1918 / 20 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 24 Jan 1918 18:00:01 GMT) scan diff

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fühzung im Köriglich n Schausplelhause, in der der

wuchtige

Aufbau der Schillerschen Tragbdie, ihre Gedankentiefe und bir⸗

8 reißende Sprachschönhert die Hörer unwiderstehlich in ihren Bann

ciugen, obwohl die Aufführung nicht frei von Mängeln war. Fräulein Sussin erwiecs sich in der Rolle der Donna Jsabella als gute Sprecherin und, als Darstellern von Geschmack, es fehlte ihr aber jener Zug großer Tragik, den diese Niobegestalt dringend fordert; auch die Rollen der feindlichen Brüder waren nicht völltg geeigneten Kräften anvertraut. Herr de Vogt spielte den Doa Manuel, Herr Ehrie den Don Cesar; ein Wechsel der Rollen hätte dem Temperament der Darsteller wohl mehr ertsprochen, wie die Spielleitung auch dafür hätte Sorge tragen sollen, daß die an Steigerung reiche Wechsetrede der Brüder, die ihrer Aus⸗ söhnung unmittelbar vorausgeht, zu stärkerer Wirkung kam. Volle Anerkennung verdient die Darstehung der Beatr'ce durch Fräulein Coste, die namentlich in dem großen Monolog eine schöne Prode reifer, verinnerlichter Kuntt bot. Ueberaus wirtsam wurden die Chöre gesprochen. Als Chorführer e die Herren Kraußneck (Cajetan) und Mühlbofer (Bohemund) Gelegenheit, alle Vorzüge ihrer meister⸗ hasten Sprachbehandlung zur Geltung zu bringen und sich einen Hauptanteil an der nachhaltigen Wirkung der Gesamtaufführung zu sichern.

Im Königlichen Opernhause wird morgen, Freltag, „Mignon“ mit den Damen Marberr, Herwig und den Herren Berg⸗ man und Schlusnus in den Hauptrollen aufgeführt. Musikalischer Leiter ist der Kapellmeister von Strauß.

Köniplichen Schausptelhause wird morgen „Die Braur von Messina' in der bekannten Besetzung wiederholt. Die Auffübrung beginnt um 7 Uhr. 1.

Dos Deutsche Opernhaus kereitet eine Aufführung der IX. Symphonie von Beethoven vor. Die Aufführung soll zu einem wohltätigen Zweck an einem Sonvtagmittag im Monat Februar stattfiaden.

Der Vortragskünstler Dr. Alfred Daniel wird an allen Sonntagen vom 3. Februar bis Mitte April „Frohbe Abende“ im Meistersaale veranstalten.

Mannigfaltiges.

„Der von der Zentrale der deutschen Landfrauen im Herrenhause veranstaltete Vorberettungslehrgang der Redne⸗ rinnen für Landfrauentage nahm gestern seinen Fortang. Im Verlaufe des Taes sp achen „W T. B.“ zufolge der Professor

Ehringhaus⸗Berlin uüber „Stadt und Land in der Er⸗ nährungswirtschaft“, der Geheime Regierungerat Dr. Backhaus⸗ Berlin über „das Fett in der Ernährung“, der Gutsbesitzer Lemcke⸗ Malchew über „neue Aufgaben auf dem Gebiete des Oelfruchtbaues und der Prtoat ozent Dr. Augstin⸗Berlin über „die Forderungen der Krtegszeit auf dem G biete des Anbaues und der Verwertung der Gespinst⸗ pflanzen. In seiner Schlußrede fatte der Königliche Oekonomierat Keiser⸗Berlin in großen Zügen noch einmal all das zusammen, was die Landfrauen hmausnagen soben auf das platte Land: den Mut zum Schaffen, die Kraft zum Duschhalten und die Lꝛebe zu den Mitmenschen. Meit diesen drei erhischen Kräften müße erreicht werden, daß jeder Mut, der ins Wanken geraten ist, wieder neu belebt werde. An die Spitze zu stellen seien die Förderung des Kartoffel⸗ baus, die Fettfrage und die Förderung des Oelfruchtbanns und des Anbaus von Gespinstpflanzen. An Ihre Majestät die Kaiserin und Koönigin wurde ein Huldtgungetelegramm gesandt. Mit dem Gesang des Liedes „Denutschland, Deutzchland über alles fand der Lehrgang sein Ende.

In der Berliner Sezession eröffnete gestern der General⸗ major Hentke von Heßbardt als Vertreter d.s K. u. K. Kriegs⸗ mimsteriumg die öͤsterreichische und ungarische Kriege⸗ gräberausstellung im Beisein der obersten Reichs⸗ und Staats⸗ behörden der verbünderen Maͤchte, vieler Gelebrter, Künstler und der bekanntesten Persönlichkeiten der Berliner Gesellschaft. Unter den zablreichen Gästen, die zur Eröffnungsfeter erschienen waren, befanden sich auch der Minister für geistliche und Ua terrichtsangelegenbeiten Dr. Schmidt. Nach der Cröffnungsrede des Generain ajors Heutke, der der gefallenen Helden in warmherzigen Worten gedachte, die auf di⸗ Anwesenden einen tiefen Eindruck mechten, gab der künstlerische Leuer der Ausstellung, Dr. Carl Giannoni, ein aus ührliches Bild der Tängkeit der K. u. K. Kriegsverwalkang. Er schilderte, wis sie für die Bestattung und Ehrung der im Felde getallenen oder im Kriegsbereiche gestorbenen Krieger sorge, und wies euf die ausgeftellsen Phorogtaphten und Modelle hin, die außer von den Kriegsaräberableilungen auch von der Kunstabteilung des K. u. K. Kriegspressequvartiers stammen. Er betonte ferrer, daß es sich hier san durchweg nicht um Entwinfe, sondern schen durchgeführte (Hraberanlagen und Erabstätten handele. Für diese Kriegsgräberaus⸗ stellung ist ein übersichil’ch zusammengestellter Fuhrer erschienen, der bie wichtigsten Punkte der Kriegsgräberfürsorge im all emeinen be⸗ handelt, der aber auch bemerkenswerte Leitsätze für Kriegegräber⸗ anlagen, deren Bepflanzung und gärtnerische Ausschmückung enthält. Auf Anordnung des K. u. K. Kriegsministeriums wird während der ganien Dauer der Ausstellung freter Eintritt gewährt.

