1917 / 50 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 27 Feb 1917 18:00:01 GMT) scan diff

Aluf Grund des § 9b des Gesetzes über den Belagerungs⸗ zustand bestimmt der Oberbefehlshaber in den Marken, General⸗ * on Kessel für das Gebiet der Provinz Brandenburg

gendes:

1) Fuhrwerkebesitzer, die mindestens 2 Pferde haben, sind bis einschlfeßlich 15. März 1917 verpflichtet, auf Aufforderung des Land⸗ rats (in Stadtkreisen des Oberbürgermeisters) für von diesem be⸗ Wehen Geschäfte oder Personen Holz aus den benachbarten Wäldern abzufahren.

2) Gegen die Aufforderung des Landrats (Oberbürgermeisters) findet die Beschwerde an den Regierungspräsidenten statt, der end⸗ gültia entscheidet. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, daß das Gespann für andere, dringende Zwecke der Kriegswirtschaft unentbehrlich ist. Die Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung.

3) Geschäfte und Personen, zu deren Gunsten Fuhren gemäf Ziffer 1 geleistet werden, haben dafür eine angemessene, im Streitfa vom Landrat (Oberbürgermeister) festzusetzende Vergütung zu zahlen. Der Landrat (Oberbürgermeister) ist berechtiat, seine Aufforderung (Ziffer 1) von vorheriger Hinterlegung dieser Vergütung abhängig zu machen. Hält der Fuhrwerksbesitzer die vom Landrat (Oberbürger⸗ meister) festgesetzie Entschädigung nicht für angemessen, so steht es ihm fret, seine höheren Ansprüche im ordentlichen Rechtswege geltend zu machen.

4) Zuwiderhandlungen gegen Z ffer 1 werden mit Gefängnis bis zu einem Jahre, bei Vorliegen mildernder Umstände mit Haft oder mit Geldstrafe bis zu 1500 bestraft. 11“

Feind liche Funkspruchlügen.

Der franzöͤsischen Heeresleitung sind die deutschen Erfolge

in der Champagne und die Abweisung aller bisherigen fran⸗ zösischen Gegenangriffe anscheinend außerordentlich unbequem. So leugnet der Lyoner Funkendienst die deutscherseits gemeldeten französischen Gegenangriffe auf die Höhe 185 am 23., die Abends um 6 ½ und um 10 Uhr blutig abgewiesen wurden. Die gleiche Politik verfolgt der Funkspruch Poldhu vom 24., der den abge⸗ wiesenen englischen Vorstoß bei Armentières als einen Erfolg dar⸗ zustellen versucht. Es gelang den Engländern zwar, bei dem elasti⸗ schen Zurückbiegen der deutschen Linie einige wenige Gefangene zu machen, dagegen ist die Behauptung von einer großen Anzahl deutscher Toter frei erfunden. Der angebliche Erfolg kostete die Engländer außer einer Anzahl Gefangener 200 gezählte Tote, während die angegriffene Stellung restlos im deutschen Besitz blieb. Die englische Heeresleitung beabsichtigte offen⸗ bar, den bei diesem Unternehmen eingesetzten viel mißbrauchten Neuseeländern einen kleinen Erfolg zuzuschreiben. (W. T. B.)

Acht feindliche Flugzeuge abgeschossen.

Wie an den Vortagen, so beschränkte auch am Vormittag des 25. Februar auf allen Fronten dichter Dunst jede Sicht. Die Aufklärungstätigkeit der eigenen und feindlichen Flieger wurde dadurch stark beeinträchtigt. Gegen Mittag aber durchbrach die Sonne die Wolkenmassen und mit einem Flieger zu ihren Kampf⸗ und Erkundungsaufgaben. Regster Fliegerbetrieb herrschte in den Mittags⸗ und Nachmirtagsstunden zwischen Lens und Arras und über der langen Sommefront. Be⸗ sonders lebhaft war die Fliegertätigkeit in der Champagne. Auf beiden Seiten der Front kam es zu zahlreichen Luft⸗ kämpfen, in deren Verlauf es den deutschen Fliegern gelang, 8 feindliche Flugzeuge herunterzuholen. nördlich der Somme zur Erde niedergezwungen; ein viertes liegt östlich von St. Mihiel zerschossen dicht vor unseren Linien. Das fünfte, ein Nieuport, liegt zertrümmert im Elsaß zwischen Pfastatt und Lutterbach, warens das sechste, ebenfalls ein Nieuport, an der mazedonischen Front zum Absturz gebracht wurde. Das siebente und achte Flugzeug wurde aus einem englischen Geschwader herausgeholt, das Nachmittags Saargemünd an zugreifen versucht hatte. Den Engländern gelang es nicht, an das beabsichtigte Ziel heranzukommen. Unser Abwehr⸗ feuer nötigte sie zu vorzeitigem Abdrehen; die abgeworfenen Bomben zerplatzten wirkungslos im Gelände. Unsere Kampfflieger zwangen im Luftkampf zwei von den An⸗ greifern zur Erde nieder. Ein zerschmettertes Flugzeug liegt dicht bei Saargemünd, dem anderen gelang es, mit knapper Not bis hinter seine Linie zurückzukommen, wo es zu Bruch ging. Im Verein mit dem in der Nacht vorher bei Saaralben abgeschossenen französischen Lenkluftschiff dürften diese Verluste unseren Gegnern doch zeigen, daß unser Heimat⸗ luftschutz auf seinem Posten ist und es kein unbestraftes Be⸗ ginnen bleibt, deutsche Industriestätten anzugreifen. (W. T. B)

. starteten auf beiden Seiten die

nicht weniger als Davon wurden 3 Flugzeuge

Berlin, 26. Februar, Abends. (W. T. B)

Oestlich von Arras scheiterte Mittags ein englischer Vor⸗ sioß; im Sailly⸗Abschnitt hat sich Abends die Gefechtstätig⸗ keit gesteigert. ““

Im Osten nichts Besonderes.

