1917 / 237 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 05 Oct 1917 18:00:01 GMT) scan diff

g schei rt, dr „Cyrene“ gesunken. Der euglische Dampfer „On Sanag“ (2802 B.⸗T.) und der Schlerpd mpfer „Nyora“ find gesunken, der sranzösüche Dampfer „Lotra“ (1492 B⸗T.) ist gestrandet und vertoren, der griechische Dampfer „Eugenie S. Embiricos“ (413 Montana“

Sealer

14139 B.⸗T.) gestrandet, der norwegische Dampfer 7020 B.⸗T.) ist gesunken, die englische Bark „Colonial Empire“ (2436 B.⸗T.) ist gestrandet und wird wahrscheinlich ein Wrack werden. Der Schleppdampfer „Ww. A. Murray“ ist gesunken.

Wien, 4. Oktober. (W. T. B.) Aus dem Kriegspresse⸗ quartier widd gemeldet: Heute nacht hat eines unserer Seeflugzeuggeschwader den Bahnhof und die Aus⸗ ladestelle von Bolazzo mit schweren, mittleren und Brand⸗ bomben sehr öe beworfen. Trotz heftigen Abwehr⸗ feuers sind alle Fiugzeuge eingerückt. Am 3. Oktober Nachts hat eines unserer Seefluggeschwader Bahnanlagen von Ronchi trotz Nebel und Abwehrfeuer mit schweren und .“ sehr erfolgreich belegt. Alle Flugzeuge sind ein⸗ gerückt.

Parlamentarische Nachrichten. Dem Reichstag ist der Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes über die privaten Versiche⸗ rungsunternehmungen nebst Begründung zugegangen.

Wohlfahrtspflege. 1“

Die Tabak⸗ und Ziganenfabrik F. Rotmann in Burg Stein⸗ furt (Westsalen) stiftene laut „Gr vener Nachrichten“ aus Anlaß 1““ Bestehens der Stadt Burg Steinfurt 00 000 ℳ.

Preisausschreiben. Die Deutsche Zentrale für Jugendfürsorge setzt einen Pieis von 1000 für die beste Arbeit über den Gegenstand. „Vorschläge für eine Neuge⸗ staltung des deutschen Jugendrechts“ aus. Die Arbeit ist mit Kennwort verseben kiz zum 1. Arril 1918, Abends 8 Uhr, dem Direktor der Deutschen Zentrale fuͤr Jugendfürsorge, Berlin N. 24, Monhtjouplatz 3, eir zurrichen. Der Name und Aufschrift sind im verschlossenen Umschlage beizufügen.

Kunst und Wisseuschaft.

Die schwedischen Königshügel. Die mächtigen Hägel bei der Kirche von Alt Upsala haben als die großartigsten Denkmäler avus der Frühbzeit des germanischen Mittelaltecs von jeher ein weit⸗ gebendes Interesse gefunden, aber erst neuerdings ist man ihrer geschichtlichen Deutung nähergetreten, nachdem die archäolegische schon seit Jabrzehrten gesichert ist. Die Vorksüberlieferung beuennt die drei nebeneinander gesegenen Hügel, de sich bei 65 m Durch⸗ messer zu einer Höhe von eiwa 18 m erheben, nach den drei Haupt⸗ göttern Odin, Freyr und Thor. Unbenutzt war bisber die Angabe der Ynglingasage, dan die drei Ynglingerkönige Aun, sein Sohn Egil unz sein Urenkel Adils bei Alt Upsala degraben seien. Wie Rokect Beltz in „Petermanns Mitteilungen“ berichzer, in es B. Nerman vorbehalfen gewesen, auf Grund dieser Angabe eine Lösung von überraschender Einfachheit zu finden; denn die geschichtliche Stellung der drei Könige und ihre zeilliche Zogehörigkeit stimmt durchous mit dem archäologlschen Befunde. Adils ist auch aus dem Beowulflied bekannt, und der Agantyr des Liedes ist dem Egil gleichzusetzen. An den drei Hügeln sind kleine zeitliche Verschiedenheiten bemerkhar; nach diesen würde der Odinshügel für Aun, der Frözhügel für Egil, der Thorshügel für Adils in Anspruch zu nehmen sein. Nermans Vermutung findet nun eine Bekräftigung darin, deß auch das Grab des in der Reibe fehlenden König?, von Egils Sohn, Adils Vater, fest⸗ gelegt ist. Es ist das Ottar Vendelkraka. Bei dem durch seine hochbedeutenden Grabfunde bekannten Orte Vendel liegt der Otsarshuügel, der wie die drei anderen als alle Thingstätte eine flache Oberfläche besitzt, und der noch in der Gegen⸗ wart als Versammiungsplaß dient, in dem alte Ueberlieferung dos Gerab jenes Ottar sieht. Ottar soll jung im Kampf gefallen sein. Das Grab ist nun auzgegraben. Es fand sch eiwas exzeutrisch im Urboden, überdeckt von elnem Hügel aus Steinen, die vorher die Uaterlabe des Scheiterhautens gedilbet hatten. In einer mit Sand ausgele ten Grybe von ½ m Tiefe und Breite stand der Bebäͤlter für die Leichenbranrefte, ein eimerartiges Holzgesfäß von 20 cm Höhe mit Bändeen und Tiagreifen aus vergoldeter Bronze. Znischen den ge⸗ säuderten Gebeinresten, dir auch noch außerhalb des zu kleinen Bebälters lagen, fanden sich, vom Leichenbrand be chäbtgt: eine Goldmünte des bvzar⸗ tinischen Kaisers Basilikus, Teile einer kleinen Goldstange, Silberblech, sechs kleine, halbrunde Bronzeschalen, Teile des Riemeabeschlogs ven Eisen und Bronze, Reste elnes Glashechers, ein Löffel. Auch Bärenklauen von dem Fell, auf dem der Tote verbrannt war, fanden sich. Auch die Grabanlage und Ausstattung entspricht also gerau den Gräbern von Upsala, auch darin, daß man an beiren Stellen keine Waffen sand. Unter den Einzelfunden ist von besonderem Interesse die Münze. In der Zeit des Kaisers Zeno (474—91) hat sich befanntlich ein reichtr Goldstrom nach dem Norden ergossen, der auch über die skan⸗ dinavischen Läader hinüöbergreift. Am Grabe Childerichs 1. in Tournai (bis 481) fanden sich 15 Soldi des Z no, und auch in Meckler⸗ burg ist ein solcher in der Mundhöhle eines unverbrannt Bestalteten ge'unden worden. Mit Zevos Nachfolger Anastastus († 515) verstegt der Zuafluß. Ueber die ersten Jahrzehnte des 6. Jahrhunderts lößt sich das Grab Ottars nicht heruntzerrücken. Das stimmt vortrefflich mit der Zeit, in die wir Ottar Vendelkraka versetzen dürfen.

