Bulgarischer Bericht.
Sofia, 27. September. (W. T. B.)
bericht vom 27. September. 1 Mazedonische Front. Die Artillerietätigkeit
Generalstabs⸗
war ein
wenig lebhafter auf der Tschervena Stena, auf beiden Ufern der östlichen Cerna und westlich des Doiransees. Eine feindliche Kompagnie, die östlich Dova Tepe vorrückte,
wurde durch Im Strumatale Patrouillentätigkeit.
Feuer empfangen, zuruͤückgeworfen und zerstreut.
Rumänische Front. Eine unserer 1 Sa beschoß
mit Erfolg feindtiche Vorbereitungen im Dorf K
.
Konstantinopel, 26. September (W. T. B.) Amtlicher
Tagesbericht.
Kaukasus 5. ont: Ueberfallversuche kleinerer feindlicher
Abteilungen scheiterten. Im übrigen nur
atrouillenkämpfe.
„Sinaifront: Eine unserer Patrouillen drang dis zum feindlichen Graben vor und erbeutete Material und Schanzzeug. Euphratfront: Eine feindliche Kavallerieschwadron, die sich unseren Abteilungen näherte, zog sich in unserem Feuer
unter Verlusten zmück.
An den übrigen Fronten keine besonderen Ereignisse.
Konstantinopel, 27. September. licher Tagesbericht vom 27. September.
(W. T. B.) Amt⸗
Euphratfront: Im Rücken des Gegners griffen unsere
Truppen eine 400 mit Nahrungsmitteln beladene Tiere.
feindliche Proviantkolonne an und erbeuteten
Tigrisfront: Am Morgen des 24. September zwang
Offizierstelloertreter Reyner
m Luftkampf zwei feindliche
Flugzeuge, die unsere Stellung überflogen, zum Niedergehen. Die Besatzung der beiden Flugzeuge fiel unverwundet in
unsere Hand.
Kaukasusfront: Angriffe kleiner feindlicher Abteilungen
wurden zurückgeschlagen. Eins unserer seindlichen Füiegerlager wirkungsvoll mit Bomben.
Sina
ront: Beiderseitge heftige Feuertätigkeit.
lugzeuge belegte die
Eine
Kompagnie feindlicher Aufklärer geriet in unser gut liegendes Artilleriefeuer und erlitt blutige Verluste. Im übrigen keine
besonderen Ereignisse.
Der Krieg zur See.
erlin, 27. September. (W. T. B.) Im Aermelkanal und in der Nordsee durch unsere U⸗Boote
wurden
wiederum 4 Dampfer,
2 Segler, 1 Fischerfahrzeug versenkt, darunter drei englische Dampfer, von denen zwei aus Geleitzügen heraus⸗ geschossen wurden, ferner der englische Segler „Hinemoa“ (2283 t) und das Fischerfahrzeng „Familys Braide“. Der andere versenkte Segler, eine große Bark von über
2000 t, hatten Stückgut nach Le Havte geladen.
Der Chef des Admiralstabes der Marine.
8
ren.
Kriegsschiffsverluste unserer Feinde in den ersten
drei Kriegsja Englische Gefamtverluste
. rund 661 300 t
und zwar: Linienschiffe 13 mit zusammen rund 215 200 t
Panzerkreuzer 17 mit zusammen . rund Geschützte Kreuzer und U⸗Bootbubwehr⸗ kreuzer 26 mit zusammwen. Kanonenboote, größere, 6 mit zusammen Torpedofahrzeuge 74 mit zusammen. U⸗Boote 29 mit zusammen.. außerdem mehrere kleine Kanonenboote und 1 33 Hilfskreuzer. Franzöosische Gesamtverluste und zwar: Linienschiffe 4 mit zusammen Panzerkreuzer 3 mit zusammen U⸗Bootsabwehrkreuzer 1 mit. 8 Kanonenboote 2 mit “ 1 Torpedofahrzeuge 25 mit zusammen .. . rund ü Boote 12 mit zusammen rund außerdem 12 Hilfskreuzer.
Rufsische Gesamtverluste rrund
und zwar Linienschiffe 2 mit zusammen... 8 erkreuzer 1 mit zusammen rschüb⸗ Kreuzer 1 mit.. Kanonenboote 4 mit Torpedofahrzeuge 13 mit zusammen rund Mnterseeboote 6 mit zusammen rund Streu⸗Minenschiffe 2 mit zufammen..
Italienische Gesamtverluste.. uund zwar: Linienschiffe 3 mit zusammen Panzerkreuzer 2 mit zusammen.. vorpedofahrzeuge 11 mit zusammen. U⸗Boote 9 mit zusammen 1 außerdem 3 Hilfskreuzer. Japanische Gesamtverluste.. und zwar: Panzerkreuzer 1 mit.. 4 geschützte Kreuzer 2 mit Füeenhe vZ Torpedofahrzeuge 3 mit zusammen.. rund Unterseeboote 1 mit Vereinigte Staaten von Amerika. geschützte Kreuzer „Olympia’“ mit... und Unterseccboot „A 7“ mit. rund Portugal. 1 Flußkaronenkoot und 1 Minensuchfahrzeug.
Rumänien. 8 1 Kanonenboot und 1 Torpedoboot.
.rund rund
. . . rund
253 600 t „rund 107 800 t.
3 400 t. 60 000 t 21 300 t.
101 000 t 54 400 t, 25 100 t. 1 800 t 1 300 t 12 000 t. 6 400 t
71 810 t. 35 300 b. 8 000 t 3 180 t 4 380 t 9 700 t 8 000 t. 8 250 t;,
76 450 t 49 300 t.
17 750 t. 5 900 t 5 500 t.
23 825 tb 14 000 b 8 600 t. 1 100 t
125 t
6 600 t 125 t.
Handel und Gewerbe.
In der heutigen Sitzung des Zentralausschusses der Reichsbank besprach der Reen. Vizepräsident des Reichs⸗
bankdirektoriums Dr. v. Glasenapp, d
e neueste Wochenübersicht
und führte aus, daß die Lage der.Reichsbank nach wie vor
befriedigend sei.
