1917 / 58 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 08 Mar 1917 18:00:01 GMT) scan diff

144e4“*““ ie älteren Meister anlangt, so wird man nicht verlan

1 me gen können, 88 1. städtische Sammlung zum Besspiel das gesamte serk von Menzel besitzt, da seine Kunst im weitesten Sinme deu sch t. Den im enasten Sinne Berlinischen Theobor Hosemann sollte an hier aber so gut kennen lernen können, wie sonst an leiuem Oite wieder. Und so Ueße sich aus dem 18. und 19. Jahrhundert eine große Anzahl von Lokalgrößen msammenbringen, von denen einige „. zugleich mehr als nur örzliche Bedeutung ber tzen, die ihrer⸗ sleits beweisen könaten, daß die Stadt Schlüters, Schadows, Raucks, Schinkels und Menzels, die Stadt, in der Kleist und E. T. A. Hoffmann lebten, in der der „GBrüne Heinrich’ und die „Chronsk der Sperlingsgafse“ entstanden, deren Wesen in den Romanen Fontanes und in einigen Gestalten Hauptmanns wiedergespiegelt wird, unter den deutschen Kunststädten in vorderster Rethe steht. Läßt sich das Programm für eine Berliner städtische Sammlung also fest um⸗ reißen (noch allem, was man von den Ankäufen der Stadt Beelm hört und sieht, scheint es leider nicht recht erfüllt zu werden), so ist es für die großen Vorstädte schwer festzusetzen, denn eine ausgesprochen Charlottenburger. Schöneberger oder Neuköllner Richtung in der Malerei gibt es natürlich nicht. Die Pororte könnten, wenn sie sich auf örtliche Kunst beschränkten, daher ebenfalls nur „Berliner“ Kunst im allgemeinen Sinne sammweln, und sie würden der Berliner städtischen Galerie und ihre einzelnen Sammlungen würden sich unier⸗ einander nur überfluͤssigen Wettbewerb machen. Daß jeder der reichen Groß Beritner Vororte ein eigenes Museum besitzen olle, wäre zudem ein übertriebenes Verlangen. Aber zum Schmock ihrer Schulen, ihrer Festsäle und öffentlichen Gebäude köͤnnten sie viel tan, und sie sollten zu diesem Zwecke nur das Allerbefte sammeln. Rücksichten auf äartlichen Charakter brauchen bierbet nicht allzusehr mitzusprechen, und die Kunstwerke könnten aeir nach dem Kanstwerte ausgewählt werden wenn man auch Zerltner Künstler und Schilderungen aus der Heimat noch Möglich⸗ keit beranziehen könnte. Ebarlottenburg würde vielleicht insofern eine Sonderstellung einrehmen, als auf seinem Boden die Kunst⸗ akademie und das Gebäude der Freien Sezession stehen. Aus den Kreisen dieser beiden Pflegenätten der Kunit hat man auch zum größsen Teil die Werke gewählt, die im Charlottenburger Rat⸗ hause ausgestellt sind, die aber in ihrer Gesamtheit leider enttäuschen. Gewiß: es liegt zum Teil an den Käͤnstlern selest, daß ihre Werke sest von der einstigen effe ktvollen Ausstehungsumgehung losgelöst, eine tiefe und nachboltige Wirkung mehr ausüben. Man keellt selbst immer wieder felt, daß Bileer, die einem vor wenigen Jahren in der Großen Berliner Kunstausstellung oder in der Sezession ganz gut gefieten, bier, in anderem Lichte, nüchtern wirken und daß sie schon nach einem halben Jahrzehnt veraltet siud. Es hätten sich aber trotz em in Moabet und am Kurfürstendamm wohl bedeutendere Werk⸗ finden lassen, ass die eworbegen. Man scheint vor⸗ nehmlich das Gefällige und Landläufige bevorzugt zu haben. Der allbeltebte Athlet⸗ von Stück in natürlich vertreten, und man wundert sich darüber, daß ein so feines und unaufdͤringliches Kunstwerk wie Gerstels Fallender Krieger“ in dieser Sammlung des Zureichenden und Mittelmäßigen Platz ge⸗ funden hat. Gegen veisrikoms „Grunewaldseen“ ist wegen des dargestellten Metws nscht vie] einzuwenen. Nennt man noch Philipp Francks krafrvolles Gemälde „Badende Knaben“, die ein wenig hart und hölzern geraten sind, und RNößlers. Bahnübergang“, sowhe Brockhufens „Baumblüte“, so sind die gutzuheißenden Bilder angeführt. Man muß aber gleich hinzufügen, daß man von Brockhufen und Rößler noch stärkere Werke hätte baben können. Bilder in der bekannten Art von Oskar Frenzel, Robert Breyer, Bischoff⸗Culm, Feyser⸗ EGichberg, Hans Herrmann, Eugen Sptro, Ulrich Huüͤbner, Alfred Mohr⸗ Iutter und Karl Strathmann gehören in dieser Sammlung zu den besseren Stücken außergewöhnlich gut ist keins der Se⸗ mälde. Diese neuen Erwerbungen dürften in 20 Jahren ekenso gleichgültis, durchschnittlich und altmodisch anmuten, wie jetzt die Bilder der gleichfalls ausgestellten Stistong eines verstorbenen Char⸗ lottepburger Bürgers, die insbesondere Werfe der in den acht iger

und neunziger Jahren berühmt gewesenen Modemaler enthält

1 Statistik und Volkswirtschaft.

Das Frauenstudium im fünften Kriegssemester.

