8 8 8 — Parlamentsbericht..)) Prenstischer Landtag. 8 Haus der Abgeordneten. 115. Sitzung vom 24. Januar 1918, Vormittags 11 Uhr. (Bericht ven Wolffs Telegraphen⸗Büro.)
Am Regierungstische: der Minister der geistlichen und Unterrichtsangelegenheiten Dr. Schmidt. 112 ASrrefbens Dr. Lohmann eröffnet die Sitzung nach „ Auf der Tagesordnung steht zuerst die Beratung des An trages der Abgg. Fuhrmann, Freiherr von Loe, Mertin⸗Oels, Winckler und Genossen auf Sicher⸗ stellung des Rechtes der Staatsbeamten zur politischen Betätigung. Der Antrag lautete:
Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen, die Kgl. Staats⸗ regierung zu ersuchen, das den Staatsbeamten verkassungsmähig zu⸗ stehende Recht der politischen Betäti zung unter Zurücknahme neuer⸗ dings versuchter Einschraͤnkungen — Die 24. Kommission, die eingehend über den An⸗ trag beraten hat, schlägt vor, den Antrag Fuhrmann in folgen⸗ der Fassung anzunehmen:
die Kgl. Staatsregierung zu ersuchen, vorbehaltlich einer bald⸗ tunlichsten gesetzlichen Regelung, für alle Teile der Staats⸗ derwaltung eine Verfügung zu erlassen, durch die das den Staats⸗ Heamten zustehende Recht der volelifchen Betätigung sichergestellt, jedoch untersagt wird, innerhalb der Diensträume oder auf dienst⸗ lichem Wege oder sonst durch Ausnutzung der Dienstgewalt zur Be⸗ tätigung für politische Vereinigungen und Parteien aufzufordern. Abg. Frhr. von Zedli tz (freikons.) beantragt, den Antrag zur scaiftlichen Berichterstattung noch einmal an die Kommission zurück⸗ zuverweisen. Abg. A. Hoffmann (U. Soz.): Ich bitte Sie dringend, diesen Intrag nicht anzunehmen. Es würde nach außen den Eindruck machen, als od nir die Sache über die Vertagung hinausschleppen wollen. Wir leben in üsttandon die es nötig machen, in die Berichterstattung einzutreten, auch wenn der Berichterstatter nicht berichten kann. Der Antrag ist in anderer Form aus der Kommission herausgekommen. Es scheint so, als ob die Vaterlandswartei darauf ausgeht, die Sache 18 verschleppen, um auf die Verbandlungen in Brest⸗Liwwer Linfluß zu gewimnen. Die Vorgänge in Oesterreich da m̃arnen. Wir dürfen den Alldeutschen keine freie Hand las en, um auf den Reichskanzler einzuwirken. (Große Unruhe.) (Glocke des Präsidenten. Der Rednen wird vom Vizepräsidenten darauf aufmerk⸗ em gemacht, daß die Sache nicht zur Geschäftsordnung gehört.) Scheidemann hat selber im Ausschuß des Reichstages gesagt, wir ständen, wie in Oesterreich, zehn Minuten vor Ausbruch der Kata⸗ strophe. Wollen Sie diese berbeiführen, dann beklagen Sie sich nicht. Das Volk ist es mude, in dieser Weise weiter in den Krieg hinein⸗ gebetzt zu werden. (Große Unruhe, Lärm, Pfuirufe rochts, Glocke des Prösidenten.) Bizeprasident Dr. Lohmann: Ich rufe den Abg. Hoffmann wegen seiner letzten Aeußerung zur Ordnung. (Beifall.) Abg. Frhr. von Zedlitz (freikons.): Die ganze Angelegenheit kat mit Brest⸗Litowsk nicht das mindeste zu tun. Sie ist an den Hrcen herbeigezogen worden. Trotz aller Bedenken haben wir uns bereit erklärt, heute in die Beratung einzutreten. Würden wir ohne eeinen Bericht in die. Verhandlungen eintreten, dann würden wir die .n Angelegenheit nicht so behandeln können, wie sie es verent.
Vhepräsident Dr. Lohmann; Geschäftsordnungsmäßig ist er⸗ ügesice Bericht vorliegt. Ohne Berichterstatter können wir nicht verhandeln.
A Winckler (kons.): Wir können Herrn Hoffmann keine 111 als den Antrag. “ er zurück, dann werden wir ihn mit der nötigen Deutlichkeit behandeln.
Abg. A. Hoffm ann (U. Soz.): Wenn auch geschäftsordnungs⸗ mäßig ein Bericht notwendig ist, so kann das Haus dovon absehen. (Hciterkeit.) Aber man merkt die Absicht, und man wird nicht einmal verstimmt. Ich fordere Sie nochmals auf, diesen Weg nicht zu gehen. Ich ersuche Sie, heute über den Antrag zu verhandeln und nicht erst in drei Wochen, wenn es jedenfalls zu spät ist. Wie not⸗ L.1. es ist, beweist die Tatsache, daß die Alldeutschen und die Vaterlandspartei sogar dem Reickskanzler drohten, daß er offenen Verrat üben würde, wenn er heute seine Rede nicht hielte, wie sie es wünschten. Das ist ein unerhörter Druck auf die Tätigkeit
des Reichskanzlers. (Der Redner wiederholt den Vorwurf, das das Volk in den Krieg gehetzt werden soll, und wird vom Vizepräsidenten erneut zur Ordnung gerufen.) .
Abg. Frhr. vomn Richthofen (nl.): Die Kommission war der Meinung, daß es envünscht sei, heute über die Sache zu ver⸗ handeln. Die Ansicht war vorherrschend, daß es wohl kaum au einer Debatte kommen würde. Selbst die freisinnige Partei hatte die Meinung. Wir haben heute die Sache auf die Tagesordnung Pesett⸗ in der eigentlichen Absicht, die Sache zu verhandeln. Nun ist es dem Berichterstatter unmöglich gewesen, das weitschichtige Material zu ordnen, und er hat erklärt, daß er auch heute den mundlicken Bericht nicht erstatten könne. Deshalb ist die Sache als erster Punkt auf die
agesordnung gefetzt worden in der Annahme, daß das Haus einmütig erklärt, diese Sache nochmals 88 schriftlichen Berichterstattung zurück⸗ zuverweisen. E sucht der Kommission hier andere Gründe unterzuschieben. Ale diese Dinge haben aber bei ihren Beratungen keine Rolle gespielt. —
Abg. Fuhrmann (nl.): Als öetrtsteges hätten wir doch das größte Interesse daran, diasen Antrag möglichst schnell zu erledigen. Deshalb wurde ja schon in der Kommission beschlossen, auf einen schriftlichen Bericht zu verzichten. Ich muß gestehen, 88 ich kein Empfinden dafür habe, wie Herr Hoffmann aus diesen orgängen Kapital zu schlagen sich bemühen fäann.
