1917 / 61 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 12 Mar 1917 18:00:01 GMT) scan diff

Ziffern des Personaletats mehr der Wirklichkeit entsprechen. nicht bloß bezüglich der Kopfzahl, sondern auch bezüglich dessen, was wir dem Personal zuwenden wollen und müssen, daß die Zahl der Gtatsstellen, die wir gewähren mußten, um eine starke Verschlechte⸗ rung im Aufruͤcken in diese Stellen zu verhüten, vermehrt wurde. Ich darf hinzufügen, daß, vbwohl die Zahl dieser Stellen außer⸗ fpentlich vermehrt worden ist, auch nach meinem Ermessen und dim leichen Empfinden ist bereits im Ausschuß Ausdruck verliehen in den nachsten Jahren eine kräftige weitere Vermehrung der Btellen erfolgen muß.

Per Verlauf der letzten Monate, die seit Aufstellung des Etats vergangen sind, der letzten Wochen, ich darf sagen, Tag für Tag be⸗ weisen freilich, daß dieser Versuch doch nut ein Versuch bleiben wird; benn die Zablen andem sich fast täglich. Niemand wird der Vet⸗ waltung dieserhalb einen Vormurf machen die beiden Herren Vor⸗ redner haben dieser Meinung bereits Ausdruck verliehen —; die Kriegszeit schafft so eigenartige Verhältnisse, daß sie von keinem, auch dem weitblickendsten Manne nicht, vorgesehen werden können. (Sehr richtig!)

Wit haben ein sprechendes Beispiel dafür vor Augen: Das An welches am gestrigen Tage unter den Mit⸗

sedern des Hauses verteilt wurde. Es ist vielleicht nicht ohne Putsresse, wenn ich kurz die Entstehung dieses Gesetzes stigziere, someit es sich um dir Beschaffung der Betriebsmittel handelt. Bereits im Sommer hder Früͤhberbst des vergangenen Jahres war ich mir mit, dem Herrn Finanzmuinister darüber einig, obwohl wir damals durchaus keine Verkehrsnot im Lande hatten, daß die Ansätze für die Beschaffung der Betriebsmittel sehr erbeblich erhöht werden müßte, und gluben darch eine Zuwendung von 60 Millionen gegenüber demjenigen, was im Vorjahre gefordert worden ist, das Notwendige getan zu haben. Da traten die Betriebsstörungen ein, und wir über⸗ zeugzen uns Ende des Jahres, daß ein Mehreres geschehen müßke. Nachdem die Letomotiv⸗ und Wagenbauanstalten sich bereit erklaärt und stark dafur gemacht hatlen, daß das, was für das ganze Jahr vorgesehen war und einem Wert von 369 Millionen Mark entsprach in ben ersten neun Monaten des Etatsjahres hergestellt werden sollte, legten wir weitere 60 Millionen zu und kamen auf diese Weise ag den Hetrag von 429 Millionen. Als wir dann aber an die Aus⸗ schreihung der Lieferungen ingen die Lieferung für Lokomotiven und Waen Ferfaͤllt in zwei Teile, in eine Sommer⸗ und in eine Wihterlieferung als vwir diesen zweiten Teil der Lieferung aus⸗ schrjeben den ersten hatten wir bereits im Frühherbste ausge⸗ schrieben ergah sich, daß unser Ansatz falsch war. Die Preise waren inzwischen so über Erwarten in die Höhe gegangen, so daß wir wertere 60 Millionen daranf tun mußten; denn darüber waren der Herr Finanzminister und ich vollig rinig: es durfte keine Loko⸗ motipe und kein Wagen weniger gebaut werden, als nach der vor⸗ gesehenen Verstärkung der Baumittel in Aussicht genommen war. Es ist wiederum von Interesse, zu hören, daß, als wir die 2 Semmerlicferung 1917 im Herbst vergangenen Jahres vergaben,

nit Mreyse zohlen mußten, die für Wagen 40 Prozenk mehr be⸗ denteseßs als die Preitr, die wir im Frieden angelsgt L

18. 8 angelegt hatten (Hört! dselch. und für oomokiven 26 Prozent mebr. Als wir nur e Monate späͤter an die Vergehung der zweiten Hälfte gingen, mußten wit für Wagen mweitere 40 Prozent drauf legen (Hörtl bört!) und für Lokomotiden 25 Prozent, sodaß tatsächlich gegen die Friedens⸗ 80 Prozent mehr und für Lokomotiven . gehr gezahlt werden. Meine Herren, die Summe vor 489 Millsonen fast eine halbe Milliarde! —, und die Zanl 8e un, beschassenden Betriebenittel int wohl die großte, die eine in sich eschlossene Warvaltung ich glaube auf der ganzen Welt bisher ot leisten wollen und hat leisten können. Ich hoffe, daß die Lokv. notid. und, Wagenbauindustrie, wie sie mir zugesagt hat, in der ace sein wird, diese ungeheure Bestellung innerhalb des Jahres auszuf ren, und ich erklaͤre ganz ausdrücklich: wenn sie so leistungs⸗ üähig ist, daß sie noch mehr beschaffen kann, dann soll es von meiner Seit und ich glaube, in dieser Frage mit dem Herrn Finanz⸗ min Sr völlig einig zu gehen nicht fehlen. (Brabo!)

Mzine Herpen, in diesem Zusammenhange lege ich gerade heute ganz entscheidenden Wert darauf, Ihnen wenige Zahlen mitzuteilen nd darzulegen über den Ausbau der preußischen Staats⸗

