbaubetriebe in die Hand des Reichs habe ich dabei von vornherein als unmöglich ab⸗ lehnen zu müssen geglaubt. Auch die Befürnvworter eines Reichsberg⸗ baumonopols werden im gegenwärtigen Moment angesichts der dabei nötigen Kapitalbeschaffung einen solchen Vorschlag kaum machen.
sehr erheblich
8 8 8* 8* 5 K 111““ SI
In Frage konnte sodann ein Großhandelsmonopol komm n Aber, meine Herren, mit dem Großhandel sind, wie Sie wissen, eine ganze Reihe von Nebenbetrieben verbunden, Reedereien, Werften, die bei einer Uebernahme des Großhandels auf das Reich mit hätten über⸗ nommen werden müssen. Der Eingriff in diesen eingefahrenen Be⸗ trieb würde im gegenwärtigen Moment vorhandene Organisatior und Transportschwierigkeiten nur noch vermehrt haben. Auch hätt bei Einführung eines Großhandelsmonopols die Hüttenzechen, die il eigene Kohle verwenden, doch noch zu einer besonderen Steuer here gezogen werden müssen. Ich halte die Idee eines Handelsmonope im gegenwärtigen Moment deshalb für undurchführbar.
Meine Herren, Sie werden in den Zeitungen dann noch in der letzten Zeit weitere Vorschläge in bezug auf weitere Ausnutzunge möglichkeiten der Kohle gefunden haben. Ich meine die Vorschlä⸗ die sich mit einer Vergasung der Kohle beschäftigen. Eine bestimmtz Form haben diese Vorschläge allerdings noch nicht gefunden. Wohl sind sie in Verbindung gebracht worden mit einer Kohlensteuer. M ist in Verbindung mit dieser Idee der Vergasung der Kohle unf der Ausnutzung dieser Vergasung im finanziellen Interesse des Reichz der Himweis begegnet, daß in der Kohle Milliarden lägen, daß aber die Reichsfinanzverwaltung wahrscheinlich nicht begabt genug sein würde, sie aufzunehmen. Meine Herren, ich muß diese Berechnungen zurzeit in das Reich der Utopie verweisen: aus der Steuer der Kohlen ist in irgendwelcher Wirtschaftsform zurzeit ein derartiger Betrzg nicht herauszuholen. Ich stehe an sich dem Gedanken der Durch⸗ führung der Vergasung der Kohle auf breiterer Grundlage durchaus sympathisch gegenüber, im gegenwärtigen Moment kann aber das Reich diese Idee mit Aussicht auf finanziellen Ertrag aus organi⸗ satorischen, aber auch aus technischen Gründen nicht in die Hand nehmen. Um die Palme des Vergasungsverfahrens ringen zurzeit noch mehrere Methoden, und ein wichtiges Glied in der Kette, die Gaskraftmaschinen, scheint mir auch noch nicht technisch vollkommen ausgebildet zu sein. Die Befürworter einer allgemeinen Vergasung der Kohle weisen immer auf den großen finanziellen Ertrag der Nebenprodukte hin, und sie haben dabei vor allen Dingen als Neben⸗ produkt das schwefelsaure Ammoniak, alsp den Stickstoff im Auge. Sie haben ihre Rechnung auf den Verhältnissen vor dem Kriege aufgebaut, aber nicht in Rechnung gezogen, daß während des Krieges die Stickstoffgewinnung auf eine andere Basis gestellt worden ist, daß nach dem Kriege wir in der Lage sein werden, den gesamten Bedarf an Stickstoff im Reiche selbst auf Grund neuer Verfahren zu decken. Und, meine Herren, sie haben nicht berücksichtigt, daß die Preise, die für diese neuen Stickstoffprodukte gefordert werden können, sich voraus⸗ sichtlich billiger stellen werden als der Chilisalpeter, mit dem das aus der Kohle gewonnene schwelsaure Ammoniak vor dem Krie allein hat konkurrieren müssen. Mit dieser Rechnung fällt aber auch ein Teil der finanziellen Erwartungen, die an dieses Verfahren im gegenwärtigen Augenblick für das Reich geknüpft worden sind.
