Schichten Englands die Neigung zur Beendigung des Krieges dämpfen, weil man dort die Sorge hat, daß diesem entsetzlichen Ringen ein weiterer Krieg folgen könne. (Sehr richtig!) Die Zu⸗ kunft Belgiens wird bei den Friedensverhandlungen ein Streitpunkt von größter Bedeutung sein. Der Reichskanzler hat erklärt, er habe nie gesagt, daß wir Belgien behalten wollen. Im Herrenhause wurde aber direkt die zukünftige Beherrschung Belgiens gefordert. Mit Genugtuung muß aber festgestellt werden, daß die lautesten Schreier ihre 5J wesentlich herabgemindert haben. Jetzt sollen die lamen nur von den Wallonen befreit werden. Zwischen Wallonen und Flamen besteht zwar ein alter, scharfer Gegensatz. Jetzt haben aber beide nur den einen Wunsch, daß ihr Gebiet sobald als möglich ge⸗ räumt wird. Franzosen und Engländer wollen ja das deutsche Volk vom Junkertum und Militarismus befreien. Ich selbst habe dem⸗ gegenüber hier schon angeführt, daß wir, wenn wir von etwas befreit werden sollen, wir es selbst tun werden. Der Versuch, in Belgien moralische Eroberung zu machen, ist von vornherein durch die zwangs⸗ weise Beschäftigung belgischer Arbeiter totgeschlagen worden. Dabei ist man sehr ungeschickt verfahren. Jetzt erfahren wir mit Genug⸗ tuung, daß mit dieser Praxis gebrochen werden soll. Es ist tatsäch⸗ lich gelungen, China zu veranlassen, die Beziehungen zu uns abzu⸗ brechen. Starker politischer Druck und beträchtliche finanzielle An⸗ gebote waren dabei die Triebfeder. China sollen die Entschädigungen erlassen werden, die es infolge des Borerfeldzuges zu zahlen hatte. Es ist eine Ironie der Weltgeschichte, daß die Entschädigungen in⸗ folge des Boxerkrieges, der seinerzeit unter Führung Deutschlands unternommen wurde, jetzt als Lockmittel gegen Deutschland dienen. Die chinesisch⸗deutschen Beziehungen waren vor dem Kriege recht freundschaftliche, nachdem die Spannung wegen der Besetzung Kiautschous sich gelegt hatte. Wir erstrebten keinen weiteren Land⸗ gewinn, sondern wollten nur moralische Eroberungen machen. Hoffent⸗ ich gelingt es nach dem Kriege, diese freundschaftlichen Beziehungen wieder herzustellen. Unser Konflikt mit Amerika hat an Schärfe gewonnen. Die Vereinigten Staaten bewaffnen ihre Handelsschiffe, die auf deutsche Unterseeboote feuern sollen, noch ehe diese Angriffs⸗ absichten zu erkennen geben. Die Erregung gegen uns in den Ver⸗ einigten Staaten wurde durch die Bekanntgabe der Instruktion des neuen Staatssekretärs Zimmermann'’ an den Grafen Bernstorff noch geschürt. Dies war kein Meisterstück des neuen Herrn im Aus⸗ wärtigen Amte. Mit Genugtuung konnten wir im Ausschuß ver⸗ nehmen, daß Graf Bernstorff hat versichern können, daß von deut⸗ chen Intrigen in amerikanischen Ländern keine Rede sein könne und daß wir dort nur wirtschaftliche Interessen verfolgten. Mit mora⸗ lischer Entrüstung ist während dieses Krieges sehr häufig gegen uns Stimmung gemacht worden. Das ist auch reichlich in Amerika ge⸗ schehen. Zu einer solchen Entrüstung hat aber kein Anlaß vorge⸗ legen. Die Entente hat sich skrupellos bemüht, immer neue Völker zu ihrer Unterstützung in den Krieg hineinzuhetzen. Das ist ihr auch mit Amerika und China gelungen. Wie die Massen des deutschen Volkes, die deutsche Arbeiterschaft über das Verhalten der Ver⸗ einigten Staaten denken, das beweist die Antwort meines Freundes Legien an den amerikanischen Gewerkschaftsführer Gompers. Es ist charakteristisch, daß diese Antwort bisher in der amerikanischen Presse nicht zu lesen gewesen ist. (Lebhaftes Hört, hört!) In Rußland brach ein unhaltbar gewordenes System zusammen, das die Macht⸗ haber gegen alle Vernunft aufrecht erhalten wollten. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß die Entfesselung des Weltkrieges der Absicht entsprang, dieses System zu retten. Aber was für den Untergang reif war, konnte nicht durch Blutströme konserviert werden. Wir haben mit gespanntester Aufmerksamkeit, aber mit Ruhe und gebotener Zurückhaltung die Entwicklung der Dinge im östlichen Reiche ver⸗ folgt. Die kapitalistischen Führer in Rußland haben an der Aende⸗ rung der Regierung ihres Landes mitgewirkt, aber nicht zur Herbei⸗ führung eines raschen Friedens, sondern sie versuchen, sich als Aus⸗ schuß für nationale Verteidigung zu betätigen. In allen ihren Auf⸗ rufen ist von einem Kriege bis zum siegreichen Ende die Rede. Der neue russische Minister des Aeußern Miljukow hat sich des öfteren über seine Kriegsziele ausgesprochen, von der Eroberung Kon⸗ stantinopels, von einem vergrößerten Belgien und Serbien, in den letzten Tagen sprach er den Ententebotschaftern gegenüber von der nachdrücklichen Fortsetzung des Krieges bis zum Siege über Deutsch⸗ land. Mit echt englischem Zynismus konnte Bonar Law zuerst von der „Erleichterung“ sprechen, die England empfindet, weil die neue russische Regierung den Krieg energisch und energischer als bisher fortführen werde, und ähnlich Lloyd George bald darauf. Auch zahlreiche Führer der britischen Arbeiterpartei haben sich an Kerenski und Tscheidse telegraphisch gewendet mit der Aufforderung, für die Fortführung des Krieges bis zum Siege über Deutschland sich einzulegen. Jetzt ist diese Stimmung in England erheblich gedämpft; jetzt reden in Ruß⸗ land die Massen mit, und die sind ausgesprochen friedensfreundlich. Möge es bald dahin kommen, daß das neue Rußland seine Macht und seine Waffen nicht länger in die Wagschale der Fortsetzung des Krieges werfen wird. In Rußland wird befürchtet, daß Deutschland sich eines Tages veranlaßt sehen könnte, an der Wiederaufrichtung des zaristischen Regiments in Rußland mitzuwirken; es muß alsbald von amtlicher Stelle aus diese Befürchtung aufs deutlichste zerstreut wer⸗ den. (Lebhafte Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) Ich hätte es begrüßt, wenn der Reichskanzler an dem Tage, wo er davon hörte, sofort erklärt hätte, daß Deutschland gar nicht daran denke, sich in irgend einer Hinsicht in die inneren politischen Angelegenheiten Ruß⸗ lands einzumischen. Gewiß ist schon einmal eine solche Erklärung