1917 / 146 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 22 Jun 1917 18:00:01 GMT) scan diff

Bekanntmoachung.

Dem Zuckerwarenhersteller Friedrich Oskar Hermanu Schil⸗ bach in Plauen, Neundorferstraße 101 wohnhaft, ist die Wieder⸗ aufnahme seines Gewerbebetriebes gestattet worden. Pllauen, 14. Juni 1917.

Der Stadtrat. Mette.

Die von heute ab zur Ausgabe gelangenden Nummern 115/116 des Reichs⸗Gesetzblatts enthalten unter Nr. 115: Nr. 5892 das Gesetz, betreffend Aenderung des Gesetzes über den Absatz von Kalisalzen, vom 16. Juni 1917, und unter Nr. 5893 eine Bekanntmachung über die Anwendung der Verordnung, betreffend Verträge mit feindlichen Staats⸗ angehörigen, auf Portugal, vom ĩ3. Juni 1917. Nr. 116 Nr. 5894 eine Bekanntmachung über Silberpreise, vom 19. Juni 1917. n W. 9, den 21. Juni 1917. aiserliches Postzeitungsamt. Krüer.

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Königreich Preußen.

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht:

den Landgerichtsrat Dr. Dreist bei dem Landgericht ] in Berlin, den Landgerichtsrat Kühne vom Landgericht 1 in Berlin, den Landgerichtsrat Dr. Groethuysen bei dem Land⸗ gericht II in Berlin, den Landgerichtsrat Kuhnke bei dem Landgericht III in Berlin und den Landgerichtsrat Specht bei dem Landgericht II in Berlin zu Kammergerichtsräten,

den Landgerichtsrat Kleyser aus Königsberg i. Pr. zum Oberlandesgerichtsrat in Kiel,

den Landgerichtsrat Plehwe in Insterburg zum Land⸗ gerichtsdirektor in Memel,

den Staatsanwaltschaftsrat Schönfeld in Posen zum Ersten Staatsanwalt in Allenstein,

den Staatsanwaltschaftsrat Dr. Gottschalk in Duisburg zum Ersten Staatsanwalt in Verden,

den Staatsanwaltschaftsrat Dr. Becker in Frankfurt a. Main zum Ersten Staatsanwalt bei dem Landgericht in Halberstadt und

den Staatsanwaltschaftsrat Dr. Hansen von der Ober⸗ staatsanwaltschaft bei dem Kammergericht zum Ersten Staats⸗ anwalt bei dem Landgericht in Bochum zu ernennen.

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: dem Generalkommissionspräsidenten von Behr in Merse⸗ burg den Charakter als Wirklicher Geheimer Oberregierungs⸗ rat mit dem Range der Räte erster Klasse, dem Spezialkommissar, Regierungsrat von Byern in Soest, dem Spezialkommissar, Regierungsrat Elliesen in Naumburg a. S., dem Spezialkommissar, Regierungsrat Dr. Rensing in Cöln und dem Direktor der Landwirtschaft⸗ lichen Versuchsstation und ordentlichen Honorarprofessor an der Untoersität Dr. Lehmann in Göttingen den Charakter als Geheimer Regierungsrat, dem Regierungs⸗ und Baurat Dubislav in Münster W. und dem Regierungs⸗ und Baurat Timmermann in chleswig den Charakter als Geheimer Baurat, dem Direktor des städtischen Schlacht⸗ und Viehhofs, Oberstabsveterinär a. D. Moricinski in Frankfurt a. M. und dem Schlachthofdirektor Bockelmann in Aachen den Charakter als Veterinärrat, dem Vorsizenden der Landesgenossenschaftskasse e. G. m. J. Westerkamp in Hannover den Charakter als Oekonomierat, dem Schriftleiter Friedrich Lembke in Berlin⸗Schmargen⸗ dorf, Kreis Teltow, den Titel als Oekonomierat sowie dem Spezialkommissionsbureauvorsteher, Obersekretär Wirth in Ratibor und dem Spezialkommissionsbureauvorsteher, Obersekretär Koppe in Stettin den Charakter als Rechnungs⸗ rat zu verleihen.

Auf Grund Allerhöchster Ermächtigung Seiner Majestät

des Königs hat das Staatsministerium infolge der von der

Stadtoerordnetenversammlung in Süchteln getroffenen Wahl den Kaufmann van Beers daselbst als unbesoldeten Beigeordneten der Stadt Süchteln auf fernere sechs Jahre bestätigt.

8

Justizministerium. „Der Rechtsanwalt, Justizrat Max Lewinsky in Neisse ist zum Notar für den Bezirk des Oberlandesgerichts in ö mit Anweisung seines Amtssitzes in Neisse ernannt worden.

Ministerium der geistlichen und Unterrichts⸗ angelegenheiten.

Dem Leiter des Phonogrammarchivs beim Psychologischen Institut der Friedrich Wilhelms⸗Universität zu Berlin Dr. phil. von Hornbostel ist das Prädikat Professor beigelegt worden.

Bekanntme hung.

Auf Grund der Bundesratsverordnung vom 23. September 1915, betreffend Fernhaltung unzuverlässiger Personen vom Handel RGBl. S. 603), in Verbindung mit Ziffer 1 der Ausführungs⸗ bestimmungen des Ministers für Handel und Gewerbe vom 27. Sep⸗ ember 1915, habe ich dem Kaufmann F. Kaiser in Berlin⸗

riedenau, Taunusstraße 14, durch Verfuͤgung vom heutigen Tage den Handel mit Lebensmitteln aller Art sowie jede mittelbare oder unmittelbare Beteiligung an einem solchen Handel wegen Unzuverlässigkeit in bezug auf diesen Handelsbetrteb für die Dauer des Krieges untersagt. Kaiser ist nicht geschäftsfähig, er wird durch die Ehefrau Vera Kaiser, geb. Schäfer, vertreten. Eine Uebertretung dieses Verbots ist strafbar. Ebenso machen sich Personen strafbar, die entgegen diesem Verbot mit Kaiser in Geschäftsverbindung treten. 8

Beeli⸗, den 18. Juni 1917.