isenb ahnen in dem Zeitraum, in welchem ich die Ehre und eg Voxzug hahe, Leiter dieses gewaltigen Unternehmens zu sein. I te. die Zabl der Jahre von 1895 bis 1906, in wolchem Jahre ich Minister wurde, und die Zahl der Jahre von dem Jahre, in, welchem ich auf Etat und Anleihegesetz zum isten Mast (Finfluß nehmen konnte bis zum Jahre 1916. Zunächft Faßrzeugbeschaffung. Wir haben in dem rsten Zeitebschnitt 12 Jabre bis 1906 für Fahrzeugbeschaffung motiven und Wagen, 1269 Millionen ausgegeben, in dem zweiten eittaum. 10 Jabre, 1907 bis 1916, 2369 Millionen Mark (Hört! erth; im ersten Zeitraum im Jahresdurchschnitt 105 Millionen ud im zweiten Zeitraum im Jabhresdurchschnitt 236 Millionen Mgs. MWir baben im Jahre 1914 noch zur Friedenszeit in das Anleihegesetz und in das Ordinarium des Etats Mittel für die Beschaftung von Lokomotiden und Wagen im Betrage von 268 Mil⸗ lionen Mark eingestellt, also weit über den Durchschnitt der letzten 10 hge. Es geschah dieses zu einer Zeit stark heruntergehender Kenkugftutr. Wir haben für das Jahr 1915.— die erste Forderung währfnd der Kriegsgeit 269 Millionen Mark eingestellt, obwohl wif im Jahre 1914 im Personenverkehr 17 Prozent weniger und im Güterverkehr 10 Prozent weniger eingenommen hatten als im Jähre 1918. Auch weiter haben wir uns in der Beschaffung nicht auf⸗ halten lassen und sind bereits im Jahre 1916 dazu übergegangen die Beschaffungszahl auf 307 Millionen, also fast 40 Millionen mehr, als im Jahre 1915, zu steigern. Die größte Anlieferung an Lokomotiven ich bemerke das ganz ausdrücklich, weil der Ver⸗ waltung Vorwürfe gemacht worden sind, daß sie mit der Beschaffung von Lokomotiven zurückgehalten hat —, liegt im Jahre 1915. J. diesem Jahre sind nicht weniger als 1650 Lokomotiven angeliefert weche. Das Jahr 1912 bringt dann die Rekordziffer einer An⸗ forrerung von 488 Millionen Mark. . eine Herren, die Zahlen für die Bauten der Eisen⸗ bahng ebt s. und pvar nur fur die im Ertraordinarium und Ea nlersegeset ange orber ten, sind 9 nicht öhns Imtsresle Iu besgleichen mit den Zeitrzumen von 1899 dia 1905 und 1907 bis

In

Kriegsjahren unsere Bautätigkeit aus wiederholt dargelegten Gründen erheblich zurückgegangen ist. Wir haben in den 12 Jahren der ersten Periode für Bauten 1528 Millionen Mark, im Ducchschnitt 127 Millionen Mark für das Jahr, ausgegeben, und haben in den folgenden 8 Jahren 2583 Millionen Mark, im Jahresdurchschnitt 323 Millionen Mark, ausgegeben, also fast dreimal so viel wie in dem ersten Zeitraum.

Meine Herren, diese außerordentliche Entwicklung und Ausge⸗ staltung unserer Betriebsparks und unserer gesamten bau⸗ lichen Anlagen läßt es nicht unberechtigt erscheinen, wenn ich ausspreche, daß wir zu Kriegsbeginn ganz außer⸗ ordentlich stark, waren, so stark, daß wir nicht nur den Aufmarsch der Armee mit seinen großen Ansprüchen glatt erledigen konnten, den Aufmarsch, der von unserer Heeresverwaltung glänzend vorhereitet war, sondern daß wir in zwei Jahren des Krieges, wie meine beiden Herren Vorredner anerkennend hervorgehoben haben, allen Anforderungen der Heeresverwaltung und der inneren Wirt⸗ schaft, die sich allmählich zur reinen Kriegswirtschaft entwickelt hat, voll haben entksprechen können. Ich lege gerade auf die letztere Tat⸗ sache, daß wir innerhalb dieser zwei Jahre so stark waren und uns stark erhalten haben, entscheidenden Wert; denn ich erkenne darin meinerseits die größere Leistung.

Die beiden Herren Vorredner haben die Verkehrs⸗ schwierigkeiten und Betriebsstörungen, denen wir seit Herbst dieses Jahres ausgesetzt sind, eingehend behandelt. Ich habe mir gestattet, zu zweien Malen im Ausschuß jede Aufklärung zu geben mit größter Offenheit —, die ich für dienlich hielt. Ich kann auch hier noch einmal im Plenum bestätigen, daß ich mit nichts zurück⸗ gehalten habe. Ich habe aussprechen müssen, daß außerordentliche Schwierigkeiten vorliegen, die sich aber nicht auf irgendein Verschulden der Verwaltung zurückführen lassen. Die Hauptschwierigkeit liegt in der Schwaͤchung unseres Apparates, dessen wir im Innern Deutschlands zur Bedienung des Verkehrs bedürfen, durch die notwendige Bean⸗ spruchung, durch den Krieg selber, durch die Heeresverwaltung in den Okkupationsgebieten, an der Front, im Bereiche der Verbündeten. Diese Schwächung müssen wir ausgleichen im Innern durch Mehr⸗ leistungen mit einem stark verminderten Betriebspark und minder leistungsfahigem Personal. Wir können dieses nur durch inniges Zu⸗ sammenarbeiten mit der Heeresleitung erreichen, und ich darf feststellen, daß wir tatsächlich seit Beginn des Krieges mit dem Feldeisenbahn⸗ wesen ausgezeichnet zusammengearbeitet haben, darf aber auch fest⸗ stellen, meine Herren, daß das Feldeisenbahnwesen mit seinen Erfolgen und Veranstaltungen überwiegend auf den Schultern der deutschen Eisen⸗ bahnen und nicht zuletzt der preußischen Staatsbahnen steht (sehr richtig!), daß wir die große Nährmutter des Feldeisenbahnwesens sind. (Sehr richtig!) Meine Herren, hierin liegt nicht die geringste Her⸗ untersetzung der staunenswerten Leistungen des Feldeisenbahnwesens. Ich darf mitteilen, daß ich nicht nur in meiner amtlichen Tätigkeit hier⸗ sielbst, sondern bei wiederholten Bereisungen der Okkupationsgebiete und der Fronten stets einen ungewöhnlichen Eindruck von der Orga⸗ nisation des Feldeisenbahnwesens und den großen Leistungen empfangen

babe, die es selbst unter schwierigsten Verhältnissen dort erzielt. Bei solchen Auffassungen ist es natürlich, daß die beiden großen Organi⸗ sationen auch tatfächlich in einem guten Einvernehmen stehen, und es wird nicht ohne Interesse sein, wenn ich zur Bestätigung dessen aus einem Schreihen des Generalfeldmarschalls von Hindenburg, welches er am 6. Dezember 1916 an mich richtete, nur einen Passus im Ein⸗ gange dieses Schreibens verlese. Er sagt:

Die Ausführungen Ew. Exzellenz sind eine Bestätigung meiner langst feststehenden Ueberzeugung, daß von seiten der Ew. Erzellenz unterstehenden Staats, und Reichseisenbahnverwaltung nichts verab⸗ säumt worden ist, voll gerustet in den Krieg einzutreten, und daß auch während des Feldzuges alle verantwortlichen Stellen dauernd bestreht gewesen sind, diese Leistungsfähigkeit nicht nur zu erhalten, sondern auch mit allen Mitteln zu steigern, entsprechend den mit der längeren Dauer des Krieges zunehmenden erhöhten Anforderungen.

