Oesterreichisch⸗ungarischer Bericht. Wien, 1. Oktober. (W. T. B.) Amtlich wird gemeldet:
Oestlicher Kriegsschauplaßg. Nichts Neues. 8 1 Italienischer Kriegsschauplatz. * 3
“
An der Isonzo⸗Front erlahmten die italienischen 8
fanterleangriffe. Bei Podlaka, auf der Hochfläche von Bainsizza wurde ein feindlicher Vorstoß im Keime erstickt. Die Artilleriekämpfe dauern im Bereiche des Monte San Gabriele und nordöstlich davon unvermindert heftig an. Bei der Heeresgruppe des Feldmarschalls Freiherrn von Conrad
keine besonderen Ereignisse. 1“ Der Chef des Generalstabes.
8 8 Sofia, 1. Oktober. (W. T. B.) Generalstabsbericht. In verschiedenen Abschnitten der Front Störungsfeuer, das nur auf dem linken Wardarufer etwas heftiger war. Mäßige in der Luft im Wardartale und in der Ebene von erres. Rumänische Front: Spärliches Artilleriefeuer bei Tulcea und Isaccea.
Konstantinopel, 1. Oktober. (W. T. B.) Amtlicher Tagesbericht.
Kaukasusfront. An zwei Stellen des rechten Flügel⸗ abschnitts scheiterten Unternehmungen feindlicher Kavallerie⸗ abteilungen in unserem Feuer. Von den übrigen Fronten sind bisher keine wesentlichen Meldungen eingegangen.
Der Krieg zur See.
Berlin, 1. Oktober. (W. T. B.) Neue U⸗Bootls⸗ Erfolge im Sperrgebiet um England: 21 000 Br.⸗R.⸗T. Von den versenkten Schiffen wurden drei große Dampfer aus stark gesichertem Geleitzug herausgeschossen.
Der Chef des Admiralstabes der Marine.
VWVien, 1. Oktober. (W. T. B.) Amtlich wird gemeldet: Am Abend des 27. September hatten unsere Seeflugzeuge die Flugstation Brindisi und die in diesem Hafen liegenden Torpedoeinheiten und U⸗Boote wirksam mit Bomben belegt. Wie einwandfrei beobachtet werden konnte, erhielten eine Zerstörergruppe zwei schwere Bombentreffer und auch die übrigen Ziele gute Einschläge. Der gemeldeten erfolgreichen Unternehmung gegen die italienischen Luftschiffanlagen von Jesi vom 27. folgte am 29. Abends ein von gleichem Erfolg gekrönter Angriff unserer Seeflieger gegen die Ballon⸗ hallen von Ferrara, dem wieder ein Luftschiff zum Opfer fiel, indem es durch zwei Bombentreffer auf die Halle mit
riesiger Stichflamme verbrannte. Am selben Abend wurden
auch die Fabrikanlagen von Pontelagoscuro wirkungs⸗ voll mit Vomben belegt. Der Feind wiederholte am 28. und 29. Abends seine Fliegerangriffe auf Pola, die keinen nennenswerten Schaden militärischer und privater Natur her⸗ vorriefen. Zwei Matrosen wurden verwundet. Eines der italienischen Flugzeuge wurde am 29. von einem unserer Fagbflieger im Luftkampf über See brennend zum Ab⸗ turz gebracht. Die Insassen, zwei italienische Flieger⸗ leutnants, sind tot. Das Flottenkommando.
— Wohlfahrtspflege.
„Die „Vereinigung für Familienwobl im FegeednFaa⸗ bezirk Düsseldorf“ (Geschaftsstelle: Cecilienallee 2 in Düssel⸗ dorf) bat einen Bericht über ihre Tätigkeit im ersten Jahre (1916/17) ihres Bestehens veröffenlicht. Sie bezweckt vornehmlich die Be⸗ kämpfung des Geburtenrückganges. Die Hauptarbeit wird in Ausschüssen geleistet, die zur Durcharbeitung aller in Betracht kommenden Gebiete gebildet sind und über das Ergebnis ihrer Be⸗ ratungen schriftliche Berichte erstatten. Ein stattlicher Anglagenband zum Geschaͤftsbericht enthölt die während des ersten Eeschäf sjahrcs den Sitzungen dieser Fachausschüsse gehaltenen Vorträge
und erstatteten Gutachten im Wortlaute. Sehr eifrige Arbeit hat der Ausschuß für gesundheitliche Frogen entwickelt. In mebreren Sitzungen beschäftigte er sich mit der Frage des „Zu⸗ sammenhangs zwischen Geburtenrückgang und antikonzeptionellen Mitteln“; das Ergebnis dieser Verhandlungen war ein wissenschaft⸗ lich⸗s Gutachten, das an den Reichskanzler, das peußische Kri gs⸗ ministerium, das Ministerium des Innern, die Generalkommandes, die geistlichen Behörden usw. gesandt worden i . Meist in Verbindung mit diesem Ausschuß hat der weitere Fachausschuß für polizeiliche und strafrechtliche Fragen mehrere Sitzungen abgehalten, in denen die Frage erörtert wurde, welche gesetzlichen und poltzeilichen Vorschriften zu empfehlen sind, um den Ruckgang der Geburten zu verhindern. Die übrigen Ausschüsse befaßten sich mit der Frage, wie durch positive Tätigkeit die wirtschaftliche Lage kinderreicher Familien zu verbessern, wie den wirtschaftlichen Ursachen des Geburtenrückgangs zu begegnen sei. Ein Ausschuß für Steuerfragen untersuchte, cb und wie durch eine Abänderung unseres Steuerwesens der kinderreichen Familie geholfen werden könne. U. a. machten die Regierungsräte Dr. Moll und Buck Düsseldorf) in Vorträgen, die im Anlagenbande wiedergegeben sind, orschläge für eine bessere Berücksichtigung kinderreicher Famtlien bei der Heranziehung zu direkten Staatssteuern, Beigeordneier Schwelina (Düsseldorf) behandelte die Bevorzugung kinderreicher Familten bei den Gemeindeabgaben und den indirekten Steuern. Ein Ausschuß für Lohn⸗ und Gehaltsfragen hat in einer Reihe von Sitzungen die Frage erörtert, inwieweit es wünschenswert und nötig sei, die gegenwärtige Regelung des Gehalts⸗ und Lohnwesens im Sinne eimer Bekämpfung des Geburtenrückganges umzu⸗ gestaltee. Dam wurden (im Anlagenbande wiedergegebene) Berichte erstattet über die Frage, ob das heutice System der Beamtenbesoldung: Grundgehalt plus Alterszuwachs richtig oder nicht vielmehr Grundgehalt plus Ehegeld plus Kindergeld berechtigt und durchführbar sei, uber die Frage, ob es wünschenswert und durch⸗ führbar sei, den Lohn bezw. das Gehalt der Arbeiter nach der Kopf⸗ zahl der Familie des Lohn(Gehalts)empfängers zu gestalten, über Ausgestaltung der Perscherundesesgebanf, über Abänderung und Ausaestaltung der Kranken⸗, Unfall⸗-, Alters⸗ und Invalidenver⸗ sicherung unter bevölkerungsvolitischen Gesicht-punkten, über Privat⸗ angestellte und Geburtenrückgang, über Ausgestaltung des § 119a Abs. 2, der Reichscgewerbeordnung. Ein Ausschuß für Wohnunas⸗ und Siedlungswesen widmete sich der Wohnungsfrage für die kinder⸗ Füennsermlte er fordert ein besondetes Wohnungsgesetz für solche
milien.
