1917 / 147 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 23 Jun 1917 18:00:01 GMT) scan diff

Ministerium für Handel und Gewerbe.

Hekönntmachung.

Auf Grund der Verordnungen, betreffend die zwangs⸗ weise Verwaltung britischer Unternehmungen, vom 22. Dezember 1914 (†GBl. S 556) und 10. Februar 1916 (RGBl. S. 89) ist nach Zustimmung des Herrn Reichskanzlers uͤber das in Deutschland befindliche Vermögen der Firma Johnsen & Jörgensen Ltd. in London und des Direktors Johann Jörgensen in London die Zwangsverwaltung ange⸗ ordnet. (Verwalter: Bankier Georg Mosler in Berlin, Char⸗ lottenstraße 60)

Berlin, den 16. Juni 1917.

Der Minister für Handel und Gewerbe. J. A.: Lusensky.

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Bekannimachung.

Auf Grund der Verordnungen, betreffend die zwangsweise Verwaltung britischer Unternehmungen, vom 22 De⸗ zember 1914 (RGBl. S. 556) und 10 Februar 1916 (ℳGBl. S. 9) habe ich nach Zustimmung des Herrn Reichskanzlers über das in Preußen befindliche Vermögen der Firma J. Henry Schröder in London die Zwangsvoerwaltung angeordnet.

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(Zwangsverwalter: Kaufmann Ritter in Harburg, Inhaber der

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Firma Renk & Hessenmüller in Harburg.) Berlin, den 16. Juni 1917. Der Minister für Handel und Gewerbe.

J. A.: Lusensky.

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Den Cheleuten Engelbert Schwerz und Hermine geb. Jansen in Sterkrade, Bahnhofstraße 61, wird det Handel mit Fleisch⸗, Wurst⸗ und Feitwaren aller Art, Mehl, Mandeln und Nüssen sowie mt geräucherten und kon⸗ EE1 Fischwaren wieder gestatter; das entgegen⸗ tehende Verbot vom 27. Januar 1917 Rricheanzeiger Nr. 36 wird unter Auferlegung der Koften des Verfahrens dierdurch auf⸗ gehoben.

Sterkrade, den 15. Juni 1917. Die Polizeiverwaltung. J. B.: Der Beieordnete Dr. Heuser.

Bekanntmachung.

Auf Grund der Bundebsratsverordnung vom 23. September 1915, betreffend die Fernbaltung nneuverlässiger Personen vom Handel (RGBl. S. 603), habe ich dr Frau Rosa Noack, geb. Groß, Berlin, Friedrichstraße 84, durch Verfügung vom heazigen Taue den Handel mit Gegenständen drs täglichen Bedarfs, insbesondere die Abgabe von Speisen und Getränken in Gastwirtschaften, wegen Unzuverlässiskeit in bezug auf diesen Handelsbetrieb untersagt. 18

Berlin⸗Schöneberg, den 19. Juni 1917.

Der Polzeiprösident zu Berlin. Kriegswucheramt. J. V.: Machariuns.

8

Bekanntmachung.

Auf Grund der Bundesratsverordnung vom 23 September 1915, etreffend die Fernhaltung unzuverlässiger Peisonen vom Haudel (RHul. . 603), habe sch demn Gastwirt Oskar Busch in Berlin, riedeschstraße 76, Geichäftsfuhrer des Cafés Friedrich 8 ck in Berlin, ried’sch raße 84, durch Verfügung vom peutigen Tage den Handel mit Gegenständen des täglichen Bedarfs, insbesondee e die bgabe von Speisen und Getränken in Gastwirtschaften, gen Unzuverlässigkeit in bezug auf diesen Handelsbetrirb untersagt. Berlin⸗Schöneberg, den 19. Juni 1917. .“ Der Polzzeipräsident zu Berlin.

1 Kriehswoch ramt. J. V.: Machatius

Bekanntmachung.

Auf Grund der Bundesratsoerordnung vom 23. September 1915, et eff nd die Fernbaltung unz werlässi er Personen vom Hamdel RGBl. S. 603), habe ich dem Kausmana Max Noack aus Groß Väter, Kreis Templin, Eige tümer des Casés ‚Friiedrichseck in Berlin, Friedrichst’. 84, durch Verfügung vom beutigen Tage den

Handel mit Gegenständen des täglichen Bedarfs, insbe⸗

ondere die Abgabe von Spiisen und Getränken in Gast⸗

wirtschaften, wegen Unzuverlässi⸗keit in bezug auf diesen Handele⸗ detricb untersagt.

Berlin⸗Schöͤneberg, den 19. Juni 1917. (2198 W 9 a. 17.)

Der Polizespräsident zu Berltv. Kiegowucheramt. J. B.: Machatins.

Bekanntmachung.

Auf Grund der Bundegratsverordnung vom 23. Sepfember 1915, betreffend die Fernbaltang unzuverlässiger Personen vom Handel RSGᷓBl. S. 603), babe ich dem Kaufmann Hermann Btieber,

Berlin, Wallnectheaterstraße Nr. 25, durch Verfügung vom heutigen Tage den Handelmit Web⸗, Wirk⸗ und Strickwaren wegen Unzuverlässigkeit in bezug auf diesen Hantelsbetrieb untersagt.

Berlin⸗Schöneberg, den 19. Juni 1917. n 8

Der Polleeipräsident zu Berlin. 8 Kriegemwacheramt. J. V.: Machattus.

Bekanntmachung.

Auf Grund der Bundeeratsverordnung vom 23. September 1915, betreffend die Fernhaltuns unzuverlässiger Personen vom Handel (RSBl. S. 603), habe ich dem Bäckermeister Paul Busse in Berlin, Fehmarnstraße 23, durch Verfügung vom heutigen Tage den Handel mit Kuchen und Backwaren wegen Unzuverlässig⸗ keit in bezug auf diesen Handelskenieb untersagt. Berlin⸗Schöneberg, den 21. Juni 1917.

