1917 / 290 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 07 Dec 1917 18:00:01 GMT) scan diff

118 (Beifall rechts.

8 „8 NMo; b ,„

präsidenten verboten worden. tänden sind keine moraliscken Eroberungen üm Ausland zu machen. tegierung, dem Volke gleiches Recht einzuräumen immumngen, den Bel ungszustand und die it nicht in so ungleicher zu handhaben. NMo 8 ee Bfessch * 92 1 F. Verständigungsfriedens wird es möglich sein, UTr eh-de 88 1 schaftliches Leben wieder aufbauen zu können. Ein 80 Millionen Deutschen kann doch nicht auf die n kurzem 180, Amerika in 20 Jahren 200 Mil⸗ zahlen; dieser Uebermacht in dem zweiten punischen Annexionisten träumen, Herr werden zu wollen, Nur der Versöhnungsfriede kann uns unsere Zukunft wi Auch mit solchen verklausulierten Erklä⸗ rungen, wi Reichskanzler in diesem Punkte abgegeben hat, arbeite r Loösung entgegen. Wird der frevelhafte Krieg als Er un ieg fortgesetzt, dann werden Sie erleben, was Rußland erle r

Woisg

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Kriege, ist doch

LLUNU.

Große Unruhe rechts.) Ich drohe nicht mit der

dazu erfüllt sind,

Revolution, ich for wenn die Vorbeding Massen über eine 8 ung des Krieges aus solchen Motiven e dem Gipfel angelangt ist. Wer von Ihnen (rechts) hat denn

glaubt, daß wir ein ganzes Jahr U⸗Bootkrieg führen müßten, ohrn greifbaren Erfolg? (Stürmischer Widerspruch rechts.) Wel rauenhafte Metzelei müßte in Flandern eintreten, wenn dort,

—6 Millionen im Kampfe stehen, wirklich die Entscheidung herbei geführt werden soll? (Ruf rechts: Hindenburg.) Krie

Revolutionen kommen,

geführt werden soll, kann Hindenburg nicht allein bestimmen, da muß das Volk auch mitreden. (Erneuter stürmischer Widerspruch rechts.) Nicht auf das Schwert allein, sondern auch auf Vernunft und Recht soll man sich stützen, wenn man das Ende dieses Kriegswahnsinns beschleunigen will. Wir haben allerdings die Verpflichtung, durch eine Demokratisierung Preußens im Auslande moralische Eroberun⸗ gen zu machen, wenn auch Herr Drews davon nichts wissen will. Das unbegrenzte Mißtrauen des Auslandes gegen unsere politische Rück⸗ ständigkeit kann auf keinem andern Wege eingedämmt werden. Die Entrüstung unserer Annexionisten über die Enthüllungen, die die Ver⸗ öffentlichung der Geheimverträge hervorgerufen hat, ist ganz unange⸗ bracht; bis zum heutigen Tage treiben ja weite und mäöchtige Kreise bei uns die gleiche wüste Annexionspolitik, über die sie sich, wenn die Gewalthaber des Auslandes sie betreiben, so sehr entrüsten. Das Ausland hat ein Recht, von Deutschland demokratische Friedens⸗ garantien zu verlangen. (Stürmischer Widerspruch rechts.) Das Ausland kann kein Vertrauen haben zu einer deutschen Regierung, die ich auf den Militarismus stützt. Das Ausland weiß, daß das deutsche olk den Krieg nicht gewollt hat. Gründliche Demokratisierung in Deutschland an Haupt und Gliedern ist notwendig. Die Opfer, die die herrschenden Klassen dafür bringen müssen, wiegen federleicht gegen die ungeheuren Millionenopfer an Menschenleben, die das Volk schon gebracht hat und noch weiter zu bringen haben wird. Dem deutschen 2 . . . . ;J 3 ; Volke müssen endlich die ihm gebührenden Rechte eingeräumt werden, es will nicht länger der Paria der Menschheit sein. (Beifall bei den U. Soz.)

Der Präsident unterbricht die Verhandlung, um die neueste hocherfreuliche Meldung des Generalstabes mitzuteilen. (Zurufe des Abg. Adolf Hoffmann.) „Ich bitte Sie, doch in diesem Moment Ihre Zwischenrufe zu unterlassen und der Stimmung und den Gefühlen des Hauses Rechnung zu tragen.“ Der Präsident verliest darauf die Meldung, aus der hervorgeht, daß die Heeresgruppe des Kronprinzen Rupprecht ihre Linien in 10 Kilometer Breite bis zu 4 Kilometer vorgeschoben hat, daß damit der Durchbruchsversuch bei Cambrai sich zu einer schweren Niederlage des Feindes gestaltet hat, daß seine Verluste außerordentlich hoch sind, daß die Zahl der Gefangenen sich auf mehr als 9000, die Zahl, der erbeuteten Geschütze und Maschinengewehre sich auf 148 und 617 erhöht hat. An der italienischen Front hat die Heeresgruppe des Feldmarschalls von Conrad bei den Sieben Gemeinden unter Mitwirkung

I * * * ** 8 72l . deutscher Artillerie einen großen Erfolg davongetragen; bisher * 8 189 4 . v.1..“ sind 11 000 Gefangene gemacht und 60 Geschütze erbeutet.

Das Haus nimmt die Verlesung mit wiederholtem stür⸗ mischen Beifall auf. Der Präsident fügt der Verlesung folgendes hinzu:

Ich glaube, diese herrliche neue Meldung wird uns nicht nur von neuem mit tiefer Dankbarkeit gegen unsere herrlichen Truppen und ihre Führer erfüllen, sondern auch dazu beitragen, unsere weiteren Verhandlungen hier auf der Höhe zu halten, wie sie der Stunde ent⸗ sprechen. (Lebhafter Beifall.)