abgegeben worden; aber altes Mißtrauen ist nicht so leicht zu zer⸗ stören. Wie eifrig haben früher preußische Behörden und Richter sich die Bekämpfung der Bestrebungen gegen den russischen Absolutismus angelegen sein lassen! Man braucht nur an den Königsberger Prozeß schimpflichen Angedenkens zu erinnern. Die russischen Arbeiter, die russischen Sozialdemokraten wünschen sofortigen Frieden, wünschen gemeinsamen Friedensschluß und wollen daran gemeinsam mit uns arbeiten; aber jeder Versuch, die Entwicklung der Revolution zu hin⸗ dern, das alte Regime wieder einzusetzen, werden bei der russischen Arbeiterschaft auf den entschiedensten Widerstand stoßen. Die Zen⸗ tralstelle des Auswärtigen Amts hat den betreffenden Aufruf ver⸗ ständigerweise zur Veröffentlichung zugelassen; die militärische Zensur hat nachträglich die Veröffentlichung verboten. (Stürmisches Hört! hört! und Rufe: Pfui! bei den Sozialdemokraten.) „Es ist ange⸗ ordnet, die Veröffentlichung mit allen Mitteln und rücksichtsloser Strenge zu verhindern.“ Es scheint, als vb es keine Dummheit gebe, die bei uns nicht gemacht werden muß. Die deutschen Sozialdemo⸗ kraten würden mit aller Entschiedenheit jeden Versuch bekämpfen, der darauf hinausainge, den verruchten Zarismus wieder zum Leben zu erwecken. (Stürmische Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) Di⸗ rekt närrisch ist das Vorgehen gewisser Blätter, die Vorgänge in Rußland zu neuen uferlosen Annerionsforderungen zu fruktifizieren. Wir wollen, daß das Wort des Kaisers Geltung bohält: „Uns treibt nicht Eroberungslust“. Das unheilvolle absolutistische System in Rußland, das Bollwerk aller Reaktion, ist hoffentlich für immer be⸗ seitigt. Das russische Volk haben wir nie für seine egierung ver⸗ anüwoellich gemacht; wir haben seine Bestrebungen, sich zur Frecheit hinaufzuringen, mit Bewunderung und mit unsern wärmsten Sym⸗ pathien begleitet. Sobald die Friedensstimmung in Rußland für die neue Regierung bestimmend wird, fordern wir von unserer Regierung, daß sie nichts unterloßt, was die Herbeiführung eines baldigen, ehren⸗ vollen Friedens mit Rußland fördern kann. (Lebhafter Beifall.) Die Erörterungen über die innerpolitischen Fragen werden mit jedem Tage lebhafter. Den Volksmassen muß so rasch wie möglich ihr Recht werden. Herr von Bethmann hat im preußischen Abgeord⸗ netenhause sehr gute Bemerkungen darüber gemacht. Aber das be⸗ deutet keine Tat. Eine Neugestaltung der Erde wird sich aus diesem Kmege durchsetzen. Aber es gibt Leute, die in unpegreifbarer Ver⸗ blendung sich genen Reformen im Reiche und in den Einzelstaaten sperten. So kann und darf nicht Weltpolitik gemacht werden. Er. Spahn hat vorhin Angriffe des H. Enbquses auf den Reichs⸗ mg burückgewiesen. sch würde von biesen Angriffen nicht Nytiz B. wenn nicht Gefahr bestände, daß solche Meden draußen den
für unsere Feinde. Eine Unsumme von Antipathie ist im Auslande
durch solche Reden gegen uns hervorgerufen worden. Allerdings
spielten Konkurrenzrücksichten auch dabei mit. Die Mißstimmung und
Mißachtung gegen Deutschland wegen seiner politischen Einrichtungen
ist nun einmal da. Die russische Revolution wird in England und
Frankreich auch als ein Schlag gegen das reaktionäre Preußen ange⸗
sehen. Man stellt Zarismius und Avfolutismus auf eine Linie. Das
mache ich nicht mit. Deutschland ist das Land der größten Arbeiter⸗
organisationen der Welt, besitzt eine Sozialpolitik, die verbesserungs⸗
fahig ist, aber die wir nicht missen wollen. Das reaktionäre System
in Preußen ist nicht aufrecht zu erhalten, wenn im Osten die Reaktion
fallt. Es handelt sich nur darum, auf welchem Wege die Neugestal⸗
tung erfolgen soll. Uns deutschen Sozialdemokraten wurde vom Aus⸗
lande geraten, Revolution zu machen. Die Befolgung solchen Rates
hatte großes Elend auch über die Arbeiter gebracht. Wir bewahren
ganz kühlen und klaren Kopf gegenüber den Vorgängen in
Rußland wie bei allen Vorgängen während des Krieges.
Was wir zu tun haben, wissen wir selbst, ebenso was wir vom Auslande zu erwarten haben. Die Leiter des feindlichen
Auslandes haben unser Friedensangebot brüsk zurückgewiesen. Drei Tage nach der Aufforderung an die deutschen Sozialdemokraten,
Revolution zu machen, bewilligten die französischen Sozialisten mit
drei Ausnahmen die Kriegskredite. Wir haben die Kriegskredite be⸗
willigt, obwohl manches zur schärfsten Kritik herausforderte. Wir
haben früher erlittene Unbill keineswegs vergessen. Der Kanzler hat
das frühere Unrecht im Abgeordnetenhause in seiner Rede anerkannt.
Erinnerungen an das Sozialistengesetz, an Reden über vaterlandslose Gesellen usw. werden nicht durch ein paar unverbindliche Worte aus⸗
gelöscht. Die Herrschenden mögen daran denken, daß die Sünden ihrer Väter jetzt nachwirken. Die Konservativen möchten einen Burgfrieden für ewige Zeiten, das könnte den Herren so passen. Die Rechte der Herrschenden und Privilegierten sollen geschützt werden. Sobald es aber mit dem Kriege aus ist, ist es mit dem Burgfrieden völlig aus, soweit er noch vorhanden ist. Jetzt soll endlich ein Aus⸗ nahmegesetz fallen, das Jesuitengesetz. Dem Zentrum ist Parität in weitem Sinne zugesichert worden. Wir fragen: warum nicht gründ⸗ liche Neuorientierung? Den Polen ist jetzt endlich mitgeteilt worden, daß man „in Enwägungen eintreten“ wolle und das Enteignungs⸗ gesetz usw. aufgehoben werden solle. Zukunftshoffnungen und Ver⸗ sprechungen sind schön, aber praktisches Handeln ist jetzt besser. (Sehr richtig bei den Sozialdemokraten.) Preußen macht keine moralischen Eroberungen, sondern begeht immer wieder neues Unrecht. Die Reichsregierung darf sich nicht darüber wundern, daß über die Fehler der Volksernahrung im Volke schwere Mißstimmung herrscht. Ich verweise auf Barmen, Hamburg und Magdeburg. Sie sollten alles tun, was möglich ist, um die Stimmung im Volke nicht schlechter werden zu lassen. Die Regierung ist nicht an der Durchführung sozialer Reformen gehindert. Was sofort getan werden kann, sollte nicht auf die lange Bank geschoben werden. (Zustimmung b. d. Soz.)
