1917 / 218 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 13 Sep 1917 18:00:01 GMT) scan diff

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Hauptverwaltung der Staatsschulden.

Die am 1. Oktober 1917 fälligen Zinsscheine der preußischen Staatsschuld und der Reichsschuld werden von den bekannten amtlichen Einlösestellen vom

21. September ab eingelöst. 1 Die am 1. Oktober 1917 fälligen Zinsen der in das preußische Staatsschuldbuch und in das Reichsschuld⸗ duch eingetragenen Forderungen werden durch die Post, durch Gutschrift auf Reichsbankgirokonto, bei der Staats⸗ schuldentilgungskasse und bei der Reichsbankhauptkasse vom 17. September, bei den Zahlstellen außerhalb Berlins vom 21. September ab gezahlt. Berlin, den 6. September 1917.

Hauptverwaltung der Staatsschulden und Reichsschulden⸗ verwaltung.

8 Die am 1. April 1918 zur Rückzahlung gelangende Serie er

auslosbaren 4zinsigen preußischen Schatz⸗

anweisungen von 1914 erster und zweiter Ausgabe wird

am Mittwoch, dem 3. Oktober 1917, Vormittags 10 Uhr,

in unserem Dienstgebäude, Oranienstraße 92/94, vorn 1 Treppe, Nefreatbcich in Gegenwart eines Notars durch das Los bestimmt

Berlin,

den 6. September 1917. Hauptverwaltung der Staatsschulden.

Bekanntmachung.

Dem Käsebäcker Heinrich Deister aus Borsun, welchem ich wegen Unzuverlassigkeit die Aunfertigung sowie den Verkauf von Käserriprodukten untersagt hatte, habe ich die Herstellung sowie den Handel mit Käsereiprodurten wieder gestattet.

1— Hildesheim, den 11. September 1917.

Der Landrat des Landkreises Hildesheim. J. V.: Ossenkopp.

Bekanntmachung.

Meine vom 15. Mai 1917, wodurch dem Händler Andreas Karolewicz in Sodingen, Suͤdstzaße 9, der Handel mit Backwaren bis auf weiteres untersagt wurde, habe ich heute wieder aufgehoben.

Dortmund, den 8. September 1917. Der Landrat. von Burchard.

Bekanntmachung.

Der am 8. März 1917 auf Grund der Bundesratsverordnung vom 23. September 1915, betreffend Fernhaltung unzuverlässiger ersonm vom Handel, geschlossene Betrieb des Konditors lbert Stappmanns in Rheydt, Aucufsastraße 35, ist mit dem heutigen Tage wieder freigegeben worden. Die Kosten den Veröffentlichung trägt der Betroffene.

Rhendt, den 8. September 1917. 8 Die Polizeiverwaltung. Der Oberbürgermeister. J. V.: Dr. Graemer.

Bekanntmachung.

Der Firma Isidor Guttfeld, dem Kaufmann Isidor Guttfeld und der verehelichten Kaufmann Emma Futt⸗ feld, geb. Singer, dier, Regserungsstraße Nr. 1, ist auf Grund der Bundesratsverordnung vom 23. September 1915 der Handel mit Gegenständen des Kriegsbedarfs und des täglichen Bedarfs wegen Unzuvertässigkeit untersagt worde.

Frankfurt a. Oder, den 10. September 1917. Die Polizeiverwaltung. Dr. Trautmann.

Bekanntmachung.

Auf Grund der Hüenntmaechang des stellvertretenden Herrn Reichsranzlers zur Fernhaltung unzuverlässiger Personen vom Handel von 23. September 1915 Reichs⸗Gesetzbl. S. 603 und § 69 der Rer ist dem Müͤhlenbesitzer Otto Stege, Bollin, durch Bekanntmachung vom 7. September 1917 die erstellung von Mehl von Brotgetreide wegen Unzuver⸗ aässigkeit auf die Dauer des Krieges untersagt. Die Kosten dieser Bekanntmachung trägt der Betroffene.

Swinemuünde, den 7, Septomhber 1917. Der Landrat. J. V.: von Loebell, Regierungsassessor.

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8 Bekanntmachung. .““ 88 „Auf Grund der Bundesratsverordnung zur Fernhaltung unzu⸗ verlässiger Periopven vom Handel vom 23. September 1915 und den dazu ergangenen Ausführungsbestimmungen vom 27. Geptember 1915 ist dem Schuhwarenhändier Martin Weohr, Oberhausen Rhld., Marktstr. 131, durch Verfügung der städtischen Polkzeiverwaltung Oberhausen Rhld. vom 28. August 1917 der Handel mit Schubh⸗ waren wegen Unzvverlässigkeit in bezug auf diesen Handelsbetrieb untersagt worden, unter Auferlegung der durch das Verfahren ent⸗ stehenden Kosten. 89 8 Oberhausen, den 8. September 1917.

er Oberbürgnmeister. J. V.: Dr. Neikes

Bekanntmachung.

Auf Grund der Bundesratsverordnung zur Fernhaltung unzu⸗ verlässiger Personen vom Handel vom 23. September 1915 und den dazu ergangenen Arsführungsbestimmungen vom 27. Sepiember 1915 ist dem Metzgermeister Jakob Retzmann in Oberhausen Rhld., Brücktorstr. 82, durch Verfügung der städtischen Polizei⸗ verwaltung Oberhausen Rhld. vom 23. Auagust 1917 der Handel mit Fleisch und Fleischwaren wegen Unzuverlässigkeit in bezug auf diesen Handelsbetrieb untersaagt worden, unter Auferlegung der durch das Verfahren entstehenden Kosten. 8 8

Oberhausen, den 8. September 1917. Der Oberbürgermeister. J. V.: Dr. Neikes

Bekanntmachung.