Vizepräsident des Staatsministeriums Dr. Friedberg:

Meine verehrten Herren! Ich möchte dem Herrn Abg. Ströbel nicht auf das Gebiet der auswärtigen Politik folgen. Mir steht dabei vor Augen, daß der Herr Ministerpräsident bereits gestern die Aeuße⸗ rung getan hat, daß derartige Auseinandersetzungen über die Aus⸗ landspolitik zurzeit nicht opportun seien. Nur ganz kurz will ich des⸗ halb sagen, daß der Herr Abg. Ströbeh zu denjenigen Politikern ge⸗ hört, von denen der Herr Ministerpräsident mit Recht den Ausdruck brauchte, daß sie dem feindlichen Auslande einen „Freibrief“ er⸗ teilen wollen für das (sehr richtig!), was es sündigt, indem es den Krieg forisetze. Ich möchte auch dagegen Verwahrung einlegen, daß unsere Verhandlungen mit der jetzigen russischen Regierung irgendwie in bezug gesetzt werden können zu den inneren Fragen, die wir hier in diesem hohen Hause zu erörtern haben. Ich meine, das geht das Ausland überhaupt nichts an. (Sehr richtig! auf allen Seiten des Hauses.) Das Ausland mag damit zufrieden sein und speziell auch die jetzige russische Regierung, daß wir die feste Erklärung abgegeben haben, uns in ihre inneren Angelegenheiten unter keinen Umständen cänzumischen. (Allgemeine lebhafte Zustim⸗ mung.) Meine Herren, das, was wir dem Auslande zugestehen, muß uns auch von ihm in vollstem Umfange zugestanden werden. (Allgemeine Zustimmung.)

Der Herr Abg. Ströbel betrachtet die Demokratie als ein Heil⸗ mittel für alles: alle Uebel, die in der Welt vorhanden sind, sollen Ucdiglich durch Einführung der Demokratie geheilt werden! Meine Herren, Sie werden mir zugeben, daß man mit solchen Politikern sich eigentlich nicht auscinandersetzen kann. (Sehr richtig!) Ich bin des⸗ halb auch nicht in der Lage, mich mit dem Herrm Abg. Ströbel über die Herrenhausvorlage verständigen zu können; denn ich würde ihm nie den Gedanken beibringen können, daß es doch von einer gewissen Wichtigkeit ist, daß hervorragende Kreise unseres Volkslebens, die für unsere Kultur eine ganz besondere Bedeutung haben, vorweg unab⸗ hängig gemacht werden müssen von der Volkswahl, daß daesen Kreisen vorweg ein gewisser Einfluß auf den Gang der Gesetzgebung und der Verwaltung gewährt werden muß. (Sehr richtig!) Meine Herren, ich bedauere, daß auch von anderer Seite, beispielsweise von dem⸗Herrn Abg. Dr. Pachnicke, die Frage erörtert worden ist, ob überhaupt das Herrenhaus beibehalten wenden solle oder nicht. Wir würden, wenn wir dieser Frage nähertreten, den historischen Faden in unserer inneren politischen Entwicklung vollkommen abreißen, und ich glaube, daß es der Durchbringung dieser Vorlage, die doch der

Ausführungen machen, die Einzelheiten aber dem zweiten Herrn Redner

☛—έ +8 —,

Herr Abg. Dr. Pachnicke aün erster Linie wünscht, nicht gerade förderlich ist, wenn wir eine solche Frage aufwerfen. (Sehr richtig)

Der Herr Abgeordnete Ströbel ich muß noch einmal auf ihn zurückkommen hat vavon gesprochen, daß wir und er hat ein Zeugnis dafür zitiert im Auslande dastehen als die politischen „Parias“. Wenn es richtig ist, daß dieser Ausspruch gefallen ist, dann könnte er nur hervorgegangen sein aus einem Mangel an Einsicht, aus einer Unkenntnis unserer inneren Verhältnisse. (Sehr richtig!) Ich meine, ein Volk, wie das deutsche und das preußische, kann darauf Anspruch machen, in vollem Umfange als ein freiheit⸗ liches Volk bewertet zu werden. (Lebhaftes Sehr richtig!) Wir haben die konstitutionelle Verfassung, wenn wir auch nicht das parlamentarische System haben; wir haben in unserm inneren Staats⸗ leben unabhängige Gerichte, um die viele Länder uns beneiden, (sehr richtig!); wir haben eine Verwaltungsgerichtsbarkeit, die jeden Akt der Verwaltung unter die Rechtskontrolle stellt, wie dies in weiterem Umfange in keinem anderen Lande der Fall ist. (Sehr richtig!) Meine Herren, wenn gegenüber diesem weiten Maß bürgerlicher Freiheiten, dessen wir uns in Preußen und in Deutschland erfreuen, trotzdem der Ausspruch getan sein sollte, daß wir politische Parias seien, so glaube ich, kann dieser Eindruck im Auslande nur hervorgerufen werden, durch solche Reden, wie sie der Herr Abgeordnete Ströbel gehalten hat. (Sehr richtig! auf allen Seiten des Hauses.) Auf die Andeutungen, die der Herr Abgeordnete Ströbel über die Möglichkeit einer Revolution gemacht hat, will ich absichtlich nicht eingehen. Es würde keinen Zweck haben, seine Gedanken in dieser Beiehung zu widerlegen. Ich erinnere mich dabei zu deutlich der Mahnung, die der verehrte Herr Präsident an uns gerichtet hat, uns bei diesen Debatten der größten Mäßigung zu befleißigen; denn Sie werden mir zugeben: bei einem näheren Eingehen auf diese zdinge würde es kaum möglich sein, immer Mäßigung zu bewahren. ch will der Mahnung des verehrten Herrn Präsidenten treu bleiben. Ich will ihr noch in anderer Beziehung treu bleiben. Ich will bei den Erörterungen über die Wahlrechtsvorlage alles vermeiden, was auf der einen oder der anderen Seite verletzend wirkt. Ich will mich deshalb dessen enthalten, etwa mir entgegenstehende Meinungen als „all⸗ gemeine Redewendungen“ zu bezeichnen. (Sehr gut! links.) Auch das würde ich von meinem Standpunkte aus nicht für richtig halten können. Meine Herren, ich glaube, die Ausführungen, die der Herr Minister des Innern zur Begründung der Vorlage gemacht ha „waren so fein abgewogen und so durchdacht, daß die Charakteristik, die der Herr Abgeordnete von Heydebrand hier ihnen hat zuteil werden lassen, wirklich nicht aufrecht erhalten werden kann. Sehr richtig! links.) Meine Herren, ich muß offen sagen, daß die Aus⸗ führungen des Herrn Abgeordneten von Heydebrand mich einigermaßen enttäuscht haben. (Sehr richtig! links.) Ich hatte selbstverständlich nicht erwartet, daß er ein Freund dieser Vorlage ist das ist ja ganz undenkbar —, aber ich hätte eigentlich erwartet, in seiner Rede eine Fundgru be von Widerlegungen gegen diese Vorlage zu finden. (Zuruf.) Dann will ich warten. Aber ich dächte, Herr Dr. von Heydebrand habe gesagt, er wolle nur einzelne grundsätzliche

