Religionsunterrichts nicht angehalten werden.“
94s,e Kapital zugelegt hat. Ich glaube Kaher, nach dieser Richtung Fann ein Bedenken nicht bestehen, und ich schrecke alch nicht davor purück in einer Zeit, die Finanzlage zweifellos außerordentlich be⸗ drängt ist, eine solche ohe Summe der Seehandlung zur Verfügung zu stellen, obwohl ich mich genötigt sehe, auf anderem Gebiete Staatshaushalts zurückzuhalten und mit Anleihen namentlich porsichtig zu sein. Denn, meine Herren, wenn wir
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Einfachheit und S 6 so kann doch das Finanzprogramm der Zukunf Sparen bestehen. tritt daneben die Förderung der wiederausbaubedürftige sschaft, und wo die Finanzverwaltung überzeugt ist, die sie gibt, als ein Pfund wuchern, da wird sie sie ruhig herge Ich habe die Ueberzeugung, daß die Gelder, die wir hier! handlung zur Verfügung stellen werden, in heworragendem fruchtbringend für unsere Volks⸗ und Staatswirtschaft sein werden. (Bravo!)
Es ist dann noch ein anderer kleiner Punkt in dem Gesetzentwurf, auf den ich noch kommen muß; es handelt sich um die Aenderung der Firma der Seehandlung. Meine Herren, beileibe nicht der Firma Seehandlung! Das ist ein Name von gutem, altem Klang; er bringt uns Erinnerungen an die Zeit vor 1 ½ Jahrhunderten, wo die privaten Wirtschaftskräfte noch nicht stark genug waren, um sich selbsttätig zu entfalten, wo der Staat eingkeifen mußte, wo ein großer Preußen⸗ könig, mit weitschauendem Blick die Berufung seines Volkes zur wirt⸗ schaftlichen Großmachtstellung vorausahnend, Institute schuf, um Handel und Wandel und Industrie zu beleben. Da wurde auch die Generaldirektion der Seehandlungssozietät geschaffen, und wir handeln im Sinne einer guten alten
Tradition, wenn wir heute noch in der Firma der Staatsbank dieses Wort Seehandlung haben.
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darauf nicht verzichten; aber wir sind doch modern denkend, kaufmännisch denkend genug geworden, um eine kleine Aenderung in der Firma vor⸗ zunehmen, um das Wort Seehandlung an das Ende zu schieben, wenn es wirklich für den Geschäftsbetrieb der Seehandlung von Be⸗ deutung ist.
Schon im Jahre 1904 ist eine Aenderung an der Firma vor⸗ genommen worden. Man hat damals an Stelle Generaldirektion der Seehandlungssozietät die heutige Firma Königliche Seehandlung, Preußische Staatsbank gewählt. Der Zweck war, die Eigenschaft der Seehandlung als preußische Staatsbank mehr in die Erscheinung treten zu lassen. Die Seehandlung hat nun die Erfahrung gemacht, daß das nicht genügt hat; es kommen noch heute Mißverständnisse, Verwechse⸗ lungen, Verwirrungen der eigentümlichsten Art vor. Aber, meine Herren, die Hauptsache ist, es kommt noch nicht genügend zum Aus⸗ druck, daß es sich bei der Seehandlung um eine Bank handelt, die alle Bankgeschäfte macht wie jede andere Bank, und zwar um eine Staatsbank, hinter der die Staatsgarantien stehen und die des⸗ halb für manche Kreise der Bevölkerung ganz besondere Anziehungs⸗ kraft haben muß, und wir wollen dafür sorgen, daß das dem Publikum klar wird gerade in einer Zeit, wo die Seehandlung darauf angewiesen ist, ihre Geschäftsbeziehungen zu vergrößern. Ich glaube daher, daß ich unbedenklich auch die Aenderung in der Firma dem hohen Hause zur Annahme empfehlen kann in der Hoffnung, daß auch diese Maß⸗ nahme dazu dienen wird, das finanzielle Rüstzeug des Staates für die Zukunft zu stärken und zu verbessern. (Bravo!)
Abg. Winckler (kons.): Meine Freunde unterstützen durchaus die Absichten der Regierung mit diesem Gesetzentwurf; er ist eine notwendige Folge der großen Umwälzung. Die Preußische Staats⸗ bank ist in der Uebergangszeit nach dem Kriege so wichtig, daß man üüß bereits den Ausbau der Seehandlung in Aussicht nehmen muß. lber wir wollen doch zwei Fragen in einer Kommission erörtern. Wir wollen mit Rücksicht auf die großen Aufgaben der Seehandlung erwägen, ob die Kapitalserhöhung um 60 Millionen ausreichend sein wird, und ferner wollen wir in der Kommission die Aufsaugung der kleinen Banken durch die Großbanken und die Konzentration im Bankwesen besprechen. Das Verschwinden der kleinen Bankiers hat nicht nur Lichtseiten, sondern auch erhebliche Schattenseiten, und wir wollen erwägen, ob nicht zum Teil der Platz, den die kleinen Bankiers eee. durch die Preußische Staatsbank oder andere öffentliche Bankinstitute ausgefüllt werden kann. Gerade dann ist vielleicht die Kapitalserhöhung nicht ausreichend. beantrage die Ueberweisung der Vorlage an die verstärkte Staatshaushaltskommission.
Abg. Dr. Levy⸗Hohensalza (nl.): Meine Freunde stehen der Vorlage durchaus wohlwollend gegenüber und begrüßen die Ausdeh⸗ nung der Geschäftstätigkeit der Seehandlung. „Es besteht aber die Gefahr, daß die Seehandlung noch mehr als bisher als Konkurrenz gegen die Banken auftritt. Ich schließe mich dem Antrag auf Kom⸗ missionsberatung an.
