1917 / 114 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 14 May 1917 18:00:01 GMT) scan diff

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Bekanntmachung. Gemeß § 1 der Bundesroteverordnung über die Fernbaltung

unzuverlässiger Personen vom Handel vom 23. September 1915 Reichs⸗Gesetzbl. Seite 603 habe ich dem Kleischermeister Julius Wehner in Braunau wegen Unzuverlässigkeit den Handel mit Fleisch⸗ und Wurstwaren untersagt und sein Geschäft geschlossen. Der von der Anordnung Betroffene hat auch die Kosten der Bekanntmachung zu tragen.

Lüben i. Schles., den 10. Mai 1917. Der Kriegslandrat. von L nc

Bekanntmachung.

Dem Metzger Wilbelm Rink, geboren am 8. September 867 in Wallau, wohnhaft in Frankfurt a. M., Eulengasse Nr. 51, Geschäftelokal ebenda, wird bierdurch der Handel mit Gegen⸗ ständen des täglichen Bedarfs, insbesendere Nahrungs⸗ und Futtermitteln aller Art, ferner rohen Naturerzeug⸗ nissen, Heiz⸗ und Leuchtstoffen, sowie jegliche mittelbare oder unmittelbare Beteiligung an einem solchen Handel megen Un⸗ zuverlässigkeit in bezug auf diesen Gewerbebetrieb untersagt.

Frankfurt a. M., den 9. Mai 1917. Der Polizeipräsident. J. V.: von Klenck.

Bekanntmachung.

Auf Grund der Bundesratsverordnung zur Fernhaltung unzuver⸗ lässiger Personen vom Handel vom 23. September 1915 und der dazu ergoncenen Ausführungsbestimmungen vom 27. September 1915 ist der EChefrau des Christian Saddeler bier, Weilerstraße 98, Kolontalworenhandlung, dunch rechtekräftige Verfügung der ftädtischen Polizeiverwaltung hier vom 10. März 1916 der Handel mit Nahrunge⸗ und Futtermitteln aller Art und mit sonstigen Gegenständen des täglichen Bedarfs wegen Unzuverlässigkeit in bezug auf diesen Handelsbetrieb untersagt e unter Auferlegung der durch das Verfahren entstehenden osten.

Oberhausen, den 9. Mai 1917. Der Oberbürgermeister. J. V.: Tr. Neikes.

Bekanntmachung.

Nach Norschrift des Gesetzes vom 10. April 1872 (Gesetzsamml. S. 357) sind bekannt gemacht:

1) der auf Grund Aherhöechster Ermächtigung vom 16. August 1914 (Gesetzsamml. S. 153) ergangene Erlaß des Staatsministeriums vom 22. März 1917, b⸗treffend die Verleihung des Entetgnungs⸗ rechts an das Deytsche Reich (Reiches⸗Marineverwaltung) zur An legung einer öffentlichen Anstalt in den Gemarkungen Scheuen und Garßen im Londkreise Celle, durch das Amtsblatt der Köntalichen Regierung in Lüneburg Nr. 16 S. 103, ausgegeben am 21. April 1917;

2) der auf Erund Allerhöchster Ermöchtigung vom 16. August 1914 (Gesetzsamml. S. 153) ergengene Erlaß des Staalsministeriums vom 22. Mäérz 1917, betreffend die Verlethung des Enteignungerrchts an die Akiiengesellschalt für Anilinfabrikotion, Wolfener Karbenfabrif in Wolfen im Kreise Bitterseld, zur Vergrößerung ihres Fabrik⸗ betrichs, durch dos Amteblatt der Königlichen Regierung in Merse⸗ burg Nr. 15 S. 94, ausgegeben am 14. April 1917;

3) der auf Grund Allerhöchster Ermöchtigung vom 16. August 1914 (Gesetzsamml. S. 18. ergongene Erlaß des Stoateministeriums vom 26. Marz 1917, betreffend die Verleihurg des Enteignungsrechts an die Braunkohlen⸗ und Brikettindustrie⸗Akttengesellschoft in Berlin zur Aufschließung des rördlich der Straße Bockwitz Nanndorf im Kreise Lieberwerda gelegenen Feldesteils ihrer Emannelgrube, durch das Amtsblatt der Könicglichen Recterung in Merseburg Nr. 16 S. 103, ausgegeben am 21. April 1917;

4) der auf Grund Allerböchsser Erxmächtigung vom 16. August 1914 (GesetzkammJ. S. 153) ergangene Erlaß des Staateministeriums vom 27. März 1917, betreffend die Verleihung des Enteignungzsrechts an die Deutich⸗Luxemburgische Bergwerks⸗ und Hütten⸗Aktien⸗Gesell⸗ schafst, Abteilung Dorkmunder Union in Dortmund, zur Er⸗ weiterung und Aenderung der Privatanschlußbahn ibres Werkes an den Staatsbahnhof Dorstfeld, durch das Amtsblatt der König lichen Regierung in Arnsberg Nr. 15 S. 103, ausgegeben am 14. April 1917;

5) der auf Grund Allerhöchster Ermächtigung vom 16. August 1914 (Gesetzsamml. S. 153) ergangene Erlaß des Staatsministeriums vom 4. Awril 1917, betreffend die Verleihung des Enteionungsrechts an die Stadtgemeinde Hannover zur Ermeiterung des Maschvarkes, durch das Amteblatt der Königlichen Regierung in Hannover Nr. 17 S. 104, ausgegeben am 28. April 1917;

6) der auf Grund Allerhöchster Ermächtigung vom 16. August 1914 (Gesetzsamml. S. 153) ergangene Erlaß des Staatsministeriums vom 11. April 1917, betreffend die Verleihung des Enteignungs⸗ rechts on die Stadtgemeinde Dortmund zur Einrichtung einer ßädti⸗ schen Milchwirtschaft in der Gemarkung der Stadtgemeinde Schwerte, durch as Amtsblatt der Königlichen Regierung in Arnsberg Nr. 16 S. 107, ausgegeben am 21. April 1917. ““