&

überlassen. (Sehr gut! links.)

Ich habe also in der Rede des Herrn Abgeordneten Dr. von Heydebrand in bezug auf die Wahlrechtsvorlage nur den einen Satz gefunden ich habe mir erlaubt, das ausführlich nachzulesen, natür⸗ lich nach Zeitungsberichten, die mir zur Verfügung standen:

Meine politischen Freunde betrachten die gegenwärtige Vorlage nicht als eine geeignete Grundlage für die Reform unseres (Zuruf.) Meine Herren, ich hätte sehr gern das Warum gehört. Er hat es also, wie gesagt, dem zweiten Herrn Redner überlassen und dadurch wird meine Spannung noch etwas erhöht. Sollte aber durch diesen etwas lapidaren Satz des Herrn Abgeordneten Dr. von Heyde⸗ brand zum Ausdruck gebracht werden, daß der Gedanke des gleichen Wahlrechts dem Gedankenkreise und dem Empfinden der konservativen Partei so fern liegt, daß die Frage von ihr überhaupt gar nicht dis⸗ kutiert werden kann, so muß ich sagen, daß Herr Dr. von Heydebrand sich in einem sehr wesentlichen Irrtum befindet. Der Herr Minister⸗ präsident hat schon auf die Ausführungen des Fürsten Bismarck bingewiesen, die bekanntlich im Jahre 1867 gefallen sind. „Herv Dr. von Hevdebrand hat geglaubt, diese Ausführungen damit beiseite chi ben zu können, daß er meinte, Fürst Bismarck habe jedenfalls nit, daß er nichts für die Resorm des Wahlrechts getan habe, wiesen, daß diese Aeußerung nur eine mehr beiläufige gewesen sei. as ist unrichtig. Es liegt auch eine ganze Anzahl von Aeußerungen es Fürsten Bismarck vor, die das Gegenteil beweisen. d* 8 a' -* el 8 P 3 Abgeordnetenhaus mit dem Reibetage 68 ö ger eichstage in twas nähere Beziehung zu bringen. Man wollte die Häufung von Wahlen dadurch vermeiden daß etwa diejenigen Abgeordneten, die in Preußen zum Reichstag gewählt werden, Mitglieder des Abgeordnetenhauses seien und versa. Fürst Bismarck hat aus staatsrechtlichen Bedenken diesen Antrag abgelehnt; er hat aber gemeint, daß er gegen das Prinzip des Reichstagswahlrechts und seine Uebertragung auf Preußen nichts einzuwenden habe. Aber das wichtigste Zeugnis 188 es liegen noch eine ganze Reihe von Zeugnissen vor, auch aus den Jahren, die da— zwischen liegen, von 1873 usw. aber scheinb mir aus dem Vehre 1878 zu sein, und es ist besonders bemerkenswert, daß die bezüglichen Aeußerungen bei de n Ve rhandlungen über das Sozia⸗ f berei g öt gerade erfreuliche Entwick⸗ lung unter diesem Wahlrecht vollkommen klar war. Fürst Bismarch 18 Füscan folgende Aeußerung getan gestatten Sie, daß ich ie verlese —: b

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Wir haben einen Reichstag infolge des allgemeinen Stimm⸗ rechts; wir haben ein anderes Wahlsystem im preußischen Land⸗ tage. Nun, meine Herren es sind ja viele, die Mitglieder beider Peassecandgchgeg sind, sie können sich doch einigermaßen ein Urteil über die Wirkung beider Systeme in demselben Lande bilden und jeder wird sich ja sagen können: die eine oder andere Versammlung

G machte einen wichtigeren, würdigeren, besseren parlamentarischen Eindruck oder nicht. Ich will lieber, sagt der eine, mit dem Reichs⸗ tag verkehren, der andere sagt vielleicht mit dem Landtag. Meine Herren, ich will da kein Konklusum ziehen, ich will weder dem Land⸗ tag etwas Unanphnehmes, noch dem Rei tag eine Schmeichelei sagen; aber ich verkehre lieber hier inmitten der Ergebnisse des allgemeinen Stimmrechts, trotz der Auswüchse, die wir ihm ver⸗

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7, zuzugeben, daß das allgemeine

aber ich kann mich nicht dazu verstebern

Stimmrecht bisher ad ahsurdum geführt wäre durch seine Ergeb⸗ sein Examen

nisse, und daß ein anderes, namentlich ein besseres, bereits bestanden hätte. FL“ (Hört, hört! links.) 8222 8E1 Also unter den Erlebnissen beider Wahlrechte entscheidet sich Bismarck unbedingt für das System des Reichstages. Meine Herren, das war im Jahre 1873 bei den Verhandlungen über das Sozialistengesetz.