1. uf Grund der Bundesratsverordnung zur Fernhaltung unzu⸗ verlässiger Personen vom Handel vom 23. September 1915 und den

Oberhausen Rhld. vom 22. August 1917, der Handel mit Schub⸗ waren wegen Unzuverlälsigkeit in bezug auf diesen Handelsbetrieb untersagt wordee, unter Auferlegung der durch das Verfahren ent⸗ stehenden Kosten. 8 1“ Oberhausen, den 8. September 1917. DOerr Oberbürgermeister. b J. V.: Dr. Neikes.

Aichtamtliches.

Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 13. September 1917.

Seine Majestät der Kaiser und König hörte vor⸗ gestern, wie „Wolffs Telegraphisches Büro“ meldet, in Berlin die Vorträge des Reichskanzlers, des Chefs des Generalstabes und ges Chefs des Admiralstabes und empfing einige Staats⸗ minister.

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Seine Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz, der, wie bekannt, durch die Geburt einer Prinzessin erfreut worden ist, ist hier eingetroffen und hat sich bei Seiner Majestät dem Kaiser gemeldet.

1“

Der Bundesrat versammelte sich heute zu einer Voll⸗ sitzung; vorher hielten die vereinigten Ausschüsse für Rech⸗ nungswesen und für Handel und Verkehr sowie der Ausschuß für Handel und Verkehr Sitzungen.

a11“ Der Königlich dänische Gesandte Graf Moltke Berlin verlassen. Während seiner Abwesenheit führt der Legationssekretäakr von Kauffmann die Geschäfte der

Gesandtschaft.

Der Oberbefehlshaber in den Marken, Generaloberst von Kessel hat durch seine Bekanntmachungen vom 16. April 1917 (O.⸗Nr. 171 246), 10. Mai 1917 (O.⸗Nr. 177 401) und 18. Mai 1917 (O.⸗Nr. 179 345) zur Sicherung des Betriebes der Land⸗ und Forstwirtschaft für die Landkreise der Provinz Brandenburg (mit nelchtu bestimmter Teile der Kreise Teltow und Niederbarnim) sowie für die Stadtkreise Ebers⸗ walde, Frankfurt a. O., Guben und Spandau Anordnungen über Arbeitshilfe in der Land⸗ und 3““ getroffen, für deren Geltungsdauer der 15. Oktober d. J. als Endtermin bestimmt war. Die Sicherung der vollständigen Einbringung der Se aaheficge macht eine Hinausschiebung dieses Endtermins erforderlich. Generaloberst von Kessel be⸗ stimmt daher 918 Grund des § 9b des Gesetzes über den Belagerungszustand, daß die Geltungsdauer der oben⸗ genannten Bekanntmachungen bis zum 30. November d. J. einschließlich verlängert wird.

h bihern..

Der Gesundheitszustand Ihrer Majestät der Königin ist, wie die „Neuesten Nachrichten“ melden, seit einiger Zeit nicht befriedigend. Ihre Majestät muß sich auf Fesesen Rat Schonung auferlegen und Besuche von Lazaretten und Wohltätigkeitsanstalten vorläufig einstellen.

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EqE1ö1u“]

Wie „Wolffs Telegraphenbüro“ hört, steht die Ueber⸗ gabe des Schulwesens an die polnischen Behörden unmittelbar bevor. Ueber die Bedingungen der Uebergabe ist eine vollständige Einigung mit dem vorläufigen Staatsrat erzielt worden, sodaß am 1. Oktober die Polen die Verwaltun des Volkeschulwesens, des Mittelschulwefens und des Hochschul⸗ wesens übernehmen werden. Die deutsche Schulverordnung vom 24. August 1915, welche bisher im Gebiete des General⸗ gouvernements Warschau Geltung hatte, wird aufgehoben. An ihre Stelle tritt die vom polnischen Staatsrat ausgearbeitete und vom Generalgouverneur in Kraft gesetzte Schulverordnung mit einer völlig neuen Organisation der Behörden. Für die nationalen und konfessionellen Minderheiten, insbesondere für die deutsche, sind besondere Bestimmungen getroffen, die es ihnen ermöglichen sollen, Gebiete festzuhalten.

Oesterreich⸗ungarn.

Der türkische Marineminister Dsche mal Fasc a, der gestern auf der Rückreise aus Deutschland in Wien eingetroffen ist, stattete dem Minister des Aeußern Grafen Czernin einen Besuch ab und wurde vom Kaiser Karl in Audienz empfangen.

„— Beim Minister des Aeußern Grafen Czernin er⸗ schienen vorgestern die Abgeordneten Petrusiewicz, Lewicky und Trylowsky, um dem „Fremdendlatt“ zufolge namens der ukrainischen parlamentarischen Vertretun ver⸗ schiedene Wünsche in bezug auf die besetzten ukramnii en Ge⸗ biete Rußlands vorzubringen. Die Abgeordneten legten da⸗ gegen Werwvazrung ein, daß durch die beabsichtigte allmähliche Lösung der polnischen Frage die ukrainisch⸗nationalen Gebiete in irgendwelcher Weise berührt werden. Der Minister des Aeußern nahm die Mitteilungen der Abordnung zur Kenninis.