In der Treptower Sternwarte wird am Sonnabend, Nochmittags 5 Uhr, der kinematogrophische Vortrag „An den Ufera des Rheins“ gehalten. Am Sonntag fintet um 3, vm 5 und um 7 Uhr die Vorführung eines Bismarck⸗Filmes mit erläutern em Vortrag: „Deutschlanes Aufstieg und seine Feinde“ statt. Am Dierstag rächster Weche, Abends 7 Ubr, spricht der Direktor Dr. Archenholv über „die Sonne und ihre Flecken“ unter Vorführung zahlreicher Licht⸗ büder. Bei klarem Werter finden täglich von 2 Uhr ab Beob⸗ achtungen mit dem großen Feunrohr statt.

München, 23 Januar. (W. T. B.) Die „Münchener Neuesten Nochrichten“ melden aus Aschaffenburg: Uwest des Fecfenburae: Hauptbahnhofts ercignete sich vergangene nacht ein Eisenbahnunglück. Ein Zugführer nurde getötet mehrere Personen sind verletzt. Der Sachschaden ist bedeutend.

(W. T. B.) Die neuen vom Lebens⸗ mittelkontrolleur veröffenilichten Bestimmungen beschränken, wie „Reuter“ meldet, den Verbrauch von Fleisch, Brot, Zucker und Fette und schreiben auch zwei fleischlose Tage wöchent⸗ lich in Hotels und Speisehäosern vor, nämlich Dienstag und Freitag in London, Mittwoch und Freitag in den Provinzen.

Paris, 22. Januar. (W. T. B.) Der Verpflegungs⸗ minister Boret empfina die Bürgermeister von Paris und Um⸗ e zum Zweck der

London, 23. Januar.

8 Regelung des Brotverbrauchs und etzte sich füc die Notwendtgkeit ein, den vorbandenen Schiffsraum für die Befö derung der amerikanischen Lieferungen zu verwerten und Feellgenbe Samenmengen für die Frübjahrsaussaat bereitzu⸗ tellen. Jede Person, Frauen und Kinder einbegriffen, wird das Recht baben, in Paris und dessen Umgebung vom 29. Januar ab eine Ration von 300 Gramm bei jedem Bäcker zu entnehmen gegen Ab⸗ gabe von Brotkartenabschnittern. Die Organisation wird nach und nach auf die großen Städte ausgedehnt werden.

Madrid, 23. Januar. (W. T. B.) Nach einer Meldung der .Agence Havas“ wird amtlich bekennt gegeben: Ein Sturm be⸗ schädigte die Funkenanlage des geschützten Kreuzers Cazlos Quintos. Eine Stuzzflut trieh mehrere Kanonen⸗ boote, bdarunter das Kanonenboot „Hernan Corles“ ab. Die Kövig⸗ liche Jacht „Giralda“ wurde ebenfalls beschäͤdigt. Das Vorpedo⸗ boot 13 stieß gegen das Linienschiff „Jasme’ Beide Schiffe erlitten Schaden.

Aumfterdam, 23. Januar.

Indische Pressc⸗Agentur“ meloet abs Batavia vom 14. Jar uar: Der japanische Kreuzer „Kasuga“ ist auf den Riffen von Tandjoeng Oelar Tandjoeng Klian nordwestich von Banta aufge⸗ fahren. Das Schiff versucht mit eigener Kraft loszukommen.

Nottingham, 24. Januar. (W. T. B.) Laut Meldung des „Reuterschen Büros“ fand gestern eine gemeinsame Sitzung des Gewerkschaftskongresses und der Arbeiterpartei statt, um über den Vorschlag zu beraten, den heldenhaften Taten uneigen⸗ nütziger Ergebenheit der Mitglieder der Arbeiterorganj⸗ salionen, die im Krieg getötet oder verwundet wurden, ein Denkmal zu setzen. Dieses soll in der Form eines großen Zentral⸗ hauses für die Arbeiterbewegung geschehen. Das Parlamenls⸗ mitglied Arthur Henderson befürwortete die Annahme des Vor⸗ schlags. Ein anderer Antrag, der für eine weitere Erwägung des Vorschlags eintrat, wurde mit 1 737 000 gegen 1 009 000 Stimmen abgelehnt und die erste Entschließung angenommen. 1“

1 3 Handel und Gewerbe.

1.““ u““ 8 1“ 11“ Die erste Auslosung der viereinhalb verzinslichen Schatzanweisungen.

Heute hat zum ersten Male eine Auslosung der mit der sechsten Kriegsanleihe neu geschaffenen viereinhalb⸗ verzinslichen Deutschen Reichsschatzanweisungen stattgefunden. Die Eigentümer der gezogenen Gruppen werden das Er⸗ gebnis mit nicht geringer Freude begrüßen; denn ihre im Früh⸗ jahr 1917 zum Preise von 98 vH bei der Zeichnung er⸗ worbenen Schatzanweisungen werden zum Nennwert zu⸗ züglich eines Aufschlages von 10 vH. am 1. Ju li 1918 zurückgezahlt. In einem Zeitraum von noch nicht einem Jahre haben sie mithin außer der hohen Ver⸗ zinsung einen Gewinn von 12 voH erlangt, oder, um die Rech⸗ nung noch deutlicher zu machen: Der Zeichnungspreis betrug für je 1000 Schatzanweisungen ohne Berücksichtigung der Zinsen 980 ℳ, der Rückzahlungsbetrag beläuft sich auf 1100 ℳ, der Gewinn mithin auf 120 ℳ. Derartige Auslosungen werden in jedem Jahre zweimal vorgenommen, die nächste im Juli. Die dann stattfindende Ziehung wird indes nicht nur einen Teil der Eigentümer dec mit der sechsten Kriegsanleihe ausgegebenen Reichsschatzanweisungen zu glücklichen Gewinnern machen, sondern auch einen Teil der mit der siebenten Kriegsanleihe herausgekommenen Schatzanweisungen. Die Schatzanweisungen der siebenten Kriegsaaleihe sollen denen der sechsten völlig gleichwertig sein. Aus diesem Grunde ist seinerzeit bei der Ausgabe der Schatzanweisungen der siebenten Kriegsanleihe bestimmt worden, daß ihre Aus⸗ losung nach demselben Plane erfolgt wie die der sechsten Anleihe, und daß die nach diesem Plane auf die Auslosung im Januar 1918 entfallende Zahl von Gruppen der siebenten Anleihe im Juli 1918 mit ausgelost wird. Es findet mithin zu dem erwähnten Zeitpunkte erstens eine weitere Auslosung der Schatzanweisungen der sechsten Kriegsanleihe statt und ferner eine zweifache Auslosung von Schatzanweisungen der siebenten Kriegsanleihe. Der hiermit winkende große Nutzen und die günstigen Aussichten, welche die dann von Halbjahr zu Halb⸗ jahr vorgesehenen Auslosungen bieten, dürften die Nach⸗ frage fuͤr die bislang begebenen Schatzanweisungen steigern und, falls auch mit der achten Kriegs⸗ anleihe Schatzanweisungen ausgegeben werden, das Zeichnungs⸗ ergebnis in diesen erhöhen.

