8 te Emährung gebrauchen, und den Rest den Landwirten ü lassen. Die Herstellung von Spiritus aus Kartoffeln ist soweit einge⸗ schränkt worden, wie es mit der Munitionsherstellung noch vereinbar war. Im übrigen müssen wir alle Kartoffeln der menschlichen Ernährung zuführen. Man spricht von der Beschlagnahme, es ist aber an Brot⸗ (etreide und Kartoffeln den Landwirten nichts zur freien Verfügung gelassen worden. Die Herren, die von der Beschlagnahme sprechen, meinen auch die Fortnahme; die Fortnahme der Kartoffeln im Herbst war aber nicht möglich wegen der Transportschwierigkeiten. Die Er⸗ zeugung wird in jeder Weise gefördert, soweit nur militärische Be⸗ urlaubungen möglich sind. Daß die Ansichten über das Vieh ver⸗ schieden sind, zeigen die Widersprüche zwischen den Herren Koch und Hoff. Ich boffe daß durch die Bereisung des Ausschusses das Ver⸗ ständnis für die praktischen Verhältnisse gestärkt wird. Der Presse ist alle Freiheit gelassen und wird weiter gelassen werden, alles zu sagen, auch wenn es nicht gerade unsere Gegner hören sollten. Es wäre aber sehr schön, wenn jede Zeitung nicht immer die Artikel brächte, an die die Leser schon gewöhnt sind, wenn etwa das „Berliner Tageblatt“ Artikel der „Deutschen Tageszeitung“ und umgekehrt brächte, dann würden die Verhältnisse zwischen Stadt und Land aufgeklärt werden. Wenn man aber immer dasselbe liest, kommt man zu einer einseitigen Auffassung. Mein Amt ist ganz unpolitisch. Wir wollen ie Bevölkerungskreise nicht voneinander entfernen, sondern anein⸗ ander heranziehen. Wir werden auch nach dem Kriege wirtschaftlich schwere Zeiten haben, so daß die geschlossene Arbeit der deutschen Volkskraft bitter nötig ist. Und gerade auf diesem Gebiete sollten alle politischen Gegensätze zurücktreten und die einheitlichen Inter⸗ essen zusammengehen in gegenseitigem Verständnis. Ich kann nicht sagen, daß das genügend der Fall ist; im Gegenteil, die Verhältnisse werden — das mag an der Kriegsnervosität liegen — dauernd schlimmer, und es wäre verhängnisvoll, wenn wir in den Frieden gehen sollten mit der Stimmung zwischen Stadt und Land, zwischen Verbrauchern und Erzeugern, wie sie augenblicklich herrscht. Jeder, der es mit dem deutschen Volke gut meint, follte darin eine Aende⸗ rung eintreten lassen. Wer daran mitarbeitet, wird damit mehr nützen, als er durch Uebertreibungen und Kritik im einzelnen, durch Vorwürfe gegen andere Berufsstände nützen zu können glaubt. Kritik ist gut, aber sie soll wohlwollend sein, und die Lage der anderen be⸗ rücksichtigen. Dann kommen wir vorwärts. Mit der Kritik, die das außer acht läßt, kommen wir rückwärts und können die schweren wirt⸗ schaftlichen Aufgaben nicht mehr erfüllen. (Lebhafter Beifall.)
Abg. Held (nl.): Die letzten Worte des Präsidenten des K. E. A. verden hoffentlich im Lande ein Ecko finden und die Gegensätze zwischen Stadt und Land mildern. Zweifellos hat das K. E. A. und sein Prä⸗ sident den besten Willen, eine ausreichende Versorgung herbeizuführen. Leider fehlt es an Lebensmitteln. Im Amte herrscht aber ein frischer Geist, und es ist erstaunlich, wie vorzüglich und sachverständig es vor⸗ geht. Hoffentlich wird nun die Ernährung des Volkes besser, gleich⸗ mäßiger, und wir bekommen mehr aus dem Auslande herein. Den Mangel und die Not müssen wir ertragen. Der Mangel ist deshalb in so erschreckender Weise eingetreien, weil das Ergebnis der Getreide⸗ ernte überschätzt und die Kartoffelernte so miserabel war. Die Haupt⸗ schuld war die falsche Preispolitik. Wenn man dem Landwirte 3,50 ℳ für Kartoffeln gibt, für die er früher 4 ℳ erhalten hat, so darf man sich nicht wundern, wenn Mißstimmung entsteht. Auch die Ungleich⸗ heit der Kornpreise und die Teuerung der Futtermittel war ein Uebel, und es war kein Wunder, daß Getreide verfüttert wurde. Das Ge⸗ schimpfe auf die Landwirte hat auch zu den unerwünschten Verhältnissen geführt. Das Prinzip der Freiwilligkeit hätte Besseres erreicht, als erreicht worden ist. Das K. E. A. sollte die Freiwilligkeit noch weiter ausdehnen und eine Festlegung aller Aecker vornehmen und nur für eine bestimmte Fläche eine Abgabe von Getreide usw. auferlegen. Er wird dann von dem, was er behalten darf, alles abliefern, was er entbehren kann. Dann muß die Gemeinde die Trägerin der Ablieferung sein; es wird der eine den anderen kontrollieren. Das würde außerordentlich mehr wirken als der Polizeiknüppel. So bekommen wir alles bis ufs letzte heraus, namentlich wenn für das Abgelieferte angemessene Preise gezahlt würden. Vor allem würde dadurch die Stimmung der Landwirte verbessert werden. Ein Herabsinken der wirtschaftlichen Moral ist nicht nur beim Produzenten zu beobachten, wie der Unter⸗ staatssekretär Michaelis meinte, sondern auch beim Konsumenten. Die Reduzierung der Schweinepreise hätte im Herbst 1916 einen Zweck gehabt, jetzt aber nicht, wo wir keine Kartoffeln haben. Die Folge wird sein, daß wir in der allernächsten Zeit keine Schweine haben werden. Würde das Rindvieh im Mai und nicht im Herbst abgeschlachtet, so würde das einen sehr großen pekuniären Schaden bedeuten. Die Abschlachtung ist nun bis zum Juni hinausgeschoben worden; aber auch das ist viel zu früh. Ich möchte vorschlagen, die Abnahme möglichst weit hinauszuschieben. Wo soll auch die Milch herkommen, wenn das Rindvieh in dieser Weise angetastet wird? Wo sollen wir überhaupt hinkommen, wenn wir eine schlechte Ernte haben werden. (Sehr gut!) Welche unendlichen Kosten und Mühen hat die Aufzucht des Viehs gehabt! Alles das geht doch verloren. Man meint, das Verschwinden der Schweine schade nichts, vor allem müsse das Volk ernährt werden. Feldmarschall von Hinden⸗ burg hat gesagt, ohne Feit und Speck könnten die Munitionsarbeiter nicht arbeiten. Wie soll das noch möglich sein, wenn die Schweine verschwinden? Unter den neuen Bestimmungen können gar