Der ungarische Ministerpräsident Wekerle entwickelte gestern im Abgeordnetenhause das Programm der neu⸗ gebildeten Regierung. Er erklärte laut Bericht des „Wolffschen Telegraphenbüros“, daß er sich namentlich bezüglich des zu denselben Grundsätzen bekenne, wie sein unmittelbarer Vorgänger. Sollte es unmöglich sein, im gegen⸗ wärtigen Abgeordnetenhause eine Wahländerung durchzubringen, so werde die Regierung diese Frage dem Urteil der Nation unterbreiten und Neuwahlen anordnen. Der Minister⸗ präsident verbreitete sich sodann eingehend über die in den ver⸗ schiedenen Verwaltungszweigen zu schaffenden Aenderungen und sagte hierauf:

Was unsere auswärtige Politik anbelangt, muß ich er⸗ wähnen, daß diese auf der vor dem geehrten Hause wiederholt dar⸗

dazu ergangenen Ausführungsbestimmungen vom 27. September 1915, gelegten Grundlage selbst in ihren Nuancen vollkommen unverändert

in dem Altbändler Elias Btrnbaum, Oberhausen Rhld., Marktstr. 123, durch Verfügung der städtischen Polizeiverwaltung

bleibt, so daß ich mein vollständiges Einvernehmen mit dem Minister des Aeußern nicht nur hiasicktlich der Richtung der

ihre Eigenart auf nationalem und religiösem

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derselben, sondern auch in Ansehung der Art und Durchführung besonders bervorheben möchte. Die treue Anhänglichkeit an unsere Verbündeten somie das übereinstimmevbse Vorgehen mit ibnen in allem sind die Grundpfeiler dieser Politif, die uns in dem uns aufgedrungenen Ver⸗ teidigungskrieg nicht nur im hessgafs e Kampfe, sondern auch in seinem Endnel des einträchtigen und gemeinschaftlichen Aoschlusses eines ar ständigen und dauernden Friedens uns vere inigen. Wir waren die ersten, die den Neigungen Seiner Majestät getreu im Einvernehmen mit unserem Verbündeten, dem Deutschen Reiche, nicht nur unseren Wunsch, sondern auch unsere vollste Bereitwilligkeit zum Abschluß dieses Friedens zum Ausdruck brachten. Diese unsere Bereitwilligteit wurde feierlichst bestätigt durch die im Einvernehmen mit der Kaiser⸗ lich Deutschen Regierung erfolgte Friedensentschließung des deutschen Reichstages sowie durch die am 17. Jult verlautvarten amtlichen Erklärungen unseres Ministers des Aeußern. In großen Zügen be⸗ zeichneten wir sogar die Bedingungen der Verständigung, indem wir erklärten, daß unser Verteidigungskampf auf keinerlei Eroberungen abzielt und 8 wir den wirtschaftlichen Krieg der Völker gleichfalls verwerfen, daß wir einen anständigen und dauerhaften Frieden, der unsere Interessen nicht verletzt, erstreben und daß wir sogar, um eine Wiederholung des Krieges zu vermeiden, auch das für wünschent⸗ wert erachten, daß an Stelle der rohen Gewalt der Waffen in den Beziehungen der Völker ein moralisches Reich des Rechtes trete. üch neuestens nahmen wir mit Daykbar⸗ keit und Bereitwilligkeit die gleichfalls hierauf ahzielenden 8öö des Heiligen Vaters auf. Unsere weitgehende Bereitwilligkeit kann selbstredend nur dann zum Ziele führen, wenn

Grundsätze Weise der

sie auch im Kreise unserer Feinde auf wünschenswertes Verständnis

stößt. Ohne das letztere werden wir im Bewußtsein unserer Stärke und der unumstößlichen Kriegslage mit einer auch infolge der neueren Kampferfolge unserer Truppen gestärkten Entschiedenbeit unseren Kampf bis zum sc fortsetzen, damit wir in der Zakunft nicht nur unsere Daseinsluteressen, sondern auch die Segnungen eine bleibenden Friedens und gegenseitigen Verstehens sicherr.

Großbritannien und Irland.

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Die Beratungen der Vertreter der nationalen .

Gewerkschaftsverbände der Ententemächte, die an das . 8 internationale Sekretariat in Berlin angeschlossen sind, sind 1

vorgestern in London beendet worden. Wie das „Reutersche

Büro“ meldet, wurde beantragt, das internationale Sekretariat von Berlin zu entfernen. Schließlich wurde für eine Resolution

eine Mehrheit gefunden, in der es u. a. heißt:

Es sollen die Meinungen der an die Internationale ange⸗ .

schlossenen Länder über die Verlegung des internationalen Bürecs von

Berlin nach einem neutralen Lande eingeholt werden. Fällt die Ent.. 8 so soll der

scheidung zugunsten der Verlegung des Büros aus, schweterische Verband ersucht werden, die nötigen Schritie zu unter⸗ nehmen, um das Büro in einem Lande zu errichten, über das seinerzeit von den verschiedenen Ländern abgestimmt werden soll.

Die französische und serbische Sektion waren außerstande,

diese Entschließungen anzunehmen, sie behielten sich aber das

Recht vor, eine internationale Besprechung in Bern zu besuchen, auf der die Abstimmung stattfinden solle. Die anderen Sektionen waren gegen eine Besprechung in Bern und für die vejefich Abstimmung. Die Versammlung nahm auch eine Entschlie

an, in der für die Arbeiter eine Vertretung auf der Friede versammlung verlangt wird.

Frankreich.