Abg. Dr. Rewoldt (freikons.): Auch wir stimmen der Vor⸗ lage und dem Antrag auf Kommissionsberatung zu. Die Seehand⸗ lung muß in die Lage versetzt werden, ihre Aufgaben zu erfüllen, und es muß auch nach außen ersichtlich sein, daß die Seehandlung stark genug ist. Diese Vorlage muß bald Gesetz werden, damit die Seehandlung baldigst ihre größeren Aufgaben in Angriff nehmen kann.
Nachdem auch der Abg. Rosenow (fortschr. Volksp.) die sympathische Stellungnahme seiner Freunde dieser zeit⸗ gemäßen Vorlage gegenüber erklärt hat, wird die Vorlage an die verstärkte Staatshaushaltskommission überwiesen.
Die vom Herrenhaus in abgeänderter Fassung zurückge⸗ langten Gesetzentwürfe eines Schätzungsamtes und eines E“ etzes werden auf Antrag des Abg. Grund⸗ mann (kons.) ohne Erörterung an die Kommission des Hauses
1 .„ 22* g. „ 2 verwiesen, welche diese Vorlagen früher vorberaten hat.
Ohne Besprechung überweist das Haus ferner sämtliche sieben Anträge aus dem Hause, welche die Erhöhung der Kriegsteuerungszulagen an Beamte, Pensionäre und Hinter⸗ bliebene betreffen, an die Staatshaushaltskommission.
Es folgt die zweite Beratung des Antrages der Abgg. Friedberg u. Gen. auf Annahme des Gesetzentwurfs über die Befreiung der Dissidentenkinder vom Reli⸗ gionsunterricht. Der ursprüngliche Antrag lautete: „Kinder, die keiner Religionsgemeinschaft angehören oder einer solchen, für die Religionsunterricht an der Volksschule, die sie besuchen, nicht erteilt wird, können gegen den Willen des Vaters oder anderer Erziehungsberechtigter zum Besuch des ter Der Antrag war der verstärkten Unterrichtskommission überwiesen worden, die am 17. November 1916, am 22. und 23. Januar 1917 darüber beraten und dann eine Unterkommission eingesetzt hat. Diese hat drei Sitzungen abgehalten. Am 23. Februar hat dann die Hauptkommission mit großer Mehrheit beschlossen, dem Hause den Gesetzentwurf in folgender Form zur Annahme
zu empfehlen:
§.1. Schulpflichtige Kinder, welche einer staatlich anerkannten Meligionsgemeinschaft nicht angehören, haben an dem lehrplan⸗ maßigen Religionpunterricht der Schule, dis sis besuchen, teilzu⸗ aeh mnen, sind aber, wenn die Eltern bzv. diejenigen, die au deren
I2 ea I11“; ʒwStüuns Als ebenso vornehme Aufgabe der Finanzverwaltung
Stelle die religiöse Erziehung zu bestimmen haben, der Schulauf⸗ schtsbehorde gegenüber eine dahingehende Erklärung abgeden, von den Stunden zu befreien, in denen Katechismusunterricht
on der Schulaufsichts⸗ ind sie auf Antrag der s gesamten schulplan⸗
Nehmen diese Kinder an einem d von dem Besuche de
Pafroison
„n X 94 Hungsberechtigten 1 richts zu be lUelen.
Der Bericht der Kommission, für die Abg. Boisly nl.) als Referent fungiert, datiert vom 9. Oktober 1917.
Ein vom Zentrum dazu gestellter Abänderungsantrag Porsch und Eenossen wird mit zur Diskussion gestellt. Der⸗ selbe lautet:
„die Staatsregierung aufzufordern: 1) einen Gesetzentwurf vorzu⸗ legen, durch den die Frage der religiösen Erziehung der Kinder schließlich der Frage ihrer Teilnahme am Religionsunterricht in der Schule einheitlich geregelt wird, 2) alle diejenigen Verordnungen aufzuheben, durch die eine bestimmte Form (Erklärung vor dem Landrat, Bürgermeister, Gericht oder Notar und dergl.) vorgeschrie⸗ ben wird für die Erklärung der Eltern, daß sie ihre Kinder der einer anderen Konfes als der des Vaters zuführen
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Schule Konfession als wollen.“
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Abg. Marx (3 müssen den Kommissionsantrag ab⸗ lehnen. Einmal schon weil er gegenüber dem ursprüng⸗ lichen Antrage Friedberg eine außerordentliche Einschränkung enthält indem er jetzt nur noch die schulpflichtigen Kinder betrveffen soll, die Liner staatlich anerkannten Religionsgesellschaft nicht angehören, da⸗ gegen die konfessionellen Minderheiten nicht berücksichtigt. Es scheint, als ob die Praxis der Verwaltungsbehörden in dieser letzteren Be⸗ ziehung immer noch da und dort, entgegen dem allgemeinen Landrecht, darauf gerichtet ist, evangelische Kinder dem katholischen Religions⸗ unterricht zuzuweisen und umgekehrt. Und gerade in der jetzigen Kriegszeit ist diese Frage in so weit brennend geworden, als zahlreiche Stadtkinder zur Erholung und besseren Ernährung aufs Land gechickt worden sind, und es auch da vorgekommen ist, daß katholische Kinder zwangsweise in evangelische Schulen geschickt worden sind. Hier müßte doch die Gewissensfreiheit gewahrt werden. Der Kommissions⸗ antrag ist uns unannehmbar erstens, weil er zwischen Katechismus⸗ unterricht und Religionsunterricht einen Unterschied macht. Für die Erziehung der Kinder ist nach unserer Auffassung in erster Linie absolut der Wille der Eltern