1917 / 49 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 26 Feb 1917 18:00:01 GMT) scan diff

not. Gerade eine solche Kommission wird eine der segensreichsten Arbeiten in diesem können. Der Finanzminister hat sten Beamten eine sog. is egt ulage gegeben; ich würde es be⸗ rüben, wenn er r. eine Osterzulage gibt, weil die Familien zu Ostern a. wv⸗ Ausgaben, 8 durch die Konfirmation, haben.

u den Beamten, die auf eine Aufwandsentschädigung angewiesen ind, gehören nicht nur Landräte, sondern auch eine ganze Reihe anderer Beamten, wie z. B. die Kreisrentmeister, deren Aufwandsent⸗ schädigung nicht mehr entfernt im Verhältnis zu ihrem Aufwnd steht. In den Antrag der Konserativen werden nach meinem Antrag Volksschullehrer wohl unschwer eingezogen werden können. Die ehrer leiden besonders unter schwerer Not. Ich begreife nicht, wie es möglich ist, daß manchen Lehrern die Zulagen bis heute noch nicht ausgezahlt sind. Sart hört!) In den Antrag Althoff habe ich die Aufnahme der olksschullehrerinnen beantragt. Damit ist nicht gesagt, daß wir uns auf den Boden dieses Antrages stellen können denn seine Tragweite ist 3 ering. Der Staat soll ein für allemal die Teuerungszulagen der .2 übernehmen, die Gemeinden sollen also ausgeschaltet werden. Es fragt sich, ob dieser Antrag praktisch ist, denn was will man machen, wenn der Finanzminister ihn ab⸗ lehnt und sagt: warum soll eine leistungsfähige Gemeinde die Kosten nicht selbst bezahlen? Wir haben uns schon vor einiger Zeit auf den Standpunkt gestellt, daß der Staat wohl 8 sorgen müsse, daß die Volksschullehrer unter allen Umständen die Teuerungs⸗ zulagen ausbezahlt erhalten, daß aber die Frage, wer die Kosten zu tragen habe, nachträglich geprüft werden könne. Die Leistungs⸗ fählgkeit der Gemeinden kann nachher geprüft werden; vor allem müssen die Lehrer die Zulagen bekommen. Mit dem noch ein⸗ gegengenen Antrag, den Altpensionären laufende Zulagen zu geben, in ich einverstanden. Die ganze Frage beantrage ich der Staats⸗ haushaltskommission zu übergeben, um eine gedeihliche Lösung im Interesse des ganzen Vaterlandes zu finden. (Beifall.)

Von den Abgg. Aronsohn (Vp.) u. Gen. ist noch folgender Antrag eingegangen:

„die Regierung zu ersuchen, baldigst in eine Neuprüfung der den Staatsbeamten, Lehrern, Lohnangestellten und Arbeitern in den Staatsbetrieben gewahrten Kriegsbeihilfen einzutreten und . berücksichtigen, dergestalt, daß der steigenden Kinderzahl ent⸗ prechend, die Beihilfen prozentual erhöht werden, dabei sind die mit shrseeesmn Einkommen Beschäftigten besonders zu bedenken. Die Neuregelung ist bei, allen Verwaltungsstellen gleichmäßig vorzu⸗ nehmen; b) den im Rubestande lebenden Beamten und Arbeitern, insbesondere den Altpensionären, unter Berücksichtigung ihrer Ein⸗ kommensverhältnisse laufende Zulagen zu gewähren; c) die Unter⸗ stützungsmittel in erster Linie den kinderreichen Familien zu gewähren.“

Abg. Otto⸗Chatlottenburg (fortschr. Volksp.): Wir halten an der Forderung, daß die Lehrer so zu behandeln sind wie die Beamten, unbedingt fest. Der Erlaß des Kultusministers vom 21. Dezember 1916 hat eine befriedigende Fen. nicht bewirkt. Die Regierung hat sich eben nicht e önnen, sich völlig auf den Boden des vom Hause angenommenen Antrages zu stellen. Auch mir sind zahl⸗ reiche Klagen darüber zugekommen, daß die Teuerungszulagen an Volksschullehrer noch bis heute nicht ausgezahlt worden sind. Man hat den Eindruck, als ob hier geradezu ein Wirrwarr herrscht. Den so entstandenen und vorhandenen Uebelständen scheint der Antrag der Nationalliberalen abzuhelfen geeignet. Der Finanzminister wird dessen Konsequenzen sehr wohl übersehen; für die innere brauche ich nur auf die Eingabe des Städtetages zu verweisen. Mit der Ueberweisung an eine veehn ston sind wir ebenso einverstanden, wie mit der Einsebung einer besonderen Kommission für die Probleme der Bevölkerungspolitik. Was die Reform der Besoldungsordnung betrifft, so müssen ganz neue Wege gewandelt werden, sie muß auf das Bevölkerungsproblem eingestellt werden. Wir müssen besonders auf einen gründlichen Ausbau der Kinderbeihilfen Bedacht nehmen. Die Junggesellenstener begrüße ich mit dem Kollegen Heß und Gott⸗ schalk; man wird darin ein hohes Maß von Objektivität erblicken, da wir alle drei unverheiratet sind. (Heiterkeit.) Der Kostenpunkt darf bei einer solchen Neuordnung der Besoldung überhaupt keine aus⸗ schlaggebende Rolle spielen. Bisher hat die Regierung sich nicht ganz von Neser Rücksicht auf die Kinderzahl leiten lassen; sie sah in ihrer ursprünglichen Vorlage eigentlich nur vier Kinder als erlaubt an. Auch darin wird eine Aenderung eintreten müssen, daß bei Staats⸗ arbeitern die Kinderzulagen mit dem Augenblick der Vollendung des 14. Jahres wegfallen, auch wenn das Kind dann noch die Schule be⸗ sucht. Die Hindernisse, die der Familiengründung bei den Volks⸗ schullehrern hinsichtlich der Wohnungsfrage entgegenstehen, müssen beseitigt werden. Es wird für Dienstwohnungen oder für höhere Mietsentschädigungen gesorgt werden müssen, und es wird auch in dieser Beziehung auf die Gemeinden einzuwirken sein. Dem Antrag der Konservativen stellen auch wir einen Gegenantrag gegenüber, der auch die diätarisch beschäftigten Beamten und die Staatsarbeiter be⸗ rücksichtigt. Die Anträge verlangen eine feste Progression der Zu⸗ schläge nach der Kinderzahl. Die neuerlichen Vorschläge, welche unser Kollege Delius in diesem enee der Oeffentlichkeit unter⸗ breitet hat, dürften eine geeignete Grundlage für die weiteren Kom⸗ missionsberatungen bieten. Die in geringerem Einkommen Beschäftig⸗ ten müssen dabei nach unserem Antrage besonders bedacht werden. Noch heute werden die Lohnangestellten und die Arbeiter schlechter gestellt als die übrigen Beamten; daß muß aufhören. An die Kom⸗ missionsberatung treten wir mit dem aufrichtigen Bestreben, die be⸗ rechtigten Wünsche aller dieser Kategorien zu erfüllen und den neuen Methoden, die uns notwendig erscheinen, den Weg zu bereiten.

