1918 / 30 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 04 Feb 1918 18:00:01 GMT) scan diff

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und Dr. Hegemann bei dem Amitsgericht und dem Land⸗

gericht in Cöln, Knebel in Zehlendorf bei dem Amtsgericht in Berlin⸗Lichterfelde, Dr. Heinemann bei dem Amtsgericht in Remscheid und Dr. Spancken bei dem Amtsgericht in Iserlohn.

Mit der Löschung des Rechtsanwalts Knebel in der Rechtsanwaltsliste ist zugleich sein Amt als Notar erloschen.

In die Liste der Rechtsanwälte sind eingetragen: der Amtsrichter a. D. Peters bei dem Amtsgericht in Mühlberg, die Rechtsanwälte: Dr. Bernhardt aus Fürstenwalde bei dem Landgericht I in Berlin, Dr. Engelmann in Wetzlar auch bei dem Landgericht in Limburg, Westhoff in Dortmund auch bei dem Landgericht deaselbst, Sympher vom Landgericht I in Berlin bei dem Amtsgericht in Berlm⸗Pankow, die Gerichtsassessoren: Dr. Mittwoch bei dem Landgericht I in Berlin, Harry Wolff bei dem Landgericht in Oppeln, Gerner bei dem Amtsgericht in Sulzbach, die früheren Gerichtsassessoren: Dr. Gerson bei dem Oberlandesgericht in Düsseldorf, Ebbecke bei dem Landgericht I in Berlin, Dr. Hausen bei dem Land⸗ gericht II in Berlin, Dr. Stemmler bei dem Landgericht III in Berlin und Dr. Lamy bei dem Landgericht in Hannover.

Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen.

Die Ausschüsse des Bundesrats für Rechnunaswesen, für das Landheer und die Festungen, für das Seewesen, für Zoll⸗ und Steuerwesen, für Handel und Verkehr, für Eisen⸗ bahnen Post und Telegraphen und für Justizwesen hielten heute Sitzungen.

Das Königliche Staatsministerium trat heute zu einer Sitzung zusammen.

Die Abgeordneten Ebert, Haase, Ledebour und

Scheidemann sind vorgestern vormittag wie „Wolffs Tele⸗ araphenbüro“ mittei t, vom Reichskanzler Dr. Grafen von He tling zu einer Besprechung empfangen worden, an der auch dessen Stelloertreter von Payer, der Staatsminister, Staatssekretär ds J nern Wallraf und der Minister des Innern Dr. Drews teilnahmen. Die Abgeordneten unterbreiteten dem Kanzler den Wunsch, bei den Mllitär⸗ behörden darauf hinzuwirken, doß Vetrauensmännern der streikenden Arbeitergruppen erlaubt werden mnöchte, in einer geschlosse en Versammlung über die durch den Streik geschaffene Lage zu beraten. Der Reichskanzler stellte sich demgegenüher auf den Stand⸗ punkt, die Regierung das Zustandekommen einer Versammlung, deren Beschlüsse darauf hinauslaufen könnten, esetzwidrige Handlungen gutzuheißen oder gar für ihre Fortsetzung einzutreten, nicht befürworten könne. Auch wenn die Versammlung zu dem Ergebnis führen sollte, daß die Streikenden aufs neue den Antrag stellten, mit der Re⸗ gierung zu verhandeln, würde sie de Lage nur weiter ver⸗ schärfen, da die Regieruong auf einen so chen Antrag rur ab⸗ lehnend antworten könnte. Solange deshalb keine Gewähr dafür vorliege, daß die Besprechung lediglich dahm wirken werde, den Streik zu beenden und alle allgemein politischen Wünsche der Arbeiter künftig auf dem gesetzmäßigen Wege über die Volke vertreter an die Regierung gelangen zu lassen, .. diese den Vorschlag der Abgeordneten nicht in Erwägung ziehen. 6“

Zur Teilnahme an einer Beratung über politische und wirtschaftliche Fragen aus dem gemeinsamen Interessengebiete Heutschlands und Oesterreich⸗ Ungarns merden wie „Worffs Telegraphenbüro“ erfährt heute der Staatssekretä von Kühtmann, der österreichisch⸗ un arische Minvister des Aeußeen Graf Czernin und der General Ludendorff hier eintreffen Auch der deutsche Bot⸗ schafter in Wien Graf Wedel wird zu der Besprechung in Berlin erwartet.