Fragt man, was die Eigentümer der im Juli zur Rück⸗ zahlung gelangenden Schatzanweisungen mit dem dann frei werdenden Gelde beginnen werden, so ist die Antwort, daß wer einmal den Auslosungsgewinn sichergestellt hat, sein Geld nicht besser von neuem in Schatzanweisungen anlegen kann. So betrachtet, vermindert sich auf der einen Seite von Halbjahr zu Halb⸗ jahr durch die Auslosungen dae Material an Schatzanweisungen jeder einzelnen Kriegsanleihe, während gleichzeitig immer von neuem eine Käuferschicht entsteht, die einen Wall gegen Kurs⸗ rückgänge der Schatzanweisungen bildet und einen Antrieb zu Kurssteigerungen gibt. Wer jetzt bereits Geld flüssig hat, wird es am zweckmäßigsten bei einer vertrauenswürdigen Bank ein⸗ zahlen mit der Bestimmung, daß das Geld zur Beteiligung an der achten Kriegsanleihe verwendet wird und, falls die achte Kriegsanleihe wieder Schatzanweisungen bringt, zu Zeichnungen auf diese. Dabei darf noch daran erinnert werden, daß in späteren Jahren der Aufschlag bei der Auslosung der Schatz⸗ anweisungen nach dem früher bekannt gegebenen Tilgungsplan arf 15 und 20 vH steigen kann, die Rückzahlung mithin ge⸗ gebenenfalls mit 115 und 120 vH erfolgt.

Bei der Hirsch, Kupfer⸗ und Messingwerke Aktiengesellschaft Berin wird laut Meldung des „W. T. B.“ die Erhöhung des Kapitals um 15 Millionen Mark beantragt, wovon 7 ½ Millionen zur Uebernahme der Chemischen Fabrik Hönningen dienen, wobet für eine Attie von Hönningen eine Akie der Hirsch Kupferwerke gewährt wird, und restliche 7 ½ Meillionen den Besitzein von 22 ½ Millionen Hirsch⸗Aktien zum Bezuge zu 180 vH. im Verhältnis 3 zu 1 angeboten werden.

Börse in Berlin (üfeser ge des Börsenvorstandes)

vom 24. Januar vom 23. Januar Geld Brief Geld Brief

215 %

für 8

Newo York 1 Dollar Halland 100 Gulden Dänemark 100 Fronen 152 ½ 152 Schweden 100 Kronen 163 ¼ 163 ½ Norwegen 100 Kronen 8 161 ¼ Sfne 100 Franken 112 , 112 ½ en⸗

Budapest 100 Kronen 66,55 Bulgarien 100 Leva 80

Konstanti⸗ nopel 100 Piaster 18,95 Barcelona 100 Pesetas 116 ½

215‧

66,65 80

19,05 117 ½

Madrid und

—.—

Insoweit die geschäftliche Entwicklung in Betracht kam, zeigte der heutige Wertpapiermarkt wieder das gleiche unlustige Aussehen wie an den Vortagen. Die Umsätze waren sehr unbedeutend und die Preisveränderungen blieben demgen äß, von einzelnen Ausrabmen ab⸗ g-seben, in engen Grenzen. Die Haltung war eher schwächer und

ed es bis zuim Schluß. 1“

(W. T. B.) Die „Nieder läudisch⸗-

Verlobt:

Kursberichie ven auswärtigen Fondsm

Wien, 25. Januar. (W. T. B.) Nach einer leschten Erholurg kam im Verlaufe ver Boͤrse unter dem h weiterer Enilastungsverkäufe eine neuerliche Ermattung ꝛum Banef bruch. Die Abwärtsbewegung nahm ihren Ausgang vom Seifsonnch aktienmarkte, dessen einzelne Werte Einbußen von 50 bis 15 Lahrs⸗. erlitten. Auch sonst zeigte sich im Schranken Abgabelust, warlren Nachfrage fehte, sodaß die Um ätze fast durchweg zu weichenben K efolgien. In der Kulifse dielz sich die Bewegung durchweg i Grenzen. Zum Teile fester eröffnend, trat bald auch nb ee 2 gheteis aber . eine folgte, ohne daß sich größere Abweichungen der Preise von Schlußstande ergaben. Der Anlagemarkt blieb ruhig dem geftrigen

Wien, 23. Januar. (Amtliche Notierungen der Devisenzent:en Marknoten 150,10, Holland 325,50, Schweit 169,00, Kobendele) 231,50. Stochholm 249,50, Sofia 125,75, Rubel 215,00. 8s

London, 22. Januar. (W. K. B.) CEngl. Konsols 55 5 00% Argentinier von 1886 —, 4 % Brasssianer. von 1881 555 4 % Japaner von 1899 71 ½, 3 % Portugiesen 37 ⅛, 5 % Rußsen von 1906 48 ¾, 4 ½ % Russen von 1909 39 ½¼, Baltimore and Ohin n Canedian Pacific 160 ½, Erie —, National Railways of Mexico 990 Pennsylvania —, Southern Pacisfic —, Union Pacisic Unis, States Steel Corporation 96, Fnaconda Copper —, Rio Thnto 8 Chartered 15/8, De Beers 13 ¼, Goldstelds 1 ¾, Randmines 3 81, Privatdiskont 4 ½ 2, Silber 43 ½. Wechsel auf Amfterdam 1s 1070 ¼, Wechsel aur Paris kan 2716 1, Wechiel auf Peureen ton 362 5. % Kciegsanleibe 93 8, 4 % Kriegsanleihe 11n. 3 ½ % Kriegsanlethe 86 ½. vlt,

Amsterdam, 23. Januar. (W. T. B.) Wechsel auf Berlin 43,15, Wechsel auf Wien 27 80, Wechtel auf Schweiz 51,75, Wechsel auf K.penhagen 70,50, Wechsel auf Stockholm 77,50, Wechsel auf I —,—, Wechsel auf London 10,89, Wcchsel auf Parsg 40,05.