„Vizepräsident Dr. Lohmann verweist auf die Geschäftsordnungs⸗ bestimmung, daß bei d h 1 aus dem Hause eine Abstimmung
ohne die Berichterstattung nicht zulässig sei. Er wolle die Frage nicht enisscheiden, Fe das Haus entscheiden lassen⸗
Abg. A. Hoffmann (U. Soz.): Es sind andere Verhältnisse
eingetreten, seitdem die Kommission beschlossen hat. Inzwischen sind acht Tage verflossen (Lebhafter Widerspruch rechts), in welchen in Oesterreich 9. sich abgespielt haben (Lebhafte Unruhe und Unter⸗ rechungen rechts), die auf die Kommission auch Eindruck gemacht hätten. (Lebhafte Rufe: Nein, nein!) Die Sache soll um drei Wochen verschleppt werden, diese drei Wochen sind aber entscheidend die Dinge, die sich draußen abspielen, und für die Er⸗ haltung des Volkes dazu. (Widerspruch und Zwischenrufe rechts.) . Volk ist bei Ihnen Unsinn, bei uns nicht. (Stürmische nruhe und fortgesetzte Unterbrechungen.) Sie haben die Mehrheit und üben Ihre Macht aus. Wen die Götter bernichten wollen, den schlagen sie mit Blindheit. lächter rechts.)
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„Abg. Boisly (nl.): Die Angaben des Herrn Hoffmann sind ünrichtig. Die Sitzung hat vorgeftern ubend stattgefunden, und da waren die Vorgänge in Oesterreich vollkommen bekannt. Der Antrag
r von meinen Freunden in der Kommission gestellt war, ist dor nstimmig angenommen worden. Wir hatten den Wunsch, möglichst chnell sum Abschluß zu kommen, aber es ist unmöglich, ohne Bericht⸗ — heute zu verhandeln, deshalb müssen wir den Gegenstand setzen.
Abg. A. Hoffmann (U. Soz.): Es ist nicht unrichtig, was ich sagte. Die Dinge in Oesterreich sind nicht in dem Maße be⸗
kannigegebev, selbst hier im Hause waren die österreichischen Zeitungen
Auffassung der Königlichen Staatsregierung hat die Bestimmung,
nicht zu baben. Man hat sämtliche Nachrichten unterdrückt. (Vize⸗ präsident Dr. Lohmann: Das geht uns bier nichts an!) Wenn der Abg. Boisly erklärt, ich hätte Unrichtiges behauptet, so muß ich das Gegenteil begruͤnden. (Vizepräsident Dr. Lohmann: Widersprechen Sie dem Präsidenten nicht, ich fordere Sie auf, zur Geschäftsordnung zu s 3, S. Es lag eine neue Situation vor. Wir haben es für unsere Pflicht gehalten, zu warnen; der Streik stand vor dem Ausbruch. Große Unruhe rechts.) Wollen Sie es wagen, so tragen Sie die Verantwortung. (Fortgesetzte große Un⸗ ruhe im ganzen Hause.) 1 1 . 1
Abg. Fthr. von Zedlitz (freikons.): Keiner im ganzen Hause spricht so, wie der Abg. Hoffmann; er steht ganz allein.
Durch die Annahme eines Schlußantrags wird die Geschäftsordnungsdebatte beendet.
Der Antrag des Abg. von Zedlitz auf Absetzung des Gegenstandes und Zurückverweisung an die Kommission zur schriftlichen Berichterstattung wird mit großer Mehrheit an⸗ genommen.
Es folgt die Beratung des vom Herrenhaus in veränderter Fassung zurückgelangten Entwurfseines Wohnungs⸗ gesetzes. —
Berichterstatter Abg. Dr. Schröder⸗ Casses (nl.) berichtet über die gestrigen Verhandlungen des Ausschusses darüber und empfiehlt namens des Ausschusses in der Herrenhausfassung, wonach das Gesetz über die Umlegung von Grundstücken in Frankfurt a. (lex Aickes) in erner ECemeinde durch Ortestatut eingeführt werden kann, den Zusatz, daß dieses Ortsstatut der Bestätigung durch den Bezirks⸗ ausschuß bedarf. Dieser Zusatz sei vom Ausschuß einstimmig be⸗ schlossen worden. “ 1
Abg. Grundmann kkons.) geht in längeren Ausführungen auf die vom Herrenhaus an den “ vorgenom⸗ menen Aenderungen ein. Man werde sich alles in a lem damit ab⸗ finden können, wenn auch in mehrfacher Hinsicht die Aufrechterhaltung der Beschlüsse des Abgeordnetenhauses voguziehen gewesen wäre. An den Handelsminister richtet Redner die Frage, welche Tragweite die Regierung den Herrenhausbeschlüssen bezüglich der Anwendung der Landgemeindeordnung auf Eingemeindungen zur Befriedigung des Wohnungsbedürfnisses beimißt. G
Minister für Handel und Gewerbe Dr. Sydow: Der Herr Vorredner hat von mir eine Erklärung über die Trag⸗ weite gewünscht, welche die Königliche Staatsregierung dem vom Herrenhaus neu eingefügten Artikel 1 b § 1, betreffend die Anwen⸗ dung der Landgemeindeordnung auf Eingemeindungen zur Befriedi⸗ gung des Wohnungsbedürfnisses, beimißt. Ich bin gern bereit, das, was ich in der Kommission erklärt habe, zu wiederholen. Nach der
daß eine zwangsweise Eingemeindung auch stattfinden kann,
d. wenn die Rücksicht auf das Wohnungsbedürfnis die Einge⸗ meindung und Umgemeindung erheischt, im wesentlichen deklaratorischen Charakter. Sie bringt das zum Aus⸗ druck, was sich bisher schon aus der Nummer e von § 2 Nummer 5 der Landgemeindeordnung ergab, wonach eine zwangsweise Eingemein⸗ dung oder Umgemeindung zulässig ist, wenn ein erheblicher Wider⸗ streit der kommunalen Interessen zwischen den aneinanderstoßenden Gemeinden besteht. Der Hauptanwendungsfall der neuen Nummer d wird, wie ich sie auffasse, im wesentlichen der sein, daß eine Ge⸗ meinde — ich nehme an, die Stadtgemeinde — kein Bauland hat, um dem Wohnungsbedürfnis genügend zu entsprechen, und daß die anstoßende Gemeinde nicht bereit ist, freiwillig das erforderliche Bau⸗ gelände aufzuschließen. Dann kann man sagen, daß die Rücksicht auf das Wohnungsbedürfnis eine Eingemeindung oder Umgemeindung er⸗ heischt, das heißt, sie wirklich notwendig macht. In solchen Fällen würde schon bei richtiger Auslegung der Nummer c, wie ich sie auf⸗ fasse, eine zwangsweise Eingemeindung oder Umgemeindung möglich gewesen sein. Jetzt ist durch die Nummer d klar gestellt über allen Zweifel, daß sie statthaft ist. Ich habe in der Kommifsion schon zum Ausdruck gebracht, daß auch, wenn die Nummer d nicht zur An⸗ nahme gelangt wäre, nach Auffassung der Königlichen Staatsregierung auf Grund der Bestimmung der Landgemeindeordnung, wie sie jetzt lautet, dasselbe zu erzielen wäre.