Theater und Musik.

Im Königlichen Opernhouse findet morgen, Sonnabend, das zweite Gostspiel des K. K. Kammersängers Herrn Leo Slezak als Tannhäuser“ in Richard Wagners gleichnamiger Oper statt. Die Elisabeth singt Frau Hafgren⸗Waag, die Venus: Frau Denera, den Wolfram: Herr Bronsgeest, den Landgrafen: Herr de Sande. Mustkalischer Leiter ist Dr. Stiedry. Anfang 7 Uhr.

Im Königlichen Schauspielhause wird morgen „Die Rabensteinerin“ gegebern. Die Hauptrollen werden von den Damen Abich, ock und von Mayburg, den Herren Kraußneck, Keppler und Leffler dargestellt. Spielleiter ist Dr. Bruck. Die nicht beschäftigten Mitglieder werden auch in den Vorstellungen am Sonntag, den 7. d. Mts. sowie heute, Freiteg, im Königlichen Schauspielbaufe vor Beginn, in den großen Pausen und nach Beendigung der Aufführung Z“ichnungen für die 7. Kriegsanleihe entgegennehmen. Nach der Vorstellung „Könige“ am Sonntag werden im Konzertsaal des Schauspielhauses musikalische Vorträge statfinden, für die Fräulein Koch und ie Hreren Clewing vnd Schmalstich sich zur Verfügung gestellt huben. Fräulein Koch wird die große Arie aus „Vtoletta“ und Heir Clewing u. a. Soldatenlieder von Leo Fall vortragen.

Im Thaltatbeater fiaden am Sonrtag zwel Waohltätig⸗ keitsporstellungen statt. Sie werden durch einen Prolog, den Ruadolf Lettenger spricht, eingeleittt. Die Nachmittagt vorstetung bringt die Oporette „Der Odetsteicer“ (Gesamtgastspiel des Neuen Operettenhauses) und keainnt um 3 Uhr, die Abendvorstelluog: „Egon und seine Frauen“ um 7 ¼ Uhr. Der Ertrag der beiden Vorstellungen wird zur Beschaffung von Liebeggaben für die kän pfenden Truppen der Garde verwendet werden.