(Weitere Nachrichten über „Handel u. Gewerbe“ s. i. d. Ersten Beilage.)
Wohlfahrtspflege.
Zum 50jahrigen Jubiläum der Anstalt Bethel. Die vor gn Loren Beeiefelds gelegenen Anstalten sind beute überoll ’3 Deutschland und weit darüber hinars bekannf. Wohl nirgendz in der Welt gibt es elne Zufluchtsstätte von Kranten und Heimallosen, die so groß vnd mannisfaltig ist. Darum werden in diesen Farre. in denen Beihen sein 50 jähriges Jubiläum feiert, viele danköar rück⸗ wärts blicken auf jene ersten Anfänge der Arbeit 8 auf die einzigartige Entwicklung dieses Werkes der chri 18 Barmherzigkeit. Auf dem Steinkampschen Hof im Kanfessiege e unterhald des Sparenberges zur Aufnahme von zunächst 12 Krar ken begründet, wurde die Anstalt am 6. November 1867 feierlich em⸗ geweiht. Sehr bald zcigte sich, daß die Aufgabe größer war, als man gegsaubt hotte. An eine Heilanstalt und Bildungestätte füc epileptische Kinder hbatte man zerst gedacht. Statt dessen baten Eranke jeden Alters, Geschlechtes und Krankheitsgrades um Aufnabme, viele darunter sehr pflegebedürftig und kaum mehr arbeitsfähig, nicht wenige andere, die hofften, richt nur eine peue Heimat, sondern auch befriedigende Arbeit m finden. So reichte bald der Platz im ersten Hause nicht mehr aus, und es wurde ein großer Neubau begonnen. Bald darauf tiat als An⸗ staltegeistlicher in die Arbeit an den Epil⸗piischen der Mann ein, der d'm jungen Werk erst das eigenartice Gepräge und die ungeahnte Entwicklung geben sollte: Als Pastor von Bodelschwingh nach Bielefeld kam, befanden sich 25 Kranke in der Anstalt. Etwa doppelt so viel waren es, als 1 ½ Jabr späater der Neu⸗ bau bezogen wurde. Not urd Liche wängten schnell vorwärts. Die Zahl der aleichzeitig verpflegten Epiler⸗ tischen erreichte im Jahre 1875 daz erste Hundert⸗ 15 Jahre später war sie schon auf 1000 und bei Beginn des Wellkrieges batte die Zahl 2200 öberschrüten. Im ganten sind bis heute 10 829 Epileptische aufgenommen worder. Zu ih er Beschäfti⸗ gung wurden im Laufe der Zeit tahlreiche Handwerksstätten und Be⸗ triebe eingerichtet. Immer mehr wuchs die Anstal: zu einem felk⸗ ständigen Gemeinwesen mit eigener Wirtschaft, indem üͤberall zwischen den gesunden Pflegern und Helfern Kranke ihre Arbeit fanden. Selt 1882 kam zu der Pflege der Fallsüchtigen der Dieast an denen, die Pastor von Bodelschwingh „seine Brüder von der Landstraße zu nennen pfleate. In den Arbeiterkolonien Wilhelmsdorf in der Senne und Freistalt im hannoverschen Wietinae⸗Moor faaden Tausend⸗ von Schiffbrüchigen und Heimatlosen eine Zuflucht. Aus dieser Arbe t wuchsen Trinkerheilstätten und Erziehungsanstalten mann gracher Art hervor. Der Grundbesitz der Anstalt vmfaft heute 10 000 Morgen. In etwa 600 Häutern — darunter die für die Beamten⸗ und Arbester⸗ familien — wohnen ins esamt etwa 8000 Menschen. Das Geheimnis dieser schneleen Ausddehnung liegt nicht nor in der schöpferischen
erfönlichkeit dessen, den man, obwehl er erst 5 Jahre nach Beusan der Arbeit in sie eingetreten ist, mit Recht den Vater von Bethel nannte. Et verstand vor allem, die rechien Menschen für die Mitarbeit zu gewinnen. Sie sammelten sich kesonders im Dia⸗ konissenhause Sarepta und in der Diakonpenanstalt Nazareth. Beires sind selbständige Anstalten mit eigener Verwaltung, aber durch mancherlei Bande der leiten dea Personen und des gemeinsamen Dienstes aufs engste mit Bethel verbunden. Aehnlich ist dies kei den jüngeren Gliedern dieser großen Arbeitsgemeinschaft, der Ostafrika⸗ Mision und der Theologischen Schule. Daß der alte Geist fröh⸗ licher und tackräftiger Hilssbereitschaft auch bBeute noch lebendig ist, hat der Kriegsdienst von Bethel gezeigt. In seinen Lazaretten haben in diesen drei Jahren, während die alte Mbeit an den Kranken fast unve ändert weitergeführt werden konnte, schon mehr als 14 000 Verwundete Aufnahme gefunden. —
Kuunst und Wissenschaft
Die Galerie Eduard Schulte eröffnete ihre Oktoler⸗ Ausstenung mit Werken von Hans Thomg⸗Karlgruhe, Heinr. von Züg⸗l⸗ München, Hars Borchardt⸗München, Robert Currr⸗München, Josse Goossens⸗München, Cerl Heßmert⸗Berlin, Ernst Liebermann⸗ München, Albert Spethmann⸗München, Paul Thiem Starnbere, Franz Triebsck⸗Berlin und Julie Wolzthorn⸗Berlin. 5
—