Kopenhagen, 23. Januar. (W. T. B.) Sichtwvechsel auf Berlin 60,25, do. auf Amsfterdam 140,50, do. auf Londoa 15,20, (W. T. B.) Sichtwechsel „uf

do. auf Parts 56,75.

Stockholm, 23. Januar.

Berlin 56,00, do. auf Amsterdam 130,00, do. auf schweizerische Plähe 67,00, dc. auf London 14.10, do. auf Paris 52,50.

New Pork, 22. Januar. (Schluß.) (W. T. B.) Die Börse setzte in fester Haltung ein. Das Interesse wandte sich gn⸗ gesichts befrtedigender Geschäftsberichte neuerdings mehr indufti llen Werten zu, doch führtes im weiteren Verlauf umfangreiche Ent⸗ laßzungsverkäufe zu heträchtlichen Kursabschwächungen und im Schluß⸗ verkehr war die Stimmung matt. Per Aktienumsatz beirug 470 000 Stück. Geld: Fern. Geld auf 24 Sid. Durchschnittssatz 6, auf 24 Std. letztes Darleben 5 ½, Wechsel auf London (60 Tage) 4,72,00, Cable Transsecg 4,76,45, Wechsel auf Paris auf Sicht 5,72,00, Silder h Barren 87 ⅞, 3 % Nortbern Pacifie Bondz —, 4 % Verein. Stacten Bonds 1915 —,—, Atchison Topeka u. Santa F6 82 ¼, Baltimort and Ohio 50, Canadian Pactfic 139, Chesapeakt u. Ohio 5 Chicago, Milwaufe u. St. Paul 41 ¾, Denver u. Rto Grande Illinois Central 93 8⅝, Lonisville u. Nashville 109, New Por Central 68, New York u. Western 103, Pennsylvania 46, Reading 72 ½, Southern Pacific 81 ½, Union Pacific 111 ½, Anacerde deh. 61 ½, United States Steel Corporation 90 ¾, do

anfänglicken

8

Kursberichte von auswärtigen Warenmärkten. London, 22. Janvar. (W T. B.) Kupfer prompt 110. Liverpool, 22. Januar. (W. T. B.) Haumwolle. Umsa

3000 Ballen, Einfuh: Sallen, davon Ballen b2. kanische Baumwolle. Für Januar 23,48, für Februar 23,24. New Pork, 22. Janugr. (W. T. S.) (Schluß.) Baumwolt loko middiing 31,95, do. für Feoruar 30,45, do. für März 30,59, do. für Aprll 30,15, Nex. Orleans do. lolo middling 30,87, Petroleun refined (in Cases) 16,50, do. Stand. whtte in New York 12,0 do. in Tanks 6,50, do. Credit Balances at Dil City 475, Schmalz prime Weitern —,—, do. Rohe & Brothers —,—, Zucker Zentrifugal 7,45, Weizen Hard Winter 226, Mehl Spruug⸗ Wbeat cleart 9,75 10,10, Getreidefracht vach Liverpool nom., Kafser Rio Mr. 7 lokp 8 ¾, do. für Janugr 8,30, do. für März 8,60,

do. für Mat 8,78, Zinn —,—.

New Vork, 21. Januar. (W. T. B.) Die sichtbaren Vorraͤte hetrugen in der vergangenen Woche: An Wezen 16 262 000 Busbels, an Kanadaweizen 24 274 000 Bushels, an Mals 3 976 000 Bushels.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

Rönigliche Schanspiele. Freitag: Opernhaus. 25. Dauer⸗

bezugsvor tellung. Dienst⸗ und Freiplätze sind aufgehoben. Mignon. Orer in drei Akten von Ambrorse Thomas. Text mit Benusang des Goetheschen Romans „Wilhelm Meisters Lehrjahre“ von Miche Carrz urnd Jul:s Barbier, deutsch von Ferdinand Gumbert. Musitalische Leitung: Herr Kapellme ster von Strauß. Spielleitung: Herr Bachmann. Baleett: Herr Ballettmeister Graeb. Chöre: Herr Professor Rüdel. Anfang 7 ½ Uhr. Schaufpielbaus. 25. Dauerbezugsvorstellung. Dienst⸗ und Freiplätze sind aufgehoben Die Braut von Messina oder Die seindzichen Brüder. Ein Trauerspiel mit Chören in vier Aufzügen von Schiller. Spielleitung: Herr Dr. Bruck. Anfang 7 Uhr.

„Sonnabend: Opernhaus. 26. Dauerbezugsvorstellung, Dienst⸗ und Freiplätze sind aufgeboben. Martha. Romantisch⸗komische Oper in 4 Akten von Friedrich von Flotow. Text (teilweise nach dem Plane des Saint Georges) von Wilhelm Friedrich. Ansang 7 ½8 Uhr.

Schauspielbaus. 26. Dauerbezugsvorstellung. Dienst⸗ und Frerläße sind aufgehoben. Wallensteins Tod. Trauerspiel in fünf Hufnge. Schiller. Spiellenung: Herr Oberspielleiter Patry. Anfang r.

Familiennachrichten. F

Frl. Thekla von Bülow mit Hrn. Hauptmann Georg von Köller (Bossee bei Westensee, Holstein). Geboren; Ein Sohn: Hrr. Landrat von Peommer Esche 8 bausen). Eine Tochter: Hrn. Rittmeister Fritz Steifensan (Stolp). Hrn. Rittmeister Griese (Stuthof). Gestorben;: Hr. Ernst Eberhard von Osterroht (Stettin). gr. Charlotte von Buchwaldt, geb. Gräfin von Reventlow (reh; Fr. General Clara von Eberhardt, geb. von Kalisch (Berlin),

Fr. Cbarlotte v 1 dales. (Säöwerin E11““ Bassewitz, geb. von Blüch

Verantwortlicher Schriftleiter: Direktor Dr. Tyrol, Charlottenburg. Verantwortlich für den Anzeigenteil: Der Vorsteher der Geschäftsstelle, Rechnungsrat Mengering in Berliikn. Verlag der Geschäftsstelle Mengering) in Berlin. Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlassanstalt, Berlin, Wilhelmstraße 32.

Berlin, Donnerstag, den 24. Januar

nzeiger. 1918.

