’I ee YVerrebner ist dann auf meinen Erlaß eingegangen, tgsemsist, ie Stundenzahl des Re⸗. ilnnrrrichts auf den Mittelschulen zu ver⸗ seebhtin. Er hat, wie es schien, besonderen Anstoß daran genommen, ds bitser Erlaß erganzen ist auf einen dringenden Wunsch, der mir don kirchlicher Seite zuͤgehangen war. Ich verstehe das nicht, warum mein Herr Vorredner varan Anstoß genommen hat. Ich finde es gans verstönzlich, daß ich, wenn von seiten der kirchlichen Behörden mig eht Watzselt beztylich des Religionsunterrichts in den Schulen dorgetragen wird, einen solchen Wunsch prüfe und, wenn er sich mit den Schulinteressen vereinigen läßt, auch erfülle. (Sehr richtig! im Zentrum.) Ich weiß nicht, wie man daran Anstoß nehmen kann. Ich bin ji bei allem Religionsunterricht, den wir in den Schulen haben, auf die Mihvirkung kder kirchlichen Behörden angewiesen. Das ist nicht nur mein freier Entschluß, es ist eine Notwendigkeit, die in der Sache klegt, und die auch durch das Gesetz und sonst bestehenden Be⸗ stimmungen georhnet ist; also, wie mir scheint, doch ein ganz natür⸗ licher Wrhang.
We mmden Inhalt des Erlasses selbst anlangt, so werden Sie, meine Gerren, wenn Sie die Zahl der Religionsstunden nach den neuesten Plänen für die Mittelschulen mit den Religionsstunden ver⸗ gleichen, die in antern Schulen — höheren und anderen mittleren Schulen, namentlich auch in den Marchenschulen — gegeben werden, finden, daß in der Tat die Stundenzahl des Religionsunterrichts bei den Mittelschulen eine kleine ist. Im übrigen sind die Pläne für die Mittelschulen, die ja jetzt seit etwa 7 Jahren in Geltung stehen, so gefoßt, daß für gewisse Diszirlin Minimal⸗ und Maximalgrenzen für die Wuzenzahl gegeben sind, innerhalb deren die Gemeinden, die Veranstarter der Mittelschulen, freie Wahl haben. Das war biehher bezügkich des Religionsunterrichts noch nicht der Fall, und jetzt ist der Rektziezeunterricht auch in diese Kategorie gesetzt worden, so daß die Gemeinben iß der Lage sind, wenn sie es wünschen, die Stundenzahl des Religtonbanterrichts zu vermehren. Ich glaube, das ist auch gar kein Vorzang, der irgenswie zu besonderem Erstaunen Anlaß geben kan. Er schliehe sich nur dem Vorgang an, der bereits in den Plänen der Mittelfchulen enthalten ist, und ich glaube, daß auf diese Weise den berechtigsen Wünschen Rechnung getragen worden ist, ohne daß andere eressen irgentwie geschcrigt werden. (Sehr richtig! im “] 5
Mriue Herren, am Schlusse seiner Ausführungen ist der Herr Barredner, dem ich üprigens dankbar bin dafür, wie er meine Aus⸗ fuhrungemn in der Kommission hier wiedergegeben hat, denen er meistens auch zugestimmt hat, eingegangen auf die Frage, die jetzt die Gemüter so stark bewegt, auf die Frage der Ein heitsschule. Aus seinen Ausführungen ging doch hervor, daß die Ansichten auf diesem Gebiete sich immer mehr zu berühren scheinen. Wenn man die Zeit vor zwei, drei Jahren sich wieder in das Gedächtnis zurückruft, wie schroff da die Ansichten gegenübertraten, und wie weit entfernt namentlich die Auffassungen der Vertreter der Einheitsschule von denen derjenigen waren, welche für die bestehenden Einrichtungen sich kinsetzten, dann wird man doch, wenn man heute die Auffassungen sich vergegenwärtigt, zu dem Schluß gelangen, daß in der Tat da sehr erhehliche Mitverstandnisse vorgelegen haben müssen, und daß die Rutzsicht, einen Meg zu finden, auf dem man sich einigen könnte, doch wesentlich gewachfen ist.
G Wenn mein Hert Vorredner aus meinen gestrigen Ausführungen eine Stößze für seine Iveen entnehmen zu können glaubte, dann muß ich doch auch daraus entnehmen, daß man zu einer Verständigung wohl gelangen kann. Schon in der Umänderung der Bezeichnung, die er beute vornehm, kiegt dies (Sehr richtig!), daß er nicht mehr von nationaler Einheitsschule, sondern von einer nationalen Schuleinheit sprach — ich glaube, das wollen wir alle — (Sehr richtig!), und darunter kann man sehr wohl verstehen, daß ein gewisser Zusammen⸗ hang zwischen unseren Schulen bestehen muß, daß wir auch bemüht sein wollen — wir alle, glaube ich —, diesen Zusammenhang zu stärken, so weit das möglich ist, ohne den Charakter und den Zweck der einzelnen Schularten und Schulgattungen zu beschränken oder zu gefähtden. Wer wollte da nicht die Hand mit ans Werk legen, um das zu erreichen? (Sehr richtig!) Also scheint mir in der Tat da eine Möglichkeit zu einer Verständigung zu liegen.
Auch aus den Worten meines Herrn Vorredners klang es doch hewor, daß man gegen gewisse grundsätzliche Auffassungen, die bezüg⸗ lich der Volksschule in weiten Kreisen unseres Volkes und auch auf vielen Bänken dieses hohen Hauses bestehen, nicht vorgehen wolle. Ich will gang offen aussprechen, worum es sich handelt, nämlich um den konfesstonelten Charakter der Volksschule. An dem hält unser Volk in weiten Kreisen fest. (Sehr richtig!) Ich möchte hier auch ganz offen erklären, ich werde niemals für eine Bewegung zu haben sein, die den konfessionellen Charakter unserer Volksschule beseitigen will. (ravot im Zenkirum und rechtb.) Wenn Sir mit dieser Tat⸗ sache rechnen wollen, dann wird es möglich sein, auch auf dem Wege, den Sie und Füntchst in sehr viel weitergehender Weife vorzeichneten, doch ein ganz kanges Stüͤck mit den Bertrekern der sogenannten Ein⸗ bettsschuke zusammenzugehen, wenn sse ihre Auffassung jetzt ebenso zeigen, wie es vorhin hier geschehen ist.