Der Präsident Poincaré hat Painlevé, einer Meldung des „Wolffschen Tele 8 ildun

den Frishemeaihen zufolge, ersucht, seine enee g um die

enbüros“

und hat das Kabinett, wie folgt, ge Krieg: Painlevé, Justiz: Perret, Inneres: Steeg, Marine: Chaumet, heiten: Loucheur, Finanzen: Kle Kolonien: Renard Besnard, öffentliche Arbeiten: Clavcille, Unterricht: Daniel Vincent, Arbeit: Renard, Handel: Clementel,

Ackerbau: David, Lebensmittelversorgung: Maurice Long,

Rüstungsangelegen⸗

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auswärtige Missionen: Franklin Bouillon. Das Ministerium

Painlevé umfaßt 11 Unterstaatssekretariate: Gesundheits⸗

ung

eines Kabinetts Painlevé ist dem vsei nachgekommen g

ildet: Vorsitz und Auswärtiges: Ribot,

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wesen Goudart, Luftschiffahrt J. L. Dumesnil, allgemeine Ver-

waltung Mourier, Militärjustiz Contentieux, Pensionen und Erfindungen Breton. Diese fünf Unterstaatssekretariate sind dem Kriegsministerium angegliedert. Inneres Victor Peytral, inanzen Bourely, Handel Paul Lorel, Handelsmarine und eetransporte, dem Handelsministerium angegliedert, Monzié, Blockadeangelegenbeiten, dem Ministerium des Auswärtigen angegliedert, Mötin, Schöne Künste Dalimier. Ein Dekret setzt das Kriegskomitee ein, bestehend aus neg den Ministern des Auswärtigen, der Marine, fuͤr üstungswesen und der Finanzen sowie den Staatssekretären Barthou, Bourgeois, Doumer und Jean Dupuy.

Rußland.

Der frühere Generalissimus Alexesew und Miljukon haben Kerenski nach einer Meldung der „Rjetsch“ ihre Ver⸗ mittlung zur Beschwörung des einsetzenden Bürgerkrieges an⸗ geboten. Kerenski hielt es indessen fuͤr unmöglich, mit Leuten zu verhandeln, die das Gesetz verletzt haben, erklärte aber, er sei nicht gegen die Uebergabe der Regierungsgewalt an ein neues Kabinett. Dieses könnte Verhandlungen mit Kornilom einleiten. Nach einer privaten Besprechung mit den zurück⸗ getretenen Ministern wurde die Ansicht Kerenskis als ein icherer Weg zur Unterdrückung der inneren Unruhen angesehen und der frühere Generalissimus Alexejew als etwaiger Präsident des neuen Kabinetts bezeichnet. Kerenski lehnte es indessen trotz des Drängens der Kadettenminister schließlich ab, die Regierungsgewalt Alexejew anzuvertrauen und leitete Verhand⸗ lungen mit den Vertretern des Arbeiter⸗ und Soldatenrates ein.

Der General Kornilow hat „Isvestia“ zufolge in den letzten Tagen, um seinem Vorhaben Erfolg zu sichern, e. ne. die der Revolution treuen Truppen aus St. Petersburg entfernt und durch Kosaken und andere Reiterei, auf die er sich ver⸗ lassen zu können glaubte, ersetzt. Nach den Blättern wußten die Truppen nicht, woxum es sich handelte. Sie glaubten, daß

ein maximalistischer Aufstand unterdrückt werden solle. Der

Generalstabschef Kornilows, Lakomski, schickte Kerenski ein Telegramm, in dem er mitteilte, daß die Lage an der Front sehr ernst werden würde, wenn die Regierung die Forderungen Kornilows nicht erfüllte. Die Nachricht von dem Ultimatum Kornilows mwurde erst am Sonntag am späten Abend bekannt und verursachte in politischen und in den Kreisen der Tagesschrift⸗ steller großes Aufsehen. Der Ministerrat beriet Abends und während eines großen Teils der Nacht; auch der ausführende Ausschuß des Arbeiter⸗ und Soldatenrats versammelte sich am Abend, umdie Lage zu besprechen. 8 Der Verweser des Kriegsministeriums Sawinkow ist zum militärischen Generalgouverneur von St. Petersburg an Stelle des Generals Wasilkowski ernannt worden, der z

Verfuͤgung der Einstweiligen Regierung gestellt wurde.

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In dem soeb rschienenen 8. Bericht des Bundes⸗ rats über die Neutralitätsmaßnahmen wird laut Meldung der „Schweizerischen Depeschenagentur“ Bericht über das Ergebnis der von dem Nationalrat verlangten Unter⸗ suchung in der Angelegenheit Grimm⸗Hoffmann er⸗ stattet und erklärt:

Der Bundesrat läßt den Beweaggründen, von denen sich Hoffmann leiten ließ, die ihm von seinem Gewissen und seinem Patrioti'mus eingegeben waren, alle Gerechtlgkeit widerfahren. Allein der Bundesrat muß seine Erklärung vom 19. deen. wiederholen, wodurch er die Verantwortlichfeit für den von Hoffmann getanen Scheitt ablehn'e und diesen mißbilligte. Es scheint dem Bundesszat nicht zulässig zu sein, daß ein von einem Mit⸗ gliede der Regierung ausgebendes Telegramm in einer so heiklen An⸗ gelegenheit, wie die Friedensfrage, das überdies mit „Abteilung Aut⸗ wärtiges“ unterzeichnet ist, als perfönlicher Schritt betrachtet werden könne. Eine Frage von solcher Wichtigkeit hätte dem Bundesrat unterbreitet werden sollen, der für deren Erledigung allein zuständig ist. Hoffmann hat, wie er erklärte, niemals einen Sonderfrieden zwischen Rußland und den Msttelmächten im Auge gehabt. Der In⸗ halt seines Telegramms konnte jedech argesichts des durch den Krieg hervorgerufenen allgemeinen Zustandes der Spannung und Ernegung bei den Enteatestagten leicht den gegenteiligen Verdacht aufkommen lassen und so die Interessen des Landes ernftlich gefährden, während doch der Bundesrat gegenüber allen Kriegführenden steis strengste Neutralität verkündet hatte. Der Bundesrat drückt zum Schluß die Meinung aus, daß nach Kenntnisvahme seiner Erklrungen die eid⸗ genössischen Räte ohne Zweifel mit ihm der Ansicht sein werden, daß der bedauerliche Zwischenfall durch Annahme des Entlassungsgesuchs Hoffmanns endgültig als erledigt zu betrachten sei. 8

In dem Neutralitätsbericht behandelt der Bundesrat ferner eingehend das wirtschaftliche Verhalten der Schweiz zu den Zentralmächten und den Verbandsstaaten.