Der fi nische Geschäftsträger Staatsrat von Gripen⸗ berg in Stockyolm hat dem dortigen Kaiserlichen Ge⸗ sandten, wie „Wolffs Telegraphenbüro“ meldet, am 28. Ja⸗

nuar folgenden Einspruch der finnischen Regierung gegen die russische Regierung übermittelt:

Meine Repierung hat mich deauftragt, der Kaiserlich Deutschen Regierung folg ndes mitzuteilen:

Die Regierung Rußlanes hat zwar die Selbständigkeit Finnlands offiell anerkannt, ader trotzdem bat das Wegfenden der russischen Truppen aue Finnland noch nicht begonnen. Im Gegenteil unter⸗ bält die russische Regierung in Finland immer noch zahlreiche Trupp nabtetlungen, die nicht nur ein Hindernis für das Aufrecht⸗ erhalten der Ordnung und ter Sich rheit des Landes bilden, sondern auch dazu beitragen, daß tie unruhigsten Elemente der Bevölkerung, Morde, Brandstiftungen und andere Schaundtaten ver⸗ üben. Bemerkenswert ist dabei, doß an diesen Verbrechen nicht nur einzelne irregeführte Truppenabteilungen teilnehmen, sondern auch, daß die in Finnland weilenden Veitreter der russischen Re⸗ gierung direkt zur Verschlimmerung der für ein selbständiges Land unerträglichen Sachlage mifwirken durch Verteilung von Waffen und Munition, dem zussischen Staate gehörend, an die an den U ruben teilnehmenden Volksmassen und durch Verhinderung der Bildung einer den Befehlen der finnländischen Revierung ge⸗ horchenden Ordnungsmacht. Der Kommissar für Kriegsangelegen⸗ heiten der russischen Regierung hat auch dem in Wiborg stalionierten Milifär Bef hl gegeven, die in die Stadt zwecks Auf⸗ rechterhalten der Ordnung eingeführten Schutztraͤppen zu entwaffnen, und mit ibren Waffen die Arbeiter, die in diesen Taogen die blutigen Massenunruhen in der g nannten Stadt begonnen haben, zu bewoffnen. Schließ ich ist seiters des Matrosenkomttees in Helsinafors der Regierung münd sch mitgeteelt worden, daß das dortige russische Militär für das Durch üh en einer sozialen Revolu ion in Finnland interessiert und zu diesem Zwecke bereit in, die revolurionären Banden gegen die bür gerliche Geseu chaft und die Schutztruppen der finnländischen Reagterung mit becaffneier Macht zu unterstütz n.

Da das Verfah en der rusischen Regterung eine schwere Kränkung Finnlands als seolbständiger Staat bedeutet, legt die Regierung Finnlands hiermit ibren bestimmten Einspeuch gegen die genannten Maßnahmen der russischen Regierung ein und brinat diesen zur Keonints aller derjenigen Mächte, welche die Selb ändigkeit Fionlands anerkannt haben.

Genehmigen Sie, Herr Be die erneute Versicherung meiner ausgezeichneten Hochachlung. 3

von Gripenberg.

Berlin. 4. Februar 1918. .“X“

gierung lassen dem „Wolffschen Telegraphenbüro“ folgende Erklärung zukommen:

Herr Trogtt hat in der letzten Sitzung der Friedensabordnung erklärt, daß die gegenwä tige sianische Regierung gehürzt und ersetzt sei durch eine Arbeiter⸗ und Bauernregierung und daß er keinerlei Hindernisse dafür sehe, daß Abgeordnete dieser Regierung an den Friedensverhandlungen in Brest⸗Litowek teilnehmen.

Dem gegenüber erklären wer, daß die Regierung Finnlands keineswegs gewürzt ist, daß sich vielmehr nur im Süden Finnlands eine sozialistische Regierung, unterzützt von russischen bolschewistischen Truppen, vorübergehend der Macht in einem kleinen Teile des Landes ohne gesetzliche Berecht gung, lediglich gestützt auf hrutale Gewalt, bemächtigt hat, sowie daß in dieser Regierung ketne Bauern sind, die ddehas dem bolschewikischen Umtriebe durchgehend feindlich gegen⸗ überstehen. Landtage eingesetzt ist, hat die Hauptstadt verlassen müssen, ihre Be⸗ vollmaͤchtigten beberrschen aber den größten Teil des Landes, das sich in den Händen der Ordnungsgewalt besindet.

Wir sind von der rechtmäßigen finnischen Regierung mit auto⸗ ritativer schriftlicher Vollmacht versehen, an den Beratungen in Brest⸗ Litowek als Vertreter Finnlands teilzunehmen; wenn irgendeine finnische Abordnung berechtigt ist, an den Friedens⸗ verhandlungen teilzunehmen, so können nur wir, bezw. die später vom Landtage gewählte größere Abordnung, der auch wir zugehören, als Bevollmächtigte des finnischen Volkes in Betracht kommen.