Die proktische Frage, die auf dem Gebist zunaͤchst zu lösen wäre, st dis, üter die ich mich gestern des weileren ausgesprochen habe, Linris kungen und Moöglichkeiten zu suchen, wie der Ueberteltt von der Vos üle in die höheren Schulen erleichtett weiden konnte, und da amn ich nur wiederholt auf das hinweisen, was ich gestern ausge⸗ übtt hate, man soll sich nicht mit ihevretischen Konstruktionen ab⸗ gehen, sost dacüber nicht in Streit geraten, sondern soll praktische Er⸗ ahrungen machen, Einrichtungen treffen, die diesem Zwedke dienen,
den praktischen Erfahrungen dann die Konsequenzen zieben ad schließlich vielleicht zu einer Erweiterung disser Eiltrichtungen
über Feiterr Eebiete unseres Schulresens kommen.
en. Alle diese Varschlage, die wir bis jeßt
dis zum Peil schen in die Wirklichkeit umgesett aa sind solche Dinge bTeaTe nur an die stabtischen
er. wir musten die Volksschulen auch auf dem Lande
en lie die Dinge ganz anders, und es kann 111“;
oö1111“¹“];
der breiten Masse des Volstes die größte Zahl von ihm besucht ja nur die Volksschule — zu dienen, sie auf den Stand zu bringen, daß
7 J „ 8 3 sie leistet, was irgend von der Volksschule für diese Bevölkerungskreise geleistet werden kann. Wenn damit auch verbunden werden kann die erleichterte Möglichkeit, aus der Volksschule in die höhere Schule überzutreten, um so hesser, das soll man gewiß tun, aber die Volks⸗ schule darf nicht gerabezu in den Dienst dieser Aufgabe gestellt werden. (Sehr richtig!)
Damit könnte ich wohl meine Ausführungen schließen. Ich nehme an, diese Frage, auf die ich eben kurz eingegangen bin, wird die Oeffentlichkeit weiter beschäftigen, und alle, die sich für unsere Schulen interessieren, werden zu ihr Stellung nehmen. Ich hoffe, daß es gelingt, diese Verhandlungen zu einem Ergebnis zu führen, das berech⸗ tigten Anforderungen, die neuerdings stärker hervortreten, entspricht, aber das Gute, was wir haben, auf das wir stolz sind, das sich auch gerade in diesem Kriege bewährt hat, bewährt hat auch draußen, wo unsere Landsleute mit den Waffen voll Mut, voll Tapferkeit, voll Opferwilligkeit ihren Dienst getan haben, das wollen wir behalten, dies Gute, was sie schließlich doch auch empfangen haben dereinst auf unserer Volksschule. (Lebhafter Beifall.)
Abg. Marx (Zentr.): Ich erfülle eine Pflicht nationaler Dank⸗ barkeit, ich komme aber auch einem Herzensbedürfnis nach, wenn ich mit dem Dank an die Lehrerschaft beginne, die im Felde steht, die in der Zahl von 12 000 ihre Vaterlandsliebe mit dem Heldentode besiegelt hat, die draußen weiter kämpft und leidet für Vaterland und Volk. Ebenso verdienen unsern Dank die Lehrer, die daheim unter so erschwerten Umständen ihre Pflicht unverdrossen getan und vermehrte Aufgaben willig auf sich genommen haben. Dank verdienen auch unsere Volksschulen und unsere Volksschüler für ihre erfolg⸗ reiche Sammeltätigkeit in diesem Kriege. An Sammlungen 88 die Soldaten sind aus den Volksschulen ebenfalls ganz erhebliche Mengen von Bekleidungsstücken, von Unterwäsche, von Büchern usw. zusammen⸗ gebracht worden. 80 Millionen Mark Gold sind von den Volksschulen zusammengebracht worden. “ Tatsachen sind ein neuer Beweis für die tiefe Wahrheit des Miquelschen Ausspruchs, daß Preußen sich großgehungert hat. Der Krieg hat uns hofsentlich überhaupt gute Wege gewiesen, zu der Sparsamkeit zuruückzukehren, von der wir vor dem Kriege hier und da doch bereits erheblich abgewichen waren.
Dazu gehört allerdings eine Organisation, für die beizeiten
vorgesorgt werden muß. Die Aufnahme von Kindern aus der Stadt auf dem Lande muß tunlichst gefördert und dazu außer dem Lehr⸗ personal auch die Hilfe der Geistlichen in Anspruch genommen werden. Ueberaus dankenswert ist die Verwendung der Kinder in den Ernten, auch sie muß zweckentsprechend organisiert werden. Das Verbringen der Kinder in entlegenere Gegenden ist nicht ohne Gefahr, sie müssen und sollen in der Regel in der Nachbarschaft ihrer Wohnorte belassen werden, man soll sie nicht in andere Provinzen schicken, die Schule übernimmt damit eine zu große Vexantwortung. Neben der Jugend⸗ wehr müssen bei der Aufsicht der Kinder unter allen Umständen auch pädggogisch geschulte Krafte mitwirken. Auch die Kirche muß dabei beteiligt sein; es darf nicht vorkommen, daß katholische Kinder wochen⸗ lang nicht die Messe besuchen können. Bei der Einführung der Sommerzeit sollte man den Anfang des Unterrichts in den Land⸗ schulen nicht auch herabsetzen. Die Sommerzeit hat sich für diese Schulen im großen ganzen nicht bewährt. Für die geistigen Be⸗ dürfnisse unserer Krieger ist erfreulicherweise gut gesorgt. Leider ist bei der Sammlung von Büchern auch großer Massenschund unter⸗ gelaufen; manche Sammelstellen haben große Brände veranstalten müssen, um diesen Schund zu vernichten. Die katholische Organisation für die Beschaffung von guten Büchern, Zeitschriften, Broschüren, Erbguungsschriften uswp. für die Truppen draußen im Felde hat sehr Verdienstliches und Anerkennenswertes geleistet. Für die zusagende Bemerkung des Ministers die Lehrerschaft betreffend bin ich sehr