Im übrigen möchte ich mich kurz fassen. Da Anträge hier in der Vollversammlung nicht gestellt sind, darf ich annehmen, daß das Gesetz von allen Seiten, auch von den Vertretern der Parteien des hohen Hauses, die noch nicht das Wort genommen haben, in der Fassung zur Annahme gebracht werden wird, die gestern in der Kom⸗ mission beschlossen ist. Sie weicht von der Fassung des Herren⸗ hauses, wie Sie aus dem Vortrage des Herrn Berichterstatters ge⸗ hört haben, abgesehen von einer nebensächlichen redaktionellen Ver⸗ besserung nur durch einen, die lex Adickes betreffenden Zusatz ab, der aber nichts anderes will, als die Ansicht, die auch das Herrenhaus mit der jetzt von Ihnen gewählten Fassung verband, klar zu stellen. Insoweit ich es übersehe, sind damit alle Hindernisse beseitigt, welche einer Uebereinstimmung zwischen den beiden Häusern des Landtags etwa entgegenstehen könnten.
Ich bin der Kommission und diesem hohen Hause besonders dafür dankbar, daß sie mit solcher Schnelligkeit die nun einmal un⸗ vermeidlich gewordenen Abänderungen vorgenommen haben, und daß damit der Zweck, der jetzt für die Staatsregierung im Vordergrunde steht, erreicht ist, sobald wie möglich dieses Gesetz, dessen Beratung, wie Sie wissen, sich jetzt schon über vier Jahre hinzieht, zur Wirk⸗ lichkeit werden zu lassen. (Bravol) andere Haus. be⸗ (FZentt) ne dasete Pgene nie T auch wir, hauptsächlich ebenfalls wegen der Eingemeindungsfrage; aber diese Bedenken müssen zurücktreten gegenüber dem 1“ Interesse an dem baldigen Zustandekommen des Gesetzes. Wir setzen voraus, daß speziell hinsichtlich der Eingemeindung die Interessen der Landgemeinden und Landkreise gewahrt werden, und daß die Behörden bei derartigen Anträgen besonders sorgfältig prüfen werden. Wir hoffen, daß, wenn der Krieg bald in ehrenvoller Weise
für uns zu Ende geht, es mit dem Gesetz möglich sein wird, unseren eimkehrenden Kriegern aute Wohnungen zu schaffen, und wir bitten den Minister und das Staatsministerium, den Städten dabei zu belfen, daß sie rechtzeitig die Schaffung von Heimstätten vorbereiten. Eine wirksame Wahnungsfürsorge ist im J teresse der Bevölkerungs⸗ politik, besonders im Interesse der kinderreichen Familien, eine große und sehr dringlicke Aufgabe; auch für die Industrie besteht dieses Be⸗ dürfnis in großem Umfange. Wir müssen anerkennen, daß das Horren⸗ haus, auch die dortige Overbürgermeisterpartei, ein großes Entgegen⸗ wommen bewiesen hat. Die Imteressen der Allgemeinheit auf dem Beietrder Wohnungspflege erfordem eine baldige praktische Lösung. Beifail.)
Abg. Lüdicke sfreikons.): Der Gebszertwarf ist weit davon ent⸗ fernt, die Wohnungsfrage in großem Stile zu lösen; er ist nur ein Rahnengesctz, die Hauptsache ist die Resolution, die ein wirkliches Wohnungsbaugesetz fordert. Wir nehmen die Herrenbausbes büsse,
.°) Ohne Gewähr, mit Ausnahme der Reden der Minister und Staatssekretädrde. 1““ 1e
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uns durch die Bereitstellung eines zientlich erbeblicken g⸗ die Wohnungsfürsorge. Verbessert worden ift die FeaeBetag in Beschlüsse des anderen Hcuses nicht; wir halten unsere jcuc dn zrevellos besser. Nicht undedenklich ist die Werecht 88 düße for meindevorstände, hinsichtlich der Wohnungsaufsicht Strof Ge, drohen. Damit ist die Befürchtung eines häufigeren Ere mm⸗ polizeilicher Natur gegeben, als es nach unseren Bes dläfch tens greifen solien Richt Uatevenklich ist zuch dee Erkeichtezungsen bes gemeindung, die sich als ein schwerer Eingtiff in das ribaseer Fi⸗ darstellt; ader diese Bestimmung soll ja nur auf Zeit in Ventum bleiben. Bedenklicher schon erscheint die Bestimmung über de dg führung der lex Adickes, die einen ganz besonderen Fingriff; en. lich bezüglich der Erleichterung der Eingemeindung. Es ken Ließ⸗ im Interesse der Landkreise und Landgemeinden, wenn solce 888 semeindungen größeren Stils vorgenommen werden; wir schließen Fin⸗ zier durchaus dem Vorredner an. 1 .epen ung
Abg. Pohlmann⸗Lissa (fortschr. Berea. Wir werden
wohl später noch mit ähnlichen Vorlagen zu beschäftigen haben. 86 89 äaber alle Anregungen zu einem Baugesetz verdichten werden bleib⸗ ich zuwarten. Regierung und Abgeordnetenhaus müssen dieser Angelege. keit aber dauernd ihre Aufmerksamkeit schenken. Der Bedeurund“ Vorlage entsprechend beantrage ich en bloc-Annahme. züng der Abg. Hirsch⸗Berlin (Soz.): Wir erblicken in den Beschlüsfe, des Herrenhauses wesentliche Verbesserungen. Wir bätten g en liebsten gesehen, wenn das Gesetz in der Fossung des Herrenbanses angenommen wäre. Angesichts der gamen Lage ist aber zu doff 3 4 sen,
I 48171 18S .2 6ü6 8 E1
Herrenhaus nun nickt auch seinerseits wieder Aende macht. Es gilt zasche Acbeit zu machen, damit das Gesetz endlich wee Dach und Fach kommt. 82 P1ö“ 1 MNach einigen Bemerkungen des Abg⸗ Cassel wird der Kem⸗ missionsantrag angenommen und im übrigen ebenfalls des gefane Gesetz einstimmig en bloc. 1 n
Es folgt die Beratung des Gesetzentwurfes über die Staatliche Verbürgung zweiter Hypotheken (Bürgschafts⸗ sicherungsgesetz). —
Abg. Dr. Schroeder⸗Cassel (nl.) empfiehlt als Berichterstatter
der Kommission.