Berlin, den 2. Februar 1918. gez. Staatsrat Hjaltz. gez. Professor Erich.

Die Friedensverhandlungen in Brest⸗Litowsk. 2. Februar.

Gestern nachmittag fand unter Teilnahme sämtlicher Ab⸗ ordnungen einschließlich der inzwischen in Brest⸗Litomwsk wieder eingetroffenen Abordnung der ukrainischen Rada eine Voll⸗ sitzung statt, die zum Zweck hatte, die Stellungnahme der beteiligten Regierungen zu der ukrainischen Zentral⸗ rada endgültig zu klären. Zu Beginn der Sitzung teilte der Vorsitzende, bulgarischer Militärbevollmächtigter Oberst Gantschew mit, daß in der Zusammensetzung der bulgarischen Abordnung insofern eine Aenderung einoetreten sei, als an die Stelle des bisherigen Vorsitzenden der Abordnung, des Justi⸗ ministers Popow, von jetzt ab der bulgarische Ministerpräsident Radoslawow trete. Herr Sewrjuk, der hierauf das Wort ergriff, gab bekannt, daß anstatt des bisherigen Vorsitzenden der Abordnung der ukrainischen Rada, Herrn Holubowitsch, er seiber den Vorsitz übernehme, und ging dann zur Tages⸗ ordnung über.

Emiettend wies Herr Sewrjok auf das in der Vollsitzung am 10. Januar 1918 verlesene Umversal III ber ukraintschen Zemral⸗ vado vom 7. Nrvember a. St. bin, womit die ukraintsche Volks⸗ ripublck verkuͤndet und deten internationale Stellung bestimmt wo den set. Die internationale Sullung der ukranisch n Volks⸗ 1epeblik sei damals sowohl durch den Ret der Volkskommissare als auch durch die Vertreier der vier verbündeten Maͤchte anerkannt worden. Hie Anerkennung der Ukaine als unabhängiger Staat durch die Regierung der Volkskommissare gehe aus den Eeklärungen Heun Trotzkis in den Sitzungen am 10 und 14. Jar uar d. J. her⸗ vor. Auf die Frage des Staatesekretärs von Kühlmann, ob der Vorsitzende der russischen Abordnung die uk ainische A ordnung als emen Teil der russischen Arordnung ansehe oder ob die ukranische Avordnung als Veitz tung eines selbständigen Staates anzus. h n mäe, habde Herr Tretzkt damals geanswort’t: „Da die ufrainssche Abordnung hier als voustäadig selbstä dige bordnung aufgetreten ist, und da wir vorgeschlagen baben, hre Teilnabme an den Ve hand⸗ langen anzuerkennen, obne irg nd welche Beschrankungen laut werden zu lassen, da ferner von keiner Seite vorgeschtagen wurde, die ukrainische ö zu einem Teise der russischen Abordnung zu machen, so scheint mir, daß sich diese Frage von selbn erleoigt.“ Im S nne dieser Erk aͤrungen set denn auch wäbrend des gan en Ganges der Ver⸗ handlungen bis zor letzten Unt rbrechung die ukramtische Aborenung von allen Beratungkparteten steis als die Abord ung eines unabhängigen Staates an es hen worden. Nach der Unterbrechung habe nunmehr Heirr Trotzkr versucht, unter Be,ugnahme auf irgend ein ihm zu⸗ gekommenes Telegramm, wonach angeblich die Mehrheit der Ki wer Garn son sich gegen die uk a nische Zentralrada e hoben hätte, die Stehung und Rechte der ukramischen Aborbuung zu leugnen, wobei er sich bis auf das bis dahin nie erwähnte Vorhaudensein des Exekutivaugschusser in Chakow berufen habe. Lie ukratrische Ab⸗ or nung halte es für notwendig, festewstellen, daß die von Herin Trotzki in dieser Sitzung gehaltene Rere in vollstä digem Wiver⸗ spruche zu ollen seinen früheren Erklärangen stehe, weshalb sie ge⸗ zwungen set, folgende Erklärung abzugeben:

„Wir sind durchaus einer Ansicht mit Herrn Trotzki, daß in dem staatlschen Leben der Ukraine Veränderungen vorgekommen sind, die aber ganz anderer Natur sind als die, auf welche Herr Trotzkt hinwies. Das Wesen dieser Veränderungen steht im Zu⸗ sammenhange mit dem IV. Universal der uk ainischen Zentralrada vom 24. Januar. In diesem heißt es: „Von nun ab bildet die ukrainische Volksrepublik einen selbständigen, von niemand ab⸗ hängigen, freien und souveratmnen Staat des ukratnischen Volkes.“