Der starke Zugang der Frauenwelt zu den höheren Studien hat auch während des Kriecszustandes angehalten, so daß zurzett von der ihren Studien tat ächtich bliegenden Studentenschaft der dritte Teil und von der Gesamtzahl der Universitätstudenten der zehnte Teil weiblichen Geschlechts ist. An manchen Universitäten befanden sich in diesem Winter mehr Frauen als Männer obder fast so viel, nämlich in Marburg und Münster, und an einer Reibe von Uni⸗ versitaͤten bildete die weibliche Hörerschaft die Hälfte und mehr, so in Bonn, Frankturt, München, Heidelberg und Jena, wogegen Straßburg, Leipzig, Breskauund Gießen von Studentinnen verbältnismäßig gering besucht waren. Die einzelnen Universtäten zahlten in diesem Winterhalbjahr weibliche Studierenbe: Berlin 1276 München 760, Bonn 515, Hetdelberg 344, Münster 320. Marburg 51 5 Lapztg 292, Göttingen 273, Breglau 269, Frankfurt 225, Jera 177. Köntgsbera 170, Halle 164, Freiburg 138, Tuͤbingen 115, Greifswald und Straßburg je 70, Würzburg 49, Gießen 47, Rostock und Erlangen je 32. 8

In der Wabl des Studimns zeigt sich keine nennenswerte Ab⸗

weichung. Phtlologie und Geschichte studierten 2789 Frauen (gegen 2125 vo“ Kriegsaus bruch’, Mathematik und Natmwissenschasten 1036 (gegen 760), Medizin 1479 (970), Zabnheiskund⸗ 64 151), Kamerolia vnd Landwi⸗tschaft 225 (132), Rechtswissenschaft 116 (57), evangelische Theologse 18.(16) une Pharmazte 39 (141. DPancch ist die Zunahme allen Harpistudien zugeflossen, am stärksten der Medizin und dem Lehramt.

Land⸗ und Forstwirtschaft. Keimaugenverfahren für den Anbhau von Kartoffeln. „Durch eine fruüͤbere Veröffentlichung des preußischen Landwirt⸗ chafteministeriums wurde bereits auf eine Vermebru; g. der Kartoffeln n gärtnertichen Betriohen durch St⸗cklinge aufmerksom gemacht. Fen Aaschlusse hieran wird in einer neuen Veröffentlichung des La dwirt⸗ chaftseministeriums auf ein weiteres einfoaches Verfahren zur Ge⸗ vinnung von Stecklingen fur den Aubau von Kariosseln hingewlesen, as der Soatzuchtleiter der Pommerschen Saatzucht⸗Gesellschaft

Lienan auf Grund langjähriger praktischer Erfohtungen aus dem uchtbetriebe gewonnen hat. Das Verfahren besteht in folgendem: Die Keimaugen an der Spitze der Kartoffelknollen werden rüheßens Anfang Wärz, spätestens Ende März beim Schälen etwas icker als sonst obgeschnitten und in drei bis vier Stücke getellt, so

daß auf jedes Stuck in Auge kommt. Diese Augen werden dicht an dicht in abzrerntete Mistheerfästen, die mit ei er Schicht Send ron einem Finger dick überzegen sind, hineingelegt und eywas angedrückt.

Die Kästen werden in den ersten Tagen möglichst geschlossen und

seucht geha ten und dem Sonnenlicht voll auegesetzt, um die Augen onzuregen. (Es gehen über 2000 solcher Augen⸗

feckl nae auf ein Fenster). In 14 bis 20 Tagen si d

die Augen je nach den Sorten so weit ausge’rleben und baben sich auch die Warzeln so weit entwickelt, doß die Ver⸗ setung der Stecklinge auf einen anderen kalten Kasten erfolgen muß.

Man lege die kalten Kästen folgendermoßen an: Es werden im Lande

Beeie von 1,20 m Breue ausgesteckt und mit zwei übereinander⸗

gelegten Dachlalten umgeben. Sie sollen nur einen Schutz gegen

Noacktfreste und plötzlich eintretende Wutervunaswechsel bieten. Man

benußt einfache Landerde, die mit Sand vermischt wird. Heer binein werden die Kartoffelaugensteck inge möglichst dicht versetzt und bleiten his zur Abnahme im Mai stehen. Es muß &ache der Gaͤrtner sein, dafür zu sorgen, daß die einzelnen Augen sich largsom enttwricke In

8LE111““ 8 111“ 1 8 I 8 einer Kartoffelknolle ersetzen. Behauptungen von anderer Seite, man müsse mehrere Pflanzen zusammensetzen, um der Wirklichteit gleich⸗ zukommen, sind irrsg, denn jedes Auge entwickelt eine sähr giar e Pflanze. Verden solche Pflanzen svyäter an Ort und Stelle im Garten des Kleinkartoffelbaners ausgepflanzt, dann ist es ratsam, sie möglichst tief zu setzen, um sie vor Frost⸗ gefahr zu schützen. Sollte das obere Kraut durch Frühfrost zerstört werden. dann neiben die Pflanzen genau wie Knollenpflanzen schnell wieder aus. Um alle Kartoffeln für die Volks⸗ ernährung zu erhalten, muͤßten diese Augenstecklinge in allen Lazaretten, Volkeküchen und anderen Speiseanstalten Anfang März beim Schälen gewonnen und an die Handelsgäntnerei abgeführt werden. Können sie nicht gleich verwendet werden, so sollte man sie nicht im Keller auf⸗ schütten, soadera sie im Freien an der Luft flach ausbreiten, da sich an der Luft die Augen schon von selbst vorentwickeln.

Die Einfachbeit des Verfahrens ist ohne weiteres einleuchtend, und vor allen Dingen werden die Kartoffein dadurch der Ernährung nicht entzogen. Selbstverständlich kann das Verfahren nur für die Kleinbesitzer in Frage kommen, einmal, weil der Preis doch verhälinigmäßig hoch ist, zweitens, weil schon die Traneportschwierigkeiten die Anwendung im großen verbieten, und dr ittens, weil die Heranzucht nur von Gärtnereien in wirklich aroßem Umfange durchgeführt werden kann Es wird davorgewarnt, aus Ste lingspflanzen gewonnene Kartoffeln sräter wieder zu Saatgutzwecken zu benutzen. Eigene Erfahrungen hahen gelehrt, daß solch gewonnenes Saatgut dem Abbau schnell verfällt. Das Lienausche Verfahren sollte plan⸗ mäßig von allen Stadtverwalfungen eingeführt werden, um Pflanz⸗ kartosfeln zu sparen, da andernfalls zu befürchten ist, daß zahlreiche Kleinkartoffelbauer Kartoffelpflanzgut nicht erhalten würden.

Technik.