maßgebend. Durch die Annahme des § 1 wird aber den Bestrebungen, die darauf ausgehen an die Stelle des konfessionellen Unterrichts einen allgemeinen Moralunterricht zu setzen Tür und Tor geöffnet; im Sinne dieser Bestimmung muß der Bibel⸗ unterricht jeder religiösen und konfessionellen Färbung entkleidet wer⸗ den, er muß ganz farblos gestaltet sein. Damit würde aber ein ganz falscher Weg betreten. Ein fernerer Grund für die Unannehmbar⸗ keit des Antrages der Kommission liegt für uns in § 2, der von dem Ersatzunterricht spricht, der den ganzen schulplanmäßigen Unterricht beseitigen soll. Darauf können wir uns in keiner Weise einlassen. So viel Vorsicht auch angewendet werden mag, die wird zuletzt immer darauf hinauslaufen, daß der Staat darüber entscheidet, was als Ersatzunterricht zulässig ist, daß der Staat das Recht hat über Reli⸗ gionswahrheiten zu entscheiden. Ein solches Recht können wir den Staat nicht geben; eine solche Regelung würde für uns unerträglich sein. Die Frage ist von der Frage der religiosen Kindererziehung überhaupt gar nicht zu trennen; das ergibt sich schon aus der Mischehenfrage. Der Kommissionsantrag und auch der unveränderte Antrag Fried⸗ berg schaffen für die Dissidentenkinder eine Erleichterung; die wün⸗ schen auch wir, aber wir können nicht zugeben, daß dadurch eine Un⸗ gleichheit zum Nachteil derer geschaffen wird, die in einer Kirchen⸗ gemeinschaft stehen. Da kann nur eine einheitliche Regelung der ganzen Frage helfen, wie wir sie beantragen. Die Angehörigen der Konfessionen dürfen nicht noch schlechter behandelt werden als die Dissidenten, wir dürfen nicht einseitig nur den Dissidenten entgegen⸗ kommen. Das von uns verlangte Gesetz würde Bestimmungen zu treffen haben über die Erziehung der Kinder in Mischehen, über die
über die konfessionellen Minderheiten. Nun mehren
Dissidenten und sich seit Jahren aber auch die bitteren Klagen der Eltern, welche ihre Kinder in den Religionsunterricht einer anderen Konfession schicken wollen, daß dazu nicht die Erklärung des Vaters oder des Erziehungs⸗ berechtigten genüge, sondern daß auch noch bestimmte Formen dieser Erklärung vor dem Bürgermeister, dem Standesbeamten usw. beobach⸗ tet werden müssen. Die in fast allen Regierungsbezirken hierüber bestehenden übereinstimmenden Verordnungen haben zu den ärgsten Gewissensbedenken geführt. Auch die Regierung kann nicht wol daß ihre Autorität durch die Entsche solche Verordnungen für ungültig erklären, erschüttert wird, wie es andererseits für die Autorität dieser höchsten Gerichte nicht nützlich sein kann, wenn trotz ihrer Entscheidung die Verwaltung auf ihrem Standpunkt bestehen bleibt, die Kinder, die durch ihre Eltern vom onsunterricht ferngehalten werden, wegen Schulversäumnis be⸗ sw. Wir bitten Sie daher, unseren Antrag anzunehmen; den rag der Kommission und auch den Antrag Friedberg lehnen wir ab. Inzwischen sind noch einige weitere Anträge eingegangen. Abg. Hensel (kons.) beantragt, diese Anträge, deren ragweite man noch nicht übersehen könne, an die Unterrichts⸗ ommission ohne weitere Debatte zurückzuverweisen. Täte man dies nicht, so bestünde die Gefahr, daß wir heute überhaupt zu keinem Resultate kommen würden, und das wäre bedauerlich. Die Abgg. Hänisch (Soz.) und Adolf Hoffmann (1I. Soz.) haben gegen die Zurückverweisung der ganzen Materie an den Ausschuß an sich nichts einzuwenden, würden es aber als eine Ungerechtigkeit ansehen, wenn vorher die
vung in wollen, idung höchster Gerichtshöfe, die
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Gegner nicht zum Worte kämen. Nachdem außer den Vertretern der Nationalliberalen und Fortschrittlichen Volkspartei auch Abg. von Heyde⸗ brand (kons.) sich dafür ausgesprochen hat, heute noch die anderen Redner zu hören, zieht Abg. Hensel seinen Antrag zurück. — —Abg. Hänisch (Soz.): Es ist sonderbar, daß wir uns in der Zeit der gewaltigen Umgestaltung der sozialen und kulturellen Ver⸗ hältnisse auf dem ganzen Kontinent heute in Preußen mit einer Sache befassen müssen, auf der der Staub von Jahrzehnten lastet. Die Behandlung der Dissidentenkinder verstößt gegen jedes Rechts⸗ empfinden, gegen jedes gesunde sittliche Empfinden. Man kann von den vermoderten Gesetzen und Vexordnungen längst vergangener Zeit das Dichterwort anwenden: Es erben sich Gesetz und Rechte wie eine ewige Krankheit fort. Es ist tief beschämend, daß wir uns jahraus, jahrein mit diesen Dingen beschäftigt haben und doch zu keinem Re⸗ sultat gekommen sind. Uns Sozialdemokraten bedeutet auch der An⸗ trag Friedbeng noch keine genügende Lösung der ganzen Frage. Wir sehen diese Lösung mehr in der völligen Trennung von Kirche und Staat, in der völligen Beseitigung der Staatsschule überhaupt und in der Zuweisung des Religiansunterrichts überhaupt an die vom Staate unabhängigen kirchlichen Gemeinschaften. Diese Lösung sollte
