1917 / 77 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 30 Mar 1917 18:00:01 GMT) scan diff

keisen dieses Winter? überwunden?. Der hebe Stand Bildung unseres Volkes⸗ und Hceres hat uns in den Stand gesetzt, dem Trom⸗ melfruer einer ganzen Welt standzuhalten. Wo dcnr riese Bildung? Deoch in den Einzelstaaten! Auch das Verwaltungsbcamtentum hat unter den schwierigsten Nerbältnissen seine Pflicht vollauf erfüllt. Darum weise ich es zurück, daß Preußen erst vom Reiche in Ver⸗ waltung genommen werden müsse, um es zu dein zu machen, was es sein soll. Nun zum Militarismus. Wenn der Abg. Eller Meinznarn damit, den Zabernfall in Verbindung gebracht hat, so kann ich . danmn nicht folgen. Er hat den Umstand vergessen, daß damals das Militär heftig angegriffen wurde. Es handelte sich keineswegs da⸗ maälg um barmlose Ausschreitungen eines übermütigen Pöbels, wie die Erfahtung des Krieges gezeigt hat. (Sehl richtig.) Das Wort militärischer Ablolutismus wird auch in der Folge eine Rolle piulen. Herr Stresemann erinnerte an Scharnhorst. Für so be⸗ ränkt und töricht brauchen Sie uns nicht zu halten, daß wir icht votles Verftändnis hätten für die Ertwicklung zum Volks⸗ Leere. Das Volksheer muß fest in der Hand des Koisers als seines Oberbefeblshabers bleiben, daß er darüber selbständig verfügen kann. Wir wollen kein Parlamentsheer. Herr Noske meinte, unsere Unfreiheit habe uns um die Shmpathien der Feinde gebracht. Nach meiner Auf⸗ Fn liegt ein großes Maß der Schuld dei unserer Demwwkratie, der czialbemokratie und einem großen Teil der bürgerlichen Demokratie. Alle Klagen und Beschwerden über unsere angebliche Unfreibeit haben uns im Auslande in Mißkredit gebracht. Unsere Feinde haben ge⸗ sagt, sis wollten uns nicht vernichten. Nun, wir wissen, was sie wollen: sie wollen hem deutschen Volke das Rückgrat brechen, polttisch und wirtschaftlich. Vergegenm ärtigt man sich das Ziel, so erhalten die Aeußerungen unserer Feinde ein anderes Gesicht. Wenn man von der milftärischen Vorberrschaft Preußens usw. spricht, so ist es ein Bemris, daß in diesen Dingen die Kraft Deutsch lands liegt. Für mich ist sie ein Ansporn, sie zu ve rteidigen. (Beifall rechts.) General von Kleist. hat ganz recht, daß die Soldaten im Schützen⸗ raben an andere Dinge denken, als an das preußische Wahlrecht. das letzte Utteil uübet all diese Pinge werden wir erft erfahren, wenn der Krieg zu Ende ist. Jedensalls dürfen die demokratischen nicht das hinwegschwemmen, was wir für die Grundlage des und des Reiches halten. und nach unten. Was die Resolutionen betrifft, so will ich über den Antrag Bernstein kein Wort verlieren. Von einer Kommissions⸗ beratung des fortschrittlichen Antrages wegen der Gestaltung des Wablrechts in den Einzelstaaten versprec chen wir uns nichts. Was soll überhaupt eine solche Kommission? Der Zweck der Einsetzung einer Kommission wäre nur darin zu sehen, daß sie eine generelle Nach⸗ prüfung vornehmen sollen, wie unseore verfassungsrechtlichen Unter⸗ lagen von Grund aus umgestaltet werden sollen. Ist das richtig, so könnten wir einer solchen Kommission nicht zustimmen. Auf dem Gebiete der auswärtigen Politik glaube ich mir große Zurückhaltung auferlegen zu sollen denn ich meine, daß viele dieser Fragen zur vffentlichen Besprechung nicht gecignet sind. Herr Noske ist dem Beispiel des Berichterstatters nicht gefolgt, sondern hat eine scharfe Kritik an unserer Politik gegenüber Nordamerika geübt. Nach unserer Auffassung war es zu billigen, daß der Staatssekretär des Auswärtigen Amts sich nach Hundesgenofsen umgeseben hat. Amerita hat jeden⸗ falls den ganzen Ernst der Situation erkannt. Hinsichtlich der Re⸗ volution in Rußland wir der Meinung, daß wir einem Ereignis gegenüderstehen, dessen Tragweite heute noch nicht zu übersehen ist.

². Staates

Auch der schärfste des Zarismus wird sich nicht der Tragik

entziehen konnen, die den Zaren und seine Familie betrofsen bat. Unwillkürlich kommt einem, gleichviel, ob man an den Zaren oder an den König von Belgien denkt, die Erinnerung an das Wort, „wer von dem Engländer ißt, der stirbt daran“. Selbstverständlich teilen auch wir den Wunsch, daß möglichst bald ein Friede zustande kommen möge, der es ermöglicht, nach diesem Kriege in Fri leden und Ver⸗ ständigung mit dem neuen russischen Reiche zu leben. lich sein wird, darüber möchte ich keine Vorbersag unserer Auffassung darüber, was zur Sicherung reicht werden muß, ist durch die russische rung eingetreten. Die Entscheidung in Amerika können wir mit aller Rube und Entschlossenbeit abwarten. An der ftrikten Durch⸗ unserer Operationen im Sperrgebiet wird auch durch diese Entscheidung nichts geändert. Wer das Sperrvgebict befährt, tut es