Im Beethovensaal stellte sich Bruno Esbjörn in cinem mit dem Philharmonischen Orchester unter Camillo Hilde⸗ brands kundiger Leitung gegebenen Konzert als recht geschmackvoller Geiger vor. Seine Technik ist gut entwickelt, sein Vortrag zwar nicht ticfgehend, aber stets vornehm; leider ist sein Ton gar zu klein, so daß er Müh⸗ hatte, gegen die an sich durchaus nicht überlaute Orchester⸗ begleitung autzukommer. Außer Mozarts Konzert in C⸗Dur urd Vieuxten ps) D⸗Moll⸗Konzert spielte er ein neues Konzert in A⸗Moll von Tor Aulin. Dies ist besonders auf sangbare Geigen⸗Kantilenen gesteht, lößt aber darüber m sehr belebtere Saͤtze vermissen, so daß die Musik troz allen Wohl⸗ klaugs bald ermüdet. Ein in demfelben Raum Tags darauf von Vera Epstein⸗Benenson (Klavier) mit dem Phil⸗ harmonischen Orchestester (Leiter Leonid Kreutzer) veranstaltet!s Konzert brachte zwet Maufführungen, zunächt „Faschings⸗ souk“, syn phonische Impressionen für großes Orchester von Jehanrcs Clemenk. Der Ankarg dleses Werkes fesselt durch seine meffende Charaktersstik, alles übrise aber ist aesocht und laeweilig. Eirne Burleske für Orchester don Ervard Moritz dagegen fand mit Recht eine beifällige Aufnabme. Sie ist ein neuzeitlich empfundenes, klangschönes, frisches Musikstück, das man hoffentl’ch öfter im Konzet⸗ saal hören wird. Vera Eypstein⸗Benenson bewies im C⸗Moll⸗ Konzert von Mozart und A⸗Mell⸗Konzert von Schumann aufs neue, daß sie ais Klavierkünstlerin über ein gediegenes technisches und musikalisches Können verfügt. Das Klavierspiel Ernst Levys im Meistersaal war dagehen dieemal eine Entläuschung. In der an⸗ genehmen Erinretung en sein vorjäbriges, so aut ausas fallenes Fonzert ging man mit großen Heoffnungen zu seinem Klavierabend. Er spielte aber die Phan⸗tasir⸗Sonate in C⸗-Moll von Mozart so erkürsteit und willkürlich, daß man en seinem musikalischen Sinn zweifeln könnre, wenn man nicht schon früber vollgültige Prohen seiner Befähigung empfangen hätte. Einen schönen künstlerisch⸗n Erfolg hatte ein Kenzert zum Besten der Fürsorge für Angehörige Pefallener der 4. Garderegimen!ts3. F. in dem auevekeusten Saale der Pbilharmonir. Eine stattliche Zahl namhafter Künstler batte sich in den Dienst der Weohltätigkeit ge⸗ steht; ibre Vorträge sanden ranschenden Beifall. Auf Eir;z'lheiten ei zugeten verbietet der beschränkte Raum; in erster Linte seien ge⸗ nannt: Marie Götze, Martbaund Hans Mühlhausen, Karl Armster, Harry Steier (Gesang), Hermann Böttcher (Vor⸗ träge), Jultfus Dahlke (Klavter), Max Schuli⸗Fürstenberg (Cello) und Karl Kämpf, der mit gewohnter S cherheit die Be⸗ gleitungen am Klavier durchführte. Die verstärkte Kapelle des Frsatz⸗Batatllons des 4. Garderegiments z. F. umrahmte die Vorträge mit Goldmarks Sakuntala⸗Ouverture und dem schneidigen Marsch „Has klaue Reciment“ ihres verdienten Leife s, des Königl. Musikdirektors Heinrich Schrader. Die Kapelie zeigte sich bierin wie uch in den schwierlgen Begleitungen auf voller künsilerischer Höbe. Der aus dem Felde beurlaubte Kammersänger Walter Kirch⸗ hoff gab, wie im vergangeren Jabre, einen Lieder⸗ und Arienahend in der Philharmonie, deren dicht gefüllter Saal von der Be⸗ liebthrit des Känstlers zeugte. Mit Beethovens Liederivklus „An die ferne Geliebte“ vermochte Herr Kirchhoff bei aller Kunst seines Vortrags keine tieferen Wirkungen zu ei⸗ zielens. Vielmeh: zeigte es: sich aufs neue, daß dramatische Gesänge, vor allem Wazners Tondramen, sein ureigerstes Feeld siad. Nach der „Grazserzähluna“ zwang ihn langandauernder Beifall zu emer Zugabe. Rossinis „Stabst mater“, E. E. Tauberts Sonett von Michel Angelo und die „Zueignung“ von Strauß brachte er außerbem bei ti⸗sfempfundenem Vortrag besonders schön zur Geltung. Em Ereignis besondere Art war das vaterländische Fest⸗ konzert, 1 di⸗ „Offiziervorttags⸗ECesellschaft’“ in Berlin aus Anlaß des 70. Geburtttages des Generalfeld⸗ marschalls von Hindenburg im Zirkus Busch veranstaltet harte. Nach einer zündenden Begrüßungsansprache des Vueadmi als z. D. Kirchhoff aus Kiel trug der „Berliner Lehrer⸗Gesang⸗ verein“ unter der Leitung seines bechverdlenten ersten Chormeisters, Professors Felix Schmidt C. M. von Weobhers edle Chöre Gebet vor der Schlacht“, „Schwertlied“ urd „Lützoms wilde Jagd“ mit fein abgetöntem und kraftvollem Ausdrucde vor. Herr Mejor Guido von Gillhaußen hielt donn eine gedankenreiche Festrede, in der er nach einem kurzen Ueberblick über den Entwicklungsgang des Feldmarschabs ven Hindenburg diesen als Feldherrn wie als Menschen würdicte. In Fortsetzurg des umfang⸗ reichen Programms trug Fräulein Emmi Leisner von der König⸗ lichen Oper Kurt Johnens prächtige Melodie: „Das war der Sturm“ und Edwund Kühns tiefempsundenes Lid: „Heimai⸗ land, ich segne Dich“ mit ihrer Fülle und Wohlleut aus⸗ strömerden Alisimme und mit edler Begeistetung ber. Die von dem Orchester, zusammengesetzt aus den veteinigten zehn Militärkapellen des Gardekorvs, unter der Leitung des Kapell⸗ meisters Hugo Stierlin aus Do.tmund begleitete Sängerin fand lebhastesten Beifall. Auch das hier noch unbekannte Vorspiel zur Oper: „Jung Acwid“ von Adolf Stierlin (Vater), eine be⸗ achterswerte musikallsche Arbeit, wurde von dem genannten Orchester sehr wirkungsvoll zu Gebhör gebracht. Zu den schönsten Gaben des Abends gehörie serner der prachtvolle Gesang des Heldentenor s des Deutschen Overnhauses in Charlottendurg Rudolf Laubentbal, dr Guido von Gillhaußens schwungvolle und klanzschöne Lieder: „Ich weiß wofür!“, „Deutsche Frauen“ und „Es raget ein Felsen“ meisterbaft vortrug. Den Schluß der fast üherlangen Vortragsfolge bildete das Chorlied „Deutscher Hochgesang“ (Sedicht und Vertonung von G. von Hillhaußen). Der Vizeadmiral z. D. Kirchboff betrat dann nochmols die Titbüne, um ein Hoch auf Seine Moj stät den Kaiser und Körig auszubringen, das tausen dfacen Widerhall fand. Damit war diese ebenso eigenartige wie würdige musikalische Hinderburgfeier beendet.

Mannigfaltiges.

Zum 70. Geburtstag des Generalfeldmarschalls von Hinden⸗ burg hatte „W. T. B.“ zufolge der Staatssekretär des Reichs⸗ kolonjalamts Dr. Solf folgendes Glückwunschtelegramm an den Generalfeldmarschall abgehen lassen:

„Eurer Exzellenz gestarte ich mir zum beutigen 70. Geburts⸗ tag, an dem Millionen Herzen Eurer Exzellenz in besonderer Dankbarkeit und tiefster Verehrung eatgegenschlagen, auch meiner⸗ seits, zugleich im Namen meines Amts und der gesamten Kolonlal⸗ streitkräfte, allerherzlichste Glückwänsche auszusprechen. Gestützt auf das uneingeschräakte Vertrauen Ihres Allerböchsten Kriegs⸗ berrn und des gesamten deutschen Volkes, möge es Eurer Eriellenz gentaler Feldherrnkunst beschieden sein, den ge⸗ waltigen Weitbrand durch einen siegreichen Frieden zum Abschluß zu bringen, der Deutschland einer lebenskräftigen Senn entgegen⸗ führt und seine Stellung in der Welt sichert. Auch unsere Kolonien werden auf dem europäischen Kri⸗gsschauplatz verteidigt, und so heffe ich zuversichtlich, daß die Siege unseres Heimatheeres dem Vaterlande ein Kolontalreich einbringen werden, das den Bedürf⸗ nissen der Deutschen voll entspricht. Diese Wünsche begleiten Eure Exzellenz in das neue Lebensjahr.“

Der Generalfeldmarschall von Hindenburg erwiderte:

„Eurer Exzellenz, den Herren des Kolonialamts und den Kolonialstreitkräften herzlichen Dank für die freundlichen Geburtt⸗ tagswünsche. Geschichte vorbildlich fortleben.“

Die Paten naserer Kolonialtruppen werden in der

In ser gesmigen Sitzung der Berliner Stadtverord⸗ neten wurde die Vorlaze des Magistrats über die Gewährung von Teuerungszulagen neben den Keiegszulagea an die städrischen Beamten und Angestellten nach dem Antrage des vorberatenden Ausschusscs angenommen, desgleichen em Magisiratsantrag auf Be⸗ willigung von 50 000 für der Kriegsausschuß lum Schutze auffichtsloser Kinder. Einstimmtge Annahme fand ferner eine Vorlege, betrefsend Einrichtung einer städtischen Fürsorgestelle für ledige Schwangere bet dem Vormundschastsamt der Stadt Berlir. Dem Krieasausschuß der Sroß⸗ Berlinhe Lauben⸗ kolonien wurden 7000 bewilligt. Angesichts der Koblenknepp. heit beantragte der Magistrat, ihn zu ermächrigen, einen Betrag don vorläufi] 2 Millionen Mark zur Beschaffung von Brennholz lur Versorgung der Bevölkerung zu berwenden. Die Vorlage

wurde angenommen.

r Reichsverband für Kriegspatenschaften veranstaltet am Hre ne⸗zcn 10. 7. M., von 3 ½ 5 ½ Uhr, in den Räumen des Meiropoi⸗ und des Palasttheaters eiren bunten Nachmittag, defsen Gesamterlös von den Vyanstaltern, nambaften Berliner Künstlern, dem Reichsverband überwiesen wird. Die Pläge kosten 3 bis 16 ℳ. Varbestellunaen und Vorverkauf in Ler Geschäftsftelle des Verbandes, Münchener Straße 49, und an den Kassen der ginannten Theater.

Am Dienstag fand vor einem von der Präͤsidialgeschäftsstelle des Deutschen Flottenvereins geladegen Publikum im Motartsaal die Aufführung eines neuen Flmsviels: „Wenn frei das Meer für die deutsche Fahrt..“, Roman aus Grof⸗ schiffahr tskceisen, von Fritz Prochnewski, Sekretär des Deutschen Flottenvereine, stott. In geschickter Weise ist eine Reihe fesselnder Marintbilder in die Handlung eingeflochten, wie die Auf⸗ nahmen aus einer großen Werft mit dem Stapellauf eines Schiffes. Ferner erthält der Film anziebende Darfrellungen ars dem Morger⸗ lande. Eingeleitet wurde vie Vorstellung niit einem von dem württem⸗ bergischen Hofschauspieler Walter Schmidthäßler verfaßten und geiprochenen wirkungsvollen Vo spruch. Hauprdarsteller des Stückes find Mox Ruhbeck, Melte Sandt, Harry Wendland, Olga Engl, Nils Chrisander und Paul Rainer.

In der „Urania“ in der Taubenstraße findet am Mittwoch, den 10. Sktober, Abends 8 Uhr, ein Vortrag des bekannten Otient⸗ reisenden Konsul Dr. Th. Preyer unter dern Titel „Auf den Spuren deuischer Auslandsoarbeit“ statt. An der Hasd technisch hervorragender, größtenteils vom Verfasser selbst aufgenvinmener Lichꝛbilder schildert der Vortrag Friedensemdrücke und Kriegsfayrten in Amerita, Eurora, Vorderasien, Sinai und Aegypten. Deutsche Arbeit und deutsche Er⸗ folge im serneu Ausland bilden den Grumozug der Ausführungen.

Wien, 4. Oktober. (W. T. B.) Die Blätter melden den Heldentoo des Chefs des Stabes bder Donauflottille, des Korpettenkapitäns Ritter von Förster. Am 21. Sep⸗ tember, einen Tag vor dem Tode, hat ibm der Kaiser Wilhelm in Gegenwart des Königs Ferdivand von Bulgarien und des Feld⸗ marschals ron Mackensen eigenhändig das Eiserne Kreuz 1. Kaasse überreicht. ““

Rotterdam, 4. Oktober. (W. T. B.) Mit dem gestern

hier eingetroffenen englischen Geleitzug sind 65 deutsche Zivil⸗ internierte aus England angekornmen. Baku, 4. Oktober. (W. T. B.) Laut Melbung der St. Petersburger Telegraphenagentur entstand infolge des Bruches einer elettrischen Leitung in eiem Naphthabebälter ein heftiger Brand. Das Feuer griff auf andere Behälter über. Mehrere Millionen Pud Naphtha stehen in Flanrmen.

TNir, 3. Ohleber. (W. T. B.) Bei dem Taifux, der pier Stunden douerte, wurden 138 Personen getötet und 158 verletzt. 217 Personen werden vermißt. 1346 Häuser wurden zerstörl, 2098 beschädigt. Der Telegrapben⸗ und der Eisenbahndienst sind gestört. In der Provinz ist noch größerer Schaden angerichtet worden ass in der Hauptstadrt. Nach einem Telegramm aus Osaka wurde eine Anzahl Dörser durch angeschwollene Flüsse über⸗ schwemmt. Man fürchtet, daß eine große Anzahl rvon Menschen umgekommen sei. Die Reisernte hat schwer gelitien.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

Theater.

Königliche Schauspiele. Sonnab.: Opernhaus. 211. Dauer⸗ bezugsvorstellung. Dienst⸗ und Freiplätze sind aufgehoben. Zweites Gastspil des K. und K. Kammersänderg Herrn Leo Slezak. Tannhäufer und der Cäungerkeieg auf Wartburg. Romantische Oper ia drei Akten von Richard Wagner. Mustkalische Leitung: Herr Kapellmeister Dr. Stiedry. Spielleilung: Herr Bachmann. Ballett: Herr Ballettmeister Graeb. Chöre: Herr Professor Rüdel. (Tannhäuser: K. K. Kammersanger Herr Leo Slezak von der Hofoper in Wien als Gast.) Anfang 7 Uhr.