Bekanntmachung

Auf Grund des § 58 der Bekanntmachung über Brotgetrelde und Mehl aus der Ernte 1916 vom 29. Junt 1916 ist die Mühle des Mühlenbesitzers Benjamin Stolz, hier, Pulverstraße 20, bis auf weiteres geschlossen worden.

Konitz, den 13. Juni 1917.

Die Polizeiverwaltung. Dr. Haußmann.

Bekanntmachung.

Dem Mählenbesitzer Buchelt in Jatzel ist auf Geund der Bundezratsverordaang von 23. Septemder 1915, betreffend Fern⸗ haltung unzuverlässiger Perfonen vom Handel (R. G. Bl. S. 603), in Verbindung mit Ziffer I der Ausführungsbegimmungen des Herrn Ministers für Handel und Gewerbe vom 27. September 1915 der Mühlenbetrieb einschließlich des Handels mit Müllerei⸗ erleugnissen untersagt wocden. Die Kosten des Verfahrens sowie die Gebühren für die öffentliche Bekanntmachung hat der Mähleabesitzer Buchelt zu tragen.

Greifenberg i. Pom., den 16. Juni 1917.

Der Landrat: von Thadden

Bekanntmachung

Dem Wirt Wilhelm Rohde, Schwarsbachstraße 28, ist auf Grund des § 1 der Verordnung des Bundesrats vom 23. Sep⸗ tember 1915, betreffend die Fernhaltung unzuverlässiger Personen vom Handel, durch Verfügung der Polizeiverwaltung vom 6. Juni 1917 jeder Handel mit Nahrungs⸗ und Genußmitteln unter⸗ sagt worden. Gestattet bleibt tbom lediglich die Abgabe von Getränken in seinen Wirtschaftsräumen, soweit dies nach der erteilten Schankerlaubnis und nach den bestehenden Bestimmungen zulässig ist. Die Kosten dieser Veröffentlichung hat Rohde zu tragen.

Barmen, den 19. Juni 1917.

Die Polizeiverwaltung. J. V.: Köhler.

Nichtamtliches.

Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 22. Immi 1917.

In der am 21. Juni 1917 unter dem Vorsitz des Königlich bayerischen Gesandten, Staatsrats Dr. Grafen von Lerchen feld⸗Koefering abgehaltenen Plenarsitzung des Bun⸗ denrats wurde dem Entwurf einer Reichsgetreideordnung für die Ernte 1917 die Zustimmung erteilt. Zur An⸗ nahme gelangten ferner eine Aenderung der Vecordnung über den Verkehr mit fettlosen Wasch⸗ und Reinigungs⸗ mitteln vom 5. Oktober 1916, der Entwurf einer Bekannt⸗ machung über Elektrizität und Gas sowie Dampf, Druckluft, Heiß⸗ und Leitungswasser und der Entwurf einer Bekannt⸗ machung über die Erntevorschätzung im Jahre 1917. Dem⸗ nächst wurde über verschiedene Anträge und Eingaben Beschluß gefaßt.

Am 17. Juni d. IJs. verschied nach langem, mit helden⸗ mütiger Geduld getragenen Leiden der Geheime Ober⸗ medizinalrat und vortragende Rat im Ministerium des Innern Dr. Otto Finger im 55. Lebensjahre. Mit ihm verliert die Medizinalverwaltung einen besonders tüchtigen Beamten, der in den zahlreichen Stehungen seiner dienstlichen Laufbahn sich siets durch Pflichttreue und Tatkraft aus⸗ gezeichnet hat. Er ließ sich im Jahre 1887 als praktischer Arzt in Deutsch⸗Krone in Westpreußen, seiner Heimatprovinz, nieder und trat 7 Jahre später in den Staatsdienst über. Am 26. Januar 1894 wurde er Kreisphysitus in seiner Vater⸗ stadt Strasburg Westpreußen und am 1. Juli 1898 in gleicher Eigenschaft nach Thorn versetzt, wo er sich besonders eifrig und erfolgreich an der Bekämpfung der Granu⸗ lose beteiligte. Am 1. April 1901 wurde er bei der Medizinal⸗ Reform ständiger Hilfsarbeiter bei der Regierung in Pots⸗ dam und verwaltete vom 1. Juli 1902 bis 31. Dezember 1903 die Stelle des ins Ausland beurlaubten Regierungs⸗ und Medizinalrats in Koblenz. Am 1. Januar 1904 wurde er Regierungs⸗ und Medizinalrat in Stade und am 1. Sep tember 1908 in gleicher Eigenschaft an die Regierung in Arnsberg versetzt. Von dort kam er am 1. April 1910 als Hilfsarbeiter in das Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medzzinalangelegenheiten. Er wurde am 1. Juli 1910 zum Geheimen Medizinalrat und vortragen⸗ den Rat und am 14. Juli 1914 zum Geheimen Obermedizinal⸗ rat ernannt. In der Medizinalabteilung des Ministeriums war er in den verschiedensten Referaten tätig und leistete hier sowohl als auch als Mitglied der Wisfenschaftlichen Deputation für das Medizinalwesen des Apothekerrats sowie des Reichsgesundheitsamts Hervorragendes. Seit dem 1. April 1915 leitete er auch die Königliche Landesanstalt für Wasserhygiene. Mehrfach nahm er im Auftrage des Ministers an den internationalen Kongressen teil. So im Jahre 1900 an dem Internationalen Hygienekongreß in Paris und 1911 an dem Internationalen Tuberkulosekongreß in Rom.

Schon vor Jahren wurde er von einem heimtückischen und schmerzhaften Leiden befallen, das seine Arbeitskraft und Leistungsfähigkeit zu lähmen drohte. Nun ist er ihm viel zu früh erlegen. Seine lautere Gesinnung und seine hervor⸗ ragende Pflichttreue sichern ihm ein dauerndes Andenken bei seinen Vorgesetzten und Mitarbeitern.