Hierzu müsse er bemerken, daß die Reglerung der ukrainischen Volksrepublik bestrebt gewesen sei, emen Bund aller Republiken zu schaffen, die auf dem Hebiete dis früheren russischen Ka serreichs ent⸗ standen seien, und eine gemeinsame föderative Regterung in Rußland zu bilden, da aber bis zur Erlassung des vierten Universals trotz aller Versuche der uk ainischen Regterungen ein derartiges gemeinsames föderatives Organ nicht zustandegekommen sei, und da aus der augenbltcklichen Lage hervorgehe, daß ein solches auch nicht zustandekommen könrne, so habe die ukrasnische Zentralrada die Bildung einer söverativen Regierung fallen lassen müssen und habe durch das IV. Universal die Ukraine zum ganz selbständigen und von niemandem abhängigen Staat proklamiert. Die ukrainische Nada habe in dem⸗ selben Universal erklärt, daß sie mit allen angrenzenden Staaten in Frieden und Freundschaft leben wolle, daß aber kein einziger von ihnen sich in das Leben der selbständigen ukrainischen Repudlik einmischen dürfe, folglich habe das IV. Universal in klarer Weise sowohl die internationale rechtliche Stelung der ukrainischen Volksrepublik als auch ihre Poltitik gegenüber ihren Nachbarn bestimmt. Was die von Herrn Trotzki angefürrfen Günde anbelange, so ent⸗ b hten diese jeder Bedeutung. Die Berufurg darauf, daß in der uk ainischen Volksrepublik der Exekutivausschuß in Charkow die Interessen der arbeitenden Klassen besser vertrete, sei leicht zu wider⸗ legen; sie betreffe aber das Gebiet der inneren Belehungev, welche nicht der internationalen Kontrolle unterläagen. Noch weniger über⸗ zeugend sei die Beruvfung Herrn Trotzkie darauf, daß die ukrainische Abordnung keine Ber⸗chtigung habe, weil sie nicht vom Exekutiv⸗ ausschusse in Cdarkow anerkannt sei; nach diesem Argument müßte in erster Linie die russische Avordnung ihre Voll⸗ machten niederlegen, da in ihr weder Vertreter der Moldau, noch der Krimtartaren, noch der Donkosaken, noch der kautasischen Voiks sämme, noch Stbirien vertreten seien, die ebenfalls nicht die Regterung des Rates der Volkskommissare anerkennen. In einer so hohen Versammlung, wie es die Friedenetagung sei, scheine das von Herrn Trotzkt angewendete Mfttel, die staatlichen Rechte der ukrai⸗ nischen Z ntralrada auf Grund irgend eines Telegramms aus St. Peters⸗ burg zu betreiten, offenbar unzuläfsig. Meit durchaus gleichem Rechte konnie sich die ukrainische Abordnung auf einen Funkspruch berufen, der in der zweiten Hälfte d8's Januar n. St. meldete, daß sich einige Regimenter in St. Petersburg zur Verteidigung der Konstitulerenden

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Die hiesigen Bevollmächtigten der finnischen Re⸗

Die rechtmäßige Regierung, die auf legalem Wege vom

gegen die Regierung der Polkskommissare erhoben und daß dort auf den Straßen Kämpfe mit ungünstigem Ausgange für die besehende Regierung stattgefunden hätten. Dem Beispieie des Herrn Tropki folgend, könnte die ukzaint'che Abordnung auf Grund dieses Telegramms verlangen, daß die Abondnung des Rates der Volkekommissare nicht mehr anerkannt werde, was sie jedech nicht tue, da sie das als eine russische Frage ansebe. Um nun neuerlichen falschen Auslegungen von irgend welcher Seite vorzubeugen und für die Zukunft Ertlärungen der russischen Abordnung zu vermeiden, die unter einander im Widerspruch neben, schlage die ukrainische Ab⸗ ordnung vor, die ukrainische R publik als einen durchaus selbst⸗ ständigen und von niemand abhängigen Stagt anzuerkennen und damit endgültig sowohl deren internationale Stellung als auch die Berechtigung der Abordnurng feftzustellen.

