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Aegäisches Meer: Am Meerbusen von Saros wurde englisches Fingzrug neuen Systems durch Feuer von der Erde aus zum Landen gezwungen, die aus drei Mann be⸗ stehende Besatzuna fiel in unsere 123 8 1 An den übrigen Fronten keine Ereignisse
Der Krieg zur See.
Berlin, 2. Oktober. (W. T. B.) Durch unsere U⸗Boote wurden auf dem nördlichen Kriegsschauplatze wiederun 18000 Br.⸗Reg⸗To. versenkt. Unter den vernichteten Schiffen befanden sich zwei bewaffnete englische tiefbeladene Dampfer, von denen einer aus stark gesiche tem Geleitzuge herausgeschossen wurde, sowie das französische Fischerfahrzeug
„Quatre fréres“. 1 “ Der Chef des Admiralstabes der Marine.
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Scriften von Fördereen, Genmwern und Zeitgenossen der Reformation
in einem Uamfange und in einer Ausleie pen ÜtLrarischen Selten⸗ „ ba „ r. 5
heiter, wie man ihnen nur ausnahmsweise begegnet.
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. Ausstellungsnachrichten.
Im 2. Oktober wurde die Ausstellung „Kriegerehrungen“ in den Räumen der Unterrichtsanstalt des Königlichen Kunsigewerke⸗ museums in Berlin, Prinz Ailbrechtstrafe 8, der Oeffentlichkeit zu⸗ gängig gemacht. Kurz vorher fand seitens des Kriegeministers von Stein und des Krltusministers Dr. Schmidt, als der Ver⸗ anttelter der Ausstellunc, eine Vorbesichtigung statt, an der auper Vertretern des Feldheetes und der Marine sowie der verbündeten öfterreichisch⸗ungarischen Armer, Vertreter der beteiligten Zivil⸗ und Militärbebörden, der protes'art'schen und katbolischen Eeizlichkeit, der Stedtgemeirden Groß Berling u. c. teilnahmen. Die Führung halten in den geschlosseren Pusstellungeräumen der Professor Kutschꝛnann, in der Ausstellung im Freien der Professor Seeck, als die Ausstellungs⸗ leiter, übernommen.
Parlamentarische Nachrichten. Die nächste Vollsitzung des preußischen Herren⸗ hauses ist nach einer Mitteilung des „Wolffschen Telegraphen⸗ büros“ auf Donnerstag, den 18. Oktober, Nachmittags 1 Uhr, festgesetzt. 2
Wohlfahrtspflege.
Wiedererstattung der agemeindlichen Aufwendungen für die Kindersürsorge.
Wie die Zentralstelle für Volkswohlfahrt in der „Korrespondenz sür Kriegewohlfahrtspflege“ berichtet, haben das preufische und das sächsische Ministerium des Innern mitgeteilt, daß ste der Auffassung sind, daß notwerdige Aufwendungen, die die Eemeinden auf dem Gebiet der Fürsorge für Kinder arbeitender Mütter machen, als Aus⸗ gaben der Krse swohlfahrtspflege anzusehen sind, falls die Mehrzahl der Mütter sem Stande der Kriegerfrauen angehört. Danech haben also auf die Wiedererstattung eines erheblichen Teils der Aufwendungen, die sür die Kinderfürsorge, insbesondere für Krippen, Kindergärten, Torte, Mütterberatungsstellen, Auskunftstellen für Kinderfürsorge usw. gemacht werden, aus Staatsmitteln die Gemeinden in Preußen sowie
Sachsen einen berechtigten Anspruch.
Zum Beispiel sind nach § 1274 der Reichsversicherungsordnung die Landesversicherungsanstalten in der Lage, aus ihre Ueberschüssen mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde Mittel für solche Zwecke zur Verfügung zu stellen, die der Hedung der Gesund⸗ beit der versich rungerflichtigen Bevölkerung zugute kommen. Auf Grund dieser Bestimmung hat bereits kürzlich dee Landesversicherungz⸗
außalt Berlin dem Großberliner Kriegsausschuß jum Schutze auf⸗ siähteloser Kinder den Betrog von 50 000 ℳ zum Ausdau der Kinder⸗ försorgeeim schtungen zwgewiesen. Zu bemerken ist hier noch, daß rach § 363 der Rrichsversicherungsordnung arch die Krankenkassen in der Lage sind, Mittel für Zwecke der allgemeinen Gesundheits⸗ ürsorge zu bewilligen.
Die Schlesische Provinzial⸗Feuersozietaäͤt hat in der An⸗ nahme, daß in der Abwesenbeit der Mutter unbeaufsichtigt spielende Kinder sehr leicht Feuersgefahr verursachen könnten, für die Klein⸗ kinderfürsorge den Betrag von 200 000 ℳ bercitwilligst zur Ver⸗ ügung gestellt. Auf Antrag werden aus dieser Summe Beibhilfen zur ersten Einxichturg oder auch zur Verwaltung von Kindergärten, Krippen und Kinderschwesterstatsonen bewilligt. Die Beihilfen richten sich nach der Zahl der Kinder, die in den Krippen verforgt werden sollen. In der Regel werden sie für ein Jahr bewilligt, können jedoch nach Ablauf eines Jahres unter Vorlegung des Jahresberichts neu beantragt werden.
Es dürfte nach diesen Beispielen wohl nicht aussichtslos sein, auch in anderen Landesteilen für Zwecke der Kleinkinder⸗ und Kinder⸗ fürsorge die Gewährung von Mitteln der Landecversicerungsarstalten und der verschiedenen Sozietäten zu beantragen.
Kunst und Wissenschaft 6
Anthropoloaische Untersuchung in Gefangenen⸗ lagern. An dem Vötkergemisch der russischen Gefangenenmassen in. den österreichtsch⸗ungarischen Lagern führt Prof. R. Pöch im Auftrage der Wiener Akademie der Wissenschasten um sargreiche Untersuchungen durch. Es ist ihm gelungen, 10 Gruppen von Völkern des russischen Reiches in einer befriedigenden Kopfzahl und auch in esner in bezug auf dee Vollständigkeir der Messungen und guten Charakteristerung durch die Pbotographie entsprechenden Aet festzu stellen. Zu den am voll⸗ sändigsten und reichlichten vertretenen Grurpen gebören die Baschkiren und Tataren, einschließlich der Nogaier, Tipteren, Mischeren und Krim⸗ te taren, serner die südkaukasischen Völker (die Georgier und Minarelier und die Armenter), dann die Moldowanet, die Kieinrussen und endlich die (Hruppe der Letten und Liteuer. Auch die finnisch⸗ugrischen Völker sind, als Einheit betrachtet, entsprechend zablreich verireien. Schließlich negt auch von den Großrussen ein recht zahlreiches Material vor, das zum Vergleich und zum Snudium der Rassenmischung, namenllich der fianischen und mozgolischen Elemente, wohl herangezogen werden kann Außerdem sind zur wissenschaftlichen Verwertung nrch geeignet die Messungen und Photographien ven Weißrussen, Rulgaren, Gagausen, Griechen und Juden aus allen Teilen des russischen Reiches sowte von Mongolen aus dem asiatischen Rußland, serner von Serben, serbischen Zigeunern, von Montenegrinern, von Reichsrumänen und von Italienern.