Finanzminister Dr. Lentze:

Meine Herren! Die Frage der Besoldung der Beamten hat uns seit dem Wiederzusammentritt des hohen Hauses im vorigen Herbst schon wiederholt beschäftigt, und wir haben gerade gestern und heute ganz ausführlich durch den Mund der verschiedensten Parteivertreter erfahren, welche Wünsche von allen Seiten gehegt werden und welche Forderungen und Bitten an die Staatsregierung gerichtet werden. Verschiedene der Herren Parteivertreter haben sich nicht allein mit der derzeitigen Beamtenbesoldung befaßt, sondern sie haben auch den Aus⸗ blick in die Zukunft genommen und Vorschläge der Regierung unter⸗ breitet, wie in Zukunft die Beamtengehälter gestaltet werden möchten. Meine Herren, auf diesen Teil der Ausführungen der verschiedenen Herren möchte ich heute nicht näher eingehen. Die Anregungen, die uns heute dabei gegeben worden sind, werden als wertvolles Material von der Regierung behandelt werden; sie werden eingehend geprüft und erörtert werden, und wenn später die Staatsregierung an die Neuregelung der Gehälter herangeht, werden die Anregungen hierbei die geeignete Grundlage mit bilden.

Ich möchte mich nur mit den Wünschen befassen, welche die Teuerungszulagen betreffen. Die Königliche Staatsregierung hat von Anbeginn an, als es sich zeigte, daß die Preise sehr stark in die Höhe gingen, der Frage die sorgfältigste Aufmerksamkeit zugewendet, ob die Gehälter der Staatsbeamten und Staatsangestellten auch noch ausreichend seien, Um der großen Teuerung zu begegnen und es ihnen zu ermöglichen, in pieser teuren Zeit mit ihrer Familie zu bestehen. Ganz aus sich selbst heraus, freiwillig, hat die Staatsregierung des⸗ halb bereits am 1. 10. 1915 zum ersten Male Kriegsbeihilfen ge⸗ währt. Es hat sich dann herausgestellt, daß die Beihilfen, die da⸗ mals gewährt wurden, nicht auf längere Zeit haltbar waren, weil die Teuerung immer weiter stieg. Deshalb ist am 1. 4. 1916 wiederum eine Erhöhung der Bezüge erfolgt; zugleich ist auch der Kreis der . Beamten erweitert worden. Hierbei sind wir aber nicht

hen geblieben, sondern am 1, 12. 1916 sind die einmaligen Kriegs⸗

beihilfen gezahlt, am 1. 1. 1917 weiterhin ergänzt worden. 1. 2. 1917 sind wiederum die laufenden Kriegsbeihilfen wesentlich erhöht und ausgedehnt.

Meine Herren, schon bei den einmaligen Zuwendungen, die im Dezember und Januar gewährt sind, ist der Kreis der Personen, die unter die Zuwendungen fielen, wesentlich erweitert worden, und das⸗ selbe ist auch geschehen bei den laufenden Kriegsbeihilfen, die im Fe⸗ bruar in Vollzug gesetzt worden sind. Wir haben nun leider die Er⸗ scheinung, daß die Teuerung immer weiter fortschreitet. Die Staats⸗ regierung wird daher nach wie vor sehr sorgfältig die Frage im Auge behalten und prüfen, ob die Kaufkraft des Geldes für die ein⸗ zelnen Beamten noch ausreicht, um dabei bestehen zu können. Sie wird sich stets fragen, ob wiederum etwas geschehen muß. Sie können beruhigt sein, meine Herren: die Staatsregierung behält diese Frage im Auge, und die Beamtenschaft im Lande kann versichert sein, daß die Statsregierung rechtzeitig weiter vorgehen wird, sobald sie die Ueberzeugung gewinnt, daß weitere Hilfe notwendig ist. Ich habe schon mehrfach betont: die Staatsregierung ist der Beamtenschaft durchaus dankbar und erkennt es aus vollem Herzen an, daß sie wäh⸗ rend des Krieges, wo sie unter so erschwerenden Umständen ihre Dienste leistet, wo sie oft sogar viel mehr Arbeit bewältigen muß wie früher, und wo sie vielfach auch der Hilfe entbehren muß, die sie sonst gehabt hat, so getreulich, unverdrossen und unentwegt ihre Pflicht tut. (Bravo!) Die Staatsregierung will den Beamten in ihrer schwierigen Lage helfen, und sie wird es auch tun.

Meine Herren, daß die Staatsregierung sich da nicht an eng⸗ herzige Prinzipien hält, sondern auch weitergeht, als ursprünglich be⸗ stimmt war, das beweist, daß die Zulagen, die gewährt worden sind, oft unverhältnismäßig im Prozentsatz gesprungen sind. Wenn man die laufenden Kriegsbeihilfen, die zuerst gegeben worden sind, mit denen vergleicht, die wir jetzt gewähren, so ergibt sich, daß namentlich bei den geringeren Bezügen der Prozentsatz unverhältnismäßig höher ist als ursprünglich. Wir sind verschiedentlich weit über die 50 % der ursprünglichen Leistung hinausgegangen; einzelne dieser Leistungen bewegen sich viel höher als um 50 %. Die Staatsregierung wird sich auch nach wie vor, unabhängig davon, ob nun bis dahin ein ge⸗ wisser Prozentsatz Platz gegriffen hat oder nicht, bei ihrer Prüfung an die reale Wirklichkeit halten und die Teuerungszulagen so gestalten, wie sie nach ihrer Auffassung gerechtfertigt und notwendig sind.