Hierauf gab auf Aufforderung des Herrn Trotzki der der russischen Ahordnung angehörige Vertreter des ukrainischen Exekutivausschusses Herr Mjedwjedjew eine Erklärung ab, in der er ausführte: 1

In Brest⸗Ltiowsk habe bis jetzt im Namen der ukrainischen Volksrepublik nur die Abordnung der Kiewer Rada gesprochen. Die utrainischen Sowjels seien bier nicht vertreten gewesen. Per ukcatvische Exek mtvausschuß habe von Anfang an die Kiewer Rada

Versammlun

nicht für berechtigt gehalten, im Namen des ukratnischen Volkes zu

sprechen. Die Kiewer Abordnung hätte hinter dem Rücken des ukrainischen Volkes Verbandlungen geführt, geheim in vier Wänden abgesondert

von der russischen Abordnung, die Kunde hiervon habe die Grundfrsten

der Gewalt der Kiewer Rada erschüttert. Das ukrainische Volk wolle allerdings schnellen Frieben, aber es wolle diesen zusammen mit der ganzen russischen föderativen Republik. . verhandlungen beireffe, so stehe der Exekutivaus schß der ukrainischen Republik ganz auf jenen Grundsätzen des demokralischen Friedens, die durch die russische Revolution propagiert und von den ukratnischen Somjeis bestätigt worden selen: Frieden ohne Annexionen und Ent⸗ schädigungen, der den Völkern das Recht der Selbstbestimmung sichere. Was die besetzten Gebiete betreffe, so teile der Frekutsaust haß ganz den Standpunkt, den die russische Abordnung hier vertreten habe, und erkläe, daß daß ukrainische Volk irgendwelche Uebereinkommen und Verträge mit der Kiewer Rada nicht anerkennen werde und daß dieselben nicht zum Leben elanfee würden, wenn sie nicht durch die Abordnung der föderativen russischen Republik anerkannt und gutge⸗ heißen worden seien.

Anknüpfend hieran führte Herr Trotzki aus: Es üpf in keiner Weise zu bestreiten, daß er bier seinerzeit erklärt habe, der zwischen der Kiewer Rada und der Petersburger Regterung pestehende Streit könnte keinen Eir fluß da auf ausuben, daß er die Ukca ne als unabhärgigen Staat anerkenne. Die Anerkennung der Selbständigkeit oder Unabbängigkett eines Staates könne aber nicht mit der Anerkennung dirser oder jener Rebierung vermengt werden. 2l dem Augen blick, als die Frage der Anerkennung ber Abordnung ver iewer Rada hier praktisch geworden sei, habe der P ozeß der Selbnbestim⸗ mur g der Ukraine bei weitem noch nicht enegültige Formen angenommen gehab', was darin seinen besten Ausdruck gefunden hahe, daß die Ver⸗ treter des Vierbundes eine sofortige Anerkennung der Unabhängigkeit der Ukraine abgelehnt und ihre endgültige Stellungnahme zu dieser Frage für den Friedensvertrag vorbehalten bätten. In welchem Maße die internationale rechtliche Stellung der Utraine noch im Werden be⸗ riffen sei, ginge daraus he vor, daß man heute aus dem Munde des Vo sitzencen der ukrainischen Abordnung eine außerordentlich wichttge rundsätzliche Aenderung des Stantpunktes der Kiewer Rada in der Fame der internationalen rechtlichen Stellung der Ukraine erfahren habe. Die Kiewer Rada lehne eine Beteiligung an der föderativen russischen Republick ab, und dies erfolge jetzt, nachdem auf dem dritten Kongreß der Sowjete unter Teilnahme von Vertretern des ukrainischen Volkes der russische S aat als föderative Repablik anerkannt worden

set. Unter den Z taten aus seinen Trotzkis Aeußerungen, auf 8

die sich der Vorsitzende der Kiewer Rada berufe, fehle ein Zitark, welches von entscheioender Bedeutung für die Lösung dieser Frage sei. Er, Trotzki, habe damals, ohne einen Einspruch seitens der Abordnung der Kiewer Rada hervorzurufen, darauf dingewiesen, daß gerade in⸗ folee der vorläufiz, noch ungeklärten Lage in der Ukraine, ins⸗ besondere bezü lich ihrer Grenzen, in allen strittigen Fragen eine vorhergehende Ei igvng der beiden hier vertretenen Abordnungen notwendig sei. Diese Erk ä ung habe auch eine negative Seite, d. h., j'des Einvern hmen wischen der Kiewer Rada und den Mittel⸗ mächten, das wegen der noch nicht erfolgten Abgrenzung zwischen dieseh beiden Staaten einen Widerspruch von seiten der russischen Ab⸗ ordnung hervorrufe, verliere dadurch seine Kraft und werde ven selbst hinfällig. Inneren entscheibende juristische Enischeidung zu, dies werde anerkannt. Aber gerade infolge des Fehlens einer juristischen Hbaecggenben aller hier i teressierenden Fragen müßten alle diese Widersprüche von ihrer matertellen Seite betrachtet werden. Nur dazu habe er auf die Nach⸗ richten über die Kämpfe zwischen den beiden Organisationen, die in der Ukralne um die Macht ringen, hingewiesen. Die Mittel⸗ mächte bätten ein Interesse daran, ihr Verhältnis zur

kraine in materieller Hinsicht präzisteren zu fönnen, damit sie nicht fiklive Größen für tatsächliche ansehen. Gerade deshalb halte er es für norwendig, darau hinzuweisen, daß in manchen