dankbar. Der Erlaß, der die Besetzung von 20 000 Lehrstellen durch Lehrerinnen betrifft, wird, wie wir dringend wünschen müssen, nach dem Kriege außer Kraft gesetzt werden. Die Forderung des Abg. von Campe wegen allgemeiner Einsetzung von Kreisschu inspektoren im Hauptamt müssen wir nach wie vor ablehnen. Es wird praktisch dabei zu bleiben haben, daß von Fall zu Fall geprüft wird, ob eine im Nebenamt versehene Stelle in ein Hauptamt verwandelt werden soll. Die Einführung des Titels „Geheimer Schulrat“ ware in Er⸗ wägung zu ziehen. Die Kriegsteuerungszulagen für die Volksschul⸗ lehrer harren immer noch der befriedigenden Regelung; für die Alt⸗ pensionäre g ebenfalls endlich etwas Durchgreifendes geschehen. Den von mir gestellten bezüglichen Antrag beantrage, ich der Kommissions⸗ beratung zu überweisen. Was die Neuausgestaltung unseres Schul⸗ wesens betrifft, so haben sich auf dem Gebiete der Schulverwaltung alle die schönen Wünsche, die sich an die Schulkommissionen, Schulvorstände, Schuldeputationen usw. geknüpft haben, leider nicht erfüllt; sehr vieles ist auf dem Papier stehen geblieben. Schulvorstand und Schulkommission müssen ein kräftiges Leben ent⸗ falten. In den westlichen Provinzen besteht der Wunsch, daß der Geistliche ohne weiteres Vorstand dieser Kommission ist, das ist leider vielfach nicht der Fall. In der Provinz Schlesien werden Sie schwerlich einen katholischen Geistlichen als Vorsteher des Schul⸗ verbandes finden. Hoffentlich kritt hier ein Wandel ein und hoffeni⸗ lich werden nach dem Kriege die konsessionellen Minderheiten mehr berücksichtigt werden. Ich möchte den Minister bitten, in Lauenburg in Pommern eine zweite Religionsstunde für die mehr als zwanzig katholischen Schüler durchzusetzen. Was die Einheitsschule betrifft, so ist in weiten Kreisen die Erkenntnis durchgedrungen, daß sie ein Schlagwort ist, mit dem wenig, anzufangen ist. Jeder denkt sich darunter etwas anderes. Herr Otto hat sich bemüht, eine Definition zu geben. Welche soll denn nun noch maßgebend sein, diese oder die Fer Sozialzemokraten, des Deutschen Lehrervereins oder die des Herrn Fews? Mit dem Begriff Einheitsschule sollte man aufräumen und sich lieber darüber unterhalten, wie man sich die Einrichtung des ganzen Schulwesens denkt. Was die Sozialdemokraten wünschen, ist nicht diskutabel. Man will das ganze Schulwesen von Grund aus veermieren. Das sind grundstürzende Aenderungen, die nur auf dem Wege der Staatsschule durchgeführt werden können. Herr Tems bestreitet das. Er will auch die Privatschulen bestehen lassen, er will kein Staatsmonopol. Aber wie denkt er sich die Beseitigung der soztalen Unterschiede ohne die Staatsgewalt? Wenn er die Prbat⸗ schnlen bestehen lassen will, so ist dies nur eine Folae des großen Entrüstungssturmes der Eltern. Damit hat er aber seinen Grund⸗ satz der sozialen Gleichheit wieder aufgegeben. Herr Tews meint, man müsse Konzessicnen machen, um das System zu retlen. Das ist nur ein Zeichen. daß an dem System etwas Falsches ist, daß es auf einer falschen Grundlage steht. Herr Tewe bewegt sich in seiner Bro⸗ schürs in Wedersprüchen, namentlich in der Frage der Unentgeltlichkeit des Schulunterrichts, des Aufbaues der häheren Schule auf die Volks⸗ schüls. Er vüll im Grund eine neue Schule haben, dazu braucht er. S68t llicht die große Agitation für die Einheitsschule, das kann auf dem Boden des jetzigen Schulsystems gemacht werden. te PrGg Velksvertretung hier im wesentlichen die Einheitsschule “ kat. Met dieser kühnen Behauptung hal er die Tat. — C1ö1’““ erklärt. öIö“ aehceht s eee. sondern In den Kreisen der 8.. ulmesens auf alibewöhrier Grundlage, zn 81 der Lehrer darf nicht übersehen werden, daß eine 8 8 sns “ tief. zwis cen der Anschguung des deutschen Schul⸗ berei den Weunden der alten Schule besteht: die Frace der
Konfessionalität. (Lebhaste Zustimmung im Jene Hier scheit e Zustimmung im Zentrum.) Hier scheiben
sich Feuet und Wasser. An der Konfessionalität der Molkeschule lass wir nicht rutteln. (Erneute Zustim 8 be . hesonecte Seteta iie Zustimmung im Zentrum.) Eine kon⸗
fesstonelle Einheitsschule gibt es nicht. Die Einheitöschule kann n. scute, eine Simultanschule sein. Die Lehrer
um Tews und er selbst haben nicht den Mut der Ken⸗ sequenz. Die Sozialdemokraten sind viel konsequenter, wie das Buch von Schulz beweist. Es war ein erhebender Augenblick, als gestern der Kultusminister sein Erziehungsprogramm dar⸗ legte. Wir werden mit dem letzten Blutstropfen dafür kämpfen Die Volksschule soll Herzenssache der gesamten Bedölkerung sein, denn ie wird von mehr als 90 % der Bevolkerung besucht. Die Schüler sehn individuell behandelt werden, und deshalb darf es nicht mehr vorkommen, daß ein Lehrer 120 und mehr Kinder ünterrichtet. Die sittlich gefährdeten Schuüͤler müssen aus der Volksschule ausgeschaltet werden, ebenso aber auch aus den höheren Schulen, denn auch dort gibt es solche Elemente. Für solche Elemente müssen besondere Anstalten errichtet werden. Ferner muüssen Sonderklassen für minderbegabte Schüler eingerichtet werden, und Staat und Gemeinde müssen für aus⸗ reichende Lehrbücher sorgen. Der Krieg hat ferner gezeigt, wie wichtg die Schulgesundheitspflege ist. Die Einrichtung der Schulärzte be⸗ steht bisher fast nur in den Städten, aber die Gesundheit der Schul⸗ kinder auf dem Lande muß ebenso gepflegt werden. Andere Bundes⸗ staaten, z. B. das Großherzogtum