(Bravo!)

Seit dem 6. Dezember 1916 ist die Sachlage ganz zweifel⸗ los schwieriger geworden, und die Organe der Heeresverwaltung leiden ebenso wie wir. Selbstverständlich ist der un mittelbare militä⸗ rische Verkehr in allen Dingen bevorzugt und leidet nicht. Aber, meine Herren, wenn man solche Aeußerungen von autoritativer Seite hört, wenn man sich der Mühe unterzieht, der Entwicklung der preußischen Staatseisenbahnen im Laufe der Jahrzehnte, wie ich sie soeben gegeben, zu folgen, wenn man ihren allseitig anerkannten und festgestellten Leistungen im Kriege Rechnung trägt, dann begreift man es in der Tat nicht, daß ein großes Organ des Westens, die „Kölnische Zeitung“, in dem von dem Herrn Abgeordneten Schmedding bereits bekannt⸗ gegebenen Artikel, überschrieben: „Organisation und Ueberorganisation“, eine heftige, sehr abträgliche Kritik der Verwaltung und ihrer Leitung bringt, (hört, hört!) und wenn sie die Wendung braucht: die Ver⸗ waltung der preußischen Staatseisenbahnen versage wie im Jahre 1912. Hört, hört) Meine Herren, ich war zweifelhaft, ob ich über diesen Vorgang in diesem hohen Hause ein Wort verlieren sollte; ich hätte es vielleicht nicht getan, wenn nicht der Herr Abgeordnete Schmedding und in diesem Augenblick bin ich ihm doch dankbar dafür mich provoziect hätte, und wenn nicht noch ein Anlaß hinzugetreten wäre. Es ist nicht zum ersten Male, daß der Ausdruck vom Versagen der preußischen Staatseisenbahnverwaltung an mein Ohr klingt. (Hört! hört)

Er ist jüngst in einem Kreise hochstehender Männer von einer angesehenen Persönlichkeit gebraucht worden (Hört, hörtt rechts), frei⸗ lich unter schärfster Ablehnung und Zurückweisung in diesem Kreise. Aber wenn solches Wort einmal gesprochen wird, dann frißt es sich weiter und erzeugt Beunruhigung, die wir nicht ertragen können. (Sehr richtig!) Meine Herren, seien Sie versichert daß ich eine Frage von solchem Ernste aus irgend welchen persönlichen Gründen nicht behandle. In einem Weltenkriege, wo es um das Sein und Nichtsein der Völker geht, da muß alles Persönliche zurücktreten. (Sehr richtig!) Man muß geradezu unpersönlich sein. Es können nur noch die Leistungen und der Erfolg entscheiden, der Erfolg, der nicht in jedem Augenblick gewährleistet werden kann, der aber doch im großen und ganzen da sein muß. Es darf auch keinerlei Rücksicht⸗ nahme auf die Person geben. Ich bin der Ansicht, daß ein Minister, felbst wenn er sich im Laufe zer Juhre verdiant gemacht hat, aber W“ aus sich beraus Gelegenheit nehmen muß, auszuscheiden. Meine Hetren, ich wiederhole: ich spreche nicht für die Perjon. Aber

19l. Die Jahre 1913 und 1916 sind dabei fortgelassen, da in den

ich bitte zu b cksichtigen, daß ich der Chef der preußischen Staats⸗

1.

eisenbahnverwaltung und der Reichseisenbahnverwaltung bin, und daß mich als ihren Führer 600 000 treue deutsche Männer ansehen, denen Sie eben, wie ich mit großem Danke anerkenne, Ihre Aner⸗ kennung und Ihren Dank ausgesprochen haben. Das Vertrauen dieser Männer zu ihrem Führer wird erschüttert (Sehr richtigt), wenn ein solches Wort, wie ich wiederhole, weiter frißt. Vergegenwärtigen Sie sich, was das in heutiger Zeit bedeutet. Es bedeutet fast ebensoviel, als wenn man das Vertrauen zu einem unserer angesehensten, be⸗ liebtesten Heerführer erschüttert. (Sehr richtig!) Das sollen sich die⸗ jenigen, die mit solchen Aeußerungen in die Presse gehen, gesagt sein lassen!

Nun gehe ich auf die Sache selber ein. Im glaube, meine Herren, es wird mir nicht schwer werden, nachzuweisen, daß dieser die preußische Staatseisenbahnverwaltung schwer angreifende Artikel aus lauter Irrtümern besteht. Der Verfasser sagt:

Nicht so sehr die technischen Leistungen der Eisenbahn, als Fehler in der Geschäftspolitik, die auch während des Krieges ganz in den alten Bahnen geblieben ist, tragen die Schuld an den in der letzten Zeit beobachteten Uebelständen.

An den Störungen! Es wird also der Vorwurf erhoben, daß die Verwaltung, wie man heute zu sagen pflegt, sich nicht auf den Krieg eingestellt hat. Das glaubt man einer Verwaltung sagen zu dürfen, die in so enger, unmittelbarer Beziehung zur Kriegführung steht, die von dem Ernst der Lage, vom Minister bis zum jüngsten Arbeiter, voll durchdrungen sein muß, weil sie sie täglich vor Augen hat! Ein Verwaltungsorganismus wie der der preußischen Staats⸗ eisenbahnen bewegt sich selbstverständlich in fest eingefahrenen Gleisen, und doch würde es ein schwerwiegender Fehler sein, wenn er nicht der Lage, in der wir uns alle befinden, voll Rechnung trüge, wenn er sich in gewisser Beziehung nicht auch in seinem innern Betriebe umwandelte. Ich bestreite, daß das nicht geschehen ist.