Der Krieg hindert doch nicht daran, dem Volke neue, drückende Steuerlasten aufzuerlegen; warum soll lediglich der Fortschritt unter⸗ bleiben und warum lediglich in Deutschland? England ändert sein Wahlrecht mitten im Kriege und dehnt es auf die Frauen aus; der Reichskanzler soll hier vom Feinde lernen. Der Reichskanzler will reaktionäre Empfindungen schonen; aber die Absolutisten wie die Yorck von Wartenburg gehen aufs ganze und pfeifen auf den Burg⸗ frieden. Wie lange will der Kanzler den Volksmassen zumuten, dieser ungleichen Behandlung zuzusehen? Ein schweres Unrecht muß sofort beseitiat werden, die Riesenwahlkreise müssen geteilt werden. Die Verfassung schreibt das vor, und der Reichskanzler hat die zu respek⸗ tieren. (Lebh. Zustimmung b. d. Soz.) Sofort in Angriff nebhmen sollte er auch die Reform der Wahlsysteme in den Einzelstaaten. Mit einem Federstrich hätte damit schon bei Kriegsbeginn aufgeräumt werden sollen, damit konnten moralische Eroberungen in der ganzen Welt gemacht werden. Eine maßlose Herausforderung des Volkes ist der Ausspruch eines preußischen Junkers im Herrenhause, daß in Preußen jede Freiheit bestehe außer der des Stehlens und Mordens. Der Stellvertreter des Ministerpräsidenten hat aber auch gestern wieder erklärt, in Preußen soll nichts geändert werden während des Krieges, das heißt, nichts was den Volksmassen nützt. Wenn mit dem Herrenhaus kein anderes Wahlgesetz für Preußen zu erlangen ist, wird es eines Tages gegen dieses Haus gemacht werden. (Sehr gut! b. d. Soz.) Eine großzügice Tat auf diesem Gebiete würde auch den Mut der Truppen draußen heben. (Widerspruch rechts.) Wider⸗ streben ist nur bei den Konservativen, die aber nur einen kleinen Teil des Volksganzen darstellen (Widerspruch rechts); die will der Kanzler bei guter Laune erhalten, darum geschieht nichts. Die Kanzlerstürzer werden aber so oder so weiter wirken und wühlen. Konservative Blätter machen den Versuch, das Interesse der Hohen⸗ zollern gegen eine Neuorientierung auszuspielen. Ich stelle mir vor, daß so auf den Romanow cingewirkt worden ist, der neuerlich davon⸗ gegangen ist; „nur keine Konzessionen machen“, das war das A und 0 seiner Ratgeber, die ihn dann in der Stunde der Gefahr schleunigst im Stiche ließen. „Wehe dem Staatsmann, der die Zeichen seiner Zeit nicht erkennt“, sagte Herr von Bethmann Hollweg. Daß dieses Wehe von ihm selbst gelten wird, glauben wir befürchten zu müssen, wenn er in seiner Untäatigkeit verharren sollte. In welchem Tempo Deutschland modernisiert wird, hängt nicht von einzelnen Personen ab, sondern von dem Willen und der Tatkraft der Volksmassen, die nach dem Kriege ihr Recht heischen. Das deutsche Volk muß nach dem Kriege seine ganze Kraft und Energie aufwenden können, um die Wunden zu beilen, die der Krieg ihm geschlagen hat; jede Aufregung um innere Kämpfe sollte uns die Regierung nach dem Kriege, so wir Besseres zu tun haben, ersparen. Schaffe der Reichskanzler freie Bahn schon jetzt!
Abg. Dr. Müller⸗Meiningen (fortschr. Volksp.): Das große russische Problem verfolgen auch wir mit gespanntester Aufmerksam⸗ keit. Es ist nicht die Aufgabe Deutschlands und darf es nicht sein, sich in die innere Entwicklung Rußlands irgendwie einzumischen. Das aufstrebende russische Volk der Arbeit will offenbar den Frieden; die englischen Drahtzieber in Petersburg aber wollen die Fortführung des Krieges zur Erreichung englischer Weltmachtziele. Ein Frieden mit Rußland muß erstrebt werden, der es beiden ermöglicht, die alten Beziehungen wieder anzuknüpfen und zu pflegen. (Beifall links.) Auch wir würden es begrüßen mit hoher Genugtuung, wenn die Re⸗ gierung erklärte, daß sie nicht daran denke, in die inneren Verhältnisse Rußlands einzugreifen. Es wäre das eine Torheit, wie sie größer nicht begangen werden könnte. Ich verstohe nicht, wie das Polizei⸗ präsidium in Magdeburg ein derartiges Zensurverbot ergehen lassen konnte. Hier liegt ein unbegreiflicher Akt der Willkür einer einzelnen Zensurbehörde vor. Ueber Amerika im einzelnen zu sprechen, haben wir keinen Anlaß. Die amerikanische Regierung will nicht aner⸗ kennen, daß die Seesperre eine unerschütterliche Tatsache ist, so daß wir auch einen Kampf mit Amerika bedauern müßten. Wir haben ein solches Vertrauen zu unserem Heere und seiner genialen Führung, daß wir jetzt schon zu Reformen übergehen könnten. Das preußische Herrenhaus hat dem deutschen Volke den Fehdehandschuh hingeworfen. Wir müssen den Kampf aufnehmen, es liegt ein neues Pronunzia⸗ mento der feudalen Mehrheit gegen die moderne Zeit vor. Graf Vorck ist der offizielle Vertreter der Mehrheit des Herrenhauses, und der
auschende Beifall und die devote Huldigung einzelner Herren zeigt die Bedeutung dieser Kundgebung. Auch die Rede des Herrn von Kleist zwingt uns nicht zu einer besonderen Polemik. Er hat sich be⸗ müht, die Rede des Grafen Yorck in den Berliner Kutscherton zu übersetzen. Das Herrenhaus ist der geförderte Rückschritt, die zweite Kammer der gehemmte Fortschritt. Liest man die Rede des Grafen Porck, so müßte man glauben, der deutschen Parlamente hätte sich ein hercarner bemächtigt. Es war sehr unvorsichtig von ihm, sich uns als Präzeptor aller deutschen Parlamente gufzuspielen. Die Er⸗ ingerung an die gpoßen Feste in Berlin lassen die Behauptung zu, daß im deutschen Volke der Wert ber Fürstenempfänge und *
d
-
sammenkünfte auf Null herabgesunken ist. Diese Zusammenkünfte dienten zur Täuschung und zur Einkreisung des deutschen Velkes. Wir haben sehr spat erkannt, daß die geschickte Leitung der inter⸗
Gindrack erwecken konnten, als spreche die Stimme des deutschen Volkes. Cachen bei den Sozialdemokraten.
Sie sind ein Triumph
parlamentarischen Zusammenkünfte von der größten Bedeutung fuüͤr
18
minister anerkennt, daß der große Weltkrieg als Lehrmeister auftritt und um Abschaffung der Anachronismen bittet, die wir seit Jahrzehnten vergeblich gefordert haben. Dieser Vorgang sollte uns eine Warnung sein. . lehnen jede Verantwortung für ein derartiges Treiben Folgen ab. Was wir an parlamentarischen Reformen erreicht haben, sind nur die kleinen Anfragen. Beliebtheit, selbst bei den Konservativen, die davon ebenfalls Ge⸗ brauch machen.
stützen sollen. 1 Rechten zugunsten des Bundesrats am 4. August 1914 aufgegeben haben. Ganz besonders mißfällt dem Grafen Yorck, daß der Reichs kanzler den Reichstag so sehr gelobt hat. Lob hätte der Reichstag überhaupt nicht verdient, er habe nur seine
besonders zu unterstreichen?
as feindliche Ausland war. Ohne diese parlamentarische Fühlung⸗
nahme hätte weder Lord Grey noch Delcassé es aüg können, ein so mächtiges
Staatskunst hat schlecht mieden werden können, wenn man beizeiten mentarische e Wir werden das Versaäumte bald nachholen müssen. dienst des auch offiziell in die Wege geleitet hat. . * Ungarn, Bulgarien und der Türkei haben der deutschen Sache wahr⸗
1 deuts e Instrument hätten ver⸗ derartige parla⸗ eleitet hätte. Es ist ein Ver⸗ jetzigen Reichstagspräsidenten, daß er diese Fühlungnahme Die Besuche in Oesterreich⸗
zusammenzuschweißen. Unsere leider das parlamentarische viele gefährliche Irrtümer eine Wege
Bündnis gespfelt; die
Fühlungnahme in
ich gute Dienste geleistet. Wer die leuchtenden Augen bulgarischer
Kinder gesehen hat, wird von dieser Zukunft eine andere Meinung haben als ein weltfremder Graf. Er hat die politische Situation durchaus verkannt, er hat die ältesten Zankäpfel ausgegraben, so von 80. Geburtstag, von Zabern usw. Krieges genutzt worden. Af glänzend Recht bekommen? Sind die Verordnungen nicht im Frieden sogar zurückgenommen worden? das Geringste.
sprach er Verweigerung des Geburtstagsglückwunsches zu Bismarcks Dieser Fall ist während des in unverantwortlicher Weise gegen einzelne Parteien aus⸗ Hat denn nicht das Parlament in dieser Affäre
Der Graf Yorck weiß davon nicht Was haben wir in den letzten Jahren hier erlebt.
