gebe, welche bezüglich der einzelnen Kriegsgesellschaften und in bezug auf die Beschlagnahme und Verteilung der Lebens und Nahrungsmittel hier gemacht worden sind. Ich tue es aus dem Grunde nicht, weil ich mit den Kriegsgesellschaften kraft meincs Amtes nicht befaßt bin, und weil ich ebensowenig die Verantwortung für die Beschlagnahme und die Verteilung der von der Landwittschaft bervorgebrachten Er⸗ zeugnisse zu tragen habe. Aber zurückkommen möchte ich mit wenigen Worten noch auf dasjenige, was in bezug auf die Crzeugung von den Herten Borrednern ausgeführt worden ist. Meine Herren, es ist erfreulich, daß sich entgegen den ersten Kriegsjahren gerade in letzter Zeit immer mehr die Ueberzeugung Bahn gebrochen bat, daß es nicht allein auf die Verteilung der vorhandenen Vorräte, sondern auch auf die Vermehrung dieser Vorräte ankommt, und daß aus diesem (Brunde die weitere landwirtschaftliche Erzeugung, die doch im wesent⸗ lichen jetzt die alleinige Grundlage unserer Volksernahrung bildet, nach Möglichkeit gefördert werden muß. (Bravo!) Nun ist es recht Eeilagenmrert, daß gerate dieser Erzeugung wesentlicke Schwierig⸗ keiten schon im Herbst des letzten Jahres entgegengestanden haben Zunmnd auch gegenwärtig noch entgegenstehen. Ich muß anerkennen, daß das Kriegsministetium und das Kriegkamt bemüht gewesen sind, diese Sckwierigteiten zu bebeben, aber sie ganz aus der Welt zu schaffen, Tazu sind sie eben nicht imstande. Es fehlt, wie schon beworgehoben worden ist, vor allem an dem noötigen Kunstdünger. berg bat auf Thomasmehl hingewiesen, das noch in Luxemburg vor⸗ Fantcen sein sollte. Von großen Quantitäten ist mir nichts bekannt, sfoelten sie noch herbeizuschaffen sein, so wird jedenfalls meine Ver⸗ wältung sich rarum ernstlich bemühen. Aber im allgemeinen ist doch nicht zu leugnen, daß die Produktion von Thomasmehl zurückgegangen ist, und doß ebenso der Abtransport der noch vorhandenen Kunst⸗ dungemattel in virlen Bezirken unter den Transportschwierigkeiten leidet. Das bat sich ganz besonders beim Kalibezug bemerkbar gemacht.
Wir produseren Kali so viel, wie die Landwirtschaft verbrauchen kann, aber wir sind nicht in der Lage, den Bebdarf zu decken, weil eben der Abtransport der Kalisalze ins Stocken geraten ist.
Zu meiner Freude hat auch Herr Oberbürgermeister Koch am⸗ erkannt, daß ein Anmbanzwang gegenüber der Landwirtschaft nicht zum Biele fuͤhten würde. Ich habe ihn, wie Sie wissen, immer bekämpft, nicht aus dem Grunde, weil er gewiß eine wesentliche Erschwerting des landwirtschaftlichen Betricbs mit sich bringen würde, sondern haupt⸗ sschltich deshalb, weil ich ihn für undurchführbar halte und weil er da, wo er durchgeführt wird, die Erzeugung nicht vermehren, sondern ver⸗ mindern dürfte. (Sehr richtig!)
Meine Herren, wenn in einzelnen Industriebezirken der Bevöl⸗ kerung vorgeschrieben worden ist, diejenigen Anbauflächen mit Kar⸗ zffeln zu bevaucn, die sie im vorigen Jahre mit Kartoffeln bebaut hat, so will ich nicht ohne weiteres den Stab über solche Anord⸗ nungen brechen. Aber cine solche Vorschrift wird auch dort wesentlich nur als Drohmittel Bedeutung haben, denn im ceinzelnen wird sie kaum durchgeführt werden können, besonders nicht in diesem Jahre, wo es nicht der mangelnde gute Wille der Landwirtschaft ist, wenn nicht so viel Kartoffeln angebaut werden wie früher, sondern wo die Schuld wesentlich in der schwierigen Beschaffung von Saatgut liegt. Was ohne Anbauzwang erreicht werden kann, das haben Sie im vorigen Jahre gesehen, wo nach jetzt zuverlässiger Feststellung die Kartoffel⸗ anbaufläche, entgegen allen Behauptungen, auch gegenüber der Be⸗ hauptung in einer kürzlich veröffentlichten Eingabe der Gewerkschaften Deutschlands, nicht zurüͤckgegangen ist, sondern um zirka 20 000 Hektar zugenommen hat. Heute bin ich in der glücklichen Lage, Ihnen auch mitteilen zu koͤnnen, daß nach einer mir zugegangenen Zusammen⸗ stellung die fur das Jahr 1917 in Aussicht stehende Andaufläche für Zuckerrüden gegenuber dem Jahr 1916 voraussichtlich nur einen Rückgang von 17 976 Hektar, also rund 18 000 Heitar, aufzuweisen Hat. Es ist dadei zu bemerken, daß die Anbaufläche in der Rhein⸗ provinz, wo sich vielfach Neinere Landwirte mit dem Zuckerrübenanbau befassen, noch nicht feststeht, und das im übrigen natürlich bei den Anbau von Zuckerrüben die Versorgung mit dem nötigen Kunstdünger, vor allem mit Stickstoff, eine ausschlaggebende Rolle spielt. Aber ich wiederholc nochznals, wenn auch kaum zu hoffen ist, daß die vorjährige Arpauflache erreicht wird, so ist es doch immerhin schon ein recht er⸗ Frkuliches Resultat, daß die Anbaufläche gegenüber dem Jahre 1916 nicht stärker zurückgehen wird. Auch ich bin der Meinung, daß es mit der Freiwilligkeit allein in diesem ernsten Augenblicke nicht getan ist (Sehr richtig!) Wenn veon einem Lieserungszwange für die Städte die Rede gewesen ist, so darf ich darauf hinweisen, daß ich schon im tember v. J. bemerkt habe, daß es ohne Zwang im Kriege nicht ab⸗ geht. Wenn mir nach dieser Richtung bin vielleicht eine Aenderung meiner Ansicht vorgeworfen wird, so berubt das auf Mißverständnissen. Ich gkaube wie wenige in diesem Kriege sagen zu dürfen, daß ich meine wirtschaftlichen Anschanungen seit Beginn des Krieges bis beute kaum Heüibert habe. Diese Mißverständnisse sind teilweise absichtliche Natur, insofern, als es in dem Bestreben einer mir nicht gerade freund⸗ lich gesinnten Presse gelegen hat, aus meinen Reden immer nur die⸗ jenigen Sätze herauszugreifen, die außerhalb des Zusammenhanges vielleicht als Konsumentenunfreundlichkeit gedeutet werden könnte; wo ich aber zugunsten der Verbraucher eingetreten war und die Meinung geäußert hatte, daß auch die Landwirtschaft gegenüber den Verbrauchern Opfer bringen müsse, da können Sie sich darauf verlassen, daß ein ge⸗ wisser Teil der Presse — ich will ihn bhier nicht näher bezeichnen — schweigend und spurlos an diesen Acußerungen vorübergegangen ist. Der einzige Unterschied, den ich vielleicht in meiner Auffassung ge⸗ genüber anderen Stellen geltend gemacht habe, bernht lediglich darin, baß ich inzmer hervorgehoben habe: gegenüber dem ländlichen Erzeuger kommt es darauf an, ihm vorzuschreiben, was er abliecfern muß. Wenn man das kut, so kann man darauf verzichten, ihm vorzuschreiben, wie viel er verbrauchen darf. Ich habe im anderen Hause ausgeführt, daß, wenn man zu diesem System überginge, was eigentlich nichts weiter ist wie die Wiedereinführung des alten Landlieferungszwanges, wenn mam dem einzelnen Kreise und der einzelnen Gemeinde nach Prüfung der Verhältniste, unter möglichster Beschränkung der Erzeuger vor⸗ schreibt: so viel müßt ihr abliefern, und diese Ablieferung erzwingt, so braucht man nicht jeden einzelnen zu bestrafen, wenn ihm nachge⸗ wiesen werden kann, daß er cinmal eine Kartoffel mehr gegessen oder ein halbes oder ganzes Pfund Butter anderweitig verbraucht hat.