keine Hausschlachtungen vorgenommen werden, hier muß bald Wandel ge⸗ schaffen werden. Es muß ein Termin festgesetzt werden, an dem die Hausschlachtungen vorgenommen werden können und die Enteignung fortfällt, sonst gehen wir schlimmen Zuständen entgegen. Die Blüte unserer Landwirtschaft und Industrie datiert seit der neuen Wirt⸗ schaftspolitik von 1903. Hieran sollte nicht gerüttelt werden. Wenn die Viehzucht nicht mehr rentabel ist, dann wird sie verschwinden. Vor allem darf das Zuchtvieh, namentlich die Zuchtschweine, nicht angetastet werden. Wenn wir unsere Grenzen nicht zuhalten, so sind wir vor Seuchen nicht sicher. Das Abschlachten des Viehs wird die Preise nicht vermindern, wohl aber die übergroße Spannung zwischen Stallpreis und Ladenpreis beseitigen. Die Provisionen der Viehhandelsverbände sind übermäßig hoch, leider ist bis jetzt nichts dagegen geschehen. Sie haben an Provisionen in einem Jahre über 200 Millionen erhalten (Hört! hört!), das muß einmal die Oeffentlichkeit erfahren. Die Kommunalverbände würden die Sache viel, viel billiger machen können. Es geht nicht an, den Pro⸗ duzenten soviel abzunehmen, um einige wenige zu bereichern zum Schaden des Volkes. Das gilt aber auch von den Landwirtschafts⸗ kammern und den Hauptgenossenschaften. Die Hauptgenossenschaft in Hannover hatte z. B. in einem Jahre einen Reingewinn von 2 Mil⸗ lionen, bei einem Verlust von etwa 6 ¼ Millionen Mark. Ich habe Briefe vor mir, die behaupten, daß die Landwirtschaftskammern und Hauptgenossenschaften nur die Interessen ihrer Beamten vertreten, daß gewisse Beamte Ministergehälter bezögen usw. Das sind schlimme Zustände, und es muß eingegriffen werden, damit die Viehbestände erhalten werden. Die Landwirtschaftskammern werden immer als die berufenen Vertreter der Landwirtschaft hingestellt. Bei uns in Hannover genießen die Landwirtschaftskammern kein Vertrauen. (Hört! hört!) Das Saatgut wird durch die Landwirtschaftskammern nicht gerecht verteilt, auch nicht die Saatkartoffeln. Ein Saat⸗ kartoffelnproduzent bietet Saatkartoffeln bis über 20 ℳ an unter der Bedingung, daß ein gewisses Quantum Speisekartoffeln an die Landwirtschaftskammer in Hannover abgeliefert werden muß zu einem Preise von 5 ℳ. Man muß sich wirklich wundern, was unsere Land⸗ wirtschaft alles erträgt. Ueber die Bezugsvereine der Landwirte freue ich mich; sie werden eine gerechtere Verteilung der Dünge⸗ mittel erzielen. Wir müssen den Landwirten auch mit Futtermitteln für ihre Hausschlachtungen entgegenkommen. Hoffentlich werden Versorgungsstellen für die Produktion von Kraftfutter in cinzelnen Provinzen errichtet; so könnte man an Gerste sparen.
Das Mischfutter und der Dünger müssen genau kontrolliert und ihr Inhalt genau bezeichnet werden. Das K. E. A. wird sich verdient machen, wenn es bei der Militärverwaltung auf eine schleunige Be⸗ urlaubung der eingezogenen Mannschaften dringt. Die Hafermisere det vorigen Jahres wird hoffentlich nicht wiederkehren. Alles Lob verdient die Organisation der Beschaffung von Obst und Gemüse aus Holland. Wenn wir täglich 200 bis 300 Waggons Gemüse aus Hol⸗
Kviegsgetreidestelle
ereinbekommen, so r. den sein. Es darf sich in
Jahre nicht wiederholen, daß Tausende von Zentnern durch die
üld der Behörden verfaulen. Untersuchung über die Gersten⸗ ieferung muß scharf geübt werden. Der Fang der Krammetsvögel ist wieder erlaubt. So etwas hätte ich vor einigen Jahren, als wir das Gesetz gemacht hatten, nicht für möglich gehalten. Was die Eier⸗ sammlung betrifft, so möchte ich bitten, die Eier freizugeben, wenn die Betreffenden keine Kisten usw. haben, damit die Eier nicht verderben. In bezug auf die Butter sollte man auch nicht zu rigoros vorgehen und nicht zu sehr an bestehenden Verhältnissen rütteln. Im Inter⸗ esse der Milchgewinnung sollte man auch die. Milchkühe schonen. Die Fleischzulage in meiner Heimat ist viel geringer als in Berlin. Da muß dafür gesorgt werden, daß gerecht verfahren wird. Die Höchst⸗ preise sind gut, wenn die Waren zu diesem Preise tatsächlich auf den Markt kommen. Eine ganze Menge von Waren verschwindet, wenn die Höchstpreise kommen. Die Geschäfte müßten durch Stichproben revidiert werden und so die Ware herauskommen, die nur verborgen ist. Die Z. E. G. hat durchaus richtige Anordnungen getroffen. Es geht nicht, daß soviele Pakete vom Auslande an Private geschickt wer⸗ den, Sendungen an Verwandte allerdings wird man frei lassen müssen. Aber die Hauptsache bleibt, daß die Allgemeinheit nicht dadurch ge⸗ schädigt wird. Der freie Handel erhebt nun Vorwürfe gegen die Z. E. G. und sagt, es wären große Mengen von Heringen usw. von der Z. E. G. nicht erfaßt worden. Hierüber muß Klarheit geschaffen werden. Die Z. E. G. hat die Waren nicht etwa verbilligt, sondern bedeutend erhöht. Ihre Unkosten können auch gar nicht so hoch sein, wie sie behauptet. Die Ein⸗ und Ausfuhrabteilung der Z. C. G. hat drei Monate vergehen lassen, ehe sie die Einfuhr von Wruckensamen aus Dänemark zuließ. Erhebend ist es, wie unser Volk die Schwierig⸗ keiten der Ernährung ertragen hat. Es müssen von jetzt ab die nötigen Kartoffeln und die nötigen Mengen Fett geliefert werden. Hoffentlich erfüllen sich die Erwartungen des Présidenten des K. E. A. Die deutsche Landwirtschaft darf aber auch nicht so behandelt werden, daß ihr Unwille wächst. Wenn wir alle Opfer bringen, werden wir den Sieg erringen. (Beifall.)
Direktor im Kriegsernährungsamt von Oppen: Dem Wunsche der Hinausschiebung des Termins für die Herabsetzung der Rindviehpreise bedauere ich Erfüllung nicht in Aussicht stellen zu können. Selbstverständlich wird, wie es auch bei den Schweinepreisen geschehen ist, durch geeignete Uebergangsbestimmungen Sorge getragen werden, daß das sich zu diesem Termine zusammendrängende Angebot von Schlachwvieh noch zu dem alten Preise abgenommen werden kann.