Ich wiederhole, meine Herren, ich stehe dem Vergasungsverfahren nicht nur durchaus sympathisch, sondern auch mit einem gewissen Optimis⸗ mus gegenüber. Ich glaube, daß es der Industrie gelingen wird, im Laufe der nöchsten Jahrzehnte dieses Verfahren noch sehr wesentlich auszubauen. Aber der gegenwärtige Moment ist nicht der richtige um in diese noch in der Entvicklung begriffene Technik einzugreifen. Wir würden damit meiner Ueberzeugung nach Wertvolles zerstörm können. Ich halte es infolgedessen für richtig, die im vollen Laufen begriffene Entwicklung der Industrie auf diesem Gebiete zurzeit nickt durch staatliche Maßnahmen zu unterbrechen. Denn, meine Herren eine Kohlensteuer wird diese Entwicklung nicht zu hemmen brauchen sie könnte — und sie ist mit diesem Gedankengang in Verbindun gebracht worden eher fördernd auf diese Technik wirken, indem se dazu führt, die Ersparnismöglichkeiten bei der Kohle noch stärker au betonen, als dies bereits in dem letzten Jahrzehnt mit großem Erfalg von der Industrie geschehen ist.
Zwei weitere Gründe möchte ich noch für eine Heranziehung der e Steuerquelle anführen.
Wir basieren mit der Kohle erfreulicherweise auf unseren eigenen Kräften. Wit sind in normalen Zeiten in der Lage, auch noch Kohle an das Ausland abzugeben, und auch das scheint mir ein wesentlicher Grund dafür zu sein, daß bei dem gesamten Finanzprogramm, wie es sich uns jetzt erst skizzenhaft darstellen kann, an diesem Steuerobjekt nicht vorbeigegangen wird.
Einen zweiten Grund möchte ich für eine Heranziehung der Koble beranführen, und das sind die außergewöhnlich niedrigen Preise, die in Deutschland im Verhältmmnis zum Ausland augenblicklich besteher. Die Kohlenpreise haben sich bei uns in der letzten Zeit zwischen etwa 15 und 18 ℳ gebhalten. Demgegenüber werden die entsprechender Sorten in England zurzeit mit 20 bis 30 Schilling verkauft. In Italien ist der Preis der Tonne Steinkohlen auf über 300 Lin gestiegen, und in Frankreich zahlte man schon im Novomber für Haus⸗ brandkohle Preise von 125 bis 150 Franken. Selbst in Nordamerika beträgt zurzeit der Kohlenpreis 6 bis 7 Dollar, also 25 bis 30 ℳ. Ich glaube mich hiernach der Hoffnung hingeben zu dürfen, doß mnser Wirtschaftsleben in seiner Produktionsmöglichkeit im Verhältnis zu den anderen Staaten durch eine Durchschnittsabgabe von 2,50 ℳ auf die Tonne Steinkohle nicht allzu schwer betroffen wird.
Für eine Kohlensteuer waren verschiedene Formen möglich. In erster Linie war selbstverständlich zu denken an die einfachste Form, die Form der Förderabgabe. Meine Herren, den Ertrag, den wir aus der Kohle in der nächsten Zeit werden herausholen müssen, ist 2 beträchtlich, um eine einheitliche Förderabgabe ohne Rücksicht auf den Wert der Kohle zuzulassen. Insbesondere sind die Wertverschieden⸗ heiten bei der deutschen Braunkohle sehr erheblich. Während in Mitteldeutschland die Preise ab Grube zum Teil nur zwischen 150 und 2 ℳ proo Tonne schwanken, gibt es in Westdeutschland Revien⸗, die 6 bis 7 ℳ pro Tonne Braunkohle verlangen können, und es giht noch ein Rewier, das bereits vor dem Kriege einen Preis von 12 4ℳ für die Tonne Braunkohle gehabt hat. Der Gedanke lag nahe, t man diese Verschiedenheiten nicht zum Ausgleich bringen könnte do⸗ durch, daß man Unreinigkeitsprozente berücksichtigen könnte. Auck dieser Weg hat nicht zum Ziel geführt, denn neben mineralischen Ur- reinigkeiten bei der Kohle kommen als Wertmesser auch der vers ciedene Wassergehalt, die verschüeden hoben Aschenrückstünde in Betracht Wir würden also auch bei der Zulassung des Abzugs von Unreinigkeits⸗ prozenten noch nicht zu einer richtigen Erfassung des Wertes der Kohle gekommen sein.