Haup quartier, 27. Februar.

Groß . Westlicher Kriegsschauplatz.

Von zahlreichen Vorstößen der Engländer gegen unsere Front zwischen Ypern und der Somme gelangte nur einer in unsere Grähen. Der östlich von Arras eingedrungene Feind wurde durch Gegenstoß geworfen.

Das Artilleriefeuer erhob sich nur in wenigen Abschnitten über das gewöhnliche Maß.

Oestlicher Kriegsschauplatz⸗

Bei abnehmender Kälte war die Gefechtstätigkeit mehrfach lebhafter als in letzter Zeit.

Mazedonische Front. Nichts Neues. 2*

Der Erste Generalquartiermeister. Ludendorff.

(W. T. B.)

Oesterreichisch⸗ungarischer Bericht.

Wien, 26. Februar. (W. T. B.) Amtlich wird gemeldet: 8 ““ Oestlicher Kriegsschauplatz. Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls

von Mackensen. Nichts von besonderer Bedeutung.

Heeresfront des Generalobersten Erzherzog Joseph.

Nordwestlich des Tartarenpasses schlugen unsere Truppen einen neuerlichen russischen Angriff im Handgranaten⸗ kampf ab.

Heeresfront des Generalfeldmarschalls Prinz Leopold von Bayern.

Südlich von Brzezany wurde ein neuer russischer Vorstoß abgeschlagen. Westlich von Luck überfielen unsere Stoßtrupps mehrere feindliche Feldwachen. G

Italienischer Kriegsschauplatz.

Nachmittags setzte wieder an der küstenländischen Front

und in einzelnen Tiroler Abschnitten stärkeres Artilleriefeuer

ein. Bei Vertoiba drangen unsere Truppen Nachts in eine

stark besetzte feindliche Sappe ein, zerstörten diese und ver⸗

nichteten die Besatzung bis auf einige Leute, die als Gefangene eingebracht wurden.

Südöstlicher Kriegsschauplatz.

2 Rechnungsjahr 1 917 in Verbindung mit der ersten Beratung

der Gesetzentwürfe über eine weitere Kriegsabgabe der Reichsbank für 1916, über die Erhebung eines Zuschlags zur Kriegssteuer, die Sicherung der Kriegssteuer und die Besteuerung des Personen⸗ und Güterverkehrz üe des Entwurfs eines Kohlensteuergesetzes auf der agesordnung. 1

Bei Beginn der Sitzung ergriff der Reichskanzler Dr. von Bethmann Hollweg das Wort, dessen Rede morgen im Wortlaut mitgeteilt werden wird.

Theater und Musik.

Im Königlichen Opernhause wird morgen, Mittgwoch, „Violetta“ mit Fräutein Artôt de Padilla und den Herren Bergman und Schwarz in den Hauptrollen aufgeführt. Dirigent ist der Kapell meister von Strauß.

Im Königlichen Schauspielhause geht morgen „Wallen⸗ steins Tod“ in Szene. In den Hauptrollen sind die Damen Coste, Nesper, Safsin, die Herren Kraußneck, Pohl, Engels, von Ledebur, Lucas, Patry und Zimmerer beschäftigt. Spielleiter ist der Ober⸗ regisseur Patryv. Die Vorstellung beginnt um 7 Uhr.

Im Berliner Theater begaginnen die Vorstellungen von morgen, Mittwoch, an bereits um 7 Uhr 20 Minuten.

Morgen, Mittwoch, Abends 8 Uhr, findet in der Jerusalems. kirche ein Konzert des Jerusalemskirchenchors (Dirigent: Körigl. Musikdirektor Max Eschke) statt. Mitwirkende sind: Frieda Kramer (Violine), Kurt Langner (Bariton) und A. W. Leupold (Orgel). Das Programm (20 ₰) berechtigt zum Besuch des Konzertz.

Unverändert.

Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes. von Hoefer, Feldmarschalleutnant

Bulgarischer Bericht. Sofia, 26. Februar. (W. T. B.) Amtlicher Bericht

vom 26. Februar. . 8 Front: Schwache Ariillerie⸗

Mazedonische zchn 8 tätigkeit auf der gesamten Front. Spärliches Gewehr⸗ und 1t Abteilungen

Raschinengewehrfeuer zwischen vorgeschobenen n . Gegend h⸗ Bitolta und Moglena. Lebhafte Tätig⸗ keit in der Luft und im Tale des Vardar und an der Küste bei Orfano. Ein französisches Flugzeug wurde südlich von Gewaheli im Luftkampf abgeschossen.

Rumänische Front: Bei Mahmudie Vorposten⸗ geplänkel. Oestlich von Tulcea versuchte eine russische In⸗ fanterieabteilung unter Führung von zwei Offizieren sich über den gefrorenen Fluß unseren Posten zu nähern. Sie wurde aber durch Feuer zerstreut. Ein Offizier wurde gefangen genommen. S

Türkischer Bericht.

T“ 26. Februar. (W. T. B.) bericht vom 26. Februar. Unsere Operationen an der Tigrisfront vollziehen sich lanmäßig. na6 2 Sinaifront griff feindliche Kavallerie in Ver⸗ bindung mit einer Batterie und sechs Maschinengewehren eine unserer vorgeschobenen Kompagnien an. Nach dreistündigem ampf wurde der Gegner zum Rückzug gezwungen. Auf den anderen Fronten kein wichtiges Ereignis.

. ö“

Heeres⸗

Der Krieg zur See.