*
Theater und Mufik.
Wargen findet im Königlichen Opernbause das erste Gast⸗ friel des K. u. K. Kammertüagers Herin Leo Slezak als Otello in Verdis gleichnamk er Oper statt. Die Desdemona singt Fräulein von Granfelt, die Emilia: Fräulein Birkenström, den Jago: Herr
28 als Gast, den Cassio: Herr Pbilipp, den Rodrigo: Herr ge se, den Lodovico: Herr Bachmann, den Montano: Herr Habich. usikalischer Leiter ist Dr. Stiedry. a.
Königlichen Schauspielhause geht morgen „Dr. Klaus“ in Exn⸗ 68 wirken darin die Damen Löich Bock, Heisler und Pategg, die Herren Boettcher, Eschholz, Patry, Sachs und Vesper⸗ mann mit. Spielleiter ist Herr Pat:y.
Die Kriegswohlfahrtsvorstellungen im Friedrich⸗ Wilhelmstädtischen Theater crbrachten einen Reinertrag von 14 608 ℳ.
Marmigfaltiges.
Der Deutsche Frauenbund hat, wse „W. T. B.“ meldet, an Seine Majestät den Kaiser und König solgendes Tele⸗ gramm gerichtet: b B
„Eure Majestät! Während in den Vereinigten Slaaten von Amerika ein Gewier von Raßsen und Voölkern in ewig wechselndem Widerstreit seiner Interessen einen zufälligen Präsidenten sich hält, steht in Deutschland ein festgefügtes Volks⸗ zum ia wuchtigem Ernst und heißer Zuversicht um seinen Monarchen geschart; und mit den Männern wir Fautn. Denn je tiefer die deutsche Frau im Kriege leiden mußle, je getreuer sie arbeisete, um so mutiger in unbegreuztem Ver⸗ trauen schaut sie auf den Kasser, dessen Lebensziel es war, diesen Krieg ihr zu ersparen. Und mit umso größerer Verachtung weist sie Wilsons dreiste Note zurück, die Minen legen soll in Deutsches Monarchentem. Witlson irrt. Das Böse wollend, schafft er Gutes. Denn wenn auch in der Zeiten Ernst manchmal die eigene Not den Blick fürs ganze trübte: Wilsons täppischer Griff in die dentsche Voltsseele weckt uns. llauf flammt von neuem der Geist von 1914, und Millionen Hände heben sich zu neuem Treu⸗ schwur; auch wir halten durch.“
Von Seiner Majestät dem Kaiser und König ist nac⸗ stehende Antwort eingegaagen: 1
Meinen wätmsten Pank für das Gelöbnis treuen Durchhaltens,
bis das Vaterland sich aller seiner Fesne siegreich erwehrt und
einen se ensrrichen Frieden errtungn hat. Die deutsche Frau hat
in der schweren Kriegszeit von veuem gezeigt, was Treue und
Nächstenliebe, Mut und Ausdauer im Dieaste des eigenen Hauses und des Vaterlandes zu leisten vermag.
Wilhelm I. R.
2
Als Vorsitzender des Deutschen Arbeiterkongresses, dem Vereinigungen und Verbände mit 1 ½ Mihienen Mitgliedern ange⸗ schlossen sind, bat der E1“ Behrens folgendes öö an Seine Masestät den Kaiser und König gerichtet:
„Anlaßlich des vom deutschen Volke in Darkbar keit gefeierten 70. Geburtztages des deutschen Feldmarschalls gelobt Eurer Majestät der Deutsche Arbeiterkongreß ung andelbare Treue, weist mit Ent⸗ rüstung die Einmischunn des Präsidenten Wilson in innere deutsche Angelegenheiten zurück und schaart sich mit ellen Volkt genossen um seinen Kaiser im stahlharten Aus⸗ harren in Kampf und Arbeit bis zu einem guten Frieden.“
Aus Anlaß des heutigen 70. Geburtstages des General⸗ feldmarschalls von Hindenbdurg prangt Berlin im reichen Flaggenschmuck. Nicht nur die Staats⸗ und städtischen Ge⸗ däude Groß Berlins, sondern auch die Privathäuser in der Stadt und in den Vororten baben Fahnen herausgetan. Verschiedene Hindenburgfeiern haben bereits am Sonntag stattgefunden oder sind far den heutigen Tag in Berlin angekündigt, u. a. am „Eisernen Kindenburg“ am Königsplatze, im Zirkus Busch und in der Pbilbarmonie. Zahlreiche Feiern und Versammlungen zu Ehren des Feltmarschalls werden beute auch im ganzen Lande stattfinden. So set denn auch in Erinnerung g⸗⸗ bracht, daß der Feldmarschall dem deutschen Volke hat mit⸗ teilen lassen: Wer ihm an diesem Tage eine besondere Freude bereiten wolle, der möge nach benen Kräften Kriegsanleihe zeichnen und damit zur schnelleren Beendigung des Krieges beitragen.