Die Anwendung der Pbotographie in der Mikro⸗ biologie hat sich Professor Dr. P. Lindner zum besonderen Arbeits⸗ gebiet gewählt, und die photographische Technik auf dem Gebiet der hat ihm reiche Ausbeute an werivollen Bildern gegeben. bedarf es, wie die „deutsche Essigindußrie“ berschtet, gar nicht eines photographischen Apparates, um sehr scharfe Bilder erhalten, ja es gelingt bei genügend starkem Licht mit dieser Techark, auch beweg⸗ Üiche Gegenhände zu erfassen, deren Aufnahme sonst die größten Schwierigkeiten bietet. So kann man auf diese Weise Schattenbllder von Bierschaum, schmelzendem Eie, schwimmenden kleinen Fischen und anderen fleinen Tieren, wie Wasser flöhen, Mückenlarven usw, aufaehmen, ferner Bilder von den sich in jedem Angen⸗ blick aͤnde nden Nepfiguren kletternder Aelchen, Bifder von lebenten Fliegen, Mücken, Ameisen usw. Die Anwendung starker Lichtquellen, wie Bogenlicht, gestatrer auch Momentaufnahmen, wie dies bei Präparaten mit beweplichen Objekten unbedingt notwendig ist. An Stelle von Glasplatten verwendet man neuerdings photographische Papiete, wodurch sich die Kesten sehr verringern, allerdings erhält man nur Negativbilder. Auch stereoskopische Aufnahmen sind jetzt in hober Vollendung gelungen. Auf jeden Fall bedeuten die photo⸗ graphischen Aufnahmen ein wertvolles Hilfs ur E wei unserer Kenntnisse von den Kleinwesen.

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Theater und Musik. Köntgliches Schauspielhaus.

Max Dreyer trat gestern nach 8 wierer mit einem neuen Buhnenwerk vor die Oeffentlichkeit. Er bot ein Lustspiel, das „Die reiche Frau“ genannt ist, und das bei seiner gestrigen Eru⸗ aufführung im Königlichen Schauspielhause eine sehr freundliche Aufnahme fand. Die Poelhelvin ist eine anmutige junge Erbin, die zwei begabten Künstlern, einem jungen Maler und dessen ältecem Freund, einem Bildhauer, zu reichen Aufträgen verhilft und sie dami; aus einem zwar ungebundenen aber auch unfruchtharen Bolsmeleben besreit, in dem ihre Talente zu verfüm mern drohen. Diese Hilfe wird aber nicht ganz selbstlos, sondern aus Liebe zu dem jungen Maler geboten. Dieser ist nun, obwohl er diese Neiguag erwitert, nicht leicht zu gewinnen. Sein Unabhängigkeitssinn und Künstlerstolz empfinden die fördernde Gönnerschaft ais Bevormundung, und er scheut sich, in Ab⸗ hängigkeit von der reichen Frau“ zu geraten. Schließ ich aber siegt doch die Liebe, und der Ehebund wird unter der Bedingurg völliger Gütertrennung geschlossen. Die Gütertren nung und die dyrch sie bedingte Beisteuer des Ehemanns zu den Haus⸗ baltungskost i lͤßt sich aber nur zum Schein durchführen, denn seine Büilder finden nur in den von der jungen Frau vorgeschobenen Schemkäufern Abnehmer. Aus der Aufdeckung dieses frommen Betrugs drohen ernstliche Verwicklungen, die sich aber da⸗ durch lösen, daß der-⸗ junge Maler durch eine Verkettung von Umständen zum wirlichen Famtlienhanpt wird die zreiche Frau! verziert durch unglückliche Gelogeichäfte ihres Oheims ihr Bermögen, und ihr Gatte erhält durch einen Kunßfreund reiche Aufträge, die seine Künstlerlauftahn sicher stellen. Es sind, wie man sieht, nicht gerade neue Motive, auf denen Dreyer die Handlung seines Lustspiels aufkant. Er hat sie aber so geschickt mit einander verwoben und mit so viel guter Laune gewürzt, daß man an dem frischen Stück seine Freude haben kann. Dazu kommt, daß die sichene und feine Zeichnung der Charaksere das Lustspiel dwrchaus über den Durchschniti des Unterbaltungestücks erhebt. Diese Vorzüge kamen gestern durch ein treffliches Spiel zu doller Geltung. Den jungen Maler spielte Herr Clewing mit frischer Unbefangenheit; in der Rolle des Bildhauers verstand es Herr 1 untec einer rauhen Außenseite zarte Herzensstimmungen hald zu verdecken. Fräulein Arnstädt als Titeibeldin zeichnete sich durch natürliche Anmut und Liebenswündigkeit aus. Unter den Ver⸗ tretern der Nehenrollen verdienen Herr Borttcher und Herr Sachs besonders hervorgehoben zu werden. Jener bot in feiner Charakteristerung die Entwscklung eines kleinen Fahrikanten zuvm erfosgreichen Häuserspekutanten und dieser zeichnete mit gutem Humor die Figur eines Gerichtsvohziebers, der in dem arinseligen Afelier der beiden Künstler ein oftgesehener Gast ist und der am Schluß wieder erscheint, um den Zusammenhruch des Verwögens der „reichen Frau’ mit amtlichem Siegel zu bestätigen. Das he tere Spiel fand, wie schon oben erwähnt wurde, reichen Beifall der verdientermaßen ebenso dem anwesenden Dichter wie den Dar⸗

stellern galt. Komische Oper.

„Die Dose Seiner Majestät“, ein deutsches S in drei Alten ven Rudolf Pr2⸗ ber und 8 Se; Stein, M esik von Gilbert, erfuhr gestern in der Komischen Oper die erste einer nach dem Erfolge zu urteilen vorat ssicht⸗ lich recrt langen Reibe von Aufführungen. Das Stngspiel, dessen Hand⸗ lung sich kurz noch dem Sietenjährtaen Kriege in Berlin und Pott dam begibt, steht mit seinem volksstückartigen Inbalt hoch ürer dem üblichen Operettenunsinn, dazu kommt Gilberts got gelungene, an gegebener Stelle vaterländische Weisen und fridericionische Märsche geschickt verwendende Musttk, der als T rtunterlage leicht beschwirgte anmutige Verse Rodolf Presbers dienen. Der geschmackvolle Rokoko⸗ rahmen, in dem sich die Bühnenvorgänge abspiesen, und eine unter Direktor Charlés Spielordnung urd Gilberts mufikoli cher Leitung stehende Aufführung hugen an ihrem Teile zur Erhöhung der Wirkung bet. Die Handlung setzt auf dem Hofe des Fuhrhalters Barm ein, der die hobe Ehre hatte, in seiner Kalesche den Koöͤnig lu fal ren. Das Glück des alten Soldaten wird aber durch die Mit⸗ jollung getebbt, raß der König selne Lieblingeschnupftabakeose im Wogen habe liegen lassen und daß die Heose muffindbar sei. Die