Berlin, 26. Februar. (W. T. B.) In der Nacht vom 25. zum 26. Februar stießen Teile unserer Torpedo⸗ boots⸗Streitkräfte unter Führung der Korvettenkapitäne Tillessen und Albrecht (Konrad) in den englischen Kanal bis über die Linie Dover Calais und in die Themsemündung vor. 88

Die im Kanal gestellten englischen Zerstörer wurden nach heftigem Artilleriegefecht zersprengt; mehrere von ihnen wurden durch Treffer beschädigt und gingen weiteren Kämpfen durch schleunigen Rück⸗ zug aus dem Wege. Unsere Boote erlitten keine Verluste oder Beschädigungen. Im übrigen wurde in diesem Gebiete vom Gegner nichts gesichtet. Em anderer Teil unserer Torpedoboote drang, ohne irgend⸗ welche Bewachung anzutreffen, bis nach Nord⸗Fore⸗ land und in die Downs vor. Die militärischen Küstenanlagen bei Nord⸗Foreland, die dahinter liegende Stadt Margate sowie einige dicht unter Land zu Anker liegende Fahrzeuge wurden mit beobachtetem guten Erfolge unter Feuer genommen. Handels⸗ verkehr wurde nicht angetroffen. Auch diese Boote sind vollzählig und unbeschädigt zurückgekehrt. 8 Der Chef des Admiralstabes der Marine.

Fondon, 26. Februar. (W. T. B.) Loydsmeldungen zufolge sind die englischen Dampfer „Falcon“ und „Iser“ sowie der englische Fischdampfer „Frolic“ (183 Br.⸗Reg.⸗To.) versenkt worden.

London, 26. Februar. (Reutermeldung.) Amtlich. Der Passagierdampfer der Cunardlinie „Laconia“ (18 099 Br.⸗Reg.⸗To.), der von Nem York kam, wurde ohne Warnung torpediert. Ein Schiff mit 270 Ueberlebenden der „Laconia“, darunter eine Anzahl Passagiere, wird um Mitternacht im Hafen erwartet.

London, 26. Februar. (Meldung des „Reuterschen Bureaus“.) Der englische Dampfer „Algiers“ (2361 t), der Malteser Segler „Nostra Signora del Porto Salvo“ (136 t) und die zwei Kutter „Agnes“ und „George Benson“ sind versenkt worden.

Parlamentsbericht.*)

Der Bericht der gestrigen Sitzung des Hauses der Abge⸗ ordneten befindet sich in der Ersten Beilage.

In der heutigen (83.) Sitzung des Reichstags, welcher der Reichskanzler Dr. von Bethmann Hollweg, der Staats⸗ sekretär des Innern, Staatsminister Dr. Helfferich und der Staatssekretär des Auswärtigen Amts Zimmermann bei⸗ wohnten, stand die erste Beratung des Reichshaushalts⸗ etats und des Haushaltsetats der Schutzgebiete für das

2——

*) Ohne Gewähr.

Mannigfaltiges.

Im Lessingmuseum, Brüderstraße 13, spricht am Donneretag, den 1. März, Waldemar Banke über den „Humor in der Weltliteratur?. Heitere Lieder von Lessing singt Hanz Günther, andere Gesänge trägt das Böhm⸗Terzett vor. Schabertz Violinsonate in D⸗Dur spielen die Damen Michel und Schulze⸗ Buhrandt. Der Vortragsabend beginnt um 8 Uhr.

Lichtenau bei Lauban, 26. Februar. (W. T. B.) Auf de Werke der Bergwerksaktiengesellschaft „Glückauf st durch Einatmen giftiger Gase fünf Bergleute erstic Bei der Einfahrt am Sonntag früh wurde bemerkt, daß Gase a dem Schacht strömten. Als Ursache wurde festgesellt, dan beim A dämmen eines älteren Brandheerdes abztebende Gase in den übrig Grubenschacht drangen und ihren Abzug durch den ausführend Wetterschacht genommen hatten.

London, 26 Februar. (W. T. B.) Dem „Nieuwen Rotter⸗ bamschen Courant“ zufolge hat Lord Devonport eine neue Brot⸗ und Mehlverordnung erlassen, die die Benutzung don reinem Weizenmehl überhaupt verbietet und die Bäcker verrflichten zur Herstellung von Brot und anderen Artikeln eine Mischung von Weizenmehl und anderem Mehl zu verwenden.

Mailand, 26. Februar. (W. T. B.) Wie „Avanti“ meldet, ist Alessandria ohne Kohle. Die Stadiverwaltung hat sett geraumer Zeit ihre Kohlenreserven aufgebraucht. Die Gasfabrsl muß demnächst ihren Betrieh einstellen. Auch viele indusftrielle Uaternehmungen haben ihre Kohlenvorräte aufgebraucht. Die Hut⸗ industrte muß immer noch feiern. Wie „Avanti“ hinzufügt, leidet man in Alessandria immer noch unter der Kälte. Andere Zeiturgs⸗ meldungen berichten von vollkommenem Kohlenmangel in Biella, dem

italienischen Manchester.

Stockholm, 27. Februar. (W. T. B.) Der nördlich gehende Invalidenzug lief gestern abend bei Holmsveden nahe Särder⸗ hamn auf ein Nebengleise und rannte gegen die Wand eines Gebäudes. Die vier Wagen hinter der Lokomotive wurden völlig zerstört. In diesen Wagen befanden sich 65 Invaliden, die zum Teil noch unter den Trümmern liegen. Bis 1 Uhr

zwanzig Verwundete geborgen. Eine schwedische Krankenpfl gerin i leicht b Mit dem Zug fuhren 228 Invaliden, zwe i Offistm und fünf Pflegerinnen. Als Ursache des Unglücks wird falsche Weichen⸗

stellung angegeben. 1“

(ortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zwei Beilage.)

Theater. 1 Königliche Schauspiele. Mittwoch: Opernhaus. 57. Abonn⸗

mentsvorstellung. Dienst⸗ und Freiplätze sind aufgehoben. Vio letta. (La Traviata.) Oper in vier Akten von Giuseppe Verdi. ver von Piave. Mustkalische Leitung: Herr Kapellmeister von Strauß⸗ Regie: Herr Regisseur Hertzer. Anfang 7 ½ Uhr.