Parlamentsbericht. *)

Preußischer Landtag. 9 Haus der Abgeordneten. 114. Sitzung vom 23. Januar 1918, Vormittags 11 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphen⸗Büro.)

Am Regierungstische: die Staatsminister Dr. Sydow nd Dr. Schmidt.

Präsident Dr. Graf von Schwerin eröffnet die Stzung gegen 11 4 Uhr.

Auf der Tagesordnung steht zuerst die Beratung des vom zrrenhause in abgeänderter Fassung zurückgelangten Ent⸗ burfs eines Wohnungsgesetzes und des vom serrenhause ebenfalls in abgeänderter Fassung zurückgelangten hesetzentwurfs über die staatliche Verbür⸗

Hypotheken (Bürgschafts⸗

hese 8 zweiter scherungsgesetz).

Abg. Grundmann (kons.) beantragt Kommissionsberatung.

Abg. Hirsch⸗Berlin (Sos) weist darauf hin, daß eine Kom⸗ nisionsberatung eine Verschleppung bedeuten und das Inkrafttreten ices so wichtigen Gesetzes gefährden würde. Die Zustände im gohnungswesen seien unhaltbar.

(Die Abgg. Linz (Zentr.) und Pohl (fortschr. Volksp.) säließen sich diesem Standpunkte an.

Der Präsident schlägt vor, den Ausschuß heute abend teaten zu lassen, damit das Gesetz morgen auf die Tages⸗ amung gesetzt und erledigt werden kann.

Nachdem sich der Abg. Grundmann und die übrigen gohner damit einverstanden erklärt haben, wird der Vorschlag s Präsidenten angenommen.

Es folgt die Fortsetzung der gestern abgebrochenen Be⸗ vcung über die Anträge der Abgg. Hammer u. Gen. ser den Wiederaufbaudes Handwerksnachdem griege und der Abgg. Aronsohn u. Gen. über die Giederaufrichtung des gewerblichen Mittelstandes.

Abg. Dr. Hager (Zentr.): Unsere soziale Gesetzgebung großen Eülles hat sich bewährt. Ihr verdanken wir mit unsere Sügh im giege bezüglich des Durchhaltens. Der Krieg hat nun mit seinen geen Umwälzungen besonders zwei Stände in Mitleidenschaft ge⸗ tee, den Beamtenstand und den Mittelstand. Der Staat muß ir eingrefen, da ein zufriedener Beamtenstand für den Staat un⸗ nötig ist. Von ebenso großer Wichtigkeit ist aber auch die ng eines blühenden Mittelstandes und des Handwerks nach gKriege. Gerade aus den Reihen des Handwerks sind nun schwere vagnise über die Zukunft des Handwerks nach dem Kriege aus⸗ en worden. Der Staat hat selbst das größte Interesse, daß nen den oberen Schichten und der Arbeiterschaft ein kräftiger Malstand blüht. Meine Freunde wollen gern für den Mittelstand nieiten, und haben das durch eigene Anträge, insbesondere durch NAntrag Bell, bekundet. Der Antrag Hammer ist in der Kom⸗ esion zu einem großzügigen Arbeitsprogramm erweitert worden. Fr stimmen diesen Peanaissisnevorschlägen zu und ebenso dem An⸗ in Aronsohn, da wir das Gute nehmen, wo wir es finden. Die tze des Ministers hat mich sehr sympathisch berührt; nicht zu allen läten hat man so freundliche Worte vom Regierungstische gehört. ir Minister hat recht, daß aus dem Fichstofimaneel dem Hand⸗ erk besondere Schwierigkeiten entstehen. Es wird Aufgabe des Emates sein, einen angemessenen Anteil von den aus dem Auslande jngeführten Rohstoffen, Ersatzstoffen und Halbfabrikaten für das hondwerk bereitzustellen. In bezug auf den Kredit meinen wir, daß es Tätigkeitsgebiet der Kriegshilfskassen auf die Nichtkriegsteil⸗ kehmer ausgedehnt werden 86— Von größter Bedeutung während ke Uebergangszeit sowohl wie im Kriege sind die staatlichen Auf⸗ enage an das Handwerk. Die Heeresverwaltung hat dem Handwerk aict Aufträge genug erteilt. Der Handelsminister müßte seinen kEifluß geltend machen, daß von der Heeresverwaltung dem Hand⸗ rerk mehr Aufträge zufließen. Den heimkehrenden Kriegern aus dem vadwerkerstand kann man nicht besser zur Selbständigkeit ver⸗ teffe,, als durch Aufträge. Dazu muß das Verdingungswesen sach⸗ temaß umgestaltet werden, die Arbeit muß möglichst am Platze ver⸗ eeten werden und nicht unter einem bestimmten Preis, damit die gualitätsarbeit nicht durch Schundarbeit verdrängt wird. Bei der ünnielung von heimkehrenden Kriegern dürfen die Bauten nicht enem Generalunternehmer übertragen werden, der den Handwerkern ur einen kleinen Verdienst zukommen läßt. Endlich muß auch die nisation des Handwerks verbessert werden. Das Handwerk zu seen ist eine Staatsnotwendigkeit, und ich wünsche, daß es recht fald wieder seinen alten goldenen Boden gewinnen möchte. (Beifall.) Abg. Schrader (freikons.): Wir stimmen auch für den Kom nmissonsantrag und für den Antrag Aronsohn. Wir sind auch über⸗ rugt daß wir alle Anstrengungen machen müssen, um dem schwer⸗ (scdigten Handwerk wieder aufzuhelfen und es zu einem blühenden Pwerbsstand des Vaterlandes zu machen. Abg. Dr. Schröder⸗ Cassel (nl.): Wir werden einstimmig sür in dem Kommissionsantrage niedergelegte Handwerksarbeits⸗ iogramm eintreten und auch für den Antrag Aronsohn, der sich mit snem fast vollinhaltlich deckt, stimmen. Daß das Handwerk durch den in eine Notlage geraten, daß ihm dadurch ohne sein Ver⸗ en übel mitgespielt ist, steht fest; es ist also die verdammte . Schuldigkeit des Staates, ihm mit seinen Mitteln auf⸗ süelfen. Dankenswerterweise hat auch der Minister versprochen, ense zu leisten, soweit es in seinen Kräften steht; allerdings hat er imn Finanzminister seine Stellungnahme durchaus vorbehalten, und er liegt schließlich die Entscheidung. Wir sind mit ihm einverstanden, v die Kriegshilfskassen auch über den Kreis der eigentlichen Hand⸗ wmer hinaus für den gewerblichen Mittelstand nutzbar gemacht meen müssen. Wir müssen ferner wünschen, duß bei der Beschaffung nn Bewirischaftung der Rohstoffe das Handwerk nie ins Hintertreffen den, sondern daß sie ihm in ausreichendem Maße zugänglich gemacht Ferner bedarf das Handwerk nicht bloß der Aufträge, sondern üim ufträge. Das Handwerk beklagt sich bitter darüber, daß es bnamentlich zu wenig Militäraufträge zukommen. Wir hoffen, den Ue in dem Kommissionsvorschlag gezogenen Richtlinien nicht auf ae epier stehen bleiben, sondern baldigst in die Tat umgesetzt werden vgen. (Beifall.) 1b Ubn Schlußwort legt Kareuf g. Hammer (kons.) den Nachdruck darauf, daß es vor allem n jalpiaemnme, wie wir zu den Rohstoffen gelangen, die Ge schhn. im Frhächlich „aus den uns jetzt feindlichen Ländern beziehe. 9 Uarerieden würden uns diese Zujuhren gemäß den Beschlüssen der