Die Ausführungen, die ich in der Finanzlommission des Herren⸗ hauses gemacht habe und die, wie ich zu meiner großen Freude sebe, auch die Zustimmung der Herren Oberbürgermeister im wesentlichen gefun⸗ den haben (Sehr richtigh, ürften für die weitere Bewirtschaftung
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Herr von Hertz⸗
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der öffentlichen Lebensmittel doch nicht ganz außer acht zu lassen sein. Ich habe nach den Erfahrungen, die ich doch auch in langem Leben auf dem Lande und in den Städten und auch als Oberpräsident der Rhein⸗ provinz gemacht habe, die feste Ueberzeugung, wir würden alsdann nicht weniger, sondern wir würden mehr aus dem Lande herausbekommen, als es gegenwartig der Fall ist (Sehr richtig!), und wir würden die Unzufriedenbheit in den läandlichen Kreisen sehr viel weniger steigern, als es leider heute zuweilen geschiebt.
Meine Herren, zu wohl allgemeinem Bedaͤuern hat es sich als notwendig erwiesen, demnächst die Brot⸗ und Mebhlrationen herab⸗ zusetzen. Die Flelschrationen werden dementsprechend vergrößert werden. Man wird in diesem Augenblicke der Reichsfleischstelle und ebenso auch dem preußischen Landesfleischamt dafür dankon müssen, daß sie mit unseren Viehbestämden sparsam umgegangen sind, daß es nach dem Ergebnis der augenblicklichen Viehzählung sogar gelungen ist, unsere Rindviehbestände zu vermehren, und daß infolgedessen der jeßt notwendige Eingriff in die Viehbestände vdielleicht nicht so schmerzlich und in seinen Folgen nicht so nachteilig ist, wie es bei Verringerung unserer Viehbestaͤnde der Fall sein würde.
Es ist dann auch von den Viehbhandelsverbänden gesprochen wor⸗ den. Ich konnte aus der darüber gemachten Bemerkung nicht recht entnehmen, ob sie zugunsten oder zuungunsten der Miehhandelsver⸗ bände gedeutet werden sollte. Aber gerade den Herren Vertretern der großen Städte gegenüber möchte ich doch darauf aufmerksam machen, daß die Viehhandelsverbände allerdings auch ein Kind des Krieges sind, daß ich sie aber zu den vielleicht wenigen Ginrichtungen rechne, deren Beibehaltung, wenn auch unter veränderten Formen, auch für die Friedenszeit in Aussicht genommen werden müßte. Meine Herren, wer das Elend durchgemacht hat in der Beschickung der Viehmärkte in den großen Städten, wer gesehen hat, wie an einem Tage in Berlin so viel Schweine aufgetricben waren, daß sie kaum abgesetzt werden konnten, und, wenn es dem Handel paßte, an einem anderen Tage nur die Hälfte oder ein Drittel dieser Zahl auf den Markt kamen, der wird mir zugeben, daß das Zustände sind, deren Wiederkehr wir nicht wünschen dürsen. Diese Verbindung zwischen Handel und Landwirt⸗ schaft, die durch die Viehhandelsverbände hergestellt worden ist und die die Möglichkeit geben wird, bei entsprechenden Beziehungen zu der Leitung der großen Städte dauernd die Sädte regelmäßig mit Vieh zu versorgen, ist eine Einrichtung, die auch für den Frieden ihre
toße Bedeuntung haben wird, und wir alle haben ein Interesse daran, sie nach Möglichkeit zu erhalten und natürlich den Friedensverhält⸗ nissen entsprechend auszubaucn. (Sehr richtig!) Meine Herren, ich soll — der Herr Oberbürgermeister h. die Freundlichteit, nur von einer Aeußerung vom Ministertische aus zu sprechen, aber er hat wohl mich dabei im Auge gehabt — in früherer Zeit einmal gesagt haben, in den Städten wären sehr riel mehr Kartoffeln verbraucht worden und auch mehr Kartoffeln verdorben, als bei entspreckender Fürsorge unvermridlich gewesen wäre. Ich kann im Augenblicke den Wortlaut meiner früheren Aeußerungen nicht genau wiedergeben; ich habe sie gemacht zu einer Zeit, wo feststand, daß die Kartoffelmenge, welche in die großen Städte ge⸗ kommen war — es war meines Wissens der Herbst des Jahres 1915 — erheblich höber war als die im Jahre 1914 bezogene Kartoffelmenge. In Rücksicht darauf — damals waren auch die städtischen Bewohner noch nicht rationicrt, os wat auch die Möglichkeit für die Städte gegeben, sogar noch Kartoffeln zu verfüttern und diese in ihren Bedarf cinzu rechnen — mußte ich ollerdings der Auffassung Recht geben, daß der Verbrauch an Kariossein in den Städten sehr viel größer war als in normalen Zeiten. Ich gebe aber jetzt ohne weiteres zu, daß, nach⸗ dem die Städte rationiert sind und sie auch wirklich ein Interesse daran haben, die Kartoffein besonders werwolles Gut zu betrachten, derartige VBormrürse nicht mehr begründet sein können. Jetzt wird cs keine stödtische Verwaltung geben, die nicht mit ihren Kartoffelu so versichtig wie nur irgend möglich umgeht. Wenn es Zukunft vermieden werden die Kartoffeln allzu weit z9 ransportieren — wir stehen ja vor der Tatsache, daß im Oktober und Kodember 1916 70 000 Waggons Kartoffein mehr transportiert rden sind als im Oktober und November 1915 —, so würde damit den Verbrauchern auch viel geholfen werden können. Ich boffe noch immer, daß gerade hei der Kartoffeiversorgung eine gewisse Dezentrali⸗ sation, obne völlige Ausschaltung der Zentralinstanz, daszenige sein würde, was erstrebt werden kann und erstrebt werden müßte.