Nun sind hier verschiedene Anträge eingereicht worden. Ich möchte mich zunächst mit dem Antrage beschäftigen, der die Beihifen an die Volksschullehrer betrifft. Es ist wiederholt von den Herren, die die Frage der Beihilfen an die Volksschullehrer be⸗ handelt haben, darüber geklagt worden, daß die Beihilfen noch nicht in Vollzug gesetzt und die Volksschullehrer noch nicht in Genuß dieser Beihilfen gekommen seien. Gleichzeitig ist der Antrag Althoff und Genossen eingebracht worden, welcher dahin geht, daß die Beihilfen an die Volksschullehrer überhaupt auf die Staatskasse zu übernehmen und, soweit sie schon von anderen Stellen ausgezahlt sind, vom Staate zu erstatten seien. Meine Herren, als wir zum ersten Male daran gingen, Kriegsbeihilfen zu gewähren, standen wir vor der Frage, wie wir uns gegenüber den Volksschullehrern verhalten sollten. Die Volksschullehrer werden bekanntlich von den Gemeinden unterhalten, und der Staat gibt nur bestimmte Zuschüsse. Die Personalkosten der Volksschullehrer das ist heute noch Rechtens sind von den Ge⸗ meinden aufzubringen. Deshalb wäre die Staatsregierung durchaus auf dem Boden des Rechts geblieben, wenn sie erklärt hätte: die Teuerung, die die Volksschullehrer betrifft, geht die Staatskasse nichts weiter an; das ist Sache der Kommunen, und infolgedessen braucht die Staatsregierung da etwas Besonderes nicht zu veranlassen. Nichtsdestoweniger hat die Staatsregierung dieses starre Prinzip nicht aufrechterhalten, sondern hat sich im Interesse der Volksschullehrer bereit gefunden, überall da, wo diese nichts erhielten oder nichts erhalten konnten, mit Staatsmitteln einzugreifen. Auf diesem Standpunkt muß die Staatsregierung auch weiterhin bestehen bleiben. Es ist unmöglich, daß die Staatsregierung davon abgeht und die Leistungen an die Volksschullehrer, soweit sie durch die Teurung herbeigeführt werden, allen Kommunen abnimmt. Wir haben eine ganze Reihe von Kommunen, die durchaus imstande sind, den Volksschullehrern die er⸗ forderlichen Beihilfen zu gewähren, und die auch tatsächlich solche nicht allein gezahlt, sondern auch Zuwendungen gemacht haben, die sogar über die Sätze, die der Staat gegeben hat, hinausgegangen sind. Es ist für den Staat unmöglich, daß er nun rückwärts alle diese Kosten auf die Staatskasse übernimmt, und es ist dies auch in keiner Weise gerechtfertigt. Der Staat tritt nur da ein, wo die Kommunen nicht können; wo die Kommunen aber können, da muß es ihnen auch über⸗ lassen bleiben, für ihre Volksschullehrer zu sorgen.

Nun ist schon wiederholt betont worden: die armen Volksschul⸗ lehrer sind dabei die Leidtragenden; denn manche Kommunen führen an, sie seien nicht imstande, den Volksschullehrern die erforderlichen Zuwendungen zu machen, der Staat behaupte es aber, und in diesem Streit stehen die Volksschullehrer als Leidtragende in der Mitte. Die Staatsregierung hat infolgedessen bei dieser Frage einen sehr weitherzigen Standpunkt eingenommen und ist, wie ich betonen möchte, den Gemeinden auf diesem Gebiete gerade im Interesse der Lehrerschaft außerordentlich weit entgegengekommen. Der Herr Kultusminister hat im Einvernehmen mit mir unter dem 21. De⸗ zember 1916 folgenden Erlaß ergehen lassen:

„I. Laufende Kriegsbeihilfen.

1) Insoweit die Gemeinde oder der Schulverband den Lehr⸗ personen gleichwertige Zulagen geben, tritt der Staat nicht ein.

2) Gibt die Gemeinde ihren Beamten und Lehrpersonen keine Zulagen, so tritt für die Volksschullehrer der Staat ein.

3) Gibt die Gemeinde ihren Beamten und Lehrpersonen gleich⸗ mäßig oder auch nur ihren Lehrpersonen geringere als die staat⸗ lichen Sätze, so kann den Lehrpersonen der Unterschiedsbetrag aus der Staatskasse gezahlt werden, wenn und gegebenenfalls insoweit die Gemeinde als zu leistungsschwach zur höheren Bemessung der für ihre Lehrpersonen ausgeworfenen Zulagen zu erachten ist.

4) Gibt die Gemeinde ihren Beamten Zulagen, ihren Lehr⸗ personen aber nicht, so kann den Lehrpersonen die staatliche Beihilfe gezahlt werden, wenn und gegebenenfalls insoweit die Gemeinde als zu leistungsschwach zu erachten ist, ihre Lehrer zu bedenken.

5) Für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit sind im allgemeinen die Verhältnisse vor dem Kriege maßgebend. Eine Gemeinde, die bereits zur Bestreitung ihrer Volksschullasten vor dem

Kriege einen laufenden Ergänzungszuschuß erhielt, wird daher, wenn nicht inzwischen eine Besserung der finanziellen Lage ein⸗ getreten ist, in der Regel als leistungsschwach zu erachten sein. Ueber die Frage der Leistungsfähigkeit einer Gemeinde hat die Königliche Regierung im Einzelfalle nach pflichtmäßigem Er⸗

messen zu entscheiden. In Zweifelsfällen ist zu berichten.

6) Liegt die Unterhaltung der Volksschule einem Gesamtschul⸗ verbande ob, so tritt für die Volksschullehrer der Staat ein, ohne Rücksicht darauf, ob eine zu dem Gesamtschulverbande gehörige Gemeinde ihren Beamten Zulagen bewilligt hat.

II. Einmalige Kriegsteuerungszulagen. Da, wo die Gemeinden ihren Lehrpersonen einmalige Kriegs⸗

teuerungszulagen gegeben haben, und da, wo die laufenden Beihilfen für die Lehrpersonen über die staatlichen laufenden Zuwendungen, wie sie bis zum 1. Februar k. J. gelten, hinausgehen, findet eine Zahlung an die Lehrpersonen nicht statt. In den übrigen Fällen er⸗ folgt die Zahlung aus der Staatskasse.“

Meine Herren, dieser Erlaß ergibt ganz unzweideutig, daß der

Staat in sehr umfänglichem Maße dafür eintritt, daß die Volksschul lehrer auch die Beihilfen bekommen. Nur da, wo es auf der Hand liegt, daß die Gemeinden nicht leistungsfähig sind, da ist es Sache

der

Gemeinden; und auch dabei muß der Staat bleiben. Nun ist von verschiedenen Seiten gesagt worden: das Abge⸗

ordnetenhaus hat im Januar einen Beschluß gefaßt, der von der Königlichen Staatsregierung noch nicht in Vollzug gesetzt ist. Dieser Beschluß ist allerdings vom Abgeordnetenhaus gefaßt und lautet:

Dem Antrage der Abgeordneten Dr. Porsch und Genossen,

der sagt:

„die Königliche Staatsregierung aufzufordern, unverzüglich Maßnahmen dafür zu treffen, daß allen Volksschullehrern und Volksschullehrerinnen im ganzen Umfange der Monarchie die ihnen zugesicherten Teuerungszulagen endlich ausgezahlt werden“

nach „Teuerungszulagen“ die Worte hinzuzusetzen:

„und Kriegsbeihilfen, und zwar diese letzteren für die Zeit seit dem 1. Juli 1916. Die Zahlung soll vorschußweise aus der Staatskasse und unter Vorbehalt der späteren Rückerstattung durch die leistungsfähigen Gemeinden erfolgen.“

Meine Herren, der erste Teil ist in Vollzug gesetzt, soweit er sich

in dem Rahmen des vorhin von mir verlesenen Erlasses bewegt; der Nachsatz dagegen war für die Staatsregierung nicht durchführbar. Meine Herren, es ist nicht möglich, daß die Staatsregierung zunächst vorschußweise die Ausgaben bestreitet und sie hinterher von den Ge⸗ meinden einzieht. Die Staatsregierung hat den Gemeinden gegen⸗ über absolut kein Zwangsmittel, mit dem sie hinterher die Erstattung verlangen könnte. Infolgedessen würde eine vorschußweise Zahlung lediglich eine endgültige Zahlung bedeuten; denn wenn die Gemeinden

die

haben, die

Erstattung verweigerten, dann würde der Staat keine Möglichkeit betreffenden Summen von den Gemeinden zurück⸗

zubekommen.

Bei dieser Rechtslage muß es bleiben, meine Herren, und ich

kann dem Antrage der Herren Abgeordneten Althoff und Genossen eine Berücksichtigung nicht versprechen.

Im übrigen sind verschiedene Anträge hier gestellt worden. So⸗

weit ich gehört habe, wollen Sie die Anträge einer Kommission über⸗ weisen; ich werde sie deshalb nicht schon im einzelnen durchgehen. Ich möchte nur bemerken, daß manches in den Anträgen sich durchaus mit dem deckt, was die Staatsregierung schon längst in Vollzug gesetzt hat, daß einiges in den Anträgen allerdings noch der näheren Klärung be⸗ darf. Die Staatsregierung ist außer stande, den Anträgen so unbe⸗ dingt in allen ihren Punkten zuzustimmen.

Der Antrag Nr. 466, der von einer festen Progression der. Soe⸗

gerung spricht, gibt insofern auch zu Bedenken Anlaß, als eine fest Progression ja doch schließlich sehr weittragende Konsequenzen haben kann, und ich muß mir das, was der Herr Abgeordnete Dr. Wagner gesagt hat, ganz zu eigen machen. Aber wir haben ja später noch Ge⸗ legenheit, in der Kommission darüber zu reden.

Dann sind noch einige andere Fragen behandelt worden. Herr

Abgeordneter Dr. Heß hat ausgeführt, der Dienstaufwand der Rent⸗ meister sei zu gering, und gebeten, ich möchte mich doch dieses Dienst⸗ aufwandes annehmen. Hier, meine Herren, liegt die Sache so, daß die Rentmeister im Laufe des Jahres die Beträge für Dienstaufwand in der Höhe, die ihnen zugemessen ist, erhalten, daß sie aber am Ende des Jahres, wenn sie mehr ausgegeben haben, dieses anmelden und

die

nachgewiesenen höheren Beträge erstattet erhalten. Also eine Er⸗

höhung des Dienstaufwandes ist nicht nötig. Wenn die Rentmeister nachweislich mehr ausgegeben haben, wird ihnen das Mehr erstattet.

Dann ist noch die Frage besprochen worden, wie das Einkommen

sich bei denjenigen immobilen Offizieren verhält, die nicht in ihrem Heimatorte, sondern außerhalb ihres Wohnsitzes beschäftigt werden. Meine Herren, diese Frage ist auch bereits durchaus befriedigend durch den Erlaß vom 31. Januar 1917, dessen zweiten Teil ich schon früher bei der Besprechung des Antrages König verlesen habe, geregelt. Cs heißt in diesem Erlaß unter 1 ich bitte, auch diese Bestimmungen noch verlesen zu dürfen, denn sie werden ja von Interesse für das Land sein —: 3

„1) Werden Beamte, die verheiratet sind und einen eigenen

Hausstand begründet haben, in immobiler militärischer Stellung mit Offiziersrang außerhalb ihres Wohnortes oder desjenigen Ortes, an dem sie ihren jetzigen tatsächlichen Familienhaushalk haben, beschäftigt, so führt die Anrechnung des reinen Betrages ihrer Kriegsbesoldung auf das Zivildiensteinkommen vor allem dann, wenn die Militärbesoldung das Zivildiensteinkommen nicht oder nicht wesentlich übersteigt und auch durch Anwendung der 3600 ℳ⸗ Grenze (I 3. Abs, 2 des Staatsministerialbeschlusses vom 1. Jum 1888 zur Ausführung des § 66 des Reichsmilitärgesetzes) ihnen keine Vorteile erwachsen, nicht selten dahin, daß die mit der doppelten Wirtschaftsführung, zumal bei der gegenwärtigen Teuerung, ver⸗ bundenen Unkosten in dem Einkommenszuwachs eine vollkommens Deckung nicht finden. Derartige Fälle sind geeignet, ein Eingreifen

mit besonderen Zuwendungen zu rechtfertigen; die Zuwendungen fin⸗ den ihre Grenze in demjenigen Betrage, den der Beamte unter 7.

rücksichtigung seines Mehreinkommens und der im Familienhaus

durch seine Abwesenheit eintretenden Ersparnis braucht, h8r seine Lebenshaltung am auswärtigen Orte zu bestreiten.“

8

11“

der Zweiten Beilage.) 8

(Schluß in

llat, und ich hoffe,

(Fortsetzung aus der Ersten Beilage.)

Aus diesem Erlaß geht hervor, daß die Beamten in besonderen

Fäͤllen, die im Erlaß geregelt sind, auch noch Zuwendungen über das hinaus bekommen, was sie an Militärbezügen erhalten.

Im übrigen bin ich sehr dankbar, daß das hohe Haus auch seiner⸗ seiits der Beamtenschaft gegenüber sich durchaus wohlwollend verhalten daß die Zusammenarbeit der Staatsregierung und deses hohen Hauses gerade auf diesem Gebiete zum Nutzen unserer geamten gereichen und zu Erfolgen führen wird. (Bravo)

Es liegt ein Schlußantrag vor.