Schauspielhaus. 59. Abonnementsvorstellung. Wallenfteins Tod. Trauerspiel in fünf Autzügen von Friedrich Schiller. Regie: Herr Oberregisseur Patry. Anfang 7 Uhr.

Donnerstag: Opernhaus. 58. Abonnementsvorstellung. Deft und Freiplätze sind aufgehoben. Richard⸗Wagner⸗ Inrlns Fünfter Abend: Tristan und Isolde in drei Akten von Richm Wagner. Anfang 6 ½ Uhr.

Schauspielhaus. 60. Abonnementsvorstellung. Zum 25. Nn⸗ Könige. Ein Schauspiel in drei Aufzügen von Hans Müller. In Szene gesetzt von Herrn Regisseur Dr. Bruck. Anfang 7 ½ Uhr.

Familiennachrichten. 1 .“

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Major Herbert Klotz (Berlin). Hrn. Hauptmann Erxwin Müller (Berlin⸗Lichten felde) 1 Sens Hauptmann Henke (Wiesbaden). Eine Tochter: Hrn. von Passavant (Frankfurt a. M.). FFaf⸗

Gestorben: Schloßhauptmann von Dessau, Kammerberr un e. meister a. D. Bodo Burghard Frhr. von Bodenhausen 0 nen dorf bei Dessau). Hr. Generalkonsul Martin veres (Madrid). Hr. Professor Dr. Hans Morsch (Berlin. Haülle

felde). Fr. Margarethe Cardinal von Widdern, geb.

(Berlin).

Verantwortlicher Redakteur: Direktor Dr. Tyrol in Charlattenue Verantwortlich für den Anzeigenteil: Der Vorsteher der Erpe . V.: Rechnunigsrat Reyher in Berlin.

Verlag der Expedition (J. V.: Reyher) in Berlin.

Berlin, Wilhelmstraße 32. Sieben Beilagen (einschließlich Warenzeichenbeilage Nr. 17. und die Inhaltsangabe Nr. 8 zu Nr. 5 des bffentliches Anzeigers sowie die 1984. Ausgabe der Deutschen Verlustlisten.

30 Minuten Vormittags wurden fünf getötete Invaliden und etm

4, Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagsanstalt, 4

Deutschen Reichsanzeiger und Königlich Preußischen Staa

Parlamentsbericht.*)

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten.

67. Sitzung vom 26. Februar 1917, Vormittags 11 Uhr.

(Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

Am Regierungstische der Justizminister Dr. Beseler.

Präsident Dr. Graf von Schwerin ervöffnet die Sitzung um 11 ½4 Uhr.

Das Haus setzt die Beratung des Sonder haus⸗ halts der Justizverwaltung fort.