ihren Erfahrungen im Kulturkampf als die
auch dem Zentrum nach praktischste erscheinen. Heute haben Sie allerdings den Staat nicht Ihrer hervorragendsten Führer preußischer Mi⸗
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zu fürchten, da einer nisterpräsident ist, aber noch ist nicht aller Tage Abend, es kann auch einmal anders kommen. Die Regierung hat sich in der Kommission sehr scharf gegen den Antrag Friedberg ausgesprochen, heute ist ihre Stellung vielleicht eine andere, wo der Antragsteller selbst die Regie⸗ rung stellvertretend vertritt. Das Zentrum hat in der Kommission passive Resistenz geübt, Obstruktion getrieben. Etwas anderes be⸗ deutet sein Antrag, der heute wieder vorgelegt ist, nicht. Das wich⸗ tigste Argument, das man gegen uns vorgebracht hat, man dürfe die Kinder von Dissidenten nicht aufwachsen lassen ohne Kenntnis der großen kulturellen Bedeutung der christlichen Religion, beruht auf einem grotesken Mißverständnis. Wir Sozialdemokraten haben die gewaltige kulturelle Bedeutung des Christentums nis geleugnet. Gs ward gsradezu banausisch, wenn wir verlangten, daß von dieser 1
waltigen, sittlichen und religiösen Macht des Christentums die Dissi⸗
dentenkinder nichts erfahren sollten. Wir wünschen das aber nicht in der Form eines Glaubens⸗ oder Katechismusunteprichts, der auf das Gewissen einen belastenden Druck ausübt. Die Kinder sollen davom hören im Rahmen des großen kulturgeschichtlichen Unterrichts, den wir an Stelle des ganzen Geschichtsunterrichts setzen wollen. In Württemberg ist diese ganze Frage im Sinne des Antrags Fried⸗ berg geregelt. So etwas sollte doch auch in Preußen möglich sein, das doch kaum den Anspruch erhebt, so sehr viel christlicher und religibser als die anderen Bundesstaaten zu sein. Der Geist des allgemeinen Neuwerdens kann auch in Preußen nicht aufgehalten werden. Das Vertrauensverhältnis zwischen Schule und Haus wird durch den jetzigen Zustand, unter dem Schule, Elternhaus und die Dissidenten⸗ kinder schwer leiden, erschüttert. Dieser Krieg hat gezeigt, daß auch Nichtchristen gute Soldaten sein können. Aus pädagogischen und sozialen Gründen ist der Antrag Friedberg eine Selbstverständlichkeit. auch politische Gründe sprechen dafür. Die Herren von der ten brüsteten sich immer mit ihrem guten politischen Instinkt, der ie stets fühlen läßt, woher der Wind weht. Heute scheint ihnen diese natsmännische Zug vollständig verloren gegangen zu sein. Kollege Hoffmann hat sich seinerzeit ein Verdienst erworben, als er diese Frage bis in die höchsten Instanzen verfolgte. Das Kammergericht hat entschieden, daß allein der Vater zu entscheiden hat, wie die Kinder zu erziehen sind. Diesen gesunden Rechtsgrundsatz will nun der An⸗ trag Friedberg allgemein festlegen. 111““
Abg. Dr. Styczynski (Pole) geht ausführlich auf den Not⸗ stand ein, unter dem die polnische Bevölkerung Preußens leiden muß, weil die Regierung es immer noch versagt, den polnischen Schul⸗ kindern den Religionsunterricht in der Muttersprache erteilen zu
s Vor einigen Monaten habe verlautet, daß der Kultusminister on Trott zu Solz diesem Zustande ein Ende machen wolle; aber ge⸗ schehen sei nichts. Hoffentlich werde die heutige Debatte dem Kultus⸗ minister und auch dem neuen Vizepräsidenten des Staatsministeriums
Frage
Veranlassung geben, hier endlich einzugreifen; erst sollte diese F geregelt werden, dann würden die Polen auch einer Regelung de Dissidentenfrage nicht abgeneigt sein.
Abg. Boisly (nl.) stellt fest, daß seine Partei nach wie vor au dem Boden des Antrags Friedbergs stehe, wie ihn seinerzeit der Ab⸗ geordnete D. Hackenberg und wie ihn später Herr von Campe und zu lletzt Dr. Friedberg verkreten haben. Nur schweren Herzens hätten sie sich auf den Kompromißantrag der Kommission eingelassen, aber si hätten es getan, um doch endlich einmal etwas Positives für die Dissit denten zustande zu bringen.
Abg. Adolf Hoffmann (U. Soz.): Die heutige Probe von der Neuorientierung berechtigt nicht zu besonderen Hoffnungen. Welche Wert der Minister der Dissidentenfrage beilegt, die schon Jahrzehnte lang die Oeffentlichkeit und dieses Haus beschäftigt, beweist er durch seine Abwesenheit. Die Rechte hat den neuen Vizepräsidenten de Staatsministeriums Friedberg geschluckt; sie wird ja vielleicht auch der Antrag Friedberg schlucken, aber sie nimmt die Beruhigungspille gleich hinterher (Heiterkeit), und das Zentrum hilft dabei getreulich mit wie sein heutiger Verschleppungsantrag beweist. Herr Marx verlang Gewährleistung der Gewissensfreiheit; die würde am besten gewähr leistet, wenn der Religionsunterricht ganz