Zum Worte sind noch gemeldet die Abgg. v. Kardorff und Ad. Hoffmann. Der Schlußantrag wird angenommen.

¹ Abg. v. Kardorff (freikons.) (zur Geschäftsordnungh: Ich bedaure, durch den Schluß der Debatte daran verhindert zu 68 eine leußerung des Abg. Heß berichtigen zu können. Der Abg. Heß hat neinen Fraktionskollegen Dr. Wagner mißverstanden. Allerdings iat dieser seine Bemerkungen in einer Form gemacht, die miß⸗ verstanden werden konnte. Ich hätte gern dargelegt, daß wir keines⸗ rregss einseitig eintreten für eine Erhöhung der Pauschquanten der fandräte, sondern für eine Erhöhung aller Pauschquanten.

Abg. Dr. Heß. (Zentrum): Ich möchte vorschlagen, daß wir e Anträge einer 1135“* von 28 Mitgliedern über⸗ teisen, aus der ein Ausschuß für Bevo kerungspolitik entstehen könnte.

Abg. Ad. Hoffmann (Soz. Arb.⸗Gem.): Durch den Schluß inn ich nicht ausführen, daß hier nichts als Worte für die Beamten ischehen. Ihr platonisches Getue hat nichts hinter sich. Mit der Fehandlung der Unterbeamten sägen Sie den letzten Ast ab, auf dem ihre kapitalistische Gesellschaft noch sitzt. Dem warmen Herzen ird hier sehr oft Ausdruck gegeben, aber an gutem Willen fehlt es. ürch den Schluß kann ich nicht zeigen, daß die Herren gar nicht W die Interessen der Beamten, Arbeiter und Pensionäre u wahren.

Präsident Dr. Graf v. Schwerin: Ich muß jeden Schluß⸗ trag zur Abstimmung bringen. Ich habe heute übrigens Herrn ofmann den ersten Platz auf der Rednerliste angeboten (hört, hört!) —r hat dies aber abgelehnt. (Hört! Hört!) Abg. Dr. von Hey debrand und der Lase (kons.): Ich tbebe dagegen Einspruch, daß Herr Hoffmann eine Geschäftsordnungs⸗ inerkung dazu benutzt, Angriffe gegen die übrigen Parteien zu richten. Hweise die Unterstellung zurück, daß wir die Interessen der Unter⸗ imten schlechter wahrnehmen wollen, als die der anderen Beamten. w ist ein Vorgang, der den guten Gewohnheiten des Hauses mdezu Hohn spricht. Ich bitte im übrigen, die Anträge der getkommission zu überweisen, da sie mit dem Etat zusammen⸗ ugen. Wir haben schon eine große Reihe von Kommissionen, und vird immer schwieriger, neue Kommissionen zu bhilden.

Abg. Dr. Friedberg (nl.): Ich schließe mich dem Antrage leine hesondere Kommission an, da diese Beratung doch einen anen Charakter haben wird als in der Budgetkommission. Herr üinann hat die Hauptsache verschwiegen, daß ihm ein Platz an mäͤen war. Wie er gesprochen haben würde, wissen wir jetzi. in solche Rede können wir nicht an den Schluß stellen, da sonst inmnd Gelegenheit hat, sich gegen die unqualifizierbaren Angriffe

Abg. Hoffmann zu wehren. 8 Abg. Bartscher (Zentr.): Der Abg. Hoffmann spricht in iner geschmackvollen Art von dem platonischen Getue des Hauses. den letzten Monaten sind aber namhafte Beträge für die Beamten gesezt und ausgezahlt worden. Das erkennt die Beamtenschaft Inthar an. Aber die Teuerung nimmt leider zu. Die Beamten⸗ iaft weiß, daß ihre Interessen nicht von Herrn Hoffmann wahr⸗ wommen werden.

Abg. Adolf Hoffmann (Soz. Arb.⸗Gem.): Die namhaften veträge stehen in keinem Verhältnis zur Teuerung. Dem Herrn fidenten mache ich keinen Vorwurf daraus, daß er einen Schluß⸗ irag zur Abstimmung bringt. Ich habe den ersten Platz auf der kenerliste abgelehnt, weil ich nach dem Abg. Heß sprechen wollte. sein Platz auf der Rednerliste sollte aus Sf are Gründen kindert werden. Gleich nach dem Abg. Heß konnte ich nicht sprechen, beil der Abg. Otto nicht tauschen wollte. Wer die. Interessen der keamten vertritt, merken die Beamten an der Art, wie Sie vorgehen.

Abg. Dr. Friedberg (nl.): Der Abg. Hoffmann hat den rwiesenen Platz abgelehnt, weil er in besonderer Weise sprechen llte. Darauf hat er kein Recht. o.

Aög. Adolf Hoffmann (Soz. Arb.⸗Gem.): Machen Sie doch ine Ausreden, das glaubt Ihnen kein Mensch. Ihre Gewohnheit ist dem Volke nicht die Wahrheit zu sagen.

Abg. Dr. Friedberg (nl.): Ausreden zu machen wäre ein ermwurf, wenn er von anderer Seite käme, als von dem Abg. Hoff⸗ unn. Das ist ein berufsmäßiger Verleumder.

Abg. Adolf Hoffmann (Soz. Arb.⸗Gem.): Wenn der Witz legeht, wird man unverschämt, den Verleumder gebe ich zurück, Sie d ein Heuchler. (Stürmische Unruhe.) Auf einen groben Klotz Port ein grober Keil. (Fortdauernde große Unruhe. Rufe rechts: iheh) Regen Sie sich nicht auf.

8 Aeg. Brütt⸗ Rendsburg (freikons.): Nachdem ich gestern gegen w Beschluß der Budgetkommission auf Streichung der Aufwands⸗ sienzuschüsse für die Königlichen Kommissarien bei den Provinzial⸗ o Kommunallandtagen mich gewandt hatte, meinte ein Kommissar teienanzministers, daß der Beschluß der Kommission nicht als ünr lhch des Titels, sondern als Streichung der Summe für das 8.1 aufzufassen sei. Dem widerspricht der Wortlaut des ookolls der Budgetkommission. Ich bin durchaus mit der Ansicht eKommissars des Finanzministers einverstanden, bemerke aber, daß g ⸗Snterpretation mit rechtlicher Wirkung nicht stillschweigend, seid nur durch ausdrücklichen Beschluß des Hauses gesetzlich fest⸗ biiern werden kann. Deshalb beantrage ich: die Königliche Staats⸗ n ng zu ersuchen, unter Aufrechterhaltung des Titels 14 im ie. dauernden Ausgaben des Haushalts des Finanzministe⸗ (Haushaltskostenzuschüsse für die Köoöniglichen Kommissarien echen „Provinzial⸗ und Kommunallandtagen) den Betrag von