UAs auf eigene Gefahr. Natürlich sucht England die neutrale Schiff⸗ dienstbar zu machen und

fahrt hinzulocken, um sie seiner Schiffahrt uns mit den Neutralen in Konflikt zu brin gen. Es ist das für uns eine sehr unerfreuliche Notwendigkeit, und wir freuen uns der Kon⸗ statierung, 8 der neutrale Schiffsverkehr im Rückgang begriffen ist. Bir haben das volle Vertrauen, daß der U⸗ Bootkrieg England zu dem Frieden zwingen wird, den wir brauchen. Den Rückzug an der Zestgrenze konnte sich ein Führer wie Hindenburg leisten. Auch diese ie wird zat siegreichen Beendigung des Krieges beitragen. In dieser Zuversicht wissen wir uns eins mit dem ganzen Volke. Iet vilt es, den Kampf bis zum Ende siegreich durchzuführen, und wir sind fest entschlossen, dieses Ziel zu erreichen. Ledhafter Bei⸗ er rechts.) RNeichskanzler Dr. von Bethmann Hollweg: 8 Meine Herren! Ich werde aus dem Kr. reise 82 von den Herren Vorrednern behandelten Gegenstände nur ceinzelne herausgreifen Vorweg liegt es mir daran, im Namen der nhehan Regierungen dem Reichstage Dank Zn sagen für die glatte und schnelle Erledigung der Steuervorlagen. Der Reichstag hat sich mit den heute gefaßten Beschlüssen ein neues Ver ienst um unser Land erworben, denn Sie haben ein wesentliches Kriegsmittel wiederum in unsere Hand gelegt, das uns zu der weiteren Zuversicht berechtigt, daß wir den Krieg zu einem glücklichen Ende führen werden

Meine Herren, die weltgeschichtlichen Vorgänge in stehen an der Spitze der Ereignisse. Soweit wir sie zu erkennen ver⸗ mögen, ist Kaiser Nikolaus das O pfet eigener tragischer Schuld ge⸗ worden. Seit alter, langer Zeit ⸗waren Preußen und Rußland durch eine traditionell gewordene Freundschaft verbunden. Aber im russischen Herrscherhause war der letzte Träger der alten guten Beziehungen eigentlich schon mit Alexander II. ins Grab gesunken. Uneingedenk der Bande, die die benachbarten Reiche durch ein Jahrhundert verknüpft hatten, und sineßo denk der Tatsache, daß keine vitalen Interessen⸗ gegensätze beide Länder trennen, glitt der Zar Nikolaus mehr und mehr in das Fahrwasser der Ententepolitik und der panslawistischen Strö⸗ mungen und geriet schließlich in so sta arke Abhängigkeit von der in dem autokratischen Regime herrschenden Kriegspartei, daß er in den Schicksalstagen Juli 1914 den Appell Seiner Majestät des Kaisers an die alte Freundschaft ungehört verhallen ließ.

Eine bei unscten Gegnern von jeher beliebte Legende ist es, daß es die deutsche Regierung gewesen sei, die das reaktionäre vaapene Regime in Mußland gegen jede freiheitliche Regelung unterstützt h Schen vor einem Fahre habe ich hier im Reichstage erklärt, daß 2. eme den Tatsuchen widersprochende Behauptung ist. Als Rußland im Jahre 150 5 nach dem Japanischen Kriege und der darauf folgenden Feeehch. in igenen Lande in schwere Not geraten war, hat Seine Mazestüt der Kalser dem Jaren Nikolaus auf Grund seines persoön⸗ lichen Freunbschaftsverhältnisses dringend geraten, sich den berechtigten Reformmwünschen seinns Volkes nicht länger zu widersctzen. (Hört, börth Also das genane Gegentril vom dem, was auch jetzt wieder in agderer Form zu srhr durchsichtigem Zwecke verbrritet wird. Zar Nikolaus ist andere Wege gegangen, Wege, esse ie rigenrn unstrnecs Landes

wagen. In 1 e —— e er⸗ Revol lution keine Aende⸗

Rußland

noch entsprachen. In

Serbiens Mordanschlag gegen Oesterreich⸗Ungarn gedeckt, im

Wablen

Wir werden es tun, unabhängig nach oben

Ob das mög⸗

richtig! rechts.)

vie weber dem Intet⸗

dinem mit seinem inndren Aukbau beschäftigten Rußland wöte kaum Raum gewesen für die unrubigen Expansionsbestrebungen, die schließlich zu diesem Kriege geführt und das alte Regiment so stark belastet haben, daß es schwer föllt, das natürliche menschliche Mit⸗ gefühl mit dem gestürzten Herrscherhause zu seinem Rechte gelangen zu lassen. (Hört, hört! links.) Wie sich die Dinge jetzt weiter ent⸗ wickeln werden, kann wohl niemand voraussagen. Uns ist die Stellung zu den russischen Vorgängen klar vorgezeichnet: wir werden auch weiter⸗ hin den Grundsatz befolgen, uns in die inneren Verhbältnisse anderer Länder nicht einzumischen. (Lebhaftes Brado links.) Von miß⸗ wel lender Seite wird auch jetzt wieder mit allen erdenklichen Mitteln

n der Welt verbreitet, Deutschland wolle die kaum errungene Freiheit 8 russischen Volkes vernichten, Seine Majestät der Kaiser weolle die Herrschaft des Zaren über die geknechteten Untertanen wieder herstellen. Meine Herren, diese Ausstreuungen sind eitel Lüge und Verleumdung (Bravol und Hört, hört!), was ich hiermit ausdrücklich feststelle. (Hört, hört! links.) Wie sich das rufsische Volk sein Haus einrichtet, ist ausschließlich seine eigene Angelegenheit (Lebhafte Zustimmung linkeh, in die wir uns nicht einmengen. Das einzige, was wir wünschen, ist, daß sich in Rußland Zustände entwickeln möchten, die es zu einem festen und gesicherten Bollwerk des Friedens 8. hen. (Lebhaftes Bravol links.) Trägt die Neuordnung der Dinge dazu bei, die Wiederannäherung der beiden auf gute Nachbarschaft e-n esenen Völker zu erleichtern, so begrüßen wir das mit Freuden. (Bravo!) Wir haben unter den Sünden des alten Rußlands, das Juli 1914 gegen uns mobil gemacht, das im Dezember 1916 als erster unserer Feinde unser Friedensangebot höhnisch abgelehnt hat (Hört, hört! rechts), selbst genug gelitten. (Sehr richtig! links.) Das russische Volk, das diesen Krieg gewiß nicht gewollt hat, kann ohne Sorgen vor irgendwelcher Einmischung von unserer Seite sein. (Lebhafter Beifall.) Wir begehren nichts anderes, als möglichst bald wieder in Frieden mit ihm zu leben (Lebhaftes Bravo! links), in einem Frieden, der auf einer für alle Teile ehrenvollen Grundlage aufgebaut ist. (Lebhaftes Bravo! links.)