Schaufpielhaus. 213. Dauerhbezugsvorstellung. Dienst⸗ und Freiplätze sind aufgehoben. Dir Rabrustetnerin. Schauspfel in vier Aklen von Ernst von Wildenbruch. Spielleitung: Herr Dr. Bruck.

Aafang 7 ½ Uhr.

Sonntag: Opernbaus. 212. Dauerbezugsvorstellung. Dienst⸗ und Freplötze sind aufgeboben. Rappelkopf. (Berliner Fassung von „Alpenkönig und Menschenfeind“.) Oper in drei Aufzügen nech

Richarb Batka. Musik von Leo Blech.

F. Raimund von Anfang 7 ½ Uhr.

Schauspielhaus. 214. Dauerbezugsvorstellung. Dienst⸗ und Freiplätze sind aufgehoben. Könige. Etn Schauspiel in drei Auf⸗ zügen von Hans Müller. Spiellestung: Herr Dr. Bruck. Vorhe’r: Zur Werbung für die 7. Kriegeanleihe: Stahl und Gold. Zeitbild in Versen in einem Aufzug von Leo Leipziger. Musik von Paul Linke Svyielleitung: Herr Oberspielleiter Patry. Anfang 7 Uhr.

Familiennachrichten.

Verlobt: Frl. Elisabeth Schönemann mit Hrn. Kriegsgerichtsrat Karl Gerloff (Berlin —Hagenau, Els.).

Verebelicht: Hr. Pfarramtskandidat Ludwig Rodenbeck mit Frl. Kati Baltzer (Potsdam).

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Landrat Dr. Ferdinand Becker (Osterholz⸗Scharmbeck). .

Gestorben: Fr. Margot Mackensen von Astfeld, geb. Freiin von Houwald (. Z. Lübben). 1

Verantwortlicher Schriftleiter: Direktor Dr. Tyrol, Charlottenburg.

Verantwortlich für den Anzeigenteil: Der Vorsteher der Geschäftsstelle, J. V.: Rechnungsrat Reyher in Berlin. Verlag der Geschäftsstelle (J. V.: Reyher) in Berlin. Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagsanstalt.

Berlin, Wilhelmstraße 32, Fünf Beilagen. leinschließlich Warenzeichenbeilage Nr. 79)

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zum D

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Parlamentsbericht.) (Bericht von Wolffs Telegraphischem Büro.)

120. Sitzung vom Donnerstag, 4. Oktober 1917, Nachmittags 2 Uhr.

Am Bundesratstische: die Staatsminister, Stellvertreter

¼4

des Reichskanzlers, Staatssekretär des Innern Dr. Helffe⸗ rich und Staatssekretär des Reichsschatzamts Graf von Roedern.

Präsident Dr. Kaempf eröffnet die Sitzung um 21 ¼ Uhr.

Auf der Tagesordnung stehen zunächst die Interpellationen

Antrick, betreffend die Handhabung des Vereins⸗ und Ver⸗

sammlungsrechts und betreffend die Agitation durch Vorgesetzte im Heere zugunsten alldeutscher Politik.

Auf die Frage des Präsidenten erllärt der

Stellvertreter des Reichskanzlers Dr. Helfferich:

Der Herr Reickskanzler ist bereit, die Interpellationen am nächsten Sonnabend zu beantworten.

Diese beiden Gegenstände scheiden damit von der heuti⸗ gen Tagesordnung aus.

Der Gesetzentwurf, betreffend die Vereinfachung der Rechtspflege, der darauf zur ersten Beratung steht, geht ohne Diskussion auf Antrag des Abg. Dr. Pfleger (3.) an eine Kommission von 14 Mitgliedern.

Darauf setzt das Haus die zweite Lesung des Gesetzent⸗ wurfs über die Wiederherstellung der deutschen Handelsflotte fort.

Abg. Schiele (dkons.): Meine politischen Freunde begrüßen

de Vorlage mit großer Genugtuung. Unsere deutsche Handelsflotte hat im Kriege ungeheuer gelitten. Ihre Bedeutung liegt für jeder⸗ mann auf der Hand. Sie befruchtet unsere ganze Volkswirtschaft, sie wurzelt in den Bedürfnissen des eigenen Landes, während die englische Flotte dem. Welthandel dient. Die Stärke Englands be⸗ zuht in seiner Flotte. Wir müssen nach dem Kriege mindestens mit dem passiven Widerstand unserer Feinde rechnen, sodaß wir allen Grund haben, uns für einen Wirtschaftskrieg zu rüsten. Wer dabei die größte Tonnage hat oder sie sich rechtzeitig beschaffen kann, der darf hoffen, auch diesen Wirtschaftskrieg zu gewinnen. Die Wieder⸗ gewinnung der alten Fracht der deutschen Schiffahrt ist schließlich für unsern deutschen Ueberseehandel entscheidend, der vor dem Kriege schon einen Umfang im Werte von über 22 Milliarden angenommen hatte. Wie die Arbeiter und Industrie, hat auch die Landwirtschaft von einer starken Handelsflotte große Vorteile. Ich erinnere nur an die Einfuhr von Futter⸗ und Düngemitteln. Der Krieg zur See richtet sich ja in erster Linie heute gegen das deutsche Handelsschiffs⸗ wesen. Wir brauchen aber eine scharfe Waffe für den kommenden Wirtschaftskrieg. Die Reedereien der neutralen und der feindlichen Länder verfügen über ungeheure Mittel, sodaß die deutsche Handels⸗ flotte unterliegen müßte, wenn sie nicht die nötige Unterstützung er⸗ hält. Der Reeder erhalt nun aus dem vorliegenden Gesetz keinen Rechtsanspruch. Der Reichstag hat deshalb jederzeit Gelegenheit, Abänderungen zu treffen. Aus diesem Grunde halten wir die Ab⸗ änderungsanträge für überflüssig. Jetzt handelt es sich in erster Linie darum, unsere Reedereien in den Stand zu setzen, sofort nach Kriegs⸗ schluß den Wettbewerb mit dem Auslande wieder aufnehmen zu konnen. (Beifall.) E“