Der Polizeipräsident zu Berlin. Kriegswucheramt. J. V.: Machatiues.

Bekannimn ahchug.

Auf Grund der Bundesratsverordnung vom 23. September 1915, betreffend die Fernhaltung unzuverlässiger Personen vom Handel (R⁴GBl. S. 603), habe sch dem Kaufmann Felixr Levy in Neu⸗ rölln, Hermannstroße 56, durch Vecfügung vom heutigen Tage den Handel mit Web⸗, Wirk⸗ und Strickwaren wegen Un⸗ zuverlässigkeit in bezug auf diesen Handelsbetrieb untersagt. Von dem Vecbot sind ausgenommen die far den Betrieb der Blusenfabrik erforderlichen Handelsgeschäfte, insbesondere der Einkauf von Steoffen Zutaten und der Veckauf der Erzeugnisse der Blusenfabeik

Berlin⸗Schöneberg, den 21. Juni 1917.

Der Polizeipräsident zu Berlin. Kriegswucheramt. J. V.: Machatius.

Bekanntmachung.

Auf Frund des § 1 der Bundesrat befanutmachung zur Fern⸗ haltura unzuverläfsitager Perktonen vom Hundet vom 23. September 1915 (RGBl. S. 603) urd der bierzu er angeren Ausrührungs⸗ bestim mungen habe ich dem gond tor Hermann Gottschling den Handel mit Honigkuchen vom 29. Juni 1917 ab unter⸗ sagt.

Magdeburg, den 19. Juni 1917.

Der Poli eipräsirent. von Alten

Nichtamtliches. 8 Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 23. Juni 1917. Der Ausschuß des Bundesrats für Zoll⸗ und Steuer⸗

wesen hielt heute eine Sitzung.

Schon vor einiger Zeit nach Deutschland gelangte Gerüchte über die Behandlung Ueberlebender unseres im Mai in Verlust geratenen U⸗Bootes „C. 26“ haben setzt, wie „Wolffs Telegraphenbureau“ mitteilt, auf dem Wege über das neutrale Ausland ihre vollgültige Bestätigung erfahren. Danach wurde das Boot während des Tauchens von einem englischen Zer⸗ störer gerammt und zum Sinken gebracht. Von der Besatzung gelang es acht Mann, sich an die Oberfläche emporzuarbeiten, von denen die Engländer absichtlich nur zwei retteten. Die Uebrigen überließen sie wie im Falle des Torpedobootes „S. 20“ ihrem Schicksal. v 11u““

Die Ergebnisse der Ernte der wichtigsten Nähr⸗ früchte bilden die Grundlage unserer Ernährungspolitik. Der ganze Verteilungeplan kann nur aufgestellt und die für die Sicherung unserer Volksernährung notwendigen Maßnahmen können nur getroffen werden, wenn wenigstens in großen Zügen ein einigermaßen zuverlässiger Ueberblick über die zu erwartende Erntemenge gewonnen ist. Um diesen notwendigen Ueberblick so rasch wie möglich zu erhalten, hat der Bundesrat wie bereits im vorigen Jahre eine Erntevorschätzung der für die Volksernährung besonders wichtigen Feldfrüchte angeordnet (Reichs⸗Gesetzblatt Nr. 118 vom 22. Juni 1917). Diese findet für Brotgetreide und Gerste im Jali, für Hafer im August und für Hülsenfrüchte, Kartoffeln, Zuckerrüben, Runketrüben, Kohlrüben, Herbstrüben, Möhren und für Weißkohl Ende September und Anfang Oktober statt. Das Kaiserliche Statistische Amt soll bis zum 1. August beziehungsweise 1. September und 15. Oktober im Besitze der Zahlen der Vorschätzung sein. Die Durchführung der Erntevorschätzung wird in der Weise erfolgen, daß für die einzelnen Gemeinden durch Sachverständige und Vertrauens⸗ leute Durchschni⸗ts⸗Hektarernäge festzustellen sind. Die gesamten

Erntemengen sind dann auf Grund der Angaben der vor

kurzem angeordneten Ernteflachenerhebung zu berechnen.

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Oesterreich⸗Ungarn. Die „Wiener Zeitung“ veröffentlicht nachstehendes Aller⸗ höchstes Handschreiben: Lieber Graf Clam⸗Mariinie! In Willfahrang Ibrer Bitte gewähre Ich in Gnaden die Entlassung Meines össerreichischen Gesamtministeriums und beauf⸗ trae Sie uad die Mitglieder des bisherigen Kabinetts, bis zar Bil ung eine; n uen Mtnist riums die Amtsführung fortz usetzen. Laxenburg, 22. Juni 1917, 8 Karl m. p. Clam⸗Martinic m. p.

Der Kaiser hat den Ersten und Zweiten Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofes Baron Schwartenau und Baron Haerdtl, die in früheren Ministerien Minister des Innern waren, das Herrenhausmitglied Professor Lammasch und den Arbeitsmmister Freiherrn von Trnka empfangen. Ferner ist der Präsident des Abgeordnetenhauses Groß zum Kaiser berufen worden.