Meine Herren, auf dem Wege von der einfachen Förteraüaah sind wir über kompliziertere Verfahren daher wieder zu einem perhdl
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iemäßig einfachen Vorschlag gekommen, zu dem Vorschlag, die Steuer
ul bemessen nach dem Wert ab Grube. Die Vorteile einer derartigen Bemessung liegen auf der Hand. Sie bestehen einerseits in der mäglichst gerechten Erfassung des Steuerobjekts und andererseits in dem steigenden Ertrage, den das Reich im Laufe der Jahrzehnte auf zese Weise zu erwarten hat.
Ich darf auf den Gesichtspunkt der Gerechtigkeit noch einmal eingehen. Eine nur wenig abgestufte Förderabgabe würde nicht nur die einzelnen Gruben in ihrer Wettbewerbsfähigkeit unter sich tangiert baben, sie würde auch ganze Reviere in ihrer Wettbewerbsfähigkeit auf zem Markte haben berühren müssen und sie würde — und darauf lege ich besonderes Gewicht — auch nicht ohne Wirkung auf eine Reihe modernster Industrien gewesen sein, auf eine Reihe modernster Indu⸗ strien, die basiert sind auf die Verwendung verhältnismäßig minder⸗ wertiger Kohle. Meine Herren, ich möchte mich nicht für alle Zeit auf diese Form der Kohlensteuer festllegen, ich betrachte sie so, wie ich sie heute hier vorzuschlagen die Ehre habe: durchaus als cine Kriegs⸗ maßnahme, und wir werden im Rahmen des späteren Finanz⸗ programms ja noch zu prüfen haben, ob dieser Weg formell der richtige ist. Aber eines, meine Herren, werden wir, glaube ich, festhalten müssen, und das ist der Ertrag, den wir für die nächste Zeit aus diesem Steuerobjekt herausholen wollen.
Meine Herren, der Ertrag von 500 Millionen Mark würde — umgerechnet auf die Tonne Steinkohle — eine Durchschnittsförder⸗ abgabe von etwa 2,50 ℳ und auf die Tonne Braunkohle eine Förder⸗ abgabe von etwa 80 ₰ ausmachen. Rechnen wir diese Beträge um in die von der Reichsfinanzverwaltung vorgeschlagene Wertsteuer, so kommen wir zu dem in Aussicht genommenen Satz von 20 % des Wertes der Kohle ab Grube. Ich halte diesen Satz im Gegensatz zu Vorschlägen, die sehr viel weitergingen — es sind mir Vorschläge bis zu 5 ℳ unterbreitet worden — für erträglich, für durchaus im Rahmen des Möglichen liegend. Ich glaube, daß die Veranlagung der Steuer nicht allzu große technische Schwierigkeiten bereiten wird, nicht allzu große technische Schwierigkeiten deshalb, weil die Gruben in der Zahl der Tonnenförderung schon jetzt überwacht werden, und weil die Verkaufspreise ab Grube für weitaus den größten Teil des Steuerobjekts eine genügende Grundlage für die Einschätzung bilden werden. Wo, wie bei den Hüttenzechen, eine solche Unterlage in den Verkaufspreisen nicht gegeben ist, da werden genügende Vergleichs⸗
möglichkeiten aus Nachbargruben oder von den eigenen Gruben vor⸗
handen sein, die auch hier eine genügende Einschätzung ermöglichen.