8 Preußen. Berlin, 14. Mai 1917.

In der am 12. Mai 1917 unter dem Vorsitz des Königlich bayerischen Gesandten, Staatsrats Dr. Grafen von Lerchen⸗ feld⸗Koefering abgehaltenen Plenarsitzung des Bundes⸗ rats wurde einer dritten Ergänzung zum Entwurfe des Reichs⸗ 11v für das Rechnungsjahr 1917 die Zustimmung teilt. 3 8

Wie aus Bukarest gemeldet wird, haben dort die deutschen Behörden, ähnlich wie seiner Zeit in Brüssel, einen ganzen Stoß geheimer diplomatischer Akten vorgefunden, die bei der eiligen Flucht aus der Hauptstadt aus Unachtsamkeit zurückgelassen wurden. Wie die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ mitteilt, geben diese Berichte und Telegramme einen nteressanten Einblick in das Treiben gewisser rumänischer Vertreter im Auslande, die mittels tendenziöser, oft geradezu falscher Noch⸗ richten, die sie von der Ententediplomatie bezogen, alles auf⸗ boten, um Rumänien in den Krieg gegen die Mittelmächte hineinzuhetzen. Einer der eifrigsten in dieser Richtung war der frühere Gesandte in Sofia Derussi, dessen Tätigkeit in dieser Richtung durch eine große Anzahl von Telegrammen jetzt aktenmäßig aufgedeckt wird. Die Berichterstattung dieses

esandten, z. B. über seine Unterredungen mit dem bulgarischen Ministerpräsidenten Radoslawoff, widerspricht häufig so sehr den handgreiflichen Tatsachen, daß sie ganz wie bestellte Arbeit aussieht. So telegraphierte er unter anderem am 7. und 9. September 1915 unter Nummer 2186 bezw. Nummer 2209, anläßlich der Anwesenheit Seiner Hoheit des Herzogs Johann

Albrecht zu Mecklenburg in Sofia, die deutsche Politik bemühe

sich, Bulgarien gegen Rumänien aufzuhetzen, während zu jener Zeit das gerade Gegenteil der Fall waur.

—.— g. . EE1ö1““

3 Der englische Finanzminister Bonar Law erklärte ir seiner Rede im Unterhause, in der er die englischen Miß⸗ erfolge bei Arras als Sieg feierte: „Der Feind macht beinahe hysterische Anstrengungen, den Mut seines Volkes hoch zu halten.“ Wie der Mut und die Stimmung im deutschen Heere beschaffen ist, darüber gibt ein Neutraler ein unverfäng⸗ liches objektives Urteil ab. Der kürzlich an der Arrasfront weilende schwedische Berichterstatter Torelius schreibt in „Stockholms Dagblad“:

„Ich habe Gelegerheit zu Unterredungen mit Offizieren und Mannschaften gehäabt, die an den Kämpfen bel Arras teilgenommen haben, und einen staken Emdruck von dem gewaltigen Umfange und der Voraussicht deutscher Führung und der zähen Kraft des deutschen Widerstandes gewonnen. Die Truppen zeigten prächtigen Offensiv⸗ geist, wenn sie gegen den Feind gingen, der bel dem Durchbruche⸗ versuch krine Opfet scheute, sondern immer neue Divisionen ins Keuer schickte. Die Namen Vimy, Gapꝛzelle, Roeux und Monchy bezeichnen leuchtende Evisoden dieer welthistorischen Schlacht. Was hier von den Deutschen geleistet wurde, gereicht ihnen zur unvergänglichen Ehre. TDie Zoversicht und das unerschütterliche Vertrauen, mit dem Generale und Soltaten neuen Anariffen entgegensehen, ist imposant und bringt den unwiderstehlichen Glauhen an die Unbezwingbarkeit der deutschen Front bei.“ 1“

In der Schweiz wird ein feindlicher Propagandafilm vorgeführt, der, wie „W. T. B.“ mitteilt, u. a. das Einbringen des Handelsunterseebootes „Deutschland“ durch zwei französische Kreuzer zum Gegenstand hat. Da „U⸗Deutschland“ wohlbehalten in einem deutschen Hafen liegt, sei dieses elende Machwerk feindlichen Betrugs⸗ und Täuschungsversuchs durch diese Feststellung entsprechend gebrandmarkt.

Einer Mitteilung des „W. T. B.“ zufolge herrschen noch vielfach Zweifel, ob das in der Bundesratsverordnung vom 8. Februar 1917, betreffend den Zahlungsverkehr mit dem Ausland (RGBl. S. 105), ausgesprochene Verbot der Markausfuhr auch auf den Verkehr mit den besetzten östlichen Gebieten Anwendung findet. Diese Frage ist unbedingt zu be⸗ jahen, da die vorbenannten Gebiete im Sinne der Verordnung als Ausland anzusehen sind. Lemgemäß dürfen auf Reichs⸗ währung lautende Zahlungsmittel nach den besetzten östlichen Gebieten nur mit Einwilligung der Reichsbank versendet oder über⸗ bracht werden. Eine Ausnahme davon bilden lediglich Ver⸗ sendungen und Ueberbringungen, die innerhalb eines Kalender⸗ tages den Betrag von höchstens eintausend Mark, jedoch innerhalb eines Kalendermonats den Gesamtbetrag von drei⸗ tausend Mark nicht übersteigen. Innerhalb dieser Grenzen ist die Einwilligung der Reichsbank nicht erforderlich. Nach der Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 5. April 1917 (Reichsanzeiger Nr. 83 vom 7. April 1917) dürfen jedoch in den von einer Person ausgeführten Beträgen in keinem Falle mehr als drei Mark Silbermünzen und nicht mehr als ins⸗ gesamt zwei Mark Nickel⸗, Kupfer⸗, Aluminium⸗ und Eisen⸗ münzen enthalten sein. Verstöße gegen diese Verordnung sind unter Strafe gestellt.