Der Präsident des Deutschen Handelstags richtete an den Generalfeldmarschall von Hindenburg das folgende Telegramm:
„Der Tag, an dem Eure Exzellenz das 70. Lebensjahr vollenden, Phüss dem ganzen deutschen Volke. Einig und innig in allen
chichten und Teilen, zusammengeschmiedet durch die eherne Zeit, war es doch niemals einiger als in der dankbaren Liebe und Begeistetung für seinen Hindenburg. Keinen besseren Ausdruck wissen wir den Gefühlen, die uns alle deseelen, als in dem heiligen Gelöbnis: Was Ihr Schwert uns errang, wir wollen es festhalten und bewarren dusch mutiges Arsharren, durch nimmer⸗ müde Arbeit in der Heimat. Erfüllt von diesem Geiste unerschütter⸗ licher Entschlossenheit urd opfernilliger Bereitschaft, bringen Deutsch⸗ lands Industrie und Handel ihre tiefempfundenen Segenswünsche dar. Deutscher Handelstag. Kaempf.
Von Auswärte liegen solgende Meldungen über Glückwünsche vor, die dem Feldmarschall zum heutigen Taͤge zugingen:
München, 1. Oktober. (W. T. B.) Seine Majestät der König Ludwig von Bayern hat von Berchtesgaden aus an Generalfeldmarschall von Hindenburg folgenden Gluͤckwunsch gerichtet: „Mein lieber Generalfeldmarschall von Hindenburg! Zur Feier des 70. Geburtsfestes sprech; ich Ihnen, mein lieder General⸗ feldmarschall, die herzlichsten Glück⸗ und Segenswünsche aus. Mit mir gedenkt Baverns Heer und Bayerns Volk an diesem Festtage erneut mit aufrichugem Danke der unvergänglichen Verdienste, die Cure Exzellenz als Oberbefehlshaber der deutschen Streitkräfte im Osten und als Chef des Generalstabes des Feldheeres sich in dem weltgeschichtlichen Zeitabschnitt der letzten dret Jabre um unser ge⸗ meinsames deutsches Vaterland erworben haben. Stolze Zaversicht auf einen siegreichen Ausgang des großen Ringens unter Ihrer be⸗ währten Führung erfüllt alle Bapernherzen. Möge der Segen des Allmächtigen weiterhin auf Eurer Exzellenz ruhen. Mit den huld⸗ vollsten Gesinnungen Ihr sehr geneigter Ludwig.“*
Der erste Präsident der bayerischen Kammer der
Reichsräte Fürst Fugaer hat aus Anlaß des 70. Geburtstages an den Generalfeldmarschall von Hindenburg felgendes Tele⸗ gramm gerichtet: „In aufrichtiger Bewunderung und unwandelbarer Danköbarkeit bringt die Kammer der Reichsräte des Königreichs Bayern dem großen Feldherrn, unter dessen bewährter Führung das deutsche Volk nach erfolgreichem Kampfe einen beglückenden Frieden erhofft, zum 70jaͤbrigen Geburtsseste begeisterte Glückwünsche dar. Gott erhalte und segne Ihr teures Leben noch viele Jahre.“
Die Kammer der Abgeordneten telegraphierte:
„Mit dem ganzen deutschen Volke nehmen auch die Vertreter des kayerischen Volkes innigsten Anteil an Eurer Exzellenz 70. Ge⸗ burtstagsfeier. Wir gedenken voll aurrichtigs en Dantes und größter Verehrung mit den besten Glückwünschen des si⸗greichen, von dem unbegrenzten Vertrauen des Heeres und des Volkes getragenen Führers, den Gott voller Frische und Krast erhalten möge vnd mit dem wir in Treue und Ausharren mitarbeiten wollen des Paterlandes glückliche, gesicherte Zulunft. . “ von Fuchs,
Der Senat von Lübeck sandte ein Glückwuͤnschtelegramm
an Hindenzurg, dem er die Er ennurg zum Ehrenbürger von Lübeck mittetlic. Dasselbe geschah setens der städttschen Körper⸗ sckaften von Stettin, die gleichzeitig 10 000 ℳ für die „Hinden⸗ burggale“ spendeten.
Die „Hindenburg⸗Fabe“ für Kriegswohlfahrtsrwecke hat, wie biesize Plätter melden, bereits eine stattliche Summe ergeben. Von zahlreichen Städten und Privaten sind Beträge geteichnet. Dem Generalfeldmarschall wird an seinem beutigen Geburtstage von dem vorläufigen Ergebnis Mitteilung gemacht, aber das endaültige Er⸗ gednis wird erst in etwa 14 Tagen zu übersehen sein. Die Ehren⸗ urkunde, in der die Namen der Stifter verzeichnet sind, wird auch erst dann überrelcht werden.
Der Kohlenverband Groß Berlin erläßt nachsteher de Bekanntmachung:
Bei der auf Grund der Verordnung des Oberbesehlshabers in den Marken vom 6. Juli 1917 vorgenemmenen Aufnahme der Be⸗ stände von Kohlen in den Haushaltungen sind offenbar viel⸗ fach unzutreffende Angaben gemacht worden. Infolgedessen werden diese Angaben in der pächtten Zeit durch bedördlich er⸗ mächtigte Personen durch Revoision in den Haushaltungen nachgeprüft werden. Wer dabei falscher Angaden überführt wird, hat nicht nur strenge Bestrafung zu gewärtigen, sondern es tann auch auf Einziehung der verschwiegenen Vorräte erkannt werden. Diejerigen Haushaltungen, welche ihre Angaben bezüglich etwa vor⸗ handener Vorrate noch vorber berichtigen wollen, mögen ihre Angaben bis zum 15. Oktober 1917 der zuständigen Wohnsitzgemeinde schriftlich zugehen lassen.