Meine Herren, in den nächsten Tagen versammeln sich die Ver⸗ treter des amerikanischen Volkes, die vom Präsidenten Wilson zu einer außerordentlichen Sitzung des Kongresses zusammenberufen sind, um über die Frage von Krieg und Frieden zwischen dem amerikanischen und dem deutschen Volke zu entscheiden. Deutschland hat niemals die geringste Absicht gehabt, Amerika anzugreifen, und hat diese Ad⸗ sicht auch heute nicht. Es hat niemals den Krieg mit Amerika ge⸗ wünscht, wie es das heute tut.

Aber wie ist denn der Hergang gewesen? Wir haben den Ver⸗ einigten mehr als einma 8 xes daß wir auf die unbe⸗ schränkte Anwendung 88 U⸗Bootw 8 Erm wartung verzichteten, daß England dazu gebracht terstacss ee bei seiner Blockadepolitik die Gesetze der Menschlichkeit und die internationalen Abmaächungen zu beobachten. Diese englische Blockadepolitik daran möchte ich ausdrücklich erinnern ist vom Präsidenten Wilson und vom Staats⸗ sekretär Lansing selbst als ungesetzlich und nicht zu verteidigen (Hört, hört! links), als illegal und indefensible bezeichnet worden. (Hört, hört!) Unsere Erwartungen, die wir 8 Monate lang aufrecht erhielten, wurden bekanntlich völlig enttäuscht (Sehr richtig! links), England hat seine ungesetzliche und nicht zu verteidigende Blockadepolitik nicht nur nicht aufgegeben, sondern andauernd verschärft. Es hat in Ge⸗ meinschaft mit seinen Verbündeten unser Friedensangebot hochmütig abgewiesen und Kriegsziele proklamiert, die auf unsere und unserer Verbündeten Vernichtung hinauslaufen. Da haben wir zum unbe⸗ schränkten U⸗Bootkrieg gegriffen und zu ihm S müssen. (Sehr

Sieht das amerikanische Volk hierin einen Grund, dem deulschen Volke, mit dem es über hundert 8 hre in Fieden gelebt hat, den Krieg zu erklären, und will es damit das Blutv gießen verlängern, wir sind es nicht, die die Verantwortung defür tragen. (Sehr richtig!) Das deutsche Volk, das gegenüber Amerik weder Haß noch Feindschaft empfindet, wird auch dies zu vinden wissen. (Lebhafter Beifall.)

und zu überw

Meine Herren, die chinesische Regierung hat ihre Beziehungen zu uns abgebrochen. Der chinesische Gesandte hat seine Pösse ver⸗ langt. Unsere Beziehungen zu China sind stets der freundschaftlichsten Natur gewesen, und wenn diese Beziehunge n jetzt ein Ende gefunden haben, so brauche ich Ihnen nicht zu sagen, daß hier nicht ein freier Entschluß der chinesischen Regierung vorliegt (Sehr richtig!), daß sie unter dem Druck unserer Gegner gehandelt hat. Auch dürften finanzielle Schwierigkeiten dabei eine Rolle gespielt haben, deren China während des Krieges nicht Herr zu werden vermochte. Für unsere Gegner handelt es sich darum, unseren Handel auch in zu zerstören und sich das mühelos anzueignen, was deutsche Tüchtig und deutscher Fleiß in Jahrzehnten dort errichtet hat. Der ausgang wird, wie ich bestimmt hoffe, uns die Möglichkeit bieten, das Zerstörte, und zwar auf Kosten unserer Feinde neu aufzubauen. (Lebhafter Beifall.) Dann werden auch unsere freundschaftlichen Be⸗ ziehungen zu China wieder aufleben, und ich möchte nur der Hoffnung Ausdruck geben, daß China die nötige Widerstandskraft gegen die Habgier und den Eigennutz seiner jetzigen Beschützer bis dahin be⸗ wahren möge. (Beifall.)

Meine Herren, unseren Heeresberichten über die militärische Lage habe ich wenig hinzuzufügen. An unserer Ostfront kommen größere Operationen zurzeit nicht in Frage. Schon die Jahreszeit und die grundlosen Wege würden eine größere Offensive verbieten. An der Westfront verlaufen die ausweichenden Bewegungen plan⸗ mäßig und führen zu einer täglich wachsenden Operationsfreiheit. Das ganze Volk wird dafür unseren Truppen und der genialen Führung des Feldmarschalls Hindenburg und des Generals Ludendorff seinen Dank wissen. (Lebhafter Beifall.) Alle anderen Fronten halten mit unverminderter Zähigkeit. Beweis dafür liefert die maze⸗ donische Front, wo bulgarische und deutsche Truppen sich in der Ab⸗ wehr französischer Angriffe größten Stiles in glänzender Form gezeigt hbaben. (Lebhafter Beifall.) Ueber den U⸗Bootkrieg hat der Herr Staatssekretär des Reichsmarineamtes, soviel ich unterrichtet bin, beute morgen im Hauptausschuß eingehende Ausführungen gemacht. Ie will meinerseits nur hinzufügen, daß der U⸗Bootkrieg sich im

ärz ebenso günstig entwickelt hat wie im Februar. (Tebhafter 2

Meine Herren, alle Herren Vorredner haben den größten Teil ihrer Ausführungen den Fraugen der inneren Politik gewidmet. Ich werde nicht das glriche tun. Ich bin diesen Ausführungen über die