Mit wenigen Worten möchte ich noch auf die Frage der Frei⸗ lassung des Selbstverbrauchs eingehen. Meine Herren, Sie finden in dem Gesetz eine Bestimmung, nach der der Selbstverbrauch der Gruben freigelassen werden soll. Die Reichsfinanzverwaltung hat sich zu diesem Vorschlage naturgemäß nur schwer entschlossen, bedehttet er doch eine Freilassung von etwa 10 % der gesamten Förderung. Zur Klarstellung, meine Herren, darf ich aber wohl darauf hinweisen, daß es sich selbstverständlich nicht um den Selbstverbrauch der Hütten⸗ gechen handelt, sondern um den Selbstverbrauch der Gruben für ihre eigene Förderung, für ihre eigene Wasserhaltung. Diesen Selbst⸗ berbrauch haben wir geglaubt, freilassen zu sollen, und zwar deswegen, weil der Selbstverbrauch außerordentlich verschieden ist. Es gibt Gruben, die mit 3 % ihrer eigenen Förderung auf diesem Gebiete uskommen, und es gibt andere, die bis zu 20 ℳ. der eigenen Förde⸗ ung benötigen. Wollten wir also diesen Selbstverbrauch der Gruben sicht freilassen, dann würden wir auch hier wieder in die Wettbe⸗ rerbsfähigkeit der einzelnen Gruben untereinander störend eingegriffen
haben. Dieselben Gründe, die uns zu dem Vorschlage der Wertsteuer
geführt haben, haben uns also auch diese Freilassung des Selbstver⸗ brauchs der Gruben nahegelegt.
Meine Herren, ich nannte als Ertrag der Steuer die Summe von 500 Millionen Mark. Ich bitte, sie nicht im Verhältnis zu setzen zu dem augenblicklichen Bedarf, sondern zu überlegen, welchen Teil des gesamten Finanzbedarfs nach dem Kriege diese Summe ausmachen wird, und diese selbe Bitte, das Verhältnis des Ertrags zum späteren Gesamtbedarf in Erwägung zu ziehen, möchte ich auch an Sie be⸗ lüglich der Verkehrssteuer richten. Sie soll uns neu 300 Millionen Mark, mit der bisherigen Belastung durch den Frachturkundenstempel etwa einen Gesamtertrag aus dem Verkehr von 400 Millionen Mark bringen. (Zuruf von den Sozialdemokraten.) — Die Vorlage erfolgt heute, und ich bitte um die Erlaubnis, meine Herren, auch im Rahmen
sieser Gesamtbesprechung auf diese Steuer eingehen zu dürfen. Ich
nehme an, daß es Ihnen von einem gewissen Wert sein wird, dieses Steuerprogramm zusammen zu übersehen.
Ich werde mich bei dieser Steuer kurz fassen, darf aber aus den von mir eben angeführten Gründen doch ihre Grundzüge hier mit⸗ teilen, und ich darf dabei noch eins hervorheben, das ist, daß auch ihre Erhebung und Veranlagung im gegenwärtigen Moment einfach sein wird, einfach, weil die größten Summen auch aus dieser Steuer durch Vermittlung von Behörden eingehen werden, für die die Veranlagung nur in einem Rechenexempel zu bestehen braucht.
Meine Herren, ein Grund, mit dieser Steuer schon jetzt an Sie beranzutreten, ist neulich in der Budgetkommission des preußischen Abgeordnetenhauses angeführt worden. Es ist der, daß die Staats⸗ bahnverwaltungen nach diesem Kriege auf weiten Gebieten an eine Revision ihrer Tarife werden herantreten müssen, und da ist es für lhre künftige Tarifpolitik, für ihre ganze Einstellung in die neue Friedenswirtschaft nicht ohne Bedeutung, wenn sie jetzt schon llar sehen können, welche Belastung ihnen auch zugunsten des Reichs zugemutet wird. Die Staatshahnverwaltungen waren sich klar dar⸗ über, daß bei der endgültigen Finanzreform an dieser Steuerquelle für tas Reich nicht würde vorbeigegangen werden können.
Ich kann darauf hinweisen, daß wir es nicht allein find, die diese Steuerquelle während des Krieges vorschlagen. Ungarn hat während des Krieges einen 30 Pigen Zuschlag zu seinen Tarifen in Aussicht genommen, in Oesterreich sind ähnliche Juschläge bereits ein⸗ Fführt, Italiten wird einen 5 Yigen Zuschlag und außerdem einen Stempel erheben, Rußland hat 25 u7 auf die Personenfahrkarte auf⸗ geschlagen, und auch England hat eine erhebliche Erhöhung der Fahr⸗ kartenfteuer vorgenommen.