Ich erinnere an die lex Erfurt. Heute sehen wir, daß der Kriegs⸗
Es ist ein Frevel, solche klaren Tatbestände auszubeuten, wir und seine Diese erfreuen sich einer steigenden
Alles übrige, was uns vorgeworfen wird, die Aus⸗ schüsse usw., sind doch nur Einrichtungen, die den Krieg stärken und Dabei vergißt der Graf, daß wir eine Menge von
Graf Roon meinte, dies
verdammte Pflicht und Schuldigkeit getan. Ganz recht, Herr Graf; aber ist es taktvoll, gerade jetzt in diesem Zeitpunkt die Verdienste einzelner privilegierter, im Herrenhause verankerter Familien ganz Haben denn die Familien ohne alten adligen Namen von hohem Klang nicht auch ihr Bestes hergegeben? Daß einzelne Schichten, soll wohl heißen, einzelne Parteien, nur darum für die Kredite stimmten, weil ihnen vom leitenden Staats mann dunkle Versprechungen gemacht worden seien, diese elende Ver dächtigung der „Kreuzzeitung“ weisen wir mit der allergrößten Ent schiedenheit zurück. Wie verächtlich sprach Graf Roon von einer preußischen Thronrede als von der Leistung einiger Minister. Es gilt von diesen Herren doch immer noch das Wort: Unser König absolut, wenn er unsern Willen tut! (Sehr gut! links.) Der englische Hochadel hat stets klug der Zeit die nötige Konzession ge macht, wie ganz anders leider die Haltung des größten Teils des preußiscken Hochadels. Nicht die Spur wirklich warmen Dankes und lebendiger Anerkennung für dieses Volk und seiner einzig dastehenden Opfer. Nur herbe Kritik, und kein preußischer Minister wagt auch nur ein Wort dagegen. Auch Herr von Schorlemer, der Liebling des preu ßischen Abgeordnetenhauses, schwieg. Nur eine allgemeine Randbemer kung über diesen Herrn und die Hindenburgbriefe. Es wird jetzt immer mehr Sitte, wenn ein Hochstehender etwas verschuldet hat, daß er dann versucht, sich mit Hindenburgbriefen herauszureden. Das wird all mählich ein gefährlicher Unfug. Die Adloniten⸗Versammlung machte es nicht anders. Wir brauchen Hindenburg und Ludendorff zu nötig, als daß wir leiden dürfen, daß sie derart in Anspruch genommen werden Die Rede des Kanzlers vom 14. März im Abgeordnetenhause war die Annvwort auf die Herrenhausprovokation, es war ein offenes, ehr liches Bekenntmis zu seinen bisherigen politischen Kundgebungen, für deren Durchführung er sein Letztes daran Pen will. Dieses Be⸗ kenntnis bindet nicht nur den Mann, sondern auch die Krone und den Nachfolger des Herrn Reichskanzlers. Er besitzt denn auch die Kraft diesen seinen Entschluß durchzusetzen. Ich nehme es auch als selbst⸗ verständlich an, daß das ganze preußische Staatsministerium g. schlossen hinter dieser Rede steht. (Bewegung und Widerspruch auf mehreren Seiten.) Wer die offenen und geheimen Widerstände kenn die der Reichskanzler gegen sich hat, wer da weiß, daß die eifrige Verfechter des unbeschränkten U⸗Bootkrioges im letzten Grunde zu dieser Stellungnahme übergingen aus Furcht vor der Neuorientierung (Große Unrube rechts; Rufe: Unerhört! Unerhörte Unterstellung ‚der wird sich über die Folgen dieser Rede vom 14. Man nicht wundern. Ein ungeheurer Lärm folgte der ersten überraschte Stille; selbst der kluge Herr Octavio von Zedlitz sprach von ides logischer Entgleisung des Reichskanzlers, dem er den viel geschie teren üae. von Loebell gegenüberstellte! Wir begrüßen es, daß der Reichskanzler die preußische Wahlrechtsfrage in den Vordergrund g. stellt hat. Diese Frage ist die große deutsche Frage. Ich verstehe nicht, wie ein Staatsmann nach den großen Erfahrungen diese Krieges über das Maß dieses Wahlrechts noch feilschen und hande will. Das Volk ist reif für das allgemeine, direkte, gleiche um geheime Wahlrecht, hat der bayerische König ausgesprochen, und baverische Erste Kammer hat einmütig zugestimmt. Wollen dem preußischen Volk die Schmach und Schande antun, es weniger reif als das bayerische und württembergische Volk? B. einer kurzen Dauer des Krieges wäre die Hinausschiebung der Wah reform verständlich gewesen. Jetzt ist sie nicht mehr verständlich. J sage: wehe dem Staatsmann, der gerade in dieser Frage die 8. verschlaft. Machen Sie ein Ventil auf! In diesem Sinne habe wir unseren Antmg gestellt. Der Reichskanzler hat den hert lichen Satz gesprochen: Freie Bahn jedem Tüchtigen. Aber der Dissidentenerlaß gegen die Offiziere ist noch immer nicht zurückg nommen, die preußischen Oberpräsidenten und Präsidentenpofte werden immer noch exklusiv besetzt. Auch in der Verwaltung da der Reichskanzler nicht an das anknüpfen, was geesen ist. Dazu
kommt die unerträgliche Militärdiktatur wahrend des Belagerungs⸗
zustandes. Das Vereinsgesetz ist während des Krieges ein wertloser Fetzen Papier geworden. Das Schutzhaftgesetz wird vollständig ignoriert. Die große Stimmung in dem großen Weltdrama muß leiden, wenn die Mißstimmung im Volke über diese Zustände nicht beseitigt wird. Die Entgleisung des Landwirtschaftsministers i preußischen Abgeordnetenhause ist im höchsten Grade 7 bedauern; er sagte: Der militärische Absolutismus habe Deutschland un Preußen groß gemacht. (Lebhafte Zustimmung rechts!) Das sagte er in demselben Augenblicke, als der größte Absolutismus, den je die Welt gesehen hat, wie ein Kartenhaus zusammenbrach. Nicht Absolutismus, sondern die Volkskraft hat Preußen und Deutschlan erettet. Wie muß es im Auslande wirken, wenn eine große Hens ie Ausführungen des Landwirtschaftsministers noch mit ihrem Berfalz unterstreicht. Wenn ein preußischer Minister dem Feinde selbft dit Waffen in die Hand gibt, so kann dagegen nicht scharf genug protestien werden. Der Reichstanzler soll te br ns0⸗ zu einer größeren Vorsicht ermahnen. Die Elsat⸗Lothringer sollen wissen, daß w. ihre Rechte beschützen wollen. Das Volk ist durchaus gut deutse es muß alles geschehen, sein Vertrauen zum deutschen Weßen su stärken. Der große Krieg darf nicht mit einer Art Reichshamd beputationsschluß enden. Das deutsche Volk fühlt von Tag zu Te mehr die verschiedene Temperatur in der Prinz Albrechtstraße un am Königsplatz. Dies macht es krank. Unsere Krioger in den Schützengraben fragen sich, wie es mit der Zukunft Deutschlande werden soll. Wir haben restloses Vertrauen zu unserem herrliche deutschen Volte. Das neue Deutschland wird ganm
us aussehen, als die früheren Pächter des Patriotismus es sich ein . Tn müssen ein freieres und machtigeres Deutschlang haben, hat der Reichskanzler gesagt; Line kleine machtige Partei wil sich 275 Freibeit entgegenstellen. Für die Freihent zu sorgen, un die beilige Pflicht der Führer des deutschen Volkes und dei deutschet Volksverkrelung, Wir müssen das deutsche Haus wohnlich machen.
lmeutrale Macht mehr Herr im eigenen Hause.
ne Bewegung
zbaft zu leben. 8 aber, wenn wir a em Munde des Kollegen Noske hören mußten, daß die militärische
berttsche Volksheer hat die Freiheitskriege gewonnen.