Ja der gestrigen Sitzung des österreichischen Ab geordnetenhauses gelangte eine schriftliche Interpellatione⸗ beantwortung des Landesverteidigungsministers über die am 25. Mai d. J. in der Munitionsfabrik in Olevec er⸗ folgte Explosion zur Verteilung. Der Ursprung der Explosion ist danach in der Minenwerserwerkstätte zu suchen, wahrscheinlich infolge Unvorsichtigkeit bei der Hantierung. Die Zahl der festgestellten Toten beträgt 136, doch werden 170 Per⸗ sonen vermißt; die Zahl der Verwundeten beträgt 625, wovon 520 leicht verletzt snd. Sodann wurde mitgeteilt, daß der Landesverteidigungsminister die Interpellation Langenhan über Beleidiäaungen des Offizierstandes und besonders von Hbiszer en deutscher Nationalität durch tschechi⸗ 48 und slowenische Abgeordnete schriftlich beantworten werde.

Hierauf verlas der Präsident Dr. Groß folgendes ihm

vorgestern in später Stunde zugegangene Schreiben:

Hochgeehrter Herr Präsident!

Wie Euer Pochwohlgeboren bekannt, war es meine Absicht, eine Umbildurg des Kabinetis auf breiter Grundlage zu ermöglichen. Dieses Verfohren schten mir allein einen sicheren Weg zu bieten, um nicht nur die parjamentartsche Erledigung der dringendsten Gegen⸗ stände zu gewährleister, sondern auch eine Festigung der innerpoli⸗ tischen Verhältnisse herbetzuführen, ohne die ich mir eine weit aus greifende und gedeihliche Tätigkeit des Reichsrats in einer Herbsttagurg nicht wohl denken kann. Im Voerlaufe meiner Verhandlungen mit den politischen Parfeien habe ich die Einicht gewonnen, daß durch eine teilweise Umbildung wobl eine Mehrheitsbildung für die allernächsten und dringendsten Aufgaben möglich wäre, daß jedoch die Aussichten fuͤr eine Erreichung des vorerwähnten weiter gesteckten Zieles mindestens zweifelhaft sind. Da ich sonach auf eine vösung, wie sie mir allein den Staatsinteressen und den wabren Interessen des Parlaments entsprechend erschien, nicht rechnen darf, habe ich mich entschlossen, Seiner Majestät den alleruntertänigsten Antrag zu nellen, die bereits unter⸗ breitete Entlassung des Gesamtkabinetts alleranädigst annehmen zu weollen, und g⸗-wäͤrtige rie allechöchste Willfahrung dieses An⸗ trags. DTa es mir nicht möglich war, Euer Hochwohlgeboren persönlich anzutreffen, so erlaube ich mir, auf diesem Wege biervon Miiteilung zu machen und Euer Se zu empfehlen, womöglich eine Verschiebung der Verhandlungen des hoben Ak⸗ geordnetenhaufes bis Montag oder Dienstag zu veranlassen, ein Vorgang, der wohl dem parlamentarischen Brauch vollkommen ent⸗ spricht. Ich werde jedenfalls neoch die Ehre haben, Euer Hoch⸗ wohlgeboren aufzusuchen und mich von Ihnen am Ende einer Zeit

gemeinsamer Arbeit, an die ich stets mit den wärmsten und achtungs

vollten Gefühlen für die Persou Euer Hochwobhlgeboren zuruo⸗

ken werde, zu verabschieden. Ergebenst

n, am 21. Junl 1917.

Der Präsident fuhr fort: „Ich glaube, daß wir unter der obwaltenden Verhältnissen, entsprechend dem parlamentarsischen Brauch, nichts anderes tun können, als die Verhandlungen zu

vertagen. Ich schlage vor, die nächste Sitzung Dienstag, den 26. d. M., 11 Uhr Vormittags, mit der heutigen Tages

Clam⸗Martiagle.

ordnung abzuhalten.“ Das Haus stimmte diesem Vorschlag

zu, worauf die Sitzung geschlossen wurde.

In der gestrigen Sitzung der christlich⸗sozialen Partei wurde der „Korrespondenz Austria“ zufolge beton die Partei stelle angesichts des Krieges parteipolitische Er wägungen zurück, verwahre sich aber auch dagegen, daß irgend welchen parlamentarischen Parteien politische Zugeständnisse ge⸗ macht würden, die mit dem österreichischen Staatsgedanken un⸗ vereinbar seien. Innerhalb dieses Rahmens wolle die Partei mit allen parlamentarischen Gruppen zur Lösung der brennenden Fragen zusammenwirken: sie werde mit dem Deutschen Nationagl⸗ verbande in engster Fühlung bleiben.

Im ungarischen Abgeordnetenhaus behandelte der Ministerpräsident Graf Esterhazy vorgestern in seiner Programmrede auch die Ernährungsfrage und sagte u. a., daß die künftige Ernte es ermöglichen werde, die Verpflegung unter allen Umständen zu sichern. Zu diesem Behufe werde die Re⸗ gierung die Ernte sofort beim Drusch beschlagnahmen, um zu verhindern, daß Spekulanten die Vorräte dem allgemeinen Ver⸗ brauch entziehen.

Graf Tisza als Fübrer der Opposition befaßte sich laut Bericht des „W. T. B.“ mit der Krnik des Programms ves Minister⸗ prästdenten und bekämpfte ram ntlich die Aliersgrenze, die die Wahl. reform mit 24 Jobhren fistsetzte, weil eine so che Ausdehnung des Wahlrechtes eine Eefahr für das Land sei. Er boffe, daß die Reform in diesem Ausmaßenich verwirklichtwerde. Als Ursoche seines Rück. trittes erklärte Graf Tisza, deß die Krone in der Wahliechtsfrage einen viel weuergebenden Standpunkt einenemmen babe, als er. Die gegenwärtige Lage werde daduich nur verwickelt, daß mitten im Welt⸗ kriege die Entscheidung durch allgemeine Wablen nicht leicht herbei⸗ geführt werden könne. Eraf Andrassv erkzärte, für die Auffassung der Recglerung in der Wablrechtefrage einzu⸗ tretens. Die Erfahrungen des Krieges hätten ihn gelehrt, daß man von den goßen Schichten des Volkes vicht solche beispfellosen Opfer fordern känne, ohne ihnen einen Anteil an der Staatsleilung zu ge⸗währen. Graf Tisza habe mit beispielioser Hacmaͤckakeit sich der besseren Einsicht verschlossen. Es fei geradezu eine Gfahr für die Nation, nenn der perantwortliche Staatsmann nicht mit den veränderten Brhältnressen zechne, die die Demokratisierung des staatlichen Lebens erferderten. Es sei eine Schaude für das Abgeordnetenbaue, daß dee Arbeiter, die so große Opfer während des K.ieges gedracht hätten, durch kein einzines Mitghed vertreten seien.