„. Meine Herren, es wurde eben darauf hingewiefen, daß das Gesetz dt die Verkehrssteuer erst heute zur Verteilung kommt: erlauben Bie mir deshalb, nur mit wenigen Worten noch auf die Sätze, die es dorschlagen wird, einzugehen. Unter Aufrechterhaltung des Fracht⸗ unkundenstempels soll eine Besteuerung von 7 % des Frachtbetrags de sämtlichen Frachten vorgeschlagen werden. Der Frachtstempel soll
fernungen ausgleichend wirkt.
Es war die Frage zu beantworten, ob neben einer Heranziehung der Gütertarife der Staatsbahnen auch eine Heranziehung der Schiffs⸗ frachten erfolgen solle. Diese Heranziehung wird pro Tonne und absolut selbstverständlich viel geringer sein und wirken als bei der Eisenbahn; aber aus Wettbewerbrücksichten glauben wir bei einer der⸗ artigen Belastung doch auch nicht an der Heranziehung dieses Steuer⸗ objekts vorbeigehen zu können.
Meine Herren, der wenig beliebte Personenfahrkartenstempel soll nach dem Ihnen heute zugehenden Vorschlag abgelöst werden durch eine Besteuerung sämtlicher Fahrkarten in prozentualer Form, ge⸗ staffelt von 10 bis 16 %, für alle Klassen — für die vierte Klasse 10 %, für die dritte Klasse 12 9%, für die zweite Klasse 14 % und für die erste Klasse 16 % — und für alle Entfernungen. Freigelassen werden sollen die Arbeiter⸗, Schüler⸗ und Militärfahrkarten.
Bei dieser Sachlage war es nicht zu umgehen, auch die Straßen⸗ bahnen hier mit einzubeziehen. Auf weite Entfernungen bilden die Straßenbahnen in bevölkerten Gegenden Konkurtenzlinien für die Staatsbahnen. Sie bilden aber nicht nur Konkurrenzlinien; die Uebergänge zwischen den Stgatsbahnen, den nebenbahnähnlichen Klein⸗ bahnen und den Vollbahnen sind materiell flüssig. Wir würden die Grenze außerordentlich schwer ziehen können, wenn wir die Straßen⸗ bahnen bei einer Heranziehung des gesamten Verkehrs freilassen wollten. Meine Herren, wir sind uns auch bei den Straßenbahnen bewußt, daß nach dem Kriege eine Tarifänderung kommen wird, und ich glaube, in diese Tarifänderung wird die Steuer sich verhältnis⸗ mäßig leicht hineinrechnen lassen und auch nicht allzuhohe Steigerungen ergeben, wenn wir eine Zwischenmünze schaffen. Die Schaffung dieser Zwischenmünze möchte ich für die Zeit in Aussicht stellen, wo unsere Münzen für eine derartige Aufgabe wieder leistungsfähig sind.
Meine Herren, einige Worte erlauben Sie mir noch zu dem Ihnen gleichzeitig zugehenden Reichsbankgesetz. Es gehört nur lose in den heutigen Rahmen — es steht mit auf der Tagesordnung —, denn es soll nicht einen Ertrag für den Ihnen vorliegenden Etat 1917 bilden. Es ist ein Aequivalent für die fortgefallene Notensteuer und entspricht im wesentlichen dem vorjährigen Gesetz. Für heute darf ich mich auf diese Worte beschränken; eingehendere Unterlagen werden Ihnen in der Kommission gegeben werden.
Meine Herren, nach meinen allgemeineren Ausführungen über die Finanzen brauche ich mich bei der Kreditvorlage nicht lange aufzu⸗ halten; ich darf ihr noch einige Worte mitgeben. Der von Ihnen im Oktober v. J. bewilligte letzte Kredit von 12 Milliarden Mark nähert sich seiner Erschöpfung. Wie in allen kriegführenden Ländern haben auch unsere Kriegskosten in den letzten Monaten eine gewisse An⸗ spannung erfahren, eine Anspannung, die aber sicher nicht höher ist als die Anspannung bei unseren Gegnern. Im Durchschnitt der Mo⸗ nate Oktober bis Januar haben die nachgewiesenen außerordentlichen Ausgaben 2,776 Milliarden betragen. In dieser Summe sind zwei⸗ mal 259 Millionen Mark enthalten, die wir den Kommunen für die Fimilienunterstützungen im Oktober und Januar zurückgezahlt haben. Wir kommen daher auf einen Monatsdurchschnitt der reinen Kriegs⸗ kosten von 2,646 Milliarden. Ich habe Grund zu der Annahme, daß das von mir im Oktober angegebene Verhältnis der Belastung zwischen den beiden großen kriegführenden Gruppen noch dasselbe geblieben ist, daß die Kriegsausgaben der Erde zurzeit 300 Milliarden übersteigen, und daß davon auf uns und unsere Verbündeten nicht mehr als 100 Milliarden, aber auf die Gruppe der Entente ein Betrag von 200 Milliarden entfällt.