Am deutschen Wesen soll die Welt Schicksal. Abg.
enesen. D ““ Beifall links.) genesen. Das walte ein gütiges
Dr. Stresemann inl.): Nachdem wir zum letzten P uns hier über auswärtige Politik ausgesprochen baben, Un cee enche eingetreten, die Kine weltpolitische Hochspannung erzeugten. Wer nalte bestreiten, daß wir auf militärischem Gebiete heute zu Wasser und zu Lande dem Feinde das Gebot des Handelns vorschreiben. Per onföngliche Jubel über unseren shretegischen Rückzug im Westen ist der Unruhe und Besorgnis bei unseren Gegnern gewichen. Der große Meister der deutschen Feldherrnkunst wählt sich selber das Schlachtfeld aus. Den großen Entscheidungen, die sich vorbereiten sehen wir mit dem sichersten Gefühle entgegen, weil Deutschland in dem Namen Hindenburg ; (Lebhafter Beifall.) Die Ausführungen des Etaatssekretärs Capelle über die Wirkungen des U⸗Bootkrieges haben wir mit großer Genugtuung aufgenommen. Die versenkten 800 000 Schiffstonnen bedeuten für England bei längerer Fortdauer des Krieges den Verlust seiner ganzen für Handelszwecke überhaupt ver⸗ fügbaren Flotte. Daß die prozentualen Verlustzahlen zurückgehen an denen die neutrale Schiffahrt beteiligt ist, auch das ist eine mittel⸗ bare Wirkung des U⸗Bootkrieges. Es wird auf den Hochstraßen des Welthandels von Monat zu Monat einsamer. Auch die Einfuhr Englands ist in dem ersten Monat des uneingeschränkten U⸗Boot⸗ krieges um 40 % zurückgegangen. Der leitende Staatsmann Eng⸗ (lands mußte selbst anerkennen, daß die Vorräte Englands katastrophal lin Schwinden begriffen sind. Größer als Deutschland ist das von uns sofkupierte Gebiet. Der englische Traum eines Angriffs auf Ham⸗ bburg und Kiel ist ein Traum geblieben, und deutsche Seestreitkräfte eerscheinen an den Küsten Englands und deutsche Luftschiffe über Eng⸗ lands Städten. Gerade als wir den Schöpfer unserer Luftwaffe zu Grabe trugen, standen wieder einmal deutsche Luftschiffe über London, Der Waffe des Grafen Zeppelin verdanken wir es, daß der Wahn der Unangreifbarkeit Englands zerstört ist. Wir werden dem Grafen lals einem der Großen aller Zeiten über das Grab hinaus die Treue halten. (Lebhafter Beifall.) Durch den uneingeschränkten U⸗Boot⸗ kfrieg ist eine schwierige Lage für die neutralen Mächte geschaffen worden. Aber wir müssen uns auch darüber klar sein, 8 diese schwierige Lage nicht durch uns veranlaßt worden ist. Wir wären zur Anwendung des U⸗Bootkrieges vielleicht nicht genötigt gewesen, wenn die Neutralen durch ihren Zusammenschluß die völkerrechtswidrigen Handlungen Englands schon vorher zurückgewiesen hätten. Sie haben aber von England alles schweigend erduldet. Heute ist keine einzige 9. Zu Beginn des Krieges erfuhr unser Bundesgenosse Oesterreich⸗Ungarn die heftigsten Angriffe deshalb, weil er angesichts der Bluttat von Serajewo ver⸗ angte, bei dem Gericht, das über diesen Fall zu urteilen haben sollte, durch eigene Beauftragte mitzuwirken. Damals war in den Aus⸗ assungen der Entente zu lesen, daß ein Staat, der noch einiges Gefühl für die eigene Selbständigkeit und Achtung hätte, niemals einem anderen die Möglichkeit geben würde, so in sein Hoheitsrecht einzu⸗ greifen, Jetzt sehen wir Englands Zollkontrolleure, englische Post⸗ sensur und lUleberwachungsstellen in allen Ländern. Allerdings geht s den Verbündeten Englands nicht besser. 2 .¼½ Jahre hindurch haben ie Neutralen alle englischen Uebergriffe ertragen. Jetzt dürfen sie nicht für sich beanspruchen, daß wir unsererseits davor zurückschrecken ollen, eine Waffe zu gebrauchen, auch wenn sie für die Neutralen eine chwierige Lage bringt. Die Neutralen sollen aber nicht vergessen, aß, je mehr feindliche Schiffe wir versenken, umsomehr der Lert der neutralen⸗Schiffe steigt. Unser uneingeschränkter Bootkrieg ist ein Mittel zur Erzwingung des Friedens. Nicht jedes kleine neutrale Land hatte gegen Englands Seetyrannei uftreten können. Aber die Vereinigten Staaten von Amerika hätten azu Gelegenheit gehabt. (Sehr richtig!) Wenn ein solches Welt⸗ eich sich auch auf den Standpunkt gestellt hätte, daß die Munitions⸗ sieferung völkerrechtsmäßig erträglich gewesen ist, wenn es aber seine kieferung davon abhängig gemacht hätte, seine Schiffe, wie nach ondon, auch nach Hamburg und Bremen senden zu können, dann wäre ie Freiheit der Meere gesichert gewesen. Wir wollen den Krieg mit en Vereinigten Staaten nicht, Aber wir fürchten ihn auch nicht. sch bin fest überzeugt, daß eine Kriegserklärung der Vereinigten taaten gegen uns nur möglich ist durch Irreleitung der öffentlichen Leinung der Vereinigten Staaten. Amerika hat keine Veran⸗
ühssung, uns niederzuzwingen. Die Irreführung war nur möglich,
eil man drüben sich von unseren Verhältnissen ein Zerrbild entwarf. ieses Zerrbild Deutschlands wurde manchmal unterstützt durch falsche
nwendung von Schlagwörtern bei uns, wie von Absolutismus und
Nilitarismus. So wird in Rußland jetzt behauptet und gefragt, ob utschland wohl das Schwert ziehen wird im Interesse des Zaren
ünd des russischen Absolutismus. Es ist unsere eigene Schuld, wenn
der Welt solche Zerrbilder entstehen konnten. Manche Erschei⸗
lungen bei uns im Innern haben solche erzeugt. Dann waren wir ber auch nicht großzügig genug, um genügende Mittel bereitzustellen,
m der Propaganda eines Reuterschen Bureaus eine deutsche Propa⸗ anda gegenüberzustellen. Bei unseren leitenden Stellen war auch icht das genügchde Verständnis dafür vorhanden, die öffentliche Mei⸗ ung der Völker als Machtfaktor einzustellen. Nur durch solche Unter⸗ ssungssfünden war es möglich, gegen uns die Welt in Waffen zu
zafen. Wie jetzt Amerika, wird auch China gezwungen, denselben Weg
u gehen. England zündet einen Weltbrand an, um sein eigenes Haus 1 8 Wir hoffen, daß bald die Flammen über dem Hause des Brandstifters zusammenschlagen werden. Wir wären dankbar, vom staatssekretär zu erfahren, ob nach dem Abbruch der Beziehungen zu FChina die alten Verträge in Geltung bleiben, oder ob auch dort ein roßer wirtschaftlicher Kampf beginnt. Ob in Rußland Englands and mit im Spiele ist, können wir heute nicht mit Sicherheit fest⸗ ellen. Aber eins können wir feststellen: ein enttronter Zar und vier
önige im Exil. Das sind bisher die Folgen monarchischer Bündnisse
ait England. Wer sich mit England verbündet, der stirbt daran. Pielleicht wird man sich das auch einmal in Rom überlegen. Wir önnen gegenwärtig den Umfang der russischen Umwälzung noch nicht bersehen. Die Nichtwiederkehr der zarischen Autokratie scheint