Abg. Dr. Arendt⸗Mansfeld (freikons.): Ich hoffe, daß das Gese⸗ ebenso einstimmig wie das Wohnungsgesetz angenommen wird und daß die Regierung weitere Shritte unternimmt. Ich wünsche, daß die Regierung bei der Begebung ihrer Beihilfen sich besonders der Kriegs⸗ beschädigten und Kriegsteilnehmer annimmt, damit den heimkehrenden auch in dieser Form der Dank des Vaterlandes ausgesprochen wird.
Das Gesetz wird en bloc unverändert nach den Pe⸗ schlüssen des Herrenhauses angenommen.
s folgt die Beratung des Antrages der Abgg.
Andres, Flathmann, Oertel u. Gen. auf staar⸗ liche Unterstützung der durch das Hochwasser im Dezember 1917 und Januar 1918 Geschädigten.
Hierzu ist von Vertretern aller Parteien ein Abänderungs⸗ antrag gestellt: 1j 22 . -
„die Königliche Staatsregierung zu ersuchen, schleunigst Maß⸗ regeln in Aussicht zu nehmen, durch die den Bewohnern des Lands, die durch Hochwasser im Dezember 1917 im Kreise Geestemünde und im Januar 1918 im Nahetale und im übrigen Gebiete des Rbeins und seiner Nebenflüsse geschädigt sind, nach Maßgabe des Schaden staatliche Unterstützung zuteil wird.“ .
Die Kommission, die über diese Anträge beraten hat⸗ empfiehlt folgenden Antrag: 1I“ — „„die Königliche Staatsregierung zu ersuchen, 18 nigst Mo regeln in Aussicht zu nehmen, durch die den dur 5 Hochwasser schädigten Bewohnern des Landes nach Maßgabe des ihnen en stämsehen Sedeses und des Bedürfnisses staatliche Unterstützung zuteil wird. 8
Berichterstatter ist der Abg. Andres (nl.).
Abg. Veltin (Zentt.) wünscht, da auch für die Hochwesser⸗ schäden an der Ahr, Mosel und Saar, sowie in der Eisel und im Hunsrück staatliche Unterstützungen gewährt werden.
Abg. Oertel (nl.): Der Vorwurf würde vollkommen ungerech⸗ fertigt sein, daß wir mit diesen Anträgen nur a itatorische Zwecke ver⸗ olgten. Ein Abgeordneler sollte vor einem soleben Gedanken geschüt ein. Wir stehen hier vor Ereignissen, wie sie in solcher S vere die Rheinprovinz noch niemals getroffen haben. Die wirtschaftliche Lage der dortigen Bevölkerung, die schon durch den vierjährigen Krieg so stark in Anspruch genommen ist, ist nunmehr fast erschspft. G. ist deshalb eine dankenswerte Aufgabe der Regierung, angesichts dieser Notstände schnelle Hilfe dn bringen. Bei den Hochwasserschäden durch die Sturmflut an der Ostseeküste im Jahre 1914 hat der Finang minister telegraphisch 20 000 ℳ für sofortige Hilfeleistung angewiesen. Jetzt hat die Krone von ihrem Vorrecht sofortiger Hilfeleistung G⸗ brauch gemacht. Ich hoffe, daß der Finanzminister jetzt auch in der⸗ selben Weise vorgehen wird mit einer durchgreifenden Staatsbilfe, denn nur diese kann helfen. Bis dat, qui cito dat.
Abg. Wenke (fortschr. “ Die Schäden sind so umfang⸗ reich, daß etwas geschehen muß. Den Leuten sind namentlich Kar⸗ toffel⸗ und Gemüsevorräte in den Kellern verdorben. Jetzt ist es aber nicht so leicht, dafür Ersatz zu schaffen wie im Frieden. Früher war die Provinz Schlesien vielfach vom Hochwasser heimgesucht, z. B. in den achtziger Jahren und besonders im Jahre 1897. Glucklicherweise ist seitdem meine Heimatprovinz von weiterem Hochwasser verschont geblieben. Es kommt auch darauf an, die Hochwasser zu verhüten. Die Talsperren in Schlesien erweisen sich jet als ein Segen für das Land, die Wirkungen der großen Niederschläge werden dadurch auf⸗ gehoben. Wir haben weiter in Schlesien Stauwerke bekommen, die das Wasser zurückhalten, und ferner haben wir die hochwassergefähr⸗ lichen Flüsse in Schlesien ausgebaut. Wenn man also auch den Leuten Barmittel als Schadenersatz gibt, so soll man auch nicht ver⸗ gessen, die Ursachen der Hochwasser schon am Oberlauf der Flüsse zu verhüten. Ich stimme dem abgeänderten Antrag Andres zu. Ffütk⸗
Abg. von Kessel (kons.): Wir können uns mit diesen Ausfit rungen einverstanden erklären. Ich spreche meine Freude aus, daß ea der Vorredner anerkennt, daß die Hochwasserbauten in Schlesien F Resultate gehabt haben. Die jetzigen Schäden sind tatsächlic schwer, daß eine erhebliche Unterstützung des Staates erfolgen mah. Ueber das Maß können wir im Augenblick nicht urtéilen. Wir he de uns auf Anreaung der Regierung in der Kommission entschlossen, im geforderte Hilfe näher zu spezialisieren und uns auf die Hochwasser e Dezember 1917 im Kreise Geestemünde und im Januar 1918 Hclase 5 tale und im übrigen Gebiete des Rheins und seiner Nebenf 8 beschränken. Namens meiner nehme ich an, daß gege bitte Abänderungsantrag Widerspruch nicht erhoben werden wind un 1 diesem Antrage zuzustimmen. — — aus
Die Antragsteller nehmen in ihren Abänderungzanlrag Be⸗ der Kommissionsfassung die Worte „nach Maßgabe verungs dürfnisses“ auf; in dieser Fassung gelangt der Abänder antrag zur Annahme. alts⸗
Es folgt der Bericht der verstärkten Staats aush
v 5 inflöthe (kons.) un
kommission über die Anträge Ahrens⸗Kleinflöthe b
8128 - dand rischaft un Kesternich (Zentr.) wegen Versorgung der Landwi ien unl Gärtnerei mit Düngemitteln und Sämerelehau⸗ wegen Vergrößerung der Kartoffelan Die Kommission beantragt folgende Entschliehunseig ce. edie Regierung zu ersuchen: 1)⸗die Versorgung der e soß⸗ sczaft. mit den nöͤtigen Düngemitteln, inchesondere
1
wenn auch mit ganz erheblichen Bedenken, an; schmackhaft werden sie
dünger, sowie die Verforgung der Landwirtschaft mit Senemiem für und Gärtnerei mit Gemüsesamen und anderen Saneieere
8 1 I
e
unveränderte Annahme der Beschlüsse des Herrenhauses im Auftra . 88 ““ Aüst:ag Staatsregierung das
eu ermöglichen. Wir stimmen daher
He bevorstehende Frühjahrsbestellung ohne Verzug sicherzustellen:
2) eine wesentliche Vergrößerung der Kortoffelanbauflocke zur
Sicherstelung des gesteigerten Verbraucherbedarfs für das laufende
Fahr berceizuführen, insbesendere auch durch Zusicheung eines aus⸗
reichenden Zuschusses für Beschaffung von Saatgut für die gegen⸗ über dem Jahre 1917 vergrößerte Anbaufläche. Berichterstatter Abg. Dr. Hoesch (cogf) empfiehlt diese Ent⸗ iließung, die sich im wesentlichen mit den Anträgen deckt, jedoch die vorderung der sofortigen Festsetzung eines ausreichenden Erzeuger⸗ reises für Kartoffeln im Antrag Ahrens fallen läßt. Die Regierung 8 in der Kommission eine Prämie von 3,50 ℳ für einen Zentner Smatkartoffeln bei Vermehrung der Anbaufläche zugesagt, wobel ange⸗ nommen wird, daß bei ordnungsmäßiger Bewirtschaftung 10 Zentner Saatgot auf den Morgen verwender werden. Das sei dankbar zu be⸗ grüßen und werde hoffentlich einen, Anreiz zum Mehranbau bieten.