Das lür das Jahr 1917 zu streichen. 8 -. Hans beschließt nach diesem Antrag. Entgegen dem snisteriunnne 2 aufrechter halte er b 889 2 6 kveite s wird hewilligt. Der Kommissionsantrag wegen 4. Perung der Rückzahlungsfrist für die Notstandsdarlehen engß der Sturmflutschäden von 1913,14 wird angenom⸗ ardedte, Anträge Fürbringer und v. Maltzahn auf Not⸗ derung huß, die sämtlichen Anträge wegen der Kriegs⸗ Mitatöwagen usw. einem besonderen Ausschuß von

des jedern überwiesen. 8 8

rus Haus geht über zum Haushalt der Justizver⸗

Die verstärkte Haushaltskommission beantragt Referenten Abg. v. d. Hagen (Zentr.) die Genehmigung der Einnahmen und die unver⸗

a

6. Februar

änderte Bewilligung der Ausgaben dieses Haushalts. Der Referent verbreitet sich ausführlich über die Kommissionsver⸗

handlungen zur Frage der Vereinfachung der Justizpflege für die Kriegsdauer.

8 Aög. Delbrüg (kons.): Es dürfte begreiflich erscheinen, wenn

ir auch bei diesem Etat während des Krieges vorwiegend nur Fragen behandeln, die mit dem Kriege zusammenhängen. Die Justizunter⸗ beamten erkennen dankbar an, was ihnen an Entgegenkommen seitens der Staatsregierung durch die Teuerungszulagen zuteil geworden ist. In der Hauptsache haben sich die Verhandlungen in der Kommission mit per Frage der Vereinfachung des Gerichtsverfahrens, wie sie der Krieg erfordert, beschäftigt. Die Voraussetzung ist, ob wir wirk⸗ lich Leute freimachen müssen für den Heeresdienst. Ist das nötig, dann muß es mit der Vereinfachung gehen und wird gehen. Es ist sehr wohl zu verstehen, daß die Annahme immer mehr Boven findet, daß eine große Menge von Sachen eben so gut von einem einzelnen Richter wie von einem Kollegium erledigt werden können. Die Zuständigkeit der Amtsgerichte aus diesem Grunde zu erweitern, geht aber schon deshalb nicht an, weil die Amtsgerichte schon heute überlastet sind. Auch ist es undenkbar, daß ein Richter alle die Sachen bearbeiten kann, die bisher drei Richter bearbeitet haben; zwei werden immer nötig sein, und dann wird es bereits zweifelhaft, ob eine wirklich ins Gewicht fallende Anzahl von Personen erspart werden kann. Ob es gelingen wird, die Erhebung der Pripatklagen einzuschränken, möchte ich bezweifeln. Aus eigener langjähriger Erfahrung muß ich be⸗ zeugen, daß die Schwurgerichte nicht so leichthin als eine unbrauchbare Institution bezeichnet werden dürfen, wie es heute häufig geschieht. Vieles hängt ja von der Person des Vorsitzenden ab. Die vielen vor⸗ kommenden Fehlsprüche darf man aber nicht der Einrichtung als solcher zur Last legen. Es wird nur geringer Verbesserungen be⸗ dürfen, um sie zu befähigen, befriedigend zu funktionieren. Der Zwang ür alle Geschmorenen und Ersatzgeschworenen der ganzen Periode beizuwohnen, ist eine Beeinträchtigung der bürgerlichen Frei⸗ heit, die in Wegfall gebracht werden muß. Der von mir in der Kommission gemachte Vorschlag, die Besserung in der Einführung eines Vortermins zu suchen, der diesem Zwang für den größeren Teil ein Ende machen würde, ist zwar einstweilen nicht auf Gegenliebe ge⸗ stoßen, ich hoffe aber, daß die dagegen erhobenen Bedenken all mählich zurücktreten werden. Gleichzeitig muß eine Vereinfachung des Ver⸗ fahrens herbeigeführt werden.