Abg. Alpers (deutsche Fraktion): Die Notwendigkeit einer starken Handelsflotte wird von allen Seiten anerkannt. Unsere Reedereien haben während des Krieges große Ausgaben gehabt, um

as vorhandene Schiffsmaterial so instand zu halten, daß es bei Kriegsende sofort wieder im Interesse der Allgemeinheit verwendungs⸗ Fähig ist. Diesen Ausgaben stehen aber keine Einnahmen gegenüber. Wir müssen uns doch immer vor Augen halten, daß wir beim Fehlen iner eigenen leistungsfähigen Handelsflotte monatlich viele Millionen ausgeben müßten, die dann der fremden Schiffahrt zugute kommen müßten, um uns mit den nötigen Rohstoffen zu versehen. Es ist darauf hingewiesen worden, das unsere Schiffsverluste seit Ein⸗ ringung dieser Vorlage sich noch vergrößert haben. Auch ist das nklare Verhältnis zu Argentinien erwähnt worden. Aus diesem Grunde ist der Vorfall mit unserm Vertreter in Buenos Aires be⸗ onders zu bedauern. Das ganze deutsche Volk äst in der Verurteilung es Verhaltens des Grafen Luxburg einig, und wir hoffen, daß die erbündeten Regierungen daraus die nötige Lehre ziehen und in Zu⸗ unft die schärffste Auswahl bei dem Aussuchen ihrer auswärtigen Pertreter treffen. (Hört, hört!) Gegen ein Schiffahrtsmonopol des Reiches müssen ⸗wir uns aussprechen. Das Reich würde dabei kaum zuf seine Kosten kommen, da es der Regsamkeit entbehrt, über die ur der freie Kaufmannsstand allein verfügt. (Beifall.) G Abg. Henke (U. Soz.): Anfangs wollte man die Vorlage surckpeitschen, aber es hat sich gezeigt, wie notwendig die Ausschuß⸗ seratung war, um über die finanzielle Tragweite klar zu werden. Die Frage ist eigentlich noch nicht spruchreif geworden. Bei den Sozial⸗ eemokraten sehen wir zwei Seelen in ihrer Brust, die eine möchte ie Vorlage annehmen, die andere ablehnen. Wenn Ihr Antrag zu 3, die Beihilfe über den Friedenswert hinaus nur als Darlehn zu sewähren, abgelehnt wird, werden Sie dann die Konsequenzen daraus iehen? Die Ablehnung des Antrages zu § 3 müßte mit der Ab⸗ ehnung der Vorlage beantwortet werden. Die Kritik des sozial⸗ emokratischen Redners Schumann war gestern schwächer als die des lbg. Carstens, der erhebliche Bedenken wegen der finanziellen Trag⸗ beite hatte. Den Darlegungen der Regierung über die finanzielle Tragweite muß man überhaupt skeptisch gegenüberstehen. Ich wundere ich, daß der Abg. Schumann die Hoffnung hat, daß die Wünsche der Seeleute besser erfüllt werden, denn bei den Verlusten der Reederei i Kriege wird sich der Gegensatz zu den Arbeitern nur verschärfen.

MNit unserm Antrag zu-⸗§ 8, daß vier Mitalisder des Reichsausschusses,

ker züber die Beihilfen bestimmt, vom Reichstag zu wählen sind, vollen wir dem Reichstag eine bessere Kontrolle über den Ausschuß eben, der über so wichtige Dinge zu entscheiden hat. Der, Reichs⸗ ag ist hierbei überhaupt viel zu sehr ausgeschaltet. Die sozialdemo⸗ ratische Fraktion will sich mit der Wahl von drei Mitgliedern durch sen Reichstag begnügen. Wir beantragen ferner, daß die Reedereien, enen Beihilfe gewährt wird, nur 5 % Geschäftsgewinn haben dürfen, id daß der überschüssige Gewinn an das Reich abzuführen und auf ie Beihilfen abzuschreiben ist. Wir verlangen, ferner gewisse Parantien in diesem Gesetz, indem wir das Koalitionsrecht für die apitäne, Schiffsoffiziere und Schiffsleute beantragen. Dieses Ge⸗ etz liegt ganz im Sinne der Reeder, die als treibende Kräfte dahinter ehen. Den Textilarbeitern, Tabakarbeitern, den Kriegerfrauen wid⸗ et die Regierung keine solche Sorgfalt. Es zeigt sich wieder, daß er Staat nur der Verwaltungsausschuß der herrschenden Klassen ist. ie Reeder, denen hier ein Geschenk gemacht wird, sind die reichsten

8 . 22— ) Ohne Gewähr, mit Ausnahme der Reden der Minister und aatssekretäre.

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Erste Beilage

sanzeiger und Königlich Preu

Berlin, Freitag, den 5. Oktober

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Kapitalisten und dazu die internationalsten Kapitalisten, die sonst keine Rücksicht auf nationale Interessen nehmen. Allerdings haben die Reedereien im Kriege schwere Verluste erlitten, aber wie viele Gewerbe sonst haben Verluste erlitten ohne Anspruch auf Entschädi⸗ gung zu haben. Das ist ein gewerblicher Verlust, mit dem die Reeder seit Jahren haben rechnen müssen. Allerdings gibt es auch viele kleine Reeder, die nur ein Schiff gehabt und verloren haben. Wenn aber die kleinen Reeder eine Entschädigung verlangen dürfen, dann müssen auch die anderen kleinen Gewerbetreibenden entschädigt werden. Wenn aber alle zerstörten Mittelstandsexistenzen entschädigt werden sollten, würde das zu ungeahnten Folgen führen. Wir haben gar keine Unterlagen über die Finanzkraft der Reedereien, sollen also der Vorlage zustimmen, ohne genügend informiert zu sein. Die von der Handelsflotte übriggebliebenen drei Fünftel repräsentieren jetzt neun Fünftel ihres Friedenswertes; es sind ferner zahlreiche Schiffe neu in Auftrag gegeben, und sie werden auch fertiggestellt werden, es sind für sie nicht nur die fälligen Bauraten gezahlt, sondern darüber hin⸗ aus auch an die Werften erhebliche Vorschüsse gageben worden. So ungemein schlecht steht also die deutsche Handelsflotte keineswegs da, und wir werden sie nach dem Kriege zwar nicht in ihrem alten Um⸗ fange haben, aber genügender Frachtraum wird vorhanden sein. Man⸗ darf auch nicht nur von den Kriegsverlusten der Reederei sprechen, man soll nicht geflissentlich die Bombenprofite übersehen, die sie früher gelegentlich gemacht hat. Die gesamte Kapitalanlage, die in der Handelsflotte steckt, beträgt nicht viel über eine Milliarde. Den Reedern will man jetzt weit mehr schenken, als seinerzeit der Wehr⸗ beitrag gebracht hat, und wer hat dieses Geschenk aufzubringen? Die deutschen Steuerzahler, die Arbeiter, die Feldgrauen! Wird das für diese eine Freude sein! Daß Herr Stubmann so emphatisch für die Vorlage eintritt, wundert mich nicht, da er mit den Reedereiinteressen in sehr enger Beziehung steht; er war der Allerunberufenste dazu. Gibt man jetzt den Reedern nach, so werden sie immer neue Forde⸗ rungen erheben, um den erschwerten Konkurrenzkampf mit den Han⸗ delsflotten der anderen Länder bestehen zu können. Schließlich wird auf internationalem Wege auch dieser Subventipnspolitik ein Ende gemacht werden müssen, ganz wie es Graf Czernin für die Rüstungen in Aussicht gestellt hat.