Tatsächlich besteht heute überhaupt keine Veranlassung mehr, den Zahlungeverkehr mit dem Osten in deutscher Wäh⸗ rung abzuwickeln und dadurch dem Inland die notwendigen Zahlungsmittel zu entziehen. Im Gebiet des Oberbefehlshabers

st ist seit langem das sogenannte Ob. Ost Geld (Darlehns⸗ rubel) und im Generalgouvernement Warschau neuerdings die polnische Mark als allgemeines Zahlungsmittel eingeführt. Damit wurde u. ag. der Zweck verfolgt, das früher im besetzten Gebiet zur Ausgabe gelangte deutsche Geld, worunier sich nam⸗ hafte Beträge an Kleingeld befinden dürften, zurückzuziehen und der Heimat wieder zuzuführen. Es liegt daher im vater⸗ ländischen Interesse, daß die Bevölkerung in der Heimat keine auch noch so geringen Beträge deutscher Zahlungsmittel nach den besetzten Gebieten abführt. G

Es sind Zweifel darüber entstanden, bis zu welchem Termin für Saatkartoffeln die Ueberschreitung der für Speise⸗ kartoffeln geltenden Höchstpreise gestattet ist. Zur Auf⸗ klärung wird deshalb durch „W. B. B.“ mitgeteilt, daß nach § 4 der Bundesratsverordnung vom 16. November 1916 die Saatkartoffeln nur bis zum 15. Mai 1917 höchstpreisfrei sind. Vom 16. Mai 1917 ab gilt mithin auch für Saatkartoffeln der allgemeine Höchstpreis für Speisekartoffeln.

Oesterreich⸗Ungarn. Der Kaiser hat angeordnet, daß alle in militärischer Dienstleistung stehenden Mitglieder der beiden Häuser des Reichsrats mit dem 15. Mai zu beurlauben sind.

Der deutsche Reichskanzler Dr. von Bethmann Hollweg ist, wie „W. T. B.“ meldet, gestern früh zu einer Besprechung mit dem Minister des Aeußern Grafen Czernin in Wien eingetroffen. Der Reichskanzler wurde Mittags vom Kaiser in Laxenburg in Audienz empfangen und kehrte mit dem Nachtzuge nach Berlin zurück, wo in nächster Zeit die Be⸗ sprechungen fortgesetzt werden sollen.

Die vorgestrige Generalversammlung des Bundes österreichischer Industrieller in Wien wurde vom Präsidenten Vetter zunächst mit einer Trauerkundgebung für den Kaiser Franz Joseph und einer Huldigung für den Kaiser Karl eingeleitet. Der Vorsitzende hielt sodann eine längere Rede, in der er obiger Quelle zufolge gegen die sich geltend machende in⸗ dustriefeindliche Strömung Einspruch erhob und die Notwendig⸗ keit der Regelung der österreichischen Wirtschafts⸗ beziehungen zum Deutschen Reiche betonte, wobei er darauf hinwies, daß sich weder in der Oeffentlich⸗ keit noch in der Industrie eine irgendwie kompetente Stimme erhoben hätte, die nicht eine innigere wirt⸗ schaftliche Verbindung mit dem Deutschen Reiche verlangt hätte als die bisherige. Vor Beginn der Friedensverhand⸗ lungen müsse Deutschland und Oesterreich⸗Ungarn miteinander über die Grundlage einer gemeinsamen Handelspolitik einig ge⸗ worden sein. Deshalb verlange er im Namen der österreichischen Industrie, daß die Handelsvertragsverhandlungen unverzüglich aufgenommen werden Hierauf erörterte der Handelsminister Dr. Urban in Fästeterier Rebe die großen wichtigen Auf⸗

gaben, die den Handelsressorts hinsichtlich des Wiederaufbaus der Volkswirtschaft obliegen. 65 .

b

Der Minister betonte, daß bei allen diesbezüglichen staatlichen Maßnahmer, die auch nach Beendigung des Krieges noch votwendig sein würden, das Ziel werde vorschweben müssen, die Sphäre der Freiheit des wirtschaftlichen Lebens und die Selbstverantwortlichkeit des Einzelnen grundsötzlich zu wahren und alles zu meiden, was ge⸗ eignet wäre, die indiv duelle Unternehmungslust und Schaffenskraft zu lähmen. Es sei zu bedauern, daß manche industrielle und kommerzielle Kraft ungerechtfertigt dem Argriff ausgesetzt worden sei. Gewiß werde das allgemeine Volksurteil, das über die in der Kriegszeit emporkommenden Schädlinge der Gesellschaft die verdiente Acht ausspreche, nirgends eine kräfttzere Billigung finden als in den Kreisen des legitimen Handels und Verkehrs. Dafür müsse das solide, gesunde, schaffende Unternehmertum den ihm gebührenden Schutz für seine Stellung in der Wirtschaftsordnung in Anspruch nehmen und die Abmehr aller jener Tendenzen verlangen, die geeignet wären, das notürliche Gleichgewicht in den Wittschafts⸗ beziehungen zum Auslande zu beeinträchtigen. Es werde die Aufgabe der Reaterung sein, eine berufene Kraft sich voll emfalten zu lassen, damit die Volkswirtschaft zur höchsten Leistungsfähtgkeit emvorbuhe. Die Art der Lösung der großen wirtschaftlichen und sozialen Probleme des Uebergangs zur Friedene⸗ wirtschaft lasse sich gegenwärtig noch nicht überseben und auch nicht, welche Anforderung die Demobtlisierung des Wrrtschaftelebens stellen werde. Doch könne man annehmen, daß sie noch schwieriger sein werde als dessen Mobilisierung. Der Minister schloß: „Durch den Abschluß der Ausgleichsverhandlungen mit Ungarn ist unsere handelspolitische Aktionsfreiheit nach außen hergestellt. Hiervon und von den Möglichkeiten, die der Krieg trotz unsäglicher Erschwernisse uns eröffnen wird, werden wir Gebrauch macher, um zunächst eine engere wirtschaftliche und politische Verbindung mit dem Deutschen Reiche anzubahnen und sodann mit diesem und unseren anderen Bundesgenossen auch die übrigen internationalen Handelsbeiehungen neu zu gestalten. Wir werden uns in letzterer Hinsicht nicht von aggressiver Handelsfeindsckaft letten lassen, sondern wiec werden alle unsere Bemühungen darauf richten, möglichst günstige Bedingungen für den wechseisestigen Weltverkehr zu schaffen. Jeden⸗ fals- werden wir in der Förderung unseres Auslandsabsatzes eine unserer wichtigsten Aufgaben erblicken.“