Literatur. 8
— Die Schule im Dienste der werdenden Persönlich⸗ keit. Von Oberschulrat Dr. Hugo Gaudig, Direktor der böheren Mädcherschule und des Lehrerinnensemiaars in Leipzig. Zwei Bände. (Verlag von Quelle und Meyer in Leipzig. Preis geb. 15 ℳ.) Das vorliegende Buch war, wie das Vorwort vom Februar 1917 angtht, beim Ausbruch des Welrkrieges fertig gedruckt, wurde aber zunächst nicht ausgegeben. Schließlich glaubten Verlag und Verfasser aber doch die Zeit gekommen, wo eine Veröffentlichung wie diese auf Teil⸗ nahme rechnen könne. Das Zitl, das bier der Schule gewiesen wird, ist in dem Tiiel ausgesprochen. Die Schule der Zukunft — das ist der Kern aller Ausführungen — ist die Arbeitsschule mit planmäßig arbeltenden Klassen, d. h. solchen, die die Pläne selbsttätig entwersen und ebenso durchführen. Kräfte sollen entbunden werden, aber in dem Wirken von Person zu Person. Seldsttätigkeit und persönliches Leben sind die Kenn⸗ und Leitworte des neven Versahrens; Persönlichkeit, als ideale Lebensgestaltung, soll die Masse uͤberwinden. Es ist hier nicht der Ort, die einzelnen Forderungen des Verfasserz durchmgehen oder gar zu ihnen Stellung zu nehmer. In der Abwehr abweichender Auffassungen ist der Ver⸗ fasser manchmal zu weit gegaugen, so gibt sie ihm Anlaß zu Aus⸗ sälen gegen die höbere deutsche Schule und Gruppen ihrer Ver⸗ treter. Seine Werbearbeit zilt vornehmlich der Volksschule, wie denn auch die Ausbildung des Lehrers im Seminar sehr eingehend betrachtet wird.
— Die Firma Otto Harrassowitz, Buchhandlung in Leipzig, hat anläßlich des 400 jährigen Refermaitonsjubiläums unter demn Titel „Luther und seine Zeit“ ein Bächerverzeichnis erschelnen lassen, das eine reiche Sammlyng von Druckschriften aus der Reformations⸗ zeit und aus dem 16. Jahrhundert überhaupt enthält. Außer etwa 200 Driginaleinzelschristen des R⸗formators selbh über sein
reformatorisches und homiletisches Wirken sowie Kampfschriften politischen und geistlichen Inhalts enthält die angebotene Sammlung
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Theater und Musik.
Köͤnigliches Opernhaus.
Elf Jahre sind verstrichen, seit Leo Blechs Oper „Alpenkönig und Menschenfeind“ in der Sommeroper bei Kroll aufgeführt wurde; gestern zoa sie nun in einer neuen Texlbearbeitung des Generalinten⸗ danten Grafen von Lülsen⸗Haeseler unter dem Titel „Rappel⸗ kopf ium ersten Mal in klas Köntgliche Opernhaus ein. Das nach dem hekarnten Raimundschen Märchen von Richard Batka verfaßte Textbuch verteilte die Handlung mit unleugbarem Geschick auf dret in der Wirkung sich steigernde Akte. Sergleser aber war der Verfasser hei dem Versbau zu Werke gegangen, auch war der Grundeedanke des ganzen Märchens nicht mit genügen der Deutlichkeit bervorgehober. Hier setzte der Bearbeiter ein, der den Versen einen besseren Schliff gab und die Hauptgestalt des unangenehm berührenden Wuüterichs Rapperkopf zu einem „bemit⸗ leidenswerten, seelisch erkrankten Menschen umformte. Mustkalisch ist wohl bis auf einine Kürzurgen und geringfügige Aenderungen im wesentlichen alles beim alten geblieben. Leo Blech wandelt bier als Kom⸗ ponist unverkennbar in den Spuren seines Meisters Humperdinck. Ibm scheint, wie schon geleger klich der Erstaufführung im Jahre 1906 ausgeführt wurde, eme Fortentwicklung der Oper einfacherer Art, etwa im Geiste Lortzings vorgeschwedt, zu haben, die schlichte Volks⸗ weisen und das Strophenlier, ja sogar den Kehrreim nich: verschmäht, er bat daneben aber auch auf die Grongenschꝛften neuteitkicher Orchestrterung nicht verzichten wollen. Ohne Zweifel ist bei Leo Blech die gemütvolle und tändelnde Aosdruckswesse, die das Gebtet der Ovperente leicht streift, viel ursprünglicher als die feierliche Tonsprache des polvphonen OrcDhestersctzes, mu der er z. B. den Frieden und die Er⸗ hadenheit der Bergwelr zu schildern unternimmt. Viezleicht wird er einmal dazu leꝛnfen sein, uns die Volkseper neuen Stils zu schenten. In seinem „Rappelkopf“, der im ersten Akt ewas matt ein⸗ setzt, uin bedeuturngsvollsten zweiten mehr L⸗ben auf die Bühne bringt uny auch manche Stimmungsschönheit enthält und im Schlußakt noch einmal einen Gipselpunkt erklimmt, ver⸗ dienen die srische gasz Humperdinckisch anmutende Einlettungsszene des zweiten Aufzugs, kie die Lischlerfamilie vorführt, sowie der un⸗ müßtelbar sich onschließende Monoclog Rarpelkopfs, das Erscheinen des Berggeistes und der myische Ausklang des Attes mit dem unsicht⸗ baren Geistercher besondere Hervorhebung. Auch Habakuks Kehr⸗ reimlieder und sein Zwiegesang mit Lieschen, der übrigens gestern (eine Seltenheit im Koͤniglichen Overnhause) wiederholt werden mußte, sowie manche ardere liedatige Stelle berühren sehr angenehm. In der gestrigen szentich, mustkallsch und darstellerisch der früheren weit überlegenen Aufführung kam das alles weit särker zur Geltung als vor Jabren, zumal da Leo Blech selbst den Taktstock führte. Den Rappelkopf gab Herr Bohnen, der als Sänger wie als Schau⸗ spieler gleich bedeutendes leistete, den Berggeist, seinen nachhertgen Doppelgänger, nicht minder wiekungsvoll Herr Schwarz. Es war ein Genuß für sich am Ende des zweilten Aktes die herrlichen Stimmen dieser beiden Künstler im Zusammenklang nebencinander zu hören. Rappelkopfs Frau und Tochter sowie der letzteren Bräutigam hatten in Frau von Scheele⸗Müller, Frau Dux und Herrn Kirchrer ausgezeichnete Vertreter, und das Bedienten⸗ Uiebespaar in Frau Engell und Herrn Henke, deren erfolg⸗ reicher Vortroeg des Zwiegesangs bereits erwähnt wurbe, nicht minder. Die einzelnen Rollen der lustigen Tischterfamilie waren bei Herrn Bachmaunn und den Damen Birkenström und Escher ebenfalls vortrefflich aufgehoben. Starker Beifall rief nach allen Aktschlüssen den Kompontsten und die Sänger wiederholt vor den Vorhang.