Mit der Frag in welcher Tiefe das Erdinnere plastisch sei, beschäftigt sich V. Franz im letzten (13./14) Heft der Halb⸗ monatsschrift „Das Wel’all (Lerausgeber D*. Archenbold, Direktor der Treptor⸗Sternwarte). Erst in großer Tiefe wird das Gestein infelge des auf ihm lastenden Drockes derartig bildsam, daß sich rie Erdschichten in mächtige Falten legen können. Auch in diesen 5 Ticfen ist die Ererinde natörlich noch nicht plostisch für die mersch⸗ liche Hand, sie verhält sich abzer plastisch gegenüber dem außerordentlich starken Drrck, wie man auch Elfenbein oder hartes Eisen durch die Druckwirkung noch hätteren Starls formen kann. Ueber die Stärke des Druckes und über die Tiefe, die zu geologischen Umgestelturgen der Gesteinsmassen erforderlich sind, geben Untersuchungen Aufschluß, die von F. D. Adams mit Solnhofener lithegraphischem Schiefer urd mit Grantt angestellt hat. Es zeigie sich, daß der Kaltstein einem 2 ⅛ Monate wäbrenden Druck von 6750 kg, der Erantt sogar einem solchen von 14 000 kg widerstand, ohne auch nur die geringsten Form⸗ verönderungen ecrkennen zu lassen. Da solche Drucke erst in 24 bezw. 50 km Tiefe vorkommen, in der auch die höheren Wärmegrade des Gesteins eine wesentliche Rolle spielen, moßte auch die Temperatur hei den Untersuchungen berücksichtigt werden. Es zeiate sich, daß der Kalkstein unter elnem Druck von 4500 kg bei 450° uoveräadert blieb, bei einem Druck von 6750 ung bei gleichee Temperatur nach 70 Sekunden aber schon etwas umgeformt wurde. Grenit blieb dogegen bet 550° Hitze noch unveränder’. Die obigen Bedingun jen waren für Kalkstein in einer Tiefe von 16 km gegeben. Nun schätzt man zwar die Dicke Ter gesamten Erdschichten auf 30 km. Die Schichten, zu denen der Sonthofer Schiefer gebört, haben aber in der späteren Zait böchstens 6 km Eede über sich gebabt. Ferner hat das Gestein seiae heutige Hälte erst allmählich erlangt, und es ist dem hohen Druck durch Millionen Jabre auszesetzt gewesen. Wenn man dies bedenkt, so erscheint das Ergebnis der Versuche doch ungefähr den Vorstellunren der Geologen zu entsprechen und sie zu rechtfertigen.
Literatur.
Oesterreich⸗Ungarns Volkswirtschaft im Weltkriege. Vog Dr. Moritz Hub, Wien. (Fnant⸗ und volkewirtschaftliche Zelt fragen, berausgegeben von Reichsrat, Professor Dr. Georg von Schanz in Würzburg und Gehbeimem Regierungsrat, P ofessor Dr. Jalius Wolf in Berlin, 36. Heft.) 80 Seiten. Verjad von Ferdirand Enle, Stuttgart. Preis 3 ℳ. — Von der Eatwicklung der wirtschaftlichen Verhä tnisse der Donaumonarchie hat man in Deutschland während des Krieges mehr Kenntnis als ehedem genommen. Die Ausgestaltung der Kriegswirtschaft erfolgte in beiden Reichen auf gleicher Grund⸗ lage; für die Kriegführung, für die Sicherung der Volksernährung, für die Aufrechterhaltung der wirtschaftlichen Arbeit im Lande galten vom ersten Tage des Krieges an die gleichen Feele und dieselben Wege. Allerdings macht sich die Verschiedenbeit der wirtschaftlichen Arbeitsbedingungen geliend, da in Oesterresch⸗Ungarn die natürlichen Ses en der Ernährung, in Deutschland die Grundlagen der industriellen Arbeit güastiger liegen; aber eine gegenseitige Ergänzung und Hilfeleistung fördert die Erreichung des gemeinsamen Zieles. In der vorliegenden Schrift wird vom Standpunkt des Oesterreschers, der in dem befreundeten Deutschland Interesse und Verständnis⸗für die eigenartigen Verhältnisse dee Volkswirtschaft Oesterreich⸗Ungarns im Kriege erwecken will, ein Ueberblick über dieselben gegeben. Der Verfasser, volkswirtschaftlicher Schriftleiter der „Neuen freien Presse“, beginnt mit einer die Ergebnisse der amtlichen Statistik verwertenden VeörBenu. der wirtschaftlichen Grundlagen beim Kriegsauebrucke, erörtert sohann die Umstellung zur Kriegswirtschaßt und den gegen⸗ märligfn Zustand und behandeit im letzlen Teile der Schri
Problune der Friedenswirtschaft“. Einen brelten R
Versand von Druckschritten nach 1 auf weiteres versuchsweise derart achlt. daß die bisher geltenden
Ausfü müber die Gelebeschaffang für den Kri⸗g, über Geld⸗ u“ Wechrelkure,⸗ die v der Valuta ein. Das Gesamturteil, zu dem der Verfasser auf Grund seiner ziffernmäßtgen Kentellungen in von jedee Beschöntgung freiet Parstellung der wirt⸗ schefilichen und fiaanziellen Verhältnisse gelangt, ist bei aller Be⸗ tonung der großen Schwierigketten ein zuversichtliches, weil Oefterreich⸗ Ungarn noch reiche, unerschle ssene natürliche Hilfequellen besitze und die biaberige Entwicklung wähtend der letzten zwei Menschenalter die berechtigte H ffnung auf ein weiteres Gedeihen in einem gesicherten kieden gestatte. 4 1“
