1917 / 103 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 01 May 1917 18:00:01 GMT) scan diff

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Härgerlichen Gesepbuchs, bembeitet von P. A. Baath, Kasserl. 5 Regierunasrat, Mi 78 des Bundesamts für das Heimatwesen. 8 und 416 Seiten. Zerlin, Verlag von Franz Vahlen. eb. 8 ℳ. Der bisberige verdiente Herausgeber des Kommentars Unterstützunoswohr sitgeset, Gzeheimer Regierungsrat K ech, ist 8 Januar 1915 gehorden. An seiner Stelle hat Gebeimrat Boath e vorliegende Neubearbeitung geliefert, der schon die „Ent⸗ 8 dungen des Bundesamts für das Heimatwesen“ vom 44. Barde 8 hera sgibt. Er hat nicht nur die neuere Rechtsprechung bis in 6 füngste Zeit nachgetragen und die Literatur mehr, als es bisher escheden war, berangezogen, sondern ouch die einschlägige Kriegs⸗ gesengebung urnd die am 1. Januar 1916 erfolgte Ausdehnung des

Geltungsbereschs des Unterstützun swohnsitzgesetzes auf Bayern, durch

scheidungen des

die in bezug auf das materielle Recht und das interterritoriale Streitverfohren Einhelt für das garze Reich geschaffen worden ist, erschepf nd berücksichtigt. Bei verschiedenen Paragravben ist der um⸗ fangreiche Stoff ubersschtlicher gestaltet und durch Voranstellung von Iabartsoneaben der Ueberblick noch besonders erleichtert. So wird 9 Werke, dessen Brauchbarkeit durch ein aussührliches alphabethisches Sachregiter noch erhöht wird, das hobe Ansehen, das es bei Atmen⸗ ee und ⸗behörden sich erworben hat, auch fetnerbin gesichert bleiben.

ach der Ausdehnung des Geltungsoebiets des Unterstützungswohr⸗ itaesebes auf Beyern, die in der Wiedergabe haver sche armenrecht⸗

che Fragen betreffender Rechtsprechung des Bundesamts im 51. Bande zutage trin, ist der Kemmentar auch für die Rechtsbeztehungen zu Gees wie für dieses selbst verwertbar, und seine Beachtung bet intlichen mit Armen⸗ und ÜUnterstützungssachen befaßten Verwaltur gs⸗ ehörden und ⸗beamten im ganzen Deutschen Reiche kann für eine Nutzen sche Anwendung aller einschlägigen Bestimmungen nur von

Entscheidungen des Bundesamts für dae Heimat⸗

wesen, im Auftrage der Mitglieder bearbeitet und herausgegehben

von P. A. Baath, Kaiserlichem Geheimen Regierungsrat, Mit⸗ glied des Bundesamts für das Heimatwesen. Band 50 8 51, ent⸗ egeas die in der Zeit vom 1. Junt 1915 bis zum 1. Februar 1916 ezw. vom 1. Februar bis zum 1. Oktober 1916 ergangenen wichtigeren Entscheidungen. XI, 211 und X, 208 Stten. Geb. 3 bezw. 3,50 ℳ. Berlin, Verlag von Franf Vahlen. Das Erscheinen des 50. Bandes

der Entscheidungen hat Veranlafsung zu eiem kurzen Ueberblick über die Täti,keit des Bundes insbesondere während e letzten 20 Jahre in einem Vorwort

rt gegegeben. Eine statistische Zusammenstellun zeigt, daß die Geschäfte des Bundesamts seit 1910 e weliuch zugenommen hatten, seit dem Ausbruch des Krieges jedoch sich ver⸗ mindert haben. Dieser Rückgang ist zum Teil auf das Streben der Armenverbände, unerhebliche Streitfragen im Wege des beiderseitigen Nachgebens zu erledigen, besonders aber auch darauf zurückzuführen, daß Kriegsfürsorge und Kriegsunterstützung in umfangreichem Maße die Armenpfleg⸗ entbehrlich gemacht haben. Von den Ent⸗ Bundesamte, die in den 50. Band auf⸗ 2 betreffen 8 das Verhältnis der Kriegsunter⸗ hrützung und Kriegswohlfahiterfl ge zur Armenpflege, und von denen des 51. Bandes, der gleichfalls den Einfluß des Krieges auf die Rechtsprechung des Bundesamts zeigt, beschäftigen sich 10 mit der Fe stlegung der Grenzen zwischen Armenpflege, gesetzlicher Kriegs⸗ unterstützung und freiwilliger Wohlfahrtspflege. Das Bestreben, das Gekiet der Armenpflege hien zurückzudrängen, braucht nicht, wie es vielfach gescheden ist, als ein Ausdruck det geringeren Be⸗ wertung der Armenpflege aufgefaßt zu werden, entspricht vielmehr der nun einmal vperbreiteten Auffassurg ih er soztalen Bereutung. Auch ist die Armenpfl ge zumeist auf die Bereirstellung des notdürftigen Lehensunterhalts beschränkt, wäbrend Kriegsunterstützung und Kriegswohlfahrtspflege sich da über hinaus erstrecken köͤnnen. In übrigen behandeln die in den beiden Bänden wiedergegebenen nischeidungen den Erwerb und Verlust des Unterstütz ngswohn⸗ sitzes, den Erstattungsanspruch der Armenverbände, die Unterstüßungs⸗ pflicht des Armenverbands des Dienst⸗ oder Arbeitkortes 29 des sitzgesetzes), die Erstattungspflicht der Landarmen⸗ 8 ände, die Höbe des Anspruchs, die Verjaͤh ung, die Ueberführung und Ue bernahm⸗ Hilfsbedürftiger, die außerordentliche Armenpflege, die Ueber⸗ nahme Hilfzbedürftiger ars dem Auslande, sowie das Verfahren in Sneitsachen der Armenverbände. Sie sind nach der Reihenfolge derj’nj gen Paragraphen des über den Unterst 1 geordnet, die hauptsächlich durch sie erlaͤutert werden. Die ntscheidungs⸗ griunde sind, soweit dies ohne Beeinträchtigung des Verständnisses des erade im armenrechtlichen Streitverfahren besonders wichtigen Tat⸗

genommen sind,

2 bestands des Einzelfalls angängig war, gekürzt wiedergegeben. Ein

mit großer Sorgfalt bearbeitetes, Band 1 bis 50 der Entscheidungen 11 deäge Fre 1 Perbnding 8 . zum 51. Vande einen zuverlässigen erbl r die gesamt btsherige Rechtsprechung des Secelanme. 1e

Kurze Anzeigen neu erschienener Schriften, deren Besprechung vorbehalten bleibt. e ind nur an die Redaktion, Wilhelm⸗ straße 32, zu richten. Rücksendung findet in keinem Falle statt.