25 ondern

innere Politik mil voller Auf⸗ merksamkeit Fefolgk. Enthieliest s sie b manchen wertvollen und ernsten Gedanken. Und doch, meine Herren, während ich aufmerksam zugehört habe, ist mir immer und immer wieder vor die Seele getreten, daß unsere Krieger draußen in der Schützengräben liegen, daß unsere Unterseeboole täglich mit Todes gefahr durch die See fahren, daß unsere Bevöͤlkerung daheim mancie Entbehrungen, manche Not, manche Leiden zu erdulden hat, daß die Feinde uns von allen Seiten berennen, und der Gedanke ist mir immer und immer wieder lebendig geworden: wofür soll ich arbeiten⸗ Doch einzig und allein dafür, daß der Krieg glücklich zu Ende geht, Meine Herren, ich habe mich über die Fragen der inneren Politik, ich habe mich über den Geist, in dem ich diesen Fragen in Gegenmart Uund in Zukunft gegenübertreten will, offen und ausführlich aun sprochen. Ich will weder wiederholen, was ich gesagt habe, noch paraphrasieren. Meine Herren, zu Anfang des Krieges sind wir ausnahmslos der Ansicht gewesen, daß diejenigen Fragen der innen, Politik, die eine Folge dieses Kriegserlebens sein müssen, für d Friedenszeit aufzuschieben seien. Wir waren der Ansicht, dieser Kri würde nicht so lange Zeit von den Völkern ertragen werden könne Nun ist er unendlich in die Länge gewachsen, und so haben sic auch bei den einzelnen Parteien und auch bei der Regierung dig Anschauungen über die Fragen der inneren Politik und den Zeitpun ihrer Inangriffnahme in einzelnen Punkten unzweifelhaft gewandel Die Herren haben selbst hervorgehoben, daß wir in der Fre age d Polenpolitik nach einer Mitteilung, die gestern die preußische Staat regierung im preußischen Herrenhause gemacht bat, an dem Grun satze, alles bis auf die Friedenszeit hinauszuschieben, nicht mehr ve festhalten können, und so wird es möglich sein, daß auch Fragen, da zu dem Geschäftsbereich des Reichstags gehören, früher erledigt werden, als es uns ursprünglich vorgeschwebt hat. Aber, meine Herren auf der Linken, was Ihnen am nächsten liegt, worum sich fit Sie alles dreht, das ist die Reform des preußischen Wablrechtz (Sehr richtig! links.) Sie verlangen, daß ich diese Reform sofort Angriff nehme. Meine Herren, ich habe im preußischen Abgeordnetenhau vor dem diese Frage seinerzeit zum Austrag zu bringen sein wird, der kurzem die Ueberzeugung ausgesprochen, daß die inneren Kämpfe, welch mit der Reform des Wahlrechts verbunden sein würden, nicht der Gebote der Stunde gerecht würden, alle Kräfte auf die Abwe des Feindes zu konzentrieren. Die Herren Sezialdemokraten suh anderer Ansicht, und (Zurufe links.) Ich bitte Sie, lassen Se mich aussprechen, ich will gerade auf die Herren, die sich an die Hem Sozialdemokraten anschließen, zu sprechen kommen. Ich habe ze aus den heutigen Reden der Herren Vertreter der fortschritt! ich Volkspartei und der nationallideralen Partei entnommen, daß amst sie jetzt diesem Gedanken mehr zuneigen. Noch vor kurzer Zeit bas ich im preußischen Abgeordnetenhause von Vertretern derselben Pas teien die gegenteilige Ansicht gebört. Also, sichten in dieser Beziehung gehen doch auseinander. Es besteht nist eine communis opinio. Mir scheint, bei der ganzen Frage follte des der Gedanke nicht vergessen werden, daß es ein eigenes Ding ist, 1 staatliches Fundament wie das Wablrechk in einer Zeit zu ändem wo Millionen Männer, deren Wahlrecht geändert werden soll, in Schützengräben liegen. (Zurufe links. Zustimmung rechts.) Uns meine Herren, wenn ich mich einmal praktisch ausdrücken will: ich einen Wahlkampf bervorrufen, wenn die große Zahl der Wäh⸗ draußen im Schützengraben ist?

Der Abgeordnete Noske schien da allerdings ein einfaches Reze

herausgefunden zu haben. Wenn ich ihn recht verstand, meinte ch

Wenn

wenn Regierung und preußischer Landtag sich über die Resorm A

Wahlrechts nicht einigen könnten, dann solle die Regierung okteg ieren. Mir schien, so war der Ratschlag. Herren, gewiß, es haben schon Oktro ener e⸗ in Staaten und zu den verschiedensten Zeiten stattgefunden. (Erna 1— Zurufe links.) Auch in Preußen, gewiß, meine Herren! Aber ¹ ein 3* eitpunkt, wo ein Volk um seine Existenz ringt, der richtige! einer solchen Oktrovierung sein würde, das Sehr richtig! rechts.) Ich gebe Ihnen gewiß zu, ich habe den G. danken auch neulich im preußischen Abgeordnetenhaufe ausgesprochch Ich habe da gesagt: mir wäre es ja am liebsten, wenn ich die Reso morgen machen könnte. Es hat etwa politische Aktion von dem Schwunge höchster politischer Spannut tragen zu lassen. mir die Arbeit ungeheuer erleichtern. (Erneute Zustimmung linte Aber ich hoffe doch, Sie werden mir darin Recht geben, meine Hermn in dieser Zeit, in diesem Moment, wo der Krieg auf sfrinen Höhepun gestiegen ist, wo es sich darum handelt, alle und die letzte Kraft heran

den verschiedenst

zubolen, da, meine Herren, muß ich ganz nüchtern abwägen, ob

Vorteile einer sofortigen Inangriffnahme einer solchen Aktion grö sind als die Nachteile, die unbedingt mit ihr verbunden sind. Ich ul diese Abwägung vornehmen, auch wenn ich die Imponderabilien sch

hoch schätze, welche in der politischen Fortentwicklung unseres Vel

liegen. Wie hoch ich sie bewerte, darüber habe ich mich oft, wie glaube, aus innerem Empfinden ausgesprochen. Und wenn ich & zwungen bin, diese nüchternen Erwägungen anzustellen: der Einsc meine Herren, um den dieser Krieg geht, ist viel zu gewaltig, als —e man sich von Stimmungen hinreißen lassen dürfte. Wenn ich so denken muß, halte ich es für ungerecht und unrich

on den Herren, wenn sie mir vorwerfen, daß ich eine Politik triebe. Meine Herven, ich muß dem Zwecke, den Km zu einem glücklichen Ende zu führen, sowohl mein Handeln wie Unterlassen untenstellen. (Sehr richtig! rechts.) Das ist keine S Sta nation. Es wird manchen sehr schneidigen Feldherrn geben, der s einer Offensive absieht, wenn und so lange sie der gesamten Krich führung schaden würde. Und so habe ich mich bis zur Stunkde, anß

durch die heutigen Ausführungen, nicht überzeugen lassen können 4 (Hört, hört! links.) Meine Herren, Sie rufen; Hört, hort! „.

glaube nach meiner Ueberzeugung gesprochen und Ihnen die G für meine Ueberzeugung einfach und ohne jede Beteingenommen vargelegt zu haben. Wenn ich mich nicht davon überzeugen kaß und ich kann es bis zur Stunde nicht —, daß es dem Int meines Landes dienen würde, diese Reform unmittelbar in Ans⸗ zu nehmen, dann muß ich davon Abstand nehmen, bis ich zu Ueberzeugung gelangt sein werde. (Lebhafte Zurufe links. Gloch des Prüsidenten.) Diesen Zuruf hahe ich mir selbst gemacht, und nehme ihn sehr ernst. Und Sie, die Sie doch für Toleranz treten, werden auch für die ehrliche Ueberzeugung eines

T. 21

½ (Fortsetzung in der Zweiten Beilage.)