Oldenburg, sind in dieser Hinsicht in dankenswerter Weise vorgegangen. Der Generalgouverneur von Bissing hat auch für Belgien genaue Bestimmungen über die Schulgesundheits⸗ pflege erlassen. Dieselbe Notwendigkeit besteht auch für die Haus⸗ haltungsschulen. Den katholischen Schwestern werden vielfach aus ge⸗ sundheitlichen Gründen Schwierigkeiten bei der Errichtung von Haus⸗ haltungsschulen gemacht, so ist es z. B. in Schlesien gewesen. Wir auf der katholischen Seite haben stets allen Tüchtigen freie Bahn ge⸗ lassen. Ein großer Teil unserer Bischöfe und Domherren ist aus ganz kleinen Ständen hervorgegangen, namentlich befinden sich darunter Lehrersöhne. Unsere Geistlichen haben vielfach begabte Schüler für das Fortkommen auf den höheren Schulen vorgesehen, aber nicht etma einseitig für den Religionsdienst, denn nach unserer Auffassung soll, wer diesen Beruf nicht in sich fühlt, einen anderen ergreifen. Die Bestrebungen für die Einheitsschule riechen mir sehr stark nach Asphalt. In den Großstädten vergißt man unser plattes Land, und wenn Herr Tews auch dem Lande die Einheitsschule schmackhaft zu machen sucht, so ist das nur ein Thema, aber es ist kein Sinn und kein Herz dabei. Wir aber wollen auf unsere ländliche Bevölkerung Rück⸗ sicht nehmen. Wenn alle studieren wollen, woher soll dann unsere In⸗ dustrie Arbeiter und Handwerker nehmen. Wir müssen die Tüchtigen
der ganzen Nation in allen Ständen fördern, und danach müssen wir
unser Schulwesen einrichten. Auch die Landwirtschaft muß tüchtigere Leute erhalten. Vor allem muß die enge Verbindung zwischen Schule und, Elternhaus aufrecht erhalten werden, das Kind muß möglichst lange im Elternhaus bleiben. Unser modernes Leben sprengt die Familie mehr auseinander, als es wünschenswert wäre. Wir müssen alle Einrichtungen darauf prüfen, ob sie das Familienleben fördern können. Die Ausbildung eines tüchtigen Lehrerstandes muß den Prä⸗ parandenanstabten und Seminaren verbleiben, und die Seminare müssen selbstverständlich konfessionell eingerichtet sein. Das Ziel muß sein, Volksschullehrer zu bilden, die ihren Beruf voll erfassen. Es kommt nicht darauf an, wissenschaftlich hervorragende Lehrer zu bilden, sondern solche, die durch ihr Beispiel in die Tat umsetzen, was sie lehren. Redner bringt zuletzt die Frage der religiösen Erziehung der Kinder aus Mischehen zur Sprache und beschwert sich über gewisse Er⸗ lasse und Anordnungen der Schulverwaltung, die in dieser Beziehung ergangene höchstgerichtliche Erkenntnisse nicht respektierten. (Lebhafter Beifall im Zentrum.)
Minister der geistlichen und Unterrichtsangelegenheiten D. Dr. von Trott zu Solz:
Meine Herren! Ich möchte gleich an die letzten Ausführungen des Herrn Vorredners ein paar Worte anschließen. Die Frage der religiösen Erziehung der Schulkinder aus Mischehen ist eine außerordentlich schwierige, und es ist sehr schwer, da den Weg zu finden, der nach allen Seiten hin befriedigt. Wenn mein Herr Vorredner eben erwähnte, daß die Bestimmung, wonach für die Abgabe der Erklärung der Eltern gewisse äußere Formen vorgeschrieben sind, mit den Erkenntnissen einer obersten Gerichtsbehörde in Widerspruch stoht, und daß trotzdem neuerdings die Anordnungen der Verwaltungsbehörden in Erinnerung gebracht worden seien und die nachgeordneten Behörden angewiesen worden seien, wie bisher zu verfahren, so ist mir von einer derartigen neuen Verschärfung dieser Bestimmungen nichts bekannt.
Wir sind in Erwägungen darüber, wie wir einen Weg finden können, der den Bedürfnissen einigermaßen Rechnung trägt. Man kommt, wenn man von der Beurkundung des Willens der Eltern vor den Stellen, die bis jetzt dafür bestimmt waren, absieht, doch zu der Frage: vor wem soll denn nun die Beurkundung stattfinden? Vor dem Geistlichen? Ja, vor dem Geistlichen welcher Konfession? Der Konfession, die verlassen wird, oder der Konfession, in der man das Kind von nun an erziehen will. Auch darin liegen die Schwierig⸗ keiten, die entgegenstehen, aber ich darf Sie versichern, daß diese Frage geprüft wird, und daß wir nach einer entsprechenden Regelung suchen. Es ist das auch durchaus nicht etwa eine rein katholische Angelegenheit, sondern ebenso eine evangelische. (Sehr richtig! im Zentrum.)
Wir suchen nach einem Ausgleich. Aber ich muß gestehen, wir haben ihn bisher noch nicht gefunden. Es wird der Frage volle Auf⸗ merksamkeit geschenkt.
Ebenso wird die Frage jetzt sehr schwierig bezüglich der reli⸗ giösen Erziehung derjenigen Kinder aus Mischehen, deren Vater im Felde gefallen ist, infolgedessen die Erklärung des Vaters nicht beschafft werden kann. Da ist es auch sehr schwer, eine befriedigende Lösung zu finden. Wie man die Dinge gestaltet: nach einer Seite kommt immer eine Härte heraus. Die Frage ist noch nicht abge⸗ schlossen und wird auf dem Wege der Verwaltung kaum zu lösen sein und, wie ich fürchte, auch nicht auf dem Wege der Gesetzgebung in einer völlig befriedigenden Weise: Es gibt eben gewisse Pro⸗ bleme, die sich nicht lösen lassen.
Ich wollte nur diese Sie gewiß auch nicht völlig befriedigenden Ausfühungen machen, um zu zeigen, daß wir der Angelegenheit ernste Aufmerksamkeit schenken und uns nicht einfach über bestehende Be⸗ stimmungen und gerichtliche Erkenntnisse hinwegfetzen.