Selead eahir, gabien mit besonderer Rücksicht auf Oesterreich⸗Ungarr. Von Dr. Ernst Makai, Direktor⸗ Stellvertreter dee Ungacischen Bank⸗ vnd Handels. Akttengesellschaft in Budapest. (Finauz⸗ und Volkswirtschaftliche Zeitfragen, 37. Heft.) 77 Seiten. Verlag von Ferdtnand Enke, Stuttgart. Preis 3 ℳ. In diesem Heft ist eine Reihe von Aufsoͤtzen vereinigt, die die wirtschaf sichen, finanziellen und theoretischen Grundlagen des österreichisch⸗unga⸗ rischen Waͤhrungswesens dem reichsdeutschen Leser näher bringen wollen. Es sind behandeit das Goldproblem“, die Wertbeständigkeit der Valuta und die Wertschwankong des Geldet im Inland und im ausländischen Zah⸗ lungsverkehr, die Valutapolitik der ssterreichisch⸗ungarischen Monorchie (Devisenpolitik der Notenbank, Effektenbewegung und Zahlungsbilanz der Monarchie, Goldbewegung und Distontpolttik), unter der Ueber⸗ schrift „Das internationale Währungsproblem“ die tbeoretischen Grundlagen einer Währungsunion, die wirtschaftlichen und finanziellen Bezlehungen und die Frage einer währungepolitischen Annäherung zwischen Deutschland und seinen Verbündeten; in einem letzten Fapite über „Zablungsbilanz und Finanzpolitlk“ werden die finanziellen Hiadernisse der internationalen Kaptralsanlagen und die ⸗politischen Motivoe der ausländischen Kapitalsanlagen“ erörtert. Der Verfasser, ein überzeugter Metallist, ist bestrebt, die von den Anhängern der Chartalthreorie hinsichtlich der Valutapolik der Donaumonarchie ver⸗
. etzten Ansichten zu widerlegen. icNö veniaeshe ir an der Effekten⸗
börse. Von Alfred Lansburgh, Berlin. (Finanz⸗ und volks⸗ wirtschaftliche Zeitfragen, 38 Heft.) 48 Seiten. Verlag von Ferdi⸗ nand Enke, Stuttgart. Preis 1,80 ℳ. — Der Verfasser dieser Schrift beleuchtet das Wesen und die wirtschaftliche Aurgabe der Wertpapierbörse. Er sucht nachzuwetsen, daß das zeffektenkapitalistische Prinzip“, das sich in der Börse verkörperr, in einem natürlichen und nicht zu beseitigenden Gegensatz zum „Schutzprinzip“ stehe, zu dem sich die Regierungen aller Staaten mehr oder weniger bekennen, weil sie verhindern wollen, doß der spekulative Instinkt“ breiter Volks⸗ kreise gewissenlos aus gebeutet werde; und ec ist der Ansicht, daß in dem Schutzbesteben meist danebengegriffen werde, indem bestimmle Formea des Börsengeschästs und der Preisbildung privilegiert und andere erschwert würden (Kassa⸗ und Termingeschätt, starrer und beweglicher Kurs), weil dadurch gar nicht der wirkliche Störenfried der Börse getroffen werde, der im Kredit zu erblicken fei. Die marktbildenden Eigenschaften des Termingeschäfts, die unter dem Gesichtspunkt der Preisbildung wertvoll seien, würden durch das Eindringen des Kredits genau so unvirksam gemacht, wie die anders gearteten Vorteile, die dos Kassageschäft besitzt, durch den Kredit aufgehoben würden. Deshalb befurwortet der erfasser eine planmaͤßige Bekaͤmpfung des Kreditübermaßes im Wertvapierverkehr, wie sie kurz vor dem Kriege bereits von dem Reichsbank⸗Präsidenten, wenn auch aus anderen Gründer, eingeleitet worden ist, fordert fern er die Beseitigung des Einflusses der Beteiligten bei der Preisbildung, tritt aber im übrigen dafür ein, daß in der Börsenpolitik das „Schutzprinnp“ durch das „Abhärtungsprinzip“ ersetzt, d. b. daß das Volk daran gewöhnt werde, Selbstschutz zu üben, statt sich auf den Schutz des Staates zu verlassen, der es doch nicht völlig und nur auf Kosten der Zuverlässigkeit der Preisbildung vor Verlusten und Aue⸗ beutung schützen könn e.
Berkehrswesen. —
li ö der militärischen Behorden sst der ““ “ bis
Bestimmungen über die Druckschriftenausfuhr auf Sendungen nach Oesterreich⸗Üngarn keine Anwendung mehr sinden. Bücher und Druck⸗ schriften, die im Inlande frei vert jeben werden können, bedürfen also bei der Versendung nach Oesterreich⸗Ungarn nicht mehr einer be⸗ sonderen Ausfuhrerlaubnis und sind von der Abstempelungspflicht befeit Diese Regelung ist jedoch nur als eine widerrufliche zu betrachten.
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)
Theater.
Königliche Schauspiele. Sonnab.: Opernhaus. 204. Dauer⸗ bezugsvorstellung. Dienst⸗ und Freiplätze sind aufgehohen. Figaros Hochzeit. Komische Oper in vier Akten von Wolfgang Amadeus Mozart. Text rach Beaumarchals, von Lorenzo Daponte. Deutsche Uedersetzung durchgeseben von H. Levi. Musikalische Leitung: Har Kaxellmeister Dr. Stiedry. Spielleitung: Herr achmann. Anfang 7 Uhr.
S hauspielhaus. 206. Dauerbezugsvorstellung. Loaik des Herzegs Lustspiel in drei Aufzügen von Franz Bltei. Spiel⸗ leitung: Herr Oberspielleiter Patry. Anfang 7 ½ Uhr.
Senatag: Opernhaus. 205. Dauerb-zugsvorstellung. Dienst⸗ und Freiplätze sind aufgehoben. Zum 200. Male: Aida. Oper in 4 Akten (7 Bildern) von G. Verdi. Text von Antonio Ghislanzoni, 8 deutsche Bühne bearbeitet von Julius Schanz. Anfang 7 Uhr.
Schauspielhaus. 207. Dauerbezugsvorstellung. Dienst⸗ und Freipläße sind aufgehoben. vpris. Foeg. Alt⸗Berliner Pofse mit Gesang unod Tanz in drei Aufzügen (5. Blldern) von H. Wilken und O. Justinus. Musik von Gustav Michaelis. — Vorher: Zuc Weroung für die 7. Kriegsanleihe: Zum ersten Male: Stahl und Gold. Anfang 7 Uuhr.
Familiennachrichten.