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Im Königlichen Opernhause wird moigen Leo Blechs Oper „Rapperkop;“ unter des Komponisten eigener Leitung in der Besetzung der Erstaufführung wiederholt.
Im Koͤniglichen Schaufptelhause wird morgen Ibsens „Prer Gynt“ mir Herrn Cfewing in der Titelrolle und mit der Be⸗ gseitmusik von Edward Grieg gegeben. Spielleiter ist Dr. Bruck. Anfang 6 ½ Uh⸗-.
Die nächste Neuheit des Deutschen Opernhauses wird die Oper „Die Schneider von Schönau“ von Brandt⸗Buyvs sein, die von dem Direktor GScorg Hartmann in Szene gesetzt werden wird.
Im Schillersaal werden die Dichter⸗ und Tondichter⸗ Abende des Schillertheaters am nächsten Sonntaog, Abends 8 Uhr, eröffnet mit einem Theodor Storm⸗Abend anläaßlich des 100. Geburtstages des Dichtere. Den einleitenden Vortrag hbä't Dr. Gustav Manz. Der Eintrittepreis beträgt 65 ₰ einschließlich Kleiderablage und Vortragsezenel.
ersten
Mannigfaltiges. 3
Auskunftsstelle Vereinigter Verbände hat B.“ zafolge an Seine Majestät den Kaiser und folgendes Telegramm gerichtet:
„Sw. Majestär gegenüber legt biermit die Auskunflsstelle Ver⸗
„W. T. König einiater Verbände, in der Organifattonen nationaler Art und aller Berufsgruppen aus Industrie, Landwirtschaft und Handel und Ge⸗
werbe, Unternehmer, Mittelstand und Arbeiter zusammengeschlossen sind, am heutigen Geburtstage dez Generalfeldmarchalls pon Hider⸗
burg Zeugnis dafür ab, das troz aller Noꝛ dieser Kriegt⸗ zeiten unverändert in allen Klassen des Volkes, dem leuchtenden Vorbild Hindenburgs folgend, das unerschütterliche Pflichtbewußtsein und die zähe Entschlossenbeit leben, die uns die Kraft zum Durch⸗ halten bis zum Siege gewährleisten. Jeder Veisuch unserer Feinde, Zwiespalt in die deutsche Einigkeit zu tragen, wird kläglich zerschellen an dem allen Deutschen gemeinsamen Geist der Augusttage 1914, der sich erneut in dem einmütigen Vertrauen des Volkes zu der von Ew. Majestät berufenen Kriegsleitung offenbart. Geheimer Regierungsrat Dr. O. Poensgen, Vorsitzender des Beirates der Auskunftsstelle Vereinigter Verbände.“ 1“
Im Anschluß an die Bekanntmachung des Kohlenverbandes Groß Berlin vom 28. September 1917 über nachträgliche Meldung bisher nicht angegebener Kohlenbestände wird für den Stadtbezirk Berlin angeordnet, daß diese Meldung von Berliner Einwohnern nur auf einem besonderen Post⸗ kartenvordruck zu erstatten ist, welcher auf den Berliner Brot⸗ kommissionen oder bei der Kohlendeputation, Brettestr. 11, be⸗ zogen werden kann. Wer seine Bestände schon wahrheitsgemäß ge⸗ meldet hat, ist zu einer nochmallgen Meldung nicht mehr verpflichlet.
Sammelmerkblatt. Was sell gesammelt werden? Für welche kriegswirtschaftlichen Zwecke wird gesammelt? Von wem und
“ 8
zu 5 I9 5. 2 A lle pi Wer erteilt Nuskantt üler die einzelnen Segee. e Frao⸗ n Merlb Bescheid, das der soeben erschienenen Fraoen gibt ein Merlhlatt Bescheid, 2
Nr. 30 tes „Krie samtz, Amtliche Mitteilungen und Nachrichten“, beiltegt und von dem bei dem Kriegkamt gevildeten Kriegzausschuß für Sammel⸗ und Helserdienst, Berlin W. 8, Charlottenstraße 71, bezogen werden kann.