Es ist nun aber doch nicht ohne Interesse, zu hören, worauf denn die Auffassung des Verfassers zurückzuführen ist, daß die Geschäfts⸗ politik der Leitung schädlich sei, und da sind es zwei Momente, die der Verfasser hervorhebt. Er sagt:

Gewisse Bestellungen seien auch während der Verkehrskrise bis zum letzten Augenblick trotz eindringlicher Hinweise auf drohende Gefahren und wiederholtes Drängen aus der Industrie hinaus⸗ geschoben.

Dann weiter:

Bei den Vergebungen von Eisenbahnbedarf seien die Preise in einer Weise gedrückt, daß bei den zurzeit an dem Eisenbahnmarkt herrschenden Verhältnissen von vornherein mit unzulänglicher Ver⸗ sorgung gerechnet werden mußte.

Meine Herren, ich habe mich gewundert, daß auf diesen Artikel nicht aus den Kreisen unserer Industrie eine Remonstration, eine Ablehnung des Gedankens erfolgt ist. (Sehn richtig)) Denn was will das anders sagen, als daß die Industrie nicht liefere, weil die in den Verträgen vereinbarten Preise zu gering seien?

Ich halte beide Einwendungen für pöllig verfehlt; ich halte sie für dupchaus unzutreffend. Um was kann es sich denn bei den Liefe⸗ rungen handeln? Jedenfalls kann es sich nur um die Massenbedayfs⸗ gegenstände handeln, deren die Eisenbahnverwaltung unter allen Um⸗ ständen bedarf, um leben und arbeiten zu können. Welches sind denn diese Artikel? Kohle, Oberbaumaterialien, Schienen, Kleineisenzeug, eiserne Schwellen; ein großer Massenbedarfsartikel sind weiter die Radsätze, Achsen und Bandagen und das gesamte Betriebsmaterial an Lokomotiven und Wagen.

Meine Herren, unsere Kohlenlieferungsverträge liefen am 1. April v. J. ab. Wir haben neue Verträge geschlossen, im wesentlichen auf der Grundlage der damaligen erhöhten Preise, und zwar für ein Jahr. Wir haben die Preiserhöhungen hinnehmen müssen und zahlen praeter propter 40 Millionen mehr für den Bezug unserer Lokomotiv⸗ kohlen als im Jahre 19150. Wir werden im nächsten Jahre ganz zweifellos à conto der im letzten Jahre eingetretenen Preiserhöhumng der Kohle weitere 26 Millionen mehr zahlen müssen; wir werdemn wieder einen Jahresvertrag schließen müssen. Nun, angesichts dieser Preise scheint mir doch festzustehen ich behaupte nicht, daß die Preise unangemessen sind, das liegt mir fern; ich bin sogar der Meinung, daß wir im Gegensatz zu der Kohlenindustrie anderer Länder noch mäßige Preise haben —, daß bei der Beschaffung der Kohle, die uns eftwa 220 Millionen Mark jährlich kostet, von einem Druck auf die Preise keine Rede sein kann. Ich glaube, die Kohlenindustrie lehnt den Gedanken auch entschieden ab, daß sie etwa in der Lieferung der Kohle lässig sei, weil die Preise zu gering seien.

Das zweite, meine Herren, Schienen, Schwellen, Kleineisenzeug! Ich muß leider ausführlich sein, weil ich sonst den Autor nicht widerlegen kann. Hier liegen eigenartige Ver⸗ hältnisse vor. Wir haben im Jahre 1914, noch zur Friedenszeit, einen dreijährigen Lieferungsvertrag bei heruntergehender Konjunktur mit dem Stahlwerksverbande abgeschlossen. Der Vertrag lief Ende 1917 aus. Wir waren also noch für 1917 gedeckt. Die Preise waren im Vergleich zu den heutigen Preisen niedrig. Der Vertrag beruhte auf Vereinbarung. Man muß annehmen, daß er den damaligen Verhältnissen entsprach. Wir sind auch tatsächlich au Grund dieses Vertrages während des Jahres 1915 bis weit in den Herbst 1916 hinein gut beliefert worden. Bereits im Sommer 1916

hin, daß die Vertragspreise zu den Selbstkosten absolut außer Ver hältnis stehen. Obwohl wir auf dem Standpunkt stehen und als

nicht hinfällig werden, daß können, daß man von den Vertragsvereinbarungen abweicht, obwohl

Riesensummen und Riesenverluste, um die es sich hier handelte bereit erklären und erklärten uns bereit, den Vertrag zu ändern. Der Stahlwerksverband offerierte einen neuen dreijährigen Vertrag

8

Preise, mit denen er aber doch einverstanden war. (Hört, hört!) Ein neuer Umstand tritt ein, der darauf hinweist, wie in der Kriegs⸗- zeit alles schnellster Veränderung unterliegt. Die Lieferungen des Stahlwerksverbandes gingen zurück. Warum? weil die mit unferer Liefsrung botraute Industrie gleichzeitig in hervorragendem Maße sür die Heeresverwaltung beschäftigt war. Sie gingen so zu⸗

rück, daß wir in Sorgen gerieten und unsererseits auch mit Rücksicht auf die inzwischen eingekretenen Verkehrsstockungen eine Abänderung

trat jedoch der Stahlwerksverband an mich heran und wies darauf Staatsverwaltung auch stehen müssen, daß Verträge durch den Krieg . nur Billigkeitsmomente dazu führen

das für uns feststand, mußten wir uns doch in Anerkennung der

zu höheren Preisen. Wir haben seine Offerte angenommen, wir haben 1 nicht die Preise gewährt, die er forderte, sondern etwas niedrigere 8

des Vertrages in dem Sinne offerierten: wir zahlen für die pünktliche 88

8 8 5 11“ 82 8 1

gieserung in den folgenden 3 Monaten Prämien, um eine stärkere Leferung neben den dringenden Lieferungen für die Heeresverwaltung herbeiznführen. So ließzt die Sache. Die Vereinbarung ist getroffen. 30 glande nicht, daß beim Stählwerksverband aus ber Vergangen⸗ heit oder aus der Gegenwark die Empfindung besteht, daß wir einen unzulässigen Druck ausgeübt haben, der zu einer Minderlieferung ge⸗ führt hat. Ich bin fest überzeugt, der Stahlwerksverband weist solche Auffassung mit Entrüstung zurück.