82 Ferrer macht der Kohlenverband Groß Berlin folgende 0 ekannt:
Wer im Gebiet des Kohlenverbandes Groß Berlin (Stadtkreis Berlin, Charlottenburg, Lichtenberg, Neukölln, Schöneberg, Wilmers⸗ derf sowie Landkreise Teltow, Niederbarnim) Kohlen, Koks, Briketts, Anthrazit usw. gewerbsmäßig verkauft, hat bis 15. Oktober 1917, Mittags 12 Uor, der Kohlen⸗ stelle Groß Berlin (Abt. Kohlenhandel), Linkstraße 25, seine Firma bezw. seinen Namen nebst Wohnort, Straße und Hausnummer schrirtlich anzuzeigen. Gleichzeitig bat jeder, der in der Zeit vom 1. April 1916 bis 31. März 1917 Koblen, Kots, Briketts, Anthrazit usw. unmittelbar an Verbraucher zu Küchen⸗ und Ofenbrondzwecken sowie an Gewerbebetriebe mit einem Moratsbedarf unter 200 Zentner ver⸗ kauft hat, in einer Gesamtzahl ohne Rücksicht auf die Kohlenart an⸗ zugeben, wieviel Zentuer er während dieses Zeitraumes unmittelbar an solche Verbraucher abgegeben hat. Wer diese Meldung nicht oder nicht rechtzeitig abgibt, wird von dem Handel mit Brennstoffen aus⸗ geschlossen; in diesem Falle erfolgt die Verfügung über die ihm zu⸗ stehenden Brennstoffe durch die Kohlenstelle Groß Berlin.
Der Wirkungsbereich der Transportzentrale des Ober⸗ kommandos in den Marken in Berlin, Schöneberger Ufer 16, erstreckt sich auf die Gestellung von Hilfsmannschaften, Gespannen urd Wagen zur An⸗ und Abfuhr bei folgenden Güterbahnhöfen in und um Berlin: Anhalter, Charlottenburger, Frankfurter Allee, Görlitzer, Halensee, Hamburg⸗Lehrter, Lichtenberg⸗Friedrichefelde, Moabit, Neukölln, Neukölln⸗Treptow, Nordbahnhof, Ostbahnhof, Pankow⸗Schönhausen, Pankow⸗Verschsebebahnhof, Poisdamer, Rommelsburg, Schlesischer, Schöneberg⸗Militärkahnhof, Stettiner, Tempelbof⸗Ringbahnhof, Wedding, Weißensee bei Berlin, Zentralvieh⸗ bof, Wilmersdorf⸗Friedenau. Alle anderen Güterabfertigungen im Bezirk der Kriegsamtsüzelle haben zwecks Durchführung der Güter⸗ asfuhr von den Bahnhöfen das Recht unmittelbarer Bnforderung von Woaogen und Gespannen bei den Gemeinden. Die Güterabfertigungen der Bahnen sind insoweit als Organe der Militärgewalt anzusehen. Tie früheren diesbezüglichen Ausführungsbestimmungen werden hier⸗ durch aufgehoben.
Königsberg, Pr., 1. Oktober. (W. T. B.) Ihre Majestät die Kaiserin und Königin besuchte am heutigen Vormittag das Lazarett in der Königlichen Augenklinik und darauf das Lazarett im Deutschen Hause. Nachmittaas erfolate ein Besuch in der Kinder⸗ heilstätte Lochstedt bei Fischhausen. “ “
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)
Theater.
bezugsvorstellung. Dienst⸗ und Freiplätze sind aufgehoben. Erstes Gastspiel des K. K. Kammersängers Herrn Leo Slezak. Otello. Oper in vier Akten ven Eiuseppe Verdi. Text von Arrigo Boito. Se die deutsche Bühne übertragen von Max Kalbeck. Musikalische eitung: Herr Kapellmeister Dr. Stiedry. Spielleitung: Herr Bachmann. Chöre: Herr Professor Rüdel. (Otello: K. und K. Kammersänger Herr Leo Sltezak von der Hofoper in Wien als Gast.) Anfang 7 ½ Uhr.
Schauspielhaus. 210. Dauerbezugsvorstellung. Dollor Klaus. Lusispiel in fünf Arfzügen von Adolph L'Arronge. Spielleitung: Herr Oberspielleiter Palry. Anfang 7 ½⅞ Uhr.
Donnerstag: Overnhaus. 209. Dauerbezugsvorstellung. Nappel⸗ kopf. (Berliner Fussung von „Alpenkönig und Menschenfeid“.)
Schauspielhaue. 211. Dauerbezugsvorstellung. von Henrik Ibsen. (In zehn Bildern.) für die dentsche Bühne gestaltet von Dietrich Eckart. Edward Grieg. Anfang 6 ½ Uhr.
In freier Uebertrogung
Familiennachrichten. 8
Steglit). — Eine Tochter:
Hen. Hauptmann Wol von St. phani (Sells, Sn necb).? fgang 8
— Hr. Kapitänleutnant Herbold Rabe von Pappenheim (Kiel) — Fr. Gräfin Margarete Finck von Finckenstein, geb. von Haug⸗
(Nieder Schönb — Frl. (Zreet. Pchön n). — Erh. Ws 80 Hewic
Verantwortlicher Schriftleiter: Direktor Dr. Tyrol, Charlottenburg.
Verantwortlich für den Anzeigenteil: Der Vorsteher der Ge chäftsstelle, J. V.: Rechnungsrat Reyher in Berlin.
Verlag der Geschäftsstelle (J. V.: Reyher) in Berlin.
Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagsanstalt, Berrlin, Wilhelmstraße 32. 8 “ Sieben Beilagen 88 ee(eimnschließlich Warenzeichenbeilage Nr. 78)
Präfident der Kammer der Abgeordneten.“
Anzeigers 8
Königliche Schanspiele. Mittwoch: Opernhaus. 208. “
Oper in drei Aufzügen nach F. Raimund von Richard Batka. Musik von Leo Blech. Anfang 7 ½ Uhr.
Peer Gynt Musik von
Geboren: Ein Sohn: Hrr. Oberleutnant Schmidt (Berlin.
Gestorben: Hr. Major a. D. Kurt von Ebart (Naumburg, Saale).
und die Inhaltdangabe Nr. 39 zu Nr. des zcfentlichen
1u““] 1““
zum Deutse
Nichtamtliches.
Oesterreich⸗Ungarn. 8 Der Kaiser und die Kaiserin haben im Beisein des Kronprinzen heute auf der Terrasse des Schlosses Wartholz eine Huldigungsabordnung empfangen. Der Führer, Reichstagsabgeordneter Ritter von Lukasiewicz, hielt an den Kaiser, die Kaiserin und den Kronprinzen Huldigungs⸗ ansprachen, für die der Kaiser und die Kaiserin mit herzlichen Worten dankten. Polen.
Der Generalgouverneur General von Beseler stattete mit Gefolge dieser Tage Lodz einen Besuch ab, der vor allem den Deutschen und ihren Bestrebungen zur Erhaltung des Deutschtums in Polen galt. Am Schlusse des Besuches folgte der Generalgouverneur einer Einladung des deutschen Vereins. Auf die Begrüßung durch den ersten Vorsitzenden des Vereins Eichler, der dem Generalgouverneur für den Schutz der Minderheiten bei der Neuordnung der Schulverhältnisse und für die Erfüllung des langgehegten Wunsches der deutsch⸗ eoangelischen Gemeinden nach einer neuen Kirchenverfassung besonderen Dank sagte, erwiderte General von Beseler mit einer Ansprache, in der er laut Bericht des „Wolffschen. Telegraphenbüros“ u. a. etwa ausführte:
„Wtr baben dafür zu arbeiten, daß dieses Land in Zukunft eine Sicherung für unser Vaterland bleibt. Deshalb waren wir bestrebt, dem Lande eine staatliche Form zu geben, die es später zum Freunde und, wie wir wünschen, zum Bundesgenossen unseres Landes machen soll. Wir wissen aber auch, daß hierzulande eine große Anzabl von Landezleuten wohnt, die teils noch dem Deutschen Reiche angehören, teils wenigstens deutsche Art und Sprache hochhalten und, indem sie sich durchaus dem staatlichen Leben dieses Landes einzufügen gewillt sind, doch nicht aufhören, sich als Deutsche zu fühlen. Ihr Ver⸗ ein hat es sich zur Aufgabe gesetzt, alle Kräfte zu sammeln und zu festigen, die in Zukunft die Aussicht gewähren, daß das Deutschtum
hier, welches mit tausend Fäden an das alte Vaterland geknüpft ist,
sich selbst treu bleibt. Meine Verwaltung wird mit wärmster Anteil⸗ nahme und mit allen Kräften diese Bestrebungen unterstützen. Aber auch hier, wie überall, wo Menschen zusammen wohnen, gilt es, die Wünsche den gegebenen Verbältnissen anzupassen. Wir müssen kleine Opfer bringen, um Großes nicht zu gefähr⸗ den. In diesem Sinne haben wir die Gesetzgebung einzurichten ver⸗ sucht. Ich möchte an alle Personen, die hier deutsch fühlen und denken, die Mahnung richten, sich nicht nur auf hehördliche Fürsorge, auf Bevormundung und Schutz von oben zu verlassen, sondern vor ollen Dingen die eigenen Kräfte einzusetzen und zu sammeln, denn das Beste schafft der Mensch nur aus sich selbst. Mein Bestreben wird es sein, dem Deutschtum hier die Stelle zu geben und zu wahren,
die ihm zukommt.“ Frankreich.
Der sozialistische Verband des Rhonedeparte⸗ ments forderte, wie Lyoner Blätter melden, auf der Departe⸗ mentsversammlung einstimmig die unverzügliche Wiederauf⸗ nahme des internationalen sozialistischen Lebens, sprach sich ferner mit großer Mehrheit gegen die Annahme der Kriegs⸗ kredite durch die sozialistischen Abgeordneten aus, verurteilte die Häbes⸗ der Mehrheit auf der Londoner Versammlung der Verbündeten und verlangte, daß die Stockholmer Versammlung so schnell als möglich zustande komme.
G Rußland. Nach einer Meldung der „Petersburger Telegraphenagentur“
hat sich in Taschkent eine Gruppe politischer Agi⸗
tatoren nach dem Verlassen einer Versammlung als revo⸗ lutionärer Ausschuß der Gewalt über die Stadt be⸗ mächtigt, zwei in der Stadt liegende Regimenter auf seine Seite gezogen und erklärt, die Vorläufige Re⸗ gierung nicht mehr anzuerkennen. Die muselmanische Bevölkerung billigt dieses Vorgehen nicht und sei bereit, ihm Widerstand entgegenzusetzen; sie werde dabei von den Schülern der Militärschule unterstützt, die die Festung Taschkent besetzt hätten. Alles dies mache den Ausbruch blutiger Un⸗ ruhen wahrscheinlich. Ein telegraphisch abgesandtes Ultimatum der Vorläufigen Regierung, das Unterwerfung forderte, sei von den Rebellen zurückgewiesen worden. Gestern abend habe die Vorläufige Regierung eine Erklärung veröffentlicht, in der sie mitteilt, daß sie den Kommandanten der Truppen des Bezirks Kazan Korovnitchenko zum Generalkommissar von Turkestan ernannt und genügende Truppen zu seiner Verfügung gestellt habe, um die Unruhen mit Gewalt zu unterdrücken.
5 Dänemark.
„Der Finanzminister Brandes brachte in der heutigen Sitzung des Reichstags den Voranschlag des Staats⸗ 8 18 shalts für das Finanzjahr vom 1. April 1918 bis 31. März
ein.