„Krriegswirtschaftliche Arbeiten des Landwirtschaftlichen Vereins für die Provinz Oberhessen. Hft 1 und 2: Kartoffel⸗ und Gemüse⸗Versorgung in der Zukunft; Unsere Oel⸗ und G⸗⸗ [pinst⸗Versorgung in der Zokunft. Von Professor Dr. W. Kleberger. 0,50 ℳ. Gtießen, Emil Rotb.

Das Kartoffelproblem. Ein Beitrag zur Lösung der Kartoffelfraa-. Von Dr. Arno Schade. 1,50 ℳ. Düsseldorf, Uhlandstr. 51, Verlag der Wochenschrift Der Kartoffelhandel“. Der biologische Wert der mütterlichen Stillpflicht von Hermann Muckermann. S. F. 1,20 ℳ. Freiburg i. Br., Herdersche V rlagshandlung.

Deutscher Jungmannen⸗Kalender 1917/18. Wittenberg, A. Herrosé.

8 Freytags Karre von Mittel⸗Europa mit den neuen Grenzen. Mabstab 1:5 Mlll. nach den Kriegs⸗ und Friedenszielen. Mit Nebenka te: Die neuen Grenzen des deutschen Koloniol⸗ besitzes in Afrika. 1:30 Mill. 1 ℳ. Wien VII, Schotteafeld⸗ gasse 62. G. Freptag u. Benn dt. 8

Technik.

Der Fespesng. des Drucks. Ueber den Ursprung des rucks macht Dr. B. Stübe in der „Papierzeitung“ recht interessante Angaben. So wesentlich gerade dieses Gebiet die geistige Entwic⸗ lung der Menschheit beeinflußt hat, so lückenbaft ist doch hier unsere geschichtliche Kennnie. Man muß zwischen Plat'en⸗ und Typendruck unterscheiden. Beide Druckformen sind wohl zunächst in China ent⸗ standen und haben von dort aus ihre Reise über die Welt angetreten. Wie alt der Plattendruck eigentlich ist, wissen wir gar nicht. Im Jahre 175 n. Chr. wurden durch Plattendruck alt⸗chinesische Klassiker hergestell. Tie Platten waren jedoch nicht Holz⸗ platten, fonbern der Text war in Stein gehauen. Der Duuck mit Holzplatten wird für China sicher im sechsten Jahrbundert bezeugt. Es ist ater arch möglich, daß schon früber diese Technik port geübt wurde. Non Chena wurde diese Kunst nach Javan verpflanzt, und es sind noch Zettel aus dem Jahre 770 vorhanden, die wohl die ältesten gedruckten Blätter sind, die wir überhaupt besitzen. Es handelt sich um kleine Blättchen, die Segens⸗ und Zaubersprüche ent⸗ halten. Von diesen wurde für die Katserin Schotozu eine Million Stück hergestellt. Die Kaiserin ließ sie dann an die verschtedenen Tempel verteilen. Während das Paptler in China aller Wahrschein⸗ Ucchkeit vach schon im zweiten Johrhundert n. Chr. bekannt war, sind die ersten chinesischen Drucke vpiel jüngeren Datums. Die ältesten nech erhalt’enen cHhinesischen DPruck⸗ platten stammen aus tem Johre 816. Von China aus wanderte die Kunst des Plattendrucks ducch ganz Asien. Hier ift der Kilchenstaat Tibet zu einer Hrchlurg der schwarzen Kunst geworden. Es steht fest, daß man in Tibet die Druckerpresse 206 Jah

0,75 ℳ.

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ehe sie in Europa en geführt war. Geschichtswert ist ein Priester etwa um das 13. Jahrhundert in die Mongolei gewandert und hat dort alle zum Duuck nötigen Geräte gesamm elt. Recht interessant ist, daß man auch schon früh⸗ zeitig lernte, mit Hilfe der Druckerpresse Papiergeld berzustellen. apiergeldnoten zu einem Dinar, die 1147 in Nord'vrien ergestelt wurden, zeigten deutlich ihre chinesische Abstammurg. Ebenso wurde in Persien 1293 Paviergeld hergestellt. Diesem Zweck diente eine eigene Pavpiergelddrucke ei zu Täbritz. Man hat im Zeitalter des Plottendrucks in China, wie aus Mateilungen eines perstichen Historikes hervorgeht, nicht größere Auflapen eines Buches sofort bergesteht, sondern die Platten in den Bibliotheken verwahrt. Wünschte jemand ein Bovch zu erwerben, dann wurde ein Abzug angefenigt. Auch der Typendzuck ist eine chinesische Erfindung. Die Eigenart der chinesichen Schrift brachte es aber mit sich, daß für die Entwicklung dieser Kunst China nicht der richtige Boden war. Sie wurde von dort nach Korea verpflanzt, wo sie sich unter dem Schutz der Kaiser bald hoch entwickelte. Während aber der chtnesische Plattendruck seinen Einflußkreis bald sehr weit ausgedehnt hat, kann man dies vom Typendruck nicht behaupten. Jedenfalls war die Erfindung Gutenbergs durch jenen in keiner Weise heeinflußt, und erst nachdem sich der Typendruck in Europa eingebürgert hatte, wurde er von hier aus im Orient verbreitet. So ist erst in der jüngsten Zeit der Typendruck von Europa nach China, also nach seiner elgentlichen Heimat zurück gelangt. Insbesondere hat es die Entwicklung des Zeitungswesens mit sich gebracht, daß heute in China der Typendruck sich stärker entwickelt hat. Aber auch heute noch besteht in China neben dem Typendruck der Plattendruck.

1 Verkehrswesen. Am 1. Mai wird der gewöhnliche Telegrammverkehr

mit den von Oesterreich⸗Ungarn verwalteten Gebieten in Polen Kaiserliches und Königliches Militärgeneralgouvernement Lublin), Serbien und Montenegro eröffnet. Ueber die am Verkehr teilnehmenden Orte geben die Telegraphenanstalten Auskunft. Kußelassen sind nur in offener deutscher Sprache abgefaßte elegramme in dringlichen Angelegenheiten. Die Gebühr für Telegramme nach dem österreichisch⸗ungarischen Militärgeneral⸗ gouvernement Lublin ist dieselbe wie nach dem deutschen Generalgouvernement Warschau; Telegramme nach Serbien und Montenegro kosten 20 für das Wort.

Fheater und Musik.