Wir haben ferner einen großen Vertrag über die Lieferung von

chsen und Bandagen mit der Radsatzvereinigung. Diese Vereinigung hat von jeher den größten Wert darauf gelegt, lang⸗ jährige Verträge zu schließen. Es ist ja auch ganz erkennbar, warum; um nicht dauernd einer Konkurrenz ausgesetzt zu sein. Der Vertre ist im Jahre 1913 geschlossen und lief von 1914 ab bis einschließlich 1918. Als wir in den letzten Monaten auf Grund zurückgehender Lieferung die Auffassung hatten, daß hier ebenfalls nachgeholfen werden müsse, weil die Preise nicht mehr angemesffen waren, arrangierten wir uns in ähnlicher Weise mit der Rabsatzvereinigung wie mit dem Stahlwerksverband. Ich stelle fest, daß die Radsatzvereinigung ihrerseits nicht dieses Ansinnen gesteilt hat, daß wir aber aus unserem

enteresse heraus es für notwendig erachtet haben, in den Preisen zeitweilig zuzulegen. Also auch hier kann von einem Druck nicht die Rede sein.

Nun komme ich auf die große Lieferungan Lokomotiven und Wagen, Riesenprojekte, wie Sie aus der diesjährigen Forde⸗ tung im Ordinarium und im Anleihegesetz erkennen. Diese Liefe⸗ rungen werden zweimal jährlich vergeben. Es findet eine Verhand⸗ lung, ein Handel und schließlich eine Einigung statt. Ich habe vorher aus guten Gründen mit bestimmter Absicht mitgeteilt, zu welchem Ende dieser Handel geführt hat. Ich glaube, niemand wird aus⸗ sprechen wollen, daß diese große, bedeutsame Industrie, auf deren Mitarbeit und Leistungsfähigkeit die Staatseisenbahnverwaltung jetzt mehr denn je angewiesen ist, einem Druck erlegen ist.

Eins ist in allen diesen Fragen zu berücksichtigen. Wir steben ausschließlich Syndikaten und syndikatsähnlichen Bildungen gegenüber. Das gewöhmliche Mittel, den richtigen Preis durch öffentliche Aus⸗ schreibungen festzustellen, ist nicht gegeben; es muß verhandelt werden, und die Verhandlungen werden geführt durch die große Zentral⸗ behörde der preußischen Staatseisenbahnen, durch das Königliche Eisen⸗ bahnzentralamt. Das ist der Puffer für den Minister; denn die Vertrags⸗ summen, um die es sich hier handelt, sind sämtlich so hoch, daß die Verträge nur vorbehaltlich der Genehmigung des Ministers abge⸗ schlossen werden dürfen. Es ist das eine sehr unbequeme Aufgabe für das Zentralamt, und ich erkläre mir daraus, daß es sich so ge⸗ ringer Beljebtheit erfreut. Ich glaube, es steht mehr als jede andere Behörde auf dem Standpunkt strengster Pflichterfüllung, und dieser Standbunkt bringt eben auch viele Beschwerden. Ich habe jüngst mit dem Präsidenten des Zentralamts eine eingehende Zwiesprache gehalten und habe ihn an die Notwendigkeit erinnert, in diesen Kriegszeiten nicht kleinlich zu sein, sondern das große Ganze und das Endzieb im Auge zu haben. Aus dieser Unterredung habe ich den Eindruck gewonnen, daß der Leiter dieser Behörde und seine treff⸗ lichen Beamten auf demselben Standpunkt steben. Aber eins kann ich nicht. Ich kann es auch heute im Kriege nicht zugeben, zu sagen: bder Preis spielt überhaupt keine Rolle (sehr richtig!); denn dann konnten wit Überhaupt keine Verwaltung mehr führen. Ich kam nur das eine zugeben: der Preis darf niemals eine solche Rolle spieken, daß wichtige Maßnahmen im Interesse der Kriegsführung aufgehalten und verzögert werden. (Sehr richtig!) Das darf nicht geschehen, und das ist nicht geschehen. Wenn es in dem Artikel behaupket ist, dann ist es ecine Unwahrheit.

In demselben Artikel wird dann noch gesprochen von einem Mangel an geschaftlichem Weitblick darüber will ich mich nach dem Ausgeführ⸗ ten des Urteils enthalten und von fiskalischen reckmerischen Erwagun⸗ gen, die ich mit eben zu widerlegen erlaubt habe. Der Verfasser geht so weit, den Minister der öffentlichen Arbeiten auch für eine verwerf⸗ liche Geschäsftspolitik gegenüber den Wasser⸗ straßen verantwortlich zu machen. Er ist mit den Abmessungen des Rhein Herne⸗Kanals und den Schleusenbauten unzufrieden. Meine Herren, in diesen Fragen haben wir uns hier in diesem hohen Hause häufig unkerhalten. Ich bin, soweit es sich um diese großen Wasser⸗ bauten handelt, nur Testamentsvollstrecker meines hochverehrten Vor⸗ gängers, des Ministers von Budte, und ich habe nur, als ich das Ministerium übernahm, in Kenntnis der großen politischen Schwierig⸗ keiten, die die Durchbringung des bezüglichen Gesetzes verursachte, die Aufgabe gestellt, das Gesetz loval auszuführen, und dies ist von mir geschehen. Ich bin aber noch weiter gegangen. Ich habe erkannt, daß es wichtig und nützlich wärec, wenn die große Enreiterung des Rhein⸗ hafens Ruhrort Duisburg das ist der Rhein- Herne⸗Kanal in Abmessungen entstände, die größer wären als die vorgesehenen.