Meine Herren, es hat uns gewiß alle nur sympathisch berührt, daß die Redner, welche in Vertreiung der Städte, und diejenigen, welche in Vertretung der irtschaft gesprochen haben, überein⸗ stimmend die Notwendigkeit betont haben, daß man die Kluft zwischen Stadt und Land nicht errweitern, sondern die Beziehungen nach Mög⸗ ichkeit freundschaftlich gestalten müßte, und daß man sogar die Hoff⸗
hegen dürfe, daß dieser Krieg dazu beitragen werde, auch nach dem Frieden die Verständigung zwischen Stadt und Land zu fördern. Ich teile diese Wünsche, ich hoffe ebenso, daß auch in den Kreisen der Verbraucher die Ueberzeugung sich Bahn bricht, daß man es wirklich nicht, wie ich noch vor einigen Tagen in einer großen
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rheinischen Zeitung las, mit widerspenstigen Landwirten zu tun habe. Ich glaube, daß auch die Aeußerungen, die heute in diesem Bewecis dafür sind, daß es an gutem
virtschaft nicht gebricht, daß aber ein
ent, die Stimmung der Bevoölkerung, gerade so
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hoben Hause gefallen sind Willen auch bei psychologisches Mome wie in der Stadt und in der Arbeiterbevölkerung, auch auf dem Lande nicht abßer Acht gelassen werden darf, und daß es deswegen sehr darauf ankonmt. immer wieder an den guten Willen und an die Gebelust zu appellieren, selvst da, wo zur Not auch ein Zwang an⸗ wendbar und unvermoeidlich ist. So hoffe ich, daß auch die heutige Aussprache, die ich von meinem Standpunkt ganz besonders begrüßt habe, dazu beitragen wird, in der Oeffentlichkeit Zeugnis dafür abzu⸗ legen, daß wir alle einig sind in dem großen und für uns heiligen Ziel, unter allen Umständen zu siegen und, um dieses Ziel zu er⸗ reichen, auch unter den größten Opfern durchzuhalten, bis zum sieg⸗ reichen Ende. Lebbhaftes Bravo!)
Oberbürgermeister Dr. Wihlms⸗Posen: Die Worte des Land⸗ wirtschaftsministers werden jedenfalls in den Städten ein dankbares Echo finden. Es müssen unbedingt weitere Maßnahmen getroffen werden, um der großen Not in den Städten abzuhelfen. Die Forde⸗ rung, bei der Karioffel von dem jetzigen System abzusehen, kann doch nur jemanr erbeben, der die Berantwortung dafür nicht zu tragen hat. Mit Höchstpreisen allein ist ja nicht burchzukommen. Hinsichtlich tes Schmneinefleisches müssen die Städte in Zukunft in ihren An⸗ forderungen sehr zurückhaltend sein. Es muß mohr Rindfleisch ge⸗ liesert werden, da wir mit einem starken Rückgang unserer Schweine⸗
bestände zu rechnen haben. In Stadt und Land muß die Ko vicl stärker werden, damit jeder sich auf die Menge beschränte ihm zusteht. Ich kann dem Landwirtschaftsminister nicht darin 1 daß man den Landwirten lediglich eine bestimmte Menge vorf die sie abzuliefern Haben. Die Not ist doch so groß gemorden, d von einer organisierten Lungersnot in den Großstädten sdir⸗ können, und daß auch die Sterd dadon becinflußt worden Wenn die Landwirtschaft den Städten an Lebensmittein liefert nur irgend neec ist, so wird sie allen Dank ernten.
Graf zu Rantzgu: Ich schicke voran, daß ich nur mej soönliche Ansicht zum Ausdruck bringe. Obwohl Herr don Hem und ich dem Kriegsernädrunssennt beute moegen telephonisch geteilt haben, daß wir seine Maßnahmen kritksieren wolkten, is kein Vertreter dieses Amtes jetzt anwesend. Ich baͤtte von Ang gern die Beibehaltung des freien Handels geseden; jetzt aber wir von der zentrglen Bewirtschaftung nicht abgeben. Ich bekl Herabsetzung der Viehpreise, bei der wohl professorale T goorie gesprochen haben. Hobe Erträgnisse werden in der Landwirtschz⸗ erzielt, wenn lohnende Preise gezahlt werden. Die Lan schaft hat zwar im Kriege erhöhte Bareinnahmen, aber sie wird dem Kriege dazu brauchen, um ihr totes und lebendes Inventar jahrelanger Arbeit wieder auf die alte Höhbe zu bringen. Das ernährungsamt schwankt in seiner Politik viel zu sehr hin und bhe zu sehr geneigt, einem Druck von irgendwelcher Seite nach vielleicht auch dies oder das zu tun, um eine günstige Stir im Lande zu erzeugen oder auch sich eine gute Presse zu verschez Ich danke dem Landerirtschafteminister ganz besonders für Tätigkeit. Er treibt wahre Zukunftspolitsk. Indem er für zie⸗ zeuger sorgt, sorgt er für das Wohl des Vaterlandes.
Herr von Hertzberg klärt einige Mißversteindnisse or habe er die Gewährung der Zusatzbrotkarte für Schwerarbeit insofern bedauert, als jetzt für die ganze Bevoölkerung die g ration, an die sie sich gewöhnt hat, berabpesetzt werden müsse den Städtern, die sich auf dem Lande mit Lebensmiktaln von hätten, hade es sich nicht nur um die beiden Damen gehandel im selben Wagenabteil mit ihm gesahren seien, sondern a Bahnsteigen hätten auch Hunderte von Arbeiberfrauen gestand er jedoch nicht alle habe begrüßen können.