Im Königlichen Opernhause wird g Mittwoch, „Tristan und Isolde“ mit den Damen Leffler⸗Burckard, Götze und den Herren Kraus, Bischoff, de Sande, Habich, Sommer, Krasa und Funck in den Hauptrollen aufgeführt. Dirigent ist der Kapell⸗ meister Dr. Stiedry. Die Vorstellung beginnt um 6 Uhr. Im Ksöniglichen Schauspielhause wird morgen Wilden⸗ bruchs vaterländisches Schausptel „Der neue Herr“ mit den Damen Arnstädt, Coste und den Herren Kraußneck, Pohl, Clewing, Mühl⸗ hofer, Leffler, Keppler, von Ledebur, de Vogt, Boettcher, Zimmerer und Sachs in den Hauptrollen gegeben. Spielleiter ist Dr. Bruck. Die Vorstellung beginnt um 7 Uhr. 6 Dos „Marionettentheater Münchener Künstler“ ha sein hiesiges Gastspiel, dim ein großer Erfolg diesmal durch vollet eben Monate hindurch treu geblieben ist, noch um die laufende oche verlängert. Am nächsten Sonntag, dem 6. Mai, wird es nun⸗ mehr seine letzten Vorstellungen in dieser Spielzeit geben, im nächsten Herbft aber mit vielen neuen Stücken wieder nach Berlin

Mannigfaltiges.

Der gesamte Reinerlös der morgen, Mittwoch, im Deutschen Opernhaufe stattfindenden Uraufführung des Marinefilm⸗ werkes „Graf Dobna und seine „Möwe“ ist vom Bild⸗ und Filmamt für die Zwecke der Kriegsfürsorge für hirnverletzte Krieger der Marine und des Feldbeeres bestimmt. Bei dem ungewöhnlich starken Andrange zu dieser Vorstellung darf schon beute auf ein glaͤnzendes Einnahmeergebnis für den Wohlfahrtezweck gerechnet werden. Die Vorstellung, bet der auch der soeben feritogestellte Film „Ein Taag beim Generalfeldmarschall von Hindenburg“ zum ersten Male öffentlich gezꝛigt werden wird, beginnt pünktlich um 3 Uhr 30 Minuten, da das Theater für die Vo⸗ bereitung zur Abendvostellung um 5 Uhr 30 Minuten unbedingt geräumt sein muß. Das Blüthnerorchester w'rd die Bundesouvertüre von Paul Scheinpflug und die Oure türe zum „Fliegenden Hollaͤnder“ spielen. Während der Pause werden die Möwe“⸗Mannschaften an dem von dem Kanstmaler Leni gestellten Kiosk die Rhecderei⸗ flaogen der versenkten Schiffe und das Stoppsianal der „Möwe“ zeigen und sich beim Verkauf von Ansichtekarten und Möwe’⸗Mützenbändern in den Dienst der Wobltättgkeit stellen. Der von Rudolf Presber gedichtete Prolog, den Karl Clewing sprechen wird, wird ebenfalls zum wobltätigen Zwecke verkauft werden. Das Erscheinen der Generalität, Admiralität, der Spitzen der Parla⸗ mente, Staats⸗ und Gemeindebehörden ist mit Secherheit zu erwarten. Ihre Kaiserliche und Königliche Hoheit die Frau Kronprinzessin hat ihr Erscheinen zugesagt.

Wien, 30. April. (W. T. B.) Kaiser Karl wohnte heute den Uebungen der Pfadfinder und Pfad⸗ finderinnen des bhiesigen Pestalozzivereins sowie den Jugend⸗ spielen und Gefechtsexerzieren der hiesigen Mittel⸗ schüler und anderer Schulkinder bei, die den Kaiser mit stürmischen Hurrarufen begrüßten. Der Kaiser zog alle Lehrpersonen ins Gespräch, erkannte die Dienste der Jugend im Kriege namentlich bei den Verwundetent ransporten an und würdigte die Bedeutung Jung⸗ österreichs, dem er einen Wahlspruch widmete, lauterd: „Jung⸗ österreich, sei treu deinem Gotte, deinem Kaiser und Vaterlande.“ Nach Beendigung der Spiele und Uebungen brachte die ganze Jugend dem Kaiser neuerliche stürmische Kundgebungen dar. Der Kaiser ver⸗ liiß sodann nach anderthalbstündigem Verweilen den Uebungsplatz.

London, 30. April. (W. T. B.) „Daily Mail“ erfährt, daß

demnächst die Brotrationen für die Armee verkürzt werden. „Handeleblad“ meldet aus Lendon: Es werden noch immer weitere

Enthüllungen über Verschwendung von Brot und Fleisch gemacht. Während die Verordnungen des Nahrungemittel⸗ konnolleurs in Hotels und Gastwirtschaften einige Wirkung gehabt haben, wird es notwendig, auch auf die Haushaltungen einzuwnken. Die Tatsache, daß der Brotverbrauch immer zugenommen hat, muß zu energischeren Maßregeln führen, und man har voraeschlagen, die Rationterung durch Brotkarten eirmal für eine Woche ein⸗ zuführen, um das Publikum die Unannehmlichkeit davon füblen zu lassen und es zur Sparsamkeit anzuspornen. Die Mittelklasse hat sich noch nicht deutlich gemacht, daß Mangel eintreten kann, und in reichen Haushaltungen wird viel Brot verschwendet, seitdem die Bäcker nur Bror verkaufen dürfen, das zwölf Stunden alt ist. Das altbackene Brot wird weggeworfen und dient schli ßlich als Schweine⸗ futter. Der Londoner Korrespondent des „Corriere della Sera“ drahtet, doß England in sechs Wochen Brotkarten einzuführen beabsichtige. Die Maßnahme werde mit der durch die vermehrten Schifft versenkungen entstandenen Frachtraumverminterurg begründet.

Dabdo, 30. Apetl. (W. T. B.) Zu dem Lawiven unglück

(Nr. 102 d. Bl.) wird nech gemeldet: Am Sonntagabend stürzte bei Hochwald ob dem Davoser See von der Drusatscha berunter eine gewaltige Lawine auf de

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Nach dem aͤltesten tibetischen

Friedrich. Anfang 7 ½ Uhr.