Geboren: Ein Sohn: Hrv. Landrat von Götz (Waldenburg i. Schies) — Eine Tochter: Hrn. Professor Dr. men. Loꝛhar Dreyer (Breslau). — Hrn. Oberlehrer Dr. Böhm (Brieg). Gestorben: Hr. Pastor a. D. Carl Pohl (Breslau). — Verw. Fr. Geheime Medizinalrat Pauline Cimbal, geb. Mix (Neiße). — 5. keesäßerc Reichsgräfin von Moltke, geb. Malens (Berlin⸗
ersde rf). 1
82
n
Verantwortlicher Schriftleiter: Direktor Dr. Tyrol, Charlottenburg. Verantwortlich für den Anzeigenteil: Der Vorsteher der Geschäftsstelle, Rechnungsrat Mengering in Berlin. — Verlag der Geschäftsstelle Mengering) in Berlin. Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagsanstalt, Berlin, Wilhelmstraße 32. 5
Fünf Beilagen 8 (einschließlich Warenzeichenbeilage Nr. 72)2) sowie die 1647. und 1648. Ansgabꝛ der Peutschen FPeryrlnstlisten. ““
8
Parlamentsbericht. 118. Sitzung vom 26. September 1917. Nachtrag. Die Rede des Staatssekretärs des Reichsschatzamts Grafen von Roedern, die gestern wegen verspäteten Ein⸗ gangs des Stenogramms nicht veröffentlicht werden konnte, lautet:
Meine Herren! Der Nachtragsetat, den die verbündeten Regie⸗ rungen dem hohen Hause vorgelegt haben, und den ich die Ehre habe, mit einigen Worten hier einzuführen, betrifft die Veränderungen bei vier Zentralbehörden des Reichs. Zunächst beim Etat des Reichs⸗ kanzlers. 1
Dort ist, wie Sie der Vorlage entnehmen wollen, die Stelle eines allgemeinen Stellvertreters des Reichskanzlers vorgesehen, los⸗ gelöst von den übrigen Resforts, losgelöst insbesondere vom Reichs⸗ amt des Innern, mit dem gewohnheitsmäßig die Stellung bisher ver⸗ knüpft war. Meine Herren, die Stellvertretung des Reichskanzlers beruht auf dem Gesetz von 1878, insbesondere dem § 2. Durch den Krieg, durch Vorbereitungen für die Uebergangswirtschaft, durch Ver⸗ handlungen mit Heer und Marine ist die Tätigkeit des Herrn Reichs⸗ kanzlers außerordentlich stärker in Anspruch genommen, als es im Frieden der Fall war. Vor allen Dingen ergeben sich für den Herrn Reichskanzler in sehr vielen Fällen Aufgaben der Zusammenfassung der Arbeit der einzelnen Ressorts. Derartige Fragen werden in nächster geit in größerer Zahl auftauchen, sie werden auch in absehbarer Zeit nicht von der Tagesordnung verschwinden. Ich erinnere an die be⸗ setzten Gebiete, bei deren Verwaltung Militärverwaltung einerseits, Auswärtiges Amt andererseits und Reichsschatzamt beteiligt sind. Ich erinnere an die künftige Regelung unserer Handelsbeziehungen, an der beteiligt sein werden das bisherige Reichsamt des Innern, das Aus⸗ wärtige Amt und nicht zum wenigsten das Reichsschatzamt. Ich er⸗ innere schließlich an die Valutafrage, bei der im wesentlichen auch die eben von mir genannten Ressorts beteiligt sind. Wie ich schon sagte, ergibt sich auf allen derartigen Gebieten sehr häufig die Notwendigkeit gemeinsamer Verhandlungen der Ressortchefs, und nach unserer Ver⸗ fassung wäre es das Gegebene, daß jedesmal bei derartigen Verhand⸗ lungen, sobald sich Differenzen ergeben — und solche können natürlich jeden Moment eintreten —, der Reichskanzler den gemeinsamen Vor⸗ trag der verschiedenen Ressorts entgegennimmt. Da das nun in ab⸗ sehbarer Zeit nicht immer möglich ist — ich weise auf die Fälle der Abwesenheit im Hauptquartier und auf die starke Inanspruchnahme in auswärtigen Angelegenheiten hin —, glaubten die verbündeten Regierungen Ihnen die Stellung eines von den übrigen Ressorts los⸗ gelösten Stellpertreters des Reichskanzlers vorschlagen zu sollen.
Dabei ist jedoch nicht beabsichtigt, an der bisherigen rechtlichen Grundlage des Stellvertreters etwas zu ändern. Insbesondere soll kein Vorgesetztenverhältnis flür den allgemeinen Stellvertreter des Reichskanzlers zu den übrigen Chefs der Reichsämter eingeführt werden. Auch die von den Reichsämtern dem Reichskanzler vorzu⸗ legenden Sachen sollen nicht bei dem allgemeinen Stellvertreter durch⸗ laufen, der Verkehr soll vielmehv wie bisher unmittelbar zwischen Reichsämtern und Reichskanzler stattfinden. Meine Herren, ich er⸗ wähnte schon, daß die Rechtsllage der Stellvertretung auf dem § 3 des Gesetzes von 1878 beruht. Ich bitte um die Erlaubnis, den In⸗ halt mitteilen zu dürfen; er ist für die Beurteilung der ganzen Rechtslage nicht ohne Bedeutung. Es heißt dort: —
Es kann ein Stellvertreter allgemein für den gesamten Um⸗ fang der Geschäfte und Obliegenheiten des Reichskanzlers ernannt werden. Auch können für diejenigen einzelnen Amtszweige, welche sich in der eigenen und unmittelbaren Verwaltung des Reiches be⸗ findem, die Vorstände der dem Reichskanzler untergeordneten obersten Reichsbehörden mit der Stellvertretung derselben im ganzen Umfange oder in einzelnen Teilen ihres Geschäftskreises beauftragt werden.