Herr von Oldenburg: Was als Brieof van mir Zeitung gekommen ist, das ist nicht ein Brief, sondern ein Rut das sich jemand auf Grund ernes Briefes von mir zurecht gemack Es liegt mir zu viel an der guten Meinung der Oberbürgerng 1s daß ich sie nicht ditten möchte, nicht alles zu glauben, masn mich in den Zeitungen steht. Ich erkläre, daß ich dem Hane erdlich viel abzubitten habe. Es hat sich doch gezoigt, daß der Handel viel mehr kann als die Beamtenorganisationen. Man nicht von cinem Tisch aus die Arbeit der Vorteilung von leic derblichen Lebensmiteln leisten, die bis dahin von Hunderttan von Menschen, die es gelernt hatten, verrichtet worden ist. einer der ersten gewesen, der im August 1914 dem Reiche gesagt hat: Beschlagnahꝛnen Sie das Getreide, sonst müssen S April Frieden schließen. Wir danken dem Generalvbersten von 2 daß schließlich zur Beschlagnahmne des Brotgetreides gesch wurde. Wenn jetzt mit der Kartoffel so versahren wird, u beabsichtigt wird, so haden sie keine Kartoffeln mehr und kom keine mehr haben. Wenn jetzt den Landzvirten noch die Saatkanz weggenommen werden, so wird man eden envas anderes zu b. suchen. Ich will das bestehende System nicht ändern, abder . nicht weiter ausgebaut werden. Wer kann eiwas Neues em was 70 Millionen sättigt, wenn er nicht auf dem Vergangen bdaut? Die Stimmung der Bevölkerung hängt davon ad, im Herbst wieder Kartoffeln haden werden. Kritik ist leich ich will nicht noch Steine auf den steilen Pfad werfen, den alter Freund Batocki zu gebden sich entschlossen hat. Das getreide hat einen verhältnismäßig niedrigen Preis, aber maß ernten, müssen wir abgeben. Gesät batten wir, wir konnt abwarten, was der liebe Gott uns beschert. Verfüttert ist das 6 ¾ nicht, ich hade kein einziges settes Schwein verkauft, im Fried hunderte. Aber der Roggen ist durch eine plötzliche kalte We 7 bdis 8 Grad abgefroren. Man sollte nicht die steigerm für das, was wir haben, sondern für das wir schaffen sollen. Die Städte können mit Kag mur ausreichend versorgt werden, wenn wir das 8 machen, das im Frieden war, das der freien Verträge, und
si schütt, daß man
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man sie vor einem Ueberpreis dadurch Höchstpreis in Aussicht stellt, wenn bis zu ceinem etwa Oktober, b 8 K
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. . erpre — tober, die Stadte sich nicht versorgt nüssen mit den Kartoffeln wieder zu normalen Zustäanden a, wenn wir und Salz haben, können wir nich hungern. Die Kar
den Produzenten wünschenswerter ist, Eßkartoffeln zu irgend eine antere Frucht. Es müßie bestimmt
4 artoffeln toffelpreise müsse so hoch gestellt werden, 1 werden, d Städte sich wieder wie im Frieden durch Lieferungsverträge nit
toffeln versorgen, daß aber, wenn sie es nicht getan haben, ein.
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preis eintritt. Wenn die Verträge abgeschlosien sind, weiß da womit es zu rechnen hat. Der Erzeuger wird immer noch haben, wenn die anderen nichts mehr baben, an die er verkauft. † es tbeoretisch möglich wäre, Stadt und Land voöllig gleichzustell wäre das ein großes nationales Unglück, denn die Produktiont stillstehen. Wenn das Land die gleichen Löhne zahlen müßt die Industrie in der Stadt, was meinen Sie, wie hoch dann die toffelpreise sein müßten? Durch die vielen Verordnungen Bundesrats, die erlassen und wieder aufgebeoben sind, isß Land in große Unruhe gekommen. Fangen Sie mit dem Abtt jetzigen Ernahrunassystems an bei den Kartoffeln, dann werdch eiwas für unser Vaterland erreicht haben. Aber tun Sie es Es dauert 14 Tage, dann ist es zu spaͤt. (Beifall rechts.) Oberbürgermeister Wermuth (persönlich); Es bat einm längerer Zeit ein Kartoffellieferungevertrag zwischen der Berlin und Herrn von Oldenburg vestanden mit einem Preit⸗ 3,20 ℳ oder 3,50 ℳ. Wenn damals ein Höchstpreis von 9 bistz bestanden bätte, dann glaube ich nicht, daß Herr von Oldenbu 3,20 oder 3,50 ℳ abgeschlossen hätte, (Heiterkeit.) Oberbürgermeister Matting⸗Breslau: In vieler Beßzb kämpft Herr von Oldenburg gegen Windmühlen. Einmal r, daß wir innerhalb 14 Tagen etwas ändern müßten, das Mal, daß an dem jetzigen System nichts geändert wercen solle. wir dem Vorschlage des Herrn von Oldenburg folgen wollten, wir aber das ganze System andern. Es würde in hobem Mah fährlich sein, jetzt an dem System für die Karxtoffeln zu änden haben auch die Freunde des Herxrn von Oldenburg zugegeben. Handel soll mehr können, als die jetzige Kartoffelverwertung.† ist richtig für den Frieden, aber jetzt im Kriege, besonders im 1916, würde der Handel ebensowenig den Anforterungen habeh sprechen können. Wir haben 1916 26 Millionen Tonnen Ka gcerntet, 1915 dagegen 52 Millionen Tonnen. Wenn der Ha den jetzigen Vorräaten frei hätte schalten können, so hätten wir! gehabt, die auch die besser bemittelten Klassen nicht hätten be
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können. Und hätte das Reich Zuschüsse gegeben, so hätte es gebeuerlich in seinen Säckel greifen müssen. Der landwirtsch Sachverständige des stellvertretenden Generalkommandos in Ah hat einen ähnlichen Vorschlag gemacht, wie Herr von DkrcJ Auch er hatte eventuell Höchstpreise vorgeschlagen. Also Hochst hier wie da. Die Festsetzung eines richtigen Höchstpreises ist die schwierige Frage. 1 r . 1 8 das jetzige System bewähren köämmen, so daß der Kartos duzent einen genügenden Anreiz Aun Anbau darin fande. einer gleichen Rationierung von Stadt und Land hat niemch sprochen, es muß nur das richtige Maß gehalten werden. Fur⸗
Fahr jedenfalls werden wir das System nicht abbauen
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Abkommen über Kartoffellieserungen werden sich von selbst uh
wenn nur die Ernte dafür da ist. Die Schwierigkeiten dieses 8 gerade durch die schlechte Ernte heworgerusen worden.
die Städter 89 auf das Land reisen und beim Bauern einkausch
wweist das, daß die Bauern bisher nicht alles abgegeben haben
die Zutunft gefährden. Das Kriegsernährungsamt weiß sehr wohl
Erstem vorschlägt, ein gewisses
bestände.