Bezüͤglich des kürzlich mit Deutschland abgeschlossenen Wirt⸗ schaftsabkommens betont der Bundesrat, daß eine planmäßige Ver⸗ sorgung der Schweiz mit Kohle ohne den Abschluß des Abkommens undenkbar gewesen wäre, weshalb der Bundesrat sich zu der Ge⸗ währung des bekannten Handelskredits entschließen mußte. Leider weisft das Abkommen zwei Punkte anf, die nicht geregelt werden konnten. Der eine betrifft die deutschen Einfuhrverbote, über deren veschrän hon leider eine Einigung nicht erzielt wurde, sodaß die Ausfuhr bestimmter industrieller Produkte aus der Schweiz nach Deutschland nicht gesichert erscheint. Der zweite Punkt betrifft den Transport durch Deutschland von für die Schweiz bestimmten und von ihr auszuführenden Waren, wobet Deutschland erklärte, bei dem System der Prüfung des einzelnen Falles oder bestimmter Arten von Fällen verbleiben zu müssen. Der Bundesrat bedauert diese Lösung insbe⸗ sondere im Hinblick auf die Absatzmöglichketten schweizerischer In⸗ dustrien in nordischen Ländern und wird versuchen, durch weitere Ver⸗ handlungen eine befriedigende Lösung zu erzielen. Das Abkommen mit Deutschland in seiner Gesamtheit ist nach dem Urteil des Bundesrats ungünstiger als das vor einem Jahr abgeschlessene. Mit Rücksicht auf die auß⸗rordentliche Verschlimmerung der wirtschaftlichen Verbältnisse muß sich aber die Schweiz mit dem Abkommen abfinden, das eigentlich für beide Teile nicht befriedigend erscheinen mag. Hält man sich aber die Schwierigkeiten eines kriegführenden Staates vor Augen, so wird man nicht bestreiten können, daß das Abkommen trotz gewisser Härten sein Zustandekommen doch auch dem Willen der deutschen Regierung verdankt, unter den obwaltenden Verhältnissen der Schweit sreunze⸗ schaftlich entgegenzukommen. Bezüglich der wirtschaftlichen Ver⸗ bältnisse der Schweiz zu den Verbandsmächten betont der Bundesrat, daß für die nächsten Monate besonders die Lebens⸗

hüttectnfuse nach der Schweil sich sehr unbefriedigend vollziehen

Erfolg auch die Verschickung von Weizen aus Amerika wieder fuͤr zulässig erklärt werden wird. eeag; schweben Verhandlungen, die Zufuhr der Schweiz in Lebensmitteln und Rohstoffen durch ein Abkommen zu sichern und der Schweiz Verkehrserleichterungen zu erwirken. Der Bundesrat hat sich bereit erklärt, ähnlich wie gegenüber Deutschland auch gegenüber den Verhandsmächten die Eröffnung eines monatlichen von der tatsächlichen Waxrenzufuhr abhängigen Krepütes zur Ver⸗ besserung der Wechselverhältnisse in Erwägung zu ziehen.

Im Anschluß an die Erörterung der wirtschaftlichen Lage betont der Bundesrat, daß diese immer ernster wird, und daß die Verhältnisse auch wesentlich unerfreulicher werden können.

Bulgarien.

In dem Befinden der Königin Eleonore, die seit längerer Zeit leidend ist, ist am Montag eine ernste Ver⸗ schlimmerung eingetreten. Die Aerzte stellten infolge physischer Schwäche und allgemeinen Kräfteverfalls eine beunruhigende Abnahme der Herztätigkeit fest. Wie die „Bulgarische Tele⸗ graphenagentur“ meldet, ist die Königin gestern um 4 Uhr X Minuten Nachmittags verschieden.

Kriegsnachrichten. erlin, 12. September, Abends.

Die große Einheitsoffensive der Entente, die am 8. September an der Westfront noch einmal heftig auflebte, ist wieder vollkommen abgeflaut. Die Engländer versuchten zwar auch am 11. durch Feuersteigerung in Flandern, im Artois und nördlich St. Quentin den Eindruck zu erwecken, als ob ihre Offensive in dem bisherigen großen Maßstabe weitergehe, allein es blieb bei Patrouillenge echten und Stoßtruppunter⸗ nehmungen. Aus diesen Vorfeldkämpfen brachten die Deutschen eine größere Zahl Gefangener und 4 Maschinengewehre ein. ie Fliegertätigkeit war bei schönem Wetter außerordentlich rege. Deutsche Geschwader bewarfen Batterienester um Ypern sowie Dünkirchen erfolgreich mit Bomben. Bei St. Quentin am es südöstlich Villeret zu Handgranatenkämpfen, die für die Engländer erfolglos und verlustreich endigten. Während die Franzosen östlich Reims ihre Artillerie⸗ fätigteit steigerten, versuchten sie in der Champagne den miß⸗ eungenen Angriff vom 8. östlich der Straße St. Hilaire St. Souplet zu wiederholen. Der Mißerfolg war diesmal noch größer. Um 7 Uhr 30 Abends griffen sie nach starkem Zerstörungsfeuer, das den ganzen Tag über währte, die feätischen Stellungen an, ungeschwächtes Abwehrfeuer empfing ie. Mit unheimlicher Schnelligkeit lichteten sich die französi⸗ 889 Sturmwellen. Haufenweise brachen die Leute nieder. ufgelöste Reste flüchteten in die Ausgangsgräben zurück. In wenigen Minuten war alles vorüber. Eine Viertelstunde späͤter versuchten die Franzosen einen zweiten Angriff. Die kutschen Bereitschaften brachen mit dem Bajonett im Gegen⸗ vor und trieben die Franzosen unter Einbehaltung von efangenen zurück. 8, Auf dem östlichen Maasufer verhielten sich die Franzosen nach dem blutigen Zusammenbruch ihres vergeb⸗