Abg. L ü d icke (freikons.): Die Erklärung des Justizministers, daß eine Aufhebung der kleinen Amtsgerichte nicht in Aussicht ge⸗ nommen sei, wird in der Bevölkerung dankbar aufgenommen werden. Eine solche Maßregel würde für die wirtschaftliche Entwickelung der kleinen Städte einen empfindlichen Schlag bedeuten, es würde dadurch das enge Band zwischen den Gerichtsbehörden und dem Publikum gelöst werden. Der Abg. Bell hat die Notlage der Haus⸗ besitzer gestreift. Der Minister des Innern hat diese Notlage an⸗ erkannt und in warmherziger Weise in Aussicht gestellt, alles zu tun, was möglich ist, um diese Not zu lindern. Besonders schwer werden die Hausbesitzer durch die Kündigung der Hypotheken getroffen. Die Begebung der Kriegsanleihe zu 5 Prozent veranlaßt die Hypotheken⸗ gläubiger sehr leicht zur Kündigung. Nun ist die augenblickliche Gefahr für die Hausbesitzer dadurch abgewendet, daß ihnen Zahlungs⸗ fristen bewilligt werden können, aber davon wird nur im Notfalle Gebrauch gemacht. Ein Berufsvormund hat erklärt, er müßte zur Kündigung der Hypothek schreiten, wolle aber mit Rücksicht auf die schwierige Lage der Hausbesitzer darin willigen, daß zunächst eine geringe Erhöhung des Zinssatzes von 5 auf 6 Prozent stattfinde. Ich glaube, daß diese und ähnliche Maßregeln nicht dem billigen Interesse der Schuldner entsprechen. Der Justizminister sollte die Vormünder darauf hinweisen, den Zeitverhältnissen Rechnung zu tragen. Auf diesem Gebiete kann nur durch tilgbare Hypotheken abgeholfen werden. Ich bitte den Justizminister, auf die Reichs⸗ verwaltung dahin zu wirken, daß der vom Abgeordneten Dr. Arendt im Reichstage eingebrachte entsprechende Antrag gesetzgeberische Ver⸗ wertung findet. Dem Bedenken des Abgeordneten Bell gegen die Vorschläge des Justizministers in bezug auf die Vereinfachung des Verfahrens kann ich mich nicht anschfießen. Die Notwendigkeit der Kräste und vor allen Dingen der Zeitersparnis steht fest. Alle diese Maßregeln sind ja auch nicht auf die Dauer berechnet, sondern aus der Not des Krieges geboren. Einzelne von ihnen können ja auch im Frieden beibehalten werden. An der bewährten Grundlage des Ver⸗ fahrens darf nicht gerüttelt werden; grundstürzende Aenderungen wünschen wir nicht. Mit der Mündlichkeit des Verfahrens im Zivil⸗ prozesse wird ein gewisser Kultus getrieben; eine Ueberspannung ist nicht am Platze. Der Abgeordnete Bell hat sich dagegen erklärt, daß die Zivilkammern mit einem Richter entscheiden. Vielleicht würde ein Mittelweg zum Ziele führen, dadurch, daß im ersten Termin in einer Zivilsache ein Richter die Sache erledigt. Es würden Ver⸗ säumnisurteile ergehen und eine nicht unerhehliche Entlastung her⸗ beigeführt werden. Vielleicht könnte auch für den ersten Termin der Anwaltszwang beseitigt werden. Gegen eine Beseitigung der Be⸗ rufung bestehen große Bedenken, zu erwägen wäre aber eine Rückkehr zu dem Rekurs des alten preußischen Rechts, wonach bei Rechtsver⸗ letzungen Beschwerde gegen das Urteil zulässig war. Das große An⸗ sehen unserer Rechtspflege beruht darauf, daß das Urteil der ersten Instanz nachgeprüft werden kann. Eine andere Regelung der Zu⸗ ständigkeit kann die Gerichse erheblich entlasten. Die Beseitigung der Schwurgerichte ist allerdings zu einer politischen Frage geworden und kann deshalb jetzt nicht gut besprochen werden, wohl aber ist eine Beschränkung der Geschworenenzahl im Interesse der Rechtspflege und der Geschworenen selbst möglich, und ich unterstütze auch den Vor⸗ schlag, beim Beginn der Schwurgerichtsperiode einen Vortermin über die Ablehnung der Geschworenen abzuhalten. Vielleicht kann auch das Ablehnungsrecht für Geschworene ebenso gestaltet werden wie das Ablehnungsrecht für die Richter. Es ist eine bekannte Erscheinung, daß ein Geschworener, der gerade an einem bestimmten Tage nicht sitzen will, sich an den Staatsanwalt wendet, um seine Ablehnung herbeizuführen. Wesentlich kann die Behandlung der neuen wirtschaft⸗ lichen Kriegsverordnungen geändert werden. Wir billigen zwar das Vorgehen des Justizministers, wenn er die Staatsanwälte anweist, bei so ungeheuren Werten von Lieferungen empfindliche Strafen zu beantragen, aber in formaler Beziehung kann eine Aenderung ein⸗ treten. Sämtliche Verstöße gegen die Kriegsverordnungen sind im Sinne des Gesetzes Vergehen, und da könnte zur Vereinfachung die Polizei ermächtigt werden, Geldstrafen bis 150 oder Freiheits⸗ trafen bis 6 Wochen jetzt zu verhängen. Die Betroffenen könnten ja Widerspruch erheben und ihre Sache vor das Gericht bringen. Auch das Privatklageverfahren wird eingeschränkt werden müssen. Die Er⸗ folge der Schiedsmänner sind zurückgegangen, aber es könnte durch sie diel mehr geschehen. Vielleicht könnten nach Art der Versammlungen, die die Vormundschaftsrichter alljährlich mit den Vormündern ab⸗ halten, die Schöffenrichter mit den Schiedsmännern zur Belehrung Versammlungen abhalten. Eine weitere Entlastung der Gerichte könnte stattfinden, wenn die Auflassungen gemäß einem Antrage meiner Freunde nicht nur vor den Grundbuchämtern, sondern vor jedem preu⸗ zischen Amtsgericht stattfinden dürften. Der Justizminister ist in der Kommission auf den Boden dieses Antrages getreten. Die Grund⸗ buchämter würden dadurch erheblich entlastet werden. Auf welche Gründe die Gegensätze zwischen den Anwälten und den Richtern zu⸗ rückzuführen sind, mag auf sich beruhen. Es mag jetzt auch eine ge⸗ wisse Nervosität in 8 Anwaltschaft vorhanden sein. Jedenfalls sind die Gegensätze tief bedauerlich. Es schallt auch aus der Richter⸗ zeitung nicht gerade wie Frieden heraus. Der Krieg hat schon manche Gegensätze ausgeglichen, die schwerer wogen, man sollte auch auf eine Entspannung dieser Gegensätze hinwirken und den Burgfrieden auch in diesem Streite wahren. (Sehr wahr!) Man sollte nicht in langen Zeitschriftenartikeln die Gegensätze noch verschärfen. Für die Austragung dieser Gegensätze bleiht die Zeit nach dem Kriege übrig. Wenn eine solche Entspannung nicht herbeigeführt werden kann, so ist es die Aufgabe der Justizverwaltung, mit geeigneten Mitteln einzugreifen. Die Rechtspflege erfordert ein ersprießliches Zusammen⸗ arbeiten zwischen den Richtern und den Anwälten. Das Ansehen der Justiz kann nur aufrecht erhalten bleiben, wenn alle Organe der Rechtspflege einträchtig zusammenwirken. (Beifall rechts.)

Abg. Hänisch (Soz.): Die Zeit, wo die Sozialdemokratie nur Objekt der Gesetzgebung war, ist hoffentlich vorüber. Da die gesetzgebende Genf beim Volke liegt, muß auch jede Justizreform vom Reiche ausgehen. Wir haben durchaus Verständnis dafür, daß die Not des Krieges zu Maßnahmen der Beschleunigung und Verein⸗ fachung der Justizpflege drängt; wir haben auch eine Reihe von getroffenen Notmaßregeln gebilligt, aber mit Hurra können wir keines⸗ wegs auf die Gesamtheit der gemachten Reformvorschläge uns ein⸗ lassen. Auch wir würden eine erhebliche Verminderung der Bagatell⸗