Kreisen die separatistischen Tendenzen im heutigen revolutionären

In den Randgebieten des früheren

Rußland überschätzt würden. lassen, Gruppen und

russischen Reiches seien gerade jetzt diejenigen

Schichten die Träger der separatistischen Gedanken, welche unter dem

alten Regime in hartnäckigster Weise für den Zentralismus einge⸗ treten seien. In diesem Separatismus sei keine lang andauernde eschschtliche Tendenz zu erblicken. Es sei nur eine vorübergehende Vene digungswaffe in der Hand derjenigen Gruppen, die vor der revolunonä en Macht in Rußland für sich selbst Befüschtungen hesten. Je mehr sich die Macht der Sowjets im ganzen Lande festige, besto mehr verlegten die besitzenden Klassen ihre separatistischen Tenden zen auf die Randgebiete. Wenn diese Gruppen im jetzigen Rußland siegen würden, dann würden sie sofort wieder zu Trägern der Zentralisation werden. Die Vertreter der Mittelmächte könnten hier natürlich nicht die Rolle eines Schiedsrichters über die jetzigen Verhältnisse in Rußland und in der Ukraine übernehmen. Er bleibt im Namen seiner Regierung nach wie vor auf dem Standpunkte stehen, den er von Anfang an formuliert habe. Solange die Ab⸗ ordnung der Kiewer Rada ihre Vollmachten bdeibehalte, erbebe er keinen Einspruch gegen deren selbständige Teilnahme an den Ver⸗

handlungen. Er müsse aber jetzt, wo auch Vertreter des ukratnischen Ex kuatlvausschusses in den Verband der russischen Abordnung ein-⸗

getreten seien, mit doppeltem Nachdruck wiederholen, daß nur der⸗ artige Abkommen mit der Kiewer Rada die Anerkennung finden 7 die auch von seiten der russischen Abordnung anerkannt würden.

Hierauf erbat das Mitglied der ukrainischen Abordnung, Herr Lubinsjky, das Wort zu nachstehenden Darlegungen:

Nach den Erklärungen, die der Vorsitzende des Cbarkower Exekuttvausschusses, Herr Miedwiedjew, und der Vorsitzende der russischen Abordnung, Herr Trotzki, abgegeben haben, halte ich es für notwendig, folgendes auszuführen. Die Mitlieder der ukrainischen Frirdevgabordnung haben stets auf dem grundsätzlichen Standponkt gestanden, daß die in Brest versammelten Vertreter derjenigen Staaten, die einen Friedensschluß anstreben, sich nicht über innere Angelegen⸗ heiten ihrer Gegner auszusprechen haben, und daß innere Kämpfe und Vorgänge innerhalb der Staaten keinesfalls während der o fiziellen Verhandlungen zur Kenntnis der Gegenpartet zu bringen wär n. Wir hätten wehrfach die Gelegenheit gehabt, mit entschiedenem Einspruch aufzutreten gegen Aeußerungen des Herrn Trotzki, der die Be⸗ iehungen zwischen den einzelnen Völkern des früheren und den auf seinem (Febiete entstandenen neuen Reichen wiederholt falsch dargestellt bat. Aber infolge des oben angeführten Standpunktes haben wir darauf verzichtet, diese Frage öffentlich anzuschneiben. Da wir

nicht den Wunsch hatten, durch unsere Aeußerungen die Autorität der

Was die jetzigen Friedengg⸗

Mölker befeelen.

Vorpängen in der Ukraine käme natürlich keinerlei 8

Städte teil.