Nach Schluß der Sitzung des Abgeordnetenhauses hatte eine überaus zahlreiche Volksmenge auf dem Platze vor dem Parlament Aufstellung genommen und den Mimnisterpräsidenten sowie jene Abgeordneten, die sich als Kämpfer für das Wahl⸗ recht hervorgetan haben, mit Sympathiekundgebungen empfangen. An verschiedenen Punkten der Hauptnadt fanden große Kund⸗ gebungen statt, wobei Redner Ansprachen an das Volk hielten und die Bedeutung des Tages für die freiheitliche Entwicklung feierten.

Großbritannien und Irland.

Der französische Munitionsminister Thomas ist gestern aus St. Petersburg in London angekommen.

In der vorgestrigen Sitzung des Unterhauses klagte, wie dem „Algemeen Handelsblad“ gemeidet wird, der liberale Abgeordnete Pringle darühber, daß bei der neuerlichen Musterung untauglicher und aus dem Militärdienst ent lassener Männer auch Krüppel und Lahme vor der Musterungs⸗ kommission erscheinen mußten, und daß die Menschen dabei roh, ja arausam behandelt wurden. Auch Asquith erklärte, er wisse bestimmt, daß viele körperlich ungeeignete Männer ia die Armee eingereiht würden. Der Parlamentssekretär des Kriegsamts MePherson versprach die Ernennung einer Kommission zur Untersuchung der Mißstände.

Auf der Ausstellung für sparsame Lebensmittel⸗ wirtschaft in Cheltenham versicherte Bathurst, daß Deutsch⸗ land England nicht aushungern könne, schloß daran aber laut Bericht des „Wolffschen Telegraphenbureaus“ folgende Aus⸗ führungen:

Man solle nicht in den Febler verfallen anmnehmen, daß die Tätigkeit der Tauchboote abneyme. Letztere suchten sich jetzt Schif⸗ von größerem Raumgehalt aus, was in der amtlichen Verluftstatistik nicht zum Ausdruck komme. Wiewobl die Handelsschiffe j tzt fast alle bewaffnet und häufig imstande seien, die Tavchbootangrisse abzu⸗ wehren, leien die Verluste anhaltend ernst, und es sert keincewegs unwabhrscheinlich, daß der Juat eine größere Zahl aufweisen werde, als der Mai. Wenn Enaglanod den Krieg gewinnen wolle, seien drei Dinge nötig: Vergrößerte Erzeugung, vermiaderter Verbrauch ven Lebenemuütheln und vor allem sparsames Harsharten damit. Der Redner führte weiter aus, die von der Admtralität zugestandene undedingte Bevorzugung der Getreldeverschiffungen eneiche demnͤchst ihr Ende. Selbst Sondeeschiffe für Gefrierfleisch wären letzthin für den Geneidetranepert herangezogen worden, was beiläufig einer der Gründe für die bohen Rindfleischpreise sei. Die Regierurg habe während der letzten Wochen Weizen und Zucker zu höheren Preisen eingekauft, als zu denen, die im Kleinhandel dafür verlangt würden. Eline Besserung des Zuck’rmarktes sei nicht zu erwarten. Vor zwei Monaten seien innerhalb zebhn Tagen 40 000 Teonnen Zucker versenkt worden. Der Redner betonte, daß England während des weiteren Verlaufes de Krieg's mehr und mehr auf die in der Heimart erzeugten Nabrungsmittel argewiesen sein werde. Keinerlei Körnerfrucht werde wäbrend der Wintermonate füs Futter⸗ zwecke verfügbar sein und nur die Hälfte der üblichen Rationen für die Arbeitspferde.

Der Nationalverband der Eisenbahner veran⸗ staltete am 17. Funt im Hydepark eine große Kundgebuag gegen die Aufhebung der Grundsätze der Gewerkschaften und gegen die industrielle Dienstpflicht sowie zugunsten eines dauernden, die Heimbevölkerung vom Fluche des Militaris mus befreienden Friedens. Der Generalsekretär des Verbandes Thomas führte aus: na b

Die L bensmittelverwaltung in England sei eia öffentlicher Skandal. Die zunehmende Verseuerung des Lebensunterbalts sei un⸗ vereinkar mit den bedeutenden Gewinnen, welche die Bllanzen n Gesellschaften aufwiesen.

Rußland.

Die Vorläufige Regierung und der Vertreter⸗ ausschuß der Soldaten und Arbeiter haben nach vnc Meldung des „Algemeen Handelsblads“ aus gut unterrichte 9 russischer Quelle am 21. Juni die Wiederaufnahme 8 Offensive beschlossen.

““ Westlicher Kriegsschauplatz.