Es ist daher die Möglichkeit eines dreischiffigen Ausbaues des Kanals vorgesehen, es sind doppelte Schleppzugschleusen gehaut und es sind die Schleppzugschleusen breiter gebaut als vorgesehen war. Alles in vollem Einverständnis mit dem Abgeordnetenhause. Wenn nun heute jemand in einem vielgelesenen Blatt leichthin behauptet, diese geringen Abmessungen wären nur deshalb gewählt, weil derselbe Minister ja Gisenbahnminister sei und er auf diese Weise die Kon⸗ kurrenz gegenüber den Eisenbahnen abmildern wollte ja, meine Herren, über solche Argumentation brauche ich wirklich kein Wort zu verlieren. (Sehr richtig!)

Endlich noch eins. Der Verfasser sagt: die heutige spältigkeit des ganzen Eisenbahnwesens ergebe sich daraus, daß jetzt auf den Stationen Transportoffiziere angestellt seien, die die Kon⸗ tiolle der Wagenentladung übernähmen. Meine Herren, das ist richtig. Im Herbst standen in den militärischen Anlagen und einem Teil der Anlagen, die für Kriegswirtschaftszwecke arbeiten, gegen 10 000 Wagen Woche aus, Woche ein, die nicht entladen wurden. Ich habe mich an den Chef des Felbdeisenbahnwesens gewendet und habe ihm gesagt, er wäre der einzige, der hier den rein militärischen Instituten gegenüber und denjenigen gegenüber, die für Kriegswirt⸗ schaft arbeiten, den nötigen Druck ausüben könne, und der Feldeisen⸗ bahnchef ist meinem Ansinnen nachgekommen und hat die Transport⸗ offtziere bestellt. (Bravol) Das ist der Verlauf der Sache; und diese Offiziers wirten fachbienlich, durchaus in meinem Sinne und durchaus im Einvernehmen mit uns.

Dieses bilbet aber für den Verfasser des Artifkels ben Uebergang zu der Forberung, alle diese Mißstäande köonnten nur beseitigt werden,

Zwie⸗

schen Staates, die ich vielleicht in Ueberschätzung als einen der

werde, mit andern Worten, wenn diejenige Organisation des preußi⸗

stärksten ansehe, einem anderen Amte unterstellt wird, um durch dieses Amt tegiett zu werden. Meins Herren, ich halte das für eine tatsächliche Unmöglichkeit. Dem Kriegsamt liegen ganz gewaltige Aufgaben oß, Aufgaben, wie sie meines Ermessens kaum eine andere Zentralstelle im Reiche und in Preußen auszuführen hat, Aufgaben vielfältigster Art von einer furchtbaren Verantwortung. Ich wüßte nicht, wie dieses Amt es noch übernehmen sollte oder wollte ich bin fest überzeugt, es denkt nicht an solche Wandlungen —, ein Unter⸗ nehmen wie das der preußischen Staatseisenbahnen zu leiten, zumal eine solche Leitung tatsächlich eine völlige Umwälzung einer riesigen, fest geordneten Gestaltung mitten im Kriege bedeuten würde. Ich glaube, ich habe mich mit dieser Frage nicht weiter zu befassen. Sie sehen aber aus dem Ernste, mit dem ich sie behandle, für wie weit tragend ich sie halte.

Meine Herren, in der Diskussion, die durch meine beiden Herren Vorredner eingeleitet worden ist, sind es drei große Fragen, die meinerseits einer Besprechung bedürfen: zunächst diejenige, die sich an die Schrift des Verfassers der „Reichsbahn“ knüpfen, dann die Verkehrssteuerfrage und die Frage der Tariferhöhungen. Ich bitte, es mir zu erlassen, heute auf Spezialfragen zu antworten; es wird sich vielleicht noch im Laufe der weiteren Verhandlung für mich Ge⸗ legenheit bieten, dies zu tun.

Beginnen möchte ich mit den Ausführungen, die sich an das Erscheinen der Schrift des Ministerialdirektors a. D. Kirchhoff knüpfen. Die Schrift hat erkennbar Aufsehen erregt in parlamentarischen Kreisen und auch in der Presse. Die Schrift ist zu einer Zeit erschienen, in der im Reichstag eine hochwichtige Steuer⸗ vorlage eingebracht worden ist. Ich glaube, die Schrift ist heraus⸗ gekommen mit der ausgesprochenen Absicht, diese Steuervorlage, wenn nicht ganz, so doch zum Teil zu Fall zu bringen, und das muß mir Anlaß geben, mich hier auf den Inhalt dieser Schrift einzulassen und die Wahrhaftigkeit oder Unwahrhaftigkeit ihrer Begründung zu beleuchten.

Es kann, wie es der Herr Abgcordnete Schmedding schon zu⸗ treffend ausführte, keinem Zweifel unterliegen, daß derjenige, der in der Lage ist, ein Verfahren zu gewährleisten, das die Erhebung einer so odiösen Steuer, wie die Verkehrssteuer, entbehrlich macht, ein großer Mann ist. Ja, er verdient tatsächlich den Kranz der Un⸗ sterblichkeit, wenn er das wahr macht, was der Verfasser in Aussicht stellt, indem er sagt:

Mit der Jahresbilanz der Reichsbahn wird ein neues, durch nichts engagiertes Aktivum von jährlich einer Milliarde Mark ge⸗ schaffen, wovon dem Reiche eine halbe Milliarde zufallen soll, der Rest den Bundesstaaten.