icht und

d

E Wirtschaftskonferenz abgeschnitten werden; darum müsse auch

8 wcsgüne Gewähr, mit Ausnahme der Reden der Minifter und esefretäte, 8

8 ——n

diese Frage ventiliert werden und ihre Regelung müsse in den Friedens⸗ bedingungen mit erfolgen. Sonst müßten wir wieder hunderttausende von Arbeitern auswandern lassen, die dann in den überseeischen Län⸗ dern wieder als Volksdünger dienen würden, und wir müßten dem Ausland die Fabrikate, besonders der Textilindustrie, teuer bezahlen. Mit dem Gang der Debatte über den Antrag Hammer kann das deutsche Handwerk zufrieden sein, es sei auch dem Minister für sein warmes Eintreten dankbar. In das Landesgewerbeamt müßten erst⸗ klassige Kräfte berufen werden, Leute, die nicht bureaukratisch denken, die mit Handwerkern umzugehen wissen, die gut bezahlt werden müssen; gerade bei der Besetzung dieser Stellen durfe nicht gekargt werden.

Ueber die Frage, ob der Antrag Aronsoh n, weil er eine Geldbewilligung nach sich ziehe, einer Kommission über⸗ wiesen werden müsse, entsteht eine längere Debatte; man einigt sich schließlich dahin, ihn als Amendement zum Kommissions⸗ antrag zu betrachten. Der Kommissionsantrag und der Antrag Aronsohn gelangen darauf mit großer Mehrheit zur Annahme.

Es folgt die Beratung des folgenden Antrages Hammer u. Gen. (kons.): 8

„die Staatsregierung zu ersuchen, unter Heranziehung entsprechen der Beihilfe von leistungsfähigen Gemeinden und von Interessenten⸗ kreisen angemessene Staatsmittel zur Verfügung zu stellen für die im Intereßse unsrer Volkswirtschaft nicht mehr aufzuschiebende Auf⸗ gabe, gemeinsame Berufsberatung und Lehrstellenver⸗ mittlung baldtunlichst in Angriff zu nehmen.“

In Verbindung damit wird beraten die Petition des Pro⸗ fessors Dr. E. Francke in Berlin, betreffend Regelung des Arbeitsnachweises im Deutschen Reiche. Die Handels⸗ und Gewerbekommission beantragt Ueberweisung an die Regierung zur Erwägung. Ein Antrag Braun u. Gen. (Soz.) bean⸗ tragt demgegenüber Berücksichtigung.

Abg. Hammer (kons.): Der deutsche Handwerks⸗ und Gewerbe⸗ kammertag in Hannover hat sis auch mit der Frage des Lehrlings⸗ nachwuchses für das Handwer beschäftjgt. Der Syndikus der Hand⸗ werkskammer in Hamburg hat dabei über die dortigen Einrichtungen bezüglich Berufsberatung und Lehrstellenvermittlung genauer be⸗ richtet. Der Mangel an Nachwuchs im Handwerk hält immer weiter an. Wie Handel und Industrie ist auch das Handwerk hier allein vorgegangen, und jeder sucht Nachwuchs für sich zu erhalten. Die Regierung hat die Schulleiter angewiesen, diese Frage im Auge zu behalten. Das Angebot wurde jedoch immer geringer, so daß man sich fragen mußte, ob die bisher beschrittenen Wege richtig seien. Es ist bEö“ daß mit Ausnahme des Nahrungsmittelgeschäftes die anderen Handwerkerberufe wenig Nachwuchs haben. Die Lehr⸗ stellenvermittlung müßte für Angehörige beiderlei Geschlechts ein⸗ gerichtet werden. An erster Stelle muß jedoch die Beratung stehen, und die Stellenvermittlung hat dann erst zu erfolgen. Es ist unbedingt notwendig, die Eltern und dann auch die Kinder über die Zukunft des Berufszweiges zu unterrichten, den sie ergreifen wollen. Die Schule muß herangezogen werden, um zu untersuchen, ob das betreffende Kind für den ausgewählten Beruf befähigt ist. An der Beratung haben natürlich auch Vertrauenspersonen und Verxtreter der Arbeit⸗ geber und Arbeitnehmer teilzunehmen. Diese Beratung muß un⸗ parteiisch sein, und darf nicht für einen bestimmten Stand Propaganda machen. Empfehlenswert ist hier das Bremer System auf Grund von Fragebogen. Bei der richtigen Auswahl des Nachwuchses könnten sehr viele Unkosten für das Handwerk vermieden werden. Wir hätten auch nicht so viel verfehlte Existenzen. Der Berufsberatung müßte auch die Lehrstellenvermittlung angegliedert sein. Wichtig ist auch die Regelung der Kostgeldfrage, die in den meisten Fällen unzureichend ist. Als segensreich hat sich auch die Schaffung von Lehrlingsheimen er⸗ wiesen. Hier sind besonders Berlin und andere große Städte voran⸗ gegangen. In diesem Punkte ist Selbsthilfe nötig, man kann hier nicht immer nach Staatshilfe schreien. Gerade die Stellungnahme des Ministers zu dieser Frage und seine letzten Ausführungen berechtigen zu der Hoffnung, daß das Haus dem Antrage zustimmt. Den Antrag Braun lehnen wir ab und werden bezüglich der Petition des Pro⸗ fessors Dr. Francke über die Regelung des Arbeitsnachweises im Deutschen Reiche für den Kommissionsantrag stimmen. (Beifall rechts.)