aus der Schule entfernt und den Eltern ausschließlich überlassen wird. Also die richtigste Lösung is Trennung von Kirche und Schule, Trennung von Kirche und Staat Sie werden darum nach diesem Kriege doch nicht herum kommen; die Masse wird der Kirche den Rücken wenden, und dann wird der Staa kein Interesse mehr daran haben, die Kirche wie bisher zu protegieren Diesen Trennungsgedanken hat übrigens gerade das Zentrum früher mit größtem Nachdruck vertreten. Der Kommissionsantrag ist eine Halbheit; mit der Scheidung zwischen Katechismus⸗ und allgemeinem Religionsunterricht ist nichts zu machen. Will man die Eltern zwingen, gegen die Lehrer zu arbeiten, gut, sie werden den Kampf auf⸗ nehmen. Die politische neue Richtung bringt uns hier auch nicht vor⸗ wärts; der evangelische Pietist ist gegangen, der katholische Pietist ist gekommen, und Herr Friedberg ist doch nur ein Konzessionsschulze in der neuen Regierung, und wird nicht die Wahlrechtsvorlage immer weiter verschleppt? „Zeit gewonnen, alles gewonnen!“ sagen die Reaktionäre; die Stoßkraft zu einem wirklichen Fortschritt muß aus dem Volke kommen, das muß der Regierung Beine machen, wenn nicht zum Fortschreiten, dann doch aber zum Fortlaufen! Die kul⸗ turelle Leistung der Kirche wird verdunkelt durch die Stellung vieler Geistlichen gegenüber dem Kriege, früher zu den Hexenprozessen c auf evangelischer Seite. (Zuruf des Abg. Traub.) Herr Trau wollte ja einen religionslosen Katechismus herausgeben. Wo ist dieser Katechismus geblieben, trotzdem er die Mittel dazu erhalten hätte? Vielleicht ist man jetzt anders orientiert, und vielleicht werden ihm die 40 000 ℳ noch einmal bewilligt zu einer abermaligen Neuorientierung. W Der Kommissionsantrag würde nur den bisherigen Will⸗ ürstandpunkt gesetzlich festlegen und damit die Mißhandlung gewisser freireligiöser Lehrer, die ins Gefängnis wandern müssen. Es wird der Gewissenszwang verewigt. Der Kriegsminister ist toleranter als der Kultusminister, denn er hat verboten, daß Dissidentensoldaten in die Kirche gezwungen werden. Es ist nun ein Abänderungsantrag der Konservativen eingegangen, der sich von dem Kommissionsantrag in bezug auf den Katechismusunterricht dadurch unterscheidet, daß die Dissidentenkinder zwar dem Katechismusunterricht beiwohnen müssen, aber nicht im Katechismus gefragt werden sollen. Der Zentrums⸗ antrag will die ganze Materie nur verschleppen. Eine Trennung von Katechismus⸗ und Bibelunterricht ist unmöglich. Wie sieht es mit dem „zugelassenen“ Ersatzunterricht aus? In der Praxis werden diesem hier in Berlin die größten Schwierigkeiten in den Weg gelegt, indem die Erteilung des „Moralunterrichts“ von Bedingungen abhängig gemacht wird. Man sucht die Genehmigung möglichst zu verschleppen. Diesen Zustand will Herr Hänisch mit Herrn Traub gesetzlich festlegen. Der jetzige Zustand ist ein Gewissenszwang und eine Herausforderung der Eltern, eine Nadelstickpolitik. Es wird nicht eher besser werden, als bis ein neues Wahlrecht Einkehr gehalten hat. Immer wieder wird die Vorlage vertagt, weil die neuen Minister noch nicht orientiert seien.
Nun, wer bürgt uns dafür, daß wir nicht in vier Wochen wieder ein neues Ministerium haben? Die Dissidenten haben im Kriege ihre
Schuldigkeit getan, wie die anderen. Die Herrschenden wollen keine Verbesserung zulassen, um die Möglichkeit zu haben, den Kindern das Gehirn mit dem religiösen Kram vollzustopfen. Auf das heutige Preußen haben wir keine Ursache, stolz zu sein. Der Geist wird ge⸗
knechtet von der Schule bis zur Kaserne. Die heimkehrenden Krieger
werden die Freibeit der Schule erringen, wenn Sie uns nicht recht⸗ zeitig gutwillig Reformen schaffen. (Beifall bei den Soz.
Abg. Dr. Traub (wild): Nach dem Kriege wird man zunächst wichtigere Dinge zu tun haben, als die Trennung von Kirche und Staat. In diesem Kriege hat niemand einen Bankerott in seinem Glauben erlitten, weder auf katholiischer noch auf protestantischer oder jüdischer Seite (Zustimmung rechts), am wenigsten auf christlicher Seite. Ueber den Kommissionsbeschluß wurde von den Monisten früher ganz anders geurteilt wie jetzt. Man erblickte darin einen merklichen Fortschritt gegenüber dem jetzigen unwürdigen Zustand, da ein Unterschied zwischen Glaubensunterricht und Religionsgeschichte ge⸗ macht werde; die Forderung des Ersatzunterrichts sei nicht abzuweisen. Man spricht draußen im Lande immer nur von Linksdissidenten. Es gibt aber auch eine ganze Menge, denen der Religionsunterricht noch nicht rechtgläubig genug ist. Auch diese Gesichtspunkte müssen bei der Aufrollung der Dissidentenfrage berücksichtigt werden. Ein ein⸗ seitiges Recht der Eltern auf die Erziehung der Kinder erkenne ich nicht an. Ein solches kann auch der Staat