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tieffenden Zug der Rätischen Bahn. Der aus einer Lokometive, drei Personen⸗ und einem Gepäckwagen bestehende Zug wurde mitten auseinandergerissen, die beiden letzten Wagen etwa 50 m aus dem Gleise geworfen, der übrige Teil des Zuges von der Lamine teilweise 10 bis 15 m tief zugedeckt. Die Lawine kam infolge des Zusammenstoßes mit dm Zug zum Stehen. Die Insassen namentlich der letzten Wagen konnten zum Teil unyerletzt aus dem Zug springen oder aus den umgeworfenen Wagen steigen. Sturmgeläute machte Hilfe mobil. Feuerwehren und große Scharen der in Davos internterten deutschen Soldaten sowie zahlreiche andere Hilfsmannschaften wurden mit einem Hilfszug an die Unglücksstätte gefühn. Wäbrend der ganzen Nacht arbeiteten 200 Mann der bündnerischen Gebhirgshatalllone auf der Unglücksstätte. Der ganze Zug ist nun ausgegraben, der erste Wagen ist fast ganz zusammengeknickt. Von den Opfern des Lawinenunglücks wurden neun als Leichen geborgen. Unter den 30 Fahrgästen sind viele verletzt. Viele Fahrgäste wurden von der Lawine erreicht, da sie aus dem Wagen flüchteten, während sie vielleicht mit dem Leben davongekommen wären, wenn sie im Wagen geblieben wären.

Paris, 30. April. (W. T. B.) In Algier ging laut 1. Parisien“ ein zur Küstenbewachung dienender Dampfer in Exploston unter; zwei Matrosen wurden schwer verletzt.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.) 8

Theater.

Königliche Schauspiele. Mittwoch: Opernhaus. 115. Abonne⸗ mentsvorstellung. Dienst⸗ und Freiplätze sind aufgehoben. Tristan und Isolde in drei Akten von Richard Wagner. Mustkaltsche Leitung: Herr Kapellmeister Dr. Stiedry. Regie: Herr Regisseur Bachmann. Anfang 6 ½ Uhr.

Schauspielhaus. 117. Abonnementsvorstellung. Der neue Herr. Schauspiel in 7 Vorgängen von Ernst von Wildenbruch. In Szene gesetzt von Herrn Regisseur Dr. Bruck. Anfang 7 Uhr.

Donnerstag: Opernhaus. 116. Abonnementsvorstellung. Martha. Remmttsch⸗komische Oper in vier Akten von Friedrich von Fiotow. Text (teilweise nach dem Plane des Saint Georges) von Wilhelm

Schauspielhaus. 118. Abonnementsvorstellung. Könige. Ein Schauspiel in drei Aufzügen von Hans Müller. In Szene gesetzt von Herrn Regisseur Dr. Bruck. Anfang 7 ½ Uhr.

Sonntag, den 6. Mai 1917, Mittags 12 Uhr. 215. Karten⸗ reservesatz. Mit Allerhoͤchster Genehmigung: Zum Besten der notleidenden Angehörigen biesiger zum Heeresdienst einverufener Oestereicher und Ungarn: Kyritz⸗Pyritz. Alt⸗Berliner Posse mit Gesang und Tanz in drei Aufzügen von H. Wilten und O. Justinus. Mosik von Gustav Michaelis. Inszenierung: Herr Regisseur Dr. Bruck. Mustkalische Leitung: Herr Schmalstich. Vorher: Bunter Teil.

reise der Plätze: Fremden⸗ und Orchester⸗Loge 15 ℳ, 1. Rang 12 ℳ,

arkett Reihe 1 —7 12 ℳ, Parkett Reihe 8—- 14 10 ℳ, Parkett Reihe 15 20 8 ℳ, 2. Rang 6 ℳ, 3. Rang 4 ℳ, 4. Rang Sibplat 3 ℳ, 4. Rang Stehplatz 1 ℳ. Eine Vorverkaufsgebühr wird nich erhoben. Der Vonverkauf findet täglich an der Vormittagskasse des Königlichen Opernhauses, in der Zentra! le für den F emdenverkehr Groß⸗Berline, Unter den Linden 14, an den Theaterkassen A. Wert⸗ heim sowie im Invalidendank statt.

Familiennachrichten.

Nachruf! Am 21. d. Mts. verschied nach kurzem Leiden der Land⸗ schafts: irektor 1““ 8

Herr Rittergutsbesitzer

Karl Franke

Nitter hoher Orden

im 81. Lebensjahre. .

Die Westpreußische Landschaft, welcher der Ver⸗ storbene seit 44 Jahren, und zwar zuletzt seit dem Jahre 1887 als Direkior des Landschaftsdepartements Brom⸗ berg, seine segensreiche Tätigkeit gewidmet hatte, verliert und betrauert in dem Dahingeschtedenen ein mit großer Erfohrung, umfassendem Wissen und reichen Gaben des Herzens und Geistes ausgestattetes, gewissenhaft fleißiaes Mitalied, das sich durch seine Tüchtigkeit und sein lu bens⸗ würdiges Wesen die höchste Anerkennung der Landschaft und die Liebe seiner Mitarbeiter erworben hat. ö

Wir weiden sein Andenken stets in hohen Ehren halten.

Marienwerder, den 23. April 1917. b Graf von Keyserlingk. [5970]

Verlobt: Frl. Irene von Schweinitz mit Hrn. Leutnant Fritz von Schmeling (Bliesendorf bei Werder a. H. z. Zt.

erlin).

Verebelicht: Hr. Mejor Curt Müller mit Frl. Anne Lentze (Charlottenburg).

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Landrat a. D. Frhrn. von der Goltz⸗ Kreitzig (z. Zt. Berlin).

Gestorben: Hr. Generalleutnant z. D. Vincent von Brixen (Herisch⸗ dorf, Kr. Hirschberg i. Schles.). Hr. Konteradmiral z. D. Max Bachem (Heidelberg). Fr. Luise von Below, geb. von Wolffradt (Berlin⸗Lichterfelde). Fr. Clara Renner, geb. Carganico (Konstanz). Frl. Frieda von Seel (Wismersdorf).

Beim Ausbleiben oder bei vekäspäteter Lieferung einer Nummer wollen sich die Postbezieher stets nur an den Briefträger oder die zustäudige Bestell⸗Post⸗ anstalt wenden. Erst wenn Nachlieferung und Aufklärung nicht in angemessener Frist erfolgen, wende man sich unter Angabe der bereits unternommenen Schritte an die Expedition des „Reichs⸗ und Staatsanzeigerss“. b11“

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Verantwortlicher Redakteur: Direktor Dr. Tyrol in Charlottenburg. Heeö. den Fhsipenten: Der Vorsteher der Expedition, lechnungsrat Mengering in Berlin. 1“ eerrlag der Expedition (Mengerinc) in Berlin. Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagsanstalt. Berlin, Wilhelmstraße 32. 8 Sieben Beilagen 8 (eitnschließlich Warenzeichenbeilage Nr. 34) sowie die 1440. Ausgabe der Deutschen Verlustlistr.