Abg. Hirsch⸗Berlin (Soz.) empfiehlt die Ueberweisung der Petition Francke zur Berücksichtigung; denn sie entspricht den Wünschen weitester Kreise. Durch den Krieg sind ganz gewaltige Verschiebungen auf dem Arbeitsmarkt eingetreten und diesen müssen die Arbeitsnach⸗ weise Rechnung tragen. Vor allem müssen die Kriegsbeschädigten zweckentsprechende Arbeit erhalten, die auch anständig belohnt wird. Nicht die Arbeitnehmer sind es, sondern gerade die Arbeitgeber, die die Arbeitsnachweise als Machtmittel benutzen, um die Arbeiterschaft zu beherrschen. Früher haben allerdings auch die Arbeiter die Arbeits⸗ nachweise als Kampfmittel benutzt, heute aber verlangen sie die paritä⸗ tischen Arbeitsnachweise. u““ 1

Abg. Dr. Schröder⸗Cassel (nl.): Wir stimmen dem Antrage Hammer zu; wir wollen die öffentlichen Arbeitsnachweise ausbauen, denn sie haben segensreich gewirkt. Insofern sind wir auch mit der 1“ einverstanden, wünschen aber nicht, daß alle bestehenden Einrichtungen an die Wand gedrückt werden. Die Arbeitsnachweise der Arbeitgeber erfüllen durchaus ihren Zweck und sollten nicht dadurch beseitigt werden, daß man einseitig die öffentlichen Arbeitsnachweise begünstigt. Wir sind deshalb nur dafür, daß die Petition zur Erwägung überwiesen wird. 11“ 8 Abg. K vn seße 9 (fortschr. Volksp.) erklärt sich unter Hinweis darauf, daß große Gemeinden in Oberschlesien, wie Kattowitz, Beuthen usw. gut funktionierende Arbeitsnachweise eingerichtet haben, für die Ueberweisung der Petition zur Berücksichtigung. 88

Abg. Dr. Hager (Zentr.): Wir stimmen für den Antrag Hammer, die Ausführungen des Abg. Hammer werden von uns geteilt. Bezüglich der Petition stimchen wir für den Antrag Braun. Wir sind der Meinung, daß für die Arbeitsnachweise mehr Geld zur Ver⸗ fügung gestellt werden muß. 8

Abg. Schrader (freikons.) erklärt sich für den Antrag Hammer und gegen den Antrag Braun. 1

Der Antrag Hammer wird der Handels⸗ und Ge⸗ werbekommission überwiesen, die Petition wird zur Erwägung an die Regierung überwiesen.

Der Antrag der Abgg. Dr. Varenhorst (freikons.)

u. Gen:: „die Regierung zu ersuchen, einen Gesetzentwurf vorzulegen, nach dem während der Dauer des Krieges die Auflassung sowie die zur Bestellung oder Uebertragung eines Erbbaurechts erforderliche Einigung außer vor dem Grundbuchamt auch vor einem anderen 111“ Amtsgericht oder dor einem preußischen Notar erklärt werden kann,

wird von der verstärkten Justizkommission, Berichterstatter

Abg. Dr. Liepmann⸗Teltow (nl.) zur Annahme

empfohlen. S

Abg. Dr. Lewin⸗Nordhausen (fortschr. Volksp.): Für die Auf⸗ lassung besteht keine Rechtseinheit im Deutschen Reiche, sie ist der landesrechtlichen Regelung überlassen. In einem großen Teil der deutschen Bundesstaaten ist die notarielle Auflassung zulässig und in

Preußen, auch in der Rheinprovinz, während in dem übrigen Teile

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Preußens die Auflassung, vor dem Grundbuchamt erforderlich ist. Wenn zwei Leute in Leipzig einen Vertrag über ein Grundstück in Berlin schließen wollen, so können sie das wohl in Leipzig tun, u. aber zur Auflassung zum Grundbuchamt in Berlin reisen. Der jetzige Staatssekretär des Reichsjustizamts von Krause wie auch andere Regierungsstellen haben sich für die notarielle Auflassung aus⸗ gesprochen, ebenso der deutsche Notarverein und der deutsche Anwalts⸗ verein. Alle kompetenten Faktoren sind also dafür. Auch in Preußen erfolgt schon jetzt mindestens ein Viertel aller Auflassungen vor dem Notar. Es kann also gar kein Bedenken dagegen bestehen, dem Antrage Varenhorst gemäß zunächst für die Kriegszeit zu verfahren. Dann wird die Regierung auch in den altländischen Provinzen die nach ihrer Meinung noch erforderlichen Erfahrungen sammeln können, und dann wird man diese gesetzliche Vorschrift auch als eine endgültige erlassen können und damit auf dem Wege der Rechtseinheit für das ganze Deutsche Reich weiter kommen.

Abg. Brockmann (Zentr.): Ein nicht unerheblicher Teil meiner Freunde hegt gegen den Antrag Bedenken, die immerhin einiges Ge⸗ wicht haben und schon früher, auch aus Richterkreisen heraus, an das gelangt sind. Es wird u. g. geltend gemacht, daß es für den

ichter gar keine Erleichterung wäre, wenn der Antrag zur Annahme gelangt, weil der Richter doch auch noch zu prüfen hätte, ob das notarielle Protokoll zutreffend ist. Diesen Einwänden gegenüber scheinen mir ganz überwiegende Gründe für den Antrag zu sprechen. Die Notare werden unzweifelhaft den Vorteil davon haben, daß sie mehr zu Vertrauensmännern des Publikums werden. Auch würde eine große Anzahl von Prozessen in Fortfall kommen. Die Lage der deutschen, insonderheit der preußischen Anwaltschaft, ist heute eine außerordentlich schwierige; es sollte jede Gelegenheit ergriffen werden, ihrer Notlage zu steuern. Ich begrüße es, daß es ein preußi⸗ scher Richter gewesen ist, der diesen Antrag eingebracht hat. Auch für die Bedürfnisse der Rechtspflege ist es ersprießlich, wenn zwischen den Rechtsanwälten und Richtern ein gutes kollegiales Verhältnis besteht; in dieser Richtung Besserung zu schaffen, ist nach dem Vor⸗ gehen des Richterbundes notwendig. Ich empfehle daher die einmütige Annahme des Antrages Varenhorst, der hoffentlich bald eine lex Varenhorst sein wird.