Mit der Entwicklungsgeschichte des Buchdrucks in der Türkei beschäftigt sich der Prosefor Dr. B. Stübe in der „Papter⸗ jettung“. Die meisten ori'ntalischen Drucke sind in den letzten 100 Jahren bergestellt worden. Der älteste türtische Druck stammt aus dem Jahre 1728. Zwar hatte schon vor dieser Zeit die Republik Benedig dem Sulzan einen Saßz alcbischer Zeichen und die nötigen Drudereietnrichtungen zum Weschenk gemacht, aber der Sultan ließ die Gabe im Meer versenken. Ein kiuger Engländer lernte den hoben Preis für Handschriften des Koran kennen. „Er glaubte, den Türken einen Dienst zu erweisen, indem er sie mit elner in England gedruckten Koranausgabe beglückte. Aber die in Ergland hergestellten Stück⸗ wanderten denselben Weg wie das Geschenk Venedigs. Anders gestaltelen sich die Ver⸗ bältnisse erst unter dem Sultan Achmed III., der mit dem Jnteresse für Kunst und Wissenschaft auch Neigung zur Unterhaltung vnd zu äußerem SGlanz vereinigte. In Jhrahim Pꝛscha besaß er einen gusgezeichneten Großwesir, dem auch die Er⸗ richtung der ersten fürkischen Bücherei zu danken ist. Im Jahrt 1720 war Mohammed Effendi als Gesandter des Sultans zu den west⸗ europätschen Mächien gekommen in Begleitung seines Sohnes Said, der den Einfluß von Wissenschaft und Eiteratur kennen lernte. Diesen Segen wollte Said auch der Türket üöbermitteln und teilte diesen Plau nach seiner Rückkehr nach Konstantinopet einem zum Islam übergetretenen Ungarn mit, der mit seinem türkischen Namen Ibrahim Mutafarrika hieß. Dieser begründete die erste lürkische Buchdruckerei. Er leitete das Unternehmen, war selbst Schriftsteller, Uebersetzer, sein eigener Forrektor und Drucker. Vor der Gründung galt es jedoch viele Widerstände zu beseitigen. Diese kamen nicht nur vom Stand der Schreiber, sondern auch von den Tbeoloegen. „Der Scheich ul Islam führte aus, daß Mohammed bie „Schrift“ für die Grundlage des Glaubens erklärt habe, und daß sich in der Ueberlieferung kein Ausspruch Mohammeds finde, der ihren Ersatz durch den Pruck gestatte. Der Großwesir verzrand es aber in sehe geschickter Weise, alle Hindernisse zu beseitigen, und so kam ein Fetwa des Scheich ul Ijlam zustande, in dem es heißt: „Allab weiß ts am besten. Wenn eine Person, deren Fertigkeit in der Druckkunst besteht, die die Buch⸗ staben und Worte eines torrigierten Buchs richtig gießt und auf Papier vermittels Drucks in kurzer Zeit ohne Schwierig keit in vielen Srücken herstellt, eine Menge für billigen Preis zum Verkauf bringt und auf diese Weise einen großen Nutzen „siften kang, so ist, falls für diese Perfon irecks Korrektur der Bücher, von denen Verpiel⸗ fältigungen bergestellt werden sollen, einige Gelehrte ausgewählt sind, dies ein höchst lobenswertes Werk.“ Und so wurde dann tatsächlich die erste Kaisexliche Druckerei durch einen Erlaß vom 5. Juli 1727 errichtet. Zwei Beschränkungen war diese Druckerei unterworfen. Zunrächst waren Werte reltgibsen Inhalts vom Druck ausgeschlossen, und im übrigen stand sie unter der Zensur eines Nusschusses, der aus vier Gelehrten zusammengesetzt war. Pas erste Werk, das aus dieser Druckerel hervorging, war die türkische Uebersetzung des arabtschen Lerikons des Dschauhari. Wäͤhrend ein handschristliches Stück 350 Ptaster kostete, stellte sich das gedruckte auf 25 Piaster.
Insterburg, 2. Oktober. (W. T. B.) Ihre Maje stät die SI Königin besuchte Heute vormittag in Inster⸗ burg das Garnisonlazorett und das Lazarett in der Artilleriekaserne, darauf die litauische Webeschule im Landratsamt. Am Nachmittag wurde der Wiederaufbau der Stadt Stallupönen besichtigt und der Ebrenfriedhof in Göritten hesucht, woselbst Ihre Majestät einen Kranz niederlegt“. Abends kehrte Ihre Majestät nach Königsberg zurück.
London, 2. Oktober. (W. T. B.) Amtlich wird gemeldet, daß eine Explosion und ein beftiger Brand in einer Munitions⸗
fabrik in Ostengland stattgefunden hat. Der Schaden ist an⸗ sehnlich, eine Arzahl von Arbeitern ist verletzt.
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)
Königliche Schauspiele. Donnerst.: Opernhaus. 209. Dauer⸗
bezugsvorstellung. Dienst⸗ und Freiplätze sind aufgehoben. Unter persoͤnlicher Leitung des Komponisten: Rappeltonf. (Berliner Fassung von „Alpenkönig und Menschenfeind“.) Oper m drei ufzügen F. Raimund ren Richard Batka. Musik Leo ech. Spielleiteong: Hetr Bachmann. Anfang
Dienst⸗ und
nach von Bl 7 ½ Uhr.
Schauspielhaus. 211. Dauerbezugsvorstellung. 1 Freiplätze sind aufgehoben. Peer Gynt von Henrik Ibsen. (In zehn Bildern.) In freier Uebertragung für die deutsche Bühne gestaltet von Dietrich Eckart. Musik von Edward Grieg. Musikalische Leitung: Herr Schmalstich. Spielleitung: Herr Dr. Bruck. Anfang 6 ½ Uhr.
Freitag: Opernhaus. 210. Dauerbezugsvorstellung. Dienst⸗ und Freiplütze sind aufgehoben. Der Traubadour. Oper in vier Akten von Giuseppe Verdi. Text nach dem Italienischen des Salvatore Camerano. Anfang 7 ½ Uhr.
Schauspielhaus. 212. Dauerbezugsvorstellung. Kyritz⸗Vyritz. Alt⸗Berliner Posse mit Gesang und Tanz in 3 Aufzügen (5 Bildern) von H. Wilken und O. Justinus. Mußk von Gustav Michaelis. — Vorher: Zur Werbung für die 7. Kriegsanleihe: Stahl und Gold. Zeltbild in Versen in einem Aufzug von Le Musik von Paul Linkec. Anfang 7 Uhr.
Familiennachrichten.
Verlobt: F t Richthofen (Nitolasset — Nimptsch, Schles.).
Geboren: Ein Sohn: Hrn. B. Frhrn. von Cramm (Brüggen, Hanr.). — Hrn. Rittmeister Hell (z. Zt. Stettin). — Hrn. Hans Joachim von der Scholenburg⸗Beetzendorf (Amt Gerbftedt, Mansfelder Seekr.). — Hrn. H. von Oertzen⸗Rattꝛy (Schön⸗ beck, Meckl.). — Hrn. Rittmeister Foachim von Blücher (Demmin). 3
Gestorben: Hr. Konteradmiral z. D. Paul Hofmeier (Berlin⸗ Schmargendorf).
Verantwortlicher Schriftleiter: Direktor Dr. Tyrol, Charlottenburg.
Verantwortlich für den Anzeigenteil: Der Vorsteher der Geschäftsstelle, J. V.: Rechnungsrat Reyher in Berlin. 3
Verlag der Geschäftsstelle (J. V.: Reyher) in Berlin.
Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verla
Berlin, Wilhelmstraze 322A2. Vier Beilagen 8
und das Post Nummer 4.
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1“ 8 1“ gär 11“ 11“ welchen Preisen werden die Fammelgegenstände ahgenommen?
Leipnger.
rl. Eertrud Engel mit Hrn. Landrat Georg Frhrn. von
gsanstalt, 45
Richtamtliches.