Meine Herren, es gibt aber auch noch eine ganze Anzahl anderer Zeugnisse konservativer Männer. Ich erinnere an den hervorragenden konservativen Führer, den Abgeordneten von Blanckenburg. Dieser Führer der konservativen Partei hat am 12. September 1866 bei der Beratung des Wahlgesetzes zum Norddeutschen Bund sich gleichfalls für das gleiche Wahlrecht ausgesprochen und folgendes gesagt:

Ich bekenne mich also offen zu der Ansicht, daß das direkte Wahlrecht mir in vieler Beziehung besser erscheint, als unser Drei⸗ klassenwahlspstem. Das ist meine eigene Ansicht, und ich glaube auch nicht, daß ich damit ein konservatives Prinzip verletze. Ich habe

wenigstens noch nie gehört, daß Zensus und indirekte Wahl konser⸗ vative Prinzipien wären! Im Vergleiche mit unserem Wahlgesetz glaube ich also, daß man sich der direkten Wahl des einzelnen Mannes eher anvertrauen kann, als der Wahl, die auf Wahlmänner und einen Zensus basiert ist. Und ein zweiter konservativer Führer, der bekannte Abgeordnete Hermann Wagner hat bei derselben Ver⸗ handlung folgendes ausgesprochen:

Der Herr Abgeordnete von Blanckenburg hat bereits darauf auf⸗ merksam gemacht, daß das allgemeine Wahlrecht bei uns bereits be⸗ steht, daß es sich nur darum handelt, diejenige willkürliche Klassen⸗ einteilung, die durch das sogenannte Zensussystem in das allgemeine Wahlrecht eingeführt ist, zu prüfen und resp. zu beseitigen, und ich lege meinerseits Verwahrung dagegen ein, als hätte ich mich je⸗ mals zu dem Zensussystem als zu einem echten politisch⸗konserva⸗ tiven Prinzip bekannt. Ich halte das Zensussystem für nichts weiter als für eine Verfälschung der Lehre von der Volkssouveränität durch ihre eigenen Anhänger; der Konstitutionalismus hat durch das Zensussystem sein eigenes Prinzip verfälscht. Wir nehmen nicht das Prinzip der Vol ssouveränität an, wir wollen aber noch viel weniger die Verfälschung annehmen, und ich bin sehr weit entfernt, die Fälschung eines Prinzips einen konsewativen Grundsatz zu nennen.

Und dann fügt er noch bemerkenswerterweise den Schluß hinzu, und den möchte ich besonders der Beachtung empfehlen:

Wir werden in der Entwicklung, in der wir uns befinden, das allgemeine Wahlrecht wir mögen es gern wollen, oder wir möten es verabscheuen wir werden das allgemeine Wahlrecht nicht ver⸗ meiden, und ich wünsche, daß die Regierung und daß die konservative Partei auch auf diesem Gebiete die Initiative ergreife, weil sie nur dadurch die Möglichkeit erhält, diese Institution nicht über sich hin⸗

I 9 JE sich dienstbar zu machen. ist das gleiche Wahlreci (Wibersp ag n C“

8 ot (Widerspruch rechts); oder Sie müssen an Pluralstimmen denken, die auf Bildung und dergleichen beruhen, die ja aber, wie wir uns alle sagen können, entweder ich komme darauf noch 1eh— wenig wirksam sind oder sogar das allgemeine und gleiche Wahlrecht nur nach der demokratischen Seite hin noch verschärfen.

Meine Herren, ein konsewativer Minister, Herr Herrfurth (Zurufe rechts) meine Herren, ich weiß sehr wohl daß Herr Herrfurth infolge der Landgemeindeordnung, bei der Si e auch geglaubt haben, Preußen sei am Untergehen, scharfe Zusammenstöße mit Ihnen gehabt hat; aber Herr Herrfurth hat sich als Abgeordneter auf die rechte Seite des Hauses gesetzt und nicht auf die linke; er ist also zwar kein abgestempelter Konservativer aber doch ein Mann von konserativer Gesinnung gewesen. Er hat damals auch ausgesprochen es war im Jahre 1893 des e gleiche Wahlrecht zwar nicht von ablen 1““ getragen werden könne, daßes aber zum mindesten von der preußischen Krone getragen werden könne Und noch in neuester Zeit haben sich konsewativ gerichteie Männer ich will auch hier gleich hinzufügen: vielleicht nicht ab⸗ gestempelte politische Parteiführer oder Parteiangehörige in gleichem Sinne ausgesprochen. Ich erinnere an den bekannten Auf⸗ satz des Staatsrechtslehrers Laband, der auch die verschiedenen Mög⸗ lichkeiten und Wahlsysteme untersucht hat, und dann namentlich aus dem Gesichtspunkt heraus, daß eine gewisse Uebereinstimmung zwischen der Zusammensetzung des Abgeordnetenhauses und des Reichstages wünschenswert sei, zu der Schlußfolgerung gelangt ist es bliebe nichts weiteres übrig als die Ein führung d es gleichen Wahlrechts. b 54 8 4 8* se 8 Meine Herren, ich habe diese Stimmen, die ja jetzt aktuell zur Sache nichts beweisen können, das gebe ich zu, nur angeführt, um zu zeigen, daß dem konsekvativpen Füchlen und Den kemn das gleiche Wahlrecht durchaus nicht so fern steht, wie es gestern in den Ausein andersetzungen des Herrn Abgeordneten von Heydebrand in die Er⸗

lich, wie gerade konservative Männer zu dem Gedanken des gleichen Wahlrechts kommen können. Die konserwative Partei ist eine Parter von großem Einfluß in unserem Lande; das kann gar nicht anders sein bei den Grundsätzen, die sie vertritt. Die Grundsätze der Auto⸗ vität und der Religiosität wurzeln bei einem erheblichen Teile unseres Volkes sehr tief, und gerade weil diese Ideale zugleich Ideale der konservativen Partei sind, deshalb sagt sich mancher konservative Mann: ich verlasse mich lieber auf die Werbekraft meiner Prinzipien als auf Wahlreschtsprivi⸗