wurch werde vermieden, einen Anreiz in dem Kartoffelpreis zu bieten, der die Konfumenten belastet hätte.
Minister für Landwirtfchaft, Domänen und Forsten von Eisenhart⸗Rothe:
Meine Herren, von den Antrögen der Kommission enthält der
erste eine Anregung an die Königlicke Steatsregierung, nach swie vor
für ausreichende Beschaffung von Düngemitteln und Sümereien be⸗
strebt zu sein. Dieser Anregung wird die Königliche Staatsre⸗ ierung
selbstverstmdlich gern follgen, hoffentlich auch mit besserem Erfolg als bisher. Ich kann Sie versichern, daß wir es an Mühe und Eifer in
dieser Hinsicht nicht haben fehlen lassen.
Der Freite Punkt des Kommissionsantrages, der sich auf die Ver⸗ mehrung der Kartoffelerzeugung bezieht, ist schon vor einigen Tagen von mir erörtert worden. Ich habe erklärt, daß die Staats⸗ regierung mit der Tendenz des Antrages einverstanden sei, die darauf auwgeht, 1818 eine reichlichere Kartoffelerzeugung herbeizuführen, und war mit finangieller Unterstützung feitens des Staates, als sie 1917 gewäsen ist. Ich konnte damals nur eine ganz allgemeine Erklärung abgoden und hoffte, daß diese Ihnen genügen würde, und daß Sie zur Vertrauen haben würden, daß sie chrerfeits schleunigst zur Ausführung schreiten würde. Im Landwirt⸗
schaftsminifterium wird die Sache, seitdem bekannt geworden ist, daß
die Reichsinstanz es ablehnt, für Vermebrung der Kartoffelanbau⸗
fläche eine Beihilfe zu geben, aufs eifrigste betrieden. Nun hat diese ellgemeine Erklärung Ihnen aber nicht genügt, und in den Kom⸗
missiontverhandlungen hat sich herausgestellt, daß Sie gegen den von mir gemachten Vorbehalt, daß die Dispositionen des Kriegsernährungs⸗ amtes berücksichtigt weiden müßten, Einwendungen erheben. Diese Be⸗ schränkung aber ist selbstverständlich. Eine vermehrte Aussaat an
Kartoffeln kann nicht stattfinden über die vorhandenen Bestände hin⸗
aus. Das Kriegsernährungsamt ist aber berechtigt, die Bestände zum grecke der Volksernährung zu erfassen, und wenn es das tut, sind wir dem gegenüber machtlos und können nur die Kartoffelmenge zur Aus⸗ saat benutzen, die vom Kriegsernährungsamt freigelassen werden.
Nicht bemängelt haben die Herren die Beschränkung der Unter⸗ stützungen auf den mittleren und kleineren Grundbesitz. Das wird die Annahme im Hause erleichtern. 8
Weiter wünscht die Kommission, daß die Prämiierung die finan⸗ zielle Unterstützung, auch abzielen soll auf eine Vermehrung der Anbau⸗ fläche. Die Regierung hat sich auf den Standpunkt gestellt, daß ein
wirksameres Mittel als die Vermehrung der Anbaufläche die Ge⸗
währung von Beihilfe zur Beschaffung von gutem Saatgut wäre. Aber es läßt sich beides vereinigen. Es kann, wie der Herr Bericht⸗ erstatter ausgeführt hat, die Prämiierung des Saatguts beschränkt werden auf dasjenige Saatgut, das auf der vergrößerten Andaufläche
verwendet wird. Ich will ein Beispiel anführen. Es hat jemand bisher 20 Mongen Kartoffeln ausgepflanzt. Er pflanzt im nächsten
Jahre 30 Morgen Kartoffeln aus. Dann soll die Prämiierung für die übenschießenden 10 Morpen stattfinden, und gwar im Verhältnis der Ausscat ausreichender und geeigneter Kartoffeln. Dabei wird an⸗
venomnmnen, deß zur ordnungsmäßigen Bestellung eine Auspflanzung
von 10 Zentnern auf den Morgen nötig ist. Er müßte also, um eine Prämiierung zu bekommen, auf diese überschießenden 10 Morgen
100 Zentner Karkoffeln auspflanzen. Es muß aber hier cin kleiner
Aqszug gemacht werden mit Rücksicht darauf, daß die Statistik von 1917 augenscheinlich die Flächen, die mit Kartoffeln angepflanzt sind, etwas zu niedrig angibt. Es wird daher nicht für die vollen 10 Morgen
oder die vollen 100 Zentner die Prämie gegeben werden, sondern es
wird ein Abzug bis zu 5 % gemacht werden. Ich bleibe bei dem Bei⸗ piel. Wenmn jemand statt 20 Morgen künftig 30 Morgen auspflanzt, so wird er die 35 ℳ je Morgen nur für 9 Morgen bekommen, d. h. er würde 315 ℳ Unterstützung erhalten. Alles dieses würde aber auch noch nicht ausreichen und zum Ziele führen, wenn man nicht daͤfür Sorge tragen wollte, daß auch ge⸗ eignetes Saatgut genemmen würde. Es muß also darauf bestanden
werden, daß nicht beliebiges, sondern nur anerkanntes Saatgut ge⸗
wählt wird. Es ist bisher nicht festgelegt worden, und ich kann Ihnen darüber noch nicht bestimmte Erklärungen abgeben, von welcher Seite das Saatgut anerkannt sein muß. Aber irgendeine maßgebende Instanz muß es jedenfalls sein. Es kann nicht geduldet werden, daß z. B. enva zwei nebeneinander wohnende Bauern sich gegenseitig das Saatgut abkaufen, gewissermaßen nur austauschen; es würde dann keiner von beiden irgendeine Aufwendung gemacht haben; sondern derjenige, der die Prämie beanfprucht, muß das Saatgut aus einer Quelle, die tatsäͤch⸗ lich anerkanntes Saatgut hat, entnehmen, derjenige, der das Saatgut auspflangt, muß auch talsächlich Aufwendungen dafür gemacht haben. Für diese Fälle wird eine Unterstützung von 3,50 ℳ je Zentner ge⸗ währt werden. Die nähere Ausführung werden Sie der Verwaltung überlassen. Ich kann Sie versichern, daß wir mit Eile vorgehen werden. Bei dieser ganzen Maßregel ist es nötig, daß die rung möglichst schleunig darauf hingewiesen wird, daß die Ver⸗ mahrung den Kartoffolerzeugung im vaterländischen Interesse dringend notwendig ist, und daß finanzielle Beihilfen dazu gegeben werden wünden.