Desterreich⸗Ungarn. In Beantwortung einer Interpellation über die Lage der
Kriegsgefangenen führte der Landesverteidigungsminister,
Feldmarschalleutnant Czapp im österreichischen Abgeord⸗ netenhause die Ursachen der ungünstigen Lage der Kriegs⸗ gefangenen in Rußland zu Beginn des Krieges nicht auf ein Uebelwollen der russischen Regierung, sondern auf die mangel⸗ hafte Organisation, auf den besonders harten Winter 1915 und die Vernachlässigung sanitärer Gesichtspunkte zurück. Der Minister erklärte laut Bericht des „Wolffschen Telegraphen⸗ büros“:
Die mit der Schutzvertretung betrauten neutralen Staaten waren der Meinung, sie seien nur zur Entgegennahme und Wetterleitung von Wünschen und Beschwerden berufen, und enthielten sich infolge⸗ dessen jeder selbständigen Anregung. Die vielfach empfohlene Ver⸗ geitungstaktik, die in einzelnen Fällen versucht wurde, scheiterte daran, daß die russische Regierung für die keiegsgefangenen Russen kein Interesse bezeigte, ja die mindergünstige Lage der Gefangenen als Aöbschreckungsmittel gegen Fahnenflucht ansah. Auch die deutsche Regierung, mit der in ahen wichtigen Entscheidungen im engsten Einvernehmen rorgegangen wurde, erkannte den Weg des Verhandelns als den richtigen an. Im Sommer 1915 boten die Kriegsgefangenen gemissen Elementen Rußlands die erwünschte Mäglichkeit einer Vergeltung für die Niederlagen auf dem Schlacht⸗ feld. Diesen Rachegelüsten gegenüber sah sich die Heeresverwattung vwor fast unlösbare Aufgabden gestellt, bis Schweden und Dänemark aus Humanität ihre Hilfe zur Verfügung stellten. Beide Staaten
Perwarben sich um unsere Kriegsgefangenen unvergängliche Verdienste.
Seit Oktober 1915 sind unter Begleitung schwerischer Männer zund Frauen 36 Hilfszüge von Finnland nach Ostsibirien ab⸗ gegangen. Es wurde eine eigene Organisation von der österzeichischen zund der deutschen Kolonte in Tienisin mit Material aus China und Amerlka geschaffen. Der Minister würdigte die Verdienste der öster⸗ reichischꝛungarischen und deutschen Rote Kreugschwestern, die seit zwei Fahren Rußland bereisen, und erklärte, daß ahe diese Unternehmungen oeirksamer wurden, seit infolge des Abbruches der Beziehungen zu Amerika der offisielle Schutz der Gefangenen den Dänen und Schweden berlassen wurde. Der Minister zählte eine Reihe von Schriiten ugunsten der Kriegsgefangenen, darunter den Invalidenaustausch, auf, der seit zwei Jahren in vollem Gange ist, und teilte mif, daß der Austausch der Tuherkulösen in Rußland vereinbaslt und in Vor⸗ bereitung sei; auch bezüglich des Austausches Gefangener von einem bestimmten Alter oder einer bestimmten Dauer der Gefangenschaft eien Verhandlungen eingeleitet.
Das Abgeordnetenhaus beendete sodann die erste Lesung des vorläufigen Haushaltsplans und wies die Vorlage dem Haushaltsausschuß zu, dem für die Erledigung des vorläufigen Haushaltsplans eine vierzehntägige und für ie Erledigung des Haushalts eine zweimonatige Frist ge⸗ eben wurde.
Im Laufe der Erörterung betonten die Slovenen Ravnibar und Ribar den oppositionellen Standpunkt der Südflaven gegenüber der Regierung, die sich den staatsrechtlichen Forderungen der Süd⸗ laven gegenüber ablehnend verhalte. Der Abg. Daszynski, der Sprecher des Polenklubs lehnte entschieden die Verantwortung ber Polen für die gegenwärlige Lage des Parlaments ab und warf der Regierung vor, daß sie die Forderungen der Polen, ins⸗ besondere nach Wiedereinsetzung eines zivtlen Statthaltens in Galizien, nicht berücksichtige, mit den Polen nicht einmal verhandle. Der Redner sagte: „Unsere Stellung zum vorläufigen Haushaltsplan verden wir bei der zweiten Lesung präztsieren, schon jetzt aber wollen vir feststellen, daß wir keine Politik gegen den Sraat und das Parlament führen, und daß unsere Krakauer Beschlüsse vom 28. Mat ch gerade auf das Vertrauen gegenüber der Dynastie und das staot⸗ iche Interesse Oesterreichs gründen. Wir sind aber nicht gesoonen, das Interesse des Polenvolkes der Politik einer Regierung anzuvertrauen, die unserem Lande gecenüber entweder feind⸗ elig oder gleichaültig verhält. Wenn die Regierung es an dem Ernst gegenüber den Forderungen der polnischen Zevölkerung mangeln läßt, pidd sie sich selbst die Schuld zuschteben müssen.“ (Lebhafter Beifull bei den Polen.) Der Rumäne Serbu bestritt den Treubruch RKumäniens und erklärte, das Köntgreich, das bei der Ginhaltung der nit Oesterreich⸗Ungarn bestehenden Verträge die größte Rolle in der Weltgeschichte hätte sptelen können, sei von einer gewissenlosen teaierung und einem entarteten Heerscher ins Verderben gestürzt vorden. Redner druͤckte den Wunsch aus, daß alle Rumänen der Monarchie unter Habsburgs und Oesterreichs Schutz als einiges Polk in einem Reich unter demselben Herrscher sich entwickeln.
— Zu Ehren des in Budapest eingetroffenen Ministers des gleußern Grafen Czernin gab der Ministerpräsident Dr.