Abg. Grundmann kkons.) spricht sich auf Grund seiner Er⸗ fahrungen als Notar für seine Person und zugleich namens seiner Fraktion für den Antrag aus, dessen Vorteile so in die Augen fielen, daß alle Bedenken dagegen zurücktreten müssen.

Abg. Varenhorst (freikons.) konstatiert mit Befriedigung, daß sein Antrag ganz überwiegende Zustimmung gefunden hat und daß auch die Justizverwaltung ihm wohlwollend gegenübersteht. 3

Das Haus nimmt den Antrag darauf einstimmig an.

„Auf der Tagesordnung steht sodann der Antrag der nationalliberalen Abgg. Althoff u. Gen:: „ddie Regierung zu ersuchen, baldigst Maßnahmen, nötigenfalls im Wege der Gesetzgebung, zu treffen, durch welche diejenigen Kom⸗ munalverwaltungen, welche die Militärdienstzeit ihrer aus dem Militäranwärterstande hervorgegangenen Beamten bei der Fest⸗ setzung der Besoldung nicht entsprechend berücksichtigen, veranlaßt werden, die Militärdienstzeit mindestens in gleicher Weise auf das Besoldungsdienstalter anzurechnen, wie dies für die Reichs⸗ und Staatsbeamten durch den Erlaß vom 22. März 1909 angeordnet ist.“ Abg. Oelze (kons.) bemerkt zur Geschäftsordnung, daß der An⸗ trag sachlich mit einem Antrage Aronsohn übereinstimmt, der in der Gemeindekommission bereits verhandelt und in geänderter Form an⸗ genommen worden ist. Da der Bericht darüber noch nicht vorliege, beantragt Redner die Absetzung des Antrages Althoff von der heutigen Tagesordnung. Abg. Künzer (nl.): Wir bedauern, daß es hiernach nicht möglich ist, heute bereits zu dem Antrage Stellung zu nehmen, da die Sache drängt, weil die Gemeinden jetzt durchweg mit der Vorbereitung de Etatsfestsetzung befaßt sind. Wir schließen uns aber der Anregung des Vorredners in der Hoffnung an, daß der Kommissionsbericht recht bald an das Haus kommt. Zeit genug ist dazu gewesen.

Abg. Bartscher (Zentr.): Auch wir hätten am liebsten gesehen, wenn der Antrag heute schon durch Annahme hätte verabschiedet werden können, denn die Materie ist seit Jahren spruchreif. Da aber eine große Partei die Absetzung beantragt hat, wollen wir nicht wider⸗ sprechen; wir erwarten aber, daß beide Anträge bald wieder auf die Tagesordnung gesetzt werden. Die Regierung wird hoffentlich selbst schon jetzt dem Grundgedanken des Antrages entsprechen.

Abg. Otto⸗Charlottenburg (fortschr. Volksp.) schließt sich dem Vorredner durchweg an, auch hinsichtlich des zuletzt geäußerten Wunsches, ebenso Abg. Oelze.

Der Antrag Althoff wird darauf von der heutigen Tages⸗ ordnung abgesetzt.

—„Es folgt die Beratung des Antrages der Konservativen (Abgg. Herrmann u. Gen.):

„die Regierung zu ersuchen, den in Aussicht genommenen Aus⸗ gleich der Gemeindelasten zunächst auf dem Gebiete der Volksschulunterhaltung vorzunehmen und deshalb zur Ferens des Druckes, den die Ungleichmäßigkeit der Schullasten auf viele Gemeinden ausübt, schleunigst einen Gesetzentwurf vorzulegen, durch den 1) die persönlichen Volksschullasten entweder dem Staate oder einer Landeskasse übertragen werden, die von den Gemeinden Preußens durch Beiträge nach dem Maßstabe ihrer Steuerkraft und vom Staate durch Zuschüsse gespeist werden, und 2) die noch vor⸗ handenen Ungleichheiten und Unzulanglichkeiten im Lehrerbesoldungs⸗ wesen beseitigt werden.“

Abg. Herrmann⸗Friedrichsdorf (kons.): Schon im Mai 1914 hat die Regierung zugesagt, einen vollständigen Gesetzentwurf vorzu⸗ legen, um die Ungleichmäßigkeit der Volksschullasten für die Ge⸗ meinden zu beseitigen. Der Krieg hat dies bisher verhindert. Während des Krieges hat sich aber der vorhandene Druck bis zur Unzuträglichkeit gesteigert, so daß schnelle Abhilfe am Platze ist. Bis⸗ her hat man versucht, durch Staatszuschüsse einen Ausgleich zu schaffen. Aber dadurch wurde die Ungleichheit nur noch größer. Die Staats⸗ uschüsse haben sich seit 1886 um das Zehnfache erhöht, die Ausgaben fr ein Schulkind dagegen nur um das Dreifache. Die Ungleichheit hätte also kleiner werden müssen, aber das Gegenteil traf ein. Die Zunahme der Ungleichheit wurde zuerst bedingt durch die Frei⸗ zügigkeit. In den Gemeinden mit Arbeiterbevölkerung sind natürlich die Lasten größer als in den Villenorten und betragen oft bis 200 Prozent der Staatssteuer. Eine andere Ursache liegt in dem Fehlen eines Maßstabes für die Feststellung der sehr verschiedenen Bedürfnisse der Gemeinden. Von den 139. Millionen Staatszuschuß in Preußen fließt ein großer Teil Stellen zu, wo er nicht gebraucht wird. Die Hälfte von diesen Millionen kommen an den unrechten Ort. Wir stehen wieder vor einer Aufbesserung der Lehrergehälter, da die Lehrer sich immer noch um ein vieles schlechter als die Post⸗ und Eisenbahnbeamten stehen. Auch hier muß die Regierung viele Millionen zur Verfügung stellen, und diese würden eben⸗ 8 häufig an die unrechte Stelle kommen. Hier kann Ab⸗ hilfe nur geschaffen werden, wenn die persönlichen Schullasten ent⸗ weder dem Staate übertragen werden oder einer Landeskasse, die von den Gemeinden nach Maßgabe ihrer Steuerkraft gespeist wird. In diese Kasse müßten natürlich auch die Staatsbeiträge fließen. Hälte man nach diesem System schon die Alterszulagen der Lehrer ausgebaut,