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aber auch noch an die Saatkartoffeln agrei
Bei einem richtigen Höchstpreis würde sich
sii ah sesent npaßten. Die Städter reizen dadurch auch die Bauem an, nichts abzuliefern. Aber dieses Berfahren ist nach beiden Seiten zu verurteilen, weil es ungesetzlich ist. Die Angriffe der Städte auf kie neixäeschaft dürfen nicht allzu tragisch genommen werben. Pie ftsotischen Verwaltungen leiden unter solchen Angriffen. Die Leute hüben, nun einmal das Empfinden daß von dem Lande nicht alles Mögliche getan wird. Der freie Handel wird nach Möglichkeit bei der Lebensmittelverteilung heran ezogen, aber von der Butterlieferun muß der Handel ausgeschlossen Ekecben weil bierbei auch die Mlas piwobuktion in Frage kommt. Im Kriege muß sich jeder schmere Ein⸗ griffe von Staats wegen gefallen lassen; ich erinnete an die Fin riffe hegen die Hausbesitzer, die Pextilindustrie, die Schuhmacher usw 28 8 se alles notwendige Eingriffe, die sich jeder gefallen lassen muß Wenn die Vertreter der Staͤdte mit Eentschirentet wie uteressen der Städte wahrnehmen, so tun sie es in dem Bewußtsein der Pflicht durchzuhalten. Die großstädtiscke Bevölkerung trägt ungebeure Hfüiche deshalb darf man ihr nicht mehr zumuten, als unbedinat notwendig ist. Und wenn die städtische Bevölkerung sieht, daß auf dem de immer noch besser gelebt wird, so darf man ihr es nicht verübeln daß sie darüber verstimmt ist. Wir handeln auch im Interesse unserer heranwachsenden Jugend; von der Gesundheit der Kinder hängt die Zukunft des Vaterlandes ab. Wir müssen auch gesunde und kräftige Mütter erhalten. Unser Streben geht dahin, unsere vaterländische Pflicht zu erfüllen. 111““ Graf vo n der Schulenburg⸗Gruünthal: Im vorigen Jahre ist ein Teil der Frühkartoffeln allerdings verfault, aber die Kartoffeln mußten wegen des Bedarfs der Bevölkerung zu früh beraus⸗ genommen werden, dann kam eine Hitzewelle, die die Kartoffeln zer⸗ störte. Die Frühkartoffeln balten sich überhaupt schwer. Aber die Menge der verfaulten Kartoffeln war nicht so groß. Es bilden sich ja immer leicht Legenden. Man klagt, daß das Kriegsermährungsamt alles wegnäh me, aber zum Vergnügen nimmt das Kriegsernährungsamt nichts weg; es ist zu diesen Maßregeln durch die Not gezwungen weil nichts da ist. Allerdings ist es besser, Lebensmittel zu hohen Preisen zu haben, als gar keine, aber es muß doch vermieden werden daß die Preise gar zu sehr in die Höhe steigen. Die Preise für das Getreide sind so niedrig, daß die Landwirte nichts Besseres tun.könnten, als Getreide zu verfüttern. Der niedrige Preis war also eine Prämie auf die Uebertretung des Verfütterungsverbotes. Noch in späten Ja pren
wird man von der jetzigen kartoffeklosen, der schrecklichen Zeit reden.
ꝙ 194 ürf r 1 2 „ 15 ; Die jetzige Rot dürsen wir unseren Städten nicht länger zumuten und wenn wir in die Saatkartoffeln hineinsteigen, obwohl wir dadurch
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daß die Not mit dem Ende des Krieges nicht aufhört, es ist nicht nur vor eine sehr schwierige, sondern geradezu vor eine unlösbare Aufgabe
gestellt, aber trotzdem wird es an dem jetzigen System nichts ändern
dürfen. Das Kriegsernährungsamt wird die Zeit berbeiwünschen, wo eine Aenderung möglich ist. Möge diese Zeit nicht mehr fern sein. Oberbürgermeister Koch: Ich habe vor jedem, der ein neues 8. — Mißtrauen. Die Vorschläge des Herrn von Oldenburg leiden an mindestens drei falschen Voraus⸗ setzungen. Den Bedarf im Kriege darf man nicht gleichstellen dem Bedarf im Frieden, und die Hilfskräfte, die Verkehrsmoglichkeiten usw.
darf man auch nicht gleichstellen im Krieg und im Frieden. Es ist
auch nicht richtig, daß das jetzige System schon seit drei Jahren be⸗ steht. 1914 herrschte vollkommen freier Verkehr mit den Kartoffeln und 1915 war im wesentlichen das Zwangssystem eingeführt, das Herr von Oldenburg vorschlägt. Der freie Handel würde sich sicher⸗ lich in diesen schwierigen Zeiten nicht an die Höchstpreise für Kar⸗ toffeln halten, sondern sie mit allen Mittelchen überschreiten. Wir sind mit dem Sostem zufrieden, aber meinen, daß es in seinem Unter⸗ bau noch lange nicht genug ausgebaut ist. Durch Sammelstellen ließe sich noch mehr aus dem Lande herausholen. Wenn die Bevolkerung in den Studten nicht das Bewußtsein bat, daß nach aller Moglichkeit für eine Gleichmäßigkeit in der Versorgung gesorgt ist, dann ist fie nicht mehr ruhig zu halten. Ich freue mich, daß auch der Landwirt⸗ schaftsminister sich dafür ausgesprochen hat, daß auf dem Wege des
Zwanges der Landwirlschaft abgenommen werden muß, was gebraucht
wird. —
Herr von Oldenburg: Das Kriegsernährungsamt wäre gar nicht nötig gewesen. Der Landwirtschaftsminister, Handels⸗ minister und Minister des Innern zusammen hätten alle diese Auf⸗ gaben erfüllen können, sie haben auch die Organe dazu. Nach meinem Vorschlag soll der Höchstpreis nur eintreten, wenn durch den freien Handel der Bedarf nicht gedeckt wird. Es wird immer gesagt, ich wolle nur die Preise für die Landwirtschaft steigern; nein, wenn sie den Höchstpreis von 10 ℳ vom 1. Oktober festsetzen, bin ich damit zufrieden. daß daven 5 ℳ in die Staatskasse fließen. Ich will nur ie Städte aus der Kartoffelnot herausbringen. Herr Oberbürger⸗ neister Wermuth würde allerdings von mir nicht einen Zentner Kar⸗
ffeln für 3,50 ℳ bekommen, wenn ein Höchstpreis von 9 oder 10 ℳ Das war im Anfang des Krieges, später habe ich einen Preis von 5 ⸗ℳ vorgeschlagen. Der Preis muß so sein, daß darin ein Anreiz für den Anbau liegt.