Patry

und die Pflanzen nscht veroeilen. Soiche sich lengsam entmickende Augen werden urkräftige Pflanzen bringen, die den vollen Eit⸗ag!

den roten

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Faden, an dem die weileren Ereignisse des zweiten und dritten Aktes aufgereiht sind. Die Verfasser haben es geschmackvollerweise vermieden, die Gestalt des Königs sichtbar werden zu lassen, aber im letzten, auf der Terrasse von Sanssouci spielenden Akt verspürt man seine Gegenwart, besonders wenn die sanften Töne einer Flöte aus dem Schloß dringen. Daß im Laufe der Handlung auch einige Liebespaare sich zu einander finden, sei der Vollständigkeit halber s. erwähnt; sie wurden be⸗ sonders von Oskar Braun als schneidigem Kürassierrittmeister und Lori Leux als eleganter Gräfin, von Rosa „Pelgegs als anmutigem Berliner Bürgermädchen und Viktor Litzek als deren schwäbischem Bräutigam vortrefflich gespielt und gesungen. Aber auch die Darsteller der anderen Hauptrollen, so Hugo Werner⸗Kahle als Fuhrhalter, Kläre Waldoff als drolliger Berliner Stalljunge, Polpi Deutsch und Ida Perry als Bänkelsänge paar, Lida Metzger als Königspage sowie die Inhaber der vielen Nebenrollen standen alle auf dem rechten Platz. Starker Beifall, der die Wiederholung der reszvollsten Gesangseinlagen erzwang, rief zum Schluß mit den Mit⸗ wirkenden auch die Verfasser und den Komponisten auf die Bühne.

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Im Königlichen Opernhause findet morgen, Freitag, Abends 7 ½ Uhr, das VIII. Symphoniekonzert der Königlichen Kapelle unter der Leitung des Generalmusikdirektors Dr. Strauß statt. Das Mittagskanzert beginnt an demselben Tage um 12 Uhr. Am Sonntag, den 11. d. M., wird statt der ursprünglich vorgesehenen Vorstellung („Figaros Hoch⸗ zeit) „Carmen“ au geführt. Die im Vorbverkauf bereits verkausten Eintrittskarten für die 67. Abonnementsvorstellung

Bei den von Lindner ousgearbeiteten Farbschattenaufnahmen

haben Gültigkeit für die neuangesetzte Aufführung von „Carmen“. Sie werden auch, jedoch nur bis zum Beginn der Vor⸗ stellung, an der Opernhauskasse zuzüglich des amtlichen Aufgeldes zurück⸗ genommen. Ein spätere Zurücknahme ist ausgeschlossen.

Das Königliche Schauspielhaus bleibt morgen geschlossen. (Der Konzertbericht befindet sich in der Zweiten Beilage.)

Mannigfaltiges.

Nationalsammlung von Kunst⸗ und Wertgegen⸗ ständen. Wie die Hauptgeschäftsstelle Charlottenburg. Ivachims⸗ thalerstraße 1, mitteilt, ist die Ausstellung in der Akademie der Künste der von Seiner Majestät dem Kaiser und König und von priwater Seite gesti teten Kunst⸗ und Wertacgenstände für die Nationalsammlung bis auf weiteres fäglich von 10 3 Uhr bei freiem Eintritt geöffnet.

Am Sonntag, den 11. März, sind die evangelischen Gar⸗ nisonkirchen sowie die evangelische 3angs gen, hng. in Berlin zu den angeordneten Kriegsbetgottesdiensten er⸗ wärmt. Es predigen in der Alten Gannisonkirche (Neue Frliedrich⸗ straße) de Divisionspfarrer Wallis um 10 Uhr, in der Neuen Gar⸗ nisonkirche (Kaiser Friedrichplatz) der Pfarrer Haecker um 10 ¼ Uhr, in der Invaltdenhauskirche der Garnisonpfarrer Krüger um 10 Uhr.

Frankfurt a. M, 7. März. (W. T. B.) Die „Frankfurter Zeitung⸗ meldet aus Stockholm: Die 9 größten Seeretn von Moskau und dem benachbarten Industriegebiet stellen den Betrieb ein. Die übrigen Fobriken, soweit sie nicht für Heeres⸗ ledarf arberten, kuͤndigten den Arbeitern auf den 3. März. Insge⸗ samt sind gegenwärtig 38 000 Arhbeiter arbeitslos, davon in Mos kau die Hälfte. Die Wiederoufnohme der Arbeit nach Ostern ist nur unter der Bedingung denkbar, daß die Fabriken bis dahin über die notwendige Mindestmenge von Herzmaterial verfügen.

Bearbyp, 7. März. (W. T. B.) Das Lehrerseminar, das frühere herzogliche Schloß, ein geschichtlich wertooller Bau, steht in Flammen. Der ganze Nordflügel mit reichen Stukkaturen, Holztäfelungen und einem Gemaͤlde von Pesne ist verloren. Die Löscharbeiten sind durch die starke Kälte sehr erschwert. Die Ursache des Brandes liegt wahrscheinlich in einem Mangel der Heizungsanlage.

Madrid, 7. März. (W. T. B) „Central News“ meldet aus Madrid, doß der Palast des Marquis Cazagno, in dem sich eine der kostharsten Privatgalerien Spantens befand, aus unbekannter Ur⸗ sache abgebrannt ist. Das berühmse Bild vom Greco „Dreifaltiakeit“ ist vernichtet. Der Schaden beträgt zwei Millionen Pesetas.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.) 8

Theater.

Künigliche Schauspiele. Freitag: Opernhaus. Mittags 12 Uhr SEynm phoniemittagskonzert. (Programm wie am Abend.) Abends 7 ½ Uhr: VIII. Symphouiekonzert der Köni lichen Kap zum Besten ihres Witwen. und Waisenfonds. trigent: Generalmusikdirektor Dr. konzert sind Einlaßkarten bei Bote u. Bock, Leipziger b Tauentzienstraße 7, am Konzerttage im Königlichen Opernhauf

zu haben.) Schauspielbaus. Geschlossen.