Die Rede des Handelsministers wurde von der Versamm⸗ lung mit stürmischem Beifall aufgenommen.

Großbritannien und Irland. e“

Die Lebensmittelfrage und der Tauchbootkrieg bildeten die Hauptgegenstände der Debatten in beiden Häusern des Parlaments am 8. Mai.

Im Oberhause tadelte Lord Buckmaster laut Bericht des „W. T. B.“ an der Regierung, daß ihre Aeußerungen darüber, ob das Land du chzuhalten vermwöge, ebenso widerspruchsvoll seien wie ihre Lebensmittel⸗Verordnungen. Er rüate, daß sie ihre diesbezüglichen Maßnahmen nach Art der Verkäufer von Quacksalbereten anpreise, und ersuchte um eine Erklärung über die Lebensmittelbestände und den Umfang der Tauchbootgefabr. Lord Beresford bezeschnete die Lage der Schiffahrt als sehr ernst und betonte, daß die Tauch⸗ boote infolge der länger werdenden Tage, der milden Witterung und der immer mehr vergrößerten Typen neoch gefährl’cher werden würden. Die Pertode der größten Gefahren werde der Zeitraum von Mitte Juli kis Oktober sein. Der Nahrungsmittelkontrolleur Devonport sagt⸗, die Regierurg rechne mit der Möalichkeit noch zahlreicherer Schiffesversenkungen und treffe daher Maßnahmen, um unnörige Einfuüuhren gänzlich auszuschalten und die ver⸗ fügbare Tonnage für unumgänglich notwendige Güter vor⸗ zubehalten. Selbstredend set es möglich, doß die Versenkungen in erschreckendem Tempo zunähmen und das Erwariete weit übersteigen könnter, aber sofern die Verheerungen der Tauch⸗ boote ein oannehmbares Wahrscheinlichkeitsmaxlmum nicht überstiegen, würde binsichtlich des Brotgetreides mit ziemlich befriedigenden Re⸗ serven bis zur Zeit der nächsten Ernte durchgehalten werden können. Hinsichtlich der Fleischversorgung sei die Lage günstig. Die Einfuhr seit Jabhresbeginn sei nur wenig niedriger als im entsprechenden Zeit⸗ abschnitt des Vorjahres. Die heimischen Herden seien ebenso groß, wenn nicht größer als je zuvor. Eine Fleischnot set, falls sich der Verbrauch in vernünftigen Grenzen balte, schwerlich zu befürchten. Daher werde die Fleischeinfubr, um Plotz für andere Güter zu ge⸗ winnen, möglicherweise zeitweilig eingestellt werden. Auch werde beabsichtigt, den fleischlosen Tag abzuschaffen, da eine Ent⸗ haltung des Fleischgenusses den Verbrauch von Brot und anderen schwer beschaffbaren Lebensmitteln unliebsam vergrößere. Die Vor⸗ räte an Fettstoffen seien größer als im Vorjabre. Die vorge⸗ aekommenen Margarinepolonnaisen hätten ihren Grund nicht im Mangel an Margarine, sondern in der Unregelmäfigkeit der aus Holland kommenden Verschffungen. Devenport vermied es, sich über die Frage, ob die Einführung der Zwangsrationierung be⸗ schlossen sei, offen auszusprechen. Lord Milner erkärte im Namen des Kriegskabinetts, die Regierung prüfe die verschiedenen Rattonte⸗ rungsmethoden, werde aber zur Zwangsrationitrung nur schreiten, wenn eine absolute Notwendigkeit verliege.

Im Unterhause cerklärte Bathurst, die Statistiken der Bäcker wiesen im April eine pierprozenttge Abnahme der Brotverkäufe gegenüber dem Monate März nach. Er warnte jedoch vor zu frühem Optim’smus. Die Pfoße Tatsache der Abnahme des Verbrauchs sei nicht ausreichend, um von einer Zwangsrationierung abzusehen, falls sie aus anderen Gründen notwendig erscheine. Bathurst erwähnte, daß die Esbarkeit gewisser Pflanzen geprüft worden set, aber ohne sonderliche Erfolge.

Die Regierung wird die Vorlage über den trischen Ausgleich dem Parlament nach einer Ankündigung Lord Curzons im Oberhause am 17. Mai vorlegen.

3 Frankreich.

Nach einem gestern veröffentlichten Erlaß ist, wie „W. T. B.“ meldet, der Generalstabschef der Delegierte des Kriegsministers für alle technischen Fragen, die die militärischen Operationen angehen, und für die Leitung der allgemeinen Hilfszweige des Landesgebiets. Der General⸗ stabschef gibt dem Kriegsminister seinen technischen Rat:

1) über Kriegführung und Zusammenwirken der allilerten Armeen;

2) über allgemeine Operationepläne, welche von den Oberbefehls⸗

habern ausgearbeitet wurden. Letztere sind allein mit ihrer Ausführung betraut;

über den Plan für die Hersellung von Kriegsmaterial, Artillerie, Flugzeuge, Eisenbahnen usw.;

über die Verteilung der Hilfequellen des Landes und der Materialbestände auf die verschiedenen Operationsgebiete;

über die Verwertung der Transportmirtel des Landesgeblets⸗ für Truppen, Kriegsmaterial und allgemeine Bewegungen; über alle Fragen, welche vom Krtegeminister dem General⸗ stabschef überwiesen werden.