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lichen Angriffes am Abend des 10. ruhig. Auch das Artillerie⸗ feuer flaute stark ab. Die Franzosen zeigten deutliche Anzeichen von Erschöpfung. Nordwestlich Bezonvaux holte ein deutscher Stoßtrupp Gefangene aus der französischen Stellung.

Auch im Osten verlief der Tag ohne besondere Ereignisse. Zwischen Ostsee und Düna versuchten die Russen eine regere Aufklärungstätigkeit zu entfalten, ihre Erkundungsvorstöße nördlich der livländischen Aa, südlich Engelhaedshof sowie bei Neu⸗Kaipen wurden jedoch überall zurückgeschlagen. Der russische Angriff in der Bukowina ist bereits ins Stocken ge⸗ kommen. Nördlich des Oituz dagegen rannten die Russen und Rumänen fünfmal gegen die Höhe 772 nördlich Slanic an. Alle Angriffe erstickten größtenteils im Vernichtungsfeuer der Verbündeten oder wurden im Gegenstoß abgewiesen.

In Mazedonien war nur in Gegend Monastir leb⸗ hafteres Feuer.

Großes Hauptquartier, 13. September. (W. T. B.) Westlicher Kriegsschauplatz. Bei geringer Sicht blieb die Gefechtstätigkeit auch an den 1 bis auf vorübergehende Feuersteigerungen und Vorfeldgefechte im allgemeinen gering.

Leutnant Voß schoß im Luftkampf den 47. Gegner ab.

Oestlicher Kriegsschauplatz.

FEFrXront Prinz Leopold. Südlich der Straße Riga Wenden wichen unsere Kavallerieposten stärkerem russischen Druck über Moritzberg und Neu Kaipen aus. Nördlich von Baranowitschi, östlich von Tarnopol und am Zbrucz lebhaftes Störungsfeuer und Erkundergeplänkel.

gwischen Dnjestr und Schwarzem Meer keine größeren Kampfhandlungen.

Maze donische Front. Südwestlich des Ohridasees sind nur schwache feindliche Abteilungen ins Gebirge gedrungen. 1

Der Erste Generalquartiermeister. Ludendorff.

Oesterreichisch⸗ungarischer Bericht. Wien 12. September. (W. T. B.) Amtlich wird gemeldet: Oestlicher Krieasschauplatz.

Russen und RNumänen griffen die Höhen westlich von Ocna zu wiederholten Malen heftig an. Ihre Anstürme brachen meist Lcha unter unserem Feuer zusammen. Einmal wurden sie durch Gegenstoß zurückgeworfen.

Italienischer Kriegsschauplatz. u“

Im Laufe des gestrigen Tages kam es nur an den Hängen des Monte San Gabriele zu heftigeren Kämpfen, die für uns günstig verliefen; sonst keine besonderen Ereignisse. Albanien.

„„ Südöstlich von Berat wurden italtenische Abteikungen durch unsere Vortruppen über den oberen Osun zurückgetrieben. Bei Pogradec, am Ohrida⸗See, weichen unsere Kräfte dem Drucke des überlegenen iere aus. er Chef des Generalstabes.

Konstantinopel, 12. September. (W. T. B.) Amtlicher Tagesbericht.

Am Tigris unternahm der Feind eine Erkundung mit vier Eskadronen und zwei Panzerwagen. An der Dschala klärte feindliche Kavallerie gehen Deli Abbas auf.

Kaukasusfront: ie feindliche Patrouillentätigkeit war geringer.

Sin e Ein feindlicher Flieger wurde durch unsere Artillerie zum Landen hinter den feindlichen Linien ge⸗ zwungen. 8

Der Krieg zur See. Berlin, 12. September. (W. T. B.)

Eines unserer Unterseeboote, Kommandant Kapitän⸗

leutnant Gerlach, hat im Atlantischen Ozean neuer⸗ dings acht eie und zwei Segler mit 31 000 Br.⸗ Reg.⸗To. versenkt, darunter die englischen bewaffneten Dampfer „Volodia“ (5689 To.) mit landwirtschaftlichen Maschinen und Nahrungsmitteln nach England, „Heaterside“ (2767 To.) mit Kohlen nach Malta, „Marmion“ (4066 To.) mit Hafer und Stahl nach Bordeaux, „Treloske“ (3071 To.), wahrscheinlich mit Munitionsladung, den bewaffneten englischen Hilfstransporter „Elswick Lodge“ mit 5790 To. Mais nach England, den italienischen bewaffneten Dampfer „Asti“ (5300/ To.) mit Kohlen nach Italien, den portugiesischen Dampfer „Ovar ex Casablanca“ (1650 To.) mit Kohlen nach Portugal sowie einen Dampfer mit 6000 To. Mais nach England. Der Chef des Admiralstabes der Marine.