Sonnabend: Opernhaus. 66. Abo t Die verkaufte Braut. 3 Komische ndrefen erstenang. s Feeg Text von K. Sabina, deutsch von Max Kalbeck. Anfang Schauspielhaus. 68. Abonnementsvorstellung. Die reiche Frau Lustspiel in drei Aufrügen von Max Drever. 1 Herrn Oberregisseur Patry. Anfang 74 Uhr.

Familiennachrichten.

Verlobt: Verw. Fr. Käte Greis, geb. Westru it Hrn. Haupt⸗ mann Eberhard Bohnstedt Meftrug, miß Hen. S Gestorben: Vezw. Fr. Wirkl. Geheimrat Louise von Tiedemann, 1a) Mleyfs (Berlin). Fr. Emma Jaeger, geb. Prinzen (Düssel⸗

Ber. enficen deaktan Direktor Dr. Tyrol in Charlottenburg.

Verantwortlich für den Anzeigenteil: Der Vorst der Expediti Rechnungsrat Mengering erstsbend 8 e 8 8öö (Mengering) in Berlin. e ruck der utschen Buchdruckerei und Varlagsanstalt, Berlin, Wilhelmstraße 89.

Fünf Beilagen

Suche nach dem ver der die Dost an ge⸗ Aulfiat 1— bildet

sowie die 13

findet zur ublichen Zeit stut) G ntrittskarten Vorverkauf

Oper in drei Akten von Friedrich

Varlamentsbericht.*)

Preußischer Landtag. 1t Haus der Abgeordneten. [„ 75. Sitzung vom 7. März 1917, Vormittags 11 Uhr. n (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.) 8

Ueber den Beginn der Sitzung, in der die zweite Lesung des Staatshaushaltsplans für 1917, und zwar zunächst die Beratung des Sonderhaushalts der landwirt⸗ schaftlichen Verwaltung, fortgesetzt wird, ist in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.

Abg. von Kardorff (freikons.) bemerkt, in seiner Rede fortfahrend; Der Minister kann mit dem gestrigen Verlauf der Debatte sehr zufrieden sein. Sie hat bis zu Herrn Lippmann hin eine völlige Uebereinstimmung ergeben, und auch Herr Lippmann hat ruhig, e.5. und maßvoll gesprochen und sich der Angriffe enthalten, die in liberalen Presse in den letzten Wochen gegen den Minister gerichtet waren. Auch der Abgeordnete Braun blieb sachlich, im Gegensatz zu seinem Reichstagskollegen Scheidemann, der ja sehr schaufe und heftige Angriffe gegen den Prenfischen Landwirtschafts⸗ minister gerichtet hat. err Scheidemann hat gewiß bona fide gesprochen und glaubt damit die Interessen der hinter ihm Stehenden am 8ee wahrzunehmen. Herr Scheidemann ist ein Mann, der unzweifelhaft viel gelernt hat und die Arbeiterverhältnisse ganz aus⸗ ezeichnet kennt, aber von der praktischen Landwirtschaft, von bäuer⸗ lichen Betrieben hat er keine Ahnung. (Sehr richtig!) Wird seine Politik 8 dann wird es nachher auch mit dem „Jeder trage seine eigene Last“ nichts sein, dann wird das Land zusammenbrechen, vann haben wir noch die Last der andern zu tragen. Herr Scheide⸗ mann wäre dann der Totengräber deutscher Macht und Herrlichkeit. Wir vertreten die Interessen der Arbeiter besser wie die Sozial⸗ demokraten. (Unruhe auf der äußersten Linken.) Der Ausspruch von Lloyd George, daß ohne die Arbeiter der Krieg nicht u gewinnen ist, gilt auch vom deutschen Arbeiter, ohne ihre sin erstüung ist der Krieg nicht zu gewinnen. (Zurufe links: Deshalb höhere Preise!) Mit unserer Ernährungspolitik treten wir nicht gegen, sondern für die Interessen der Arbeiter ein. Sie geben ihnen Versprechungen, leere Worte, Haß und Bitterkeit, aber Lebensmittel geben Sie ihnen nicht. (Große Unruhe links.) Wenn Sie sagen, die Leute haben t das Geld, so ist die Zahl derjenigen, die für Kartoffeln 4, 5 oder 6 Mark pro Zentner nicht bezahlen können ganz gering (Leb⸗ hafter Widerspruch links), die Zahl der andern aber geht in die Hunderbtausende und Millionen. Wir können gar nicht dankbar genug sein, daß das Landwirtschaftsministerium die Interessen der Landwirtschaft in der Weise wahrgenommen hat, wie es geschehen ist. (Lebhafter Beifall rechts.) Wenn heute das Militär den Wünschen der Landwirtschaft mehr entgegengekommen ist, so ist das nicht zum wenigsten sein Verdienst. Der Minister nnrs. den militärischen Stellen immer wieder und wieder die Notwendigkeit der Saatbe⸗ stellung vor Augen führen. An einem Fehler in dieser Fehebache hat die Landwirtschaft genug. Ich hoffe, daß die Widerstände, die der Minister beim Reichsamt des Innern, beim Kriegsernährungsamt usw. findet, beseitiat werden. (Zustimmung.) Ich hoffe, daß diese Instanzen und besonders der neue Stagtskommissar in allen Fällen den sachverständigen Rat des Landwirtschaftsministers einholen wird. (Wiederholte Zustimmung.) Wir vertreten damit nicht agrarische Interessen, sondern mit den agrarischen Inter⸗ essen die großen gemeinsamen Interessen unseres Vaterlandes. Wir auf uns selbst angewiesen. Es handelt sich heute nicht nur um ie deutsche Gegenwart, sondern um die ganze deutsche Zukunft. Da wir abgeschnitten sind vom Ausland, so muß eine kluge Politik dahingehen, die vorhandenen wirtschaftlichen Quellen so pfleglich wie möglich zu behandeln. Dann können wir unserer Zukunft mit festem und sicherem Vertrauen entgegensehen, mit froher Zuversicht können dann nach dem Frieden wir an den Ausbau eines größeren und stärkeren Deutsch⸗ lands herangehen. (Beifall rechts.)