folge

Preußischer Landtag. 8

8 Haus der Abgeordneten.

89. Sitzung vom Montag, den 30. April 1917, 3 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

Am Regierungstische: Die Staatsminister Dr. Sydow und Dr. Lentze. 1 Präsident Dr. Graf von Schwerin eröffnet die Sitzung um 3 Uhr 20 Minuten. Auf der Tagesordnung steht die zweite Beratung des Entwurfs eines Wohnungsgesetzes. An Art. I wird sich eine allgemeine Besprechung knüpfen, n der auch das Bürgschaftssicherungsgesetz berührt werden soll. Berichterstatter Abg. von Hasselt (kons.): In der Kom⸗ nission haben selbstverständlich alle Parteien in dieser oder jener richtung weitergehende Wünsche an den Gesetzentwurf geknüpft. Man c. aber allerseits gesagt, daß es unbedingt notwendig sei, mit Rücksicht auf die herrschende Wohnungsnot und das allgemein zu⸗ egebene Wohnungselend das Gesetz in einer Form fertigzustellen, die s ermöglicht, diesem Uebel Abhilfe zu schaffen. Darum ist allseitig uf die Einarbeitung zahlreicher Wuünsche in dieses Gesetz verzichtet rden, und ich darf Ihnen in diesem Sinne die Annahme der Kom⸗ nissionsbeschlüsse empfehlen. Abg. Grundmann k(kons.): Ich kann bestätigen, daß das Be⸗ irfnis ein Wohnungsgesetz zustande zu bringen, in der Kommission tärker gewesen ist als der Wunsch, weitergehende Anträge durchzusetzen. Solche Wünsche hat auch meine Partei gehabt, sie hat sie aber schließlich zurückgestellt und wird der Vorlage zustimmen. Wenn sie Wünschen von anderer Seite entgegenkommend ist, so glaubte sie doch in einem Punkte an der Regierungsvorlage festhalten zu sollen, näm⸗ lich darin, daß die Ortspolizeibehörde die Festsetzung von Fluchtlinien verlangen kann, wenn die von ihr wahrzunehmenden polizeilichen Rück⸗ h oder die Rücksicht auf das Wohnungsbedürfnis diese Festsetzung ordern. Die Selbstverwaltung hat gewiß, namentlich im Kriege, ihre Aufgaben nach besten Kräften und segensreich erfüllt. Es sind aber doch Fälle eingetreten, wo eine staatliche Aufsicht notwendig ist; die berechtigten Interessen der Selbstverwaltung sollen durch diese Be⸗ stimmung nicht benachteiligt werden, die Städte dürfen sich bei den entgegenkommenden Erklärungen der Staatsregierung beruhigen. Die Frage, ob das Mehnunsheses gerade jetzt gemacht werden soll, müssen wir bejahen. Bei der Wohnungsaufsicht soll im ganzen schonend vor⸗ gegangen werden; wenn Wohnungen den an sich zu salaben Anfor⸗ derungen nicht entsprechen, so soll eine Abhilfe in der Regel zunächst durch Rat, Belehrung oder Mahnung versucht werden. Erst wenn dice Versuch vergeblich ist, soll das Erforderliche wegen Herbeiführung polizeilichen Einschreitens veranlaßt werden. Redner äußert sich

schließlich zustimmend zu dem Bürgschaftssicherungsgesetz und zu der

Beteiligung des Staates an gemeinnützigen Bauvereinigungen.

Abg. Dr. Wuermeling (Gentr.): Wir haben auch weiter⸗ ehende Wünsche gehabt, haben sie aber bei den entgegenstehenden eiteꝛafe zurückgestellt. Wenn mit vollem Ernst an die Wohnungs⸗

ürsorge Herangegangen wird, so wird mit diesem Gesetz viel zu er⸗

reichen sein. Die Interessen der Hausbesitzer und die entgegenstehenden Interessen müssen miteinander ausgeglichen werden. Die Fürsorge für das Kleinwohnungswesen ist eine Aufgabe des Staates, und des⸗ halb wünschen wir eine weitergehende gesetzliche Regelung des Klein⸗ wohnungswesens, worauf auch eine Resolution der Kommission hin⸗ weist. Es darf nicht wieder vorkommen, wie bei der Aufteilung der Domäne Dahlem, daß 99 die Schaffung von Arbeiterwohnungen keine Rücksicht genommen wird. Es muß vielmehr mit ernstem Willen an die Lösung dieser Aufgabe herangegangen werden. So muß namentlich 8 für das Wohnungsbedürfnis der kinderreichen Familien gesorgt werden. Der Wert kinderreicher Familien ist gerade jetzt richtig erkannt worden. Im Zusammenhang mit der Bevölkerungs⸗ politik sieht man heute reichen Kindersegen als eine Freude an. (Bei⸗ fall im Zentrum.) Die weitere Besserung des Wohnungswesens muß auch durch eine entsprechende staatliche Verkehrspolitik, durch geeig⸗ nete Gestaltung der Verkehrspläne wie der Tarife angestrebt werden. In die Wohnungsämter und die sonstigen Organe der Wohnungsauf⸗ sicht sollten auch Frauen berufen werden. Wir würden eventuell bereit sein, die Kommissionsvorschläge en bloc anzunehmen; wir sehen darin einen wesentlichen Schritt zur Gesundung unseres gesamten Wohnungs⸗ wesens. 8* Abg. Dr. Schröder⸗Cassel (nl.): Durch die Kommissions⸗ beratung von 1913/14 hat die damalige Vorlage eine Gestalt er⸗ halten, die sie für uns unannehmbar machte. Der jetzte Entwurf weist nach der Auffassung meiner Freunde ganz wesentliche Verbesserun⸗ gen auf. Aus der Begründung der jetztigen Vorlage ist der in der Uitzeren gegen die großen Städte erhobene Vorwurf des angeblichen ißbrauchs des Bauverbots weggeblieben. Auch auf das „Baurecht hat die Regierung jetzt verzichtet. Das war ein ganz neuer Vor⸗ chlag gewesen, der seine erste Anregung meinen Freunden verdankte. schen auch dieses Baurecht hatte die Kommissionsberatung damals so verschandelt, daß wir unser eigenes Kind verleugnen mußten, wir konnten uns auch deshalb nicht dafür erklären, weil es für die finan⸗ ziellen Verhältnisse ganz unübersehbare Folgen haben könnte, und andererseits diese Verhältnisse in vielen Städten schon vor dem Kriege recht mißlich lagen. Mit großem Dank begrüßen wir da⸗ gegen, daß nunmehr der preußische Staat selbst sich an dem Klein⸗ wohnungsbau beteiligen will. Dieser Schritt ist eine vollständige Umwälzung seines bisherigen Standpunktes, der es ausdrücklich und