niemals anerkennen. Wir mußten uns in der Kommission verständigen und haben uns mit den Konservativen und Freikonservativen verständigt. Unter dem Ein⸗ druck der Neuorientierung haben die Monisten und Dissidenten aber ihre Ansprüche gesteigert, während sie ursprünglich anerkannten, daß hier ein Fortschritt erreicht ist. Das Große an diesen Be⸗ schlüssen ist, daß anerkannt wird, daß die Religion zur allgemeinen Bil⸗ dung gehört. Gergde vom Standpunkt der Konfession aus ist doch die etzige Lösung zu begrüßen. Schon jetzt haben die Kirchen den kon⸗ feonelen Unterricht aus der Schule herausgeholt und in den Kon⸗ firmationsunterricht verwissen. Das vein konfesstonells Glemun K. hört eben nicht in die Schule. Die technischen, pädagogischen Be
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r den Antrag Friedberg
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“ 1“ 8 “ 8 11“ 11“ .“ man nicht überschätzen. Es schadet keinem Kinde, wenn iken so viel Sprüche und Lieder lernt. (Sehr richtig! rechts). 6 0 unllegen Hoffmann möchts ich doch bitten, die Aufgabe zu Herm nen, einen neuen Katechibmus zu schreiben. Dann wird er teinem solchen Kommissionsbeschluß gekommen sind, ich wun⸗ 1 ß die Regierung hier kein einziges Wort gesagt hat. deer häͤtte sie klipp und klar erklären können, wie sie zu dem Antrag 8 Geschieht dies, so würde sich ihn kür die beste Lösung halten. Abg. Graue sfortscha. Volksp.): Ich bin beauftragt, zu er⸗ zzren, daß wir gegen den Antrag der verstärkten Unterrichtskommis⸗ 8 Antr g. stimmen werden. Gegenüber dem vnumsantrage ist ja schon erklärt worden, daß wir der Rückver⸗ Lfung sämtlicher Anträge an die Kommission zustimmen. Auch ich nor zunächst geneigt, die Wege zu beschreiten, die durch den Antrag graub--Hänisch 9eig sind. Aber dadurch wird schließlich erꝛeicht, daß der Gewissensskrupel bestehen bleibt. Außerdem wüͤrde ndurch eine Erschwerung des pädagogischen Betriebes eintreten, ohne S inn zu bringen, der uns in Aussicht gestellt ist. Tatsächlich ie Kinder nicht den Unterricht bekommen, der vorschwebt, wie bisher eine zurechtgemachte geschichtliche Darstellung. „ sehr es beklagenswert ist, wenn Dissidentenkinder keinen Reli⸗ vonsunterricht bekommen, so ist es doch immer noch besser, als wenn enen ein Unterricht zuteil wird, den ihre Eltern nicht wünschen. Man Fnicht außer acht lassen, daß es sich gegenüber der unendlich woßen Zahl von evangelischen und katholischen Kindern nur um eine er geringe Zahl von Dissidentenkindern handelt. Wir haben allen Frund, auf Preußen stolz zu sein. Deshalb sollte es gerade hier sich gt den Anschein geben, als ob es ein Hort der Gewissensbedrückung Es liegt durchaus nicht im Interesse der Kirchen, mit äußeren Mütteln unterstützt zu werden. Darum können wir keinem Antrage astimmen, der den bisherigen Gewissenszwang verlängert, wir wer⸗ en vielmehr für den ursprünglichen Antrag Friedberg stimmen. fall links.) 8 Der Präsident schlägt hierauf vor, den vorliegenden begenstand zu verlassen, und nur noch diejenigen auf der Tagesordnung stehenden Petitionen zu erledigen, zu denen bine Wortmeldungen vorliegen. Das Haus verfährt nach diesem Vorschlage. Nach 5 Uhr wird die Fortsetzung der
soeben abge⸗
srochenen Beratung auf Freitag 11 Uhr vertagt. (Außerdem
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eine Vorlagen und Anträge.)
Nichtamtliches.
Polen.
Der „Kurjer Warszawski“ erfährt, daß sich der Regent⸗ shaftsrat entschlossen habe, den Regierungen der Besatzungs⸗ mächte die Kandidatur des Referendars des Regentschaftsrats, Jan Kucharzewski für die polnische Ministerpräsident⸗ schaft vorzuschlagen. .
Oesterreich⸗Ungarn. In dem gemeinsamen Ausschuß der die ungarische Re⸗ jieerung unterstützenden Parteien erklärte der Ministerpräsident dr. Wekerle, wie „Wolffs Telegraphenbüro“ meldet, daß er in der Sitzung des Abgeordnetenhauses am 20. November den Hushaltsplan und die damit im Zusammenhang stehenden Stuervorlagen, ferner den Wahlrechtsentwurf sowie die Füetzentwürfe über den Ausgleich und das Bank⸗ mwisorium unterbreiten werde. Mit Rücksicht darauf, daß Uein Wien tagenden Delegationen am 3. Dezember ihre Be⸗ mtungen beginnen, werde das Abgeordnetenhaus in diesem Uonat nur kleinere Vorlagen erledigen. Der Wahlrechtsentwurf verze erst Anfang Januar vor die Vollversammlung gelangen. dieser Gesetzenwurf bilde die Existenzarundlage der Regierung, ind darum werde er sobald als möglich im Abgeordnetenhause vethandelt werden. Bezüglich der Bildung einer einheitlichen Lartei erklärte der Ministerpräsident, daß diese nur dann er⸗ folgen könne, wenn ihr Programm festgestellt sein werde.
Frankreich. Nach einer Havasmeldung hat Clemenceau den A trag übernommen, das Kabinett zu bilden.