„Abg. Dr. Bell (Zentr.): Die Verlängerung des Krieges hat natürlich keine Besserung der unbefriedigenden Verhältnisse unserer Justizpflege gebracht. Unauslöschlicher Dank ist allen in treuer Pflichterfüllung gefallenen Angehörigen der Rechtspflege sicher; ebenso dankbar aber haben wir auch der Daheimgebliebenen zu gedenken, die unverdrossen ihre Arbeit und die ihnen entstandene Mehrarbeit getan haben. Auch wir wünschen, daß den Referendaren die Kriegshilfs⸗ dienstzeit auf ihren Vorbereitungsdienst angerechnet wird. Erfreu⸗ licherweise hat der Justizminister hier eine Zusage gemacht. Nicht so bestimmt lautet diese Zusage hinsichtlich der Referendare, die am Kriegsentschädigungsamt beschäftigt sind. Auch hier werden die Be⸗ treffenden mit allen den Fragen befaßt, welche sich auf ihren Vor⸗ bereitungsdienst beziehen. Auch bezüglich der Ernennung der Assessoren zu Richtern und Staatsanwälten hat der Krieg höchst nachteilig ein⸗ gewirkt. Namentlich die Zahl der älteren Assessoren hat sehr zuge⸗ nommen. Man sollte daher mehr als bisher auf deren Anstellung Rücksicht nehmen. Gerade an die Assessoren werden ja infolge des Richtermangels erhöhte Anforderungen gestellt. In den Kreisen der beteiligten Assessoren besteht eine große Beunruhtgung, die durch die augenblicklichen Teuerungsverhältnisse noch verstärkt wird. Das Richterbesoldungsgesetz bestimmt, daß der sechs Jahre überschreitende Feil der Assessorenzeit auf das Dienstalter nicht anzurechnen ist. Mit Rücksicht auf die durch den Krieg geschaffenen Verhältnisse wäre hier eine Abänderung dringend erwünscht, um den jungen Richtern und Staatsanwälten entgegenzukommen. Die für eine Beförderung aus⸗ ersehenen Richter und Staatsanwälte sollten nicht für die ganze Kriegsdauer von der Beförderung ausgeschlossen werden. Es könnte, je länger der Krieg dauert, diesen Herren auch das Verjüngungsprinzip hindernd in den Weg treten. Auch diese Kreise sind daher dem Justiz⸗ ministerium besonders zu empfehlen. Die fortgesetzte Führung der Personalakten, der früheren Konduitenlisten, erscheint ungesetz⸗ lich; wenigstens sollte entsprechend dem Vorgange des Reichstages beim Kolvnialbeamtengesetz bestimmt werden, daß die Betreffenden von den Eintragungen Nachricht erhalten. Das gilt besonders von den Assessoren, die durch ungünstige Ein⸗ tfagungen außerordentlich nachteilig betroffen werden können. Eine Aufklärung des Sachverhalts kann oft die Unrichtigkeit der Ein⸗ tragung dartun. Ich muß deshalb im Sinne der „Deutschen Richter⸗ zeitung“ die Bitte aussprechen, gerade jetzt im Kriege die unzweck⸗ mäßige Einrichtung aufzuheben. Ungeachtet der Anordnung des Mi⸗ nisters werden noch immer Berichte der Richter über die Assessoren eingefordert. Die ministerielle Erklärung mußte von den zuständigen Stellen künftig besser beachtet werden. (Sehr richtig!) Die mittleren Beamten haben ihre Wünsche in einer Denkschrift gemußert. Sie ver⸗ dienen eine wohlwollende Prüfung und Erwagung der Justizwer⸗ waltung. Die mittleren Beamten beschweren sich mit Recht über den unzeitmäßigen Titel „Gerichtsschreiber“. Warum hat man eine solche Scheu vor einem Fremdwort in diesem Falle? Die soziale Stellung dieser Beamten wird durch diesen Titel beeinträchtigt. Auch die Ge⸗ haltsverhältnisse der mittleren Beamten sind unbefriedigend. Die Aktuarg müssen entweder schneller zu Sekretären befördert oder es muß ihr Maximalgehalt erhöht werden. Das Institut der Kanzlei⸗ zettel ist entwürdigend, sie müssen sobald wie möglich im Orkus ver⸗ schwinden. An der Lage der deutschen Anwaltschaft und des deutschen Notariats kann ich nicht vorübergehen, obwohl ich selbst ein Mitglied dieser Körperschaft bin. Die Anwaltschaft und das Notariat befindet sich infolge des Weltkrieges in einer sehr schlimmen wirtschaftlichen Lage. Auf die Vorschläge wegen einer Erhöhung der Gebühren gehe ich hier nicht ein, weil man im Reichstage von einem solchen Vor⸗ schlage für die Dauer des Krieges abgesehen hat. Hoffentlich erfolgt nach dem Kriege eine angemessene Erhöhung der Gebühren. Die heutige Gebührenordnung geht auf das Jahr 1878 zurück. Seitdem sind die Bureaufosten und die allgemeinen sozialen Lasten der An⸗ rälte enorm gewachsen. Eine volkstümliche Rechtspflege erfordert e Erhaltung und Stärkung eines finanziell unabhängigen Anwalt⸗ ndes, um einer Proletarisierung vorzubeugen. Die Frage des imerus clausus muß nach dem Frieden geklärt werden im Sinne Unabhängigkeit und Sicherung des deutschen Amwaltstandes. Das erhältnis zwischen Richtern und Anmalten hat sich im Laufe der riegszeit ganz wesentlich gebessert. Nur durch gegenseitiges Ver⸗ rauen und gegenseitige Aussprache kann eine Besserung 1 In er Beurteilung der Anwälte durch Organe der deutschen Richter sollte doch mehr Vorsicht geübt werden. Wohin soll es führen, wenn hobe Richter Anschauungen vertreten, die im Volke die Meinung aufkommen lassen, daß die Anwälte nur ein Notbehelf und womöglich minderwertig sind. Räudige Schafe gibt es in allen Berufen. Der Anwaltszwang ist nicht geschaffen im Fr te,g der Anwälte, sondern der Rechtspflege. Gegen Bestrebungen, das Volk vor dem Anwalts⸗ zwang gruselig zu machen, muß schon jetzt entschieden Stellung ge⸗ nommen werden. Ein deutscher Richter hat das Verdienst, die Un⸗ haltbarkeit dieser Bestrebungen nachgewiesen zu haben. Schon die

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im anderen unterbleiben.

geschehen, was

große Zahl der Gesetze und Verordnungen rechtfertigt die Aufrecht⸗ erhaltung des Anwaltszwanges. Die außerordenkliche Rockane des

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deutschen Anwaktstandes muß durch weitere Mittel moralisch und wirtschaftlich behoben werden. Unsere Stellung zur Ostmarkenzulage ist bekannt. Wir haben getrennte Abstimmung beantragt. Den Ge⸗ danken, kleinere Amtsgerichte zusammenzulegen, können wir im Inter⸗ esse gerade, der ländlichen Bezirke unter keinen Umständen billigen. (Zustimmung.) Hier wäre eine Sparsamkeit am unrechten Platz.

as sollte denn aus den freiwerdenden fiskalischen Gebäuden werden2

Kassteltehe Erlasse wegen Löschung von Vermerken in den Straf⸗

registern werden häufig dadurch 1. gemacht, 87 Vermerke 12 ; asses. (Heiter⸗

zwischen gelöscht waren infolge Kaiserlichen Gnadener

keit und Zurufe links.) Der Minister sollte bündig erklären, daß in Zukunft dieses Verfahren Frldigs abgeändert wird. Zur Verbesserung der Lage des Haus⸗ und Grundbesitzes möchte ich den

grenze zu beachten. Eine zeitgemäße Aenderung unserer Strafgesetz ordnung, des Strafgesetzbuches und der Sivilpraat⸗ danen wird sei einem Jahrzehnt dringend gefordert. Der Krieg hat die Reform unterbrochen, nach dem Kriege wird die Arbeit wieder aufgenommen werden müssen. Unsere Jugendstrafprozeßordnung ist durch den Krieg ins Stocken geraten. Diese und andere Fragen sind nicht bloß Fragen der Juristen, alle Teile des Volkes müssen daran mitarbeiten, sie haben das tiefste Interesse daran, wie es im vorigen Jahrhundert der Fall war. Die vom Reichsjustizamt erlassenen Entla stungsverordnungen hedürfen einer gründlichen Nachprüfung, da sich daran weitgehende Vorschläge knüpfen. Einer Herabsetzung der Berufungsgrenze und

bitten, auch unseren Beschluß wegen der Erhöhung der Befleibungs.