Auf Grund dieser Bestimmungen ist bisher sämtlichen Staats⸗ sekrotären der Reichsämter die Stellvertretung des Reichskanzlers für den Umfang ihres Geschäftskreises übertragen worden; für die jewei⸗ ligen allgemeinen Stellvertreter ist regelmäßig eine besondere Order ergangen, die zurzeit bei dem jetzigen Inhaber des Amtes, wie auch in früheren Fällen, den Zusatz enthält, daß die Stellvertretung allge⸗ meiner Natur nur insoweit eingreift, als nicht in einzelnen Amts⸗ sweigen Vorstände der Reichsämter mit der Stellvertretung beauf⸗ kragt sind. Ich wiederhole, daß an diesem Zustand nichts geändert werden soll, daß insbesondere auch eine Entscheidungsbefugnis dem allgemeinen Stellvertreter gegenüber den anderen Ressorts nicht eingeräumt werden soll, daß es sich vielmehr darum handelt, eine persönliche Entlastung des Herrn Reichskanglers herbei⸗ fuführen einerseits in den vorbereitenden Stadien der Verhand⸗ lungen, andererseits aber auch auf einer ganzen Reihe von Spezial⸗ e wo sich in allernächster Zeit Aufgaben in Fülle ergeben
erden. 1 8 “
Meine Herven, ich darf dann zu dem zweiten Vorschlaag, der deilung des Reichsamts des Innern, übergehen. Sie wissen, es handelt sich um eine Erörterung, die schon Jahrzehnte hindurch durch dieses hohe Heus gegangen ist. Die bisherige Diskussion der Frage emer Teilung des Reichsamts des Innern bewegte sich in doppelter Richbung. Einerseits wurde der Vorschlag gemacht, von dem Reichs⸗ amt des Innern die soziale Gesetzgebung und Sozialpolitik abzu⸗ trennen und einem besonderen Amt lediglich für Sozialpolitik zu überweisen. Der andere Gedankengang ging dahim, aus dem Reichs⸗ amt des Innern die Nndelsabteilung herauszunehmen, aus dem Auswärtigen Amb die handelspolitische Abteilung und aus dem Reichsschatzamt die Abteilung, in der die Zohgesetzgebung be⸗ handelt wird, und diese Abteilungen in einem solchen neuen Amte zn vereinigen. 8 —
Meine Herren, mit wenigen Worten möchte ich zuächst auf diesen letten Vorschlag eingehen. Es ist noch in diesem Frühjahr von dem dertn Stellvertreter des Reichskanzlers darauf hingewiesen worden, daß eine solche Zusammenfassung der auswärtigen Handelsbeziehungen
“
esind und nun durchgeführt sein denen wirtschaftlichen Unternehmungen, an denen das Reich sich wäh⸗
“ 1“
Erste Beilage eiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.
Berlin, Freitag, den 28. September
in sinem eigenen Reichshandelsamt bei der Konstruktion der übrigen Aemter undurchführbar sein werde. Es ist darauf hingewiesen worden, daß dann die gesamte Handelsvertretung auch vom Auswärtigen Amt auf dieses neue Amt übergehen werde, und daß die Verbindung des Kon⸗ sulatswes ens mit den Botschaften, mit den Gesandtschaften so eng ist, daß eine solche Trennung von der vorgesetzten Instanz zu unerträg⸗ lichen Zuständen führen müßte. Ich glaube, daß dieser Gedanken⸗ gang auch vom hohen Hause als richtig anerkannt worden ist, und ich möchte dieselbe Unmöglichkeit auch für eine Abtrennung der Zoll⸗ gesetzgebung vom Reichsschatzamt aussprechen. Meine Herren, die Regelung der Zollbeziehungen mit dem Auslande — die Zollgesetz⸗ gebung — lassen sich meines Erachtens nicht von der Zollverwaltung trennen; sie lassen sich aber auf der anderen Seite auch nicht von dem gesamten Gebiete der indirekten Steuern trennen. Ein großer Teil der Aufgaben, die jetzt das Reichsschatzamt auf diesem Gebiete hat, müßte ihm erhalten bleiben; es müßte zum mindesten im Korreferat hierbei mitwirken. Wir würden doppelte Arbeit schaffen, und ich kann das nicht für praktisch halten.
Der andere Vorschlag der Teilung in ein sozialpolitsches Amt und ein sonstiges Reichsamt des Innern einschließlich der Wirt⸗ schaftsangelegenheiten ist auch in diesem Frühjahr hier eingehend er⸗ örtert worden. Ich glaube mich zu erinnern, daß auch damals dieser Vorschlag nicht die Zustimmung der Mehrheit des hohen Hauses gefunden hat, weil sich große Teile des Hauses auf den Standpunkt stellten, daß Wirtschaftspolitk und Sozialpolitik untrennbar ver⸗ bunden wären. Ich erinnere da an die Ueberschneidungen, die an vielen Stellen beim Wirtschaftsrecht und bei⸗ dem Arbeiterrecht für das Gebiet der Sozialpolitik vorkommen. Ich glaube, daß es gerade im eigenen Interesse der Arbeiter liegt, wenn die Sozialpolitik in einem Amt mit der Wirtschaftspolitk des Deutschen Reiches vereinigt bleibt.
Der hier vorliegende Vorschlag sieht eine andere Lösung der Frage vor. Er trennt vom Reichsamt des Innern Wirtschaftspolitik und Sozialpolitik ab und vereinigt sie in ein neues Amt. Dem ver⸗ kleinerten Reichsamt des Innern würden dann bleiben die Fragen der Verfassung, die sonstigen staatsrechtlichen Fragen, die Fragen der Polizei und die kulturellen Aufgaben, die in diesem Amt vereinigt sind. Es würde also ungefähr der Kreis der Aufgaben sein, die bei den Einzelstaaten im Ministerium des Innern und in den Kultus⸗ ministerien vereinigt sind. Auch dieser Aufgabenkreis wird in abseh⸗ barer Zeit groß bleiben. Ich weise daraufhin, daß die Fragen der Verfassung, des sonstigen Staatsrechts, daß die Fragen der Kriegs⸗ leistungen, daß verschiedene andere militärische Fragen, die jetzt im Reichsamt des Innern bearbeiter werden, weiter erhebliche Arbeit verursachen müssen. Ich glaube deshalb, daß diese Tätigkeit, die sich auch noch auf die besetzten Gebiete zu erstrecken haben wird, in ab⸗ sehbarer Zeit den Umfang eines Amtes voll ausfüllen kann.