Rußland. „Die letzten Nachrichten sprechen, mwie „Wolffs Telegraphen⸗ büro“ meldet, wieder mehr für den Sieg der Bolschewiki in St. Petersburg. Nach einem Telegramm aus Haparanda hat der Oberstleutnant Murawiew, der Chef des Verteidigungs⸗ gebiets von St. Petersburg, eine Kundgebung ausgefertigt, in der er das Gerücht vom Uebergang der St. Petersburger kuppen zu Kerenski als eine Lüge dieses letzteren bezeichnet und erklärt, die Truppen des freien russischen Volkes hitten Gatschina nur geräumt, um unnötiges Blut⸗ vergießen zu vermeiden und eine geeignete Stellung zußerhalb St. Petersburgs einzunehmen. In der gleichen gundgebung heißt es, in St. Petersburg herrsche Ruhe. lußer den Kreuzern „Aurora“, „Sarja“, „Svoboda“ und dem Schulschiff „Afrika““ seien sechs Torpedoboote der Ostsee⸗ sotte in St Petersburg angekommen und hätten sich bei der Nikolaibrücke verankert, von wo aus sie im Nolfall ganz Peters⸗ urg beschießen könnten Nach finnischen Zei ungen hat Kereneki in der Schlacht bei Petersburg den Kürzeren gezogen. Eine besondere Rolle scheinen jetzt die Kosaken zu spielen. Wie „Djelo Naroda“ mitteilt, wird Kiew von den Losaken beherrscht. Nach einem Telegramm an „Svenska agbladet“ aus Haparanda ist der Kosakengeneral Uuledin schon in der Nähe von Charkow angelangt und üt über das Grubengebiet im Donbecken den Kriegszustand rerhängt. Aus den verschiedensten Teilen des Landes werden düige Kämpie gemeldet. In Mos kau sollen letzten Dienstag Sund 2000 Tote gezählt worden sein, doch soll man sich in dieser n adt schließlich dahin geeinigt haben, ein Koalitionsministerium is allen sozialistischen Parteien zusammenzusetzen. Verbürgte negricten treffen noch immer nicht ein, da der Telegramm⸗ geiell tinen und nach Petersburg wie bisher völlig ein⸗ Fü Nach einer „Neutermeldung“ verhandeln die sozialistis chen söicger mit den Bolschewiki über die Bildung einer 6 sstischen Regierung, deren Programm ein schneller Friedens⸗ . die Uebergabe alles Landes an die Landesauesschüsse Einberufung der Verfassunggebenden Versammlung er n Die Bolschewiki jedoch bestehen auf Vertretung in ruen Regierung unter anderen Bedingungen und lehnen b Waffenstillstand ab, wenn diese nicht angenommen werden. M bun Walffs Telegraphenbüro“ verbreitet eine Stockholmer
ö wird, eine Versöhnung innerhalb der Linksparteien zustande
ö“ WW““ 1A14A“; 22 eventuell unter Mitwirkung der Bolschewiki, jedoch unter Ausschluß
uf⸗
von Lenin und Trotzki. Emer meiteren Meldung vom gestrigen Tage zufolge erfährt „Astonbladet“ ous zuverlässiger Quelle, daß sich die Bolschewikt mit den anderen Sozialistenparteien vereinigt haben, um die Revolution vor Kerenski, Kaledin und Kornilow zu retten. Die veue Regierung, die die St. Peters⸗ burger Garnison mit der Ostseeflotte auf ihrer Seite habe, soll demnächst ein neues Programm mit einem ausführlichen Friedensvorschlag vorlegen. 8
Wie Londoner Blätter aus St. Petersburg melden, sind die Truppen Kerenskis nahe bei St. Petersburg zusammen⸗ gezogen. Kerenski sprach die Absicht aus, die Bolschewiki zu entfernen und die Macht den demokratischen Organisationen einschließlich des Vorparlaments und des Ausschusses zur Sicherung des Landes und der Revolution zu übertragen. Im Falle, daß ein Uebereinkommen mit den sozialistischen Parteien zustande käme, würde er keine Vergeltungsmaß⸗ regeln anwenden.
— Die finnischen Sozialisten verlanaten der „Ber⸗ lingske Tidende“ zufolge von den bürgerlichen Parteien die Anerkennung der am 18. Jult von den Sozialisten ange⸗ nommenen Staatsordnung für Finnland. Da diese Forderung abgelehnt wurde, erklärten sie vorgestern im ganzen Lande den allgemeinen Ausstand, der bereits Abends in Helsing⸗ fors begonnen hat. Auch die Eisenbahner nehmen daran teil, so daß jetzt nur noch Milüärzüge verkehren.
Nach einer weiteren Meldung erklärte der Axbeiter⸗ und Matrosenrat von Helsingfors in einem Schreiben an den Senat den Generalgouverneur Nekrassow für abgesetzt.
Italien. 3
In der Kammer brachte Boselli nach der gestern milgeteilten Rede des Ministerpräsidenten, die mit den Worten des Königs in seinem Erlaß: „Wir sind bereit, alles für den Sieg und die Ehre Italiens dahinzugeben“ schloß, eine Entschließung ein, die die Notwendiakeit der Einigkeit der Nation und der Zusammenfassung aller Kräfte betont, um dem Einbruch des Feindes mit Hilfe der tapferen Armee und im Vertrauen auf die Verbündeten Widerstond zu leisten. Darauf führte Giolitti, wie „Wolffs Telegrophenbüro“ be⸗ richtet, aus:
Man muß der Wirklichkeit mit Ruhe und Mut ins Gesicht sehen und mit dem Höchnmaß von Kraft und Schnelligken handeln. Die Regterung hat alein pollständige Kenntnis von der militérischen und diplomatischen Lage. Ihr allein gebüͤhrt es, den Weg zu zeigen, und die Nation wird ihr folgen. Die Regierung und jeder Minister müssen an die furchtbare auf ihnen rube de Verantwortung denken. Die Zukunft Italsens für einen langen Zeitraum seiner Geschichte hängt von ihren Entschlössen und ihren Haudlungen ab. Salandra erklärte: Alle Italiener sins jetzt Waffenbrüber vor dem g meinsamen Feinde. Wir müssen alle die treuen und geborsamen Soldaten der Regierung sein, die uns alle als Kämpfer ansehen muß.
Nach einer Rede des ehemaligen Ministers Luzzati und Prampolinis, der im Namen der Sozialisten sprach, nahm die Kammer durch Zuruf die von Boselli vorgeschlagene Ent⸗
schließung an. Niederlande. 1b
Die russische Gesandtschaft im Haagg teilt, wie „Wolffs Telegraphenbüro“ meldet, mit, daß sie die maximalistische Regierung in St. Petersburg nicht anerkenne.
Schweden.
Nach einer Meldung des „Svenska Telegrambyran“ werden die Könige von Schweden und Normegen auf Vorschlag des ersteren in Kristiania zusammentreffen. König Gustao wird vom Ministerpräsidenten und dem Minister des Aeußeren begleitet. Er trifft in Kristianta am 28. November ein und reist am 30. November wieder ab. Der König von Däne⸗ mark meldete seinen Besuch bei König Haafkon für dieselben Tage an. Auch er wird vom Ministerprasidenten und vom Minister des Aeußeren begleitet.