ussischen Abordnung herabzusetzen, da aber jetzt durch das IV. Uni⸗ persal der Zentralrada die vollständige Uabhängigkeit unserer Re⸗ zublik verkuüͤndet worden ist und da unsere Republik auch von be⸗ zeundeten und anderen Mächten anerkannt worden ist, hören diese ragen auf, innere Fragen für uns zu sein, und unsere verant⸗ vortungsvolle Mission gegenüber unserem Volke nötigt uns jetzt, mit entschtedenem Emspruch gegen falsche Bebauptungen aufzutreten, die in unserer Abwesenheit von Herrn Trotzti gemacht worden nd. Trotzdem wir nach wie vor unsere vorhin erwähnten grund⸗ tätzlichen Standpunkte wahren, können wir es uns jetzt doch nicht bersagen, unsere Ansichten über die inneren Verhältnisse Rußlands nuszusprechen, nicht nur um uns zu rechtfertigen gegenüber den hier Anwesenden, sondern auch gegenüder der öffentlichen Meinung der ier vertretenen Völker, deren Ansichten uns nicht weniger wertvoll ind, als Herrn Trotzki. Im Jahre 1917 hat Rußland, dieses Land, as von so vielen verschiedenen Völkern bewohnt wird, die ihre ver⸗ schiedenen Aufgaben haben und in den verschiedenen bistorischen Be⸗ dingungen aufgewachsen sind, die auch jetzt noch anhaltende Revo⸗ ution erlebt, welche sich in dem Fahrwasser der nattonalen und ozialen Errungenschaften bewegte. An dem Steuerrade dlieser Re⸗ publik haben im Laufe dieses Jahres verschiedene Regierun gen gestanden. Das Jahr hat begonnen unter dem Szepter eines Kaisers und es ndigte, nachd m es die Stadien einer kadettischen und einer sozial⸗ kadettischen Regierung durchlaufen batte, genau mit denselben Schießereien auf den Straßen Petersburgs und mit den eifrigen Vorbereltungen der bolschewistischen Regierung zur Vertreibung der

Monstituierenden Versammlung, welche auf den einzig annehmbaren

tundlagen einberufen war. Nur in einer einzigen Beziehung sind

Ue diefe verschiedenen Regierungen durchaus solidarisch geblieben:

n ihren kapmalistischen Bestrebungen und in ihrem gierigen Wunsche,

sie neu entstehenden Völker zu erdrosseln und alles unter ihre nächtige Hand zu belommen. Die bolschewistische Reglerung entfeint ch, in Uebereinstimmung mit den Ideen ihrer Parteien, entschieden pon den föderattven Joralen, welche die Führer der nichtherrschenden Aber in Andenken an ihre Vorgänger auf den hronen, welche nicht nur durch die gemeinsamen Anstrengungen her sozialen, sondern auch der nationalen Revolution gestürzt worden sind, hat die Regierung der Bolschewikt den Geund⸗ atz des Selbstbestimmungsrechts der Völter nur zu dem Zwecke herkündet, um desto entschtepener diesen Grundsatz in seiner prak⸗ ischen Durchführung zu bekämpfen. Die lauten Erklärungen der Bolschewiki über die vollkommene Freiheit der Völker Rußlands sind

hur grobe demagogische Mittel. Die Regierung der Bolschewiki, die

e Konstituierende Versammlung ausrinandergejagt hat und sich nur uf die Batonette der Söldner der Roten Garde stützt, wird sich nie zu entschließen, in Rußland selbst dee doch gerechten Grundsätze es Sel stbestimmungsrechts durchzuführen; denn sie weiß sehr wohl, gaß nicht nur die zablreichen Republiken, die Ukraine, das Don⸗ ebtet, der Kaukasus und andere, sie nicht als ihre Reglerung an⸗ kennen weiden, sondern daß auch das russische Volk selbst ihr eses Recht versagen witd. Nur aus Furcht vor der Entwicklung r nationalen Revolution haben die Bolschewiki mit der ihnen ngeborenen Demagogie, sowohl in Rußland selbst wie hier auf ver riedenstagung den Grundsatz des Selbibestimmungsrechis aufgestellt. ur Bekämpfung der Purchführung dieses Grundsatzes in die Praxis ehmen sie ihre Zuflucht nicht nur zu den Söldnerscharen der Roten Barde, sondern sie schreiten noch zu schlimmeren und unzuverläfsigeren enteln: sie unterdrücken die Zeitungen, jagen politische Versamm⸗ zungen auseinander, verhaften und erschießen Politiker und greifen hhließlich dazu, durch vollständig falsche und tendenziöse Schilderungen die Autorität der Regierung der einen oder der nderen jungen Republik zu untergraben. Bekannte Sosetialisten nd alte Revolntionäre werden von ihnen beschuldigt, als wären sie Bourgeois und Gegenrebolutionäre. Die Regierung der Bolschewiki er⸗ art den Heiligen Krieg der Republik, indem sie die Vertreibung der