Was die hohen Provisionen der Viehhandelsverbände betrifft, so hat
der preußische Zentralviehhandelsverband von sich aus vorläufig die Provision auf 5 ½¼ % ermäßigt; Verhandlungen über die Höhe, in der sie dauernd weiter bestehen sollen, schweben und werden nächstens zum Abschluß gelangt sein. Meohrere Redner aus dem Hause haben gestern Klagen und Besorgnisse ausgedrückt wegen des Wildschadens. Das veranlaßt mich, auf die im vorigen Oktober gepflogenen Verhandlungen zurückzukommen. Damals hat nach eingehenden Beratungen im Er⸗ nährungsbeirat das Kriegsernährungsamt in einem Rundschreiben die verbündeten Regierungen ersucht, sie möchten sich alsbald mit den Generalkommandos in Verbindung setzen, um nötigenfalls einen zwangsweisen Abschuß herbeizuführen. Dieser Schritt hat Erfolg gehabt, denn weder im vorigen Herbste, noch dieses Frühjahr sind uns irgendwie erhebliche Klagen über Wildschaden zu Ohren gekommen. Das Rundschreiben wird auch in diesem Jahre den Regierungen erneut zugehen, und ich hoffe, daß es durch das Zusammenwirken der Militär⸗ und der Zivilbehörden erreicht wird, daß uns die so knappen Lebens⸗ und Futtermittelbestände nicht durch das Wild beeinträchtigt werden. Bei allen beteiligten Behörden besteht volles Einverständnis über diesen Punkt, und überall ist der ernste Wille vorhanden, daß Wild⸗ schaden nicht mehr entstehen soll. Es wird unter diesen Umständen mit Sicherheit gelingen, dafür zu sorgen, daß die berechtigten Klagen über den Wildschaden aufhören.
Abg. Weilnböck (dkons.): Es sind jetzt über tausend Tage her, daß wir uns im Kriegszustande befinden, und wenn es den Feinden nicht gelungen ist, uns durch Waffengewalt, oder durch Hunger zu über⸗ winden, dann danken wir das letztere nicht zum wenigsten den deut⸗ schen Landwirten, den Veteranen unter ihnen, ihren Frauen, Töchtern und Söhnen. Durch die vor dem Kriege getriebene deutsche Zoll⸗ politik ist unsere Landwirtschaft erstarkt. Sie hat sich fast unbewußt auf den eigentlichen Krieg vorbereiten können. Wir haben Ernten gehabt, wie wir sie früher nicht gewohnt gewesen sind; unsere Vich⸗ bestände haben sich in Form und Menge zur vollsten Blüte entfalten können. Das ist durch den Krieg anders geworden, aber Reserven hatten wir, und davon hat das ganze deutsche Volk Nutzen gezogen, denn ohne diese wäre es den Feinden und seinen Helfershelfern wohl⸗ möglich gewesen, uns den brutalsten Frieden aufzuzwingen. Gewiß hat die Landwirtschaft nicht alles schaffen können; es kam ihr auch wohl zustatten, daß noch Bestände aus den Vorjahren vorhanden waren, daß eine wenn auch kärgliche Einfuhr aus dem Auslande ihr geholfen hat. Unser Heer hat Lebensmittel aus Feindesland heranziehen können. Dafür aber haben wir einen nicht unbeträchtlichen Teil der Zivilbevölkerung des Auslandes ernähren müssen, desgleichen zwei Millionen Kriegsgefangene, und wir dürfen auch nicht übersehen, daß wir einen beträchklichen Teil der Ernte von 1914 durch den Einfall der Feinde in Ostpreußen und Elsaß⸗Lothringen verloren haben. Aber durch die Opferwilligkeit von Verbrauchern und Erzeugern haben wir von Ernte zu Ernte zugelernt, und wir werden auch über 1917 hinaus durchhalten können. Durch Hunger soll uns kein fauler Friede aufgezwungen werden. (Sehr wahr! rechts.) Der Landmann hat mit den Seinen und denen, die ihm geholfen haben, seine volle Pflicht und Schuldigkeit getan. Er wird sie auch tun bis zum Ende des Krieges und darüber hinaus. Der Friede von heute bedeutet kein Brot von morgen, das ist richtig, und ich glaube, wir müssen von der Kriegs⸗ entschädigung, die der weitaus üöberwiegende Teil des deutschen Volkes verlangt und fordert, einen Teil in Gestalt von Nahrungs⸗, Futter⸗ und Kunstdüngermitteln geliefert bekommen, um die Bevölkerung wieder leidlich damit versorgen zu können. Zurzeit muß die Land⸗ wirtschaft im allgemeinen Interesse verlangen, daß bei der öffentlichen Bewirtschaftung auf die Eigenart und auf die Produktionsverhältnisse der Landwirtschaft mehr Rücksicht genommen wird und die berufenen Vertreter der Landwirtschaft mehr mitbestimmendes Recht bekommen. Das ist leider bis.jetzt viel zu wenig geschehen; noch immer ist durch die Einflüsse nichtlandwirtschaftlicher Kreise mehr auf die Verteilung als auf die Produktion selbst das Augenmerk genommen worden. Wenn wir noch Lebensmittel zum Verteilen haben und der Acker im all⸗ gemeinen wieder bestellt ist und Früchte bringen wird, so ist das zurück⸗ zuführen auf die Hingebung des Landmannes, auf seine Liebe zur Scholle, in letzter Linie auf sein eigenes finanzielles Interesse, gewiß nicht auf die vielen Verordnungen, auf die großen Reden, am aller⸗ wenigsten auf die Vorwürfe, die innerhalb und außerhalb des Hauses gegen ihn gerichtet worden sind. Vor allem falsch war unsere Preis⸗ politik. Die Höchstpreise standen sehr bald mit der fortschreitenden nicht mehr in Einklang; sie waren der erste Schritt auf der abschüssigen Bahn. Das Verfahern mit dem Hafer⸗ preis im vorigen Jahre hat eine geradezu verheerende Wirkung her⸗ vorgerufen; der Präsident des Kriegsernährungsamts hat ja auch er⸗ klärt, daß, solange er im Amte sei, so etwas nicht wieder vorkommen würde. Bis jetzt ist es gestattet, daß dem Landwirt im Jahre bis zu 4 Tierfelle zu seinem eigenen Bedarf belassen werden, wenn er die⸗ selben in einer Gerberei gerben läßt, die der Kriegsrohstoffgesellschaft angeschlossen ist. Jetzt sellen Erwägungen schweben, ob diese Ver⸗ günstigung nicht aufzuheben wäre. Ich bitte das Kriegsernährungs⸗ amt, meine Bitte zu unterstützen, 89 das nicht geschieht. Heute, wo
man kein Leder bekommen kann, soll man dem Landwirt diese Tier⸗ † 1
häute lassen, auch gestatten, daß er sie bei dem nächsten ihm bekannten Gerber gerben lassen darf. Ueber die hohbe Vermittlungsgebühr könnten auch Klagen in anderer Richtung erhoben werden, als wie sie gegen die Viehhandelrwerbände laut geworden sind. Hier in Berlin werden für Spinat Preise geboten, die der Verbraucher nicht, aber auch der Erzeuger nicht versteht, ebenso wie es der Landwirt nicht ver⸗ stoht, wenn das aus seinen eigenen Produkten, Roggen und Weizen, hergestellte Futterschrot ihm von der
so viel teurer wiedergeliefert wird.