Pinge durch eine fremde Brille zu seh en.

meine Herren, die Aruh

(Zuruf üe Nun, mei

wage ich zu bezweifelg.

as sehr Verführerisches, eine grosuh Am Regierungstische der

(Lebhafte Zustimmung links.) Gewiß, das wün

anderh

1

euts schen Neichsan⸗

(Fortsetzung aus der Ersten Beilage.)

nes Achtung haben, so gut wie ich für die ehrliche ““

vei Ihnen wohnt, volle Achtung empfinde. Meine Herren, es war ja natürlich, daß heute, wo die Fragen unneren Politik von den verschiedenen Standpunkten so eingehend ochen wurden, die Meinungen zum Teil stark aufeinanderstießen. inn mit dem Zweifel darüber nicht zurückhalten, ob es in der unwärtigen Stunde richtig ist, seinem Temperament, wie es bei slnen Herren Rednern geschehen ist, in einer Weise die Zügel en zu lassen, welche die Ueberzeugung anderer Parteien innerlich verletzen muß. (Sehr richtig! rechts.) Ich meine, wir sollten geise des politischen Kampfes uns aufschieben bis zu der Zeit, wir wieder mit aller Sicherheit in unser r zukünftiges Leben hinein⸗ mkönnen. (Zurufe bei den Sozialdemokraten.) Gewiß, meine en, wo könnte es in einer großen Nation einen bedeutsamen zmoment geben, und das deutsche Volk hat noch keinen größeren zmoment durchlebt wie den jetzigen, in dem nicht die einander ggengesetten Meinungen widereinander hin und her fluten und llich dann, wenn, wie es jetzt der Fall ist, so gewaltige Kräfte neuen Regionen drängen. Aber es kommt doch darauf an, daß den Meinungszwistigkeiten der Grundsatz der Einheit erhalten Diese Einheit aber bewährt sich täglich und stündlich so fest

lunerschütterlich in den Heldentaten unserer Krieger, daß jetzt

ber außersten Anspannung aller Kräfte an den Fronten und da⸗ die Zuversicht und der feste Wille zur glücklichen Beendigung larieges uns immer wieder zusammenführte und damit, so Gott unüberwindlich macht. (Lebhafter, anhaltender Beifall.)

Abg. Dr. Werner⸗Gießen (Deutsche Fraktion) legt ausführ⸗ ie Gründe 2 8 zu unserem U⸗Bootkrieg geführt haben, und indernisse, die die Ver reinigten Staaten von Amerika ihm in den gelegt bane. Die eigentümliche Neutralität Amerikas hätte Feacht erscheinen lassen müssen, daß wir uns nicht boxen und nließen. Die E-1ieveböcs Journalisten seien viel zu gut be⸗ st worden. Auch die Haltung des Botschafters Gerard ware sehr tbar gewesen. Das zeige der höchst unfreundliche Bericht über jefangenenlager. Das deutsche Volk müsse es sich abgewöhnen, Redner geht dann auf altung der sozialdemokratischen Partei im Kriege ein und glaubt, e von ihren eigene en Grundsaätzen nichts aufgegeben habe. Die ngen unserer Truppen zu Wasser und zu Lande, in der Luft, r alles Lob geheben seien, sollten von einem wahren deutschen en werden.

Staatssekretär des Auswärtigen Amts, Wirklicher Ge⸗ er Rat Zimmermann *)

Lbg. Dr. Werner⸗Gießen (Deutsche Frakt ion) glaubt, daß die bm vorgebrachten Beschwerden nicht widerlegt seien.

Staatssekretär des Au⸗ swärtigen Amts, Wirklicher Ge⸗ Ra Zimme rmann *)

Nach einer kurzen Erwiderung des Abg. Dr. Werner⸗ n wird die Fortsetung⸗ der Beratung auf Freitag itag 10 Uhr vertagt. Vorher zweite Lesung des Gesetz⸗ irss, betreffend Herabsetzung der militärischen Mindest⸗

Die Rede des Staatssekretärs des Auswärtigen Amtes ermann kann wegen verspäteten Eingangs des Stenogramms orgen im Wortlaut mitgeteilt werden.

Preußischer Landtag. Herrenhaus. 9. Sitzung vom 29. März 1917, Mittags 12 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

Dr

Staatsminister Dr. Freiherr

Schorlemer.

gräsident Graf von A. rnim⸗Boitzenburg er⸗ die Sitzung um 12 Uhr 25 Minuten.

Das Haus setzt die Beratung des Staatshaus⸗ splanes für 1917 und zwar zunächst die all⸗ ine Besprechung über die große Politik, die Ernährungs⸗ Froduktionsfrage fort.

err von P6 ch danke dem Leandwirtschafts⸗ er dafür, daß er vor dem Lande klargestellt hat, wie die Er⸗ ngsverhaltnisse wirklich sind. Statt nun abzub auen, hat man immer weiter organisiert. Das städtische P zubl ikum hat den chtigen Weg eingeschl agen, indem es auf das Land ging und sich bensmittel suchte, wo sie sind. Wir ha ben we enigstens ein mittel, das nicht organistert ist, und das in Massen vorhanden . Auster. Die deutsche Landwirtschaft wird stets bemüht sein, [Lebensmittel zur Verfügung zu stellen, als irgend vorhanden Die Transportschwierigkeiten haben viel zu den Nöten bei⸗ en. Trotzdem müssen wir alle anerkennen, daß unsere preußische ahnvermwaltung Her vorragendes geleistet, und ich habe den Auf⸗ m im Namen meiner Fraktion der Eisenbahnverwaltung den be⸗ en Dank und Anerkennung auszusprechen; ich glaube, auch die 1 von der Handeren Fraktion werden sich dem an schließen. (Zu⸗ 8 Die Kohlrühe kann mit ihren 90 82 Wasser nicht die . rsetzen, sie hat bisher eigentlich nur als Viehfutter gedient. ge des niedrigen Höchstpreises für die Kartoffeln im vorigen hat das Reich 65 Millionen zugesetzt. Augenblicklich können Kartoffelmieten wegen der Nachtfr. öste noch nicht öffnen; Ls er eine Uebereilung vom Kriegsernährungsamt, wenn es jetzt eserung von Kartofeln perlangt. Wir haben dann im Mai kuni keine Reserven mehr. Das Kri jegsernährungsamt sollte 1 Hand von den Kartoffeln lassen und die Sache dem Handel sen. Sehr schlimm liegt die Frage der Stattariofeln⸗ Es in Herbst Saatkartoffeln fortgenommen worden mit der Zu⸗ ng. daß später welche geliefert werden würden. Aber jetzt wir keine Saatkartoffeln. Da wir noch einige Jahre nach dem auf unsere eigenen Erzeugnisse angewiesen sein werden, müßte Räbrungsamt alles tun, um die Saat artoffeln sicherzustellen. ndauzwang, wie überhaupt jeder Zwang, würde allerdings zu olsen führen. Man kann den Kühen nicht gut zureden, daß Milch geben sollen. Es klingt ganz schön, bei den wirt⸗ 8. ragen den * atriotismus in 1 eee ai zu stellen, Wirklichteit schafft nur der Preis die Ware. Die Herabsetzung Pönation beweist, daß wir mit unseren Geireidevorraten nicht umgegangen sind, wie es sich fur ein vollig abge⸗ Khn gebuhrt hatte. Die Schwer⸗ und Ihe verste beier kustrie haben Brotzulagen dekommen, aber die Leute, die