Damit schließt die Erörterung.

§ 1 der Vorlage, der den Reichskanzler ermächtigt, auf Antrag Beihilfen zur Wiederherstellung der deutschen Han⸗ delsflotte zu gewähren, gelangt in der Kommissionsfassung zur Annahme, ebenso § 2, wonach auch einer Schiffsbesatzung Bei⸗ hilfen zur Wiederbeschaffung ihrer in Verlust geratenen Habe gewährt werden können.

§ 3 lautet:

„Die Beihilfen sind auf die Entschädigungen zur Anrechnung zu bringen, die dem Schiffseigentümer und den Schiffsbesatzungen nach dem in Aussicht genommenen Reedereientschädigungsgesetz etwa gewährt werden.“

Abg. Waldstein (fortschr. Volksp.) befürwortet einen An⸗ trag, die Zuschläge, welche nach den „Grundsätzen“ zu dem Friedens⸗ baupreis des zu ersetzenden Schiffsraums gewährt werden können, zu venügh gers Daß deswegen der Neubau von Schiffen unterbleiben würde, sei völlig ausgeschlossen. Gegen den Antrag des Zentrums⸗ mitgliedes Dr. Bell, wonach einem späteren Reichsgesetz vorzubehalten sei, ob und in welcher Höhe das Reich an den Gewinnen der wieder⸗ hergestellten Schiffe zu beteiligen ist und ob hinsichtlich der Verwen⸗ dung dieser Schiffe Beschränkungen notwendig sind, wiederholt Redner die gestern schon vom Abg. Carstens erhobenen Bedenken; er schlägt eine anderweite Fassung vor, wonach durch Reichsgesetz bestimmt werden soll, inwieweit Schiffseigentümer, welche Beihilfen erhalten, zur Rückerstattung eines eine angemessene Verzinsung übersteigenden Gewinnes verpflichtet sein sollen. Das Reich könne unter den heuti⸗ gen Verhältnissen unmöglich Milliarden hergeben, ohne sich diese Möglichkeit zu sichern. Man wünsche nicht eine überhetzte Wieder⸗ herstellung der Handelsflotte; vielleicht sei eine starke Bautätigkeit zunächst auch gar nicht möglich. Die Gewährung eines Zuschlags von 60 80 % zum Friedensbaupreise würde aber leicht zu einer Art Gründerperiode führen. Deshalb solle man die Zuschläge für die Ablieferung des Neubaues im ersten bis dritten Jahre auf höchstens 65, im vierten bis sechsten Jahre auf höchstens 50, im siebenten bis neunten auf höchstens 35 ₰ℳ festsetzen.

Direktor im Reichsamt des Innern Dr. Auch die Regierung will keinen Grvoschen als notwendig ist, um das dem Gesetz ge erreichen. Doß wir den Reedereien keine Geschenke machen wollen, veisteht sich von selbst. Herr Henke meint, die Reedereien seien die größten Kapitalisten und hätten die größten Ge⸗ winne gemacht. Ueber 6 % Dividende haben von 26 Gesellschaften nur sechs, über 5 % nur 8 zur Verteilung gebracht. Ob die Reedereien bauen werden oder nicht, wenn die Zuschläge, wie beantragt, herab⸗ gesetzt werden, darüber läßt sich im Plenum zwar diskutieren, jedenfalls hat die Kommission den Antrag abgelehnt, und die Regierung ist in ihrer Ueberzeugung, daß die Sätze zu niedrig sind, nicht erschüttert worden. Nach den bisher gemachten Erfahrungen müssen wir uns hüten, bei der Festsetzung der Zuschläge allzu ängstlich zu sein. Wir wollen ja den Zustand herbeiführen, daß die Aufträge für den Neubau von Schiffen schnell erteilt werden, um rasch den notwendigen Schiffs⸗ raum zu haben. Es ist bedauerlich, daß wir nicht schon während des Krieges in einem umfassenden Maße an den Wiederaufbau unserer.

8

Handelsslotte herangehen können. Der Gefahr, daß Werften auf unge⸗

Jonquières: mehr anfordern, gesteckte Ziel zu

sunder Grundlage entstehen, wollen wir ruhig entgegengehen. Ich warne vor der Annahme dieser Anträge. Ebenso unannehmbar für uns sind die Anträge, die die Beihilfen nur als später rückzahlbare Darlehen gewähren wollen. Für die Reeder wird dadurch eine gewisse Unsicherheit geschaffen. Sie müssen wissen, ob sie das Geld rückhalt⸗ los bekommen. Wir müssen deshalb unter allen Umständen von einer Rückzahlungspflicht absehen. Auch die Beteiligung des Reiches an einem etwalgen Gewinn ist ein Damoklesschwert, das immer über den

Roedereien schweben würde. Außerdem lehren uns hier die Erfahrun⸗ gen, daß bei der großen⸗ Anzahl von Schiffen, die in Betracht kommen;

müssen das Reich'einen Kontrollapparat schaffen müßte, der in keinem

Verhältnis zu den dafür aufgewandten Mittelnestehen würde.