Minister für Landwirtschaft, Domänen Dr. Freiherr von Schorlemer:

Meine Herren! Bei den Vorwürfen, welche in den letzten Wochen gegen mein Ressort und gegen meine Amtsführung in der Oeffentlich⸗ keit erhoben worden sind, kann ich es nur erklärlich finden, daß die Redner, welche zu meinem Etat gesprochen haben, gestern und heute guch auf diese Vorwürfe zurückgekommen sind. Ich muß mit dem Herrn Abg. von Kardorff, dem ich für das meiner Amtsführung ausge⸗ sprochene Vertrauen danke, ebenso anerkennen, wie er es getan hat, daß sich die Dehatte in diesem hohen Hause auf durchaus sachlichem Boden bewegt hat, und davon hat m. E. auch kein einziger der Herren Redner, die bisher gesprochen haben, eine Ausnahme ge⸗ macht. Um so leichter wird es mir nicht in persönlichem, aber in sachlichem Interesse noch einmal kurz auf das zurückzukommen, was den Gegenstand der Beschuldigung gegen mein Ressort während seiner Tätigkeit in dieser Kriegszeit gebildet hat. Meine Herren, ich muß auf diese Vorwürfe zurückkommen, weil ich sie als durch⸗ aus unberechtigt bezeichnen und wefl ich im Interesse meines Ressorts und auch ebenso im Interesse der deutschen Landwirtschaft Wert dar⸗ auf legen muß, Märchen nicht ins Land gehen zu lassen, deren weitere Verbreitung nicht entschieden genug bekämpft werden kann.

Wenn man tadelnd hervorgehoben hat, daß ich zuungunsten der Konsumenten meinen Einfluß auf das Kriegsernährungsamt und die verschiedenen Reichs⸗ und Landesstellen ausgeübt habe, so ist bei dieser Behauptung zunächst völlig übersehen, wie weit sich der Ein⸗ fluß des preußischen Landwirtschaftsministers gegenwärtig noch er⸗ streckt. (Hört, hört!) Meine Herren, die Errichtung des Kriegs⸗ ernährungsamts, die Errichtung der verschiedenen Reichs⸗ und Lan⸗ desstellen, die ja von dem „Berliner Tageblatt“, wie Herr von Kar⸗ dorff erwähnt hat, recht übersichtlich in den letzten Tagen dargestellt worden ist, haben es naturgemäß mit sich gebracht, daß der Einfluß des landwirtschaftlichen Ministeriums in Preußen, die entscheidende Mitwirkung bei zahlreichen Maßnahmen, die nicht allein das Ge⸗ biet der Ernährungspolitik betreffen, sondern die in ihrer Wirkung weit darüber hinaus auch auf das Gebiet der Erzeugung ihren Ein⸗ fluß ausüben müssen (Sehr richtig! rechts), erheblich abgeschwächt worden ist. Ich kann, ohne zu übertreiben, versichern, daß die Dinge gegenwärtig schon so liegen, daß mir der nötige Ueberblick über unsere

gesamte wirtschaftliche Lage, auch die Prüfung der Frage, wie weit bie Erzeugung auf die Bedüͤrfnisse der Konsumenten einzustellen ist,

und Forsten

*) Obne Gewäh.

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Erste Beilage

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Berlin, Donnerstag den 8 März

sehr erschwert, wenn nicht geradezu unmöglich gemacht ist. (Lebhafte Rufe: Hört, hört!) Und, meine Herren, in diesem tatsächlich vor⸗ handenen Zustand soll ich nun der Verbrecher sein, der Ernährungs⸗ amt, der Reichsamt des Innern und der die verschiedenen Reichs⸗ stellen gehindert hat, an den Maßnahmen, die im Interesse der Ver⸗ braucher notwendig oder erwünscht waren. Meine Herren, das ist keineswegs der Fall.

Um Ihnen gerade aus den letzten Tagen den Beweis zu liefern, wie weit meine Kompetenzen noch gehen, darf ich nur auf eine bis⸗ her unwidersprochene Zeitungsnachricht hinweisen, daß im Regie⸗ rungsbezirk Trier bereits bezüglich der Kartoffeln der Anbauzwang eingeführt worden ist. (Lebhafte Rufe: Hört, hört!) Ich habe von dieser Maßnahme nichts gehört (Stürmische Rufe: Hört hört!); ich bin als Landwirtschaftsminister für Preußen nicht danach gefragt worden. (Wiederholte stürmische Rufe: Hört, hört!) Ich habe mich gestern genötigt gesehen, mich an den Regierungspräsidenten in Trier mit der Anfrage zu wenden, ob diese Nachricht richtig sei, und auf Grund welcher Bestimmung eine derartige Verordnung ergangen sei. (Wiederholte lebhafte Rufe: Hört, hört!)

Ich mußte das erwähnen, meine Herren, um auch damit der albernen Legende entgegenzutreten, daß ich derjenige wäre, der in Preußen die Maßnahmen der Reichsressorts und des Kriegsernäh⸗ rungsamtes unmöglich machte und erschwerte. (Hört, hört! Bravo!)

Meine Herren, ich will für meine Person nicht darauf zurück⸗ kommen, was der Abgeordnete Scheidemann im Reichstage ausgeführt hat. Der Herr Reichskanzler hat bereits zu meiner besonderen Be⸗ friedigung gleich die Angriffe des Abgeordneten Scheidemann zurück⸗ gewiesen. Ich tröste mich mit der Erwägung, daß glücklicherweise gegenwärtig wenigstens noch der Deutsche Reichstag nicht in der Lage ist, die preußischen Staatsminister zu berufen und abzusetzen. (Sehr richtig! Heiterkeit.) Ich kann dem Abgeordneten Scheidemann auch von dieser Stelle aus versichern, daß ich auf meinem Platze ausharren werde (Lebhaftes Bravol rechts), nicht so lange es ihm beliebt, aber so lange wie mir der Wille meines Königs (Bravol) und das Ver⸗ trauen der deutschen Landwirtschaft dies gebietet! (Lebhafter Beifall.)