Personalfragen, auch die Generale betreffend, werden in

der Hand des Generalstabschefs zusammengefaßt. Er ist Vor⸗ gesetzter der französischen Militärkommissionen und Militär⸗ attachbs im Ausland. Die ausländischen Militärmissionen in Frankreich haben Vertreter beim Generalstabschef. Um die Ernlwicklung der französischen Handels⸗ flotte zu begünstigen, ist ein Gesetz erlassen worden, wonach der Staat vom Tage der Veröffentlichung an bis 18 Monate nach Friedensschluß vnter geweissen Bürgschaften und Bedin⸗ gungen französischen Reedern Vorschüsse und Barmittel für den ca oder den Bau von Frachtschiffen mit mechanischem Betrieb zuweisen darf. Die hierfür vorgesehene Summe beträgt 160 Millionen. 8 88

Rußland.

Die provisorische Regierung hat die Bildung eines Ausschusses für Finanzreformen beschlossen. Wie der „Matin“ meldet, soll der unter dem Vorsitz von Tereschenko stehende Ausschuß aus vier Vertretern des Arbeiter⸗ und Soldatenrats, einem Vertreter des Offizierausschusses, drei Ver⸗ tretern der Bauernliga und zwei Vertretern der Konsumgesell⸗ schaften bestehen.

Nach einer Meldung des „Reuterschen Bureaus“ sollen drei neue Ministerien errichtet werden, ein Munitions⸗ ministerium, ein Arbeitsministerium und ein Ministerium für Hilfeleistung (wörtlich Secours).

Der Kommandant von St. Petersburg, General Kornilow, hat seinen Rücktritt angezeigt und erklärt diesen Schritt, obiger Quelle zufolge, damit, daß einige Organisationen die Besatzung zu kontrollieren beanspruchen, und mit dem Ver⸗ langen der Vertreter des Arbeiter⸗ und Soldatenrats, daß er alle seine Befehle dem Rat zur Bestätigung unterbreite.

In der außerordentlichen feierlichen Sitzung der Duma am 10. Mai hielt der Abgeordnete Roditschew, wie die „St. Petersburger Telegraphenagentur“ in Ergänzung ihres vorgestrigen Berichts mitteilt, eine Rede, in der er u. a. ausführte:

Die Allianz der freien Völker richtet sich gegen den Druck des Imperialihmus und des Militarismus; daber müssen wir ihr unentwegt treu bleiben. Man sagt uns: Erwartet den Frieden von der Demokratie. Niemand sehnt den Frieden mehr herbei als ich; aber solange der Feind auf dem Boden unseres Vater⸗ landes stebt, ist es die Pflicht der Demokratte, Pflicht eines j den, der Frieden wünscht, geen den Feind zu kämpsen und ihn von unserem Boden zu vertretben. Der Sig ist nötig zur Herstellung des inneren sozialen Friedens. Je vollständiger unser Sieg über den Feind, desto groͤßer und nachhaltiger werden die Siege der Demo⸗ kratte und der Bauern und Arbesterklassen sein; denn wenn der deutsche Militarismus nicht beseltigt wud, muß alle Arbeit der kommenden Geschlechter Rüstungen gewidmet werden. Unsere Freunde, unsere Verbündeten, unsere Feinde sollen wissen, daß Rußland sich frei gemacht hat, um den Despotismus und jeden Feind urseter Greuzen, wie derer unserer Verbündeten, zu vernichten.

Der französische Munitionsminister Albert Thomas wurde vorgestern nachmittag vom Vollzugsausschuß des Arbeiter⸗ und Soldatenrates empfangen. Nachdem er von dem Vorsitzenden des Ausschusses Tscheidse begrüßt worden war, wurde er aufgefordert, seinen Standpunkt über die gegenwärtige Lage der Kriegspolitik und den internationalen Sozialismus darzulegen. In einer Rede, die nicht weniger als 2 ½⁴ Stunden dauerte, erklärte Thomas, was die öffent⸗ liche Meinung Frankreichs vom neuen Rußland er⸗ warte. Er sagte obiger Quelle zufolge:

Frankreich sei manchmal über die Hilfe, die Rußland babe bringen können, beunruhtgt gewesen. Die französischen Demokraten hofften, daß das neue Raßland Frankreich vorbehaltlos unterstützen werde. Thomas untersuchte dann die Irrlümer, die die fran ösischen Sozialisten in betroff der Gedanken der russischen Sozialisten be⸗ gehen könnten und umgekehrt. Es sei notwendig, zu suchen, auf weichen Grundlagen und unter welchen Bedingungen ein gemein⸗ sames Vorgehen möglich wäre. Der französische Minister tadelte die deutschen Mehrheussozialisten und verwarf die Stockholmer Konferenz, die ohne vocherige Aufstellung der gemeinsamen Grundsaͤtze einberufen worden sei. Er erkannte aber an, daß es wünschenswert set, daß die soztalistischen Parteten aller Länder klar ihre Grundsätze formulierten. Immerhin dürse diese Bemühung nicht die Gelegenheit zu etner neuen deutschen Intrige geben. Thomas erinnerte an die Ränke der deutschen Sozialisten während des Krieges und fuhr fort: „Noch dem Eintritt der Ver⸗ einigten Staaten in den Krieg und nach der zussischen Revolution können die Soztalisten des Westens nur in eine Besprechung der demokratischen Kriegeziele willigen, wenn sie die Gewißheit einer kräftigen Kriegführung habern, denn die Kriegsziele der internatio nalen Demotratie werden niemals vom preußischen Milttarismus anerkannt werden. Um die demokratischen Gedanken zu verwirklichen, muß Deutschland durch die Beihilfe aller bestegt werden.“

Obwohl mehrere der berührten Punkte vom Ausschuß geprüft und von ihm darüber beschlossen worden war, erklärte er, daß er am Montag auf die neuen Fragen Antwort geben werde. Eine neue Zusammenkunft zwischen Thomas und dem Vollzugsausschuß wird daher heute stattfinden.