Nicht zu verkennen ist dabei, daß der Aufgabenkreis des Reichs⸗ wirtschaftsamts ein sehr viel größerer sein wird. Deshalb sehen Sie in dem Ihnen vorliegenden Vorschlage, daß für dieses Amt zwei Unterstaatssekretäre vorgesehen sind. Den Wünschen, der Sozial⸗ politik, deren große Bedeutung gerade nach dem Kriege die verbün⸗ deten Regierungen nicht verkennen, eine besondere Aufmerksamkeit zuteil werden zu lassen, ist dadurch Rechnung getragen, daß die sozial⸗ politischen Abteilungen unter einem besonderen Unterstaatssekretär zusammengefaßt werden sollen.
Eine weitere, wenn auch nicht so erhebliche Entlastung des Chefs der neuen Behörde soll dadurch eintreten, daß das Patentamt in das Reichsjustizamt übergeführt wird. Auch hier folgen die verbündeten Regierungen einer Anregung, die noch bei den letzten Debatten hier im Reichstage aus dem Hause selbst hervorgegangen ist. Das Patent⸗ amt ist immerhin eine große Behörde, und ich glaube, daß seine Ueberführung an das Reichsjustizamt den Vorwurf einer gewissen Blutleere, der auch hier aus dem Hause stammt, in etwas zu besei⸗ tigen in der Lage ist.
Meine Herren, bisher hatte das Reichsjustizamt keinen Unter⸗ staatssekretär, unterschied sich in dieser Konstruktion von sämtlichen anderen Reichsämtern, die, wie Sie wissen, ein oder zwei Unterstaats⸗ sekretäre haben. Wir haben infolgedessen Ihnen den Vorschlag unter⸗ breitet, dem Reichsjustizamt mit Rücksicht auf den vergrößerten Wir⸗ kungskreis nun einen Unterstaatssekretär zuzuteilen.
An dritter Stelle darf ich auf die Vorschläge, die bezüglich des Reichsschatzamts gemacht worden sind, eingehen. Der Aufgabenkreis des Reichsschatzamts hat sich vielleicht in höherem Umfange als bei irgend einem anderen Reichsamt während des Krieges vergrößert. Das Reichsamt des Innern war vor dem Kriege schon eine unförmlich große Behörde. Ich fürchte, daß das Reichsschatzamt dasselbe Bild nach dem Kriege darstellen wird. Ich brauche Sie an Ihre eigene Mitarbeit auf den verschiedenen Gebieten, die das Reichsschatzamt be⸗ treffen, kaum zu erinnern, an die Anleihewirtschaft einerseits, an die Steuern, die hier im Hause vesehe des Krieges beschlossen worden
len, an die Kontrolle der verschie⸗
rend des Kbieges beteiligt hat. Der Etat und die wirtschaftlichen Auf⸗ gaben, von denen ich soeben gesprochen habe, wurden, als ich im vorigen Jahre das Amt übernahm, in der Etatsabteilung, der ersten Abteilung des Reichsschatzamts, zusammen behandelt. Diese Arbeit hat sich auf die Dauer nicht mehr vereinigen lassen, gerade die Etats⸗ abteilung hat während des Krieges eine große Anzahl neuer Auf⸗ gaben bekommen. Ich hebe hervor die fortgesetzte Arbeit auf dem Ge⸗ biete der Kriegsfinanzierung mit der Militärverwaltung zusammen. Ich erinnere daran, daß die Gehaltsaufbesserung nud die Familien⸗ unterstützungen sehr erhebliche Arbeiten gemacht haben, und ich darf auch darauf hinweisen, daß voraussichtlich alle diese Aufgaben un⸗ mittelbar nach dem Kriege die erste Abteilung in verstärktem Maße belasten werden. Meine Herren, nach dem Kriege handelt es sich für diese Abteilung um die Neuaufstellung des Heeres⸗ und Marineetats, um Neuerungen auf dem Gebiete der Besoldungsgesetzgebung, auf dem Gebiete der Pensionsgesetzgebung. Die Hinterbliebenen und In⸗
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validen werden in bezug auf die Versorgungsgesetze weiter zu be⸗ handeln sein. Und die Schuldenwirtschaft brauche ich kaum an letzter Stelle noch besonders zu betonen. Es war deshalb nicht möglich, den Leiter dieser Abteilung mit den großen speziellen Aufgaben der Be⸗ teiligungen an den Wirtschaftsunternehmungen zu belasten. Diese Beteiligungen werden auch nach dem Kriege in erheblichem Umfange bleiben. Die Beteiligung an der Stickstoff⸗ und die Beteiligung an der Aluminiumherstellung wird für das Reich — daran zweifle ich nicht — eine dauernde sein. Schon die in den neuen Anlagen in⸗ vestierten Kapitalien weisen darauf hin. Auf Jahre hinaus wird aber auch die Beteiligung auf dem Gebiete des Ernährungswesens und eine ganze Reihe anderer Beteiligungen bleiben. Die Reichs⸗ finanzverwaltung hält es deshalb für richtig, diesen Aufgabenkreis einer besonderen Wirtschaftsabteilung unter einem besonderen Leiter zu überweisen. Aus der zweiten, die Steuern behandelnden Abtei⸗ lung des Reichsschatzamtes hat sich schon im Laufe der letzten Jahre eine dritte Abteilung losgelöst, in der Stempelsteuern, Erbschafts⸗ steuern, Besitzsteuern bearbeitet werden. Zu diesem Kreis der Auf⸗ gaben ist während des Krieges noch die Warenumsatzsteuer getreten. Ich zweifle nicht daran, daß nach dem Kriege gerade dieser Abteilung sehr erhebliche neue Aufgaben zuwachsen werden. Sie wurde bisher geleitet von dem Unterstaatssekretär, ohne einen besonderen Direktor. Ich halte es für erwünscht, daß die Etats⸗ und Wirtschaftsabteilungen in Zukunft zusammengefaßt werden unter dem bisherigen Unterstaats⸗ sekretär, und daß die Abteilung der Stempel⸗ und Besitzsteuern, die dritte Abteilung, einen neuen Unterstaatssekretär als Leiter bekommt. Einen Unterstaatssekretär aus dem Grunde, weil zwischen der zweiten und dritten Abteilung meines Erachtens gerade für die Zeit des Ueber⸗ ganges ein innerer, enger Konnex bestehen bleiben muß. Ich wieder⸗ hole, in der zweiten Abteilung werden die indirekten. Steuern, die Zollgesetzgebung, in der dritten Abteilung wird das Gebiet der direkten Steuern, Erbschaftssteuern, Stempelsteuern behandelt. Aber es han⸗ delt sich immer um denselben Steuerpflichtigen, der schließlich zahlen muß, und da erscheint es mir in hohem Maße erwünscht, wenn über diesen beiden Steuerabteilungen ein leitender Unterstaatssekretär steht.