Wie „Worffs Telegrophenbüro“ meldet, weist der Voranschlag on Gesamteinnahmen 192 725 395 Kr., an Gesamtausgaben 130 015 759 Kr., somit eine Mehreinnahme von 63 119 636 Kr. auf. Da aber für Verbrauch und Erwerb von Vermögen eine Mehr⸗ ausgabz von 15 625 752 Kr. aufgeführt ist, beläuft sich der veranschlagte Ueberschuß auf im ganzen nur 47 ½ Mill. Kr. Im Vergleich mit dem Finanzgesetz für das ge⸗ gegerwärtige Finanzjahr ist auf der Einnahmeseite eine Meheinnahme von 30 Milltonen Kronen eingestellt, davon elwa 27 Mill. Kronen aus Steuern und Abgaben und fast 2 ½ Mill. Kr. aus Renten und verschiedenen Einnahm en. Auf der Ausgabenseite ist eine Mehrausgabe von etwa 8 Mill. Kr. aufgeführt, davon 6 Mill. Kr. für Staate⸗ schuldverzinsung und 2 Mtll. Kr. für den Haushalt des Ministeriums des Innern, wähtend die Haushalte für die anderen Mtnisterien ungefä—br mit denen dez gegenwärtigen Finanzjahres überein⸗ stimmen. Auf Konto Verbrauch und Erwerb von Vermögen war die Mehrausgabe im gegenwärtigen Finanzjahre mit eiwa 35 ½ Mtll. Kr. berechnete ouf dem vorlfegenden Voranschlage dagegen nur mit etwa 15 ½ Mill. Kr. In Uebereinstimmung mit früheren Jahren sind die Ausgaben sür die Sicherungsmannschaften und andere Veranstaltungen, die den Krieg betreffen, auf dem Finanzgesetzvor⸗ nicht aufgeführt, sondern werden im Nachtragshaushalt auf⸗ geführt.
Weiter wurde dem Reichstage der Abschluß des Staats⸗ haushalts für das Finanzjahr vom 1. April 1916 bis 31. März 1917 vorgelegt, der ein Defizit von etwa 8,4 Millionen Kronen aufweist.
Erste Beilage
Berlin, Dienstag den 2. Oktober
Schweden.
„Wie „Dagens Nyheter“ erfährt, versuchen die Engländer die Kohlenzufuhr nach Schweden aus Rotterdam zu unterbinden. Im Laufe von 14 Tagen wurden nicht weniger als fünf schwedische Kohlenschiffe, die sich auf der Heimreise aus Holland befanden, von den Engländern aufgebracht und nach Gravesend geschleppt. Auch ein Dampfer, der von Schweden nach Holland fuhr, wird vermißt und dürfte das gleiche Schicksal erlebt haben. 8
Schweiz.
Die Internationale Gewerkschaftsversammlung ist gestern in Bern eröffnet worden. Wie die „Schweizerische Depeschenagentur“ meldet, sind aus Deutschland der Vorstand der Generalkommission der deutschen Gewerkschaften, Legien, Bauer und Sassenbach, sowie sechs Vertreter einzelner Gewerk⸗ schaften erschienen, aus Dänemark drei Vertreter (unter Führung von Madson), aus Schweden fünf (Führer Lindquist), aus Oesterreich sechs (Huber), aus Ungarn zwei, aus Norwegen zwei, aus Holland neun (Ondegeest), aus Italien und Frankreich, die sich angemeldet hatten, niemand; den Franzosen waren die Pässe verweigert worden. Heute werden die Arbeiten der Versammlung begin “
Bulgarien.
Der Oberbefehlshaber, General Schekow äußerte sich nach dem Blatte „Utro“ in emer Unterredung über die Lage, wie folgt:
An allen Fronten sei die Lage derart, daß nur die Gegner zu Befürchtungen Anlaß hätten. In Rußland werde man sich allmählich überzeugen, daß eine Revolution und ein siegreicher Krieg miteinander unvereinbar seien, und daß nur Utopisten die russische Revolution mit der französischen vergleichen könnten, zumal die russische Revolution nur eine logische Folge der Enttäuschung dieses Krieges sei. Betreffs des Friedens äußerte sich der General Schekow dahin, daß niemand voraussagen könne, aber man kuhn behaupten könne, daß der Friede eher kommen werde, als man denke. Bulgarien wolle weder An⸗ nextionen noch fremde Gebiete, sondern nur die von der ganzen Welt als bulgarisch anerkannten Länder.