Etwas eingehender muß ich mich mit der Eingabe der deutschen Gewerkschaften an den Reichskanzler und an das Kriegsernährungs⸗ amt beschäftigen. Auch hier, meine Herren, kann ich Ihnen ein Bild geben von dem Einfluß und von den nahen Beziehungen, welche dem landwirtschaftlichen Ressort zu den leitenden Stellen im Reiche ge⸗ geben sind. (Heiterkeit.) Die Eingabe der Gegwerkschaften datiert vom 21. Februar, sie ist am 23. Februar in die Hände des Reichs⸗ kanzlers und des Kriegsernährungsamts gelangt und ich habe von dieser Eingabe gestern durch die Nummer des „Vorwärts“ vom 4. März dieses Jahres Kenntnis bekommen! (Hört, hört!) Meine Herren, diese Eingabe ist mir insofern allerdings erklärlich, weil sie die Fort⸗ setzung von Behauptungen enthält, welche ich kurz vorher mehr oder weniger ausführlich in der „Vossischen Zeitung“, in der „Frankfurter Zeitung“, im „Berliner Tageblatt“ und natürlich auch in den Blättern der sozialdemokratischen Partei lesen konnte; aber Neues hat mir diese Eingabe nicht gebracht. Gewiß empfinde ich mit den Unterzeichnern dieser Eingabe vollauf die schwere und schwierige Lage, in der sich die Bewohner der größeren Städte und ebenso die industriellen Arbeiter befinden. Ich habe diese Lage nie verkannt, ich verkenne sie auch heute nicht, und ich kann ebenso ehrlich versichern, daß alle Be⸗ mühungen meiner Verwaltung in dieser Kriegszeit nicht das Interesse der landwirtschaftlichen Erzeuger, ihre an anderer Stelle so genannten privatwirtschaftlichen Ansprüche, sondern in erster Linie das Interesse der Verbraucher und den Gesichtspunkt im Auge gehabt haben, wie die Lage der Arbeiter und der Städter gebessert, wie ihnen mehr und dauernd Nahrungs⸗ und Lebensmittel zugeführt werden können. (Bravo! rechts.) Wenmnm ich von diesem Gesichtspunkte aus auch die Klage verstehe, die in der Eingabe der Gewerkschaften zum Ausdruck gekommen ist, so kann ich auf der andern Seite es aber nicht gerecht⸗ fertigt finden, daß sich diese Klage zu einer Anklage verdichtet, zu einer Anklage selbstredend in erster Linie gegen mein Ressort und meine Person, dann aber auch zu einer Anklage gegen die Regierung, gegen die Wohlhabenden und selbstverständlich gegen die Landwirte! Meine Herren, was in dieser Beziehung vorgebracht ist, ist schon des⸗ wegen unhaltbar und unbeweisbar, weil von vornherein der eigentliche Grund verkannt wird, weshalb wir in diese schwierige Lage geraten sind. Man verkennt die Wirkungen des Kriegszustandes, man verkennt die Schwierigkeiten, mit denen die landwirtschaftliche Erzeugung ar⸗ beitet, und man verkennt vor allem die bedenkliche Lage, in die uns die teilweise gelungenen Aushungerungspläne Englands und seiner Ver⸗ bündeten gebracht haben. Und mich hätte es als Vaterlands⸗ und Wahrheitsfreund sehr viel sympathischer berührt, wenn die Gewerk⸗ schaften auf diese Ursachen unserer gegenwärtigen Lage hingewiesen und davon Abstand genommen hätten, die Landwirtschaft zu verdäch⸗ tigen und sie für Dinge verantwortlich zu machen, an denen die Witterung und die Schwierigkeiten der gegenwärtigen Erzeugung schuld gewesen sind. (Lebhafter Beifall.)

Meine Herren, wie richtig das von mir Behauptete ist, das kann ich an den Ausführungen der Eingabe der Gewerkschaften über die Kartoffelversorgung beweisen. Da heißt es und ich darf diese kurzen Sätze zum besseren Verständnis wohl verlesen:

Die im Widerspruch zu dem starken Andrang von Früh⸗ kartoffeln im Sommer 1916 stehende schlechte Ernte an Winter⸗ kartoffeln im Herbst des gleichen Jahres gibt der Vermutung Raum, daß dieser Ernteausfall nicht bloß auf die ungünstigen natürlichen Verhältnisse zurückzuführen ist, sondern auch auf Einschrän⸗ kungen der Anbaufläche und auf schlechte Be⸗ wirtschaftung. Ein solches Ergebnis mußte aber unter allen Umständen vermieden werden, wenn die Volksernährung nicht in Frage gestellt sein soll.

Meine Herren, man kann ohne weiteres behaupten, daß diese Darstellung der Eingabe der Gewerkschaften ungetrübt durch jede Sachkenntnis, durch jede Kenntnis der tatsächlichen Verhältnisse ist.

mit Ausnahme der Reden der Minister und Staatssekretäre. 111X““ .“ 8

(Sehr wahr.) Die Kartoffelernte vom Jahre 1916 ist in ihren

um Deutschen Reichsanzeiger und Königlich Preußischen St

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geringen Erträgen nicht auf die Verminderung der Anbaufläche zu⸗ rückzuführen; denn eine Erkundigung bei mir oder beim Kriegs⸗ ernährungsamt hätte den Verfasser oder die Verfasser dieser Eingabe davon überzeugen können, daß unsere Anbaufläche an Kartoffeln im Jahre 1916 gegen das Jahr 1915 um über 20 000 Hektar zuge⸗ nommen hat. (Hört, höxt!) Und was die schlechte Bewirt⸗ schaftung angeht, so wissen wir alle, warum die Kartoffeln in diesem letzten Jahre mißraten sind; die Frage konnte jeder Landwirt beant⸗ worten. Daran war das weniger gute Saatgut, vor allem aber die Witterung, der lange Regen schuld, der selbst in dem sonst ganz regelmäßige Kartoffelernten bringenden Westen die Kartoffelernte zu einer geradezu schlechten gemacht hat. Wie man demgegenüber den Landwirten den Vorwurf schlechter Bewirtschaftung machen kann, der Landwirtschaft, deren Betriebsleiter zahlreich im Felde und im Schützengraben stehen, den Frauen, die ihre Männer im Felde haben und mit Gefangenen und vielfach ohne jede weitere Hilfe sich bemüht haben, den Acker zu bebauen, das ist nicht allein unverständlich, das finde ich unter allen Umständen tief bedauerlich.