Versorgungsberechtigte Unteroffiziere und Mannschaften, die vor dem 1. April 1905 ausgeschieden sind und daher nicht nach dem Mannschaftsversorgungsgesetz vom 31 Mai 1906, sondern nach den früheren Gesetzen als Invaliden abgefunden wurden, sind zum Teil aus Anlaß des gegenwärtigen Krieges zum aktiven Militärdienst wieder herangezogen worden. Soweit infolge dieser neuen Dienstleistung nicht ein neuer Versorgungsgrund eingetreten war, konnten auch bei der Wiederentlassung der Betreffenden die Vorschriften des Mannschaftsversorgungsgesetzes vom 31. Mai 1906 auf sie keine Anwendung finden, es mußte vielmehr bei der Abfindung nach den früheren Versorgungs⸗ gesetzen verbleiben.

Zur Beseitigung der hieraus sich ergebenden Härten ist bestimmt worden, daß solchen Kriegsteilnehmern in den Fällen, in denen sich bei Anwendung der Vorschriften des Mannschaftsversorgungsgesetzes vom 31. Mai 1906 höhere zahlbare Gebührnisse ergeben würden, als nach den früheren Gesetzen zuerkannt sind, die Mehrbeträge aus besonderen Reichs⸗ mitleln als „Pensionszuschuß“ gewährt werden sollen.

Als „Kriegsteilnehmer“ gelten von den vorbezeichneten Unteroffizieren und Mannschaften diejenigen, die an dem 1 wärtigen e Prenwog un

a. die feindliche Grenze zu kriege en Zwec schritten haben oder chen Zwecken uüͤber⸗ b. eine Schlacht, ein Gefecht, einen Stellungskampf oder eine Belagerung mitgemacht haben oder 8 ohne vor den Feind gekommen zu sein (b), sich aus dienstlichem Anlaß mindestens 2 Monate im Kriegs⸗ gebiet aufgehalten haben.

Anträge auf Gewährung solcher Pensionszuschüsse würden alsbald mündlich oder schriftlich unter Vorlage der Militärpapiere bei dem zuständigen Bezirksfeldwebel zu stellen sein.

Die Kommission zur Prüfung der Kriegsliefe⸗ rungsverträge setzte vorgestern ihre Beratungen unter dem Vorsitz des Ministerialdirektors im Reichsamt des Innern Dr. Lewald fort.

Ein Vertreier des Kriegsministeriums berichtete, wie „W. T. B.“* meldet, eingehend über die Beschaffung der Kleidung und Austüstungs⸗ stücke fü: daz Heer. An seine Ausführungaen schlossen sich längere Erörterungen. Verschiedene Mitglieder der Kommission wiesen darauf hin daß zu Beginn des Krieges nicht unerhebliche Mißstände auf dem Gebiete des Bekleidungswesens bestanden hätten, insvesondere seien Preife bezahlt worden, die, auch bei Anerkennung aller Teuerungsverhältnisse vielfach weit über das normale Mo⸗ß hinausgegangen wäten. Es warde aber zugleich anerkannt, daß sich die Verhättnisse jetzt wesentlich gebessert hätten und zurzeit wohl als einwandfrei bezeichnet werden könnten. Von einem Miitgliede der Kom⸗ mission wurde des weiteren bemerkt, daß in manchen Be⸗ trieben der Textillnoustrie die aezahlten Arbeuslöhne in keinem Verhältnis zu der bestehenden Teuerung und den Gewinnen der Unternehmer stünden. Allseitig wurde anerkannt, daß, wo solche Mißstände bestünden, Wandel geschaffen werden müsse. Em Vertreter des Kriegzmintisteriums erklürte, das Kriegsministerium stebe auf dem Standpunkt, daß die Unternehmer unbedingt austeichende Löhne zahlen müßten und daß einzuschreiten wäre, wo dies elwa nicht geschehe. Wenn die Unternehmer derartigen an sie gestellten ihnen die Aufträge der Den mitgetellten Fällen werde

Fordetungen nicht nachkämen, so würden Heeresverwaltung entsogen werden. das Kriegsministerium nachgehen.

Darauf vertagte sich die Kommission.

Oesterreich⸗Ungarn.

Der Ministerpräsident Graf Clam-Martinic erschien gestern früh beim Kaiser, um in längerer Audienz über die bisherigen Ergebnisse seiner Verhandlungen zur Lösung der Krise Bericht zu erstatten. Der Ministerpräsident hatte hierauf eine Unterredung mit dem Minister des Aeußern Grafen Czernin und setzte sodann seine Beratungen mit den Parteiführern fort. Der „Sozialdemokratischen Korrespondenz“ zufolge lud der Ministerpräsident den Klub der deutschen Sozialdemokraten ein, um ihm sein Regierungsprogramm vorzutragen, und forderte den Klub auf, einen Vertreter in das Kabinett zu entsenden. Pernerstorffer und Seitz erklärten, daß die Sozialdemokraten aus prinzipiellen Er⸗ wägungen die Teilnahme an der Kabinettsbildung ab⸗ lehnen. An der Aufrichtung einer dauernden parla⸗ mentarischen Ordnung und an der Herstellung des Friedens zwischen den Nationen Oesterreichs und einer Verfassung, die diesen Frieden verbürgt, würden die Sozialdemokraten nach wie vor mitarbeiten. Der Ministerpräsident nahm die Antwort bedauernd zur Kenntnis. Wie das K. K. Telegraphen⸗Korre⸗ spondenz⸗Bureau meldet, wurde in den Abendstunden im Parlament bekannt, daß der Ministerpräsident, Graf Clam Martinic, da sich gegenwärtig die Unmöglichkeit ergab, ein durch Aufnahme von Landsmannminstern erweitertes Kabinett zu bilden, dem Kaiser die Bitte unterbreitet habe, den Rücktritt des gesamten Kabinetts anzunehmen und eine andere Persönlichkeit mit der Kabinettsbildung zu be⸗ trauen. . Der in Wien weilende bulgarische Ministerpräsident Radoslawow äußerte dem Hauptschriftleiter des „Fremden⸗ blatts“ gegenüber seine hohe Freude darüber, daß er die Ehre hatte, dem Kaiser Karl, dem er die Gefühle aufrichtiger Be⸗ wunderung und ehrlichster Sympathie entgegenbringe, seine machen zu können. Er sagte ferner obiger Quelle zufolge:

Die Aussprache mit dem Grafen Cjernin, dessen Scharfblick in Bulgarten aus seiner Titigkeit in Bakarest bekannt sei, sei uͤberau freundschaftlich gewesen. Die zwischen Oesterreich⸗Ungarn und Bulgarien bestehende, auf gemeinsamen Interessen begründele Fr⸗und schaft werde noch dadurch vertieft werden, daß beide Staaten Nach⸗ barn geworden seien. 1 versicht entgegen. Es sei ausgeschlossen, daß das russische Hee noch eine größere Offensive unternebme. Die Ereignisse in Griechen⸗ lano könnten die Lage am Balkan nicht mehr ändern. Auch mit Hilfe der griechischen Truppen werde Sarrail ketnen nennenswerten Erfolg erztelen. Bulgarlen werde dte mit Einwilligung des Kör ig2 Konstantin besetzten griechischen Gebiete festhalten, ob nun Venizelos Ministerpräsident oder vielleicht Präsident einer griechischen Republil werden sollte. Die Ernte in Bulgarien sei vorzüglich. In Rumänien sei sie ganz vortrefflich, so daß ein etwaiger Aussall bei den Mittelmächten weitaus gut gemacht werden könnte. Bul⸗ garien sei jedenfalls entschlossen, alles, was es entbehren könne, den Verbündeten zur Verfäͤgung zu stellen. Der Minister⸗ präsident wies auf die unerschütterliche, mit voller Zustimmurg des Königs von Bulgarien und der großen Mehrheit des Parlaments sowie der überwiegenden Masse der Bevölkerung durchgeführte aus⸗ wärtige Politik der bulgarischen Regierung bin sowie auf den inntgen Zusammenschluß zwischen Bulgarten und Oesterreich⸗Ungarn, zumal der Bund, den die beiden geschlossen hätten, die höchste Weihe, die des vergossenen Blutes, empfangen habe.

Im Haushaltsausschuß des österreichischen Abgeordnetenhauses wurde gestern die Beratung des vor läufigen Haushaltsplanes fortgesetzt.

Laut Bericht des „Wolffschen Telegraphenbureaus“ verwahrte sich der Pole Angermann gegen den Vorwurf, daß die Polen die Kriegsnotwendigkeiten verweigerten, und erklärte die Bildung einer kräftigen Regierung für notwendig. Eine starke Regierung mit wentastens teilweiser Parlamentarisierung wäre die Vorbereitung zur gänzlichen Parlamentarisierung des Kabinetts, das die Verjüngung Oesterreichs im Sinne der Freiheit aller Nattonalitäten durchführen, und in außenpolitischer Beziehung Oesterresch anziehungskräflig machen würde, damit auch andere Völker ibr Glück im Anschluß an Oesterreich suchten. Die Polen arbeiteten für das Wohl Oesterreiche, wie für ihre eigene Zukunft. Sedlak (Cschechischer Agrarier) erklärte, der böhmische Verband werde gegen die Regierung stimmen, aber nicht gegen den Staatsbedarf, wenn er von einer andegen Regierung vorgelegt werde. Der Slovene Jare saate, die Süt⸗ slaven würden alles tun, um die Arbeit fähigkeit des Parlaments zu ermöglihen. Die Süestaven seien eine staatsbejazende Partei. 8

Dem Ausgang des Krieges sehe er voller Zu⸗

Nachdem die vom Plenum des Ausschusses angesetzte drei⸗ Fäͤtige Frist abgelaufen war, erklärte der Obmann, daß er gemaͤß der neuen Geschäftsordnung die Beratung des vor⸗ fäufigen Haushaltsplaus abbrechen und die Vorlage, ohne daß hierüber eine Abstimmung erfolgt wäre, an das Plenum leiten werde, das heute die zweite Beratung des vorläufigen Haus haltsplans beginnen werde.

Der Verfassungsausschuß nahm die Vorlage, be⸗ trreffend die Verlängerung der Mandatsdauer der Ab⸗ geordneten, mit der Abänderung an, daß die Mandate bis um 31. Dezember 1918 statt bis zum 17. Juli 1918 fort⸗ dauern.

Die Obmännerkonferenz des Reichsrats ist estern übereingekommen, die zweite Lesung des vorläufigen Haushaltsplans in drei Sitzungen bis zum Montag zu er⸗ edigen und die Wahlen für die Delegationen am 3. Juli vor⸗ unehmen. 1

ZIII“ gestrigen Sitzung des ungarischen Ab⸗ neordnetenhauses erschien das neugebildete Ministerium esterhazn zum ersten Male. Der Ministerpräsident Graf Moritz Esterhazy ergriff unter großer Spannung das Wort und sagte, dem „Wolffschen Telegraphenbureau“ zufolge:

Die Grundlage des Kabinetts bildet die Wablreform. Da der Wunsch der vom Wahlrecht ausgeschlossenen Massen mit dem auf eerfassungsmäßigem Wege kundaegebenen Wunsch des Königs zu⸗ sammentrifft, kann selbst eine wirklich konservative Auffassung nicht de Norwendigkeit einer sich auf die brelten Schichten des Volkes er⸗ streckenden Wahlreform bestreiten. Die Altersgrenze für das Wahl⸗ secht wird auf 24 Jahre festgesetzt, jedoch werden die Kämpfer an der Front, die das Karlskreuz besitzen, auch unter die er Altersgrenze d0s Wahlrecht haben. Die Wähler müssen ven Amts wegen in de Wählerlisten aufgenommen werden. Die Reinbeit der Wahlen wird durch ein Verbot der Zahtung von Reisekosten, der Lerpflegung der Wähler und durch ein Verbot von Abzeichen und fahnen gesichert werden. Wir hoffen, daß die gegenwärtige formale Mehrheit des Abgeordnetenhauses die Schaffung dieser unerläßlichen

nicht verhindern wird. Sollten wir uns in dieser Hoffnung säuschen, so werden wir genötigt sein, Der Ministerpräsident entwickelte amm der Fürsorge füͤr Kriegsinvaliden, Kriegs⸗ witwen und ⸗waisen, ferner die Grundlagen der Besitz⸗ volitik. Bezüglich des Ausgleichs mit Oesterreich sagte er, daß seine Regterung diesen schon vorgefunden habe und auf dieser Grandlage die schon im vergangenen Jahre begonnenen Verhand⸗ lungen forzgesetzt würden. Die Regierung beaosichtige, eine entgültige Erledigung des Auggleichs einem zukünftigen Reichs⸗ tage vorzubehalten, falls nicht vom Willen der Regterung mwabhaͤngige Umstände frühere Maßnahmen unvermeidlich machten. Bezüglich der auswärtigen Lage, erklärte Graf Ester⸗ lazp, er besinde sich nach Rücksprache mit dem Minister des Aeußern mit diesem in vollem Einvernehmen. Auch die neue Reagierung halte an dem langbewährten, engen Bündnis mit Deut'chland sowie an den im Krtege geschlossenen, aber, wie er boffe, zu langer Dauer bestimmten

1, Neuwahlen anzuordnen.“ sodann eingehend sein Pro⸗

Gesetz über die

Bündnissen mit der Türket und Bulgarien fest und wisse sich dabet der vollen Zustimmung des Hauses sicher. Mit Befriedigung könne er die günstige milttärische Lage feststellen, die sid bei der jüngsten heldenmütigen Abwehr des italienischen Anariffs, bei der auch die ungzrischen Truppen ihre Tapferkeit bewährt batten, gezeigt habe. „Gerade dies Bewußtsein unserer Stärke“, schioß der Mtnister⸗ präsident, gestattet uns, ohne schwächlich zu erscheinen, an der von uns und unseren Verbündeten kundgegebenen Bereitwilligkeit zu einem für uns und unsere Gegner annehmbaren Friedeneschluß festzuhalten.“ (Allgemeiner, lebhafter Beifall)..

Großbritannien und Irland.

Wegen der Entsendung Lord Northeliffes kam es

gestern im Oberhause zu einer ungewöhnlich erregten Debatte. Die liberalen Peers erhoben energisch gegen die Wahl des Lord Northeliffe Einspruch. Lord Ribblesdale sagte höhnend, das Land scheine eine Regierung zu besitzen, die sich von einem Zeitungsbesiter am Gängelbande führen ließe. Lord Curzon erklärte namens der Regierung, daß Lord Northeliffe zwar als Vertreter der Regierung nach Amerika gegangen sei, aber in keiner Hinsicht als Nachfolger Balfours zu betrachten sei.

8 Im Unterhaus verlas gestern der Sprecher ein Telegramm des Dumapräsidenten Rodzianko, in dem dieser die brüderlichen Grüße des Unterhauses bel der Ein⸗

Depesche enthält folgende Stelle:

Wir glauben fest, daß, wie zahlrelch die Schwierigkeiten auch sehn, die wir auf unserem Wege zum Fortschritt und Sieg treffen mögen, das neue Rußland, Seite on Seite mit seinen edlen Ver⸗ bündeten, endlich über das letzte Bollwerk der Autokratte in Europa hteeeea wird zum Wohle der Sache des Weltfrieders und der

viltfation.

Das Unterhaus hat mit 291 Alter, das zur Ausübung des berechtigt, auf 30 Jahre festgesetzt.

Das dem Kriegskabinett angehörende Mitglied der Arbeiterpartei Barnes sagte in Erwiderung eines Trink⸗ fpruchs auf den Sieg der Verbündeten, wie das „Reutersche

Bureau“ meldet, u. a.:

b Wir befinden uns jetzt in einer besonders wichtigen Zeit des Welrkrieges. Die Völker sind müde der Ströme von Blut und suchen einen Ausweg. Der Krieg hat in Tausende von Heimen seinen Schatten geworfen, und die Zivilbevölkerung ist gezwungen, jeden Nerv anzuspannen und wegen der Knappheit des zum Leben Not⸗ wendigen viele Entbehrungen zu ertragen. Dies gilt in erster Linie von den Mittelmächten, die auf ihre eigenen, dahinschwindenden Hilfe⸗ guellen angewiesen sind. Bemerkenswert ist aber, daß zwar von eutschen Sozialtsten und Publizisten viel von Kriegsielen und mög⸗ ichen Verhandlungen geredet worden ist, daß aber die deutsche Re⸗ Rerung nicht gesagt hat, was sie an das binden könnte, was bb den Friedenszusammenkünften oder irgendwelchen Ver⸗ andlungen von ihren Agenten getan worden ist. Das ist 8g wahre Gefahr der gegenwärtigen Lage. Das Höchste, dha gegenwärtig von der deutschen Regierung zu erreichen 16 würde eine Rückkehr zum status quo ante sein, und das ift nmöelich. Wir kämpfen nicht gegen das deursche Volk, sondern für ie Befreiung aller Völker. Wir wissen nicht, wann der endliche Zusammenbruch kommen wird, wir wissen nur, daß er kommen muß, unge sgleich, eine wie lange und schwere Zeit des Wartens noch vor 91.

Frankreich.