In der ersten Sitzung der Hauptversammlung der Kosakenvertreter ganz Rußlands, an der auch zahlreiche Mitglieder der Duma und des Reichsrats teilnahmen, forderte der Vorsitzende, das Dumamitglied Saratiew, in der Eröffnungsrede die Kosaken auf, ihre eiserne Disziplin in eine solche von Stahl zu verwandeln, und schloß seine Rede mit einem Aufruf zum Kampf gegen den äußeren und inneren Feind. Vertreter des ersten Regiments Donkosaken verlangten stärkere Maßnahmen gegen Lenin und andere Anarchisten, die sie als Verräter und Mörder der jungen russischen Frei⸗ heit bezeichneten, und forderten die Vorläufige Regierung auf, eine Sonderarmee aus Kosaken zu bilden, die bereit sein werde, auf dem Felde der Ehre zu sterben. Rodsianko erklärte in einer leidenschaftlichen Rede, er wolle den Kosaken nicht die Schmach antun, vom Sonder⸗ frieden zu sprechen, denn die glühende Vaterlandsliebe der Kosaken kenne nur einen Weg, den Weg des Sieges und eines des Landes würdigen Friedens. Der ehemalige Kriegs⸗ minister Gutschkow sagte, die Zusammenkunft der Kosaken bedeute einen Wendepunkt in der Geistesverfassung aller Klassen der russischen Gesellschaft und gebe ihnen den Entschluß wieder, bis zum Ende zu gehen, bis Rußland den Frieden zusammen mit den Verbündeten diktieren könne. Nach verschiedenen weiteren Rednern hielten Vertreter Frankreichs, Rumäniens, Serbiens und Belgiens Ansprachen, die die Versammlung

warm begrüßte und stehend anhörte.

Dänemark.

Gemäß der vom Ministerpräsidenten gegebenen Darstellung der politischen Lage wünschte der König nach einer Meldung des „Ritzauschen Bureaus“ nicht, das Abschiedsgesuch des Ministers Rottböll zu bewilligen. Rottböll bleibt daher im Amte.

Nachdem der Minister J. C. Christensen in einer Ver⸗ sammlung der Partei der Linken die gegenwärtigen politischen Verhältmnisse klargelegt und dabei hervorgehoben hatte, daß das Abkommen vom 30. September als gegenstandslos anzusehen sei, wenn Rottböll auf Verlangen der Konservativen seinen Abschied als Minister erhalte, schloß sich die Partet seinem

Standpunkt an und ermächtigte ihn, in den nächsten Tagen

sein Abschiedsgesuch einzureichen.

Norwegen.

„Norges Handels og Sjöfartstidning“ berechnet nach der Kriegsgewinnsteuer den Gewinn der norwegischen Handelsflotte im Geschäftsjahr 1916/17 auf 375 Millione Kronen. G

Griechenland.

Der König Alexander hat am Mittwoch, wie die „Agence Havas“ meldet, folgenden Brief an den Minister⸗ präsidenten Zaimis gerichtet:

Ich verfeige mit lebhaftem Interesse die zur Einigurg Grfechen⸗ lands und der damit zusan menhängenden Fragen unternommenen Bewühungen. Als treuer Hüter der Verfassungsurkunde und im Ver⸗ tauen auf das Wohlwollen der Garantlemachte bin ich bereit, auf⸗ rich ig mit den Möchten für die B ruh gung der Gemüter und für die Wiederverköhnung des Landes zasammerzuwirken.

Nach einer Meldung des „Temps“ hat Weniselos der englischen Regierung seine Politik infolge der Ereignisse in Athen in großen Linien dargelegt und sich bereit erklärt, eine konstitutio elle Monarchie anzunehmen und zu unterstützen, deren Rechte durch eine verfassunggebende Versammlung, die, sobald es die Umstände gestatten, nach Athen einberufen werden soll, genau bestimmt werden sollen. Jetzt solle die willkürlich vom König Konstantin im Juni 1915 aufgelöste Kammer wieder zusammentreten, und der Führer der Mehrheit solle die Regierung übernehmen. Inzwischen würden zwei oder drei Fittstige Mitglieder der weniselistischen Partei in das Kabinelt eintreten.

Kriegsnachrichten.

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Berlin, 22. Juni, Abends. (W. T. B.) Im Westen bei Regenfällen nur geringe Feuertätigkeit. Erfolgreicher Vorstoß füdöstlich Filain nördlich der Alsne. Sonst nichts Besonderes. 1

An der flandrischen wie an der Arras front hielt sich die Artillerie⸗ und Infanterietätigkeit am 21. Junt in den gewohnten Bahnen. Dagegen nahm die englische Flieger⸗ tätigkeit besonders in der Gegend von Mpern, Wytschaete, Lens und südlich der Scarpe zu. Die Engländer versuchten mehrere Patrouillenvorstöße, die sämtlich abgewiesen wurden, so nördlich der Lys, östlich Armentières, nordwestlich von Neuve⸗Chapelle und im Lensbogen. Eigene Patrouillen holten Gefangene aus den englischen Gräben.

In der Gegend von St. Quentin herrschte rege Patrouillentätigkeit. Oestlich Lempire sowie südlich St Quentin machten deutsche Patrouillen erfolgreiche Vorstöße und brachten Gefangene und Maschinengewehre ein.

An der Aisne und in der westlichen Champagne hat sich die beiderseitige Kampftätigkeit bemerkenswert gesteigert. Bei dem im Heeresbericht genannten deutschen Angriff auf den Pöhlberg zeichneten sich thüringische und Sachsen⸗ Altenburgische Stoßtrupps besonders aus. Dem Angriff ging kein Trommelfeuer voraus, sondern ledialich einige kurze Feuerüberfälle durch Minenwerfer. Die über⸗ raschend vorbrechenden Stoßtrupps überwältigten in kurzer Zeit die französische Besatzung. Unter den 100 Gefangenen befinden sich 2Oisnere Die Franzosen griffen die ganze Nacht hindurch die verlorene Stellung an. Alle Angriffe wurden in der eroberten Stellung abgewiesen. Erst beim 7. Angriff gelang es, den äußersten Flügel der eroberten neuen deutschen Stellung etwas zurückzudrängen.