Ich habe Ihnen nun den Standpunkt der Königlichen Staats⸗ tegterung eingehender klarlegen können, als ich es neulich vermocht habe. Ich hoffe, daß Sie hierdurch befriedigt sein werden, und bitte Sie, den Kommissionsantrag anzunehmen.
Abg. Braun (Soz.): Es muß alles getan werden, um der Land⸗
wirtsch hhal⸗ und die Förderung ihrer Produktion züglich der Versorgung mit Düngemitteln zu und fordern die zu gen Instanzen auf, unter allen Umständen der Landwirtschaft danper wendi n.hex en (inwengen zur Verfügung zu stellen. fä Fß 4 ereien hat zur Folge gehabt, daß auch für inländi
mit Sä b amereien die übermaßigen Auslandspreise gezahlt werden müssen;
dier muß strengfte Kontwolle und schäfffte Unterscheidung Platz greifen.
ist der jetzige, nach unserer
8 2 48 1— 8 8 E1“ 1 Eö 1I “
Was den Kartoffelandau betrifft, so
Meinung wiel zu bobe Erxugerpreis mich nach der Anffassung des landwirtchaftlichen Sockrerständigen des Kriegerrnährungsamtes durchaus eusreichend; eins Veranlassurg gur Gewährung rreiterer matsrieller Nortzile Liert alfo nicht vor. Wird die zur Aolks⸗ ernãhrung untedingt notwendi Menge nicht erzeugt, so bat man den Inbaucwang einzuführen. (Zurufe rechts.) Wir h die Wehr⸗ pflicht urd die Hilfedienstpflicht; weshalb soll die Anbaupflicht nicht durchführbar sein? Wir stimmen daher gegen den Antrag der Kom⸗ mosion, soweit er eine Prämie fordert, aus grundsätzlichen und prak⸗ tischen Erwägungen. sjie Anreizpolitik durch fortdalernde Preis⸗ stergerungen hat in den 3 % Kriegsjahren elend we. at sie hat lediglich die Lebensenittel immer tcurer und immer knapper gemacht, sie halt nicht die Er seugung, sondern die Gewinnsucht angereizt. Tiotzdem derjenige Teil des konservativen Antrages, der auch einen „ausreichen⸗ den Erzeugerpreis verlangie, zurückgezogen worden ist, vechnet man doch auf allgemein höhere Kartoffelpreise für die Zukunft auf dem Wege der Zuschläge und Prämien. Bei dem Hafer haben wir ja erleot, wie trotz der Hercbsetzung des Preises die Drusch⸗ und Schnelligkeitsprämie ihn tatsächlich bis auf ℳ in die Höhe gesetzt haben. Das Prämiensystem beeinflußt entscheidend 5 Preis⸗ gestaltung. Die Wirkung des Kommissionsantrages wird sein, daß die Landwirte, die voriges Jahr streikten und ihre Pflicht nicht taten, jetzt defür, baß sie einigermaßen ihre Pflicht tun, Gelohnt werden, die andern aber, die schon im porigen Jahre ihre Pflicht taten, destraft werden. Angeblich soll diehes neue Prämiensystem die Konsumenten nicht belasten. Aber die allgemeinen Staatsmittel werden doch auch von der Bevölkerung aufgebracht, und diese neue Liebesgabe für die Landwirte ist nichts als eine Bevorzugung eines Standes zu Lasten der Allgemeinheit. Bei 500 000 Hektar Vermehrung der Anbaufläͤche würde es sich um eine neue Liebesgeibe von 0 Millionen handeln, ohne daß dadurch der Mehranbau sichergestellt wäre. So wirkt diese An⸗ reizpolitik als Schraube ohne Ende. Der Kartoffelschleichhandel über Höchstpreise hat kolossale Dimensionen angenommen. Tatsächlich reicht die Ration von 7 Pfund nicht aus und das führt dazu, daß die Bevölkerung den Erzeugern noch extra tributpflichtig gemacht wird; jede Kontrolle über die Vorräte geht dadurch den Behörden verloren und vielleicht sind im April die 7 Pfund nicht einmal mehr vor⸗ handen. Die Anreizpolitik bat lediglich die Landwirte und Schleich⸗ händler bereichert und die Not des Volkes fortwährend gesteigert. Die Konservativen lehnten in der Konnanissicn jede Verantwortung für die Zukunft vor dem Lande ab, wenn diese Prämie nicht bewilligt würde; dieser verhüllten Streikandrohung gegeniütber lohnen wir jede Verantworkung ab für die Folgen, die die Fortsetzung dieses die Ver⸗ braucher ausplündernden Liebesgabensystems haben wird.