Der Vollzugsausschuß des Arbeiter⸗ und Soldatenrates hat sich mit 23 gegen 22 Stimmen bei 8 Stimmenthaltungen gegen die Teilnahme am Koali⸗ tionsministerium ausgesprochen. Die Frage wird der Generalversammlung des Arbeiterrates vorgelegt werden, in der ein anderes Abstimmungsergebnis wahrscheinlich ist.

Das Mitglied des Vollzugsausschusses des Arbeiter⸗ und Soldatenrates Skobelew erklärte, daß das ganze russische Proletarigt mit Entrüstung die Idee eines Sonderfriedens zurückweise. Jeder Soldat, der, um es so auszudrücken, einen Sonderfrieden mit Deutschland schließe, schade der russischen Demokratie. Die Armee müsse ein mächtiger, kampfbereiter Organisomus sein und dürfe sich nicht in den Laufgräben demobilisieren, sondern müsse die Offensive ergreifen.

Auf Wunsch der Vertreter des Feldheeres, die in St. Petersburg tagten, gab der Minister des Aeußern Miljukow Erklärungen ab über gewisse Fragen der aus⸗ wärtigen Politik. Miljukow sagte u. a. der „St. Peters⸗ burger Telegraphenagentur“ zufolge:

Es bestehen geheime Verträge, aber sie können nicht veröffentlicht werden, denn das würde eine Enthüllung von Geheimnissen vedeuten, die nicht nur den Interessen der russischen Demokratie, sondern auch denen aller Verbündeten Abbruch tun könnten, da sie einen Bruch Ruß⸗ lands mit seinen Verbündeten herbeiführen könnte. Diese sind mit Rußland vollkommen einig darin, daß das Ziel des Krieges das Recht der Völker auf freie nationale Entwicklung ist. Was die Annexionen und Entschädigungen betrifft, so muß die Bedeutung, die die Ver⸗ bündeten diesen Worten beilegen, genau festgelegt werden. So bestehen die Verbündeten darauf, daß diejenigen, die ihr Land verwüstet und geplündert haben, ihnen den Schaden ersetzten. Die verbündeten Länder haben sich anfangs über die russische Revolution gefreut, dann aber die Besorgnis gehegt, daß in Rußland die deutschfreundlichen Sympathien die Oberhand gewännen. Außerdem flößen die Ver⸗ wirrung, die bei uns in der Verpflegung berrscht, und der Munitions⸗ mangel unseren Verbündeten Beunruhigung ein. Nach amtlichen Angaben ist die Lage in Deutschland krilisch. Japan beabsichtigt nicht, Rußland anzugreifen: seine Gedanken sind auf den Ortent ge⸗ richtet. Amerika bewilligt Rußland eine sehr vorteilhafte Anleihe und schickt uns Ingenieure, die die sibirischen Eisenbahnen einrichten und uns auf anderen technischen Gebieten helfen werden.

Der Kriegsminister Gutschkow hielt in der Sitzung der Vertreter des Feldheeres eine Rede, in der er die Frage der Verpflegung und Munitionsversorgung der Armee berührte und hervorhob, in welchem Zustand der Verwahr⸗ losung die Verpflegung von der alten Regierung zurückgelassen worden sei. Er sagte:

Diese Frage ist augenblicktich bis zu einem gewissen Grade ge⸗ regelt, da es um die Verpflegung jetzt besser steht wie vor zwei

berichten wird.

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Monaten. Die tatkräftige Hilfe unserer früberen und neuen Ver⸗ bündeten wird es uns ermöglichen, die Munittonsfrage vollkommen in Ordnung zu bringen. Wenn das Abkommen mit Amerika eadgultig zum Abschluß kommt, das sich verpflichtet, in einigen Wochen den Transport in Rußland zu organtisieren, ist eine gürstige Lösung dieser Frage gesichert. Die Frage der Verpflegaung und besonders dee Vieb⸗ fütterung liegt sehr ungünstig. Im Lause von anderthalb Monaten müssen wir die Lieferung von Landeserzeugnissen an, die Armee verstärken. Nur das kann die Lage verbessern. Von der Armee selbst sprechend, sagte Gutschkow: Die Hauptfrage, die die provi⸗ sorische Regierung lösen mußte, war die Erneuerung der Zusammen⸗ setzung der Armee, um die befähigten Männer auszunutzen. Das ist jetzt getan wurden. Ich bin in weitgehendem Maße für eine Demo⸗ kratisierung unserer Armee, aber das Heer ist ein besonderer Organismus, und wenn wir bei einer Demokrattsterung bi⸗ Autorität jeder Macht fortfegen, so werden wir gegenteilige Ergebnisse erzielen. Indem wir jede persöaliche Verantwortlichkeit abschaffen, kommen wir deraestalt wieder zum alten Regime, unter dem die Macht unverantwortlichen Personen gehörte.

Das „Reutersche Bureau“ meldet aus St. Petersburg, daß eine Bande von etwa 30 Anarchisten aus Petersburg und Schlüsselburg, die mit Gewehren, Revolvern und Bomben bewaffnet war, sich in den Besitz des Hauses des Herzogs von Leuchtenberg in der Nähe des Martentheaters gesetzt habe, um darin ihr Hauptquartier aufzufchlagen. Sie hätten sich trotz einer Weisung des Arbeiter⸗ und Soldatenrates geweigert, das Haus zu verlassen, worauf der Bezirkskommandant das Haus von Truppen habe umstellen lassen.