Herr von Hertzberg stellt eine irrtümliche Auffassung seiner Worte richtig. —
Oberbürgermeister Koerte⸗Königsberg: Das außerordentlich efriedigende Ergebnis dieser Besprechung ist, daß wir einig sind in r Bemühung, der Schwieriakeiten Herr zu werden. Wenn
ifen will, und dadurch die Er⸗ nährung l setzt, dann müßte das den allerungünstigsten Eindruck im Auslande und im Inlande hervorrufen. Es more eine höchst anfechtbare Maßregel, nur vom Augenblick diktierk, ohne Rücksicht auf die Ernährund in der Zukunft.
Minister für Landwirtschaft, Domänen und Dr. Freiherr von Schorlemer:
Meine Herren! Gewiß ist es Une sehr ernst zu nehmende Maß⸗ nahme, wenn in der Weise, wie chen Herr Overbürgemneister Körte es geschicdert hat, auch die Menze der Saatkartoffeln beschränkt wird. Aber ich möchte gegenüber seinen Ausführungen, die doch den Ein⸗
druck erwecken könnten, als wenn gerade bezüglich der Kartoffelver⸗ ryo 1ng sorgung unsere Lage
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esonders bedenklich wäre, auscdrücklich darauf
nicht viel ungünstiger dastehen als im Vorjabre. Wenn erwähnte Verordnung nunmehr die Möglickkeit geschaffen Umstaänden auch in die Saatkartoffeln einzigreifen, so ist Vorsichtsmaßregel, die nicht überall zur Anwendung kommen wird. Sie ist lediglich zu dem Zwecke getroffen, um fürt die kommenden Monate die Versorgung der Stäödte mit den nötigen Kartoffeln sicher⸗ zustellen. Graf zu Rantzau: Es trifft nicht zu, daß die Landwirte nur üser das zufrioden sind, was teuerer wird, und üunzufrieden, wenn etwas billiger wird. Es bestätigt sich leider, daß mein Eindruck richtig war, daß das Kriehsernährungsamt einem gewissen Druck nach⸗ gibt, daß es aus Angst vor Stimmungen, die vielleicht entstehen fonnten, falsche Maßnahmen trifft. Die Wegnahane der Saat⸗ 22 5 8 . 2 . 8 F 88 Ieeee kartoffeln bedeutet auch nur wieder eine Amsstpolitik und eine Augen⸗ Zukunftspolitik. Die Er⸗ chwerer werden als jetzt.
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blickspolitik unter Außerachtlassung icher Zu⸗ nährungsfrage wich ja im Frichen noch vicl s Minister fuͤr Landwirtschaft, Domänen und Forsten Dr. Freiherr von Schorlemer: Ich glaube, eine allgemeine Bemerkung nicht unterdrücken zu bürfen. Auch die Frörterung wirtschaftlicher Schmerzen und Sorgen in der Oessentlichkeit hat ihre Grenzen! Gegenüder den letzten Aeußevungen des Herrn Vorruders neuß ich folgerdes bemerken: Das Kriegsernährungsamt und die Reichskartofselstelle haben sich in der Frage der Kartofselversorgung doch nicht von S rimmungs⸗ und Augenblicks volitit keiten lassen, sondern lediglich von der Erwägung,
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daß bei diesem sehr strengen Winter und bei der Umnöglichkeit, die Kartoffeln auf andere Weise zu beschaffen, schließlich die Kartoffeln borübergchend dort genommen werden mußlen, wo sie noch vorhanden waren. (Sehr richtig! links.) Deshalb sind die Eingriffe in die Saatkartofsfeln bedauerlicherweise undermeihlich gewesen. Sie sind aber, soweit ich habe feststellen können, nicht allgemein, sondern immer nur an den Orten erfolgt, wo im Augenblick eine andere Kar⸗ toffeldersorgung sich nicht ermöglichen ließ. Wenn die Transport⸗ sckowierigkeiten nicht zu groß sind und demnzchst die Kartoffelaussaat nicht in allzu kurzer Zeit erledigt werden muß, dann ist meines Er⸗ achtens nach dem Ergebnis der Bestandsaufnahme auch die Hoffnung gerechtfertigt, daß die beschlagnahmten Saatkartoffeln durch andere ersetzt werden können und daher wegen Mangels an Saatkartoffeln eine wesentliche Verminderung unserer Anbaufläche nicht erfolgen wird. (Bravo! links.) .
Herzog von Trachenberg: Nach den Reden einzelner Herren aus diesoem Haus hätte man fast glauben müssen, daß wir wirklich am Verhungern wären. Es ist begreiflich, daß einzelne große Kommunen besorgt in die Zukunft seben. Vergessen wir aber nicht, daß wir jetzt außerordentlich ungünstige Verhaltnisse gehabt haben, wie sie nur in seltenen Jahren vorkommen, und die Kartoffel er⸗ friert bekanntlich sehr leicht. Erfreulich war die Mitteilung des Lamowirtschaftsministers, daß die Situatien nicht so schlecht ist, wie von vielen Seiten befürchtet wurde. Selbstrerständlich dürsen Saat⸗ kartoffeln nur dann vorübergebend weggenommen werden, wenn man andere dafür liefern kann. Man muß nicht nur Kartoffeln bauen, sondern sogar reichlich andauen. 88
Graf von der Schulenburg: Ganz so liegt die Sache nicht, daß die Maßnahmen des Kriegsernährungsamtes einfach ein Produkt der Angst wären. Wenn aber an einzelnen Stellen Not entsteht, so muß mit der Stimmung der Bevölkerung gerade dieses Bezirkes gerechnet werden. 1 b
Fürst zu Salm⸗Horstmar: Im Reichstage werden jetzt wichtge Steuern beraten, die den größten Bundesstaat Preußen stark in Mitleidenschaft Die Koblensteuer trifft Preußen als Bemg⸗ werksbesitzer sehr erheblich. Ebenso ist es mit den Vertehrssteuern. Man hätte mit solchen Steuern bis nach dem Kriege warten sollen. Wir ahmen dabei das Vorbild Englands nach, das die Kosten des Burenkrieges mit Hilfe seiner Einkommenbesteuerung sehr rasch getilot hat, dadurch aber die Unternehmerlust gelähmt hat.
Herr von Heydebreck: Wie kommt es, daß wir uns gegen diese Riescnübermacht von Feinden behaupten können? Man hat unsere Organisationsfähigkeit geruhmt. Dabei erkennt man die Ueberlegen⸗ heit unseres Staates an, denn der Staat ist die organisierte Macht, und diese ruht mit auf der Tüchtigkeit unserer Beamten, und da ist das Wort von dem Polizeistaat nicht berechtigt. Ich bezweifle, ob es in irgend einem Lande mehr Freiheit und weniger Bevormundung gibt als bei uns. In Frankreich sicherlich nicht und auch nicht in England. Wir würden bei unserem Bedürfnis nach Freiheit nicht eine solche Gebundenheit ertragen wie die Engländer. Die Parole „Freie Bahn dem Tüchrigen!“ ist doch so selbstvegständlich, daß ich mich wundere, warum dieses Wort so lauten Beifall gefunden hat. Ich habe niemals inen Staat gefunden, in dem der Tüchtige mehr freie Bahn hat als im Staate der Hohenzollern! Die ganze Welt hat unter Zrttern und Zagen letnen müssen, was die preußisch⸗deutsche Monarchie leistet.