—— 2) Ohne Gewähr, mit Ausnahme der Reden der Minister und Staatssekretäte. 8 8 11“

bar dafür, daß er für die Löschung der 8

Erste Beilage

Berlin, Dienstag, den 27. Februar

prozesse begrüßen. Einer etwaigen Verteuerung der Rechtspflege werden wir mit aller Entschiedenheit entgegentreten; nicht verleuert werden darf sie, sondern sie muß verbilligt werden. Der Erweiterung der Kompetenz des Einzelrichters zu ungunsten der Schöffengerichte werden wir ebenso bestimmten Widerstand ent egensetzen, wie dem er⸗ neuten Ansturm auf die Schwurgerichte. bin gewiß kein unbe⸗ dingter Lobredner der Schwurgerichte, aber ich halte sie für eine so wertvolle Crrune der bürgerlichen Freiheitsbestrebungen, daß ich nicht nur ihre Erhaltung, sondern auch die Erweiterung ihrer Kompetenz, daß ich vor allem in Uebereinstimmung mit unserem Programm die Uebertragung der politischen und der Preßprozesse auch in Preußen verlange. Die Zusammensetzung der Geschworenen⸗ bank entspricht noch immer nicht entfernt den Anforderungen wirk⸗ licher Demokratie. Es sind ja im Kriege auch Fälle von Berufung von Arbeitern und Sozialdemokraten zu Geschworenen bekannt ge⸗ worden, aber da handelt es sich lediglich um Ausnahmen; in der Regel handelt es sich noch immer um ein reines Klassengericht. Diese ein⸗ seitige Zusammensetzung des Schwurgerichts muß aufhören; das wird auch eine entsprechende Einwirkung auf die Auswahl der Schöffen zur Folge haben. Die guten Erfahrungen bei den Gewerbegerichten sollten hier zum Vorbilde dienen. Die Gelegenheit der Kriegsnot⸗ stände zu grundstürzenden „Reformen“ auszunutzen, davor können wir nur aufs dringendste warnen. Die Gerichtspraxis gegen Kriegs⸗ wucherer und Kettenhändler läßt leider vielfach die gebotene Schärse vermissen, und das in einem Grade, daß selbst der Minister zu einem entsprechenden Crlaß an die Staatsanwaltschaften * veranlaßt ge⸗ sehen hat. Zahllose Verurteilungen auf diesem Gebiete stehen in einem schreienden Widerspruch zu dem Grade der Verfehlungen; lächerlich geringe Geldstrafen stehen den riesigen Wucher⸗ und Händ⸗ lergewinnen gegenüber. Es kann gar nicht sereng genug gegen diese schändlichen Volksaussauger vorgegangen wer en; was soll man dazu sagen, wenn in einem Falle auf einen Wuchergewinn von 1700 eine Geldstrafe von 100 gesetzt wird? Solche unglaublich milden Urteile versteht das Volk nicht. Durch die der Ketten⸗ händler und Wucherer erleidet das Vaterlan tagtäglich weiter schwereren Schaden, als z. B. durch die Verbreitung sozialdemokrati⸗ scher Flugblätter, für die die Strafkammern häufig auf schwere Ge⸗ fängnisstrafen erkennen. Auch versteht das Volk durchaus nicht, warum die Gerichte dem Abgeordneten Dr. Liebknecht die bürgerlichen Ehrenrechte aberkannt haben, der doch aus den lautersten Beweg⸗ gründen so gehandelt hat, wie er gehandelt hat, seine bürgerliche Existenz und seine Freiheit aufs Spiel gesetzt hat. Der Reichskanzler hat mir aus der Seele gesprochen, als er im Reichstage sagte, der Staatsmann verdient gehängt zu werden, der nicht gegenüber unserem schlimmsten Feinde, den Engländern, jedes Erfolg versprechende Mittel anwendet; aber ich möchte diesen Ausspruch dahin ergänzen, daß auch alle diejenigen an den Galgen gehören, die nicht gegen den infamen Kriegswucher und Kettenhandel und gegen diejenigen, die ihn treiben, mit alleräußerster Strenge einschreiten. Ich erwarte, daß uns alsbald eine genaue Statistik über alle seit Kriegsbeginn in dieser Beziehung eingeleiteten Prozesse und über alle Verurteilungen vom Justizressort vorgelegt wird.