Abg. Haaße (cortschr. Volkep.): Wir stimmen dem Kommissions⸗ antrag in seinen beiden Teilen zu. Bedauerlich ist die Lage des Sämereimarktes für Gemüse; wir müssen hoffen und erwarten, daß der Landwirtschaftsminister hier mit aller seiner Kraft helfend ein⸗ greift, legen ihm aber ans Herz, auch den kleinen und kleinsten Land⸗ wirten zu Gemüsesamen zu verhelfen. Im Punkte der Kartoffel⸗ versorgung ist es auch uns nicht sympathisch, wenn immer wieder Mittel der Allgemeinheit dafür den Erzeugern hergegeben werden; aber die Ernährung des Volkes geht vor. Die Fhüat er muß vergrößert werden; dazu gehört Saatmaterial und Platz. Auch hier muß selbst der kleinste Besitzer von der Maßnahme auch der Großgrundbesitz sollte seine Krbaf escferit ee vergrößern. Daß das Saatgut schwer zu beschaffen sein soll, steht doch sehr in Widersprucch zu der Behauptung, daß wir 1917 eine Rekordernte zu verzeichnen ge⸗ habt haben. In jüngster Zeit nimmt man die Erscheinung wahr, daß sich Besitzungen durch Ankauf von E.“ vergrößern, die dann nicht unter Kultur bleiben, I“ Weideland werden; da sollte man doch auf Einschränkungen Bedacht nehmen. Wie konnte es ferner kommen, daß aus dem früheren Ueberschußkreise Teltow hinsichtlich der Kartoffeln jetzt ein Bedarfskreis geworden 8 Er hat 50 000 Zentner gefordert und erhalten. Wir stimmen also für die Kommissions⸗ vorschläge und hoffen, daß sie dem Lande, den Erzeugern und den Konsumenten zum Segen gereichen werden. “
Abg. Kesternich (Zentr.): Eine der wichtigsten Maßnohmen zur Vermehrung der Kerrtosh Frevlatten ist die zeitige Sicherstellung des Saatgutes. Daß man hier so vieles verabsaumte, ist die Schuld an der schlechten Ernte des vorigen Jahres gewesen. Unter dem Mangel an Saatkartoffeln haben besonders die kleinen und mittleren Land⸗ wirte zu leiden gehabt, die das Rückgrat in der Kartoffelversorgung ausmachen. Derartiges dapf sich nicht wiederholen. Deshalb ist be⸗ sonders darauf zu sehen, daß den Kleinbauern genügend Saatkartoffelm geliefert werden. Es muß aber auch Vorsorge getroffen werden, daß die Verteilung der Saatkartoffeln einheitlichen Gesichtspunkten
erecht erfolgt. Von einer Liebesgabe an den Großgrundbesitz zu sfrcchen geht nicht an, da ja der Großgrundbesitz für die Kartoffel⸗ versorgung nicht so sehr in Betracht kommt, wie der mittlere und kleine. An die Landwirtfchaff werden auch nach dem Kriege noch auf Jahre hinaus große Anforderungen gestellt werden. Sie muß deshal jetzt im Kriege wirtschaftlich stark bleiben.
Abg. Westermann (nl.): Den Zwangsanbau halten wir nicht für ein geeignetes Mittel zur Steigerung der Erzeugung. Zudem wärt es dafür für das kommende Erntejahr schon viel zu spat, da höchstens Ermittlungen angestellt werden könnten, welche Flächen diesmal für die Erweiterung des Kartoffelbaues in Frage kämen. Auch ich möchte darauf hinweisen, daß die Hauptschwierigkeiten durch schlechte Be⸗ lieferung mit Saatkartoffeln entstanden sind. Aus den Darlegungen der Kommission⸗ 4 55 Esahe daß Ce be nicht alle diejenigen Maßnahmen getroffen worden sind, die zur Ver⸗ füüskung der Erzeugung ehr wohl in die Wege hätten gelei bl werbes können. Wir werden für die Kommissionsanträge stimmen.
Abg. Jany (kons.): Wir haben volles Vertrauen⸗ zu den Ver⸗ sprechungen des Ministers, die landwirtschaftliche Produktion mu fördern. Es kommt hier auf jede Stunde und jeden Tag an. Die Landwirte müssen bald wissen, woran sie sind. Es ist unbedingt nötig, daß unsere Regierung ihren Einfluß dahin serhnn macht, d auch in den anderen Bundesstaaten ähnliche Maßnahmen ergriffen werden. Die Bedenken des Dr. Heim gegen die Vergrößerung der Anbaufläche für Kartoffeln sind hinfällig. Selbst wenn wir in diesem Jahre eine Ernte haben sollten, die hinter der vorigen zurückbleibt, so ist doch kein Pfennig verloren gegangen. Wenn Herr Braun von einem Anbauzwange bei von vornherein festgelegton Preisen sprach, so ist das für mich nichts anderes als ein Arbeitszwang zum Ferse Dieser dürfte bei seinen Parteifreunden wenig Anklang finden. eit Entschiedenheit muß ich den Vorwurf Ferüch veisen, die Landwirte hätten im vergangenen Jahre nicht ihre Pflicht getan und gestreikt. Aber die Anbaufläcke ist aus den schon bekanntgegebenen Gründen zurückgegangen. 8 Erscheinung trat überall da eim,, wo man scharf in die Fetebenden artoffelbestände eingreifen mußte. Um äbhamliche Erscheinungen wie im Vorjahre zu vermeiden, wollen wir eben, daß die Saatkartoffeln von der Regierung geliefert werden. Wie in diesem Punkte, ist auch Eile bei der Beschaffung von Düngemitteln nötig. Ich muß den Vonwurf zurückweisen, daß wir bei Einbringung unseres Antrages von ausreichenden Erzeugerpreisen Feprichen haben, trotzdem wir gewußt hätten, daß die Regierung eine Pramie bewilligt. Damals war davon noch keine Rede. Auch hier wird wieder von einer Liebesgabe gesprochen. Aber diese wird nicht für die Landwirt⸗ schaft, sondern für die Allgemeinheit gegeben. Gerade weil Preußen das Geld gibt, bekommt die Sache ein anderes Gesicht, als ob das Reich der Geber wäre, da ja in Preußen nur die wohlhabenden Klassen durch Steuern die Mittel aufbringen. Durch dieses Geld werden wir zudem in der Beziehung von Lebensmitteln im erbst aus dem Auslande unabhängig, so daß also das Geld im Lande bleibt. Die Liebesgabe ist also in diesem Falle ebensowenig falsch angebracht, wie es seinerzeit den Brennereien gegenüber war. Erst diese setzte die Brennereiwirtschaft in den Stand, den Kartoffelbau hoch zu de und so zu entwickeln, daß dadurch Deutschland zum führenden Lande gemacht wurde. Ohne den jet en Stand unserer Kartoffelwirtschaft Fätten wir diesen Krieg jetzt nicht führen können. Deshalb kann ich⸗
nur wünschen, daß auch Sie dazu beitragen mögen, daß wir im
kommenden Herbste über alle Note der Ernährung hinwegkommen.
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Abg. Johanssen fmrikons.) erklärt sich namens seiner Frakton üür die Kommissionsvorschläge und richtet an die Verwoliung das onbau wrglichst weitgeherd zu verfahren urd sich nicht auf die „mer⸗ kannte“ Landwir t festpilegeu. 2v 2
Hierauf wird die te geschlossen.
8 Schlußwort erhält noch der Referent Abg. Dr.
Abg. Hofer (U. Soz.): Ich bedaure, als Vertteter der äußersten Linzen nicht mehr zumm Worte kommen zu können. Ich bätte darm ausgeführt, daß die arbeitende Berölkerung, die jetzt mit der 7⸗Pfund⸗ Ration abge Peist wird, mehr hatte bekommen kornen, wenn scen im vergangenen Jahre der Kartoffelanbau mehr gefördert worder wäüte. Die Arbeiterschaft ist über diese Wirtschaft empört; Sie (nach rechts) haben keine Ahnung, wie es in den Massen gärt; “ es, die die Revolution vorbereiten. (Stürmischer. Widerspruch rechts; Glocke des Präsidenten.) Die deutschen Arbeiter blicken auf Oesterreich und sind jett bereit, (Erxneute stürmische Untetbrechemg rechto; Abc. A. Hoffmann ruft: Warum denn solche Amgst?)