Die Anspannung der Kriegskosten wird in den nächsten Monaten nicht nachlassen, und deshalb haben die verbündeten Regierungen ge⸗ glaubt, Ihnen heute den Vorschlag machen zu sollen, über die letzte Bewilligung von 12 Milliarden hinauszugehen und einen Betrag von 15 Milliarden Mark zu bewilligen. Wir werden im nächsten Monat wieder mit einer Anleihe an den Markt herantreten müssen. Ich hoffe, auch bei ihr wieder auf die freudige Mithilfe und Bereitwillig⸗ keit des ganzen Volkes rechnen zu dürfen. Ich hoffe, Sie werden auch durch Ihre Stellungnahme zu den Steueworlagen dartun, daß Sie mit dem Bundesrat gewillt sind, den Anleihezeichnern Sicherheit dafür zu gewähren, daß sie auf pünktliche Verzinsung des von ihnen gegebenen Geldes aus laufenden Einnahmen rechnen können. Ich hoffe aber auch weiter, daß Sie der Reichsfinanzverwaltung in Ihren Wahlkreisen helfen werden, Klarheit zu verbreiten.
Auf zwei Punkte darf ich für diese künftige Aufklärungsarbeit schon heute hinweisen, darauf, daß die Darlehnskassen — diese Frage tritt immer wieder an mich heran — noch mehrere Jahre nach dem Kriege erhalten bleiben sollen, und daß sie in der Lage sein werden, Darlehen auf die Kriegsanleihe auch weiter zu normalen Bedingungen zu gewähren. 1
Meine Herren, noch auf ein weiteres darf ich für diese Auf⸗ klärungsarbeit hinweisen, und das ist, daß wir Hand in Hand mit der Reichsbank bemüht sein werden, Mittel und Wege zu finden, um nach dem Kriege der Industrie und der Landwirtschaft die Flüssig⸗ machung in Anleihe festgelegter Beträge zu erleichtern.
Meine Herren, für die Finanzverhältnisse des Reichs nach dem Kriege wird der s
neben dieser Besteuerung erhalten bleiben, weil er auf weitere Ent⸗
Zustand unseres gesamten Wirtschaftslebens, wie wir ihn in den Frieden hinübernehmen können, von ausschlaggebender Bedeutung sein. Das Bild, das ich Ihnen in der Etatgestaltung wahr⸗ heitsgemäß geben mußte, ist gewiß ernst; aber unser Wirtschafts⸗ leben, wie es sich mir in der Arbeit der letzten Monate dargestellt hat, bietet keinen Grund, der Zukunft in wirtschaftlicher Beziehung weniger vertrauensvoll entgegenzusehen, als wir dies bisher getan haben. Es wird in Beziehung auf die Aufbringung unseres Finanzbedarfs nach dem Kriege jetzt manchmal grau in grau gemalt. Diese Aufbringung wird naturgemäß auch von den finanziellen Ergebnissen des Friedens⸗ schlusses beinflußt. Wenn aber das deutsche Volk die feste Zuversicht auf einen glücklichen Ausgang des nach dem Willen unserer Feinde unabweislich gewordenen Endkampfes hat, so darf es meiner Ueber⸗ zeugung nach auch die Erwartung hegen, daß hierbei auf finanziellem Gebiete die Folgerungen gezogen werden. (Sehr richtigl im Zentrum. — Beifall bei den Nationalliberalen.) Der Forderung unserer Gegner nach „reparation“ werden wir das Wort „Entschädigung“ entgegensetzen können. (Lebhafter Beifall.)