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Amerika⸗
8 über die Bereitstellung von Schifssraum zwischen den neutralen nordeuropäischen Staaten und Amerika meldet „Reuter“, es sei zwar noch nicht bekannt, wieviel Schiffsraum die Vereinigten Staaten erhalten würden, es befänden sich aber über 400 000 Tormen neutraler Schiffsraum in Amerika, der auf die eme oder andere Weise in den Dienst der Vereinigten Staaten ge⸗ stellt werden würde. Bei den Verhaudlungen sei die Regierung Norwegen, Schweden, Dänemark und Holland gegenüber ver⸗ schieden vorgegangen. Die meisten mederländischen Schiffe würden vermutlich argentinischen und australischen Weizen und Javazucker nach Amertka verf achten. Es verlaute, daß vieileicht die ganze niederländi'che Flotte dazu verwendet werden würde, Vorräte nach Amerika und Frachten von dort nach Holland zu bringen. Amerikavisches Viehfutter werde nicht durchgelassen werden, solange holländische Molkereiprodukte in Feindesland gingen. Der argentinische und australische Weizen werde in den Vereinigten Staaten zur Wiederausfuhr gemahlen werden. Um dem amerikanischen Vieh Futter zu verschaffen und gleich⸗ zeitig Schiffsroum zu sparen, werde in Zukunft nur Mehl ausgeführt werden. Es sei noch kein bestimmter Zeit⸗ punfkt für die Nebergabe des neutralen Schiffsraums bestimmt, es werde jetzt aber wahrscheinlich den fest⸗ gehaltenen Schiffen gestattet werden, so rasch wie möglich Bunkerkohlen einzunehmen. Verschiedene wichtige Fragen wie die, wieviel Lebensmittel die Neutralen nötig hätten und wieviel sie nach Deutschland schicken dürften, müßten noch erledigt werden. Die neutralen Schiffe würden auch einen Teil der für das belgische Hilfeskomitee bestimmten Ladungen führen. Die Vorbereilungen über die verfügbare Stellung von über 40 000 Tonnen schwedischen Schiffsraums in amerikanischen Häfen seien vor mehreren Tagen beendet worden.
Zu dieser Reutermeldung erfährt „Svenska Telegram⸗ byrau“ nach Anfrage im schwedischen Auswärtigen Amt, daß daß Amt keine Nachrichten empfangen habe, die die Meldung bestätigen.
Zu dem Abkommen
Nr. 37 des „Zentralblatts für das Deutsche Reich⸗, herausgegeben im Reichsamt des Innern, am 9. November 1917, hat folgenden Inhalt: Konsusatwesen: Ermächtigung zur Vornahme von Zivilstandshandlungen. — Medtzinal⸗ und Veterirärwesen: Er⸗⸗ scheisen eines pritten Nachtrags zur DPeutschen Arz estexe 1917. — Allgemeine Verwaltungssachen: Verteilung der Gschäfte uf des Reichsamt des Innern und das Reichswirtschaftsoamt. — HPolizei⸗ wesen: Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiete. 1
Gesundheitswesen,
maßregeln.
(Kroatien⸗Slavonien am 31 Oktober 1917.)
(Auszug aus den amtlichen Wo
chenausweisen)
Tierkrankheiten und Absperrungs⸗
Nachweisung über den Stand von Viehseuchen in Oesterreich⸗Ungarn am 7. November 1917
Königreiche
und Länder
Komitate (K.) Stuhlrichterbezirke (St.) Munizipalstädte (M.)
seu
Gemeinden
Maul⸗ und Klauen⸗
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Zahl der verseuch
Schweine⸗ pest (Schweine⸗ seuche)
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Rotlauf der Schweine
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Gemeinden
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tt ug aus Rußland, nach der von sozia istischer Seite ver⸗
ringen und eine demoktatische Koalitionsregierung zu bilden,
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a. Oesterreich. 1 Niederösterreich..
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Oberösterreich.
Salzburg 3 1 Steiermark.
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Vorarlberg. ö 1 Böhmen.
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„ Mähren
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Bukowina.. Dalmatien..
b. Ungarn. K. Abauj⸗Torna, M. Kaschau K. Unterweißenburg (Alsô⸗ Fehör) St. Arad, Borosjens, Elek, Kisjenöë, Magvarpécska, Vilgos, M. Arad... St. Borossebes, Maͤria⸗ radna, Nagyhalmäaͤgy, he2, ☛☛ 6“ K. Arva, Liptau (Liptö), St. Bäcsalmàs, Baja, Topolya, Zenta, Zombor, Stäodte Magyarkanisza, Zenta, M. Baja, Maria Theresiopel (Szabadka), SBombor. .. St. Apatin, Hödsaàg, Kula, Obeecse, Palänka, Titel, Neusatz (Uividék), Zsa⸗ blya, M. Usvidk.. K. Baranyva, M. Fünfkirchen (Pscs).. K. Bars, Hont, M. Schemnitz
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(Selmecz⸗és Bélabänya) —
K. Bereg, Ugoesäa.. K. Bistritz (Besztercze⸗ Nas d) St. Beretiyöuffalu, De⸗ recske, Ermihälvyfalva, Margitta, Saͤrrét, Szé⸗ 1A“ St. Biharkeresztes, Esöffa, Elesd, Központ, Szalärd, M. Großwardein (Nagy⸗ Dae) St. Belényes, Bél, Ma⸗
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varcséke, Nagvszalonta, K. Borsod, M. Miskolcz 2. Kronstadt (Brassô), Haromszseké... K. Csanäd, Csongrad, M. Hödmezö Bäaͤsaͤrhely, Szegedin (Szeged) K. Gran (Esztergom), Raab (Györ), Komorn (Komärom), M. Györ, Komärom 1“ K. Stuhlweißenburg (Fejér), M. Stuhlweißenburg (Szokesfebérvàr) K. Fogaras, Hermannstadt (Szeben). 1I K. Gömör 68 Kis⸗Hont, Sohl (Zölyvom)). K. Hadju, M. Debreczin (Debreczen). K. Hunyad...
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