Vekerle ein Mahl, bei dem Graf Czernin eine längere
ede hielt. Nach einigen einleitenden Worten, in welchen er eem Ministerpräsidenten Dr. Wekerle für seine freundlichen ßegrüßungsworte dankte und sich bereit erklärte, über die ßere Lage zu sprechen, beleuchtete Graf Czernin die glänzende ilitärische Lage der Verbündeten und hoh hervor, welchen roßen Anteil an den ruhmvollen Kämpfen speziell die Söhne ngarns haben. Er kam sodann auf die politische Lage sprechen und führte hierbei laut Meldung des „Wolffschen elearaphenbüros“ aus:
Dem großen französischen Staatsmanne Tallevrand wird der lusspruch zugeschrieben: „Die Worte seten da, um die Gedanken zu erhüllen.“ Mag sein, daß dieser Ausspruch richtig war für die Hiplomatie seines Johrhunderts, für die heutige Zeit kann ich mir chwer einen Satz denken, der weniger zutreffend wäre. Die Millionen,
e tämpfen, einerlei ob im Schützengraben oder im Henterlande, wollen pissen, warum und wofür sie kämpfen, sie haben ein Recht darauf, zu rfahren, warum der Friede, den tie ganze Welt erwünscht, noch nicht ngetreten ist. Als ich auf meinen Posten gestellt wurde, habe ich ie erste Gelegenheit benützt, um offen zu erkläreg, doß wir eine Vergewaltigungen begehen wollen, daß wir aber auch keine solche dulden werden und bereit sind, in Friedensverhandlungen einzutreten, obald unsere Feinde diesen Standpunkt eines Verständigungsfriedens nnehmen. Damit glaube ich die Friedensele der bsterreichisch⸗ ngarischen Monarchie, wenn auch in allgeme nen Umrissen, so dech lar hingestellt zu haben. So mancher im Inland und im be⸗ reundeten Auslande hat mich wegen dieser offenen Sprache getadelt
die Gründe“ dieser tadelr den Heren haben mich in der Richtigkeit einer Auffassang bestärkt: ich nehme nichts von dem zu ück, was ich esaagt habe, in der Ueberzenaung, daß die erdrückente Mehrheit hier nd in Oesterreich meinen Standpunkt billigt. Dies vocausgeschickt, rängt es mich heute, der Oeffentlichkeit einiges zu sagen, wie sich ie K. upd K. Regterung die weitere Entwicklung der völlig zerstörten uropäischen Rechteverhaͤltnisse überhaupt vornell'’*.
In großen Umrissen ist unser Proramm des Wiederaufbaues e Weltordnung, das richtiger als der Aufbau einer neuen
1“A“
Erste Beilage
chsanzeiger und Königlich Preu
Berlin Mittwoch den 3. Oktober
Weltordnung zu bezeichnen wäre, in unserer Antwort auf die Friedensnote des Heiltgen Vaters ntedergelegt. Es kann sich für mich also heute nur darum handeln, dieses Progtamm zu ergänzen und vor allem eine Auftlärung darüber zu geben, welche Erwägung en uns bestimmt haben, diese das bisberige System umstürzenden Grund⸗ sätze aufzustellen. Weiten Kreisen mag es überraschend, ja un⸗ begreiflich erscheinen, daß die Zentralmächte und speztell Oesterreich⸗ Ungarn in Hinkunft auf milltärtsche Rustungen verzichten wollen, da sie doch in biesen schweren Jahren nur in ihrer Milnärmacht den Schutz gegen vielfache Ueberlegenheit fanden. Der Krieg hat nicht nur neue Tatsachen und Verhältnisse geschaffen, er hat auch zu neuen Erkenntuissen geführt, welche die Grundlage der früheren eurgpatschen Polttik erschüttert haben. Unter vielen anderen politischen Thesen ist vor allem auch jene zerronnen, welche vermeinte, Oesterreich⸗Ungarn sei ein sterbender Staat. Das Dogma vom bevorstehenden Zerfall der Monarchie war es, das unsere Stellung in Europa erschwerte und aus dem alles Unverständnis für unsere Lebensbedürfnisse ent⸗ sprang. Wenn wir uns in diesem Kriege als durchaus gesund und mindestens ebenbürtig erwiesen haben, dann folat für uns bieraus, daß wir jetzt auf ein volles Verständnis unserer Lehensnotwendigkeiten in Europa rechnen können und daß die Hoffnungen zerstört sind, uns mit der Gewalt der Waffen niederringen zu können. Bis iu dem Augenblick, in welchem wir den Beweis hierfür erbracht hatten, konnten wir auf den Schutz der Rüstungen nicht verzichten und uns einer mißgünstigen Behandlung unserer Lebensfragen durch einen von der Legende unseres bevorstehenden Zusammenbruches beeinflußten Areppag nicht aussetzen. Mit dem Augenblicke aber, in welchem dieser Beweis
erbtacht worden ist, sind wir in der Lage, gleichteitig mit unseren
Gegnern die Waffen abzulegen und unsere etwaigen Streitigkeiten schiedsgerichtlich und friedlich zu regeln. Diese neue EFrkenntnis, die sich in der Welt durchgerungen hat, bietet uns die Möglichkett, den Abrüstungs⸗ und Schiedsgerichtsgedanken nicht nur anzunehmen, sondern, wie Sie, meine Herren, weissen, schon seit geraumer Zeit für deren Verwirklichung mit allen Kräften einzutreten.
Europa muß zweifellos nach diesem Kriege auf eine neue internationale Rechtsgrundlage gestellt werden, die die Ge⸗ währ der Dauerbaftigkeit bietet. Diese Rechtsgrundlage muß, wie ich glaude, im Wesen vierfacher Art sein:
Erstens muß sie die Sicherheit bieten, daß es krinen Rachekrieg, und zwar von keiner Seite, mehr geben kann; wir wollen das eine erreicht haben, daß wir unseren Kindeskindern als Vermaͤchtnis hinterlassen können, daß sie von den Scheecken elner ähnlich fürchter⸗ sichen? Zeit, wie wir sie jetzt durchmachen, verschont bleiben. Keine Machtverschiebung der kriegführenden Staaten kann dies erreichen. Der Weg, um zu diesem Ziele zu gelangen, ist allein der erwähnte, der der internationalen Weltabrüstung und der An⸗ erkennung des schiedsgerichtlichen Verfabrene. Es ist überflüssig zu sagen, daß sich diese Maßregel der Abrüstung niemals gegen einen einzelnen Staat oder gegen eine einzelne Mächtegruppe richten darf und daß sie selbstverständlich Land, Wasser und Laft in gleichem Maße umfassen muß. Aber der Krieg als Mittel der Politik muß bekämpft werden. Auf internationaler Hrundlage unter internattonaler Ueberwachung muß eine allgemeine, glei maͤßige allmäbliche ab⸗ rüstung aller Staaten der Welt erfolgen und die Wehr⸗ macht auf das unumgänglichst Notwendige beschränkt werden. Ich weiß sehr wohl, daß dieses Ziel ungemein schwer zu erreichen ist und daß ver Weg, der dahin führt, voll Schwierig⸗ keiten, lang und dornenvoll ist. Und dennoch bin ich fest