grundsätzlich ablehnte, den Kleinwohnungsbau als solchen für eine

Aufgabe des Staates zu erklären. Eine weitere finanzielle Betei⸗ ligung des Staates ist gegeben durch die Uebernahme der Sicherung der Hürgschaft für zweite Hypotheken, wofür zehn Millionen zur Verfügung gestellt werden sollen. Dieses Angebot der Staatshilfe ist so überaus bedeutsam, daß das Gesetz schon allein deshalb trotz aller sonstigen Bedenken zustande gebracht werden muß. Wir freuen uns auch der Erklärung des Finanzministers, daß diese Staatsbei⸗ hilfen nur der erste Schritt sein sollen; wir hoffen demnach, daß der Finanzminister später auch weitere Beiträge gus Staatsmitteln diesem Zweck nutzbar machen will. Der Kleinwohnungsbau ist von ungeheurer Wichtigkeit für die Volksgesundheit, wenn es ermöglicht wird, daß auch die Familien der minderbemittelten Klassen gesund und preiswert wohnen können. Die Genossenschaften und gemein⸗ öö Bauvereine haben sich in dieser Beziehung ein außerordent⸗ lich großes Verdienst erworben, sie haben bahnbrechend gewirkt, indem sie zeigten, wie man solche Wohnungen preiswert herstellen kann; die dieser Wohnungen sind übereinstimmend des Lobes voll. Die gute Wirkung dieser Förderung des Kleinwohnungs⸗ wesens wird sich desto mehr zeigen, je mehr es gelingt, diese Woh⸗ nungen (aüs den ö auf das Land hinauszubringen. Dazu gehöort allerdings auch eine richtige Tarifpolitik des Eisenbahn⸗ ministeriums. Wenn uns gesagt wird, daß der Groß Berliner Vor⸗ orttarif nicht übertragbar Süis soll, so halten wir dafür, daß das, was Berlin recht ist, den Großindustriestädten im Lande billig sein muß; auch die übrigen Großstädte müssen genau unter denselben Vorzügen leben köͤnnen, wie die Großstadt Berlin. Nach dem Kriece

*) Ohne Gewähr, mit Ausnahme der Reden der Minister und “”

8

Erst

Berlin, Dienstag, den 1. Mai b

müssen wir in großem Umfange Kleinwohnungsbau treiben; zweifel⸗ los wird nach dem Kriege ein erheblicher Mangel an Kleinwohnun⸗ gen eintreten, und den können die Baugenossenschaften in diesem Um⸗ sfange nicht in die Hand nehmen, da sie nach dem Kriege mit Schwierigkeiten zu kämpfen haben werden. Man weiß ja auch nicht, vo nach dem Kriege bei der Umstellung der Kriegsindustrie das Be⸗ dürfnis besonders stark hervortreten wird; es kommt hinzu, daß die Arbeitskräfte fehlen und die Materialien so viel teurer geworden sind. Es ist also gar nicht denkbar, daß der Kleinwohnungsbau anders gefördert werden kann als dadurch, daß der Staat oder die Kommunalverbände oder die beteiligten Industrien Unterstützungen geben. Die Kommissionsbeschlüsse stellen sich dar als eine Einigung der verschiedenen Parteien, die ihre Sonderwünsche zurückgestellt haben, um dieses so wichtige Gesetz zustande zu bringen. Auch wir haben uns dem fügen müssen. Wir hatten angeregt, die staat⸗ lichen Mitteln nicht nur für die gemeinnützigen Bauvereine und Genossenschaften, sondern auch für jeden privaten Grundbesitzer unter den gleichen Bedingungen verfügbar zu machen. Der Vorwurf, daß diese Mittel den Genossenschaften zu einem überaus mäßigen Zinsfuß gewährt wurden, ist nicht berechtigt; denn dieser billige Kredit ist an viele einschränkende Bestimmungen geknüpft; mit diesen Einschränkungen sollte man aber auch den Privatbesitzern solchen Kredit geben. Die Mehrheit der Kommission hat das abge⸗ lehnt, zu meinem Bedauern auch der Finanzminister; ich kann das nur lebhaft beklagen. Auch ist es nicht gelungen, unseren Wunsch bezüglich eines Baugesetzes zu realisieren. Ehenso wäre es von größtem Werte gewesen, schon in diesem Gesetz die Bevorzugung kinderreicher Familien festzulegen. Diese wichtige sozialpolitische Forderung muß weiter verfolgt werden. Auch durch den Ausbau der Reichsversicherungsordnung. Was die Mitwirkung der Polizei⸗ behörde bei der Frage des Wohnungsbedürfnisses anlangt, so glaube ich nicht, nachdem die Regierung hinsichtlich der Uebertragung der Baupolizei an die Städte mit Königlicher Polizeiverwaltung so ent⸗ egengekommen ist, daß die jetzt wieder eingebrachten Anträge der ortschrittlichen Volkspartei Annahme finden; sie widerstreiten ja auch dem angenommenen Kompromiß. Die lex Adickes mag ver⸗ besserungsbedürftig sein, aber dieses Bedürfnis ist nicht so dringlich. Wir sind bereit, die Kommissionsbeschlüsse en bloc anzunehmen; wir wünschen möglichste Einstimmigkeit. Macht dann das Herrenhaus keine Schwierigkeiten, so wird das Gesetz auch, wie beabsichtigt, am 1. Juli 1917 in Kraft treten können und damit ein großer Fortschritt auf dem Wege der Wohnungsreform gemacht sein. ern bei den Nationalliberalen.)

—. Abg. Lüdicke (freikons.): Meine Freunde bedauern, daß die Staatsregierung sich nicht dazu verstanden hat, ein Baugesetz einzu⸗ bringen, sondern sich mit diesem Gesetzentwurf begnügt hat, der schon in der ersten Lesung als Stückwerk bezeichnet wurde. Wir wünschen, daß die Behandlung der Wohnungsfrage in einer e ver⸗ einigt wird. (Zustimmung.) „Die Fortschritte dieses Gesetzentwurfs sind außerordentlich gering, jedoch wollen wir uns nicht der Mit⸗ arbeit an bneehs Gesetz entziehen und werden deshalb ebenfalls ihm zustimmen. Den Grundbesitzern das Bebauungsrecht zu geben, wäre um so mehr am Platze, als von ihnen sehr erhebliche Grundsteuern gefordert werden. Wir sehen davon ab, im Plenum auf den Versuch EEE“ Baurecht in dieses Gesetz hineinzuarbeiten, weil ie Regierung in der Kommission erklärt hat, daß das Gesetz mit