Oberbürgermeister Dr. Johansen⸗Crefeld: Wir freuen uns des sympathischen Fortgangs der Debatte, im Gegensatz zu cinigen Reden, die zestern gehalten wurden. Wenn der Preuße aus dem Aus⸗ lande heimkehrt, so freut er sich nicht, daß er in den Polizeistaat Preußen zurückkommt, sondern darüber, daß er in das Land kommt, wo die Liebe des freien Mannes den Thron stützt.
Oberbürgermeister Dr. Rive⸗Halle: Wir haben immerhin noch manches, was an den Polizeistaat erinnert, so in dem Verhältnis der Selbstverwaltung gegenüber den Aufsichtsbehörden. Die Aufsichts⸗ bebörde bat sich jetzt im Kriege in eine vorgesetzte Behörde verwandelt. Wenn ein Oberbürgermeister in der Stadtverordnetenversammlung einmal scharfe Worte gebraucht gegen das Kriegsernährungsamt, dann kann er sicher sein, nach wenigen Kagen von der Militärdehörde eine Kritik zu bekommen, die ihn der Sozialdemokratie und anderen staats⸗ feindlichen Elementen gleichstellt. Man macht die erstaunlichsten Er⸗ fahrungen, bei denen man sich wirklich fragt, ob man in einem Rechts⸗ staate lebt. Aehnlich war es mit dem Zweckverbandszesetz für Groß Berlin; dieselbe Sache ist es in der Frage des Lastenausgleichs für Groß Berlin, und wir werden nächftens mit dem Wohnungsgesetz wieder ein Stück Polizeistaat zu kosten bekommen. Jetzt darf es nicht heißen, Hand mweg, sondern Hände ran an das Bauwerk unseres preußischen Staates. Dieses Werk ist alt und es muß verjüngt werden.
Herr Dr. Loening: Ich habe nicht Preußen als Polizeistaar bezeichnet, sondern gesagt, daß es im Auslande vielfach dafür gehalten wird, und daß auch noch allerlei Reste des Polizeigeistes vorbanden sind, die in der Ueberzahl von Polizeiverordnungen zum Ausdruck kommen. .
Um 61½ Uhr vertagt das Haus die Weiterberatung auf Freitag 12 Uhr. Außerdem Eisenbahnanleihegesetz.
Se Sorn aNMen.
Parlamentarische Nachrichten 8 1
Im Hauptausschuß des Reichstags machte gesiern der
Staatssekretär des Reichsmarineamts, Admiral von Capelle vertrauliche Ausführungen über den U⸗Bootkrieg, aus denen laut Bericht des „W. T. B.“ mit erfreulicher Deut⸗ lichkeit erhellt daß alle Erwartungen sich bisher in vollstem Umfange erfüllt baben.
Tas im kürzesten Monat tictz der ur gänstigsten Witterurg, trotz des Eiegangs in mseren Fiußmündungen, des lancanbeltenden Nedels und der langen Nöchte erzielte Ergebnis von 781 500 t im Fedruar, e'öffr e die desten Aussichten für de Zukunst um omebr, da nicht nur die Zahl der U⸗Brote in der Frent in stetigem Wachsen begriffen ses, sondern auch die Boote selbst immer leistungsfahiger würden. Able in den feindlichen und arch in einem Teil der neut alen Blätter emhaltenen Angaben ütern die Vernichtung don zohlretchen U⸗Bcooten seien erfur der. Die Verluste hielten sich im Gegenteil an der unseren Grenze dessen, was die Marine von Anfara an in ihre Berechnungen eingennehr pätte. Der Frontzuwachs an U⸗Booten übert äfe in den Monaten Februar und März die Verluste ber weitem. Für die Gesamtzadl der Bocte käme die Zahl der verloren geaanaenen U⸗Boote überhaupt nicht in Betracht Unsere Gegner machten ellerdings die größten Anstrengungen, der U⸗Bootsgefahr Perr zu werden. Wenn diese mi Re den im Parlament und Geschrei in den Zeitungen überwunden werden könnte, dann wäre sie allerdings schon verschwunden. Er könne sich damit begnügen, den Reedereien unserer Feinde die Tatsachen gegenüberzuste len: große Erfolze, sehr geringe Verluste. Anch der Monat März habe sich nach den kis⸗ berigen Meldungen sehr gut ange lassen, troßzzdem bereits jept üderall im Sperrgebiet ein fühlbarer Rücganz der Sbiffahrt ein. getrelen wire und die U⸗Boote sehr piel wensger Sa iffe anträfen. Letzteres sei in der Hauptsache dem Verhalten der Neutralen zu⸗ zuschreiben. Die Marine habe es sehr degrüßt, daß die neu rale Schiffehrt das Sperrgebiet meide. Neutrale Schlffe zu versenken, sei -ür unsere Streikkräne schmerzlich, eine harte, aber vnbedingte Notweodigkei’. Die Marine hoffe, daß ibre en wivellche Warnung, das Sperraebi⸗t zu befabren, in immer fteigendem Maß in neutralen Schiffahrtskreisen Berstä dois und Beachtung fiaden werde.
Uasere Feinde, vor allem England, versuchten mit ellen Mitteln, mit Zvonz urd Chrikane, mit Forderungen und Merfprechungen, mit Verheimlichungen und Verschl ierungen der Schiffsverluste, mit salschen Aagaen üder Versenkung deutscher C⸗Boote die Reutralen iu bewegen, weiter die Zufuhr nach Enelend aufre chtzuerhal en
hat sich dem „Allgemeen Handelablad“ drei Punkte als Grundlage für die Refarmen geeinigt
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und ihre Haut für sie zuu Markt⸗ zu tragen. Am 22. Fe. babe der cuglische Marireminister Garson im Parzament g⸗ kiürt: „Niemals würde er sich dazu verstehen, Berluste zu v r⸗ beimlichen“. Wentge Tage später ober habe er die Beröffent⸗ lichangen eingestellt. Der Grurd dafür luge für jeren, der sehen wolle, klar auf der Hand. Wer köauten uns auch gnüzen, dem Gebaren unserer Feinte geg nüber sprechen zu lasser. Die Neutralen hätten selbst zu entschetten. müßten und könnten mit aller Rube ihren weiteren Fatschließungen entgegensehen. In der Martne sei alles davon , e Flettenchef an, der mit seinen Streitkräften hinter den U⸗ stunde und ibnen Bewegungsfreiheit und Ausbildung sicherte, bis ium jüngsten Matroten und Heizern, daß die 3beraommene Aufgabe auch b's zum siegreichen Ende durchgeführt werten würde. Im Anschluß an diese Mitteilungen erklärte der Staats⸗ sekretär des Innern, Staatsmiister Dr. Helfferich, daß die technischen Erwartungen, die auf unsere U⸗Boote gesetzt worden seien, sich voll erfüllt hätten. Damit sei die Gewähr dafür gezgeben, daß auch die wirtschaftlichen Ermarlungen erfüllt werden würden. Der Schiffsverlust unserer Feinde sei heme schon so groß, daß sie, nameatlich Eagland, alle Anstrengungen machten, um die neutrale Schiffahrt zur Hilfeleistung zu be⸗ wegen.