Da ich das Wort habe, möchte ich auch noch auf etwas anderes, was hiermit nicht im Zusammenhang steht, mit ein paar Worten kommen. Der Herr Abgeordnete Haenisch hat sich persönlich an mich gewandt wegen meiner Ausfuhrungen gegen den Teil seiner Rede, in dem er die Anwendung des Salvarsan angriff. Ich habe meinen Ausführungen damals das mir zur Verfügung gestandene amtliche Material zugrunde gelegt. Dieses steht im Widerspruch mit den von Herrn Haenisch benutzten Unterlagen. Daß er selbst an das Z hreffende seiner Unterlagen glaubt, habe ich nicht be⸗ stritten und nicht bestreiten wollen. Ich habe seinen guten Glauben nicht in Zweifel gezogen, sondern mich nur dahin ausgespupchen, daß in solchen Fragen für den Nichtfachmann: sich eine größere Zuruck⸗ haltung empfebhle, als sie Herr Haenisch bbacht Sel richtig!) “
Abg. Fir sch. Beafin 7080 Die Sczialdemokratis Hat sich stets die Kritik unseres Bildungswesens besonders angelegen sein sasen aber nie im Seinne einer zerstörenden, sondern einer aufbau⸗
en Kritik. Es kommt afles darauf an, ein kräftiges, tüchtiges,
seiflungsfabiges Geschlecht heranzuzjeben. Wenn das sckon ver dem
Kriege als die Hauptaufgabe galt, wie vieltnehr seit diesem Weltkriege. Manches ist auf dem Gebiete der Volksschule besser geworden, aber
“
kuüllung unseres arsemmmatischen ist noch ein wer
₰ 11 Sefereis bsishes (asteir. aus der in das hotere Eitf⸗ dungsgebiet aufzufteigen nur sehr wenigen vergonnt ein mned. Die Feinde nennen uns Hunnen und Barbaren. Wer deutsches Wesen auch nur einigermaßen kennt weiß, wie unsinnig diese Behauptung ist, weiß, daß der Deutsche der Barbgrei nicht fähig ist. Das Ausland hat sich seine falsche Anschauung gebildet, weil es Kenntnis davon hatte, wie stiefmütterlich früher die Volksschule behandelt worden ist, insofern haben guch wir an diesem falschen Urteil einige Schuld. Die Gogensätze der Anschauungen über Zweck und Ziel der Volksschule sind zwischen uns und den herrschenden Klassen nahezu unüberbrückbar. Der Minister trat für die konfessionelle Volksschule cin, und der Abg. Marx ging darin noch weiter. Die Volksschule gilt den herrschenden Klaffen fast durchweg immer, nicht sowohl als ein Bildungsinstitut, denn als ein Instrument zur Aufrechterhaltung des Klassenstaates, wie es noch züngst Herr von Zedlitz offen ausgesprochen hat. Es handelt sich um einen Kampf der Weltanschauung. Wir fordern die nichtkonfessionelle Schule nicht aus Haß gegen die Religion, für uns ist die Religion Privatsache. Wir wollen nur nicht, daß sie zu VYorspanndiensten für Klassenbestrebungen benutzt wird. Der Religionsunterricht gehört in die Schule nicht hinein, es leiden darunter die anderen Fächer, die Bildung überhaupt. Herzlich wenige Schuler können orthographische Ariefe schreiben und verstehen sich richtig auszudrücken, wie die Feld⸗ briefe beweisen. Ein großer Teil der Volksschuler erreicht das Schul⸗ ziel nicht vollständig. Die Tätigkeit unserer Lehrer und Lehrerinnen in diesem Kriege müssen auch wir lobend anerkennen. Die Behand⸗ lung der Lehrer ist besser geworden, aber es kommen doch noch manche Mißgriffe der Behörden vor. Die Königliche Regierung in Münster hat einen G herausgegeben, worin die Lehrer aufgefordert werden, sich an der Volkszählung gewissenhaft zu beteiligen. Sollten sie diese Mlicht nicht erfüllen, so würden sie sich des Ansehens und des Ver⸗ trauens, die ihr Beruf erfordert, unwürdig machen und sie würden die Folgen zu tragen haben. Daß jeder in dieser schweren Zeit seine Pflicht tut, ist selbstverständlich; es ist aber der Ton dieses Erlasses, der zum Widerspruch reizt. Er kann die Achtung der Kinder vor den Lehrern nicht steigern. 11 000 Lehrer sind gefallen. Da fragt es sich, wird es nach dem Kriege gelingen, diese Lücken auszufüllen? Gelingt es; nicht, so werden alle die Mißstände wiederkehren, die wir schon früher gehabtt haben. Der Minister sollte dafür sorgen, das der Lehrermangel ausgeglichen wird. Solange die Freunde des Herrn Mäaärr und die Konservativen am Ruder sind, ist wohl an die Einführung der nationalen Schuleinheit nicht zu denken. Leider ist im vorigen Jahre unser Antrag nicht angenommen worden, der die Einheitlichkeit, Unentgeltlichkeit und Weltlichkeit der Schule auf der Grundlage einer zeitgemäßen wissenschaftlichen Päda⸗ gogik forderte. Wir widerholen ihn jetzt nicht, da er keine Aussicht auf Annahme hat, wir werden aber seinerzeit damit wiederkommen. Eines Umsturzes alles Bestehenden bedarf es bei Durchführung unseres An⸗ trages nicht. Zwischen den Forderungen des Deutschen Lehrervereins und den unserigen besteht ein prinzipieller Unterschied auch nicht. Wir verlangen eine nationale Einheitsschule wie jener, nur in Einzelheiten weichen wir voneinander ab. Wir wollen die Schule nicht in ein Prokrustesbett, zwingen, wir fordern keine öde Gleichmacherei, sondern daß jeder entsprechend seinen Fähigkeiten eine Schulbildung erhält. Man sollte, ehe man auf unsere Forderungen schimpft, unsere Schriften über diese Fragen lesen. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten. Die Einheitsschule wird sich durchsetzen, gleichviel, ob sie sozialistisch ist oder nicht, ja sie wird sich durchsetzen, weil sie sozialistisch ist. Wie schwer war es, Schulärzte durchzusetzen, wie wir es forderten, heute würde jeder, der sich dieser Einrichtung widersetzt, als ein Rück⸗ schrittler angesehen werden. An den Kosten kann und darf unser Ziel nicht schettern. 90 bis 95 ℳ0 aller unserer Kinder besuchen heute die Volksschule. Die Einheitsschule läßt sich außerdem ohne höohere Kosten durchführen. Wir verlangen ferner eine Vermehrung der Kin⸗ dergärten, der Kinderhorte, der Schaffung von Jugendheimen, der Förderung der Iugendpflege. Die betreffenden Fonds im Etat mußten
14
wir früher bekämpfen, weil er sich gegen die sozialbemokratische . M b fich ge 8 gegen, daß 4000 bis 5000 Enaländer gegen 26, 000 Deutsche in Groß⸗
Jugendbewegung richtete. Nachdemn die Regierung auch diese unter⸗ stützt, weil sie sich im Kriege als segensreich bewährt hat, werden wir ihn jetzt bemalligen. Wir begrüßen diesen Wandel in der Anschauung der Regierung und echoffen dargus Ersprießliches für die Zukunft. Endlich verlangen wir Unentgeltlichkeit der Lehr⸗ und Lernmiltel, die allgemeine Einführung der EEWöö und den Beginn der staats⸗ bürgerlichen Erziehung schon in der Volksschule. (Beifall bei den Sozialdemokraten.)