übe Infolge der sich häufenden Klagen von der Front b die Ernährung und den Urlaub erwägt der Minister 9 „wie der „Nouvelliste de Lyon“ meldet, in Uebereinstimmung 1 dem Oberrat der Landesverteidigung die Errichtung einiger vuüsschüsse entweder aus Regierungsmitgliedern oder aus Mitgliedern der beiden Kammern. Die Ausschüsse sollen sowohl

er Front wie im Landesinnern die Verhältnisse genau

gegen 25 Stimmen das Frauenstimmrechts

führung freiheitlicher Einrichtungen in Rußland erwidert. Die

umtersuchen, um dem Ministerrate, den parlamentarischen Aus⸗ shüssen und dem Parlamente ständige Berichte zu unterbreiten.

—Ja der Kammer brachte der Abgeordnete Compére

Morel eine Interpellation bezüglich der Ernährung der Armee ein und erklärte, daß ein Unterschied in der Behand⸗

lung von Offizieren und Soldaten bestände. Der Kriegs⸗

minister Painlevé wünschte, nachdem er versichert hatte, daß

die Ernährung der Truppen die größte Sorge der Regierung

sei und diese alle nötigen Maßnahmen treffe, daß die Erörte⸗ rung der Interpellation gleichzeitig mit der über die April⸗

offensive in der Geheimsitzung behandelt werde. Compere

Morel bestand auf sofortiger Besprechung, schließlich wurde

aber die Vereinigung beider Interpellationen von der Kammer

mit 337 gegen 183 Stimmen angenommen.

Hierauf erklärte der Abgeordnete Constant, daß das Einschränkung des Gasverbrauches große Verwirrung in der mit Gasmotoren arbeitenden In⸗ dustrie schaffe, worauf der Minister Violette erwiderte, er hoffe, durch die Ausführung des Gesetzes monatlich 60 000 t Kohlen zu sparen. Der Ministerpräsident Ribot bestand auf der Annahme des Gaserlasses, zollte den Bemühungen Violettes Beifall und sagte, die Regierung wolle nicht bei jedem Schritt belästigt werden und werde deshalb die Vertrauens⸗ frage wegen dieses Erlasses stellen. Die Vertrauenstages⸗ ordnung wurde sodann mit 338 gegen 27 Stimmen ange⸗ mmen.

Rußland.

Nach einer Meldung der „St. Petersburger Telegraphen⸗ agentur“ hat der Kriegsminister Kerenski befohlen, daß alle eingezogenen Reservisten, die vorläufig zu Landarbeiten be⸗ urlaubt waren, wieder einrücken.

In St. Petersburg ist gestern der allgemeine Kongreß der Kosakentruppen des europäischen und asiatischen Rußlands in Gegenwart von mehr als 400 Ab⸗ geordneten eröffnet. Die erste Rede hielt der frühere Minister Gutschkow.

Gestern sind die Eisenbahner des ersten Abschnittes der Nicolasbahn, die Petersburg und Moskau verbindet, wie die „Petersburger Telegraphenagentur“ meldet, in den Aus⸗ stand getreten, ohne die Ergebnisse der Arbeiten des Schlichtungs⸗ ausschusses abzuwarten. Die Vorläufige Regierung ver⸗ öffentlicht aus diesem Anlaß einen Aufruf an die Bevölkerung der Hauptstadt, in dem sie diese auffordert, im Hinblick auf die Möglichkeit einer Ausdehnung des Ausstandes ruhig zu bleiben, und die Hoffnung ausdrückt, daß die Ausstandsbewegung durch den Widerstand der übrigen Eisenbahner, die den Ausstand mißbilligen, zum Stillstand kommen wird.

Der finnische Senat hat der russischen Regierung mitgeteilt, daß Finnland von einer Hungersnot be⸗ droht sei. Da Unruhen zu befürchten seien, sei es notwendia, die Lebensmittelfrage für Fmnland zu regeln. Entweder müsse Finnland aus Rußland Getreide erhalten, oder Rußland müsse die russischen Truppen, die in Finnland stehen, zurückrufen.

Ueber die Stadt Tomsk ist, nachdem von begnadigten

Gefangenen, die unter die Waffen gerufen wurden, und von 7

Anarchisten zahlreiche Morde und Diebstähle verübt worden waren, das Kriegsrecht verhängt worden. 8 Italien. 2 8

In der vorgestrigen Sitzung der Kammer forderte der Ministerpräsident Boselli eine ausführliche Aussprache über die ministerielle Erklärung und sagte, daß am Schicksal des Ministeriums wenig gelegen sei, denn worauf es ankomme, das sei der Sieg Italiens und der Triumph der Zivilisation in der Welt. Vorher führte der Ministerpräsident laut Bericht der „Agenzia Stefani“ noch aus:

Ohne Sieg kann keine Klasse, besonders nicht das Proletariat auf ein glückliches Hasein hoffen. Alle ersehnen, erhoffen und segnen den Frleden. Diejenigen aber, die den Frieden ohne Sieg wünschen würden, und ohne die volltommene nationale Befreiung, würd.en etnen unmöglichen Frieden wünschen und einen nahen, neuen und schrecklicheren Keieg vorbereiten. Wenn Friedensströmungen in Italien bestehen sollten, so würde die Regierung sich unerbittlich gegen sie wenden. Die Regierung wird unverzüglich alles Notwendige zur Organisation der Disziplin im bürgerlichen Leben und zur Sicherung des inneren Friedens vorschlagen. Das Kabinett will keine Reaktion. Es wird jedem soviel Freiheit lassen, als dies mit der Kriegsdisziplin vereinbar ist.