„Der Kommissionsantrag gelangt hierauf in seinen beiden Teilen mit großer Mehrheit zur Annahme.
Es folgt die wiederholte Beratung der aus dem Herren⸗ hause zurückgelangten Entwürfe eines Schätzungsamts⸗ sese e⸗ und eines Gesetzes zur Förderung der Stadt⸗
haften. .
8 eber den chafungsamtkagesetzentwurf berichtet namens der 12. Kommission Abg. Grundmann. Die Kommission hat die vom Herrenhaufe in die Vorlage eingefügte Errichtung eines Landesschätzungsamtes als oberster Behörde wieder be⸗ seitigt, im übrigen aber nur Aenderungen von verhasettsmabth untergeordneter Bedeutung an den Herrenhausbeschlüssen vor⸗ genommen.
Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten von Eisenhart⸗Rothe: 11“
Meine Herren! Die beiden vorliegenden Gesetzentwürfe über die Schaäͤtzungsämter und die Stadtschaften haben in den zweijährigen Beratungen die verschiedensten Stadien durchgemacht und die ver⸗ schiedensten Wandlungen erfah⸗en. Die Königliche Staatsregierung ist in der glücklichen Lage gewesen, all diesen Wandlungen zustimmen zu können, und zwar aus dem Grunde, weil es ihr weniger auf die Einzelheiten als vielmehr auf den Grundgedanken der Gesetze ankam, und der ist in allen Fällen unverändert geblieben.
Auch da, wo die Beschlüsse Ihrer Kommission von denen des Herrenhauses abweichen, ist die Königliche Staatsregierung in der Lage, den Beschlüssen Ihrer Kommission zustimmen zu können. Ihr liegt daran, möglichst bald das Gesetz zur Verabschiedung zu bringen, werl es ihr weniger darauf ankommt, ob nebensächliche Punkte auf die eine oder die andere Art erledigt werden. Besonders erfreulich ist, daß über den Hauptdifferenzpunkt, über die Errichtung von Provinzial⸗ schätzungsämtern, eine Uebereinstimmung zwischen dem Standpunkt des Herrenhauses und dem Ihrer Kommission sich gefunden hat. Die Königliche Staatsregierung hatte ursprünglich den Standpunkt ver⸗ treten, daß die Zwangserrichtung von Provinzialschätzungsämtern nicht gewünscht würde, fondern daß durch freiwilligen Zusammenschluß von Zweckverbänden in größeren Bezirken zentrale Einrichtungen geschaffen werden sollten. Nachdem aber fast alle Oberpräsidenten und Landes⸗ hauptleute, die über diese Frage gehört sind, sich dafür erklärt haben, daß in den Provinzen derartige Schätzungsaͤmter zwangsweise er⸗ richtet werden, wird sich die Königliche Staatsregierung auch damit einverstanden erklären. Bedenken, daß diese Provinzialschätzungsämter die Selbständigkeit der örtlichen Schätzungsämter zu stark beein⸗ trächtigen könnten, liegen nicht vor; denn die Zuständigkeit der Pro⸗ vinzialschätzungsämter ist speziell durch dieses Gesetz genau abgegrenzt, andernteils ist auch die vorgesetzte Ministerialinstanz in der Lage, durch Ausführungsanweisungen für den Fall, daß itgend welche Widersprüche oder Schwierigkeiten vorkommen sollten, diese zu beseitigen. Danach ist zu hoffen, daß das Provinzialschätzungsamt tatsächlich bei schwierigen größeren Schätzungen sehr günstige Wirkungen haben wird.
Die vom Herrenhaus eingefügten §§ 13 b und l3e hat Ihre Kommission abgelehnt. Die Regierung hätte sich mit den Beschlüssen des Herrenhauses einverstanden erklären können, ist aber auch bereit, den Anträgen Ihrer Kommission zuzustimmen, nämlich der Beseitigung des Paragraphen, der auf die Bestellung eines Landesschätzungsamts abzielt, und desjenigen, der die Möglichkeit schafft, die Landschaften mit den Schätzungsaufgaben zu betrauen. Das, was durch die Schaffung eines Landesschätzungsamts erreicht werden soll, glauben wir im Landwirtschaftsministerium durch eine besonders dazu zu treffende Einrichtung leisten zu können, so daß die Regierung auf dem Standpunkt steht, daß ein Landesschätzungsamt entbehrt werden kanu. Ich glaube auch nicht, daß das Herrenhaus auf diesen Punkt zu fest bestehen wird und daß, wenn sich die Regierung und das Abgeordneten⸗ haus darüber einigen, daß ein Landesschätzungsamt nicht gefordert werden soll, das Herrenhaus das Gesetz nicht daran scheitern lassen wird. — “
In dem Punkt der Einfügung eines besonderen Schätzungs⸗ verfahrens für mündelsichere Beleihungen, die der § 18 vorsieht, werden sich beide Häufer geeinigt haben, wenn Sie Ihre Kommissions⸗ beschlüsse annehmen. Die Regierung glaubt dem auch zustimmen zu können, weil sie darin eine Gefährdung der Mündelsicherheit nicht sieht, da das Gesetz ja vorsieht, daß für mündelsichere Beleihungen die Grenze in jedem einzelnen Falle bei den Schätzungen festgestellt wird. 1““ 1
Das andere Gesetz, das Stadtschaftengesetz, bietet ja gar keine Differenzen mehr. Ich kann nur empfehlen, daß Sie die Beschlüsse, die das Herrenhaus und Ihre Kommission gefaßt haben, annehmen.
Ich komme also dazu, Ihnen zu empfehlen, sich auf den Boden Ihrer Kommissionsbeschlüsse zu stellen, und hoffe, zes wird damit er⸗ reicht werden, daß das Gesetz noch in dieser Tagung des Landtages zur Verabschiedung kommt, worauf die Regierung außerordentliches Ge⸗ wicht legt. Denn wenn auch das Schätzungsamtsgesetz erst nach einer Reihe von Jahren in Kraft treten soll, so ist sein Erlaß doch für das Schicksal des Stadtschaftengesetzes von großer Bedeutung, weil die Regierung die Kredite für die Betriebsmittel der Stadtschaften nur dann bereitstellen kann, wenn sie die gesetzliche Garantie hat, daß. auch die Beleihungen, die die Stadtschaften vornehamen werden, auf zuverlässigen amtlichen Schätzungen beruhen. (Sehr richtig)) Es kommt hinzu, daß auch die Provinzen Ostpreußen und Westpreußen
ihre Beteiligung an den Stadtschaften davon abhängig gemacht haben,
daß das Schätzungsamtsgesetz ve rabschiedet wird. E“ Meine Herren, die Regierung sieht in der gCesetzlichen Regelung
des Schätzungswesens das Hauptmittel für die Gesundung des Grundd
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