Großes Hauptquartier, 23. Juni. (W. T. B.)

Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht. „An der flandrischen Front und im Artois beein⸗ trächtigte bis in die Nachmittagsstunden Regen die Kampf⸗ tätigkeit der Artillerie. Sie war dann lebhaft nahe der Küste, g Bixschote bis Armentiôres und zwischen Loos und Bullecourt. Wie in der Nacht zu gestern wurden auch heute vor Hell⸗ werden an mehreren Stellen englische Erkundungsabteilungen murückgeworfen.

Heeresgruppe Deutscher Kronprinz.

Gestern früh nahmen nach kurzem kräftigen Wirkungsfeuer von Artillerie und Minenwerfern Adteilungen niedersächsischer Regimenter am Chemin⸗des⸗Dames einen Teil der französischen Stellung südöstlich von Filgin im Sturm und hielten die in etwa 1 km Breite und 500 m Tiefe gewonnenen Grähen gegen drei heftige Gegenstöße. Der Feind erlitt schwere Verluste, da auch die flüchtende Grabenbesatzung von unserem Abriegelungsfeuer gefaßt wurde. 300 Gefangene konnten zurückgeführt werden.

Die Franzosen griffen Morgens westlich des Cornillet, Abends bei Vauxaillon an, ohne einen Vorteil zu erzielen.

Oestlich von Craonne und auf beiden Maas⸗Ufern brachten uns Erkundungsstöße Gefangene ein.

Heeresgruppe Herzog Albrecht. 1

Längs der Front nur die übliche Gefechtstätigkeit. Fran⸗ zösische Aufklärungstrupps sind nördlich von St. Mihiel und östlich der Mosel abgewiesen worden.

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Seit dem 15. Juni sind in Luftkämpfen 23, durch Abwehrfeuer 5 feindliche Flugzeuge, außerdem 1 Fesselballone der Gegner abgeschossen worden.

Oestlicher Kriegsschauplatz. Erhöhte Feuertätigkeit herrschte gestern besonders zwischen der Bahn Lemberg Tarnopol und dem Dnjestr.

Mazedonische Front. Die Lage ist unverändert. Der Erste Generalquartiermeister. Ludendorff.

Oesterreichisch⸗ungarischer Berichtt. Wien, 22. Juni. (W. T. B.) Amtlich wird gemeldet: In Galizien dauert die gesteigerte Feuertätigkeit an. Sonst ist die Lage überall unverändert. . 8 Der Chef des Generalstabes.

Der Krieg zur See.

Berlin, 22. Juni. (W. T. B.) Durch die Tätigkeit unserer I⸗Boote sind neuerdings in den nördlichen Sperrgebieten 21 000 Br.⸗Reg.⸗To. versenkt worden. Unter den vernichteten Schiffen befinden sich u. a. der englische bewaffnete Dampfer „Enidwen“ (3594 Br. Reg.⸗To.), ein großer bewaffneter unbekannter englischer Dampfer und der italienische Schuner „Luisa“. Von den anderen versenkten Schiffen hatte eines 2000 Tonnen Getreide, zwei weitere Holz geladen. Die Ladung der übrigen Schiffe konnte nicht festge⸗ stellt werden.

Im Mittelmeer wurden von unseren U⸗Booten neuerdings wieder Dampfer und Segelschiffe mit insgesamt 40 177 Br.⸗R.⸗T. versenkt. Unter diesen be⸗ fanden sich der enalische Truppentransporter „Cameronian“ (5861 Br.⸗R.⸗T.), der französische Truppentransporter „Yarra“ (4163 Br.⸗R.⸗T.), die bewaffneten englischen Dampfer „Islandmore“ (3046 Br.⸗R⸗T.) mit 4500 Tonnen Kohlen und „Benha“ (1878 Br.⸗R.⸗T.) mit 1700 Tonnen Johannisbrot, ferner zwei unbekannte be⸗ waffnete englische Dampfer von je 5000 Br.⸗R.⸗T. Mit den Schiffen wurden Labungen vernichtet, die in erster Linie aus Kohlen, Getreide, Oel, Wein und Phosphat bestanden.

Der Chef des Admiralstabes der Marine.

Kopenhagen, 22. Juni. (W. T. B.) Das Ministerium des Aeußern teilt mit: Nach einem Telegramm der dänischen Gesandlschaft in Paris ist der dänische Dampfer „Vaering“ am 18. Juni im Kanal versenkt woden. Ein Heizer ist umgekommen. Wie ein Telegramm der Londoner dänischen Zesandtschaft besagt, ist der dänische Motorschoner „Kornsö“ auf der Reise von Spanien nach den Faröer⸗Inseln mit einer Salzladung am 15. Juni versenkt worden. Der dänische Dampfer „Dorte Jensen“ ist auf eine Mine gestoßen und in der Nordsee gesunken.

Amsterdam, 22. Juni. (W. T. B.) Der Mmuider Fischlogger „Hendrika“ ist in der Nordsee von einem deutschen U⸗Boot versenkt worden.

Rotlter dam, 22. Juni. (W. T. B.) Wie der „Maas⸗ bode“ meldet, ist der schwedische Dampfer „Hasting“

(878 Br.⸗R.⸗T.) auf der Reise von Senegambien nach Bristol bei Brest versenkt worden.