doch Tatsache zu sein. Es braucht wohl nicht erst gesagt zu werden,
aß es in Deutschland niemand gibt, der irgendeine Sympathie für en Zaren Nikolaus II. gehabt hat. Wie kann man überhaupt zuf den Gedanken kommen, daß sich irgendwo in Deutschland regt, dem Zaren zu Hilfe kommen zu wollen. dem Zaren, der unserem Dazwischentreten im Japanischen Kriege erdankte, daß das Schlimmste von Rußland abgewendet wurde und ins seinen Dank abstattete durch die Mobilmachung 1914, diesem aren sollten wir zu Hilfe kommen? Im deutschen Volke aber ist or dem Kriege und während des Krieges gegenüber dem russischen olke nie das Gefühl des Hasses lebendig gewesen, wie wir diesen rieg überhaupt nicht führen gegen andere Völker. Wir haben as dringende Interesse, nach dem Friedensschluß so bald als mög⸗ ich wieder mit den bisherigen Gegnern in Frieden und Freund⸗ Für tief bedauerlich halte ich aber, wenn wir aus
densur darauf ausgeht, Veroffentlichungen, welche für eine Been⸗ gung des Krieges Stimmung machen, unmöglich zu machen. Es t unerträglich, sich vorzustellen, daß ein solches Hineinfuschen in asere auswärtige Politik stattfindet. (Zustimmung links.) Ruß⸗ nd selbst hat den Standpunkt, in deutsche Verhältnisse nicht ein⸗ igreifen, nicht immer geteilt, davon zeugt die Geschichte. Kämpfe in die Verfassung setzten auch in Deutschland ein um die Zeit der reibeitskriege. Der preußische König versprach seinem Volke eine erfassung, und der Einfluß Rußlands hat sie hintertrieben. Manche terkeit wäre uns erspart gehlieben, wenn die russische Regierung amals nicht geglaubt hätts, die preußische Reaktion stützen zu üssen. Nicht der preußische Militarismus, sondern das Scharn⸗ Scharnhorst
1 di 9. vielleicht militärt⸗ AX Alucigses zu nennen sind. „5. err vom Stein war Szes den pretßischen Partikularsémus überwand, der nur in Vater⸗ ind kannte, das Deutschland hieß. Und welche Sprache hahen nach en Freiheitskricgeh, als die versprvchene Verfassung nickt kam, meisenau und Fichte geführt? Eine Brücke zu unseren modemen
de aufgeräumt mit d
“ 2 8
Empfindungen läßt sich nicht schlagen von den Reden der Herren von Kleist, Graf Roon und Graf Perc⸗ Seinen Königen verdankt Hreußen außerordentlich viel. Aber die Zeiten Friedrichs des Großen ind nicht mehr. Heute kann der Monarch nicht mehr in dem Maße Ir Führer des ücsctf. sein, wie es damals möglich war. eute ist vieles, was man Kommandogewalt des Kaisers nennt, eine loße Formel geworden. Dieses alte Preußen ist eben nicht mehr, nicht wirtschaftlich und nicht politisch. Das preußische Herrenhaus entsprach schon, als es gebildet wurde, dem Geiste, der in Preußen damals herrschte. Lange vor den Liberalen hat ein Bismarck es ver⸗ urteilt. „Hände weg vom alten Preußen!“, das heißt doch auch: Hand weg vom Herrenhause! Es ist nicht erträglich, wenn im Herren⸗ hause ein Mitglied, unbekümmert um alle Fensterscheiben, die er einschlägt, von einer Reform des Reichstagswahlrechts in seinem Sinne spricht, daß das deutsche Volk einen besseren Reichstag ver⸗ dient hätte, daß ein Reichsoberhaus gebildet werden müßte, über dem Reichstage. Ein sehr gefährliches Wort ist das Wort vom militärischen Absolutismus. Was wir unter dem Belagerungszustand erlebt haben, ist unerträglich und kann gar nicht weiter er⸗ duldet werden. Die Einzelheiten, die wir darüber erfahren haben, haben uns das Blut in den Adern erstarren gemacht darüber, wie wenig die magna charta der persönlichen Frei⸗ heit bei den militärischen Machthabern gewährleistet ist. Den Schutz der persönlichen Freiheit gegen Willkür predigen uns die Verhältnisse heute täglich. Das Volk liebt das Heer und vergöttert seine Heerführer, aber es will nichts wissen, von dem Militärab⸗ solutismus, dessen Ausschreitungen es seit 3 Jahren sieht. Auch ich bedauere es, daß der Landwirtschaftsminister sich an dem Reichstag gerieben hat. Er verwechselt den Deutschen Reichstag mit dem Abg. Scheidemann; aber handelte es sich um den Deutschen Reichs⸗ tag, so wären seine wegwerfenden Bemerkungen über den Reichstag umso verwerflicher. Wir danken dem Reichskanzler für seine Ver⸗ teidigung des Reichstages. Wenn irgend etwas gefestigt aus diesem Kriege hervorgeht, dann ist es der Deutsche Reichsgedanke. Dieses große einige Reich hat den Sturm gegen seine Finanzen und auf dem Weltmarkt bestanden. Wir freuen uns der Entscheidung in der Kanalfrage und der Eisenbahnfrage. Damit wollen wir nicht ver⸗ kennen, daß unsere bundesstaatliche Verfassung auch für uns dasjenige ist, auf dem das ganze Verfassungswesen beruht. Erst aber kommt das Reich und die Sicherung des Reiches. Die neue Zeit fordert ein neues Recht. Wir freuen uns der Aeußerungen des Reichskanzlers im preußischen Abgeordnetenhause, aber wir meinen, daß man mit der Reform nicht zu warten braucht bis zur Beendigung des Krieges. (Beifall.) Wenn wir früher anderer Meinung waren, so geschah dies, weil wir das Ende des Krieges näher glaubten, Wir stehen vor der Tatsache, daß wir Opfer verlangen müssen, die man früher für unerträglich gehalten hat. Deshalb ist es die Auffassung meinen Fraktion, daß die Zeit gekommen ist, um mit der Neuordnung in Deutschland und in den Einzelstaaten zu beginnen. (Beifall b. d. Soz. und links.) Der Reichskanzler hat ja auch seine frühere Meinung geändert, wie die gestrige Erklärung des Ministers von Breitenbach im preußischen Abgeordnetenhause beweist. Es ist nicht einzusehen, warum die Reform nur in bezug auf das Enteignungsrecht gegenüber den Polen gemacht werden soll und nicht auch in bezug auf das Wahlrecht. Wir betrachten es als Pflicht und Aufgabe des Parlaments, die großen Sthats⸗ und verfassungsrechtlichen Fragen schon jetzt zu behandeln. Dazu gehört auch eine Aenderung der Wahlkreise und die Verhältnis⸗ wahl im Reiche, aber nicht in dem Sinne, daß das ganze Reich ein einziger Wahlkreis ist, sondern daß die Provinzen ein solcher Wahl⸗ kreis sind. Weiter denken wir an die Schaffung von Reichsministerien. Wir haben niemals das parlamentarische System zu einer Parteifrage gemacht. Wir sollten aber den Weltkrieg benutzen zu einer Ueber⸗ prüfung unseres Regierungssystems. Haben wir ein Recht, auf die demokratisch regierten Länder herabzusehen? Im Herrenhause klang ein Entsetzen heraus über das Wort „Demokratie“ usw. Ist das eine Advokatenregierung? Wäre dies System so falsch, dann sollte Frankreich längst untergegangen sein, und wir hätten nicht so stark zu ringen mit England. (Zustimmung.) Wir haben es erlebt, daß diese Lemokratie das parlamentarische System, einen