Abg. Kanzow fortschr. Volksp.): Ich bedaure, daß am Sonn⸗ abend der Minister dem Abgeordneten Bell gegenüber eine Haltung eingenommen hat, die wir alle mißbilligen müssen. (Lebhafte Zustim⸗ mung links und im Zentrum.) Wir de hier keine Reden zum Vergnügen des Ministers. Der Kriegsminister ist auch nicht . Ressortminister, sondern auch Staatsminister, er ist für die Verwal⸗ tung verantwortlich. (Erneute Zustimmung.) Er mu unseren Be⸗ chwerden ein aufmerksames Ohr leihen und das veran assen, was im Interesse des Vaterlandes geboten ist. (Beifall.) Was die Sache selbst betrifft, so muß ich 81 die Klagen zurückkommen, die von den Kanzleigehilfen erhoben werden. In keinem anderen Bundesstaat haben wir eine so veraltete Kanzleiordnung. Schon im Kriege kann hier manches gebessert werden. Wir haben Kanzleigehilfen, die über 40 Jahre alt sind und die als Kompagnieführer im Felde gewirkt haben. Es ist vorgekommen, daß den Hinterbliebenen Gehilfenabzüge gemacht wurden, wenn der Gehilfe nicht sein Pensum ganz erledigt hatte. (Hört, hört!) Die Kanzleigehilfen verlangen eine Erhöhung des Mindesteinkommens, und wenn sie im Felde ind, eine Teue⸗ rungszulage für ihre Familie. Bei dem, was die Frauen erhalten, können sie ihre Kinder nicht erziehen. 165 reichen dazu nieht aus. Mit Recht beschweren sich die Kanzleigehilfen über diesen Titel. Auch die Gerichtsschreiber wünschen einen zeitgemäßen Titel. Eine ganze Reihe von Geschäften könnte den Gerichtsschreibern zur selb⸗ ständigen Erledigung übertragen werden. Das Diktat der Proto⸗ kolle könnte von einer billigeren Kanzleikraft ausgeführt werden. Warum sind die Beihilfen an die Arbeiter in der Justizverwaltung geringer gestellt als in anderen Verwaltungen. Die Bezüge sind viel geringer als der Staatseisenbahnverwaltung. Diese bezahlt die Bei⸗ hilfen alle Monate, die Justizverwaltung aber jeden zweiten Monat. (Hört, hört!) Notwendig ist, die Arbeiter auch zu den Schöffen und Schwurgerichten heranzuziehen, dadurch kann ihre Staatsgesinnung nur gestärkt werden. Politische Aengstlichkeiten wirken veriirgernd. Die Einigungsämter müßten die Vollstreckbarkeit der Urteile haben. Ihre Tätigkeit müßte überhaupt ausgedehnt werden. Jugendliche Verbrecher gehören vor die Schöffengerichte. Hat ein Junge, der ein Kaninchen entwendet hat, einen verbrecherischen Sinn? Der Ein⸗ wand der exceptio plurium muß beseitigt werden. Den Referen⸗ daren muß die Beschäftigungszeit bei der Verwaltung angerechnet werden. Alle Beamten, höhere, mittlere und untere Justizbeamten, verdienen unsere vollste Anerkennung. Namentlich verdienen unsere deutschen Richter Lob, daß sie sich nicht zu Knechten der öffentlichen Meinung herabgewürdigt haben wie englische Richter. Die Auswahl der Vorsitzenden der Schwurgerichte muß mit der größten Vorsicht erfolgen. Man sieht auch Richter, die schimpfen und in die Arena hinabsteigen mit dem Gedanken: nur ran an den Feind, als ob sie mit dem Ange⸗ klagten kämpfen müßten. Der Minister hat Recht, schroffe Formen wirken nur verärgernd und verletzend. Wichtig ist für den Richter die Festigkeit des Charakters. (Sehr richtig!) Herr Kollege Hänisch, den ich hier lieber sehe, als Liebknecht, hat mir vorweg genommen, wie die Richter den richtigen Ton verstehen sollen. Als vor Gericht einer gefragt wurde, wo der Zeuge sei, und darauf antwortete: „Bei den Preußen“, und dann auf nochmalige Frage wiederum ganz harmlos sagte: „Bei den Preußen“, wurde er auf drei Tage Feeis aht Er wollte sich beschweren, aber er sagte, was nützt mir die Beschwerde, wenn ich meine drei Tage abgesessen habe. (Heiterkeit.) Jede direkte Einwirkung einer vorgesetzten Stelle auf die Gerichte ist unzulässig,

aber ich bin dem Minister dankbar dafür, bs er die Staatsanwäͤlte

anweist, mit aller F gegen die Kriegswucherer vorzugehen. (Sehr richtig!) Doch man soll zwischen Kriegswucher und Kriegswucher unterscheiden. Wenn einer mal eine Sache um ein paar Pfennig teurer verkauft, braucht er noch kein Kriegswucherer zu sein. Man soll nach dem Grundsatze verfahren: die Kleinen laufen la 8. und die Großen hängen. (Allseitige Zustimmung.) Ich bin ferner dem Minister dank⸗

1 b orstrafen eingetreten ist. Hindenburg hat gesagt, alle Soldaten sind Helden. Unter diesen Hel⸗ den befinden sich auch Vorbestrafte und Fürforgezö linge, die sen aus⸗ ezeichnet haben, zum Teil Offiziere geworden i8 und das Eiserne

reuz zweiter, zum Teil sogar Klasse bekommen haben. Bei allen Gerichtssachen sollte wie bei den Steuersachen auch eine Rechts⸗ mittelbelehrung stattfinden. In bezug auf die Vereinfachung der

Rechtspflege stehe ich mit meiner Partei auf dem Standpunkt, daß

2 iger. 8

alles, was für den Krieg notwendig ist, geschehen muß und daß die Interessen der Justiz dahinter zurücktreten müssen. Die Lehren, die aus dem Kriege für die Aenderung unseres Re tslebens gezogen wer⸗ den müssen, können nach Beendigung des Krieges in voller Ruhe ge⸗ g werden. Es darf unter der Einwirkung des Krieges nichts in ie Rechtspflege eingeschmuggelt werden, sondern was jetzt gemacht wird, darf nur für die Kriegszeit gemacht werden. Die Unabhängig⸗ keit des Richters wollen wir unter allen Umständen S er⸗ halten, die Unabhängigkeit nach oben wie nach unten. Die Heran⸗ ziehung des Laienelements zur Justiz ist sehr wesentlich, man erhält manche Anregung von den Laien, die man felbt nicht hat. Der 5 tische Blick, die Anschauung des Lebens stehen dem Juristen durch den Laien klarer vor Augen, als er sich am grünen Tisch klargemacht hat. Deshalb wünschen wir nicht die Entscheidung des Richters ohne Schöffen. Dagegen sind wir für die Ausdehnung der Befugnisse des Schöffengerichts. Die Besetzung der Stra kammer könnte nur ver⸗ ringert werden, wenn für das Urteil Ein timmigkeit vor eschrieben wird. Die Schwur haben sich vuürchaus bewährt. Es kommt nur darauf an, daß der orfitzende die richtige Persönlichkeit ist. Es gibt auch solche Fälle, wo die Geschworenen sagen: nun sprechen wir erst recht frei. Gegen die Besetzung der Zivilkammern mit einem Richter habe ich auch das größte Bedenken. Der Kollege Schiffer hat sich übrigens verrechnet, wenn er von hunderttausenden Privat⸗ klagen richt, in ganz Preußen gab es 1915 nur 79 000 Privatklagen. Die Ehre ist ein wesentliches Rechtsgut und es kommen auch Pribvat⸗ klagen vor gegen ehrenrührige ehrabschneiderische Behauptungen. Wenn diese Klagen bis nach dem Kriege hinausgeschoben werden sollen, so muß man bedenken, daß inzwischen auch Zeugen sterben können. Ein großer Teil der freiwilligen Gerichtsbarkeit kann aus der Justiz herausgenommen und den Selbstverwaltungsbehörden überwiesen werden, z. B. die Vormundschaftssachen. Zur Beschleu⸗ nigung und Vereinfachung der Rechtspflege sollte man einmal in die Dunkelkammer der preußischen Gesetzgebung von 1850 bis 60 hin⸗ einsehen. Das Gesetz über die Erhebung des Kompetenzkonflikts, über den Helagengsgesten sowie die Flnnen müssen be⸗ seitigt werden. Vor 50 Jahren hat die Regierung selbst beantragt, allen ländlichen Arbeitern das Koalitionsrecht zu geben und die erste Unterschrift darunter war die des Fürsten Bismarck. wünsche und hoffe, daß alle sich bewußt sein mögen, daß das Vaterland über den Parteien steht und daß jeder einzelne sich bewußt Frr möge, daß er seine Sonderinteressen unterzuordnen hat dem Wohl des Vaterlandes. 1