Schichten unseres Volkes wurzelt. Meine Herren, die heutige konsewative Partei denkt ja nun

wir sind eine große Volkspartei, die 11 den breiten

anders darüber. Ich kann das vollkommen verstehen. Ich kann es verstehen, daß der Sprung von dem beschränkten Wahlrecht, das wir

in Preußen heute haben, zu der Einführung des gleichen Wahlrechts ihr als ein sehr großer erscheint. Dazu kommen noch die übrigen Bedenken, die auf kulturellem Gebiete liegen, denen Herr Abgeord⸗ neter Dr. Porsch und Herr Abgeordneter Dr. Lohmann einen beredten Ausdruck gegeben haben. Auch ich das weiß jeder von Ihnen

danken. Die Nachweise warum überlasse ich jedem selbst zu finden,

S

scheinung getreten ist. Es ist mix auch sehr wohl verständ⸗

legien, ich will von diesen nicht abhängig sein, mir ist es lieber,

bin bedenklich gewesen, ich habe diese Bedenken geteilt. Aber ich 8 1 111““ .

che kei ull den Berbendlungen, die hanhals mwischen verschie Varteien Hier geführt worden sind, weil wir die Reform des Wahl⸗ 8 8ger außerordentlich dringlich hielten, immer betont, daß der nns eines abgestuften Wahlrechts nur solange sich aufrecht er⸗ E sten ließe, als auch die Regierung auf diesem Standpunkt steht, v nit dem Moment, wo sich die Situation in der Beziehung 1n sollte, sind die einzelnen Parteien, namentlicheänelibe⸗ artei, kaum in der Lage, hinter dem zurück⸗ en, was die Krone selbst als tragbar err⸗ Sehr wahr! links.) Wenn also die Bedenken, die ich früher

habe, zurückstehen müssen, wenn ich für die Vorlage eintrete gnd mich bemühe, sie mit allen Kräften, die mir 14 Verfügung stehen, zur Durchführung zu bringen, so ges chieht das aus der Rücksicht auf die samte politische Lage, in der wir uns befinden, ge ddersich niemand von uns entziehen kann. (Sehr ncüg links.) Es ist erstens einmal bie Tatsache, daß die Königliche Botschaft vom 11. Juli dieses Jahres vorliegt, und es ist zweiten 8 die Einsicht, die tiefere Einsicht in die Beweggründe, die z u dieser Bot⸗ schaft geführt haben, die mir erst jetzt zu teil geworden ist durch den gründlicheren Einblick, den ich in die ganzen Verhältnisse er⸗ langt habe. (Hört, hörtl ) 8 8 Meine Herren, was zuerst diese Tatsache betrifft, so handelt es sich doch um ein Königswort, das nach meiner Ueberzeugung unbedingt einge löst wer den mu ß. Meine Herren, wir wollen auch an einem Königswort nicht deuteln. Ich weiß sehr wohl, daß in manchen Kreisen etwa so argumentiert wird: die Botschaft sagt ührem Wortlaute nach, daß die Krone die Absicht habe, das gleiche Wahlrecht in Vorschlag zu bringen. In Vorschlag bringen heißt, diesen Vorschlag den gesetzgebenden Körperschaften ünterbreiten; die gesetzgebenden Körperschaften haben ihrerseits natürlich die Freiheit, abzulehnen oder anzunehmen. Meine Herren, diese Argumentation st formell richtig. Es ist aber auch nicht zu verkennen, daß die Krone einen anderen Wortlaut gar nicht wählen konnte, denn sie würde sonst ihre konstitutionellen Befugnisse überschritten haben. (Sehr wahr! bei den Nationalliberalen.) Aber wer die feierli che Form der Ankündigung ins Auge faßt, muß sich doch sagen, daß in dieser Ver⸗ heißung mehr liegt, daß darin auch ausgesprochen ist, daß die Krone und ihre verantwortlichen Ratgeber die verfassungsmäßigen Mittel einsetzen müssen, um die Verheißung einzulösen, die in jener Botschaft enthalten ist. (Bravo!)

Auch Herr von Heydebrand hat das bis zu einem gewissen Grade

meerkannt. Er hat ausdrücklich gesagt: wenn diese Botschaft ein Aus⸗ daukdes Willens der Krone ist, dannhat das füruns Konser⸗ bative eine ganz besondere Bedeutung. Ich weiß nur nicht ich konnte das nach den Zeitungsberichten nicht feststellen bber nachdem, was ich gehört habe, hat Herr von Heydebrand diese Worte in einen Konditionalsatz zusammengefaßt, er hat gesagt: wenn dies der Wille der Krone ist, dann hat das die und die Bedeutung. Meine Herren, diese konditionale Form, wenn sie ausgesprochen worden wäre, ist ohne Begründung. Es ist tatsächlich der Wille der Krone, das möchte ich hier doch feststellen, es ist der Auftrag, den wir Mmister von der Krone haben, bei der Volksvertretung darauf hinzuwirken, daß unter allen Umständen diese Vorlage, wenn auch mit Veränderungen, diesich im Rahmen der Vorlage ertragen lassen, zum Gesetz werde. (Bravol links.)

Herr von Heydebrand hat hervorgehoben, daß die Verkündigungen der Krone auf diesem Gebiete eine gewisse Entwicklung zeigen: erst die Thonrede von 1916, die nur in ganz allgemeinen Umrissen eine Reform ankündigte, dann die Osterbotschaft und schließlich die Bot⸗ schft vom 11. Juli. Ja, meine Herren, das ist naturgemäß die Ent⸗ wicklung, die wir doch fast alle durchgemacht haben. Wir alle haben uns in dieser Frage weiter entwickeln müssen. Daß unter dem Druck der Verhältnisse, wie sie nun einmal durch den Krieg bedingt sind, auch die Ansichten der Krone eine derartige Wandlung im Laufe der Zeiten erfahren, das konnte doch wirklich nicht wundernehmen. Ich möchte Herrn von Heydebrand nuv daran erinnern, daß er im vorigen Jahre in seiner Rede hier im Hause noch sehr warm für das Klassen⸗ wahlrecht eingetreten ist. Ich habe gerade auf die Darlegungen des Abgeordneten von Heydebrand hin sein Stenogramm noch einmal durchgelesen. Da steht allerdings drin, daß auch die konservative Partei zu Reformen geneigt sei; aber er spricht doch nur von „Schönheitsfehlern“ unseres jetzigen Klassensystems. Und eine Stelle weiter sagt er: Wir sind bereit, auch in eine Reform einzutreten, aber die Grundlage unseres bestehenden Wahlrechts ist eine ganz vorzügliche. Er hält im Prinzip fest am Dreiklassen⸗