Nach dem Ministerpräsidenten ergriff der Minister des Aeußern Sonnino das Wort und legte die Kriegsziele Italiens dar:

„Sest meiner Jetzten Rede haben zwei große geschichtliche Ereignisse die internationale Loge beberrscht: der Eintritt der Vereinigten Staaten in den Krieg und die soztschreitende Entwicklung der russischen Revolution. Die Geeechtigk⸗tt der italienischen Sache könnte keine unwiderleglichere Rechtfertigung erhalten als den Beiteitt eines Volkes, das alles tat, um einen Krieg zu vermeiden. Die Italiener haven mit Genugtuung von dem quten Eampfang gehört, der der italienischen Abordnung in Amerika zuteil wurde. Sie sehen in dieser Begrüßung den Beweis dafür, daß Amerikta den Wert der Mitwirkung Ilaliens im Weltkrteg anerkennt. Die Waffen⸗ brüderschaft schafft ein neues, unvergängliches Band zwischen den beiden Völkern. Es ist der sehr lebhaffe Wunsch der Italiener, eng mit der großen amertkanischen Republik zusammenzuarbeiten.“ Der Minister erinnerte sodann daran, daß Cuba, Panama und andere amerikanische Länder dem Beispiele der Vereinigten Staaten gefolgt seien und die diplomatischen Beziehungen zu Deutschland abgebrochen hätten, und fuhr fort: „Die ttatienische Regterung hat ebenso wie die anderen Verbündeten die Vorlänfige Regierung in Rußland an⸗ erkannt. Man muß hoffen, daß das russische Volk in den demo⸗ kratischen Grundsätzen die Mittel fiaden wird, um die Schwierig keiten, die seimner polit schen Umgestaltung anhaften, zu überwinden, und daß der Volkeinstinkt die Schlingen des Feindes erkennen und unschädlich machen wird. Der beste Schutz der Unabhängigkeit und der inneren Freiheiten Rußlands beruht auf seiner völltgen Ueberein⸗ stimmung mit den Verbündeten hirsichtlich der Fortsetzung des Krieges. Italien nimmt aufrichtigen Auteil an den Unglücksschlägen, die Rumäniten, seine Schwesternatton, getroffen haben. Aber schon schickt sich dieses Land an, Rache zu nehmen. Wie seine Verbündeten fordert Italien die Wiederherstellurg Belgiens, Serbiens und Montenegros. Wie jene verlangt es die Einigung eines unab⸗ hängigen Poleneé.“ Zu der albanischen Frage üvergebend, er⸗ klärte Sonnino, daß sie eng verbunden sei mit derjenigen des Besitzes von Valona und mit der Frage der Adria, die eine Lobensfrage Italiens sei. „Italien“, fuhr er fort, „hat die Unabbhängigkeit Albaniens verkündet. Es bat dabei keine anderen Ziele, als dieses Land gegen jede etwalge Emmischung ciner dritten Macht zu ver⸗ teidigen. Albauien wird im Innern sich des vollen Rechtes erfreuen, über sich selvst zu verfügen, und Italien wird seine berechtigten Interessen in den internationalen Versammlungen aufrecht erhalten. Was die Grenzen Albaniens anbetrifft, so werden, sie durch die Friedens⸗ versammlung bestimmt werden. Die Kriegenolwendigkelten haben die trei Schutzmächte Griechenlands dazu veranlaßt, Zwange⸗ maßnahmen gegen dies Land zu ergreifen. Da Italien keine der Schutzmächte ist, hat es keinen unmtitelbaren Anteil an diesen Greig⸗ nissen gen mmtn, aber die italienische Regierung hält sich peinlich

2 4 2 5* A 1 b 1g in voller Uebereinstimmung mit den Verbündeten. Man muf

hoffen, daß die neue Lage für das griechische Volk vorteilhaft sein wird. Ja Palöstina nehmen die Jtaltener ietzt teu an den militärischen Vorgehen Englauve. Dic Verbündeten bemuhen sich ihre Einigkeit in ihrem poltiischen und mitttärischen Handeln aufrech zu erhalten. Maun bat unläng t versucht, die grundlegenden Be griffe des zukünftigen Frtedens in eine kurze Formel zusammen zufassen. Aber die ollgemeine Lage ist so verwickelt, daß keine Form⸗ dteser Art allen Forderungen genügen kamr. Die russssche Formel „Wede: Etinverleibungen noch Kriegsentschädigungen“, rein negatt wie sie ist, könnte leicht eine zweideuti, e Rechtfertigung der ge schegenen Gewalttaten bervorrufen, wenn man sie von der Grundvorstellungen der Freiheit, der Unabhängigkeit der Völke und den Sicherheiten zrennt, welche für die Aufrechterhaltur des Friedens und der intecnalionalen Gerechtiakeit unerläzlich sind Wir wollen keine Eroberungen, wir haben keine imperialistischen

Ziele, aber wenn der Feiede dauerhaft sein soll, so ist es notwendig daß wir an unseren nationalen Grenzen in Sicherhbeit siad. D Einigkeit und Unabhängegkeit unserer Nation gemäß dem freien Volks willen, das it unser Programm. Die Verlängetung des Krieges macht die allgemeinen Lebensbedingungen immer noch schwieriger. Wi fordern das italtenische Volk auf, in semen Anstrengungen zu ver harren. Jede vorübergehende Schwäche könnte die unzähligen bis jetz gebrachten Opfer nutzlos machen und sogar die Zukunft des Vater landes in Gefahr biiagen.“

Die Kammer beschloß in namentlicher Abstimmung mi 1 297 gegen 45 Stimmen, in einer Geheimsitzung die Re⸗ gierungserklärungen zu erörtern. Das Kabinett hatte den An⸗ trag, der eine Geheimsitzung forderte, angenommen. 8

Im Senat gaben der Ministerpräsident Boselli un der Minister des Aeußern Sonnino die gleichen Erklärunge ab wie vorher in der Kammer. Der Senatspräsioent bracht einen Antrag auf Abhaltung einer geheimen Senats sitzung zur Kenntnis, in der die ministerielle Erklärung er örtert werden sollte. Der Ministerpräsident Boselli erklärte seine Zustimmung und der Senat ebenfalls. D Geheimsitzung wird später festgesetzt werden.

Dänemark.