Justizminister Dr. Heseleeerern

Meine Herren! Ich möchte auf die einzelnen Au führungen der Herren Vorredner einige Worte erwidern, und zwar in de Reihe, wie die Herren selbst die einzelnen Gegenstände besproche haben. Der Herr Abgeordnete Lüdicke hat betont, daß die Grund besitzer in einer üblen Lage wären, und daß alles geschehen müss um diese zu erleichtern. Er hat auch darauf hingewiesen, da bereits gesetzgeberische Aktionen in dieser Beziehung im Werke seien Ich stimme vollständig damit überein, daß alles geschehen muß, wa⸗ geschehen kann, um den Notstand zu lindern. Soweit mein Ressor dabei in Frage kommt, habe ich das auch getan und werde dari selbstverständlich weiter fortfahren.

Der Herr Abgeordnete hat im einzelnen hingewiesen b Verhalten der Vormünder und auf die Mündelsicherheit. Ich bin, wie die Herren ja wissen, nicht in der Lage, Anweisung an die Vormünder zu geben, wie sie ihre Verwaltungspflicht aus⸗ üben sollen. Ich gebe aber ohne weiteres zu, daß Fälle, wie sie der Herr Abgeordnete Lüdicke hervorgehoben hat, in denen ein Druck auf die Schuldner ausgeübt wird, um unangemessene hohe Zinsen für die Mündel zu erreichen, derart, daß man die Unterlassung der Kündi⸗ gung von solcher Erhöhung abhängen läßt, oder überhaupt zur Un⸗ zeit kündigt —, daß dieses Vorgehen der Vormünder entschieden nicht zu rechtfertigen sein würde. Ich glaube, für mich würde sich hier nur der Weg ergeben, daß ich den Vormundschaftsgerichten diese Auffassung mitteilte und ihnen anheimgäbe, auch den Vormündern vorzuhalten, daß sie den Verhältnissen Rücksicht tragen und nichts tun möchten, namentlich in jetziger Zeit, um die Schuldner und Grundstücksbesitzer in der Art, wie es hier geschildert worden ist, zu bedrängen. Eine solche Verfügung zu erlassen, nehme ich keinen Anstand und werde es gerne tun.

Was die Mündelsicherheit anbelangt, so hat der Herr Abge⸗ ordnete schon darauf hingewiesen, daß ihre Wahrung für die Justiz⸗ verwaltung eine Pflicht ist, die besonders sorgfältig beobachtet werden muß, damit der Schutz der Mündel in jeder Weise gesichert bleibt. Wir haben hier im Hause schon bei Gelegenheit des städtischen Grundkredits davon gesprochen, ob die Sicherheit derart geändert werden kann, daß man die Beleihungsgrenze für die Mündelsicherheit erhöht. Ich habe mich damals dagegen erklärt, namentlich deshalb, weil man nicht übersehen kann, wie sich die Verhältnisse für die Zukunft gestalten würden. Ich höre jetzt, daß Vorkehrungen getroffen werden sollen, um zu erreichen, daß, falls die Beleihungsgrenze ge⸗ ändert wird, dann auf andere Weise genügende Sicherheit für die Mündel geschaffen wird. Wenn die Frage an mich herantreten wird kenne sie noch nicht im einzelnen —, werde ich sie sorgfältig prüfen und, wenn ich zu dem Ergebnis kommen sollte, daß auf solche Weise bei vollem Schutz für die Mündel dem Grundbesitzer ein Vor⸗ teil verschafft wird, würde ich natürlich dafür sein. Aber diese Prüfung muß ich mir selbstverständlich vorbehalten. Ich darf jeden⸗ falls keine Experimente machen in der Hoffnung, es werde wohl gehen für die Mündel —, sondern ich muß volle Sicherheit haben; sonst würde ich solchen Vorschlägen nicht zustimmen können.

Der Herr Abgeordnete Hänisch hat im allgemeinen die Gesetzes⸗ vorschläge besprochen. die ich für die jetzige Kriegszeit als meinen per⸗ sönlichen Anschauungen entsprechend mitgeteilt hatte. Die Fragen wer⸗ den vermutlich in Kürze im Bundesrat und im Reichstage zu er⸗ örtern und zur Entscheidung zu bringen sein. Ich habe dabei zurzeit kaum noch irgendeine unmittelbare Mitwirkung. Ich möchte deshalb davon Abstand nehmen, jetzt zu den einzelnen Fragen mich zu äußern. Nur auf einige allgemeine Gesichtspunkte möchte ich eingehen. Der Herr Abgeordnete Hänisch hat erwähnt, daß ihm bei ben Vorschlägen das Laienelement nicht genügend gesichert er⸗ scheine, und der Herr Abgeordnete Kanzow um das vorweg zu nehmen hat auch betont, er müsse den größten Wert darauf legen, daß das Laienelement nicht ausgeschaltet werde. Ich kann versichern,

daß ich durchaus für die Beteiligung der Laien in der Strafrechts⸗