wahlrecht und will nur gewisse Ausschreitungen, die sich unter diesem Wahlrecht ergeben haben, in Fortfall bringen und beseitigen. Also im vorigen Jahre das muß ich ausdrücklich Herrn von Heydebrand egenüber feststellen stand er noch auf dem Standpunkt eines rformierten Klassenwahlsystems. Und heute? Er hat es ja dadurch bewiesen, daß er sich in entgegenkommendster Weise an den Verhand⸗ löngen über die Gestaltung des Pluralwahlrechts beteiligt hat. Er hat also einen ganz gewaltigen Sprung gemacht. Denn das werden Sie nicht verkennen und ich komme noch darauf zurück —, daß ein so erheblicher Unterschied, wie Sie ihn zwischen dem Pluralwahlrecht und dem glei chen Wahlrecht konstruieren wollen, tatsächlich gav nicht vorhanden ist. Also, meine Herren, wenn sich die Krone zu einer Verkündung dieser Botschaft durchgerungen hat, so hat sie nur dasselbe getan, was in der Seele aller anderer beteiligter Kreise vorgegangen ist. Mun ist ja die schwierige Fwage: wie soll sich derjenige, der

Handerer Ueberzeugung ist, diesen Botschaft gegenüt chalten? Es. rzeugung ist, diesen Botschaft gegenüber verhalten? Es: Fr . vSSges SeS 8g ist hier scvigl über die Kr on ve chst ergesprochen worden,es sind sot znur⸗die Häufungevon Besitzst immen. Es kann nicht nur

beredte Schützer ders Kronrechte in diesem Hause zauferstanden.⸗Ich⸗

bin immer etwas mißtrauisch, muß ich gestehen, wenn soviel von den Kronrechten gesprochen wird. Aber ich will das nicht weiter betonen. G meine nur: ebenso wichtig wie der Schutz der Kronrechte, wie die Tatsache, daß mansich in Ge⸗ fahr vorseinen Königstellt, ebenso wichtig ist es Luch, daß man der Krone dazu verhilft, ein Wort, bensie gegeben hat, einzulösen. (Sehr richtigl Links.) Wenn nun aber, so wird mir geantwortet, die Ueberzeugung

8 1e“ 18 88 Umfange zugeben muß. Es ist für viele, vielleicht für die große Mehrheit dieses Hohen Hauses tatsächlich ein tragischer, ein schwerer Konflikt. Aber ich glaube, der Konflikt erleichtert sich wesentlich, wenn man die Sache doch etwas realpolitisch betrachtet, er wird erleichtert durch das praktische Ergebnis, das die beiden Wahlrechte haben würden.

Meine Herren, für ein Pluralwahlrecht, wie es damals zwischen gewissen Parteien hier im Hause vareinbart werden sollte, fehlen alle statistischen Grundlagen. Ich habe mich nochmals ganz genau danach erkundigt und die Antwort bekommen: eine solche Statistik läßt sich überhaupt nicht aufstellen. Sie stehen also mit diesem Pluralwahlrecht einer vollständig unbekannten Tatsache gegenüber. Meine persönliche Ueberzeugung ist, daß alle die Merkmale und Kau⸗ telen, die in diesem Pluralwahlrecht enthalten sind, bereits eine derartige Demokratisierung dieses Hauses her⸗ beiführen, daß der Unterschied zwischen diesem Wahlrecht und dem gleichen Wahlrecht in seinem Endergebnis keinsehrwesentlicher sein würde. Damit komme ich aber zu dem zweiten Punkt, nämlich zu den Be⸗ weggründen, von denen die Krone ausgegangen ist, als sie die Botschaft vom 11. Juli erließ. Sie sind in erster Linie ethischer Natur, das hat der Herr Minister des Innern bereits ausgeführt, und ich will auf diese ethischen und rechtlichen Gründe nicht nochmals zurückkommen. Sie waren jedenfalls von dem Herrn Minister des Innern sehr fein und zutreffend geschildert. Meine Herren, es gibt aber auch sehr wichtige realpolitische Gründe, die für das gleiche Wahlrecht sprechen. Das Klassenwahlrecht ist für uns alle erledigt; auch Herr Abgeordneter von Heydebrand wird an das Klassenwahlrecht nicht wieder anknüpfen wollen, nachdem sich durch die Verhandlungen, an denen er in so leb⸗ hafter Weise teilgenommen hat, gezeigt hat, daß das auch für ihn eine abgetane Sache ist, und daß er sich auf den Boden eines vernünftigen Pluralwahlrechts stellen würde. Ein Berufswahlrecht, das noch in Frage kommen könnte, ist von niemandem hier in diesem hohen Hause ernstlich vorgeschlagen worden. (Zurufe.) Das will ich gern ab⸗ warten. Wer mit dieser alten, rückständigen Sache noch glaubt Ge⸗ schäfte machen zu können, dem kann ich nicht viel Gutes für das Resultat prophezeien, welches er erhofft.