Dann kam in der kriegswirtschaftlichen Bewirtschaftung der Eingriff
in die landwirtschaftlichen Betriebe. Es wird in die Viehbestände ein⸗ 8 gegriffen; man schießt weit über das Ziel hinaus; die E“ 3 werden immerfort geändert, Abschlachtungsverbote wechseln fortwäh⸗ rend ab mit Bemühungen, die Viehzucht zu hehen. In manchen Zweigen des Landwirtschaftsbetriebes, im Kartoffelbau, im Zucker⸗ rübenbau, im Gemüsebau, bei der Milchproduktion hat man versucht, den Produktionszwang einzuführen, und die Linke sieht darin eine Notwendigkeit und ein Produktionsmittel. Das wäre das Mittel, die Produktion ganz auf den Hund zu bringen. Es ist bedauerlich, daß man den Ratschlägen der Vertreter der Landwirtschaft, viel zu wenig Gehör schenkt; man hört sie an, erklärt sie für diskutabel, aber man beurteilt sie als befangen, weil sie eben von der Landwirtschaft⸗ kommen. Muß man auf sie zurückgreifen, dann ist es meistens zu spat., Was den neuen Wirtschaftsplan anbetrifft, so ist die Preissteigerung
bei Getreide und die Preissenkung beim Vieh eine kolossale Schädi⸗
gung für die Landwirte. Wenn die Gerstenpreise auf die Höhe der
Weizenpreise gesetzt würden, so würde für Süddeutschland ein kleiner
Ausgleich für die durch die Preissenkungen für Vieh herbeigeführte
Schadigung gegeben werden. Die Gerste wird nur zum geringften
Teil zu Brauzwecken verwendet, in erster Linie zur Lebensmitelberei⸗
tung. Wir wünschen, daß bei der Reichsgetreidestelle darauf geachtet
wird, daß die Qualitätsgerste, die den Brauereien geliefert wird, auch wirklich Qualitätsgerste ist. Wir erwarten, daß, wenn die Roggenernte gut und reichlich wird, ein angemessener Teil der Gerste den Landwirten zur freien Verfügung gestellt wird. In bezug auf die Kartoffelbewirtschaftung ist ein gewisser Unterschied gemacht worden zwischen den Gegenden, die vor dem Kriege einen geringeren und denen, die einen höheren Preis für Kartoffeln bezahlt haben. Ich be⸗ dauere, daß diese Gegenden nicht näher bezeichnet worden sind. Manche Stäadte hätten Kartoffeln leicht erhalten können, wenn sie ihren Be⸗ darf vor dem 1. Oktober eingedeckt hätten. Gewisse Städte haben aber einen niedrigeren Preis ins Auge gefaßt, dann trat der Frost ein und die bestellten Kartoffeln konnten nicht geliefert werden, und dann kam das Geschrei. Ein mißlicher Umstand war es auch, daß manche Gegenden, die weit ab vom Verkehr liegen, mit Transportschwierig⸗ keiten zu kämpfen haben und zu erheblichen Kosten sich Fuhrleute zum Abtransport der Kartoffeln besorgen mußten. Es wäre am Platze, wenn künftig in solchen Fällen den Lieferern eine kleine Entschädigung für den Landtransport gewährt wird. Die Herabsetzung der Vieh⸗ preise nach dem neuen Wirtschaftsplan ist eine ganz gewaltige. Sie hat bei uns im Süden eine große Beunruhigung hervorgerufen. Man kann der Meinung sein, daß vielleicht die Rinderpreise zu hoch gestiegen waren, aber daß jetzt die Preise so gewaltig gedrückt werden, wo die landwirtschaftliche Produktion sich von Tag zu Ta verteuert, wo die Landwirtschaft unter den schwersten Umständen arbeitet, versteht man auf dem Lande nicht. Die Regulierung der Schweinepreise berücksichtigt die Qualität nicht. Es fragt sich doch sehr, was schlimmer ist, niedrige Preise und wenig oder kein Fleisch oder umgekehrt. Glaubt man etwa durch niedrige Preise die Produktion zu fordern? Es ist zu befürchten, daß die Viehhaltung die jetzt schon am Rande der Leistungsfähigkeit ist, immer weiter zurückgeht. Wir haben jetzt schon festzustellen, daß Qualität und Gewicht außerordentlich gesunken sind. Daß wir so niedrige Preise bekommen sollen, war denn doch nicht vorauszusehen. Diese Herab⸗ setzung ist um so bedenklicher zu einer Zeit, wo eine ganze Reihe von kommunalen Verbänden sich geweigert hat, den Milchpreis zu er⸗ höhen. Wenn etwa noch im Herbst eine Getreideknappheit eintritt, dann möge man sich bei dem Kriegsernährungsamt dafür bedanken. Wir Konservativen lehnen jede Verantwortung nach dieser Richtung hin ab. Die Schafzucht muß gefördert werden, und wenn die Woll⸗ preise hinaufgesetzt werden, so müssen die alten Schlachtpreise auf⸗ recht erhalten werden. Die Nachkontrolle von Getreide und Kar⸗ toffeln hat kein allzu günstiges Resultat ergeben, trotzdem sie in einer Weise stattfand, als wären die Kosaken da gewesen. Es ist eine Schande, daß selbst Gefangene dazu verwendet wurden, in deutschen Bauernhäusern nach Getreide zu forschen. Die Differenz zwischen den verschiedenen Aufnahmen, die von der linken Seite behauptet wurde, hat sich tatsächlich nicht ergeben. Wenn Unterstaatssekretär Michaelis im preußischen Abgeordnetenhause und auch im Ausschuß⸗ des Reichstages auf Grund des ihm zugegangenen Materials behauptet hat, es wäre viel Getreide verfüttert worden, und wenn er aus⸗ drücklich betont hat, daß eine große Anzahl von Mühlen nicht genau kon⸗ trolliert worden sei, so führt dies auf die Spur, wo ein Teil des Getreides geblieben ist, das angeblich verfüttert worden sein soll. Es ist mir heute die Mitteilung zugegangen, daß für die Rennpferde noch die ungeschmälerte Haferration bezogen wird. Das K. E. A. sollte doch erwägen, ob es bei der jetzigen Lebensmittelknappheit noch zu verantworten ist, den Rennpferden noch die volle Friedensration zu belassen. Die Mühlenpolitik der Kriegsgetreidestelle ist schon öfter kritisiert worden. Sie will ihren Getreidebestand bei den großen Mühlen ausmahlen lassen. Ich möchte meine Bitte aus dem Ausschuß wiederholen, bei der künftigen Bewirtschaftung die leistungsfähigen kleinen und die mittleren Mühlen wieder zu be⸗
denken, insbesondere die bayerischen Mühlen. Hoffentlich kommt man