überzeugt, daß er gegangen werden muß und daß er gegangen werden wird, ganz einerlef, ob der eiazelne dies für wünschenswert hält oder nicht. Es ist ein großer Irrtum, zu glauben, daß die Welt noch diesem Kriege wieder dort anfangen wird, wo sie im Jahre 1914 aufgehört hat. Katastrophen, wie dieser Krieg eine ist, gehen nicht ohne tiefe Spuren vorüber, und das schrecklichste Unglück, welches uns widerfahten könnte, waͤre, wenn dos Wettruͤsten nach Friedensschluß seinen Fortgang nehmen würde; denn 28 würde den wirtschaftlichen Untergang aller Staaten bedeuten. Schon vor diesem Kriege waren die mtlitärischen Lasten drückend — ob⸗ wohl wir uns sagen müssen, daß Oesterreich⸗Ungarn lange nicht auf der militärischen Höhe war, als es vom Kriege überrascht wurde, es hat die früher unterlassenen Rüstungen erst während des Krieges nach⸗ geholt — aber nach diesem Kriege wären bei freier Rüstungskonkurrrenz die Lasten für alle Staaten einfach unerträglich. Dieser Krieg hat gelehrt, daß mit dem Vierfachen der früheren Rüstungen gerechnet werden muß. Um nach diesem Kriege bei freiem Rüstungswettdewerb auf der Höhe zu bleiben, müßten die Staaten alles verzebn⸗ fachev, sie müßten zehnmal sooiel Artillerie, Munitionsfabriken, Schiffe und Unterseeboote alg vorher und auch ungleich mehr Seldaten haben, um diesen Apparat spielen lassen zu können; der jährliche milttärische Haushalteplan aller Großstaaten müßte mehrere Milliarden umfassen — das ist eine Unmöglichkeit; bei allen den Lasten, welche alle kriegführenden Staaten nach dem Friedens⸗ schluß sowieso schon mit sich schleppen werden, würden diese Aus⸗ gaben, ich wiederhole es, den Ruin der Völker bedeuten. Zurücknu⸗ kehren aber auf die relativ geringen Rüstungen vor dem Jahre 1914 wäre für einen einzelnen Staat schon car ganz unmöglich, denn er waͤre dadurch dermaßen in der Hinterhand, daß seine militärischen Krräste nicht zählen, seine Auslagen daber völlig zwecklos werden würden. Wenn es aber überhaupt gelingen könnte, allgemein auf das relativ. geringe Rüstungsniseau des Jabres 1914 zurückzukommen, dann würde dies ja bereits die internattonale Rüstungsverminderung be⸗ deuten, nur bätte es allerdings gar keinen Sinn, nicht weiter zu gehen und tatsaͤchlich ahzurüsten. Aus diesem Engpaß gibt es nut einen einzigen Ausweg: die internationase vollständige Weltabrüstung. Die riesigen Flotten haben keinen Zweck mehr, wenn die Staaten der Welt die Freibeit der Meere verbüegen und die Landheere müßten auf das geringe Maß herabgesetzt werden, welches die Aufrechterhaltung der inneren Ordaung erfordert. Und nur auf interna⸗tionaler Grundlage, d. h. unter internationaler Ueberwachung, ist dies möglich. Ein jeder Staat wird etmas von seiner Seibständigkeit aufgeben müssen, um den Weltfrieden zu sichern. Wabischeinlich wird die heutige Generatton das Ende dieser großen paztfistischen Bewegung gar nickt in ihrer Vollständigkeit erleben; sie kann sich nur langsam durchsetzen, aber ich halte es für unsere Pflicht, uns an die Spitze derselben zu stellen und alles Menschenmögliche iu tun, um ihr Durchgreifen zu be⸗ schleunigen. Bei dem Friedensschlusse müssen ihre Grundprinzipien festgestellt werden.
War das erste Prinzip das der obligatorischen internationalen Schiedsgerichtsbarkeit und der allgemeinen Abrüstung zu Lande, so ist daz zweite das der Freiheit des Hohen Meeres und der Abrüstung zur See. Ich sage absichtlich das Hohe Meer, denn ich dehne den Gedanken nicht auf die Meerengen aus, und ich gebe gern zu, daß für die verbindenden Seestraßen besondere Vorschriften und Regeln werden gelten müssen. Sind diese zwei ersten, soeben angeführten Punkte kiargestellt und gesichert, dann eutfällt auch jeder Grund für territortale Sicherungen, und dies ist das dritte Erundpeinzip der neuen inter⸗ nattonalen Rech sarundlage. Der schönen und erhabenen Note, die Seine Heiltgkeit der Papst an die ganze Welt gerichtet hat, Uegt dieser Ge⸗ danke zugrunde. Wir baben den Krieg nicht geführt, um Eroberungen zu machen, und wir planen keine Vergewaltigungen. Wenn die inter⸗ national“ Abrüstung, die wir von ganzem Herien ersehnen, von unseren heutigen Feincen angenommen, zur Tatsache wird, dann brauchen wir
schen Staatsanzeiger.
keine territorialen Sicherungen; in diesem Falle können wir auf Ver⸗
größerungen der österreichisch⸗ungarischen Monarchie verzichten, voraus⸗ gesetzt natürlich, daß auch der Feind unser eigenes Gebiet völlig geräumt hat.
Der vierte Grundsatz, der eingehalten werden muß, um nach dieser bösen Zeit eine freie, frieduche Entwicklung der Welt zu ver⸗
bürgen, ist die freie wirtschaftliche Brtätiaung aller und die unbebingte
Vermeidung eines zukünftigen Wirtschaftskrieges. Ein Wirtschafts⸗ krteg muß
werden.
haben.
Dasz sind, meine sehr verehrten Herren, die Grundprinzipien der neuen Weltordnung, so wie sie mir vorschweben und welche alle auf der allgemeinen Abrüstung beruben. seiner Antwort auf die Papstnote nachdrücklichst zu der Idee der all⸗ gemeinen Abrüstung bekannt — und auch unsere heuttgen Gegner
1917.
unbedingt aus jeder Zukunftskombination ausgeschaltet 1 Wir müssen, bevor wir einen Frieden schließen, die positive Sicherheit haben, daß unsere heutigen Gegner diesem Gedanken entsagt
Auch Deutschland hat sich ja in
haben sich diese Prinzipien wenigstens zum Teil schon zueigen gemacht.
Ich bin in den meisten Punkten anderer Ansicht als Herr
finden wir uns. immer wieder aufwirft, man die Verwüstungen bedenkt, welche ihre Armern in Galizien, der Bukowina, Tirol, am Isonzo, in Ostpreußen, in den türkischen Ge⸗
2 8 George, aber darin, daß es keinen Rachekrieg mehr geben sollte, darin Die Frage der Entschädigungen, die die Entente gewinnt einen merkwürdigen Charakter, wenn
bieten und den deutschen Kolonien angerichtet haben. Hat die Entente
ihrerseits die Absicht, uns für alles vas schadlos zu halten oder irrt sie so vollkommen in der Beurtellung unserer Psyche, baß sie eme
einseitige Vergütung erhofft? Fast könnte ich letzieres glauben, nach
manchen Reden zu schließen, die wir gebört habeg.