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Niederlande.

Im Monat April sind an der niederländischen Küste 182 Minen angeschwemmt. Davon sind: 169 englischen, 6 deutschen und 7 unbekannten Ursprungs. Seit Kriegs⸗ beginn sind somit bis zum gleichen Zeitpunkt an der nieder⸗ ländischen Küste 2079 Minen angetrieben. Davon sind: 1414 englischen, 65 französischen, 265 deutschen und 335 un⸗ bekannten Ursprungs.

Belgien.

Durch Verordnung des Generalgouverneurs werden, wie „W. T. B“ meldet, die Ministerien für Landwirtschaft, Wissenschaft und Kunst sowie für Gewerbe und Arbeit, das letztere mit Ausnahme des Patent⸗, Marken⸗ und Musterschutzwesens, mit Wirkung vom 15. Juni ab, in ein vlämisches und ein wallonisches geschieden. Das Ge⸗ setz⸗ und Verordnungsblatt veröffentlicht die Namen der für die beiden Verwaltungsgebiete ernannten höheren Ministerial⸗ beamten.

Dänemark.

Die nordischen Ministerzusammenkünfte sollen nach einer Meldung des „W. T. B.“ zukünftig mit größerer Regelmäßigkeit abgehalten werden. Die nächste Zusammen⸗ kunft wird bereits mit Herbstbeginn in Kopenhagen stattfinden.

Die beiden Häuser des Reichstags halten morgen eine gemeinsame vertrauliche Sitzung ab, in der die Regierung über die gegenwärtige internationale politische Lage

Schweden.

Wie die Kriegsversicherungskommission der

„Berlingske Tidende“ zufolge mitteilt, beträgt die Zahl der

schwedischen Schiffe, deren Verlust unmittelbar oder mittelbar mit dem Kriege in Verbindung steht, 77 Dampfer und 34 Segler mit zusammen 114 000 Tonnen.

Die schwedische sozialistische Linkspartei eröffnete

gestern ihren konstituierenden Kongreß, an dem 200 Delegierte teilnahmen. Schweiz.

Das Schweizervolk hat die Vorlage über die Einführung einer Stempelsteuer in der gestrigen Abstimmung, laut Meldung des „W. T. B.“, mit rund 180 000 ja gegen 152 000 nein angenommen.

Türkei.

Der österreichisch- ungarische Botschafter Markgraf von Pallavicini ist vorgestern vom Sultan in feierlicher Audienz zur Ueberreichung seines neuen Beglaubigungsschreibens emp fangen worden. 6

Die revolutionäre Bewegung in Rußland ist nach einer Meldung der „Times“ nicht ohne Einfluß auf Rumänien gebieben, wo bisher nur eine schwache sozialistische Bewegung bestand. Vorgestern sind 20 Abgeordnete zusammen⸗ gekommen, um eine neue Arbeitspartei zu gründen. Die Hauptpunkte des Programms, das angenommen wurde, sind Verteilung des Landes unter die Bauern und Landarbeiter, Frauenwahlrecht, bürgerliche Rechte für die Juden, die den Feldzug 1913 und den gegenwärtigen Krieg mitgemacht haben, und Fortsetzung des Krieges, bis der deutsche Militarismus zerschmettert ist. Die neue Partei hat sich bereits mit den Vertretern der russischen Sozialisten in Verbindung gesetzt und beabsichtigt, mit ihnen zusammenzuarbeiten.

Amerika.

Der italienische Verkehrsminister Arlotta, begleitet vom General Guglielmo, Commandante Vanutelli und anderen italienischen Persönlichkeiten, ist am Freitag in New York eingetroffen und von den amerikanischen Behörden und den Vertretern der italienischen Kolonie und Botschaft empfangen worden.

Der Staatssekretär Lansing hat die Gerüchte, daß die Vereinigten Staaten mit irgendeinem der Verbündeten ein Abkommen getroffen hätten, keinen Sonderfrieden abzu⸗ schließen, nach der „Associated Preß“ mit den Worten in Ab⸗ rede gestellt: „Es besteht kein schriftliches oder nichtschriftliches Abkommen über den Frieden.“ Als man in ihn drang, zu erklären, ob die Frage in nicht formeller Weise erörtert worden sei, lehnte er es ab, den Gegenstand weiter zu besprechen.

Nach stürmischer Debatte hat das amerikanische Repräsentantenhaus einer Reutermeldung zufolge mit 215 gegen 178 Stimmen seine Vertreter auf der inter⸗ parlamentarischen Konferenz beauftragt, den vom Senat ge⸗ strichenen Zusatz zum Millitärgesetz, der Roosevelt zur Führung einer Division nach Frankreich ermächtigt, wiederherzustellen.

Bei einem Festmahl, das hie New Yorker Handels⸗ kammer vorgestern der britischen Mission gab, führte der Staatssekretär des Aeußern Balfour obiger Quelle zufolge in einer Rede aus:

Es sei der Traum seines Lebens gewesen, daß die englischspeechen⸗ den freiheitliebenden Teile der Menschheit sich enger zusammenschließen und daß dann alle vorübergehenden Ursachen von Meinungsverschieden⸗

heiten in ihren richtigen Perspektiven erscheinen würden. Er sei dem Ideal der amerkanischen Freundscaft unveränderlich treu geblieben und werde es bleiben. Könnte jemand glauben, daß, wenn die See⸗ macht an Deulschlaud überginge, sie für die Freiheit der Menschheit verwendet werden würde? Die deutsche Flotte sei absichtlich in der Hoffnung geschaffen wolden, die Seemacht zu vernichten, in der die deutsche Autoktatie eines der großen Bollwerke der Freiheit und eines der volkommensten Verteidigungsmittel gegen die Weltherrschaft er⸗ kannt hätte. 1t Der Präsident der Argentinischen Republik hat eine kurze Botschaft an den vorgestern eröffneten Kongreß gerichtet, in der er erklärt, daß dringende und ver⸗ wickelte Fragen die Regierung in Anspruch genommen und an der Vorbereitung einer Botschaft verhindert hätten, die vald an den Kongreß gelangen solle. Immerhin gebe er zu wissen, daß die jüngsten großen Schwierigkeiten in befriedigender Weise gelöst worden seien. 1

Berlin, 12. Mai, Abends. (W. T. B.)