ihnen im nächsten Jahre mehr entgegen, um so mehr, als wir in Bayern ein gerstenbauendes Land sind. Es ist schon darauf hin⸗ gewiesen worden, daß in den Städten viel zu freigebig mit Brot⸗ zusatzmarken gewirtschaftet wird. Es ist mir erzählt worden, daß in gewissen Städten sogar die Schreibmaschinenfräuleins als Schwer⸗ arbeiterinnen Zusatzmarken erhalten haben. Es ist bekannt, wie viele falsche Brotmarken fabriziert worden sind, in Berlin und Umgegend allein hat man eine ganze Anzahl solcher Fabriken entdeckt. Die Gerstenschiebungen haben wir auch im Ausschuß auf das schärfste verurteilt. Die Landwirte haben sich wiederholt Haus⸗ suchungen bei der Nachkontrolle gefallen lassen müssen. Von solchen Kontrollen in den Städten aber hat man nichts gehört. Es ist vor gekommen, daß in den Städten ganze Mengen guter Nahrungsmittel verdorben sind. Wenn die Städter verlangen, daß das Land daraufhin kontvolliert wird, ob es pflichtgemäß abgeliefert hat, dann können auch die Landwirte verlangen, daß kontrolliert wird, ob das von ihnen in die Städte Gelieferte entsprechend behandelt, aufbewahrt und verteilt wird. Auch die Landwirte haben sich mit der Kürzung der Brotration im vaterländischen Interesse abgefunden. Es wird aber als eine Ungerechtigkeit empfunden, daß einer Reihe von Orten nicht dieselbe Fleischration zugebilligt wird wie den größeren Städten und auch nicht ein Zuschlag. Darüber beklagen sich nicht sowohl die Landwirte, als deren Dienstboten und Arbeiter. Nachdem den Land wirten bei der Nachkontrolle auch die im Winter ersparten Nah⸗ rungsmittel einfach weggenommen worden sind, ist zu befürchten, das eine Abwanderung der Dienstboten und Arbeiter zur Industrie neuer⸗ dings in erheblichem Maße einsetzen wird. Die betreffenden Arbeiter blieben nur auf dem Lande, weil sie glaubten, dort besser ernährt zu werden; fällt dies fort, so wird die Rückwanderung nach den Städten wieder zunehmen. Die Debatten der letzten Tage waren getragen von der Sorge um die Erhaltung einer leistungsfähigen Landwirt⸗ schaft. Je weniger die Verwaltung in den einzelnen Betrieb ein⸗ greift, um so mehr wird sie die Produktion fördern. (Beifall rechts.)
Abg. Matzinger (Zentr.): Meine Freunde haben schon im Ausschuß darauf gesehen, wie man dem Konsum dazu verhelfen kann, was er braucht. Unser Antrag vor zwei Jahren auf Schaffung eines Ernährungsbeirats hatte dasselbe Ziel. Die Grundfrage ist die, ist eine Ernährung überhaupt noch möglich? Ich glaube diese Frage mit einem einfachen Ja beantworten zu können. Die Lösung der Frage liegt in der intensiveren Bewirtschaftung derselben Boden⸗ fläche. Hierbei müssen nicht nur die Ansichten der Theoretiker, der Professoren usw., sondern auch die der Praktiker, der Landwirte und landwirtschaftlichen Vertreter berücksichtigt werden. Durch den An⸗ bauzwang kann die Intensität der Bewirtschaftung nicht erreicht werden. In gewissen Fällen ist sie ia schon durchgeführt worden. In Bayern tritt der kommunale Verband ein, wenn ein Landwirt die Be⸗ wirtschaftung nicht durchführen kann. Natürlich kann die Pflege des
“ ’ (Fortsetzung in der;
Krupp von Bohlen und Halbach, vom Rath, Remy, von Schwabach, von Siemens, von Waldt⸗ hausen sowie der Generalsekretär, Amtsrichler Dr. Trendelenburg.
Bodens nicht so sein, wie durch den einzelnen. Aber gestreikt haben die Landwirte doch nicht. Wenn manche Bodenflächen mit so wenig Kartoffeln angebaut worden sind, so liegt das daran, daß das Saat⸗ gut häufig zu spät geliefert wurde. Bei der Beförderung der Inten⸗ sität der Landwirtschaft dürfen wir die Fleischproduktion nicht zurück⸗ stellen. Die Preise dürfen nicht zentralistisch festgesetzt werden, son⸗ dern sich nach den verschiedenen Verhältnissen richten. Die Vorwürfe wegen der Malzschiebungen sind schon von der bayerischen Regie⸗ rung zurückgewiesen worden. Herr Scheidemann sprach seinerzeit sogar von asiatischen Zuständen, sein Fraktionskollege Schmidt nur noch von russischen Zuständen. Einen Teil der Schuld der Schiebungen trägt die Verführung des winkenden Gewinns, die Hauptschuld aber der große Unterschied in den Preisen von Nord und Süd. Im übrigen sind die Schiebungen in Norddeutschland nicht geringer als in Süd⸗ deutschland. Den Sammelstellen und den Fragen des Transports und der Verteilung in den Städten muß die größte Aufmerksamkeit ge⸗ widmet werden. Daß die Beschlagnahme allein nicht hilft, haben wir beim Obst und bei der Milch gesehen. Es fragt sich nun, ob wir die neuen Maßnahmen werden weiter behalten können. Ich glaube, daß sie nur vorübergehender Art sein können. Das bezieht sich nament⸗ lich auf die Erhöhung der Fleischkarte. Hoffentlich wird die Unter⸗ suchungskommission, die die Viehbestände usw. zu untersuchen hat, nicht eine bloße Paradebereisung werden. Verbraucher und Erzeuger in Stadt und Land verdienen Anerkennung und Bewunderung. Hoffen wir, daß Gottes Segen auf der Ernte von 1917 ebenso ruhen wird wie auf der von 1817. (Beifall.)
Abg. Mumm (deutsche Fraktion): In der Verwendung von Nahrungsmitteln zur Fabrifgtion von Alkohol ist während des Krieges viel gesündigt worden. Es muß aber auch anerkannt werden, daß infolge der Kriegserfahrungen auf diesem Gebiete auch schon vieles besser geworden ist. In den Kreisen der großen deutschen Nüchternheitsbewegung besteht immer noch viel Bitternis über die wenig günstige Beurteilung, die sie in einer früheren Aeußerung des
Präsidenten des Kriegsernaährungsamts hat erfahren müssen. Herr
von Batocki hat gestern manches versöhnende Wort gesprochen; könnte diese große Bewegung nicht auch von seiner Seite ein versöhnendes aufmunterndes Wort zu hören bekommen? Es würde damit sehr zur
Entspannung beigetragen werden.