Es kann sich also nur um die Frage handeln: Pluralwahl⸗ recht oder gleiches Wahlrecht? Nun werden mir alle, die mit mir zusammen an einem Pluralwahlrecht gearbeitet haben, bezeugen, daß die idealen Pluralstimmen, die dabei in Betracht kommen ich rechne dazu die höhere Bildung, Familienstand, Alter usw. —, daß die entweder nach der demokratischen Seite hin verschärfend wirken, oder daß sie nicht zu Buche schlagen, wie beispielsweise die Bildungsstimmen. Denn wenn man an irgend eine äußerliche Tatsache anknüpft, beispiels⸗ weise an die Ablegung des Examens zum einjährigen Militärdienst, s o werden überhaupt nur 5 % der Wählerschaft von der ganzen Sache betroffen. Ob es aber überhaupt möglich ist, die Intelligenz abzuschätzen, die Einsicht in das Wesen des Staates in irgend einer Form festzustellen, das möchte ich bezweifeln; und damit entfallen auch die Gründe, die mein verehrter Freund, Herr Abgeordneter Dr. Lohmann, Ihnen zum Teih in glänzender Form vorgetragen hat, die Gründe, daß man bei dem Wähler eine gewisse Einsicht in die politische Lage des Staates verlangen müsse, wenn man ihm ein Wahl⸗ recht gibt. (Sehr richtig! bei den Nationalliberalen. Zuruf.) Ich kann auf diese Zwischenrufe nicht näher eingehen, sie haben auch wirklich gar keinen Zweck. Meine Herren, diese mangelnde Einsicht in die Pflichten gegen den Staat, die unzweifelhaft bei einem Teil unserer Bevölke⸗ rung vorhanden ist, ist vollständig unabhängig von jedem Wahlsystem (Sehr richtig!); für die Leute, die keine Einsicht und keine Pflichten gegen den Staat haben, ist das Wahlrecht ganz gleichgültig, die bekommen eigentlich auch noch beim Klassenwahl⸗ system zu viel, beim Pluralsystem gewiß, aber es gibt überhaupt kein Wahlsystem, bei dem diese Leute, die dann eben nur ihren Instinkten folgen, Einfluß hätten. Das ist eine Roheit jedes Wahlsystems, die sich gar nicht vermeiden läßt.

Auch die äußerliche Erfassung dieses Einsichtsmomentes ist voll⸗ ständig unmöglich. Da möchte ich mich auch wieder nicht auf eine liberale, sendern auf eine konservative Stimme berufen. Es ist kein anderer als der von mir sehr verehrte Herr Abgeordnete Dr. Irmer von der konservativen Partei, der sich über diese Frage im Jahre 1906 und das liegt sicherlich nicht so lange zurück wie die Bis⸗ marcksche Aeußerung folgendermaßen geäußert hat. Er sagt:

EGss wird gefordert ein erhöhtes Wahlrocht bei höherer Bildung und höherem Alter. Das ist ja ein ganz schöner Gedanke. Die

geberisch ausgestalten? Es muß doch ein Mittel geben, um die Höhe der Bildung auch nach außen hin sofort erkennbar zu machen. Das können Sie nur, wenn Sie als Maßstab die Zeugnisse anlegen, die jemand auf Grund der Prüfungen erworben hat. Dann kommen Sie vielleicht dahin, daß Sie denjenigen, die akademische Bildung oder die Berechtigung für den einjährigen Militärdienst erworben haben, ein erhöhtes Wahlrecht geben. Das wäre eine durchaus mechanische Regelung, die zur Lösung der Frage nichts beiträgt, eine mechanische Regelung, gegen die wir in der komnservativen Partei doch gewisse Bedenken haben, da wir die Erfahrung gemacht haben, und jetzt kommt das Interessanteste daß ein reiches Maß von Wissen nicht immer mit einem ebenso reichen Maß von politischem Verständnis verknüpft ist. (Hört, hört! und sehr gut! links.) Ich sehe also auf Grund dieses Zeugnisses, daß die äußerste Erfassung des Bildungsmomen⸗ tes oder, richtiger gesagt, ds Intelligenzmomentes sehr schwierig ist. Es schlägt aber außerdem nicht zu Buche, wie ich bereits auszuführen mir erlaubte. Helfen kann gegen eine zu große Demo⸗ kratisierung des Wahlrechts nur die Besecitzstimme, und zwar

zeine Besitzstimme sein; es müssen eine Anzahl von Besitzstimmen sein: eine Besitz⸗, eine Steuer⸗ und zwei verdeckte Besitzstimmen auf Grund der Selbständigkeit des Berufes usw.

Damit kommen wir in den Kernpunkt des Problems hinein. Wenn ein Pluralwahlrecht heute noch möglich und wirksam sein soll, dann könnte es nur ein Pluralwahlrecht sein, das in erster Linieanden Besitzanknüpft. Dahaben wir une die Frage vorzulegen: Ist ein solches Wahlrecht, das an die hauptsächliche Tatsache des

links.) Hier liegt eben der B

Frage ist bloß die: wie wollen Sie denn diese Forderung gesetz⸗

Krone zu ihrem Erlaß vom 11. Juli, ein Bemweggrund, von dem ich offen anerkenne, doß auch ich ihn, als ich in jenen Verhandlungen noch re⸗ griffen war, noch nicht richtig gewürdigt habe. Hier setzt das große Erleben des Krieges ein. Was sagt ein Wahl⸗ recht, das auf Besitzstimmen aufgebaut ist? Es sagt, daß derjenige, der die höheren Leistungen für den Staat aufweist, auch ein er⸗ höhtes Wahlrecht haben muß. Das ist der erste Gesichtspunkt. Mag man das behaupten die Frage ist heute schon so oft erörtert wor⸗ den, daß es kaum noch möglich ist, darauf zurückzukommen —, die Leistungen, die das deutsche und preußische Volk in diesem Kriege aufgebracht haben, lassen sich nicht nach Geld werten. Jeder hat das gegeben, was er geben kann. Gut und Blut ist aus allen Kreisen gegeben worden. (Sehr richtig!) Wie man da von höheren Leistungen des⸗ jenigen gegenüber dem Staatesprechen kann, der höhere Steuern oder ein größeres Vermögen auf⸗ zuweisen hat, vermag ich in einer solchen Zeit allerdings nicht zufassen. (Sehr richtig! links.) Wie wäre es denn in einer solchen Zeit mit venjenigen der Gedanke ist schon gestreift worden —, die in diesem Kriege ihr Vermögen verloren haben? Es wird so viel mit den Kriegsgewinnern operiert. Man kann sie vielleicht als eine vereinzelte Erscheinung betrachten, die mit dem Kriege verschwinden wird. Aber etwas anderes ist der Umstand, daß gerade diejenigen Elemente, die Sie durch das Wahlrecht kräftigen wollen, so viel im Kriege verloren haben. Wer ist der Haupt⸗ verlierer? Der kleine selbständige Handwerker und Geschäftsmann, (Sehr wahr! links), der eingezogen ist, und dessen Existenz zugrunde geht! Dieser Manga kehrt aus dem Krieg zurück und ist vielleicht genötigt, jetzt als unselb⸗ ständiger Arbeiter irgendwo unterzukommen; seine Existenz läßt sich so schnell nicht wieder aufbauen. Er soll also mit einem minderen Wahlrecht zufrieden sein! Das werden Sie doch nicht leugnen: seine Intelligenz ist dieselbe geblieben, nur sein Vermögensstand hatsich geändert. (Sehr gutV! links.) Deshalb ihm ein minderes Wahlrecht geben zu wollen, halte ich für unmöglich. Ich würde den Mut nicht haben. (Bravo! links.)