Meine Herren, es sind Ihnen ferner Vorschläge bezüglich vier vortragender Räte gemacht worden. Die neuen Abteilungen enthalten außerordentlich verantwortungsvolle Aufgaben, die ich nach meinen bisherigen Darlegungen wohl nicht wieder näher darzulegen brauche. Es erscheint nicht erwünscht, hier ständig mit Hilfsarbeitern zu wirt⸗ schaften. Die Reichsfinanzverwaltung schlägt Ihnen deshalb vor, vier Vortragenderatstellen entsprechend der Neuschaffung der Abteilungen zu bewilligen.
Das Ihnen an zweiter Stelle vorliegende Besoldungsgesetz stellt lediglich formale Konsequenzen aus dem Ihnen vorliegenden Nach⸗ tragsetat dar.
Meine Herren, mit der Bitte um Prüfung und Annahme dieser unserer Vorschläge lassen Sie mich noch eine andere Bitte verbinden.
Der Herr Präsident hat in dankenswerter Weise vorhin schon auf
die siebente Kriegsanleihe hingewiesen. Ich spreche auch meinerseits die Bitte aus, daß die Herren Reichstagsabgeordneten die Reichs⸗ finanzverwaltung in der Aufklärungs⸗ und Werbearbeit in derselben Weise unterstützen mögen, wie sie das bei der letzten Anleihe getan
Nichtamtliches.
Parlamentarische Nachrichten
In dem Verfassungsausschuß des Reichstags er⸗ klärte der Ministerialdirektor im Reichsamt des Innern Dr. Lewald zur Frage der Beseitigung des Artikels 9 Satz 2 der Reichsverfassung laut Bericht des „Wolffschen Telegraphenbüros“:
Der Bundesrat habe zu der Frage noch nicht Stellung ge⸗ nommen. Er empfehle neben der von dem Vertreter der fort⸗ schrittlichen Nolkspartei angeführten Literatur auch die kürzlich erschienene Schrift des Profenors Dr. Kaufmann in Berlin „Bismarcks Erbe in der Reichsverfassung“ zu berücksichtigen, die den Artikel 9 Satz 2 füͤr eine der wichtigsten Bestimmungen unseres Grundgesetzes erkläre. Auch er glaube, daß die Streichung der Bestimmung die wichtiaste Veränderung der Verfassung seit ihrem Bestehen darstelle. Falle diese Schranke, so könne die Ent⸗ wicklung dahin führen, daß der Bundesrat künftig nur noch eine Projektion des Reichstages sei, ähnlich wie der Haushaltsausschuß einen kleinen Reichstag darstelle. Trete dies ein, dann sel die Ver⸗ fassungsbestimmung, daß die Reichsgesetzgebung durch den Bundesrat und den Reichstag ausgeübt werde, bedeutungslos, und das Reich werde allein durch eine Kammer, den Reichstag, gelenkt. Der Bundesrat, der die Zusammenfassung des Willens von 25 Staaten darstelle, könne mit der Regierung eines Einheitsstaates nicht verglichen werden. Auch in der Schweiz könne ein Mitglied des Bundesrats nicht dem Stände⸗ oder Nationalrat an⸗ gehören. Entsprechende Bestimmungen bezüglich der Unvereinbarkeit der Stellung als Senator und als Abgeordneter beständen in den Vereinigten Staaten von Amerika. Der Bundesratsbevollmächtigte stimme nach den Instruktionen seiner Regierung. Act. 29 der Verfassung schreibe aber für die Mitglieder des Reichstags aus⸗ drücklich vor, daß sie an Aufträge und Instruktionen nicht gebunden seien. Wenn geäußert sei, die Stellung der Staats⸗ sekretäre müßte eine andere werden, sie müßten unabhängig von der Instruktion der preußischen Regterung werden, so sei dieser Wunsch im Rahmen der Verfassung unerfüllbar. Jeder Bundesratsbevoll⸗ mächtigte könne nur so abstimmen, wie er von seiner Regierung instruiert sei. Man müsse sich klar machen, daß aus der föderalistischen Grundlage des Reiches wichtige und bedeutsame Rechte der Einzel⸗ staaten folgten. Vielleicht scheine es manchem, als habe die Avd⸗ schaffung des Artikels 9 7. 2 keine unmittelvare praktische Be⸗ deutung. In Wahrheit handle es sich aber um die Umschaffung des gegenwärtigen Verfassungszustandes zu Gunsten eines neuen. Es müsse fraglich erscheinen, ob alle, die jetzt für die Nenderung seien, sich auch dieser Neugestaltung bewußt seien und si: herbeizuführen wünschten.
Der Verfassungsausschuß nahm mit 15 gegen 12 Stimmen die von den Nationalliberalen, der fortschrittlichen Volkspartei und den Sozialdemokraten beantragte Streichung des Schluß⸗