Präsident des Kriegsernährungsamts von Batocki: Die Anregungen, die die letzten Redner heute noch gegeben haben, werden geprüft und entsprechend berücksichtigt werden. Was mich s. Z. gegen
die Verterter der Abstinentenbewegung etwas eingenommen hat, ist der standige Hinweis darauf, daß mit Rücksicht auf das in den Brennereien und in den Brauereien
Hrennerel ¹ investierte Kapital Entschlüsse der maßgebenden Stellen gefaßt worden seien. Darin liegt ein schwerer Vorwurf, der nicht ohne
weiteres hingenommen werden durfte. Es wäre ein Verbrechen,
namentlich in der heutigen so schweren Zeit, sich in seinen Entschei dungen durch solche Rücksichten bestimmen oder mitbestimmen zu lassen. Eine gewisse Rücksicht, eine gewisse Toleranz muß auf allen Seiten geübt werden. Ich erkläre gern, daß ich das Gute,
was diese Bewegung bietet, würdige und es benutzen will. Ich hoffe,
daß mit dieser Erklärung die alte Streitaxt begraben ist und die Friedenspfeife angezündet werden kann.
Damit schließt die Diskussion.
Die von dem Ernährungsausschuß vorgeschlagenen Re⸗ solutionen gelangen zur Annahme. Eine Reihe von weiteren Anträgen, die im Ausschuß eingebracht waren, werden dem Vorschlag des Ausschusses gemäß dem Reichskanzler zur Er⸗ wägung überwiesen. Die Petition der Kaffee⸗Handels⸗Aktien⸗ gesellschaft in Bremen um Freigabe von Kaffee zur Koffein⸗ entziehung überweist das Haus dem Reichskanzler zur Berück⸗ sichtigung; zahlreiche fernere Petitionen werden teils zur Er⸗
wägung, teils als Material überwiesen, über den Rest geht das Haus zur Tagesordnung über.
Hierauf vertagt sich das Haus. — Schluß 4³4 Uhr. Nächste Sitzung Montag 11 Uhr. (Ergänzungsetat; zweite und dritte Lesung der Novelle zum Kaligesetz; dritte Lesung des Reichshaushaltsetats für 1917.)
Unter dem Vorsitze des Wirklichen Geheimen Rats 1). Dr. von Harnack fand am 11. d. M. eine Sitzung des Senats der Kaiser Wilhelm⸗Gesellschaft statt. Als Vertreter des Kultus⸗
8 ministeriums waren, wie „W. T. B.“ meldet, der Ministerialdirektor Dr. Schmidt und der Geheime Oberregierungsrat Dr. Richter er⸗
schienen. Anwesend waren die Senatoren von Gwinner, von Krehl, ranz von Mendelssohn, Planck,
Der Senat beschloß, die hvdrobiologische Anstalt in Plön, deren Weiterbestehen seit dem Tode von Professor Zacharias in Frage gestellt war, auf die Kaiser Wilhelm⸗Gesellschaft zu übernehmen, nachdem die Unterrichts⸗ und landwirtschaftliche Ver⸗ waltung sowie verschiedene Stellen der Provinz Schleswig⸗Holstein
den größten Teil der erforderlichen Mittel aufgebracht haben. Als
Leiter der Anstalt wurde Professor Dr. Thienemann in Münster in Westfalen berufen. Ferner stimmte der Senat der Errichtung eines Kaiser Wilhelm⸗Instituts für deutsche Geschichte zu, Leitung des Generaldirektors der Staatsarchive, Geheim⸗ ts Kehr, unterstellt werden soll. Entsprechend dem ein⸗ mütigen Gutachten der hervorragendsten deutschen Geschichtsforscher, die kürzlich im Kultusministerium über den Plan gehört worden sind, soll die Anstalt in erster Linie eine geschichtliche Geographie Deutschlands (Germsania sacra et profana) bearbeiten, wie sie seiner Zeit schon Heinrich von Sybel plante. Studien über die Zeit Wilhelms des Großen und Bismarcks und über die Ge⸗ schichte Karls V. sollen sich onschließen. Schließlich verhandelte der Senat über das beptante Kaiser Wilhelm⸗Institut für physitalische Forschung sowie über eine etwaige Förderung der Metallforschung, deren Pflege für die Wissenschaft sowohl wie für die deutsche Volkswirtschaft von besonderer Bedeutung ist.
Die Königliche Akademie der Künste eröffnet am 16. d. M., Miteags 12 Uhr, in ihren Räumen, Pariser Platz 4, eine Ausstellung deutscher, österreichisch⸗ungarischer und bulgarischer Kriegsbilder, die erste selbständige, gemeinsame Veranstaliung nieser Art, in der neben den Werken unserer besten deutschen Kriegsmaler solche von unseren Verbündeten gezeigt werden. Die deutsche Abteilurng wird eine große Sonderausstellung von Zeich⸗ nungen Ludwig Dettmanns enthalten. Die Eröffnung erfolat vor geladenem Publikam in Gegenwart von Vertretein der verbündeten Staaten. Von 2 Uhr ob wind die Ausstellung allgemein zugänglich und fernerhin täglich von 10 bis 6 Uhr geöffner sein. 14“
Berlin, Montag den 14. Mai
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Wohlfahrtspflege. Zur Kriegshinterbliebenenfürsorge.
Erneut wird darauf aufmerksam gemacht, daß das Kriegs ministerium seit Beginn des Jahres 1917 in einem Beiheft zu den „Anstellungsnachrichten“ amtliche Mitteitungen veröffentlicht, die für die Hinterbltebenen, vor allem aber für die amtlichen Fürsorgestellen von ellgemeinem Werte sind. Bei der großen Zahl der Fürsorgestellen ist es nicht möglich, ihnen Abdrucke der Erlasse zugehen zu lassen. Es wird den Fürsorgestellen doher dringend emplohlen, die amtlichen Mitteilungen zu sammeln und ihnen die erforderliche Beachkung zu schenken. Die vem Kriegsministerium herausgegebenen „Anstellungknachrichten“ können gegen einen Bezugs⸗ preis von 2 ℳ vierteljährlich durch die Post bezogen werden. Man wende sich an das nächstgelegene Postamt.
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Nach einer Meldung von „W. T. B.“ aus Hirschberg ist am 12. d. M. das vom Fabrikbesitzer Stabrin, Inhaber der Firma W. Körner u. Co. in Cunersdorf, gestiftete Kriegsvlindenheim Herrmanshof feierlich eiggeweiht und vom Reichsdeutschen Blinden⸗ verband in Verwaltung genommen worden. Ansprachen hielten u. a. der Vorsitzende des Verbandes, Buchdruckereibesitzer Vogler, Hamburg, Generalmajor Wreochem als Vertreter des stellvertretenden kommandierenden Generals des V. Armerkorpz, Reichstagsabgeordneter Dr. Ablaß und Oberbürgermeister Hartung⸗ Hirschberg. Das inmitten des Riesengebirges gelegene Heim, ein schloßartiger Villenbesitz mit 60 Morgen großem Park, gewährt ständig rund 50 erblmdeten Kriegern Unterkunft und durch Fachleute Berufsausbildung.
Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs⸗ maßregeln.
Der Deutsche Kongreß für Säuglingsschutz findet am 24. Mai 1917 in Karlszuhe statt. Auf der Tageeordnung steben Verhandlungen über die Mutterschaftsversicherung, die soztalbygtenischen Wirkungen der Reichswochenhilfe. Vortragender ist Dr. Alfons Fischer⸗Karleruhe. Oberarnt Dr. Rott⸗Berlin spricht über die Ge⸗ staltung der Mutterschaftsversicherung nach dem Kriege, Privatdozent Dr. Groth⸗München über die Ausbildung der Kreisfürsorgerin, den Lehrplan und Ausbildungsgang der Kreisfürsorgerinnen. Wilhelmine Schubert behandelt die Anforderungen der Proxis an dte Kreis⸗ fürsorgerin. Am folgenden Tage findet die III. Krippenkonferenz statt. Kommerzienrat C. Uebeler⸗Hannover spricht über die Frage der Fabrikkrippen, Privatdozent Dr. Hohlfeld⸗Leipzig bebandelt die Gefahr der Infeklionskrantheiten in der Krippe und ihre Bekämpfung.
Verkehrswesen.
Der Postscheckverkehr hat im Monat April den bisher höchsten Umfang aufgewiesen. Im Reichspostgebiet vermehrte sich die Zahl der Postscheckkunden um 3370 auf 162 700 zu Ende April. Der Umsatz betrug 7,588 Milliarden Mark, von denen 5,061 Milliarden Mark oder 66,7 v. H. bargeldlos be⸗ glichen wurden. Das durchschnittliche Guthaben erreichte in April mit 556 Millionen Mark seinen höchsten Stand. An⸗
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träge auf Eröffnung eines Postscheckkontos können bei jeder
Postanstalt gestellt werden.
Nr. 19 der „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundbeitsamts“ vom 9. Mat 1917 hat folgenden Inhalt: Gesundbeitsstand und Gang der Volkskrankheiten. — Gesetzaebung usw. (Preußen.) Gebühren der Kreisärzte. Atlas über Hygiene des Säuglings ꝛc. Blutproben bei Fleckfieber. — Feuerbestattung. — (SOesterreich.) Tuberkulose, Fürsorgesellen. — (Schweiz. Kant. Wallis.) Kantonaldienst für öffentliche Gesundheitspflege. — Tier⸗ seuchen im Deutscheu Reiche, 30. April. — Vermischtes. (Deutsches Reich.) Verbreitung des Aussapes 1916. — Otonisierung von Fleisch⸗ kühthallen. — (Preußen.) Mückenbekämpfung, 1914, 1915. — Wochen⸗ tabelle über die Sterbefälle in deutschen Orten mit 40 000 und mehr Einwohnern. — Desgleichen in größeren Städten des Auslandes. — Erkrankungen in Krankenhaͤufern deutscher Großstädte. — Desgleichen in deutschen Stadt⸗ und Landbezirken. — Witterung. 1
Theater und Musik.
Im Königlichen Opernhause wird morgen, Dienstag, „Martha“ aufgeführt. Den Lyonel singt hier erstmalig Herr Jad⸗ lowker. In den übrigen Hauptrollen sind die Damen Alfermann, Leisner und die Herren Bachmann, Schwegler und Krasa beschäftigt. Drigent ist der Generalmusikdirektor Blech.
Im Königlichen Schauspielhause geht morgen Ibsens „Peer Gynt“ mit Herrn Mühlhofer in der Titelrolle und mit der Begleitmusik von Edward Grieg in Sieue. Spielleiter ist Dr. Bruck. Die Vorstellung beginnt bereits um 6 ½ Uhr.
Im Lessing⸗Museum (Brübderstraße 13) wird am Vorabend des Himmelfahrtstage’, Mittwoch, den 16. Mai, Lortzings Oratorium Die Hlimmelfahrt Christi“ unter Mitwirkung von Adelheide Pickert, Anna Reichner⸗Feiten, Georg Funck, Robert Spöriy und A. N. Harzen⸗Müller aufgeführt. Am Flügel: Cläre Rubin. Die Litung und Etinführung in das Werk hat Georg Richard Kruse übernommen. Anfang 8 Uhr.
Am 19. Mai findet im Marmorsaal des Zoologischen Gartens ein großes Wohltätigkeitskonzert sür die Hinter⸗ bliebenen Gefallen er des 4. Gardereglments zu Fuß unter der Lettung des Königlichen Musikdirektors Heinrich Schrader statt, zu dem hervorragende Künstler ihre Mitwirkung zugesagt haben.
Die Kirchlich⸗soziale Frauengruppe Berlin (Vor⸗ sitzende Frau von Braunschweig) veranstaltet am Mentag, den 21. Mai d. J., Abends 7 Uhr, ein Konzert zum Benen des Reservelazaretts Prachtsäle, in Mcoabit, Wielesstr. 24, zu dem namhafte Künstler ihre Mitwirkung zu agten. Karten zu 1 ℳ sind Abends an der Kasse und bei Fräulein Polzin, Kurfürstenstr. 119
(Laden) zu haben. Mannigfaltiges. 8
Die Präsidialgeschäftsstelle des Deutschen Flottenvereins hatte zum Sonnaben nachmittag eine sitattliche Zuschauer⸗ schar in die Mozartlichtspiele am Nollendorsplatz geladen, wo ein von dem Sekretär des Flottenvereins Fritz Proch⸗ newski verfaßtes, die Lebeneschicksale des Erfinders der U⸗Boote Wilhelm Bauer schilberndes dramati’ches Film⸗ spiel: ‚Hoch klingt das Lied vom U⸗Boot⸗Mann!“ zum ersten Mal vorgefübrt wurde. Die Aufnahmen, die ansäßlich der U⸗Boot⸗Spende zum Besten des Alters⸗ und Invalidenheims der Marine in Eckernförde und der damit verbundenen Rentenanstalt ge⸗
schaffen 8 d, werden v Junt ab der Oeffentlichkeit über⸗
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sanzeiger.