inneren Zu⸗ sammenhang zwischen Volk, Regierung und Staat schafft, daß die politischen Amateure, die aus dem Parlament hervorgegangen waren, nuseren zünftlerischen Diplomaten nicht nachstanden. (Zustimmung links.) Deutschland hat in den letzten Jahrzehnten eine große wirt⸗ chaftliche Entwicklung durchgemacht. Unsere Technik, Chemie, auch Landwirtschaft hat Persönlichkeiten genug, und trotzdem sehen wir, daß die politischen Vorteile auf der Seite unserer Gegner bestehen, daß sie uns einzukreisen verstehen. Es muß irgendwo bei uns ein politischer Systemfehler vorliegen, und man darf nicht sagen: Hand weg von dem alten Preußen. Es fehlt bei uns Verständnis für die Scelen⸗ stimmung bei anderen Völkern und bei uns. Das Fideikommißgesetz soll juristisch ein Meisterwerk sein, aber politisch ist es das Unsinnigste, was man sich nur denken kann. (Sehr richtig! links.) Kein Monarch ist stärker nach außen, als der darauf hinweisen kann, daß hinter ihm und den Ministern das Volk steht. Daß Deutschland für eine veitere Entwicklung nicht reif fei, wird niemand behaupten können nach den Erfahrungen dieses Krieges. Wir haben manchmal Un⸗ erträgliches ertragen, weil in uns der Staatsgedanke lebendig war. Weil die Regierung nicht die Initiative ergriff, so haben wir es getan und die Niedersetzung einer Verfassungskommission beantragt. Das preußische Wahlrecht ist eine deutsche Frage, es kann nicht ledig⸗ lich unter preußischen Gesichtspunkten bewertet werden. (Lebhafter Beifall links.) Das ist nichts Niederdrückendes für Preußen. Preußen ist der größte deutsche Staat, der Kern Deutschlands, und sein Schicksa zittert nach bei allen deutschen Fragen. Daß die Stellung der Sozial⸗ demokratie zum Staatsgedanken vollig davon abhängt, wie die Dinge in Preußen laufen, dafür muß auch der Blindeste ein Verständnis haben. (Erneute Zustimmung links.) Es ist die eminenteste Frage unserer deutschen inneren Politik. Es ist dringend zu wünschen, daß der preußische Ministerpräsident diese Wahlreform sobald wie mög⸗ lich in die Wege leitet. (Zuruf bei den Sozialdempkraten: Morgen!) Er sollte selbst kühn die Initiative ergreifen und sich nicht erst drängen lassen. Die nationalliberale Partei erwartet von einer solchen Reform eine Besserung im Innern. Wir sehen mne Neuordnung der Dinge in der Gleichberechtigung aller Parteien in Staat und Verwaltung. Wir bedauern, daß bei der Besetzung der Stellen in den Okkupations⸗ gebieten das alte System angewandt wird. Es muß mit dem Stand⸗ punkt gebrochen werden, daß ein Sozialdemekrat nichi Mitglied eines Reichsamts sein darf. In dem Augenblicke, wo diese AKitarbeit ge⸗ sichert ist, werden wir nach dem Kriege die streitigen Poobieme viel leichter lösen können. Volle Gleichberechtigung zwischen Katholiken und Protestanten verlangen auch wir; aber dieser Wuzesch nunß auch auf die Dissidenten und die dissidentischen Offiziere ausgedehnk wer⸗ den. Wer an seinem Dissidententum festhält, steht mir sittlich höober als derxijenige, der aus äußeren Gründen an dem Kirchentum festhalt. Der Reichskanzler hat sein Wehe ausgesprochen über den Staatsmann, der die Zeichen der Zeit nicht versteht. Wir Nationalliberale haben an allen Verwaltungsreformen mitgewirkt. Wir schämen uns nicht des Umlernens und des Bekenntnisses dazu. Weiterführung der Soztal⸗ politik und Beseitigung der letzten Schranken der freien Entwicklung der Arbeiterorganisationen halten wir für Früchte der Erfahrung dieses Weltkrieges. Fällt das Jesuitengesetz, so werden wir uns für seine Aufrechterhaltung nicht einsetzen; ebensowenig für das polnische Enteignungsgesetz. Das natürliche Gefühl der deutschen Massen muß eine Macht im Staate, muß auch eine Macht in der Hand des Staates werden; das ist aber nur möglich, wenn Regierung, Volksvertretung und Volk ein einheitliches Ganze bilden. (Beifall Kanks.) Abg. Graf Westarp (dkons.): Nach den 32 Monaten des Welt⸗ wo die ganze Kraft angespannt ist auf die endliche Entschei⸗ dung, treten die Fragen der weitsgen inneren dHoljtischen Entwicklung doch etwas in den Hintergrund. Wir haben auch Zweitel und Besorg⸗ nisse, ob die eingehende Hefchäft en mit diesen Problemen dem Nutzen des Landes immer dienlich ist. Nicht im Partelinteresse haben
wir diese Heeiseg denn unsere Grundauffassungen h durch den jehigen Krieg ihre völlige Beätiaung b Lachen und Wider⸗
spruch links); aber wir zweifeln, ob nicht diese Erörterungen zu Zer⸗ splitterungen führen können der Kräfte, die doch einheitlich zusammen⸗
ffaßt werden müssen. Und ob nicht unsere Feinde daraus doch der Finbruc gewinnen, daß in der Bekundung der Unzufriedenbeit mik unseren Einrichtungen ein Eingeständnis unserer Schwäche les. das ihren Kriegsmut erhöht. Darum hahen wir heute nicht Anl uns mit ihnen über die Rede des Reichstanzlers vom 14. März aus⸗ einanderzusetzen; wir halten es für die größere vaterländi sche pflicht, uns der größten Zurückhaltung zu befleißiger. Im Vordergrunde des S steht doch nun einmal die Frage des preußischen Wahlrechts und der Umgestaltung des preußischen Landkags. Das ist aber eine innere preußische Angelegenheit, deren Erörterung im Reichstage nicht nützlich ist. Wir können es nicht ver⸗ hindern, das tut uns leid. Wenn hier im Reichstage, wie es stets mit Preußen geschieht, dauernd Kritik doch auch geübt würde mit baye⸗ rischen, württembergischen, hessischen Verhältnissen, wie würden sich die anderen Staaten das verbitten. Wir Norddeutsche huldigen einer milderen Auffassung (Große Heiterkeit); aber ich lehne ent⸗ schieden ab, daß der Reichstag zuständig sei, in diese inneren preußischen Verhältnisse hineinzureden. Der Reichskanzler hat am 14. März im Abgeordnetenhause und gestekn sein Vertreter im Herrenhause über⸗ einstimmend ausgesprochen, daß sie nicht beabsichtigen, wahrend des Krieges an diese Reform heranzutreten. Mit dieser Absicht sind wir durchaus einverstanden (Bewegung und Heiterkeit links), weil die Neuregelung dieser Fragen tatsächlich zu einer Zersplitterung der Kräfte führen würde, die einheitlich für das große vaterlandische Ziel ungestört angespannt werden müssen. Das Voranschreiten des wirt⸗ schaftlichen Lebens während des Krieges ist doch im Grunde genommen ein Erzeugnis der Not des Krieges, eine Entwicklung, deren lang⸗ samerer Gang sicher bessere Ergebnisse gehabt haben würde. Aus diesem Umstande kann man höchstens eine vor neuer Ueberstürzung entnehmen. Wenn es also bei dieser Erklarung bliebe, dann hat es auch wenig Zweck, die Dinge jetzt zu erörtern. Wir