Abg. Ad. Hoffmann (Soz. Arb.⸗Gem.): Ich nehme nur das Wort, um einen Fall anzuführen, der den Minister jedenfalls zum Ein⸗ greifen veranlassen wird. In Berlin und in andeten Städten wird das Leoben unserer Volksschüler dadurch gefährdet, daß in dichtbevölker⸗ ten Stadtgegenden Geschosse angefertigt werden. Auch das Gebaude in der Krautstraße, in dem sich ein schwerer Unglücksfall ereignet hat, befindet sich in der Nähe einer Schule. Einwohner und Schulkinder
sollten vor einer solchen Gefahr bewahrt bleiben.
Damit schließt die Besprechung. In der Abstimmung werden die im Kultusetat befind⸗
lichen Fonds zur Förderung des Deutschtums in den gemischt⸗
sprachigen Landesteilen und die Ausgaben für die Akademie in Posen in besonderer Abstimmung, die von den Polen bean⸗ tragt ist, bewilligt; dagegen stimmen das Zentrum, die So⸗ zialdemokraten und der einzige anwesende Pole Korfantn. Der gesamte Kultusetat wird unverändert bewilligt, die Denkschrift, betreffend die Förderung der Auslandsstudien, durch Kenntnis⸗ nahme für erkedigt erklärt und der Antrag von Campe, be⸗ treffend die Ausgestaltung des höheren, mittleren und Volks⸗ schulwesens nach dem Kriege, einstimmig angenommen. Der⸗ Antrag Traub, betreffend Forschungen über die Zeit der Re⸗ formation und Gegenreformation, geht an den verstärkten Staatshaushaltsausschuß, der Antrag Heß⸗Marr, betreffend Bewilligung von Kriegsbeihilfen und Teuerungszulagen für die Altpensionäre, an eine beosondere Kommission.
Schluß 3 ½¼. Uhr. Nächste Sitzung Montag, 11 Uhr (Etats der Berg⸗ und der landwirtschaftlichen Verwaltung).
““ Parlamentarische Nachrichten.
Dem Reichstag ist ein Weißbuch zugegangen, das eine Zusammenstellung der Vereinbarungen zwischen Deutschland
und den feindlichen Staaten über die beiderseitigen Kriegs und Zivilgefangenen enthält.
Der Hauptausschuß des Reichstags hat in seiner vorgestrigen Sitzung, wie „W. T. B.“ berichtet, den Etat des
Reichskamlers und der Reichskoanzlei genehmigt.
Auf Anfragen über die Zahl und Art der Verwendung
belgischer Arbeiter in Deutschland erwiderte ein Ver⸗ treter des Kriegsamts, daß Tausende von belgischen Arbeitern nach aufklärender Belehrung bei gutem Lohn in deutschen Be⸗ trieben die Arbeit aufgenommen häiten, ja manche ihre Brüder ober sonstige Verwandte hätten nachkommen lassen, und daß sie zur vollen Zufriedenheit der Arbeitgeber arbeiteten. Zu Arbeiten ummittelbar hinter der From im feindlichen Feuer würden die Beigier nicht herangezogen. In diesem Punkte habe die deutsche Berwaltung ein vollständig reines Gewissen.
2 . * 2 8 8 8. v 2 92 2 8. 8*
Prinzen entbunden worden.
Mitglieder der
„9 2. 22— Nichtamtliches. (Fortsetzung aus dem 89 E“ 8 1 Sachsfen⸗Weimar.
ist, mie „M. T. WM.“ maldet,
Oesterreich⸗Ungarn. Auf die Initiative des Kaisers ist als orientierendes und
vermittelndes Organ sämtlicher bei den Ernährungsfragen be⸗ teiligten militärischen und zivilen Behörden, wie „W. T. B.“ meldet, ein gemeinsamer Ernährungsausschuß eingesetzt worden, der zur unmittelbaren Er hat seinen Sitz in Wien und besteht aus Vetretern sämt⸗
licher in Frage kommender Zentralstellen. Zum Vorsitzenden ist der Generalmajor Ottokar von Landwehr ernannt worden. Der gemeinsame Ernährungsausschuß wird heute seine Tätig⸗ keit aufnehmen.
Großbritannien und Irland.
Nach einer Meldung des „Reuterschen Burenus“ sind die französischen und der italienischen Abordnungen, die nach Rußland gesandt worden waren, in London angekommen und sollen sich über Ee“ die Pegierung sich entschlof
den Erfolg ihrer Sendung derchaus befriebigt eaeeere hen „Correspondencia Militär“, daß die Regierung sich entschlossen
britischen, der
haben.
— Der Armeerat hat die Revision aller Befreiungen, die Männern unter 31 Jahren gewährt worden sind, mit Studenten der—
Einschluß der geistlichen Berufe und der Theologie angeordnet. Der Armeerat teilt den Gerichtshöfen
mit, daß es unerläaßlich sei, mehr Mannschaften für die Armee
zu erhalten, da der Krieg ein kritisches Stadium erreicht habe.
— Der Schiffahrtkontrolleur Maclay beabsichtigt dem „Rotterdamschen Courant“ zufolge, den Dienst der Dampfer⸗ linien neu zu regeln. Man will mit den Linien nach Australien beginnen. den Staat requiriert. Die Reeder sollen ihre Geschäfte ziemlich unverändert fortsetzen, außer daß sie eine Kommission bilden sollen, in der der Schiffahrtkontrolleur vertreten ist, und daß alle Gewinne über eine bestimmte Grenze an den Staat fallen. Alle Konkurrenz soll ausgeschaltet werden. Das⸗ selbe Prinzip soll möglichst bald auf andere Linien ausgedehnt werden.