Aber, meine Herren, ich schöpfe das Vertrauen in unsere wirt⸗ schaftliche Zukunft noch aus anderen Umständen: aus der ungebrochenen Kapitalkraft unseres Volkes, aus der rapiden technischen Fortentwick⸗ lung, wie wir sie gerade im Kriege zu beobachten hatten, und aus dem festen Willen aller produktiven Kreise unseres Volkes, das, was
in diesem Kriege eingerissen worden ist, in gemeinsamer Arbeit wieden aufzubauen. Die Kapitalkraft unseres Volkes ist nicht geschwächt; ihre Stärke ruht nicht, wie unsere Eegner annehmen, auf Papier, sondern auf unverbrauchtem Volkseinkommen, auf der Tatsache, daß wir uns nicht wie das feindliche europarsche Ausland in die Schuldknechtschaft anderer haben begeben müssen. Diese Kapitalkraft findet ihren Be⸗ weis in einer Reihe von Veröffentlichungen, die auch den Herren in den letzten Tagen bekannt geworden sind. Einerseits in der Tatsache. daß wiederum die Sparkasseneinlagen im vorigen Jahre die dritte Milliarde überschritten haben, andererseits darin, daß auch die Zus⸗ nahme der Depositengelder bei den Banken im Jahre 1916 wieder eine außergewöhnlich große gewefen ist, und schließlich — und darauf möchte ich ein besonderes Gewicht legen — in der Veröffentlichung des Ergebnisses von etwa 400 Aktiengefellschaften, die in den letzten Tagen erfolgt ist. Sie finden in dieser Veröffentlichung nicht nur steigende Erträge, Sie finden auch außerordentlich vorsichtige Rück⸗ stellung von Reserven, die uns in der Friedenswirtschaft noch zugute kommen sollen.
Nun, meine Herren, die technischen Fortschritte. Ich hatte schon Gelegenheit, auf die Entwicklungsmöglichkeiten bei der Kohle hin⸗ zuweisen. Sie sind in der Oeffentlichkeit schon besprochen. Weniger bekannt, dafür aber nicht mehr in der Entwicklung, sondern als abge⸗ schlossen zu betrachten, sind weitere Fortschritte auf dem Gebiete der Chemie. Ich nenne in erster Linie die geniale Ausbildung zweier erst kurz vor dem Kriege erfundener Verfahren der Stickstoffgewinnung, die es uns nach dem Kriege ermöglichen werden, der Landwirtschaft aus eigener Produktion und zu billigeren Preisen das Doppekte dessen zur Verfügung zu stellen, was wir vor dem Kriege eingeführt und im eigenen Lande erzeugt haben. Was das für die Hebung unserer Pro⸗ duktion bedeutet, brauche ich den Landwirten unter Ihnen nicht aus⸗ einanderzusetzen.
Ein anderes von der Chemie praktisch erst jetzt erschlossenes Ge⸗ biet ist die Gewinnung des Aluminiums, und zwar auch aus deutschem Ton. Erst während des Krieges ist seine Verwendung auch für weite Gebiete der Elektrizität, z. B. für Drähte, ermöglicht worden. Es bedeutet das einen erheblichen wirtschaftlichen und technischen Fort⸗ schritt, der uns zu einem guten Teile von der Verwendung von Kupfer unabhängig macht, was auch nach dem Kriege von wirtschaftlicher Be⸗ deutung sein wird.
Schließlich sind in bezug auf die Landwirtschaft auf dem Gebiete der Trocknung und Konservierung und nicht zum wenigsten auch auf dem Gebiete der chemischen Erschließung von Stroh Fortschritte ge⸗ macht worden, die fur unsere Futtermittelerzeugung nach dem Kriege von wesentlicher Bedeutung sein können.
Alle diese Erfindungen haben den Borteil daß auch in Zu⸗ kunft Hunderte von Millionen, die früher ins Ausland gingen, im Inland gelassen werden, daß sie zum Teil auch Arbeits⸗ und Kapital⸗ ersparnis bedeuten und damit unserer Volkswirtschaft einen rascheren Ersatz des verloren gegangenen Kapitals ermöglichen werden.
Das weitaus wichtigste wird aber sein die planmäßige gemein⸗ same Arbeit aller Berufskreise an dem Wiederaufbau, und ich gebe mich der optimistischen Hoffnung hin, zu glauben, daß unser Volk zu dieser Arbeit in vollem Bewußtsein entschlossen I.