Nun ist, ich glaube, von Herrn Dr. Porsch eingewandt worden ich will die relative Berechtigung dieses Einwandes nicht ver⸗ kennen —, wir machten das Wahlrecht nicht nur für die Kriegszeit, sondern doch für die hoffentlich viel längere Friedenszeit und müßten es nach dieser Friedenszeit einrichten. Das ist gewiß richtig. Aber Sie dürfen nicht vergessen, daß die Nachwehen eines solchen Weltkrieges sehr lange dauern werden. (Sehr richtig) Sie werden Dezennien hindurch fühlbäar sein, namentlich für diejeniger, von denen ich eben gesprochen habe, die im Kriege ihr Hab und Gut verloren haben und wieder von vorn anfangen müssen, und wenn diese De⸗ zennien vorüber sind, dann haben wir davon dürfen Sie überzeugt sein das gleiche Wahlrecht längst; dann ist die Frage nicht mehr akut, dann wird sie sowieso nicht mehr gestellt werden. (Sehr richtigh Und, meine Herren, wenn dem allen so ist, wenn Sie ein Wahlrecht nicht mehr konstruieren können, das an den Vermögensbesitz anknüpft, wenn Sie es deshalb nicht können, weil man die Leistungen desjenigen, der Steuern bezahlt, nicht höher einschätzen darf, wenn Sie es nicht können gegenüber der Tatsache, daß dieser Krieg sehr viele Existenzen vernichtet hat, die sonst ein höheres Wahlrecht erhalten hätten, dann, meine ich, hat die Krone durchaus richtig ge⸗ handelt, wenn sie jene Botschaft erließ, und man kann nur zweifelhaft sein, ob der Zeitpunkt, in dem sie es tat, der richtige gewesen ist. Das gibt ja natürlich zu erheblichen Zweifeln Anlaß, aber auch da müssen wir uns mit den Tatsachen abfinden. Deshalb, glaube ich, wäre es politisch richtig, gerade auch von den staatserhaltenden Parteien, die Krone in einem solchen Moment bei der Einlösung ihres Wortes zu unterstützen und es ihr nicht zu schwer zu machen, dieses Wort zuerfüllen. (Sehr richtig! links.)

Meine Herren, von einer Seite ist hervorgehoben worden, daß die Regierung durch die Einbringung dieser Vorlage den Streit in die Parteien hineingetragen habe. Ich glaube, Herr von Heydebrand ist es gewesen, der dies Wort gesprochen hat. (Zustimmung.) Herrn von Heydebrand ist, wenn ich mich recht erinnere, von Herrn Dr. Loh⸗ mann schon allgemein erwidert worden. Ich hätte gewünscht, die Schuldfrage wäre nicht aufgeworfen worden. Demn wozu führen solche Erörterungen? Man sollte einen Strich unter die Vergangen⸗ heit machen und nur das ins Auge fassen, was wirklich vorliegt. (Zu⸗ ruf.) Meine Herren, wenn diese Streitfrage aber heute an uns heran⸗ tritt, dann muß jedenfalls auch Herr von Heydebrand wohl sagen: mea culpa ich will nicht sagen: mea maxima eulpa, aber ich sage: mea culpal (Sehr richtig! links)

Dr. Lohmann, so viel ich weiß —, daß Herr von Heydebrand und seine Freunde dafür bin ich doch ein klassischer Zeuge hier in diesem Hause ich glaube seit dem Jahre 1910 bis zum Jahre 1917, also sieben Jahre lang, jedenfalls in den Jahren vor dem Kriege das Zu⸗ standekommen einer Wahlvorlage verhindert haben. (Widerspruch rechts.) Das ist absolut richtig. (Lebhafte Zustimmung links. Zu⸗ ruf. Glocke des Präsidenten.) Gut, 1910 hat Herr von Heyde⸗ brand zusammen mit dem Zentrum eine Wahlrechtsvorlage an⸗ genommen, die wenigstens von anderen Parteien niemals als eine schlüssige und richtige Lösung einer Reform betrachtet worden wäre, und die den Kampf um die Wahlreform nicht nur nicht erledigt, sondern verlängert hätte. (Sehr richtig! links.) Denn das war keine Reform. Wenn es eine wirkliche, verständige Reform gewesen wäre, zso hätten wir die Hand dazu geboten. (Zurufe.) Aber nachher ist diese Frage hier Jahr für Jahr behandelt worden, und ich habe, wie ganz richtig hervorgehoben ist, Herrn von Heydebrand mehr als ein⸗ mal das Beispiel eines hervorragenden konservativen Politikers im Auslande vorgehalten, nämlich Benjamin Disraelis, der seinerzeit die Einsicht hatte, als die brennende Frage der Wahlreform in England nicht gelöst werden konnte, auch von einem liberalen Ministerium nicht gelöst werden konnte, sie seinerseits in Angriff zu nehmen und einer glücklichen Lösung zuzuführen, und zwar gerade derjenigen Lösung, die der konservatiden Partei immer vorschwebte: einer besonderen Stärkung der Mittelklassen. Das war

ba 88 gensteht? Das ist der Gewissensko nfl ik t, von 6 er Herr Ministerpräsident gesprochen hat und den ich in vollem

Besitzes anknüpft, heute noch möglich? (Widerspruch

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wahrhaft konservative Politik. (Sehr gut! links.) Aber, meine

Denn darauf ist schon hingewiesen worden und zwar von Herrn