Die heute morgen gemeldeten Angriffe der Engländer

ersolgten zwischen Gavrelle und der Scaxpe, beiderseits der

Straße Arras —Cambrai und bei Bullecourt. Sie sind

unter schweren Verlusten für den Feind gescheitert.

Bei Roeux wird noch gekämpft. An der Aisne und in der Champagne nichts Neues.

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Im Raume von Arras steigerte sich am 11. Mai das feindliche Artilleriefeuer am Nachmittag beiderseits der Scarpe zu größter Heftigkeit, um gegen Abend zum Trommelfeuer an⸗ zuwachsen. Neun Uhr 30 Minuten griffen die Engländer nördlich der Scarpe an einzelnen Abschnitten in dichten Sturm⸗ wellen an. An fast allen Punkten blutig zurückgewiesen, gelang es ihnen, in die Ortschaft Roeux und den nördlich vom Dorf gelegenen Bahnhof einzudringen. Durch einen Gegenstoß wurden sie sofort wieder aus dem Dorfe geworfen. Auch südlich der Scarpe scheiterten mehrfache feindliche Angriffe meist schon in unserem Sperrfeuer. Seit den frühesten Morgen⸗ stunden des 12. Mai lag schwerstes feindliches Feuer auf de ganzen Front von Acheville bis Queant, dem, wie gemeldet, Angriffe folgten. 8 8

Durch eine Beschießung von Douai durch englische Ge schütze wurde militärischer Schaden nicht angerichtet, wohl aber französische Einwohner getötet und verwundet.

In der Gegend von Quentin wurde bei Patrouillenkämp fen eine Anzahl Engländer gefangen genommen. Auf der Stadt Quentin lag lebhaftes Artilleriestreufener. Die englisch Artillerie beschoß vor allem französische Ortschaften mit schwerem Kaliber.

An der Aisne blieben bei dem gemeldeten erfolgreichen deutschen Vorstoß beiderseits Cerny 1 Offizier und 134 Mann in unserer Hand. Oestlich Chevreur machten wir bei der Säuberung eines Franzosennestes ebenfalls Gefangene und erbeuteten Maschinengewehre.

Nördlich Reims und in der westlichen Champagne heftige Artilleriekämpfe, besonders am Nachmittage und Abends um der Gegend von Berry⸗au⸗Bac. Hier verstärkte sich von 8 Uhr Abends an das feindliche Feuer gegen die Linie Höhe 91—108 östlich Berry⸗au⸗Bac zum Trommelfeuer, dem um 9 Uhr Abends ein starker, in zwei Wellen vorgetragener Angriff folgte. Nach erbittertem einstündigen Kampfe im vordersten Graben war die Stellung wieder restlos in unserer Hand. Di Franzosen erlitten auch hier schwere Verluste. Eine Anzahl von Gefangenen und Beute wurde eingebracht.

Großes Hauptquartier, 13. Mai. (W. T. B.) 8 Westlicher Kriegsschauplatz. Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht.

Die großen Angriffe der Engländer sind gescheitert

Nach sehr starker Artillerievorbereitung, die sich auf da ganze Schlachtfeld von Arras zwischen Lens und Quéant ausdehnte, brachen die Engländer in den frühen Morgenstunden zwischen Gavrelle und der Scarpe, beiderseits der Straße Arras Cambrai und bei Bullecourt gegen unsere Linien vor. In Roeux gelang es ihnen einzudringen, an allen anderen Stellen wurden sie durch Feuer und im Nah kampf unter schwersten Verlusten abgeschlagen. 8

Abends erfolgten beiderseits von Monchy mehrere neue Angriffe, die gegenüber unserer tapferen Verteidigung eben falls blutig scheiterten. 1

Vorteile, welche die Engländer in Bullecourt erringe konnten, wurden ihnen durch den schneidigen Gegenstoß eine Gardebataillons wieder entrissen. Heute sind um das Dorf neue Kämpfe entbrannt. 8

Heeresgruppe Deutscher Kronprinz. 8

Während es nördlich der Aisne zeitweilig ruhiger ge⸗ worden ist, hat sich der Artilleriekampf am Aisne⸗Marne Kanal und in der Champagne, nach Osten bis nach Tahure übergreifend, weiter verschärft.

Ein nächtlicher Vorstoß der Franzosen beiders er Straße Corbeny Pontavert blieb erfolglos.

Der Feind verlor am 12. Mai in Luftkämpfen 124 durch Abwehrfeuer von der Erde 3 Flugzeuge. Ein französischer Flieger mußte hinter unseren Linien notlanden.

Oestlicher Kriegsschauplatz. Keine Veränderungen.

Mazedonische Froonnlt— Auf den Höhen von Dobropolje (östlich der Cerna) un südlich von Huma wurden mehrere feindliche Angriffe abgeschlagen. Die Stellungen sind dort restlos und fest in unserer Hand. 1““] Der Erste Generalquartiermeister.

Ludendorff.

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Berlin, 13. Mai, Abends. (W. T. B. Bei Arras lebhaftes Feuer. Teilvorstöße der Engländer gegen den Park von Oppy und gegen Bullecourt sind ge⸗ scheitert. b An Aisne⸗ und Champagne⸗Front Lage unverändert.