Meine Herren, der Krieg hat uns nach außen einig in dem Willen zum Durchhalten und in dem Willen zum Siege gesehen. Ich weiß, daß wir nach dem Kriege nicht auf allen Gebieten der Wirtschaftsfragen hier einig sein werden. Aber etwas werden wer hoffentlich auch in die Friedenswirtschaft mit hinübernehmen, die Ueberzeugung, daß die Erbaltung und Hebung unserer Produktion gleichmäßig für alle Volkskreise wichtig ist, gleichmäßig wichtig für Industrie, für Landwirtschaft und für den Arbeiter. Auf diese Mit⸗ arbeit an der großen Aufgabe glauben die verbündeten Regierungen vor allem in diesem hohen Hausfe rechnen zu dürfen. Der Wille zu ihr wird aber sich schon jetzt aussprechen können in der Ihnen vor⸗ geschlagenen Aufrechterhaltung einer gesunden nanzpolitik, in einer unvoreingenommenen Prüfung unserer Steuervorschläge, in der Be⸗ reitstellung der Mittel für die weitere Kriegführung und in Ihrer frendigen Mitarbeit bei der naͤchsten Anleihe. (Lebhaftes Bravon
Preußischer Landtag. 8 Haus der Abgeordneten. 66. Sitzung vom 24. Februar 1917, Vormittags 11 (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)
Ueber den Beginn der Sitzung, in der zunächst die zweite Beratung des Sonderhaushalts des Finanz⸗ ministeriums in Verbindung mit der Besprechung der Anträge betreffs der Teuerungszulagen fortgesetzt wird, ist in der vorgestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.
Abg. Dr. Heß (Zentr.): Das Bepolkexungsproblem ist eine Frage religiös⸗ ittlicher Natur, aber die Geldfrage spielt dabei eine große Rolle. Die schonften Reden helfen uns darüher nicht hinweg, wenn der Finanzminister nicht sehr tief in seinen Säckel greift. Die Frage der Beamtenbesoldung und besanders der Kriegszulagen müuß großzügig angefaßt werden, denn wir stehen einer außerordent⸗ ichen Notlage gegenuber. Leistungsfähig genug wird das deutsch und preußische Volk dazu wieder werden. (Sehr richtig! im Zentr.) Die Frage der sogenannten Kriegsentschädigung ist auch nicht von der Hand zu weisen. Unsere Gegner müssen uns so entschädigen, wie sie uns durch den Krieg geschädigt haben. Die Refurm der Beumtanke⸗ soldung nach dem Kriege muß ganz anders angefaßt werden als hisher. Selbstverständlich muß auch für jeden amderen Stand geforgt werden. Die Alterszulagen muffen so gestaltet sein, daß der Baamte in einem angemessenen Lebensalter heiraten uns sine melhdün fige Familie unterhalten kann. Dabei umuoß unterschieden werden zwis⸗ verheirateten und unverheirateten Beamten, zwischen kinderreichen und kinderarmen Familien. Der Unterschied in der Besoldung kinder⸗ reicher und kinderarmer Familien muß groß genug sein, um fühlbar zu werden. Für die andere Besoldung der Jamggesellen wird und muß ein Weg gefunden werden. Leider ist in dielen höheren Bvamnten⸗ familien nicht einmal mehr das Zweikindersystem sondern schom beinahe das Einkindersostem vorhanden. Eine Begrenzung der Kinderzulagen nach oben muß auf jeden Fall dermieden werden. Mit Recht bezeichnet die Denksckrift der deutschen Geselltfchaft für Be⸗ völkerungspolitik den Geburtenrückgang als den schleichenden Feind. Gerade der Beamtenstand ist infolge seiner schlechten Besoldung in schlimmer Lage, während jeder andere Erwerbostand einen böheren Lohn fordern kann. Wir haben durckgehalten und werden durchbalten, deshalb brauchen wis uns guch nicht vor dem Amsland zu scheuen, diese Frage hier zu erörtern. We icht sagen, dan England
Aö unsere Beamten in diese Roklage Fr. ucenöltek dant der
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von 28 Mitgliedern eeheseg für das Problem der Bevölker rungspolitik einsetzen. Zu di roblem gehört auch die Wohnungas
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