Das Mitglied des Hauses der Abgeordneten, Ge⸗ werkschaftssekretär Imbusch (Zentr), Vertreter des Stadt⸗ und Landkreises Aachen und des Kreises Eupen, Regierungsbezirk Aachen, von dem bisher angenommen worden war, daß er in Gefangenschaft geraten sei, ist, wie nach einer Meldung von „W. T. B.“ jetzt festgestellt wurde, am 7. Dezember 1914 auf dem östlichen Kriegsschauplatze gefallen.
„ 2 Nichtamtliches. (Fortsetzung aus dem Hauptblatt.] Großbritannien und Irland. Die Debatte über die Wahlrechtsfrage im Unter⸗ hause hat nach dem „Nienwen Rotterdamschen Courant“ er⸗ geben, daß die Opposition gegen die Wahlreform vlel weniger stark war, als man ermartet Tie Regierung vertrat energisch den Standpunkt der Kam⸗ mission. Der Premierminister Lloyd George ergrtff selbst das Wort. Einundsechzig Abgeordnete, die gegen den Kommissionsbericht stimmten, gehörten zu den Ultra⸗ konservativen, während mehr als die Häifte der Unionisten das Kompromiß anzunehmen bereit sind, das der Kommissiansbericht darstellt. Die Entscheidung über das Frauenwahlrecht will die Regierung dem Hause überlassen.
Frankreich.
Vorgestern vormittag trat unter dem Vorsitz des Minister⸗ präsi denten Ribot der neue französische Wirtschaftsrat zusammen, um die Frage der weiteren Einschränkungen zu be⸗ sprechen. Es wurde beschlossen, daß der Verproviantierungs⸗ minister Violette sein Progaramm neuer Einschrän⸗ kungen, die auch infolge des Versagens der Höchstpreispolttik notwendig werden, in der Kammer auseinandersegen solle.
Wie der „Pelit Paristen“ mttteilt, sieht das Programm (me energ sche Ratirnierun spolttik und für den Fall, daß ki se Maß⸗ vahme schettern sollte, die Requtrierung vor. Die Bevölkerung solle über den Ernst der Lage aufgekärt werden. Die Kohlen förberung, die zwar in der letz en Zeit besser geworden set, set doch der ren stets stergenden Anforderungen der Kriee Andußrie unge⸗⸗ nügend. Man müsse daher eine scharfe Rationterung des Kehler⸗ und Gasbverbrauchs inführern, wodurch besonders die Industrien, die mit der Landeev rreiriaung nichts zu tun baben, hetroffen würden. Auch mit dem Ekniritt des Sommerh fei auf keine Besserung in der Kohlenderorgung Frankreichs zu rechner. Belüäglich der Getreide und Brotfrage werde man geiwungen seir, dem Publikum nerxe Opfer aufzuerkegen. Das Brut müsse mit Ersatzmebl gemischt werden. Der Abgrerdneie Boret schlääat in seinem Reformprogramm die soer tige Etnführung der Brotkorte vor, da „* seldst her Antunft des russischen Getreiheh nicht möglich seia mwürde, bis zur nächsten Ernte zu rrichhen. Man müffe daber auch undedingt eine neue Brotart einfüöhren. We Zuckerfrage sei ebentalls sehr ernst. Neue Etnschränkungen be⸗ tüglich der Zuckerbäckereien und Zuckendestillation seien grhoten, um so mehr, als die naͤchte Zuck⸗rrübenernte einen gerßen Ausfall auf⸗ weisen und der Zuckervorrat schnell erschöpet seim werdre. Is werde schon jetzt notwendig auf die Rassinterung des Zuckers zu verzichten.
— Im Senat wurde vorgestarn an der bereits gemeldeten Art und Weise, in der der Han des Arsenals vamn Roanne vorgenommen wurde, Kritik geüdt.
Der Senztor Millrès⸗Lacroix „klärte, daß das Arse nal den Bedürfnisfen niche entspreche. Der Fall sch ine sich jetzt bei der Ver⸗
zßerung des Schieüpiatzes von Bourges zu wiederhoter. Per Munttionsminister Tbomas suchte sich in längeren Aut führungen zu rechtferrigen und erklärte, um den Baut volle den zu können, drauche er das Vertrauen des Senates.
Der Senat nahm darauf eine Tagesordnung an, die der
Regierung das Vertrauen gusspricht, jedoch erklärt, daß das Parlament die finanzielle Kontrolle beibehalten müsse. — In der Kammer brachte der Abgeordnete Tardien einen Interpellationsantrag üder die Maßnahmen ein, welche die Regierung zu ergreifen gedenke, um die Blockierung Deutschlands wirksamer zu gestalten.
— Im „Evénement“ fordert der Deputierte Paté Ruß⸗ land auf, Truppen nach Frankreich zu senden. Die frühere Regierung habe befürchtet, die rufsischen Saldaten würden sich bei engerer Fühlungnahme mit den frauzüsischen an Freiheit und Emanzipation gewühnen, heute müßten solche Befürchtungen wegfallen. Deshalb sei es die Pflicht Rußlands, Truppen nach Frankreich zu entsenden und den französischen Truppen Ablösung zu gönnen. .
Laut Meldung der St. Petersburger Telegraphen⸗Agentur hat der Kriegsminister Gutschkow die Aufhebung der Krieasgerichte angeordnet.
Der frühere Kriegsminister General Poliwanow ist in das Hauptquartier gereist, um es auf neuer Geundlage zut reorganisieren, die Beziehungen des Generalstabh zur praui⸗ sorischen Regierung genau zu bestimmen und für die Ab⸗ grenzung der Befugnisse zu sorgen. Gleichzeilig wurden hie alten Heerführer, die die Allersgrenze erreicht hagem, dan
Oberb sehls enthoben.
Die Kommission zur Reorganisation der Armee
zufolge auf folgende