Der japanische Sonderbotschafter in Washington Vicomte Ishu hat bei einem Festmahl eine Rede gehalten und die Anwendung einer Monroe⸗Doktrin auf den fernen Osten angekündigt. Er erklärte einer Reutermeldung zufolge:
Japan wolle nicht nur den Länderbesitz und die Selbstänedigkeit Chinas nicht angreifen, sondern sei bereit, Chinas Unabhängigkeit gegebenenfalls gegen jeden Angreifer zu verteidigen. Nach⸗ dem Ishu sich auf die deutsche Stimmungsmache bezogen hatte, die, wie er bebauptete, für das andauernde Geschrei uber die ge⸗ schlossene Tür verantwortlich sei, fuhr er fort: „Trotz aller ihrer Anstrengungen, Sie glauben zu machen, daß Japan, je stärker es
wurde, desto lauter nach Schließung der Tür gerufen bahe, sage ich
Ihnen: es bat niemals einen Augenblick gegeben, wo unser gesunder Verstand oder das Gefühl unserer Verantwortlichfeit uns verlassen hätte. Warum hätien wir unseren Verpflichtungen eutgegen unsere Tür schließen oder uns bemühen sollen, des Nachbars Tür zu schließen, wenn wir durch unsere Ehre verpflichtet waren, sie zu schützen? Sie haben es niemals bequemer gehabt, mit Japan und China Handel zu treiben, als jetzt. Gerade so, wie Sie hinautgestrebt haben, wie Sie uns die Kenntnis von dem Westen gebracht und uns gelehrt haben, wie man groß wird und Handel treibt, so hbaben wir, nachdem wir Klugheit und Kenntnis und Stärke erlangt hatten, uns ein anderes Handels⸗ gebiet gewünscht, um darauf zu lernen.“ Nachdem Redner erklärt hatte, daß alles „Gemurmel und Getuschel“ über eine Schließung der Tür das Ergebnis zehnjähriger feindlicher Umtriebe sei, fuhr er fort: „Ich versichere Sie, daß die Schließung der Tür in China nie die Politik meiner Regierung gewesen ist oder sein wird. Die Tür ist offen, und ein Feld noch da. Wir begrüßen jede Mitwirkung und jeden Wettbewerb, der nach Verbesserung der für alle gleichen Betätigungs⸗ bedingungen strebt.“
— Das Ausfuhramt der Vereinigten Staaten hat, wie die „Westminster Gazette“ meldet, eine drastische Politik in Hinsicht auf die neutralen Staaten eingeführt. Kein Staat, der nicht als Verbündeter der Entente am Kriege beteiligt ist, wird von Amerika weiterhin folgende Ausfuhr⸗ artikel erhalten: Zucker, Baumwolle, Weizen, Salz, Chemikalien, Eisen, Stahl, Blei und andere Ausfuhrartikel. Arzneimittel sollen nur in heschränktem Maße und gegen besondere Be⸗ willigung ausgeführt werden. Kurz, die Vereinigten Staaten haben sich dazu entschlossen, alle Vorräte der wichtigsten Waren für sich selbst und für die an Amerikas Seite kämpfenden Staaten zurückzubehalten.
Asien.
Die chinesische Regierung hat nach einer Meldung des „Reuterschen Büros“ die Verhaftung Sunyatsens und seiner Gefährten befohlen, die vor kurzem in Kanton eine sogenannte Militärregierung errichtet haben.
Parlamentarische Nachrichten
Der Entwurf eines Gesetzes über Ermächtigung des Staatsministeriums zu Maßnahmen, betreffend Vereinfachung der Verwaltung,
ist nebst Begründung dem Hause der Abgeordneten zu⸗ gegangen. 8
§ 1.
Das Staatsministerium wird ermächtigt, während der Dauer des Krieges gesetzlide Maßnahmen anzuordnen, die sich hinsichtlich der Zusammensetzung, der Zuständigkeit und des Verfohrens der Be⸗ hörden des Staates, der Gemeinden und der Gemeindeverbände zur Ersparung von Arbeitskraft als notwendig erweisen. 8
Diese Maßnahmen sind dem Landtag bet seinem nächsten Zu⸗ sammentritt zue Kenntnis zu bringen und auf Verlangen eints der beiden Häuser aufzuheben. d
§ 2.
Die Maßnahmen dürfen sich insbesondere erstrecken:
1) auf Herabsetzung der Beschlaßfaͤhigkeitsziffer von Behörden und Körperschaften,
Der Gesetzentwurf lautet, wie folgt: 2
zeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.
——õ——-—-y——ꝛ—ᷓ———ÿ⸗ꝛxxx—----—
auf Vereinfachung des färmlichen Verfahrers, 3) auf Verminderung der Instanzen, ) auf Einschränkung der Staatsaufsicht. Die Erlasse des Staateministeriums sind in der Gesetzsammlun, bekannt zu machen. § 4.
Dieses Gesetz tritt mit seiner Verkündung in Kraft. Der Zelt⸗ punkt, in dem das Gesetz außer Kraft nitt, wird durch Königliche Verordnung bestimmt. Spätestens tritt es zwei Jahre nach Brendigung des Kriegszustandes außer Kraft. 1“
In der dem Gesetzentwurf beigegebenen Begründung wird ausgeführt:
Im Verlauf des Krieges sind im Durchschnitt 40 bis 60 vom Hundert des Bestandes der Breamten der Staats⸗ verwaltungsbehörden zum Heeresdienst einberufen worden. Die Abgabe möglichst vieler Beamten war am Beginn und in den ersten Monaten des Krieges vom Standpunkt der Arbeitslast der Behörden unbedenklich, da zunächst die Dienstarbeit zurückgegangen war. Mit der längeren Dauer des Krieges hat sich die Lage geändert. Die Dienstarbeit ist in gleich⸗ mäßigem Wachstum wieder gestiegen. Umfangreiche Arbeitsgebiete sind
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8
regelmäßtge
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durch die Kriegsgesetzzebung hinzugetreten, z. B. die Lebenk⸗ und
Futtermittelversorgung, die Versorgung der Kiiegsverletzten und „hinterbliebenen, die Kriegsfamilienunterstützungen, das gesamte Gebiet der sogenannten Kriegswohlfahrtspflege, die Auslängerkontrolle, das Kriegsersatzgeschäst und die Reklamationen. Neue Kriegsgesetze werden weitere Aufgaben bringen. gehörenden Beamten liegt die Erledigung dieser Mehr⸗ und Neuarbeit ob. Die Einberufungen sind noch nicht beendet. Um ein abschließendes Urteil über den Mindestbedarf an Be⸗ amten zu gewinnen, sind die Arbeitsverhältnisse bei den Behörden durch besondere Kommissioren unter Leitung von Vertretern der Oberpräͤsibenten und der stellvert eter den Generalkommandos geprüft worden. Diese Prüfung hat feste Grenzlinien zwischen den Anforde⸗ rungen der Heeresverwaltung und der Behörden geschaffen. Nach
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Den bei den Behörden verbliebenen, in ihrer überwiegenden Mehrzahl den älteren Jahresklassen an-
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dem übereinstimmenden Urteil aller Staatsbehörden sind die Beamten 1
im allgemeinen bis an die Grevze der Leistungsfähigkeit, vielfach schon über ihre Kraft, in Anspruch genommen. Es bedarf durchgreifender Maßnahmen zur Abhilfe.