Abg. Stöve (nl.): Ich kann nicht zugeben, daß die in Aussicht genommenen Zuschläge zu hoch sind. Wollte man hier noch unter das vorgesehene Maß heruntergehen, dann würde der Anreiz zu einem schnellen Schiffbau schwinden. Die Befürchtung, daß die Schiffe nicht genügende Frachten finden dürften, ist grundlos in Anbetracht des großen Bedarfs an Rohstoffen, den wir nach dem Kriege haben werden. Fehlen uns dann die Schiffe, dann müssen wir einfach dem Auslande die kolossalen Frachtsätze zahlen, die sich aus dem Angebot und der Nachfrage ergeben. Unser Ziel muß es sein, uns in Zukunft von den englischen Schiffen, auf die wir sonst wieder zurückgreifen müßten, völlig frei zu machen. 8

Abg. Stadthagemn (U. Soz.): Bei der Dampfersubvention von 1885 handelte es sich um keine Subvention der Roeder als solche, sondern um eine Subvention der Postdampfer. Kein einziger Sozial⸗ demokrat hat für diese Subvention in dritter Lesung gestimmt, nachdem unsere Anträge abgelehnt waren. Es ist unwahr, daß die Reeder in dem Krieg am meisten gelitten haben. Es soll den Reedern ein Ge⸗ schenk gemacht werden, das höher ist als die ganze Handelsflotte vor dem Krieg wert war; es ist eine Liebesgabe auf Kosten der Armen und

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schen

Aermsten, speziell des Mittelstandes, von dem Tal Krieg alles verloren haben.

Abg. Dr. Bell (Ztr.): Die Zusammensetzung des Reichsaus schusses bürgt dafür, daß die Interessen der Pfandgläubiger hinreichend gewahrt werden. Es bedarf darüber keiner besonderen Bestimmung im Gesetz. Die Zuschläge sind im Ausschuß gründlich geprüft worden, eine Uebereilung hat jedenfalls nicht stattgefunden. Wir haben uns überzeugt, daß die Regierungsgrundsätze das Richtige getroffen haben, um die Reeder anzureizen zum Bau der neuen Schiffe, wir bitten, es dabei bewenden zu lassen. Der Gegenantrag des Abg. Waldstein ist mindestens ebenso dehnbar wie der unsrige. Dieser hat aber den Vorzug, daß er die Regierung gesetzlich festlegt auf die⸗Durchführung eines Gedankens, der bisher nur in Form einer Resolution zum Aus⸗ druck gekommen ist. Ich bitte Sie, das Gesetz nicht mit Anträgen zu belasten, die eine Erschwerung bedeuten. Das Gesetz selbst bitte ich möglichst einstimmig anzunehmen, namentlich mit Rücksicht auf die Wirkung auf das Ausland. (Beifall.)

Abg. Waldstein: Ich wünschte, über dem gewerblichen Mittelstand schwebte kein schlimmeres Damoklesschwert als das unseres Antrags. (Zustimmung links.) Einer Hetzpeitsche zum Bau von Schiffen bedarf unsere Reederei nicht. 8

Nach einer kurzen Erwiderung des Abg. Stadthagen wird der § 3 nach der Vorlage angenommen, ebenso der von dem Abg. Dr. Bell beantragte Zusatz. Der sozialdemokratische Antrag wird abgelehnt.

Ueber die von dem Abg. Waldstein zum § 4 (Grundsätze über die Gewährung der Beihilfen) beantragte Abänderung der Zuschläge wird gesondert abgestimmt. Der erste Satz: bis zu 65 %, wird nach Probe und Gegenprobe durch Zählung mit 126 gegen 115 Stimmen abgelehnt. Auch die übrigen Sätze bleiben unverändert. 8

Angenommen wird ein Antrag Antrick, daß bei Berechnung der Heuer auch die Nebenvergütungen in Anrechnung zu brin⸗ gen sind.

Der Tarif wird unverändert genehmigt.

Zum § 8 (Reichsausschuß) werden die sozialdemokratischen Anträge abgelehnt. Der Paragraph bleibt unverändert, ebenso der Rest des Gesetzes. Die von der Kommission beantragten Resolutionen gelangen ebenfalls zur Annahme.

Damit ist die zweite Lesung beendet

Schluß gegen 6 Uhr. Nächste Sitzung Freitag, Nach⸗ mittags 2 Uhr. (Kurze Anfragen, zweite Lesung des Nachtrags⸗ etats wegen Schaffung der neuen Reichsstellen.)

Nr. 29 des „Zentralblatts für das Deutsche Reich“, herausgegeben im Reichsamt des Innern, vom 28. September 1917, hat folgenden Inhalt: Allgemeine Verwaltungssachen: Tagegelder für die Mitalieder des YVerwaltungsrats der Reichsversicherungsanstalt für Angestellte; Militärwesen: Tarif der Vorspannvergütunggsätz nach dem Kelegsleistungegesetze; Zoll⸗ und Steuerwesen: Annahme wert der Stücke und Schuldbuchforderungen der 7. Kriegsanleihe des Deutschen Reichs sowie der Zwischenscheine für solche Kriegsanleihe stücke bei der Entrichtung der Kriegssteuer.

Statistik und Volkswirtschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Nach einer von „W. T. B.“ übermittelten Havasmeldung ist der Eisenbahnerausstand in Buenos Aires noch nicht bei⸗ gelegt. Der Kriegsminister hat die Unterstützung der Gesellschaften abgelehnt. Sämtliche Angestellte der Staatsbahnen haben sich dem Ausstand angeschlossen.

Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs⸗

maßregeln. 8 Nachweisung über den Stand von Viehseuchen in Oesterreich⸗Ungarn am 26. September 1917.. (Kroatien⸗Slavonien am 19. September 1917.z.) (Auszug aus den amtlichen Wochenausweisen.)

Maul⸗ R otz und

Rotlauf

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Königreiche und Länder

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