— Englische Zeitungen bringen über die Verhandlungen des Oberhauses über die Frage der Auswechslung von Zivilgefangenen folgenden Bericht:
Lord Newton gab die Unrichtigfeit der früheren englischen Berichte über die Verhältnisse in Ruhleben zu und sagte, man möge wohl ihn selbst der Deutschfreundlichkeit beschuldiaen, wenn er erkläre, daß die dortigen Zustände sich wesentlich gebessert hätten, aber jetzt könne sich jedermann von den tatsächtichen Verhält⸗ nissen in Rahleben überzeugen, ta Engländer, die dort gefangen gewesen seten, inzwischen zurückgekehrt seien. Lord Newton nahm auch den Bischof Bury in Schutz, der wegen seiner Berichte üuber Ruhleben als unzuverlässig und deutschfreandlich ange⸗ griffen worden sei, und setzte dann auseinander, daß das Abkommen, welches Enagland mit Dentschand über die Auswechtelung von 3 vil⸗
getangenen über 45 Jahre geschlossen hatte, suspendiert worden set.
In England set neuerdigs die Auswechflung von Gefangenen den Milstär⸗ und Marinebehöeden unterstellt worden, und diese seien da⸗
brttannten und weitere 11,000 Deutsche in den britischen Kolonien aus⸗ gewechselt wuüͤrden. Die Zohl der auszuwechselnden Engländer mürke noch geringer, da ein nicht unerheblicher Prozentsatz der Gefangenen in Ruhleben nicht nach England zurückkehren, sondern in Peutschland bleiben wolle.
schwierigkeiten augenblicklich kaum zu überwinden seien. Der Erz⸗
bischof von Canterbury gab seiner Enttäuschung übr Lofjd
Newtons Erklärung Ausdruck. Ueber Ruhleben fagte er, die dortigen Zustände könnten nicht mehr in so dunklen Farben geschildert werden, als es noch vor kurzem geschehen sei. Er sei zu dissem Schluß ge⸗ kommen, nachdem die Berichte des Bischofs Bury und der zutück⸗ gekehrten Gefangenen zu seiner Kenntnis gelangt seien.
— Der Minister Henderson hat am Freitug in Cardiff eine Rede gehalten, in der er dem „Algemeen Handelsblad“ zufolge saͤgte:
Wir haben beschlossen, nichts dem Zufall zu überlassen. Des letzte, was die Regterung zulassen würde, wäre, daß die Armeen im Felde oder die Munitsontversorgung nicht den Anforderungen ent⸗ sprächen, die für den Sieg notwendig sind
sein, um regelmäßig zur Anfülluna der Truppenteile ausgeschickt zu werden, und ab ßerdem muß jeder Mann und jede Frau im Lande an der Kriegsarbeit tetlnebmen. Wenn nicht genug meldungen für den nalionalen Dienst einlaufen, werden wir zum
Zwang übergehen müssen. Frankreich.
Note, in der es heißt, die Erfahrung habe gezeigt, daß die Veröffentlichung der Namen der versenkten Schiffe Das Marine⸗
große Unannehmlichkeiten zur Folge habe. ministerium habe beschlossen, die Veröffentlichung einzustellen und jede Woche die Aufstellung des Ergebnisses des Untersee⸗ bootkrieges während der Vorwoche bekanntzugeben. Die Auf⸗ stellung werde die Zahl der versenklen Schiffe der verschiedenen
Kategorien anführen.
— Der Landwirtschaftsausschuß des Senats hat, wie „W. T. B.“ meldet, die von der Regierung in einem Gesetzentwurf vorgesehene Prämie von 20 Fr. für den Hektar Getreide verworfen, jedoch die Prämie von 3 Fr. auf 7 Fr.
für den Doppelzentner Getreide erhöht mit der Begründung,
daß man nicht die Zahl der Hektare, sondern das Ernteergebnis erhöhen müsse.
Wie der „Petit Parisien“ aus guter Quelle vernimmt, dürfte die Einführung der Kohlenkarte in ganz Frank⸗
reich bevorstehen. Die Kohleneinfuhr im Februar wies ein Defizit von 300 000 bis 400 000 Tonnen gegen den Durch⸗
schnitt der drei vorhergehenden Monate auf, die ihrerseits
bereits eine beträchtliche Verringerung der Einfuhr erlitten hatten.
als 3 % Millionen Tonnen monallich zählen, Bedarf 4 ½ — 5 Millionen beträgt. Durch die Ausschaltung einer gewissen Anzahl Züge hat der Ausfall um etwa 10 Proz. verringert werden können, der übrige Ausfall muß durch Ein⸗ schränkungen gedeckt werden.
— Blättermelbungen zufolge hat das Direktions⸗ 1r gegen 11 Stimmen den Erlaß des Ministers Thomas bezüglich des
komitee der sozialistischen Partei mit 12
vorgesteri früßz von einem
Verfügung des Kaisers steht.
Alle Schiffe dieser Linien werden für
Lord Newton bemerkte beiläufig, daß die Transport⸗ 1
freiwillige An.
Man kann in Frankreich augenblicklich auf nicht mehr während der
obligatorischen Schiedsgerichtsverfahrens bei Streiks in Fabrtken für die Landesverteidigung gutgehsißen Die Minderheit, darunter Longuet und Mistral, hat scharf dagegen Stellung ,— unde erklüut, das Daltet zffentlichen Kchl Die Minderheif prolestiert nameiez der Fonference genEmnie du travaul, die beieralich die Mehrheit der französischen Gewerkschaflen darstelll. Der Erlaß wird auf deim Nattonalkongreß der Soziallstenpartei eingehend erörtert werden. Bei dieser Gelegenheit wird auch die Frage bezüglich der Wiederaufnahme von Beziehungen mit deutschen und öster⸗ reichisch ungarischen Sozialdemoftalen einer eingehenden Er⸗
örterung unterzogen werden. Italien.