haben es immer wieder erlebt, wie die Beschäftigung mit Fragen, die noch nicht zur Entscheidung stehen, immer wieder dahin führt, aneinander vorbei⸗ zureden und sich gegenseitig festzureden. Kommt die Frage zur Ent⸗ scheidung durch eine Vorlage in Preußen, dann werden wir dazu Stellung nehmen, unabhängig, selbständig, nach unserer pflichtmäßigen Ueberzeugung. Den Herren, die heute Angriffe des Herrenhauses gegen den Reichstag zurückweisen zu müssen glauben, spreche ich das Recht dazu nicht ab; aber es darf nicht vergessen werden, daß die Männer, die dort gesprochen haben, bewährte Männer mit tadelloser Vergangen⸗ heit gewesen sind. (Große Unruhe links.) Sie haben gewarnt vor einer Politik des Reichstags, von der sie eine demokratisierende Ein⸗ wirkung und damit eine Schädigung der vaterländischen Inkteressent befürchten. Auch soll man nicht aus diesen Reden Angriffe gezen die ganze politische Institution herleiten. Jene Manner müssen die Ge⸗ legenheit haben, als Träger der staatlichen Ueberlieferung ein ge⸗ wichtiges Wort mitzusprechen. Treitschke hat bei späteren Gelegen⸗ heiten sich höchst anerkennend über das Herrenhaus agusgesprochen und seine Haltung in der Konfliktszeit gerühmt. Entschiedenen Einspruch muß ich erheben gegen das Märchen, das Herr Müller⸗Meiningen wieder vorbrachte, als wenn unsere Stellungnahme zum Unterseeboot⸗ krieg diktiert gewesen sei von innerpolitischer Gegnerschaft gegen den Reichskanzler. Dieser Vorwurf ist so verletzend, daß er uns in be⸗ rechtigte Erregung versetzen mußte. Ich möchte fragen: Wozu der Lärn, was steht den Herren zu Diensten? (Große Heiterkeit.) Auch wir wissen, daß neue Aufgaben gewaltiger Art nach dem Kriege an uns herantreten müssen. Das preußische Wahlrecht. .(Abg. Keil: Das idealste) Ach Gott, die alte Geschichte! (Große Heiterkeit links) Von konsewativer Seite ist darauf hingewiesen worden, daß auch nach ihrer Auffassung das preußische Wahlrecht reformbedürftig ist. Die Konserwativen haben sich bereit erklärt, an einer solchen Reform falls sie kommt, mitzuarbeiten. Ich will jedoch nicht bestreiten, daß es gewisse Grundanschauungen und Grundauffassungen gibt, die mir auch in der kommenden Zeit nicht verlassen werden. An gewissen staatlichen Einrichtungen werden wir mit aller Entschiedenheit fest⸗ halten. Wir meinen, daß man an der Vergangenheit anzuknüpfen hat. Aus den Reden des Herrn Müller⸗Meiningen und auch aus anderen Aeußerungen koönnte man zu der Meinung kommen, daß bei ums glles morsch und erneuerungsbedürftig wäre. Das bestreite ich entschichen. Ich erkenne mit Befriedigung an, daß heute nicht der Ton erklang, der aus manchen Aeußerungen des „Vorwärts“ heraushallte, als wenn ein Vergleich mit Rußland in dieser Beziehung überhaupt densbar wäre. Viele sind der Ansicht, daß, nachdem auch Rußland in die Reihe der demokratisch regierten Staaten eingetreten ist, nun auch Deutschland dem Beispiel solgen müsse. Gegen einen Verngleich unseres Landes mit den Gewohnheiten der Länder unserer Feinde sprechen alle Argumente. Nach Herrn Stresemann müßte der Ge⸗ danke nahelzegen, ob wir nicht unser Regierungssystem nach vem Eng⸗ lands und Frankreichs umformen sollen. Er leitete die Grunde aus den Mißerfolgen unserer auswartigen Politik hewor. Ich glaube, er hat ihre Ursachen nicht voll gavürdigt. Seit dem Jahre 70771 stehen wir in der Reihe der Weltmächte. Wir mußten uns gegen eine Welt von Feinden voll Mißgunst und Erfersucht erst den Boden erwerben. Dieser Krieg hat uns gezeigt, daß das deutsche Bolk gegen eine ganze Welt von Feinden, gegen eine acht bis neunfachg Uebermacht sein Dasein behaupten kann. Es kann es tun, trotz ber Ungunst seiner ungeschützten Flanken, seiner geographischen Lage zur See und trotz der Uebermacht der Weltflotte Englands. Tratz der Absperrung durch England hat sich das deutsche Volk und das deutsche Heer gegen diese Welt von Feinden erhalten und den Krieg im Feindesland getragen. Wir haben eine Hingabe und Opferwilligkert erlebt, für die es kein Gleichnis gibt. (Sehr richtig!) Wir hbahem die Zuversicht, daß dieses ungeheure Rüngen von einem dollen und endgultigen Siege über unsere Feinde gekrönt sein wird. Deutsch⸗ land hat seine Ueberlegenbeit gezeigt über jeden einzelnen seiner Feinde. (Lebhafter Beifall.) Das beweist aber, daß die Grundlage unseres Staatswesens nicht so ungesund gewesen sein kann, wie es den Anschein haben konnte. Es war so gesund und so gerignet. die volle Kraft unseres Volkes zur Geltung zu kringen. Die Staatsform, die wir hatten, und mit der wir im den Krieg eintraten, hat sich überlegen gazeigt. Die konstitutionelle und starke Monarchie, in der wir lehen. die ist es gewesen, der wir unseren Erfolg zu verdanken haben. Deshalb ist für uns der Krieg ein Anlsß, festzuhalten an einer starken, lebensfähigen Monarchie, nicht im Sinne eines Dekorationsstückes, sondern eines Königtums von Fleisch und Blut (Stürmischer Bei⸗ fall), der die Geschicke des Volkes führend und leitend bestummt. Dan Monarchie stand und steht zur Seite die volle begeisterte Mitarbeit des ganzen Volkes, und auch darauf legen wir entscheidenden Wert. Nirgends ist die Selbstverwaltung des Volkes so stark ausgetAdet als in Preußen (Lebhafter Widerspruch links und b. d. Soß.). Sie wissen wohl nicht, was in Preußen in Gemeinden, Kreisen und Prm⸗ vinzen geleistet wird und mit welcher Sorgfalt gerade in Praucham eine unparteiische Verwaltungsrechtsprechung waltet. Da halzun ain die Möglichkeit zur Durchführung der verantwortungsvollen Mit⸗ arbeit der öffentlich⸗rechtlichen Körperschaften, die der Reichs⸗ kanzler in den Vordergtund gestellt hat. Es ist umriechtteg⸗ daß nicht auch wir an der Ausübung der parlamentarzschen Rechte mitarbeiten wollen. An der Gesatzgebunn und der Kontralle der Rechnungslegung beteiligen auch wir uns. Was wir nicht ppaliem. ist ein Kampf an der Erweiterung der Rechte; wir wellen icht dasß der Monarch durch das Parlament ausgeschaltet wirde Dan Abhze⸗ ordnete Müller⸗Meiningen hat darauf hengewiesen, daß meina polt⸗ tischen Freunde und ich pon dem Tadel des Grafen Poerck nicht und⸗ berührt gehlieben sind. An dem Prinzip der Treunung dan Wemak⸗ tung und Gesetzgebung wollen wir unter keinen Umständen rütteln lassen, darin sind wir mit den Ausführung venhausat ein⸗ verstanden. Auch die Seidständigkeit und Siganar xeispaaten dat sich in dissem Kriege Fabrt. Des Linselsdh⸗ . ve ehe nni ⸗ mus wir weiter pflegen. Ist dem Preußen auf irgerdeinem
88
bahnen? Haben sie nickt ded “ “