Die Entente liebt es ja bekanntlich, ihre programmatischen Aus⸗
führungen mit starken Worten zu zieren. Ich bin darm etwas anderer Ansicht. Ich glaube, die Stärke eines Staates liegt nicht in
den starken Worten seiner führenden Männer, sie steht im Gegenteile
gewöhnlich im umgekehrten Verhättnisse zu denselben. Nicht mit hochtönenden Phrasen wiro dieser Krieg entschieden werden. Was haben wir nicht schon alles gehört in diesen Kriegsjahren: wir haben gehört, daß Deutschland vernichtet und die Monarchie zerstückelt werden würde, dann gab man es billiger, man wollte sich damit begnügen, unsere inneren Verhältnisse umzugestalten, jetzt scheinen sich unsere Gegner in einer dritten
Phase zu befinden, indem sie weder unsere Existenz noch unser staat⸗ sondern
liches Selbsthestimmungsrecht als Bedingungen verlangen, nehr oder weniger große Grenzberichtigungen forvern. Es werden dem noch andere Phasen folgen, obwohl die Mehrheit der Bevölkerung in aben feindlichen Ländern heute bestimmt bereits auf der Grundlage jenes Verständigungsfriedens steht, den wir in der öst rreichisch ungarischen Monarchie als erste und bereits vor einem halben Jahre vor⸗
geschlagen haben und dessen Grundprinzipien ich soeben neuerlich er⸗
örtert habe.
Wir suchen unsere Stärke nicht in großen Worten: wir suchen
und finden sie in der Kraft unserer ruhmreichen Armeen, in der
Festigkeit unserer Bündnisse, in der Standhaftigkeit unseres Hinter⸗
landes und in der Vernunft unserer Kriegsziele; und weil wir keine und weil ein jeder Bürger der Monarchte, ob im
Utopien fordern Felde oder daheim, weiß, wofur er kämpft, deshalb sind wir auch sicher, unser Ziel zu erreichen. Wir find nicht zu beugen, wir sind nicht zu vernichten. Im Bewußtsein unserer Kraft und in voͤlliger
Klarheit darüber, was wir erreichen wollen, aber auch erreichen müssen, gehen wir unseren Weg. Wir in der österreichisch⸗ungarischen Monarchte,
wir haben jene rückläufige Linie, welche von der Vernichtung unserer Feinde über verschtedene Phasen hinüber schließlich zu weit
Geringerem gelangt, nicht zu durchlaufen brauchen, wir haben von
Anfang an unser Ziel erklärt, und wir sind bis heute dabel geblieben.
Auf welcher Seite dabei die Kraft und auf welcher die Schwäche
liegt, überlasse ich getrost dem Urteil der Welt. Aber ntemand möge sich darüber täuschen, daß dieses unser so friedfertig ermäßigtes Programm nicht für ewige Zeiten gilt und gelten kann. Wenn unsere Feinde uns zwingen, den Krieg fortzusetzen, dann werden wie gezwungen sein, unser Programm zu ändern unsererseits einen Ersatz zu verlangen. jetzigen Augenblick, weil ich die Ueberzeugung habe, daß jetzt auf der entwickelten Grundlage der Weltfrieden zustande kommen könute — bei Fortsetzung des Krieges aber bebalten wir uns freie Hand vor. Ich bin felsenfest davon überzeugt, daß wir in einem Jahre noch unver⸗ gleichlich guünstiger dastehen werden als heute, aber ich würde es für ein Verbrechen halten, wegen irgend welcher materieller oder territortaler Vorteile diesen Krieg auch nur
und
Ich spreche für den
einen Tag länger fortzuführen, als es die Unversehrtheit der Monarchie
und die Sticherheit der Zukunft erfordert. bin ich für einen Verständtgungsfrieden gewesen und bin noch heute dafür; wenn aber unsere Feinde nicht hören wollen, wenn sie uns zwingen, dieses Morden fortzusetzen, dann behalten wir uns die Aenderung unseres Programms und die Freiheit unserer Bedin⸗ gungen vor.
Aus diesem Grunde allein
Ich bin nicht sehr optimistisch betreffs der Geneigtheit der
Entente, jetzt eiven Verständigungsfrieden auf obiger Grundlage zu schließen. Die erdrückende Mehrheit der ganzen Welt will diesen
unseren Verständigungsfrieden, aber einige wenige verhindern thn. Mit kaltem Blute und ruhigen Nerven werden wir in diesem Falle
unseren Weg weiter gehen. Wir wissen, daß wir durchhalten können, durchbalten im Felde und durchhalien im Hinterlande. niemals klein in den vergangenen schweren Stunden und niemals übermütig im Siege.
Ungarns.
Wir waren
ege. Unsere Stunde wird kommen und mit ihr die sichere Gewährt einer freien friedlichen Entwicklung Oesterreich-
— Der Siebenbürgische Bund hielt vorgestern in
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Budapest eine Sitzung des Direktionsausschusses ab, an der 1
der Kultusminister Graf Albert Apponyi und der Minister für Uebergangswirtschaft Bela Foeldes teilnahmen.
Friedensschluß Einfluß auf die Feststellung der Regierungs⸗ form Rumäniens geübt werde, und sich entschieden dagegen aussprach, daß zwischen Rumänien und der Monarchie in
Der Präsident Graf Stefan Bethlem unterbreitete einen Beschlußs antrag, in dem er, obiger Quelle zufolge, erklärt, er erachte es nicht als im Interesse der Monarchie liegend, daß beim
irgendwelcher Form, mittelbar oder unmittelbar, irgendwelche
staatsrechtliche Verbindung hergestellt werde. Ferner hält es
der Direktionsausschuß für unerläßlich, daß eine ungarisch⸗
rumänische Grenzberichtigung stattfinde. Auch soll dort mit Berücksichtigung der Szekler eine Militärgrenze
werden. Sodann wird noch ein Ausbau der Siebenbürger
errichtet
Eisenbahnen gefordert und ferner eine Verschärfung der Be⸗
urteilung staatsfeindlicher Handlungen mögenseinziehung gerichteten Maßnahmen. — Der Minister des Innern hat der Bezirksorgani⸗
sowie der auf Ver⸗
sation der sozialdemokratischen Partei des Budapester
neunzehnten Wahlbezirks, die bisher als Geheimorganisation wirkte, laut Meldung des „Ungarischen Telegraphen⸗Korrespon⸗
denzbüros“ die Genehmigung ihrer Satzungen erteilt und