einem Wiederheraufsetzen der Zuständigkeitsgrenze der Amtsgerichte

muß entschieden widersprochen werden. Zu den Vorschlägen des Justizministers muß ich die Stellung meiner Fraktion vorbehalten. Ich spreche zunächst für meine Person. Sie atmen zu sehr die Luft des Kastanienwäldchens, sind aber außerordentlich bedenklich. Cs scheint ein Friedensprogramm zu sein. isse Dinge gehören zur Zu⸗ ständigkeit des Reichs. Eine gelegentliche Gesetzgehung darf die Reform nicht präjudizteren. Nur was der Krieg vorübergehend er⸗ fordert, darf in unserer Rechtspflege geändert werden. Eine Aus⸗ dehnung der Zuständigkeit der Schsfen richn⸗ wäre uns an sich sym⸗ pathisch, aber es ist gefahrlich, 1 prozeßordnung gedrängt werden. Die Konkursverbrechen, einige Sitt⸗ lichkeitsverbrechen den Schwurgerichten abzunehmen und sie auf die Stxafkammern zu übertragen, ist ebenfalls eine Frage, die mit der Reform der übrigen Strafprozeßordnung zusammenhängt. Solange wir die Berufung gegen die Urteile der Strafkammern nicht haben, müssen wir uns gegen die Erweiterung ihrer Zuständigkeit wehren. Die Notwendigkeit einer Herabfetzung der Zahl der Geschworenen müßte uns erst statistisch nachgewiesen werden. Die Zivilprozesse haben doch abgenommen und die Strafprozesse im allgemeinen auch. Die Strafprozeßordnung durchzieht das Legitimttätsprinzip. Jetzt will man dieses durchbrechen und das Opportunitätsprinzip und damtt die Erweiterung des staatsanwaltlichen Ermesfens an die Stelle fetzen. Auch hier haben wir die größten Bedenken. Das Vertrauen auf unsere Rechtspflege kann dadurch bedenklich erschüttert werden, nament⸗ lich wenn bei Verstößen gegen die Kriegsverordnungen in der Nah⸗ rungsmittelversorgung die Anträge in dem einen Fall erhoben werden, t 2 m Daß von den Privatkkagen nur die wich⸗ tigen Fälle während des Krieges erledigt werden sollen, die anderen bis nach dem Kriege verschoben werden sollen, wobei dem Richter zu entscheiden bleibt, welche Fälle wichtig sind, müssen wir ebenfalls beanstanden. st denn z. B. die persönliche Ehre ein minder⸗ bedeutsames Rechtsgutz Welche Fälle als wichtig und welche als nichtig anzusehen sind, das kann der Richter gar nicht beurteilen, wenn er nur die Klage erhält, das kann erst aus den Gründen und Gegengründen der Parteien sich ergeben. Die Ausdehnung des Strafbefehls auf alle Uebertsetangen erscheint gichr weniger bedenklich. Auch für das Zivilprozeßverfahren hat der Minister tiefeinschneidende Abänderungsvorschläge gemacht. Er will die Zivilkammern statt mit drei Richtern nur mit einem besetzen, Man soll gar nicht erst die Probe darauf machen, sie wird und. muß uns mißlingen. Bisher hörten wir doch nur, daß die Ziviskammern üperlastet sind und nun soll ein Richter mit dem nämlichen Erfolge leisten fnnen, was bisher drei Richter nicht oder nur mit Mühe geschafft haben. Dagegen könnten Vereinfachungen im Schreibwerk vorge⸗ nommen werden, die die mittleren Beamten entlasten und den Teil der Beamten für andere Arbeiten freimachen würde. Es darf nichts sch⸗ geeignet ist, die Unabhängigkeit des Richterstandes zu erschüttern. Von diesem Standpunkt ist es bedauerlich, daß akten⸗

etzten der Richter die Mahnung und Weisung

mäßig von Dienstvorg 9 gekommen ist, möglichst hohe Strafen zu verhängen, namentlich bei Vergehen gegen, die Kriegsperordnungen. Gegen diesen Eingriff in die Unabhängigkeit der Richter muß mit aller Entschiedenheit Front gemacht werden. (Lebhafte Zustimmung im Zentrum.)

Justizminister Dr. Beseler:

Meine Herren! Ich muß zunächst antworten auf eine Aeußerung des Herrn Vorredners, und zwar nehme ich diese Aeußerung vorweg, obgleich ich sonst beabsichtige, mich an die Reihenfolge zu halten, wie die Herren die Gegenstände berührt haben. .

Der Herr Abgeordnete Dr. Bell hat gesagk, es seien Anwei⸗ sungen ergangen an die Richter, möglichst hohe Stra⸗ fen zu verhängen. Meine Herren, nicht das Geringste ist mir darüber bekannt, und nicht eine Silbe ist darüber aus dem Justiz⸗ ministerium ergangen. Der Herr Abgeordnete wird auch nachgerade wissen, daß derartige Anweisungen durchaus nicht in meinem Sinne sein würden. Vielleicht verwechselt es der Herr mit den Anwei⸗ sungen, die an die Staatsanwälte ergangen sind. Ich bin gern bereit, auch hierüber Auskunft zu erteilen. Es sind nicht etwa allgemeine Anweisungen an die Staatsanwälte ergangen, sie sollten in den Fällen, in denen es sich um Zuwiderhandlungen gegen Kriegsverordnungen handelt, unter allen Umständen auf hohe Strafen drängen. In einzelnen Fällen muß aber hei schweren Straftaten, namentlich bei solchen, die aus gewinnsüchtiger Absicht begangen wor⸗ den sind ich denke da besonders an den Kriegswucher —, auf ver⸗ hältnismäßig niedrige Geldstrafen erkannt worden, und infolgedessen war im Publikum die Meinung entstanden, daß derartige Fälle zu milde bestraft würden. (Sehr richtig!) Deshalb sind die Stzaaats⸗ anwälte darauf aufmerksam gemacht worden, daß sie in solchen Fällen jedenfalls nicht eine niedrige Strafe beantragen sollen. Diese An⸗ weisung ist für mich absolut notwendig gewesen.

Von einer Anweisung an die Richter, von der Herr Abgeord⸗ neter Bell sprach, ist mir nicht das Geringste bekannk, jedenfalls habe ich sie nicht erlassen. Ich muß mein großes Bedauern darüber aus⸗ sprechen, daß der Herr Abgeordnete Bell (Wi rspruch im Zen⸗ trum.) Ich habe mich doch bei anderen K. „n darüber erkundigt; die Aeußerung ist so verstanden worden. (Erneuter Widerfpruch im Zentrum.) Wenn Herr Abgeordneter Bell es nicht gesagt hat, dann entfällt meine Erklärung; aber verstanden habe ich ihn so.

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B r es ist gef⸗ jetzt im Kriege eine Aenderung ein⸗ 8 treten zu lassen. Die Frage darf nicht aus der Reform der Straf⸗