Das Reichagesetz über den
vaterländischen Hilfsdlenst vom
5. Dezember 1916 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 1333) wäte geeignet, den Behörden durch Emstellung von Hilfsdienstpflichtigen die notwendigen
Kräfte zuzuführen. Auf diese Hilfe wird indessen nur in recht bescheidenem Umfange gerechnet werden können, da das Kriegsamt tunlichst viele Hilfsdienstpflichtige für die unmittelbaren Zwecke der Kriegsführung und Volksversorgung heranziehen muß.
Der Grundgedanke des Hiltsdienstgesetzes, die Kraft der ganzen Nation in allen ihren Teilen vund Hlirdern auf diese Zwecke ein⸗ und
nach Bedarf umzustellen, erstreckt sich andererseits auch auf die Frage,
ob und inwiewest die Tätigkeit eiver Behörde nach ihrer Verf ssung und Zuständigkeit für die Zwecke der Kriegsführung und Volksoer⸗ sorgung bedeutungslos ist und daher überhaupt wentgstens eingeschränkt oder verändert werden könnte.
„Nach allseitigem Urteil der deteiligten Behörden ist die volle Einstellung der Tättakeit irgend einer Staatsverwaltungsbebörde oder auch nur die Ausschaltung einzelner größerer Tätigkettsgebiete nicht angängig, wohl aber ist die Einschränkung der Arbeit und ihre Ver⸗ einfachung möglich.
Um dem Grundgedanken des Hilfsdienstgesetzes gerecht zu werden
und um die Behörden für die Bewältigung ihrer Aufgaben leistungs⸗ fähig zu erhalten, bedarf es durchgretfender Masnahmen und Ein⸗ griffe durch weitgehende Vereinfachungen im Verwaltungswege, durch Aenderungen landesgrsetzlicher und reichsgesetzlicher Vorschristen und threr Ausführungsanweisungen.
Die im Verwaltungswege durchzuführenden können alsbald angeordnet werden. Unwichtigere Arbeiten, wie etwa Einreichung von Jahresübersichten und Berichten, gewisse statistische
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eingestellt oder
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Vereinfachungen
Ermittlungen usw. werden eingestellt, nicht eilbedürftige, z. B. gering⸗-
fügige Streitsachea zwischen Armenverbänden zurückgestellt werden önnen. 1
Die Aenderung landesgesetzlicher Vorschriften und ihrer Aus⸗ führungsbestimmungen bedarf gesetzlicher Regelung. Das jeweilige Herantreten an die gesetzgebenden Körperschaften mit Einzelvorschlägen ist untunlich, da die Zahl der in Frage kommenden Bestimmungen
sehr erheblich ist und die Eilbedürftigkeit sofortige Maßnahmen er⸗
fordert.
Der vorstehende - mächtigang für d.s Staatsministerium, Aenderungen der Landesgesetze und ihrer Ausführungsbestimmungen während der Zeit des Krieges in der im § 1 gegebenen Begrenzung anzuordnen. In erster Linte werden dabei gesetzliche Aenderungen aus dem Gebiete der all⸗ gemeinen und inneren Staatsverwaitung in Frage kommen. In gleicher Weise werden aber grundsätzlich die Dienstgebiete der übrigen Staatsverwaltungen miterfaßt, auch der Justtz (i. B. Er⸗ streckung der im Artikel 26 des AS. z. BGB. für die im bis⸗
Gesetzentwurf erbittet deswegen die Er⸗
herigen Geltungsbereiche des rheinischen Rechts belegenen Grund⸗ stücke zuzelassenen erleschterten Form der Auflassung auf alle in Preußen belegenen Grundstücke, Erwetterung der Besugnis des Amts-
gerichts, die Vermittlung einer Auseinandersetzung einem Notar zu überweisen), der landwirtschaftlichen Verwaltung u. a.
§ 2 gibt vier Richtlinten fär diese Anordnungen, ohne damit eine zwingende Beschränkung einsufuhren.
Zu § 2 Ziffer 1. Viel Arbeitskraft kann durch verminderte Be⸗ setzung der Verwaltungsgerichte gespart werden. Zur Beschlußfähig⸗ keit des Bezirksausschusses werden, wie beim Kreisaussch ß, 3 Mitzlieder ausreichen, und zwar 2gewählte und 1 ernanntes als Vorsitzender. Ebenso wird für die Eatscheidung des Oberverwaltungsgerichts in Disziplinar⸗ sachen die Besetzung des Senats mit 5 Mitgliedern, unter Aufhebung des Disziplinarsenats, genügen. Von der jetzt gesetzlich vorgeschriebene Regel der Zuztehung etnes Gerichtsschreiders bei Sitzungen des Ver⸗ waltungsgerichts wird Abstand genommen werden können. Die Be⸗ schlußfähigkeit der Kreistage, Stadtverordnetenversammlungen, Magistrats⸗ und Gemeinderäte wird bei Anwesenheit von einem Drittel der Mitglieder festzusetzen sein.
Zu § 2 Ziffer 2. Vorbind der Vereinfachung bietet die Ver⸗ ordnung, betreffend ein vereinfachtes Beschaffung von Arbeitegelegenheit und zur von Krieasgefongenen, vom 11. September 1914 samml. S. 159). Diese Verordnung führt das sehr raubende und verwickelte Enteiguungsverfahren nach den
zeit⸗
11. Juni 1874 (Gesetzsamml. S. 221) auf die einfachte Form zurück Eine anzustrebende Vereinfachung wäre z. B. die Erweiterung des Grundsatzes in § 64 flg. des Landesverwaltungzgesetzes vom 30. Jult 1883 (Gesetzsamml. S. 195), betreff ud den Vorbescheid Der Vorbescheid wird in allen Fällen (beim Bezirksausschu auch ohne Einverständnis mit den ernannten Mitgliedern) für zulässi⸗ zu erklären sein; auch dann, wenn mündliche Verhandlung be antragt, oder wenn bereits eine Gegenerklärung abgegeben ist, ode
Enteignungsverfahren zur Beschästigung (Gefet⸗
Vor⸗
schriften des Gesetzes über die Enteiguung von Gruareigentum vom
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