den ganzen Tag, vielleicht bei nassem Wetter, Kartoffeln buddeln, sind auch Schwerarbeiter. Es ist eine kritische Sache, in der Ihcge Zeit eine Lebensmittelration herunterzusetzen. Der Unterstaatssekretär Michaelis beha auptete im Abgeordnetenhause, daß viel Getreide verfüttert sei, den Beweis dafür ist er aber schuldig geblieben. Man muß sich in die Lage des Besitzers versetzen, der sein Vieh füttern muß. Was der 2 Bauer sagt, glaubt man nicht, aber wenn die Professoren zusammentreten und Höchstpreise ausrechnen, dann ist es etwas anderes. Das fortwährende Schwanken der Preise ist verderblich. Ein Landwirt, der sein Pferd mit 4 ½ Pfund Hafer täglich so dienstfähig erhalten kann, daß es die Fruͤbjahrsbeste lung durchmachen kann, kann sich ausstellen lassen. In dieser Beziehung muß recht bald eine Aenderung vorgenommen werden, sonst kann die Bestellu ung nicht so vorgenommen werden, wie es notwendig ist. Von der Gerste sollen den Besitzern 40 % gelassen werden. Dadurch sind aber diejenigen Besitzer, die nicht 8 viel Gerste bauen, in schlimmer Lage. Mindestens müßte der Hafer der Gerste in dieser Beziehung gleichgestellt werden. Das Schlir mmste für die Volks⸗ ernährung ist, daß dieser Ernähr ungepolfti so viel Milchvieh zum fällt. Wir dürfen nicht unseren Viehbestand abschlachten, ondern müssen ihn, namentlich 8 Milchviehherden, intakt lassen. 8 enn den Großstadten zu viel Milch entzogen werden muß, wird die Frnährung viel schwieriger. Das Schwein ist für den täglichen Haus⸗ halt unentbehrlich geworden, aber wenn wir die Preise so weiter herabsetzen, haben wir im Septen ber und im nächsten Winter über⸗ haupt keine Sch weine mehr. Die Priecss esellschaften in der Wilhelm⸗ straße und Unter den Linden verschlingen eine große Menge Geld. S. Mieten sind ungeheuer; dabei soll es in anderen Stadtgegenden erlins leere Häuser geben, die die Kriegsgesellschaften viel billiger haben könnten. Stadt und Land müssen unbedingt zusammenarbeiten (Beifall), und sie müssen sich gegenseitig helfen. Das Verständnis zwischen beiden muß immer größer werden. Wir müssen das Bewußt⸗ sein haben, daß ein gr roßer Staat nicht bestehen kann, wenn sich Stadt und Land immer in den Haaren liegen. So gewiß unsere 1S auf den Sieg durch die Waffen unserer herrlichen Armee zu Wasser, zu Lande und in der Luft ist, ebenso gewiß ist unsere Hoffnung, daß wir auch wirtschaftlich siegen werden. Oberbürgermeister K och⸗Cassel: Ich begrüße den syn mpathi schen Ausklang der Rede des Vorredners, wenn ich auch in vielen Dingen anderer A Insi icht bin. Der Vorredner hat nicht gesagt, wie in den nächsten vier Monaten die stadtische Bevöl lrgang arbeitsfähig und arbeitsfreudig zu erhalten ist. Die Damen, die mit Herrn von Hertzberg zusammen in der ersten Klasse mit ihren Eierpaketen gefahren sind, waren keine Rüstungsarbeiter, und es ist durchaus nicht erfreulich, daß sie auf diese Weise ihre Lebensmittelration erhöhten. Es kommt darauf an, daß die Lebensmittel an die Rüstungsarbeiter herangebracht werden. Das ist aber gar nicht möglich ohne öffentliche Bewirt⸗ schaftung. Bedauerlich ist der Rückfall des Kriegsernährungsamtes, das die Gemüse für E“ e geben hat. Dadurch ist eine so übermäßige Bearbeitung der Lieferungskreise durch die Agenten der Stadt eingetreten, daß das Krie Feecnäb eung. Samt die Städte anweisen müßte, ihre Agenten wieder zurückzuziehen. Im übrigen wi ird dadurch eine Belastung unseres Eisenbahnverkehrs herbeigeführt, auf die ich den Eisenbahnminister nachdrücklich ufm erksam machen möchte. Denn da ist jeder Bezirk von jeder Stadt bearbeitet worden, und die Städte werden nicht aus den genden versorgt, die verkehrstechnisch am günstigsten für sie liegen. Das sind alles die Fehler der allerersten Kriegszeit, in die das Kriegsernährn ungs⸗ amt zurückverfallen ist. Es ng⸗ nur mit öffentlicher Bewi rischaftung, 288 müssen die Lobensmittel für die Großstädte in entsprechender Weise beschafft werden, wie wir das in Preußen seit Jahr⸗ hunderten als Reguisition für die Armee kennen. Die städtische Bevölkerung kann allenfalls eine Verkürzung der Fleischration ver⸗ tragen, aber nicht der Brot⸗ und