Bern, 22. Juni. (W. T. B.) Nach dem „Petit Parisien“ hat ein französisches Patrouillenschiff des Bretagne⸗Geschwaders auf hoher See 50 Mann von der Besatzung eines versenkten enalischen Dampfers aufgenommen. Das Patroulllen⸗ schiff hatte auch ein Gefecht mit zwei U⸗Booten. Ein anderes Patrouillenschiff des gleichen Geschwaders hatte tags zuvor 10 Mann eines versenkten Schiffes aufgenommen. In St. Naphael landete ein französisches Torpedoboot die Besatzung zweier versenkter italienischer Segelschiffe. Am 16. Juni wurde ein französischer Dreimaster im westlichen Teile des Aermelkanals versenkt, die Besatzung durch ein Torpedeboot gerettet.

Statistik und Volkswirtschaft. Zur Arbeiterbewegung.

Der Ausstand im Rotterdamer Hafen ist, wie „W. T. B.“ meldet, beendigt. (Vgl. Nr. 142 d. Bl.)

Kunst und Wissenschaft.

Die Akademie der Wissenschaften hält am Donnerstag, den 28. Junt, um 5 Uhr Nachmittags, eine öffentliche Sitzung zur Feier des Jahrestages ibres Stifters Leibniz unter dem Vorsitz des Herrn Roethe, der die Sitzung mit einer Aasprache eröffaen wird. Darauf wird Herr Dietrich Schaͤfer den wissenschaft ichen Festvortrag halten: „Zur Geschichte allgemeiner deut cher Wehrpflicht“. Den Beschluß machen Preisangelegenheiten und die Verkündigung der Ver⸗ leihung einer Leibniz⸗Medaille. Der Zutritt in nur genen Karten gestattet; seweit über diese nicht bereits verfügt ist, werden fie von Montag, dem 25. Juni, ab in der Zeit von 9—3 Uhr im Büro der Akademie (Unter den Linden 38, I. Stock, Zimmer 19) ausgegeben.

Staatliche Nahrungsmittelversoraung

preise im deutschen Mittelalter. Vielfach wird anzeaommen daß dere Weltkrieg in Deutschland zum ersten Mal rin un it;e1h areg Eingreifen der Staatsgewalt in die Bersorgang der B vpolteruang m! Nahrungsmitteln herbeigeführt hat. Daz ist aber ein Irrtum, dene⸗ es hat schon früher eine Einrichtung gegeben, bie auf ein: sol Regelung abzielte, nämlich den Zebent ooer den Zehnten. 2 findet nun vielfach die Ansicht vertreten, daß di ser Zehent nichts anderes ewesen sei, als der Zwang, den Z halen der Giente an den vo;r ö“ eingesetzten Vog: abzuliefetr. Allein mit dieer Abgabe des Zehnten wurde auch eine unmittelbare Fürsorge für Zeiten der Hungersnot bezweckt. Fast überall in Wutschlands Gauer desonders aber in der Rheis⸗ und Matogegend, haben sich wie die deutsche Nahrungsmittelrundschau schreibi, alte Bebzude⸗ halten, an denen noch heute der Name Zehntsch⸗uer oder Zehntho haftet. Ez sind meistens große Geböfte mit Sheuern und Stallungen uf themals herrschaftlichem Grund und Boden. Sie warer ur⸗ sprünglich, wie schon ihr Name sagt, bazg bestimmt, den Zehnten aufzunehmen. In Deutschland herrschte auf dem flachen Lande no lange die Naturalwirtschaft, als man in den Staoten schon zur reinen Geldwertschaft üvergegangen war. Uebec die Ausdehnung des Zehnten belehrt ein Weißtum des 13 Jah hunderts. . ort heiß es: Zehnten soll man geben iedes Jahr von der Frucht auf dem Felde und dem geborenen Bieh im Stalle, was und welcherlei das sei, und von verdientem Lohn und allet rechten Gewinauag. Za bder Frucht auf dem Felde gebört alles, was auf Bäuamen oder auf dem Felde wächset, es sei Gras oder Korn, Holz, das man vom Stamme haut, oder welcherlet ander Ding das auch sein mag“. Wenn auch ein großer Teil der Beamten einen großen Teil ihres Gehalts wiedervm in Naturerzeugnissen empfiag, so blieb doch stets vom Zehnten ein be trächtlicher Teil in den staatlichen La erhäusern zurück. Er dient⸗ als Ausgleich für Kriegezeien oder Hangetsnot. Da man in fruüheten Zeiten nicht über das Verkehrsmittel der Eisenhahn verfügte, so war es bei einer Mißernte, seldst in einem beschänkten Gebiefe, nicht mögsich, rasch genug die Ueberschüsse andeter Gebieite berbeizuschaffen, und in solchen Fällen wurde danmn der Inhalt der Zehntscheuern

7 NMn †.11. 1 „7 geleert. Die Verteilung warde

in der Weise vorgenommen, daß dem Bedürstigen das Getteide oder Mehl zu einem von der Behörde festgesenten Höchstpeeise adoegeden wurde. Aber auch diese weise Mansnahme konnte, ganz wie heute, nicht verbindern, daß in Zelten der Not Nahrungemittel aus Gewinn⸗ sucht zurückgehalten wurden, um damit Wacher zu treiben. In den Berichten über solche Heimsuchungen, in den Schaustücken, ole zur Erinnerung an diese entstanden sind, lesen wir wie erholl den Spruch: „Wer Korn einhält, dem fluchen die Leute, aber Segen kommt über den, der es hergibt.“ Sehr erschwerend machte sich damals geltend, daß in Deutschland keine einheitliche Regelung der Nahrungs⸗ mittelversorgung durch die Reichsgewalt erfolgen, und jeder Staat in volkswirtschaftlichen Dingen tun und lassen konnte, was ec wollte. Dieser Uedelstand hat noch bet deun letzten großen Mißernten ia den Jahren 188 17 und 47 in einzelnen Gegenden zu schweren Schadt⸗

Literatur.