Fc

Der Verfasser hat es uns leicht gemacht, in eine Nachprüfung seiner Denkschrift einzutreten. Er hat im „Schwäbischen Merkur“ einen kleinen Kommentar geschrieben, überschrieben „Die finanziellen Vor⸗

teile der „Reichsbahn“, und in diesem Kommentar teilt er die Quellen, aus denen diese Milliarde fließen soll, in verschiedene Gruppen ein. Ich will zunächst von der Beleuchtung der neuen eigenartigen Schöpfung nach ihret organisatorischen Seite absehen. sie ist nach der staats⸗ und verfassungsrechtlichen Seite hin von den beiden Herren Vorrednern, wie mir scheint, recht zutreffend erfolgt. Ich will mich nur auf den materiellen Inhalt einlassen. 200 Mihionen sollen frei werden durch Vereinheitlichung des Eisenbahnbetriebes, durch die an den Selbstkosten zu erzielende Ersparnis. Alfo nur der Zusammen⸗ schluß der Eisenbahnen in Deutschland soll eine Ersparnis von 200 Millionen bringen. Der Verfasser geht von früheren Ermitt⸗ lungen aus und weiß da nur von 30 Millionen zu berichten. Er nimmt dann Bezug auf die Arbeit des Professors Dr. Helm in der „Verkehrstechnischen Woche“, der in genialer Weise, wie er sagt, statistisch unter Zuhilfenahme der höheren Mathematik herausgerechnet habe, daß der Zusammenschluß 100 Millionen bringe. Ich empfehle Ihnen diesen Auffatz, er ist allerdings nicht ganz leicht zu verstehen, denn er enthätt eine Unzahl von mathematischen Formeln. In diesem Aufsatz nennt der Verfasser, der übrigens die Arbeit nicht ganz hat abschließen können, da er ins Feld gezogen ist, als Ergebnis der Be⸗ rechnung nach der einen Formel allerdings den Betrag von 100 Millionen Mark. Er hat aber selbst gegen diese Rechnungsweise Bedenken und kommt in seinem Schlußergebnis nur zu einer Er⸗ sparnis von 60 Millionen Mark. Dem Verfasser der Denkschrift „Die Reichsbahn“ genügen weder die 60, noch die 100 Millsonen, er schlägt 100 Millionen drauf, weil der Verfasser des Aufsatzes, der Professor Helm., nur den Zusammenschluß der großen Staatsbahn⸗ systeme, Preußen, Sachsen, Bavern, Württemberg und Baden, ins Auge gefaßt hätte, während die kleineren fehlten. Dieses Fehten eines Minimums gibt dem Verfasser Veranlassung, weitere 100 Millionen zuzuschlagen, indem er am Schlusse sagt: Ich trage kein Bedenken, die dann in Betracht kommenden Er⸗ svarnisse an Selbstkosten hbei Annahme einer Betriebsführung, wie sie bisher üblich war, auf das Doppelte, also auf 200 Millionen⸗ zu veranschlagen. Es ist schwer, bei solchen Zahlenfindungen ernst zu bleiben. (Sehr richtigt im Zentrum.) Ich mache ein viel einfacheres Exempel: Kirchhoff selbst nannte früher als Ersparnis der früher geplanten Be⸗ triebsmittelgemeinschaft den Betrag von 30 Millionen Mark; aber in diesen 30 Millionen steckten damals noch die Millionen, die durch die Staatsbahnwagengemeinschaft bereits erzielt sind. Ich bin daher persönlich der Meinung, daß nicht einmal eine Million an Ersparnissen verbleibt, weil beim Zusammenschluß ein Ausgleich in den gesamten Einrichtungen der verschiedenen Bahnen, z. B. hin⸗ sichtlich des Fahrplans, der Ausstattung der Bahnhöfe, der An⸗ stellungsbedingungen der Bediensteten, der Ausgestaltung des Bahn⸗ netzes usw., stattfinden muß, und was das bedeutet, das wissen Sie aus den mannigfachen Vorlagen, die in diesem hohen Hause crörtert und verabschiedet worden sind. (Sehr richtig)) Also meines Er⸗ messens schweben die ersten 200 Millionen in der Luft.

Sodann will der Verfasser aus der Beseitigung des Transvort⸗ luxus und durch systematische Vereinfachung des gesamten Eisenbahn⸗ betriebs auf praktischer Grundlage Ersparnisse erzielen und Mehr⸗ einnahmen. Der Kernpunkt bleibt, um es kurz zu bezeichnen, die Reform unseretz Personenverkehrs⸗ und Tarissystems. Es schwebt dem Verjasser vor die gleiche Frage ist im ver⸗

wenn die Staatseisenbahnverwaltung dem Kriegsamt angegliedert

gangenen Jahre von mir besprochen worden eine völlige Abkehr von dem heutigen Shtem durch Einführung

85 6 8 8 8

Polsterklasse vor. Er solbst ist der Meinumg, daß diese Umkehr und Abkehr zunächst erbebliche Ausfälle zur Folge bads ich glaube, a gibt die Ausfälle auf 50 bis 60 Millionen Mark an, ich habe ste im vergangenen Jahre auf 60 bis 80 Millionen Mark beziffert. Die Memungen schwanken sehr, um welche Beträge es sich hier handeit. Einer unserer ersten Vertehrstechniker, der langjährige Personentarif⸗ referent des Ministeriums der öffentlichen Arbeiten, der Wir liche Geheime Rat von der Leyen berechnet die Ausfälle die bei Eim, führung dieses Systems eintreten werden, auf 200 Millionen Mark. (Hört, hört!) Ob das zu hoch gegriffen ist, will ich dahin goellt sein lassen; jedenfalls sind die Ausfälle ganz außerordentlich hoch. 8

Nun scheint mir eins festzustehen. Wenn die deutschen Eisen⸗ bahnen an eine Reform ihres Personentarifsystems ich spreche jetzt nicht von den Sätzen, sondern vom System heran⸗ gehen werden, so werden sie angesichts der wirtschaftlichen und ibrer demnächstigen finanziellen Lage niemals daran denken können, ein System zu wählen, das auch nur auf eine Reihe von Jahren, ge⸗ schweige denn auf kaum absehbare Zeit starke Ausfälle bringt. Mean fragt sich: Wie sollen Ausfälle in dieser Höhe durch eine Verein⸗ fachung des Systems ausgeglichen werden? Dem Verfasser erscheint dieses außerordentlich leicht. Er sagt: Heute werden in den Zügen nur 20 % der Plätze besetzt, 70 % sind frei, unbesectzt. Er drebt die Sache um und fagt: Wenn mein Spstem eingeführt ist, werden 70 % besetzt und nur 30 % leer sein. Dieses schließt er aus der Tatlache der Einführung den zwei Klassen, während wir heute vier Klassen haben. Tatsächlich fahren wir in den Zügen nur nach drei Klasseu. Er befindet sich nun in einem grundsätzlichen Irrtum bezüglich der heutigen Abwicktung des Personeuverkehrs und der zukünftigen auch dann, wenn sein Personentarifsfystem angenommen wird, einem grund⸗ sätzlichen Irrtum, der auffallen muß bei einem Mann, der viele Jahrzehnte der Staatseisenbahnverwaltung angehört hat. (Hört, hört!)