Kartoffelration. Gewisse Fesseln können dem freien Handel nicht erspart werden. Ein Kapitel ist die Frage der Behandlung der Oeffentlichkeit und der Presse. Se hätte entweder die Ernährungsfrage als Krre eage t etrachten umn die Oeffentlichkeit ausschließen oder aber die Oef fentlichkeit von zulassen sollen. In gewisser Beziehung ist durch Herrn von Batocki darin eine Besserung berbeie eführt worden, der die Erörterung der Ernährungsfrage freigegeben hat. Aber dieses Lob muß gleich wieder eingeschränkt werden. Es wird in der C Oeffentlichkeit und in der Presse viel zu viel versprochen. (Beifall.) Der Hausherr, der täglich in der Zeitung liest, was es alles geben soll, wundert sich, die gescholtene Hausfr au geht zum Oberbürgermeister und der lehnt wieder in der

Stadtverordnetenversammlung die Verantwortung ab. ch bitte die Regierung und das Kriegsernährungsamt: Versprechen Sie doch nur ein einziges Mal weniger als Si nachher geben können! Der gute Onkel, der unvermutet ein Geschenk aus der Tasche zaubert, findet immer viel Gegenliebe, während die alte die Monate und Jahre lang ein Geschenk verspricht und schließlich mit einem mageren An⸗ gebinde herausrückt, viel weniger Gegenliebe findet. A ein durch Zen⸗ tralisation, wie es der Herzog von Schleswiaä⸗Holstein meint, kann den Mängeln nicht abgeholfen werden. In Zeit ve kderben ganz sicherlich in den Städten viel weniger Kartoffeln als auf dem Lande. Herr von O Oldenburg hat in einem Briefe vollige Freibeit des Han⸗ dels verlangt. Ja, er verlangt da das alte, freie, echt manchesterliche System, das wir doch wohl alle schon im Frieden für etwas überholt

gehalten haben. Nehmen Sie jetzt in den schweren letzten Monaten Systemwechsel vor, das müßte nur zu einem schweren Miß⸗ erfolg fuͤh gren. Wir köoͤnnen ganz zuversichtlich damit rechnen, daß unsere Feinde, trotz reicherer Zufuhr 8 eher am Ende Ibrer Mo ög⸗ lichkeiten sein werden als wir, weil bei ihnen eine solche O rganisation gar nicht möglich ist wie bei uns. Wir müssen allen danken, die der Kriegswirtschaft ihre Krä ffte gewidmet haben, vor allem den Land⸗ frauen, die sich bemüht haben, die Güter auf der Höhe zu erhalten, aber auch der ganzen Industriebevolkerung und name ntlich den Frauen. Die ganze Arbeit konnte nur geleistet werden dadurch, daß unsere Be⸗ Fölkerang gewohnt ist, bis ins hohe Alter hinein erwerbstätig zu sein. Den Grauköpfen, die in dieser Zeit Ungeheures geleistet haben, unseren Dank! Es ist ein Irrtum, daß nur unsere Jugend leistungs⸗ fähig sei. Mit Einmütigkeit wird es gelingen, auch auf diesem Ge⸗ biet einen Sieg n erreichen.

Graf vo n Mir hach: Die Landwirtschaft hat volles Verständ⸗ nis für die Aufgabe, die ihr für die Armeen und die ganze Bevölke⸗ rung ohliegt An Pflicht gefühl fehlt es ihr nicht, aber damit allein in es auch nicht geta In einem englischen Blatt finde ich ein sehr woblwollendes üder die Fortschritte der Landwirtschaft auf dem Festland und ein absp prechendes Urteil über die Rückschritte der engli⸗ schen Landwirtschaft. Dem Landwirtschaftsminister kann ich sagen, daß alle Landwirte, groß und klein, volles Vertrauen zu ihm haben.

Lebhafter Beifall.) Der ““ übt Gerechtigkeit gegen Pro⸗ duzenten und Konsumenten, vielleicht hat er die Konsumenten ein klein wenig mehr beve orzugt 8g8g die Eingri ffe bei uns. nister hat als das Wich btigste erkannt die Förderung der Produk tion. Wäre man ihm von vornherein gefolgt, hätte man die jetzigen schwie⸗ tigen Verhältnisse nicht in dem Maße. In einem Volk von 70 Mil⸗ Konen ist eine gleiche Verteilung der Lebensmittel undurchführhar. Oder Sie müßten die ganze Be cvölkerung gemeinsam speisen. Wir mnsissen die landwirtschaftliche Produk ion fördern, soweit es nur irgend möglich ist. Das dient noch mehr den ’“ en als den Pro⸗ duzenten; die Leute auf dem Lande sind immer noch zufriedener. düen bai aber Maßregeln getroffen, die für die Landwirtschaft geradezt

verbängnisvoll sind. Man hat ihr die Futtermilch Antzogen, die e son ine entzogen, die Betriebsleiter entzogen usw. Der freie Handet ist nicht manchesterlich und widerspricht nicht einer konservativen An⸗

Tonto Kanle

D der Mi⸗

schauung. Der Gegensatz ium Manchestertum ist es nur, wenn wir an den Grenzen genügenden Schutz fur unsere Wirtschaft fordern. Für das Brotgetreide mag die Beschlagnahme angebracht gewesen sein, aber im übrigen wären wir mit Hilfe des freien Handels durch⸗ gekommen ohne all die Schwi erigkeiten. Durch das ebermaß von Verordnungen werden wir erdrückt. Die Geschaftstäti gkeit der Zen⸗ traleinkaufsgesellschaft steht nicht auf der Höhes; reiches Materiar darüber haben die Verhandlungen im Reichstage und im Abgeord⸗ netenhause geliefert. Die Leitung solcher Organisationen sollte nur in Händen von Fachmännern liegen, die wirklich ein A Maß von Erfahrung haben. Am meisten Fiasko haben die Gesellschaften ge⸗ macht mit den Fischen; sie sind einfach verschwunde en. (Heiterkeit.) Ebenso war es mit dem Obst und mit der Marmelade. Alle die besten Hotels in den schönsten Stadtgegenden haben die eeen. schaften erworben ohne jede Rücksicht auf die Kosten. Kostspielig is der Betrieb ganz kolossal; in der jetzigen Zeit macht das einen helr unangenehmen Eindruck. (Sehr richtig!) Wir haben volles Wohl⸗ wollen für die Bedürfnisse der Bevpölkerung und wollen zu ihrer Be⸗ friedigung unser Letztes daran setzen. (Beifall.)

Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten Dr. Freiherr von Schorlemer:

Meine Herren! Es ist wohl niemand in diesem re Hause, der die großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten --keant, die bei der

angen Dauer des Krieges nicht allein auf dem Lande, S⸗ dern vor allem auch in den Städten und Industriebezirken entstanden sind. Diese Schwierigkeiten sind im laufenden Jahre wesentlich dad ee ver⸗ schlimmert worden, daß unsere Ernte an Brotgetreide und Kartoffeln nicht den Erwartungen entsprochen hat, welche nach dem guten Stande der Früchte im Sommer vorigen Jahres gehegt werden konnten. Ich freue mich, daß auch die Redner, welche als Vertreter der Landwirt⸗ schaft gesprochen haben, die schwierige Lage der Großstädte nicht ver⸗ kannt und auch die Verpflichtung der Senn,, anerkannt haben, gerade in gegenwärtiger Zeit FSe 1““ Herauszugeben, um die Ernäh in den Städten und Industri Veben rken zu verbessern. Wenn n jetzt schon beda die freundlichen Worte der An⸗ erkennung, welche Herr Graf Mirb ach mir soebecn ausgesprochen hat, so fasse ich diese Anerkennung wesentlich in dem Sinne auf, daß er mir seine v dazu ausgesprochen hat, daß ich nicht einseitig während dieses Krieges die Interessen der Produzenten, die Interessen der Landwirtschaft vertreten, sondern wesentlich auch das Interesse as Verbraucher bei meinen Voörschlägen und Maßnahmen im Auge gehabt habe.

Der Herr Oberbürgermeister Koch hat dankend der Tätigkeit der vielen Beamten und ebenso derjenigen gedacht, welche sich freiwillig in den verschiedenen Kriegsorganisationen betätigt haben. Ich glaube, wir können alle diesen Dank zurückgeben und unsere Anerkennung vor allem auch den Leitern der großen Kommunalverbe den Herren Oberbürgermeistern, aussprechen, die in dieser schweren Zeit voll und ganz ihre Pflicht und Schuldigkeit getan, die Maßnahmen der Staats⸗ regierung unterstützt, und auch den ländlichen Kommunalverbänden ihre Aufgabe, zur Versorgung der Städte beizutragen, sehr erleichtert haben.

Meine Herren, ich habe eben schon hervorgehoben, daß meine Tätigke üt K.e in erster Linie den ausschließlichen Interessen der land⸗ 6 tschaftlichen Erzeuger, sondern auch denjenigen der Städte, der

Inenerdbe zirke und der Verbraucher gewidmet war. Gegenüber den Angriffen, Ss in letzter Zeit gegen mich erhoben worden sind, möchte ich auch hier darauf hinweisen, daß ich schon seit längerer Zeit ich darf wohl sagen, seit Beginn des Krieges und mit ganz be⸗ sonderer Betonung in den letztvergangenen Monaten die Notwendig⸗ keit hervorgehoben habe, daß jetzt, wo wir doch alle der Meinung sind, die entscheidende Stunde fuür unser Vaterland 6 auch für die Landwirtschaft der kaegorische Imperativ gilt, daß die Landwirtschaft jetzt alles Entbehrliche hergeben muß, um Durchhalten der Städter, um das Durchhalten der gewerblichen Arbeiter außer Frage zu stellen. Das habe ich nicht allein in meinen öffentlichen Reben zum Ausdruck gebracht, ich habe es verschiedentlich in Verfügungen an die kundgegeden und besonders ausführlich in ramm, welches ich schon im Dezember vorigen Jahres an die Landwi Fetschaftgan imer für die Rheinprovinz gerichtet habe. Ich glaube, ebenso offen wie manche der Herren Vorredner, anerkennen zu müssen, daß die öffentliche Bewirtschaftung der Lebensmittel, daß insere Versorgung Mängel aufzuweisen hat. Aber ich möchte ehensu entschieden in Uebereinstimmung mit Herrn Oberbürgermeister Koch er Meinung Ausdruck geben, daß es underantwortlich und Leeas; nisvoll sein würde, in diesem Augenblick eine Aenderung des Bewirt. schaftungssystems vorz (Sehr richtig!)

Meine Herren, in dem 2 Augenblick, wo Lebensmittel in ausreichen er Menge zum Ankauf und zur Verteilung nicht mehr zur Ver⸗ ügung stehen, hat sich eine öffentliche Bewirtschaftung als unbedingte Notw erwiesen, und dies mußte eine Ausschaltung des Han⸗ els mit sich bringen, die sich im Laufe des Krieges selbstrebend auch vergr 88⸗ rt hat, trotzdem auf der anderen Seite der sachverständige Rat es Handels bei den kriegswirtschaftlichen Organisationen mäglichft berangezogen worden ist. Würde man aber jetzt wieder zum freien Spiel der Kräfte übergeben, würde man dem Handel die Beschaffung der Lebensmittel, foweit sie noch vorhanden sind, überlassen, so würde zweifell 88 in verschiedenen Bezirken und in derschiedenen Arten der Lebensmittel ein Vakuum das gar nicht ausgefüllt werden föngtet (Setr richtig!) Die Zeit ist zu ernst und zu durs um zit experimentieren. Wir können weohl da, wo es nottut, die bessernhe Hand anlegen; aber wir müssen unter allen Umständen auf n8 Stano⸗ punkt stehen bleiben, daß das gegenwärtige Bewirtschaftungsszstent im großen ganzen beizubehalten ist. (Brayo!) Wie weit daber dan der straffen Zentralisation zu einer Dezentralisation übergegang werden kann, wie weit entsprech 8 dem Rate des Herrn Obe bürgermeisters Koch eine direkte Verbindung zwischen den Ueberschuß und Bedarfsverbänden ee- werden kann, das würde guch meine Erachtens erwägenswert sein, und ich würde 89 dan dar begrüßen wenn in dieser Richtung Verbesserungen der gegenwärticen Omgant satton sich als durchführbar erweisen wurden.

Meine Herren, Sie werden es mir verzeihen, wemr ich hn gitt⸗ zelnen auf die Weorte des Tadels und auch auf die Vorschläce nicht bin⸗

vdo Abe,

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unehmen.