Der „Avanti“ veröffentlicht eine Tagesordnung des Abgeordneten Enrico Ferri, die besagt: b 88 Kammer behält sich jedes Utteil über die politische Tätiakeit derjenigen vor, die Ztaliens Mitwirkung am Krtege vorberettet haben, und stellt jetzt fest, daß die hauptsächlichste Ursache des Ber⸗ proviantterungsmangels und der bohen Baluma in der unvorsschtigen Art besteht, in der Itallen in den Krieg eintrat, und in dem Feblen an einem vorherigen posittven Ablommen mit den Verbündeten in wirtschaftlicher und finanzteller Dinsichz. 8
Spanien.
beabsichtigten Verkaufs Bilbao an England
eines Teiles der
Bezüglich des ezüglich des berichtet die
Handelsflotte in
habe, den Verkauf der Schiffe unter 3000 Tonnen unter ge⸗ wissen Bedinaungen zu gestatten. Das diesbezügliche Dekret soll in den nächsten Tagen veröffentlicht werden.
Miiederlandr. Die Abteilungsberichte der Ersten Kammer loben in den allgemeinen Betrachtungen über den Staatsetat die Re⸗ gierung für die Art, wie sie bisher Holland außerhalb des Krieges gehalten hat. Desgleichen wird die auswürtige Polittk des Kabinetts allgemein außerordentlich gelobt. Es heißt in den Berichten weiler, daß die sinanzielle Lage besondere Sorg⸗ falt verlange. Die Stautsschuld habe bis zum Ende des Jahres 1916 um 600 Millionen zugenommen, die Krisenausgaben betrügen jetzt monatlich 20. Millionen. Unter den gegebenen Umständen künne nicht zur Demobi⸗ lisierung geschritten werden. Holland würde für seine Bewaffnung nicht länger in Abhängigkeit vom Auslagde gelassen werden. Für die Herstellung von Waffen und Munilkon seien Staatsfabriken zu errichten, und die bestehenden Fabriken seien für die Herstellung von Material für die Armee ein⸗ zurichten. In dem Etat für das Ministerium des Aeußern wird dem Minister für die hervorragende Weise, in der er unter so schwierigen Verhältnissen seine Aufgabe erfüllte und die Rechte der Mebverlande mit Takt und Vorsicht verteidigte, Lob gespendet. Es wird in dem Bericht großes Gewicht darauf gelegt, daß man trachten wolle, die Regeln des Völkerrechts, die öfter übertreten worden seien, wiederherzustellen. Einige Mit⸗ glieder hatten mit Nachdruck auf das ermwünschte Zusammengehen mit anderen neutraten Staaten hingewiesen, um Europa emen dauerhaften Frieden zu sichern. Von anderer Seits sei aber in dieser Beziehung große Vorsicht anempfohlen und gesagt
worden, daß Holland unter keinen Umsränden seine Seltst⸗
ständigkeit aufgeben dürfe. Man dürfe sich weder gegenüber dem Präsidenten Wilson noch. gegenüber den europäischen Neutralen binden. In dem Bericht wird ferner gefragt, wesche Folge das Versprechen der deusschen Regierung gehabt habs, daß sie die Belgier aus dem Gebiet von Antwerpen, die nach den Niederlanden geflüchtet und später in ihre Heimat zuruck⸗ gekehrt seien, nicht nach Deutschland bringen werde.
Das Haager Korrespondenzbureau meldet, daß eine ganze Anzahl von niederländischen Schiffen, die sich auf der Heimreise befinden, von der britischen Regierung die Erlaubnis erhalten haben, ihre Reise nach Holland fortzusetzen, ohne einen englischen Hafen zu be⸗ rühren. Die meisten dieser Schiffe hatten in Halifax nähere Instruktionen abgewartet oder werden Halifax anlaufen. Der Dampfer „Sihdoro“ des Rotterdamschen Lloyds mit einer ge⸗ mischten Ladung und Passagieren, darf seine Reise, von Gibraltar, wo er jetzt liegt, direkt nach Holland forisetzen. Der Dampfer „Wilis“, der seit dem 8. Februar mit Ladung und Passagteren in Bergen liegt, wird wahrscheinlich anch
d direkt nach Holland weiter fahren können. 1 8 Hunderitausende gut aus. gebildeter und vollständig ausgerüsteter Männer müssen verfügbar
Dänemark.
Zwischen Dbänemark, Schweden und Norwegen sind,
wie „W. T. B.“ meldet, zur bestehenden Münzkonvention Ab⸗ kommen getroffen worden, wonach die drei Länder in einiger
Zeit eisernes Geld einführen werden. V.
nur Ein⸗ und Zwei⸗Oerestücke geprägt.
3 Schweden. 1 Mehrere Stockholmer Blätter bringen Andeutungen darüber, daß England von Schweden für die Freigabe der in enaglischen Häfen liegenden schwedischen Schiffe unter anderem die Wiedereröffnung der Kogrundrinne verlunge Hiervon wußten zunächst liberale Btätter zu berichten. Nun erfüährt auch „Aftonbladet“ unmittelbar vom englischen Ge⸗ sandten in Stockholm, daß die britische Regierung noch eine zweite Forderung inbezug auf die schwedische Schiffahrt auf⸗ stelle, nämlich gemäß der Denkschrift an die schwedische Re⸗ gierung vom 19. Februar über die englischen Schiffe, die sich gegenmwärtig in een. befinden. Das ist eine Umschreibung für die Oeffnung der Kogrundrinne, durch die England seinen in russischen Häfen liegenden Schiffsraum frei bekommen will. „Aftonbladet“ berichtet aus Helsingfors, die russische Militärbehörde beabsichtige die Errichtung einer neuen großen Marinestation bei Vasa an der Finnländischen Küste, wo auch die neue strategische Eisenhahn, die gegen wärtig von Petersburg quer durch Finnland gebaut wird enden solle. Bei Vasa erstreckt sich die Schürenküste acht Meilen ins Meer hinaus, nur zwei bis drei Meilen von der schwedischen Küste entfernt. In Vasa seien bereits mehre große Marinetasernen im Bau, wosür von der russischen Ne gierung vorläufig zwei Millionen Rubel bewilligt seien. J der Umgegend vom Vasn seien in Bauernhöfen 4000 Soldaten aller Gattungen einauartiert.
— Die gemeinsame Abstimmung der beiden Kammeryn des Reichstags Üher die Neutralitätgkosten hat laut Melbung des „W. P. B.“ 187 Stimmen für den von der Zweiten Kammer bewilligten Betrag von 10 Millionem