Meine Herren, mit der mangelnden Sachkenntnis der Verfasser dieser Denkschrift geht es aber noch weiter. Sie fordern in einem weiteren Satze natürlich Abstandnahme von jeder weiteren Herab⸗ setzung der Kartoffelration; sie wenden sich gegen jede weitere Er⸗ höhung des Preises für Speisekartoffeln und fahren sodann fort:

Es ist sobald als irgend möglich eine Bestandsaufnahme über Kartoffeln durchzuführen und sobald deren Ergebnis dies als nötig erscheinen läßt, ein Verfütterungsverbot von Kartoffeln an Schweine zu erlassen und mit wirksamen Maßregeln durchzuführen.

(Heiterkeit.) 8

Meine Herren, hier kann man nur die Bezeichnung harmlos, wirklich harmlos hinzusetzen. Die Herren scheinen gar nicht zu wissen, daß bereits zum 1. März eine Bestandsaufnahme von Kartoffeln seit mehreren Wochen angeordnet war, sie scheinen ebensowenig zu wissen, daß bereits seit dem 24. Oktober 1916 ein vollständiges Ver⸗ fütterungsverbot für Kartoffeln seitens des Bundesrats erlassen war. Sie fordern alle diese Dinge, als wenn auch seitens der Regierung in dieser Beziehung bisher das Notwendige versaͤumt worden wäre. Ich glaube verzeihen Sie mir den harten Ausdruck —, ein solches Machwerk habe ich mit diesen Bemerkungen geklügend gekennzeichnet! Ich kann nur mein tiefstes Bedauern darüber aussprechen, daß die Gewerkschaften und vor allem auch die christlichen Gewerkschaften sich haben verleiten lassen eine solche Eingabe mit zu unterzeichnen, (sehr richtig!) eine Eingabe, die in ihrem Erfolg nicht das Ziel der Ver⸗ fasser erreichen wird, welches ich ihnen bona flde zubillige, eine Besserung der gegenwärtigen Zustände, die aber verheerend wirken wird in der Stimmung zwischen Stadt und Land. (Sehr richtig!) Ich hin überzeugt: wenn eine Eingabe wie diese auf dem Lande verbreitet würde, so würden die Landwirte erschreckt und erstaunt sein über die Unkenntnis, mit der die wirtschaftlichen Verhältnisse auf dem Lande von den Vertretern der Verbraucher und Arbeiter beurteilt werden.

In einem Punkt hat sich die Eingabe der Gewerkschaften noch mit meiner Person beschäftigt, indem sie behauptet hat, daß ich den Städten verboten hätte, Verträge mit Mastorganisationen abzu⸗ schließen. In Wirklichkeit liegen die Dinge so, daß ich gar nicht in der Lage bin, den Städten etwas derartiges zu verbieten, und daß ich es natürlich auch nicht getan habe. Vielleicht ist die Bemerkung durch eine irreführende Darstellung hervorgerufen, die in den Zeitungen über Vertragsverhandlungen der Stadt Berlin und der Posener Mast⸗ organisation veröffentlicht worden ist. Dort war eine aus meinem Ministerium ergangene Verfügung, die dem Viehhandelsverbande die zur Eingliederung dieser Lieferungen in die allgemeine Fleischver⸗ sorgung unerläßliche Beteiligung zu sichern bestimmt war, fälschlich als ein Hindernis des Vertragsschlusses mit dieser einen Provinz hin⸗ gestellt. Daß Lieferungsverträge überhaupt verhindert ober gar ver⸗

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boten worden wären, ist selbst in dieser einseitigen Darstellung nicht behauptet worden und konnte nicht behauptet werden.

Ich muß hier ausdrücklich darauf aufmerksam machen, daß schon seit Jahren die Mastorganisation und die Mastverträge vom Land⸗ schaftsministerium empfohlen und gefördert worden sind, und daß augenblicklich die Stadt Berlin trotz der entstandenen Schwierigkeiten in der Lage geblieben ist, ihre Mastverträge mit der Pommerschen Mastorganisation zur Ausführung zu bringen, selbstredend unter dem Vorbehalte, daß die ihr von der Mastorganisation gelieferten Stücke bei den Belieferungen von Berlin mit Schlachtvieh seitens des Vieh⸗ handelsverbandes in Anrechnung gebracht werden. Daß ich gewiß nicht den städtischen Wünschen und Ansprüchen gegenüber feindlich auf⸗ getreten bin, das bitte ich aus einer in den letzten Tagen vollzogenen Tatsache feststellen zu dürfen. Ich habe der Stadt Essen zwei Do⸗ mänen, die Domäne Wendelstein und die Domäne Pretsch an der Elbe, auf die Dauer von 18 Jahren verpachtet, nachdem die Stadt⸗ verwaltung von Essen sich mit den Pächtern über die Abtretung der Pacht geeinigt hatte. Das liegt im Rahmen von Bestrebungen, die ich schon lange Jahre vor dem Kriege, ich kann sagen, von dem Augen⸗ blicke an, wo ich Landwirtschaftsminister geworden bin, verfolgt habe, Bestrebungen, die dahin gingen, nach Möglichkeit Lieferungsverträge und den direkten Bezug von Land zur Stadt zu ermöglichen. Ich bin damals besonders im Jahre 1912, wo wir schon Fleischmangel zu be⸗ klagen hatten, wenn nicht ausgelacht, so doch mit d empfangen worden, weil man mir sagte: das sind Utopien, die mag der Oberbürgermeister von Ulm ausführen, aber im großen ist das für dße Städte unmöglich. Die Städte würden sich freuen, wenn sie damttls auf meinen Gedanken eingegangen und zur Kriegszeit zahlreiche Liefe⸗ rungsverträge abgeschlossen hätten. Jedenfalls wäre ihnen das Durch⸗ halten dann viel leichter geworden, als es jetzt der Fall ist.

Ich möchte im Anschluß an die Verpachtung der Domänen in der Provinz Sachsen auf eine andere Tatsache aufmerksam machen. Die Pächter dieser Domänen haben ihr Pachtrecht abzutreten, ohne eine besondere Entschädigung für die vorzeitige Aufgabe der Pacht. (Hört. hört!) Ich glaube, das ist beachtenswert gegenüber den Behauptungun, die gestern der Herr Abgeordnete Lippmann aufstellte, der auf die

besseren Erträge bei Verpachtung von Domänen hinwies und damt