Sprich Deutsch! Ein Buch zur Entwelschung von Eduard Engel. H sse u. Becker Ve lag, Leipzig. Dieses ‚im dritten Jahre des Weltkrieges ums deutsche Dasein’ erschienene Weik üt ein Boch des Kampfes. Der verdiemfttvolle Verfasser der deutschen Stiltu ͤst teitt dar n dee sprachlichen Ebrlosigkeit“, wie er de allzu⸗ große weltb irgertich: Anetgaungsfäht⸗keit unzeres Volkes auf dem Febiet dee Schuft und Rede nennt, kraf voll entgegen. Maachem maz Faaels nach rücklcch: M'baong: Sorich Deuisch! zunächst bestemdlich erscheinen, da ihm e'ne solche Forderunt ganz se bstoerständlich daucht. Lossen wir uns aber inmal an des Verf⸗ssers Hand turch alle Gediete des zsfentlich n Ledens hindarch, iz, in pas deutsche Familvenleden hinein⸗ iühren, üderall ssozen wir auf ent ehntes, so ac falsch angewandt’s Soörachgut: Die „Nurse nad die „Bonne“ behüten das deutiche Kind: die Ladenschilder aaf den Straßen sind mit Aufschriften fremden Urspran,s beheckt!; in unserem Berufs⸗, Gesellschafte⸗ un Kun'rleben, selbst bei unseren Vergnügangen, üderall stoßen wie auf englische, feanzösische ued italienische Ausdrücke. Mit tiefem Er⸗ schrecken werden wir dessen iane, in welchem Zustande der Ab⸗ hängigkrit von den Sprachen unserer Feinde sich unser tapferes, opfer⸗ mutiges Voik tatsächtich b fi ber. Ist das nnpvermeidlich, ist die uberreiche deutiche Sprache waklich so arm, um nicht obne fremde Anlethen auszuokommen? Der deutsche Dichter kann es, ruft E gel uns zu, und wenn sie ernstlich wollen, werden die anderen es arch lönnen! Mancher glückliche Anana est jr bereits gemacht worden, so auch don seiten der Behörden. Aber allzu piel bleibt noch zu tan übrtg. In erster Rerhe wirbt der Berfosser um die Mithi fe der Wissenschaft und der Presse, der „beiden Gewalten, die taisäch ich übder den Zustand unserer Surache herrschen“. Deutsch geschriebene wissenschaftliche Buͤcher sind, da sie von fremden Ausdrücken wimmela, selbst dem gebildeten Nichtsachmann vielfach unverständlich. Dabet handelt es sich nicht nur um Werk⸗, die dem Stoff nach nur lünflige Wisferschaftler erwas an⸗ gehen. Auch die Huter der Quellen unseres deutschen Schrifttums, die berufenen Pfleg’r unseres Sprachschatzes, die Deutschtorscher (Ger⸗ manisten), scheinen, von einigen rühmlichen Ausnahmen abgesehen der Verwelschung verfallen. Emer von ihnen, Erich Schmidt, ur sprünglich ein Gegner der Bestrebungen des deuischen Sprachvereins, ist kurz vor seinem Tode, überzeugt durch die ven der Fremd⸗ wöͤrteret handelnden Abschaltte in Engels „Deutscher Stilkunst“, wie er Freunden gegenüber äußerte, aus dem Saulus noch ein Paulus geworden. Es ist tief bedauerlich, daß er rieser Meinungsänderung nicht mehr einen weithin wirkenden Ausdruck hat geben können. Den Veriretern der Tagespresse mit ihren eilig hengeworfenen Erzeugnissen muß man wohl Milderungsgründe zubilligen, wenn ihnen hier und da ein Fremdwort entschlüdft. Aabereits aber ist die Tagtsptesse eine so bestimmende Macht geworden, sie bietet heute so vielen fast der einzigen Lesestoff, daß der Tagesschrifisteller sich unausgesetzt seiner Pflicht, ein reines Deulsch zu schreiben, be⸗ waßt sein muß. Auch nach diefer Rich ung hin hat seine Feder den Fampf für unser Volkstum zu führen. Zu rechter Stunde erscheint Engels Bach, denn wenn jemals, so ist jest die Zeit gekommen, daß wir uͤns von der Ueberschrgung fcemben und von der Uater⸗ schätzung der eigenen Sprachguter frei machen müssen. Nicht allein deutsch fühlen und deaten, sonden deutich schreiben und sprechen sollen wir endlich lernen. Fedee Deutsche, der eine Zeile schreibt, ja, der den Mund auftut, sell sich semer Berantwortuag nach dieser Richtung bin bewußt werden. Ezgels Buch mit seinem manalichen Zorn gegen die Veewelschang unserer reichen, schönen Muttersprache mit seiner leidenscha tlichen Werbekraft fär die Reiaheit deuischen Ausdruckz möge vielen ein Erwecker dazu werden. b

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Die Stieglhupfer. Eine Bäauerngeschichte aus dem Bayreutber Lande. Von Han?n Raithel. 2,50 ℳ; gebdn. 3,50 ℳ. Leipzig, C. F. Amelangs Verlag.

Was wird aus Polen“ Von Friedrich 1 ℳ. Berlin W. 10, Genthinerstr. 38, Georg Reimer.

Bismarcks Erbe. Reden auf Bismarck im Frieden und Kriege. Herausgec. vom Bismarck⸗Ausschusse Berlin⸗Wilmeredorf. 0,50 ℳ. Berlin⸗Wilmersdorf, Uhlandstr. 102. Verlag Wilmers⸗ dorler Zeilung.

Englische Dokumente zur Erdrosselung Persiens. 1 28 Bertin W. 50. Tauentzienstr. 19 a. Veilig Der Neux DOrient“.

Naumann.