Die konservative Volkspartei des Reichstags hat dem Ministerpräsidenten Zahle mitgeteilt, daß die Partei ihren Vertreter im Kabinett, den Minister ohne Portefeuille Rottböll, aufgefordert habe, sein Entlassungsgesuch einzureichen, da die Partei die Verantwortung dafür, im Kabinett vertreten zu sein, nicht übernehmen könne, solange der sozialdemokratische Minister Stauning Mitglied desselben sei. Hierauf ist der konservativen Volkspartei vom Ministerpräsidenten ein Schreiben zugegangen. in dem es, wie „Wolffs Telegraphenbureau“ meldet, heißt:

Es würde nach meintr Meinung mit dem Abkommen von 16. September 1916 wenig üdereinstimmen, falls der Minister⸗ präsident auf Veranlassung einer Part⸗t einer anderen Partei gegen⸗ über Schritte bezüglich ihrer Vertretung im Kabinett täte. ie Partelen wählten seinerzeit ihre Vertretung frei und ohne Beeia flussung seitens des Ministerpräsidenten. Di se Minister sitzen i:m Kabinett als Vertreter ihrer Partesen und in threm Namen und blieben fortdauernd Voͤrsitzende oder stellvertretende Vorsitzenoe ihrer Partet. Die freiere Stellung derselben in und zum Ministerium muß deshalb als fengestellt betrachtet werden. Damtt nicht Unklarheiten die Ursache sein können, daß Beschlüsse von möglicherweise sebhr weittragender Bedemung gefaßt werden, hemerke ich ferner: Im Ministerrat vom 18. Mat, in dem die Minister J. C. Christensen und Rottbvöll eine Verhandlung über die Teilnahme Staunings an gewissen sozial⸗ demokratischen Erörterungen in Stockholm veranlaßten, wurde mit⸗ geteit, daß schon früher zwischen dem Minister des Aeußern und Stauning eine Besprechung der Frage stattgefunden hat und daß eine Verständigung darüber erreicht worden ist. Stauning hbabe ausgesprochen, daß er als Vorsitzender seiner Partei an inter⸗ nationalen partetmäßigen Erörterungen zur Förderung der Friedbens⸗ arbeit müsse teilnehmen können, daß er aber darüber klar sei, daß es Schwierigkeiten verursachen könnte, falls er, der Mitglied des Mnisteriums sei, selbst an der geplanten sozjal⸗ demokratischen Friedenskonferenz teilnähme, auf der möalicherweise Abstimmungen und eine Stellungnahme zu bestimmten Vorschsäuen stattfinden könnten. Seine Partei sti noch nicht darüber schlüfsig, wer als deren Vertreier daran teilnehmen solle, und er sei bereit, vor der Beschlußfassnng mit dem Minister des Aeußern da⸗ rüder zu verbandeln, ob seine Teilnahme zweckmäßig sei oder nicht. Minister Rottböll erklärte sodann, et wolle seiner Partei dies mitteilen. Später seien von keiner Partei Auslassungen über die Angelegenheit dem Ministerium gegenübker geschehen, auch nicht in der geh imen Sitzung des Reichetags vom 31. Maf. In dem Ministerrat vom 16. Juni hat Stauning anläpleich des Schreibens der konservativen Volkspartei erkkärt: 1) Daß er und seine Partet die bei der Ministerzusammenkunft in Stockbolm abgegebene Er⸗ klärung, daß die nordischen Regierungen die Initiative zu F iedens⸗ beftrebungen nicht ergreifen könnten, vollauf biligen. 2) Daß seine Teilnahme an den so ialdemokratischen Parteieröcterungen nicht im Widerspruch damit eebt, weil bier nicht die Rede isn von iner Friedensvermittlung, sonoern nur davon, der sozialdemokratischen Meinung in den verschiedenen Ländern bezüglich der Friedensfrage Ausdruck zu geben. 3) Daß er in den von den Konservat ven b⸗⸗ anstandeten Auslassungen sich nicht über die äußere Politik aus⸗ gesprochen hat und daß er bedauert, daß eine unrecht'g wiedergegebene Redewendung in einer Uaterredung den Eindruck hervorgerufen habe daß er sich gegen eine einzelne Macht ausgesprochen habe. Die durchaus nicht der Fall gewesen. Er habe nur deon meinen Anschauungen seiner Partet über den Einfluß Kapitalismus als Ursache zum Kriege Autdruck gegeber. Ich betrachte mich hiernach, fuhr der Ministerpräsident so t, ols berechtigt, auszusprechen, daß die Teilnahme des Ministers Stauning au den Vorbereitungen und Erörterungen mit Partetgenossen vor der even⸗ tuellen Friedenskonferenz als von allen Seiten gebill’gt angesehben werden müsse, daß man aber nach den gefallenen Auslassuncen und dem Charakter der Verhältnisse das Recht hat, amzunehm en, daß der Minister Stauning nicht Teilnehwer an der Konfereaz selbst sein werde, aaf der Resolutionen und Beschlüsse gekaßt werden könnten, die zu unterzeichnen für einen Minister nicht wünschenswert sein würde.

Schweiz.

„Der Kaiserlich deutsche Vertreter in Bern hat auf die ihm gemachte Meldung über die Ausschreitungen in Genf am Dienstagabend, wie die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ mitteilt, sofort bei dem politischen Departement den Vorfall zur Sprache gebracht. Ein amtlicher Bericht lag damals dort noch nicht vor. In der Annahme, daß der Vor⸗ fall sich der Meldung entsprechend zugetragen hat, hat das politische Departement sein Bedauern ausgesprochen. Weitere Schritte sind vorbehalten.

Nach dem inzwischen in Berlin eingetroffenen amtlichen Bericht über die Ausschreitungen hat eine auf mehrere tausend Personen geschätzte Menge zunächst vor dem Hotel Beau Rivage mit deutschfeindlichen Rufen demonstriert und ist als⸗ dann vor das Kaiserliche Generalkonsulat gezogen, wo sie dreiviertel Stunden gelärmt hat. Mehrere Fensterscheiben im Konsulatsgebäude wurden durch Steinwürfe zertrümmert und das Wappenschild herabgerissen, das von einem Polizisten dem verhafteten Täter wieder abgenommen wurde.