diesem Zusatze für sie unannehmbar sein würde. Wir bedauern, daß

es in der Kommission nicht möglich gewesen ist, eine Aenderung der lex Adickes herbeizuführen. Die gegenwärtige unterschied⸗ liche Behandlung anach, obh, der Umlegungsantrag von Gemeinden oder von Grundstückseigentümern gestellt wird, ist, unhaltbar. Aheedin ist es schwierig, die lex Adickes im Rahmen dieses Gesetzes abzuändern. Zu der Reform der lex Adickes sollten die Generalkommissionen als Auseinander⸗ setzungsbehörden herangezogen werden. Mit großer Freude begrüßen wir, daß der Staat sich mit der allerdings bescheidenen Summe von 20 Millionen am Kleinwohnungsbau durch die Baugenossenschaften beteiligen will. Auch wir wünschen, daß dies nur der erste Anfang auf diesem Wege sein wird. Besonders erfreulich ist uns die Mit⸗ wirkung des Staates durch das Wirtschaftssicherungsgesetz, nur ist es uns fraglich, ob die Beschränkung auf die gemeinnützigen Bau⸗ genossenschaften richtig ist. Diese haben bisher sich nur mit 13 P an dem Bau von Kleinwohnungen beteiligt. Schließlich ist es doch gleich, ob der Bauherr die Baugenossenschaften oder Private sind. (Zustimmung.) Es wäre auch notwendig, nachzuprüfen, ob alle Bau⸗ genossenschaften wirklich gemeinnützige Gesellschaften sind. (Erneute Zustimmung.) Für dringend erforderlich halten wir, daß eine Bau⸗ beratungsstelle für die Gemeinden in der Ministerialinstanz geschaffen wird. Ferner sind wir für die Entschließung der Kommission, daß ein allgemeines Baugesetz alsbald in Angriff genommen wird. Trotz aller unserer Bedenken sind wir bereit, dem Gesetzentwurf zuzustimmen, denn er enthält immerhin einen gewissen Fortschritt auf dem Bau⸗ gebiet. (Beifall rechts.)

Abg. Pohlmann ffortschr. Volksp.): Es ist gewünscht wor⸗ den, den Gesetzentwurf en bloc anzunehmen. Wir können aber unsere Bedenken gegen den Artikel I bezüglich der polizeilichen Genehmi⸗ gung nicht zurückdrängen, und wir haben deshalb beantragt, wie in der Kommission, die betreffende Bestimmung zu streichen. Es ist doch auch von der Regierung anerkannt worden, daß die Städte auf dem Gebiet des Wohnungsbaues zum Teil sehr Gutes geleistet haben. Daß Irrtümer vorgekommen sind, wird auch von uns nicht bestritten. Auch die Regierung hat zugegeben, daß sie auf dem Gebiete des Städtebaues erst vor kurzem Grundsätze aufgestellt hat. Die Wissen⸗ schaft des Städtebaues datiert erst vom Anfange dieses Jahrhunderts. Wenn die Dinge so liegen, so kann man den Städten nicht vorwerfen, sie hätten ihre Aufgabe nicht erfüllt. Der vorliegende Entwurf will den Zustand wieder herstellen, wie er bis 1875 gewesen ist. Das ist doch eine unbillige Härte. Das Gesetz steht auch im Widerspruch zu der Anerkennung, die der Minister des Innern den Leistungen der Selbstverwaltung hat zuteil werden lassen. Wir sind deshalb nicht in der Lage, dem Gesetzentwurf, wie er vorliegt, in diesem Punkte zuzustimmen und müssen eine besondere Abstimmung über Artikel 1 verlangen. Bedauerlich ist es, daß die Selbstverwaltung bei dem Er⸗ laß von Bauverordnungen ausgeschaltet wird. Wohin das führt, zeigt das Beispiel Berlins, wo durch den staatlichen Eingriff Baugelände bei Berlin deklassiert worden ist. Die Beratungsstelle, die in Aus⸗ sicht genomemn ist, hätte schon früher eingerichtet werden sollen, dann wäre alles besser gelaufen. Der Entschließung über den Nahverkehr stimmen wir zu.

Unterstaatssekretär Coels van der Brügghe: Zweifellos ist die Wohnungsnot der arbeitenden Klassen ganz bedeutend gestiegen, darum war es für den Staat eine dringande Pflicht, diesen Gesetz⸗ entwurf einzubringen. Wenn darüber geklagt wird, das die Zahl der Militärtauglichen abnimmt, so hängt das wesentlich mit den schlechten Wohnungsverhältnissen zusammen. Für die Staatsregierung war es unmöglich, an dieser Frage vorbeizugehen; sie mußte ihr eine be⸗ sondere Fürsorge widmen, und sie tut dies, indem sie eine Aenderung im Artikel I vorschlägt. Staatsaufsicht und kommunale Aufsicht sollen sich in die Hände arbeiten. Daß die Städte auch ohne staatliche

ilfe Hervorragendes auf dem Gebiete des Städtebaues geleistet

aben, wird von uns bedingungslos anerkannt. Anderseits gibt es

doch auch Fälle, in denen den Städten selbst eine Mitwirkung des Staates bei der Feststellung der Bebauungspläne nur e kann. Deshalb bitte ich Sie, die betreffende Bestimmung im Artikel I aufrecht zu erhalten. Im Ministerium der öffentlichen Arbeiten sind

vücti⸗.

aanzeiger und Königlich Preusischen Staatzanseiget

neue Grundsätze für Kleinwohnungsstraßen und ⸗bauten aufgestelll worden; dadurch kann die Bautätigkeit möglichst erleichtert und ver⸗ billigt werden. Ferner ist in Aussicht genommen die Schaffung einen Beratungsstelle für Bebauungspläne und Bauordnung. Es wird eine Revision sämtlicher Bauordnungen des preußischen Staats beab⸗ sichtigt. Diese Arbeit wird gleichzeitig eine wertvolle Grundlage bilden für das später zu erlassende Baugesetz. (Zustimmung.)

Hierauf wird um 6 Uhr die Fortsetzung der Beratung auf Dienstag 12 Uhr vertagt; außerdem Anträge aus dem Hause.

Statistik und Volkswirtschaft.

Die eheliche und uneheliche Fruchtvarkert in Stadt und Land des preußischen Staates von 1875 bis 1913.