Washington, 12. September. (W. T. B.) Das Marine⸗ departement teilt mit: Der Dampfer „Westwego“ meldete am 8. September, daß er, während er mit einigen anderen Fahrzeugen längs der französischen Küste kreuzte, am 5. Sep⸗ tember von einer Gruppe von sechs Unterseebooten angegriffen wurde. Im Laufe des Kampfes wurden zwei Dampfer versenkt und ein Unterseeboot vernichtet.

(Die Vernichtung des U⸗Boots wiro wahrscheinlich ebenso auf Phantasie beruhen, wie der gleichzeitige Angriff von sechs U⸗Booten.)

Wohlfahrtspflege.

Wie „W. T. B.“ aus Bialpstok meldet, hat der haber Ost, Seine Konigliche Hoheit der Generalfeldmarschall Prinz Seel-d von Baye’rn, auf Antrag und durch Vermittlung des Verwaltungschefs für Litauen, Fuͤrsten zu Isenburg⸗Birstein den Botreg von 300 000 ur Verfügung gessellt. Diese Summe soll durch das litauische Zentralkemitee in Wilna an die bedürftigen S Gemeinden und Kirchspiele Litauens verteilt werden.

erbefehls⸗

In Braunschweig fand gestern in Gegenwart Ibrer Köni⸗ lichen Hohben der Herzogin Vittoria Luise die Gründung des Braunschweiger Landezvereins für Säuglings, und Kleinkinderfürsorge statt. Mimster Boden legte, wie „W. T. DB.“ 32 tun die Zwecke des Vereins dar. Das eigentl’che Tätgkeits⸗ gebist des Landesvereins ist der Säuglingsschutz, die Säuglingsfürsorge, die Errichtung von Mütterberatung’ stellen, von Heimen und Krippen und die bessere Ausbildung der Frauen und Mädchen in der Saug⸗ lingspflꝛge. Als Hauptanstalt für das Land ist die Errichtung eines Säuglingsheims geplent. Für das Unternehmen haben der und die Perzogis von Braunschweig und der Herzog und die

erzogin von Cumberland und zu Braunschweig urd Lüneburg je 5000 gestiftet. Die Henzo⸗ liche Landesregterung hat vorerst einen Betrag von 20 000 celeistet. Die Stadt Braunschweig wird einen Jahresbeitrag von 3000 gebes. Zum Ankauf eines Grundstücks für das Szuglingsheim bat die breunschweigische Konservenindustrie den Betrag von 125 000 überwiesen. Weitere Förderung des Unternehmens erhofft man von dem am 13. d. M., dem Geburtstage der Herzogin, im Herzogtum stattfindenden allgemeinen Opfertage.

Der Nationalstiftung für die Hinterbliebenen der im Kriege Gekallenen ist von den A. Riebeckschen Montanwerken, Aktiengesellschaft, in Halle a. d. Saole eine abermalige Spende von 20 000 zugegangen.

Kunst und Wissenschaft.

Ein assyrischer Ausspruchin der Bibel. Bis vor ziem lich kurzer Zeit hat es als die richtige wissenschastliche Annahme gegolten, daß die Israeliten in Palätina von vornherein abgeschlossen und un⸗ berührt dahingelebt hätten. Man stieß zwar hierbei auf marcherlei Bedenken, die nicht nur mit der keineswegs verssecken Lage des Landes, sondein auch mit klaren biblischen Zeugnissen zusammen-⸗ hingen. Aber das Bestreben der Forscher ging dabin, fremde Ein⸗- flüsse bei der Erklärung des alten Testaments möglichst auszuschalten, wie es schon die Juden nach dem Exil zu tun versucht bätten. Seitdem aber feststeht, daß die Machtverhäͤltnisse und Kulturbedinqungen Vorderasiens von ganz anderen Mitze punkten ausstrahltenund sich nirgend Halt gebieten ließen, hat die Kritik wieder schärfer eingesetzt. Se trifft neuerdings besonders den Zustand der prophetischen Bücher, dte sich ja leb⸗ haft mit auswärtigen Ang⸗logenbeiten befassen. Es wird auch mehr und mehr erkannt, daß die Dunkelheit einer großen Zahl von Propheten⸗ reden, und namentlich die Abwegigkeit des Schlußalkords, auf den es ursprünglich doch ankam, durch vermeintlich verbessernde beiw. be- reichernde Hände erfolgt ist. Der Begriff des literarischen Eigentums ist eine neue Errungenschaft. Wer im Altertum eine Handschrift erwarb, konnte zwischen die Zeilen oder an den Rand hinzuschreiben, was ihm dienlich erschien. Mußte eine solche Handschrift, die endlich unleserlich zu werden drohte, neu abgeschrieben werden, so flossen die Zusätze in den alten Tert binein, während am frischen Rande bald neue auftauchten. Gerade die Bücher der Propheten sind mit solchen Glossen überladen, und es ist eine wschtige Erkenntns, die jetzt Prof. F. E. Peiser an der Königsberger Universität vertritt, daß sie geraume Zeit gleich⸗ sam zu Kollegtenheften geworden waren. Je jünger die Glossen sind, um so seltener und kürzer werden sie, ein Zeichen, daß die Samm⸗ lung der Bücher des Alten Bundes sich vorbereitete. Prof. Peiser hat nun nach anderen Textherstellungen in der „Orientalischen Literatur⸗ zeitung“ das neunte Kapitel des Propbeten Jesaja durchgearbettet und hier ein unerwaztetes Ergebnis erztelt. Unter Ausscheidung des Glossenbeiwerks und unter Beifügung weniger Ergänzungen erhalten wir eine poetische Werbeschrift für den Zerstörer Samariens, den König Sargon von Assyrien. Es ware in der Tat begreiflich, nenn der Sie zer seine Polttik dahin weitergelenkt hätte, daß er in den kieineren Nachbarstaaten des Reichen Israel, also auch in Judo, als Friede⸗ bringer und Befreier gefriert werden wollt. Das Lied bedient sich dazu eines Götter pruches, der neben den sonst hebrätschen Versen in gfsyrischer Sprache wiedergegeben war., Nach herstellung hondelt es sich um die auf der Schuller einer Statue, die den König Sargon unter astronomischer Begründung zum Weltheiland ausruft. Wie die Ausgrabungsergebnisse am Euphrat und Ttgris erwiesen haben, ist dieser sach⸗ gemäß. Aber die Worte wordden den späteren Lesern des Buches immer unverständlicher geworden sein, obgleich man den messianischen Sinn noch durchfühlte und deshald Davids Thron unterschob. Heute finden wir (esoia 9. 6) in Luthers Uedersetzung die Häufung „denn uns ist ein