geben werden. Die Lebensgeschichte Bauers, der am Weihnachts⸗ abend des Jahres 1822 in dem Donaustädtchen Dllingen als Sohn eines Wachtmeisters geboren wurde, ist an und für sich so reich an dramatischen Momenten, daß des Filmverfassers nachschaffende Phantasie ohne viel Mübe eine wirksame und lehrreiche Bilderfolge daraus zusammenstellen konnte. Bauer, der als Artillerist an dem Feldzug gegen Dänemak im Jahre 1848 teilnahm, kam während seiner Dienstzeit auf den Gedanken, ein Unterse’ minen⸗ schiff zu schaffen, das die feindliche Blockade wirksam bekämpfen könnte. Mit Hilfe einflußreicher Gönner durfte er sein Boot bauen, das im Jahre 1851 nach an und für sich erfolgreicher Probefahrt infolge zu schwacher Ausführung in der Kieler Bucht versank. Eng⸗ lische Machenschaften wußten dann die Wi deraufnahme des Plans zu hintertreiben. Jetzt erinnert sich Deutschlond in Dankbarkeit des Mannes, dessen E findertraum sich heute, wo das U⸗Boot dem ränkevollen Eagland die Merrherrschaft streitig macht, verwirklicht hot. Die von der Imperator⸗Film⸗Co. aufgenommenen Bilder sind technische Meister⸗ stücke. Der Spielleiter Kurt Matull hat bis auf kleine, nur den Kenner störende anachronistische Aeußerl chkeiten ebenfalls gute Arbeit geleistet. Die Hauptrolle des Wilhelm Bauer gibt M. Enger in eindrucksvoller Dartellung. Dem Filmspiel ging ein von Fritz Schulz vom Berliner Theater schwungvoll gesprochener Prolog von Kurt Matull vorauf. 8
Freiburg, Breisgau. 12. Mai. (W. T. B.) In Freiburg ist ein neues Offiziergefangenenlager eeiingerichfet. Mit der Belegung des Lagers mit englischen und französischen Offi⸗ zieren aller Dienstgrade ist heute begonnen worden. Dem Ver⸗ nehmen nach sollen die Offiziere in verschtedenen Gasthäusern der Stadt untergebracht werden.
Rom, 12. Maf. (W. T. B.) „Messagero“ meldet: Gestern nachmittag wurde in der Provinz Ternt ein heftiger Erdstoß verspürt. Es wurde beträchtlicher Sachschaden ancgerichtet. In Terni entstand eine Panik; einige Häuser stürzten ein.
Kopenhagen, 13. Mai. (W. T. B.) Da Kopenhagen nach einer Mittetlung des Bürgermeisters Marstrand in der letzten Stadt⸗ verordnetenversammlung zurzeit über so geringe Kohlenmengen verfügt, daß sie zur Deckung des jetzigen Bedarfs weniger als zwei Wochen ausreichen, wuarden neuerdinge sehr beträchtliche Ein⸗ schränkungen des Verbrauchs von Kohlen und Elektrizität an⸗ geordnet. Unter anderem düörfen die hiesigen Theater nur noch an drei Tagen in der Woche Vorstellungen geben, die je drei Stunden nicht überschreiten dürfen. Hierdurch wird namentlich auch das hier geplante Reinhardt⸗Gastspiel betroffen, das am kommenden Freitag beginnen sollte.
Christiania, 12. Mai. (W. T. B.) Laut „Sjöfartstidende“ hetragen infolge des U⸗Bootkrieges die Maschinistenbeuer bis 1500 Kronen monatlich gegen sonst 250, die Kohlenfracht von England nach Norwegen 300 Krogen die Tonne gegen 4 ½ bis 5 zu Friedenszeiten.
Handel und Gewerbe.
Die oberschlesischen Kohlengruben erhöhen, laut Meldung des „W. T. B.“ aus Brezlau, vom nächsten Montag ab die Kohlen⸗ preise um 2 bis 3 ℳ.
— Auf Anregung der Handelskammer in Oldenburg wurde daselbst laut „W. T. B.“ der Verhand oldenburgischer Industrieller gegründet, dem fast alle Fabrikanten des Landes beitraten. Vorsitzender ist der Geheime Kommerzienrat Lahusen von der Wollfämmeret in Delmenhorst.
— Ueber eine zweifelhafte ausländische Firma in der Schweiz (Hoteleinrichtungen) sind den Aeltesten der Kaufmanu⸗ schaft von Berlin Mitteitungen zugegangen. Vettrauenswürdtgen Interessenten wird im Zentralbureau der Korporation, Neue Friedrich⸗ feesß 51 I, an den Werktagen zwischen 9 und 3 Uhr, mündlich oder schrif lich nähere Auskunft gegeben. 8 Bern, 12. Mat. (Meldung der „Schweizerischen Devpeschen agentur“.) Der Regterungsrat von Basel hat auf Antrag des Organi⸗ sationsausschusses der Schweizer Mustermesse beschlossen, eine zweite schweizerische Mustermesse in Basel vom 15. bis 30. April 1918 abzuhalten.
Bern, 12. Mai. (W. T. B.) Der 50 Millionen Spindeln in Südwest⸗Lancashire umfassende Bund der Baumwollspinner⸗Vereinigungen empfahl bei der am 8. Mat in Manchester abgehaltenen Versammlung, „im Hinblick auf bie äußerst unbefriedigende Geschäftslage“, den Spinnerei⸗
betrieb in der Woche vor Pfingsten und am Pfingstmontag ein⸗
zustellen.
Börse in Berlin (Notierungen des Börsenvorstandes)
ppom 14. Mai vom 12. Mai . Brief Geld Brief ℳ ℳ
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New York 1 Dollar — — Holland 100 Gulden 264⁄4 265 ¼ 264 ¾ Dänemark 100 Kronen 185 184 Schweden 100 Kronen 194 ¾ 194 ¼ Norwegen 100 Kronen 189 188 ½ Schweiz 100 Franken 11262 126 ½ Wien⸗ b 8 Budapest 100 Kronen 64,20 64,20 Hulgarten 100 Leva 80 ½ 80 % Konstanti⸗
nopel 100 Piaster 20,45 Madrid und .
Barcelona 100 Pesetas 125 ½
Der heutige Wertpapiermarkt zeigte anfangs eine schwäche Haltung, die sich im Verlauf des Geschäfts etwas befestigte. Es waren ind’ ssen nur vereinzelte Werte, die sich bessern konnten, u. a. eintge Industriepapiere, die übrigen Gebiete blieben wenig verändert. Das Geschäft war mäßig belebt. Der Schluß blieb ziemlich fest.
Kursberichte von auswärtigen Fondsmärkten.
Wien, 12. Mai. (W. T. B.) Infolge der Verwarnung der Börse und der zur Einschränkung des Verkehrs getroffenen Maß⸗ nahmen haben sich an der heutigen Börse Entlast ngsbestrebungen geltend gemacht, die mit einem weiteren Rückgange der Schiffahrts⸗ aktien und der Abschwächung einzelner Indust iewerte verbunden waren. Andererseits bestand jedoch Nachfrage für Eisenbahnp wiere und industrtelle Nebenwerte, sodaß die Kursbewegung uneinheitlsch und der Grundzug des Verkehrs ruhig war. Der Anlagenmarkt blieh unverändert fst. vb1144“*“