Ueber die eheliche und uneheliche Fruchtbarkeit in Preußen nac Stadt und Land ist im 54. Bande der ‚Zeitschrift des Königli preußischen Statistischen Landesamts“ (S. 275 bis 278) eine 4 Folio⸗ seiten umfassende Darstellung erschtenen, und zwar für den ganzen Zeitraum von 1875 bis 1910. Das Interesse, das die Oeffent ichkeit jetzt an diesen Zahlen nimmt und das vor kurzem auch bei einer Verhandlung des preußischen Abgeordnetenhauses zutage trat, hat das Statistische Landesamt dazu veranlaßt, in der „Stat. Korr.“ die Dar⸗ stellung in gekürzter Form zu wieerholen und durch Hinzufügun der Zahlen für den Zestraum von 1911 vüs 1913 zu ergänzen. Es aa Ntochtouticttvszefer: Anzahl der Lebend⸗ geborenen auf 19% 3 nicht verhein ghefrauen Fauen im Alter von 15 45 Kahren

in den Städten: 31 946 305,8 34 950 280,5 88 711 272,7

423 251 143 549 259,1

457 760 44 988 239,0

469 591 V 51 106 213,7

U

durchschnittlich jährlich

Lebendgeborene

eheliche uneheliche

1875/80.... 1881/90. ... 1891/95. ... 1896/1900 .. 1901/05. .. . 1906/10. . .. 191113. ...

326 246 343 049 386 649

444 227 55 594 198,1

f dem Lande:

46 531 338, 49 632 324,2 48 745 328,3

48 279 3262 42 982 315,4 1909/10. 689 992 42 738 296, „, 1911 113. 642 591 42470 270, ) 1 Piechach hat also in den Städten der Röckgang der ehelichen Fr inkeit 352 v. H. betragen, auf dem Lane nur 23 8 v. H. absolute Grhu tenzahl hat den Höhepunkt in den Srädten in der Periode 1906/10, auf dem Lande in der Pertode 1901/05 erreicht; seitdem zeigt sich ein merklicher Nied rgang. Za bemeiten ist aber, d. bevölkerungsstatistisch aus dem Rückgange der Geburten allein nicht zu viel gefolgert werden darf, daß erst nach dem Verbältnig der Geburten⸗ zu der Sterbeuffer oder noch genauer nach der „Aufwuchs⸗ ziffer“, d. h. nach der Anzahl von Kiadern gefragt werden muß, die von einer jeden Geburtengeneration das Säuglings⸗ und darauf das Kindesalter uberstehen.

8 a 637 641 635 275 668 272 696 856 707 756

1876/80. ... 1881/90. ... 1891/95. ... 1896/1900 ..B 1901/05. ...

““

8 4 u

Am 28. April fand in Berlin im Hause des Vereins deutscher Ingenieure unter dem Vorsitz des Genveraldtrektors Heck⸗Dessau die zweite ordentliche Mitglie erversammlung des Bundes der Elek⸗ trizttätsversorgungsunternehmungen Oeutschlands statt, der sich die wertschaftspolttische V rtretung der privaten Elektrizttäts⸗ versorgungsunternehmungen Deusschlands zur Aufgabe gemacht hat. Der Bundesvorstand erßa tete Bericht über die Tätigkeit des Bundes. Der Mitgliederbestand weist wiederum eine ansehnlsche Zunahme auf und umfoßt jetzt sämtliche privaten Elektrizitätsversorgungs⸗ und Finanzierungsgesellschaften Deutschlands von irgendwelcher B deutung. In den beteiligten Betrieben sind ausweislich der Rechnungsabschlüsse mehr als 2 ½ Milliarden Mark angelest. Die Versamn lung erledtgte die satzungsmäßigen Geschäfte der order tlichen Mitgliederversammlung; bteran schloß sich eine eingehende Besprechung über die Kohblensteuer, über Tariftragen sowie über Mittel und Wege, wie für die ge⸗ steigerten Erzeugungs⸗ und Betriebskosten auf den verschtedenen Ge⸗ bieten ein Ausgleich geschiffen werden könne.

In der gestrigen Zechenbesitzerversammlung des Rheinisch⸗ Westfälischen Kohlensyndtkais, Essen, erfolgte laut Melrung des „W. T. B.“ die Zusammensetzung der voch rückständigen Aus⸗ schüsse nach den Vorschlägen. Die Versammlung setzte sodann die Beteiligungsanteile für Mat in der bishergen Höhe sest. Von Fest⸗ setzung der veuen Richtpreise wurde noch abgesehen, da der Vor⸗ sigende des Aufsichisrats in Gemeinschaft mit dem Vorsta de noch Verhandlungen über die Preisbildung mit dem preußischen Handels⸗ minister vornehmen soll. Das Ergebnis dieser Verhandlungen gilt als Beschluß der Zechenbesitzer und wird unmittelbar nach Abschluß der Verhandlungen bekannt gegeben werden.

In einer vor kurzem abgehartenen Aufsichtsraissitzung der Aktiengesellschaft für Fabrikation von Eisenbahn⸗ material (Waggonfabrik wurde, laut M ldung des „W. T. B.“, der Abschluß der Gesellschaft für die ersten sechs Monate des laufenden Geschäftsjahres (vom 1. Jult 1916 bis 31. Dezember 1916) vorgelegt. Im Hinblick auf den gestetgerten Um atz in Ver⸗ dindung mit den gestiegenen Materlalpreisen und Löͤbnen und die nach Ansicht des Aussichtsrats hiedurv⸗ gebotene Stärkung der eigenen Mittel der Gesellschaft hat der Aufsichtsrat beschlossen, einer außerordentlichen Generalversammlung die Erhöhung des Aktienkapitals der Gesellschaft von 3 Millionen Muok durch Ausgabe von 1 ½ Millionen Mark neuer Aktien auf 4 ½ Millionen Mark vorzuschlagen. Es ist in Aussicht genommen, die neuen Aktien, welche am 1. Juli 1917 dividendenberechtigt sind, den Aktiogäxen zum Kurse von 165 Prozent zum Bezuge an ub eten mit der Maßaabe, daß auf 2400 alter Aktien eine neue Aktie zu 1200 entfällt.

Der Aufsichtsrat der Norddeutschen Versecherungs⸗ Bank Aktien⸗Gesellschaft Berlin hat sich laut Meldung des „W. T. B.“ in seiner gestrigen Sitzung mit den Vorschlägen der Verwaltung einverstanden erklä t, der am 23. Mai d. J. staftfindenden Generalversammlung nach Vornahme der Rückstellungen die Verteilung einer Dividende vog 12 %, sowte eine Grhöhung des Aktten⸗ kapitals um 2 Millionen auf 5 Millionen vorzuschlagen.

Der Rechaungsadschlus der Basalt⸗Aktten⸗Gesell⸗ schaft Linz, a. Rh., für 1916 e gibt laut Meldung des „W. T. B.* nach Abschreibungen von 819 520 gegen 837 898 im Vorfahr einen Remgewina von 839 929 gegen 822 655 im Vorjahr⸗