ind geboren.. welches Herrschaft ist auf seiner Schulter; und er heißt Wunderbar, Rat, Kraft, Held, Ewigvater, Friedefürst“, wo⸗ mit also ein Freee Satz zertrümmert und durch eine Reibe anklingender hebrätscher Begriffswörter ersetzt worden wäre. Peisers Untersuchung eröffnet einen Ausblick auf reale Verhcheg im Lande der Bibel gegen Ende des achten Jahrhunderts v. Chz. und zugleich auf die bunten Schicksale ihrer schriftlichen Ueberlieferung.

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Land⸗ und Forstwirtschaft.

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Die im Laufe der letzten Jahrhunderte durchgeführten Veränds⸗ rungen der Bodenwirtschaft, die eeh Forhwirtschaft und in intenfiver betriebene Landwirtschaft, haben die Bievenzucht dia Deutschland schwer geschädigt, denn sie brachten eine fortschreitens e Verarmung der Bienenweide mit sich, der durch die Urbarmachurng der Heide⸗, Moor⸗ und Oedländer, von denen Deutschland immer noch 5 Millionen Fetth⸗ besitzt, weitere Einschränkungen drohen. Und doch ist die Bienenzucht von so großer Bedeutung für unsere gesamte Landwirtschaft, daß ihrem Verfall mit allen erreichbaren Mitteln enigegengearbeitet werden sonte. Unberechenbar groß ist, wie bc or Dr. Zander ia eener Flugschrift der „Deutschen Gesellschaft für angewandte Eutomologis“ ausführt, der unmittelbare Nutzm der Biene als Be⸗ sräuber unserer Blüten; er ist viel größer, als man früher auch nur geahnt hat. Die Frankfurter Wochenschrist „Umschau“ (Heraus⸗ geber Professor Dr. Bechhold) gibt aus der Flugschrift folgende An⸗ gaben wieder: „Von unseren heimischen Blüten sind 19 % Wind⸗ blütler, fast der ganze Rest bestebt aus Insektenbütlern. Welche Rolle bei deren Bestzubung der Honigbiene zufällt, dafür einige Be⸗ spieie. Nach Beobachtungen sind von den Plütenbesuchenden Insekten 21 % Hummeln und einzeln lebende Hautflügler, 6 % andere In⸗ sekten, aber 73 % Honigbienen. An den Blüten eines Obstbaumes zählte man 6 ½ % Fliegen, Wespen, Ameisen, Käfer und andere In⸗ sekten, 5 ½4 % wilde Bieuen und Hummeln, aber 88 % Honig⸗ bienen. Dam kommt, daß die Honigbienen unübertreffliche Be⸗ stäuber sind. Vermöge ihres mitte 8 Rüssels baben sie unter den Blüten einen weiten Spielraum. Pie Biene ist, weil sie in volkreichen Kolonten überwintert und nicht einzeln, wie Hummel, Wespe u. a., gleich im Frühjahr, besonders zur Baumblüte im Mai, Junt in ungezählten Scharen vorhanden; auf jeden Obsibazum kommen nach Berechnungen etwa 5000 Tiere. Sie ist stetig in ihrem Besuche, d. h. sie bat die Eigentümlichkeit, sich bei ihrem Besuche möglschst lance bei einer Art aufzuhalten, eine für das Zu⸗ standekommen einer erfolgreichen Bestäubung äußerst wichtige Tat⸗ sache. Selbstbestäubung liefert häufig keine Früchte.

Ueber die Bedeuntung der Fremdbestäubung geben folgende Beobachtungen Aufschluß: Von 65 Aevpfelsorten waten nur 19, von 30 Birnensorten nur 4, von 41 Pflaumen⸗ sorten nur 21 und von 21 Kirschsorten nur 5 üben⸗⸗ haupt der Selbstbestäubung zugänglich. Von 3081 mit dgenen Pollen bestäubten Birnenblüten entstanden nur 5 winzige Früchte, während man bei Fremdbestäubung auf 3 Blüten eine Frucht er⸗ watten kann. Die aus Fremdbestäybung hervorgegangenen Aepfel

sind den anderen an Größe und Avssehen weit überlegen. In

Pfirsichtreibhäunsern, wo man frühber die Bestänbung mühsam auf künstlichem Mege herbeiführte, stellt man heute 1—2 Tage ein Btenenvolk hinein. Die Folge ist oft ein übermäßig starker Frucht⸗ In den Vanilleplantagen Ceylons ist die Bestöubung der Preis der Schote erheblich billiger geworden, seitdem

ansatz.

sicherer,

Peisers Wieder⸗ „mm.