Warum werden die Eisenbahnen im Personenverkehr so schlecht ausgenutzt? Die Sache liegt völlig klar, und ich fürchte, daß wir auch bei einer an sich möglichen Vereinfachung des Systems, auf das ich kurz eingehen werde, nicht viel weiter kommen. Die Züge werden aus zwei Gründen schlecht ausgenutzt. Erstens haben wir heute in Preußen ein Netz von rund 18 000 km Nebenbahnen, welches in unserm Staate Preußen außerordentlichen Segen gestäeftet hat. (Sehr richtig!) Innerhalb dieses Netzes müssen zur Erreichung des Verkebhrszweckes viele Züge fahren, auch wenn sie ungenügend besetzt sind. Selbstverständlich wirkt diese ungenügende Ausnutzung der Züge auf einem so großen Nebenbahnnetz ungünstig ein auf das Gesamt- ergebnis, auf den Prozentsatz der Platzausnutzung. Man woͤlle sich ferner vergegenwärtigen, welche Aufgaben einem Zug zwischen Berlin— Frankfurt, Berlin-—-Cöln ufw. und umgekehrt obliegen. Namentlich in unsern Personenzügen örtlich und zeitlich stets wechselnde Auf⸗ gaben! In gewissen Verkehrsbeziehungen sind die Züge stark hesetzt, in anderen sind sie halb leer. Sie müssen aber fahren, müssen zu ihrem Endpunkt kommen. Ein Zug, der auf der Hinfahnt gut aus⸗ genützt ist, in gewissen Relationen, ist unter Umständen auf der Rück⸗ fahrt ganz ungenügend ausgenutzt. Diese ratsächlichen Zustände, die

Städten wie auf dem plarten Lande ergeben, sind niemals ans der

zu machen.

Verschlechterungen manches herausholen: Beseitigungen von Kurs⸗ wagen, Einschränkung des Verkehrs auf den Nebenbahnen. Ja, meine Herren, wer im Betriebe fteht und weiß, welche außerordentliche Arbeit und Mühe es macht, um nur eine halbe Million durch ver⸗ nünftige Maßnahmen berausmarbeiten, durch Vereinfachung des Be⸗ triebs und durch Zusammentegungen, der wird mit so märchenhaften Zahlen wirklich nicht rechnen. Aber eins möchte ich sagen, und ge⸗ rade im Anschluß an diesen Teil der Kirchhoffschen Ausführungen, daß wir zu einer Wereinfachung unseres Personenverkehrsfystems kommen müssen. Darüber besteht bei mir kein Zweifel, und ich darf mitteilen, daß die Vorarbeiten dafür in Angriff genommen sind. Daß aber dieses Zukunftssystem nicht mit so rauher Hand in das Ver⸗ kehrsleben eingreifen wird, wie es der Verfasser der Denkschrift sich vor⸗ stellt, dessen können Sie überzeugt sein: solange ich wenigstens die Lei⸗ tung der preußischen Staatscisenbahnen zu führen die Ehre habe, wird das nicht geschehen. Fazit: Herr Kirchhoff rechnet für die gesamten deutschen Eisenbahnen aus dieser betrieblichen Vereinfachung weitere 250 Millionen heraus. (Heiterkeit.) Meines Erachtens wird diesen

ein erhebliches Minus gegenüberstehen.

Was die weiteren Ansätze betrifft, so ist nicht viel Neues zu sagen. Es treten uns zwei große Posten entgegen: einer mit 250 Millionen und einer mit 300 Millionen. 250 Millionen will der Verfasser dadurch freimachen, daß er die Thesaurierung, die die preußischen Staatsecisenbahnen und, wie er annimmt ich vermag es nicht festzustellen die gesamten deutschen Staatseisenbahnen ind Ordinarium ihres Etats betreiben, bescitigt sehen will. Auch hier befindet sich der Verfasser in einem Irrtum, der vielleicht darauf beruht, daß er seit einer Reihe von Nahren nicht mehr der Staats⸗ eisenbahnverwaltung angehört. Er denkt zunächst an die Beseitigung den Positionen 3 und 4 des Titels 8, kleitere Ergänzungen bis zu 30⸗ und 100 000 ℳ, und denkt dann ferner an die größeren Titel 9 für Erneuerung des Lokomotiv⸗ und Wagenparks einstellen. Was nun die ersteren Summen betrifft, so würde ich es lebhaft bedauern, weyn man Aenderungen in der Buchung vornähme. Jeder, der im Betriebe tätig gewesen ist und draußen die Leitung großer Verwaltungen wie ich zehn Jahre lang in der Hand gehabt hat, weiß, daß diese kleinen Ergänzungen, An⸗ bauten an Güterschuppen, an Stationsgebäude, Ausziehgleise, Ueber⸗ holungsgleise, nach Auffassung jedes ordentlichen Betriebsmannes zu dem laufenden Betriebe gehören, daß sie an keiner andern Stelle stehen dürfen als im Ordinarium des Etats. Will man dieses nicht, meine Herren, was geschieht dann mit den freiwerdenden Summen? Es wird empfohlen, wir sollen kaufmännisch verwalten. Ja, wenn

Summen, die wir in

fonds fun, der aus den das nicht tun, so müssen wir diese Gummen auf Anlethe übernehmen.

einer

und dann werden wir 8 ecleben, daß im Laufe einiger Jahre die

11“

Welt zu schaffen. (Sehr richtig!) Mit dieser Begründung ist wenig

Der Verfasser will dann durch weitere Vereinfachungen wie Herr Abg. Schmedding schon sagte: zum großen Teil sehr wesentliche

250 Millionen auf lange, lange Jahre, wenn nicht für alle Zeiten,

ßicch aus der Venteilung der Bevölterung in großen und kleinen

von Kosten, wie wir sie in unserm Bahnunterhaltungstitel haben, in 8

wir kaufmannisch verwalten, dann müssen wir meines Erachtens die frez werdenden Summen in derselhen Höhe in einen Ernenerungag. Ennabhmen des Etats dotiert wird. Mean wis

8