ourgeoisregierungen verlangt, mit denen angeblich die sozialistische

egierung der Bolsch witt selbst über die Beendigung des bruder⸗

mwordenden Krieges keine Verhandlungen pflegen will. So führt die

Regierung der Bolschewiki anstatt des Grundsatzes des Selbst⸗ estimmungzrechts den Grundsatz der Anarchie und der Zerrüttung ich, da sie wesß, daß es leichter ist zu zerstören, als neu n schaffen, und sie hält sich an das alte französisch⸗ Sprich⸗ ort: Verleumde, verleumde, es wird schon etwas haften leiben. Der Kampf der Petersburger Regiterung gegen die Kegierung der ukratnischen Ripublik und ihtre offensichtige naufrichtigkeit bei der Anerkennung der Berechtigung unserer Avord⸗ ng hat schon früher bei uns nicht unbegründelen Verdacht hervor⸗ rufen; wir waren überzeugt, daß Herr Trotzki sehr bald versuchen hürde, sich von den durchaus klaren und unzweideutigen Worten les⸗ sogen, mit welchen er unsere Abordnung als bevollmächtigte Ver⸗ ketung unserer Republik anerkannt hatte. Unsere Erwartungen haben ch bewahrbeitet. Am Tage, an dem wir nach Kiew abreiften, n unsere endgültige Instruktion einzuholen, ist auf Aufforderung d unter gütiger Muwirkung der Bolschewiki über Petersburg und Hünaburg eine neue Abordnung hier ei getroffen, die das Ziel hatte, nsere Autorität in den Augen der arbeitenden Massen Europas zu intergraben. Um die Rechte und den Charakter dieser Abordnung vauer zu begründen und zu umschreiben, müssen wir näher auf bdiesen Hunkt eingehen.

Das durch gemelnsame Ideale und gemeinsame nationale Be⸗ rebungen geeinte ukrainssche Volk, das zu rahigen und geordneten ormen des staatlichen Lebens neigt, hat sich vom ersten Augenblick

mit Eifer der schon lange erwarteten Möglichkeit des staatlichen lofbaues gewidmet. Die ukrainischen Arbester, Soldaten und auern haben es unter dem Schutze der aus ihren Reihen hervor⸗ egangenen ukrafnischen Intelligenz nicht nur verstanden, sich selbst organisieren, sondern sie haben auch noch alle Bevölkerungegruppen cht ukrainsscher Herkenft, die auf ukrainischem Boden leben, mit rangezogen. Als Ergebnis dieser Arbeit, die durch die langjäbrigen Vemühungen der uk⸗ amischen Politiker vorbereitet war und als vodukt der ukraintschen revoiutionären Schaffenekraft ist die katnische Rada entstander, die sich aus den Vertretern der ukraini⸗ en Soldaten, Bauern und Arbeiter zusammensetzt. Die uk⸗ainische ada hat durch ihre Universale dem ukrainischen Volk seinen Weg wiesen. Die ukrainische Rada, die schon im Juni p. J. die erste rainische Regierung, das Genera sekretartat, gewählt hat, hat damit e erste Regierung in Rußland gebildet, die ausschli ßlich aus Sozia⸗ sten zusammengesetzt ist. So hat das ukrainische Volk Schritt r Schritt durch eigene Arbeit seinen eigenen Staat ge⸗ baffen und tur Einmischung in unsere inneren Verhältnisse at die Petersburger Regierung keinerlei Veranlassung und inerlei Grund. In Werlichkeit liegen die Dinge so, daß lach dem Gebiet der Ukeaine und nach den daran anschließenden onten schon unter dem zarischen Regime vorzugsweise Soldaten

schtukrainischer Abstammung hingeschickt wurden, und es ist während eer Revolulton vicht gelungen, die Ukraine von diesen zugezogenen nd ibr fremden Elementen zu hefreien. Während die ukrainischen Soldaten von allen Kriegsschauplätzen und von allen Fronten ihre Abgeordneten auf die Frontkongresse nach Kiew schickten und sich alle m die ukrainische Milttärrada scharten, die einen Teil der Kiewer ind Zentralrada bildet, haben die nichtuk ainischen Soldaten in eivigen Städten der Ukraine ihre Soldatenräte gegründet, die keinerlei Ein⸗ haben auf das Leben der um sie liegenden Gebiete. Manchmal erdings nehmen an diesen Somwjets auch Vertreter der hetreffenden

In dem Wugsch⸗ sich unter diesem oder jenem Vor⸗

bande in das innere Leben der Ukraine einzumischen, haben die Detersburger Bolschewiki angefangen, von der ukrainischen Regierung u verlangen, daß die ganze Regterungsgewalt in der Ukraine gerade essen Soldatenräten übergeben werde, ohne jede Berücksichtigung der von den Bolschewikt auf der Friedenstagung, aufgestellten Forde⸗ hingen, daß fremde Teuppen aus besetzten Gebieten fortz führen ücht van-e rlich konnte die ukraini e Regierung diese Forberung

Den zweiten Anla

5 se epublik bildete die zur Einmischung in das innere Leben unserer

orderung der St. Petersburger Bolschewiki,

Neuwahlen der Zentralrada zu veranstalten. Indem ich beiseite lasse, daß eine dekartige Forderung eine offenbare Verletzung des Selbst⸗ bestimmungzsrechts ist, ist diese Forderung auch deswegen undurch⸗ he weil die Vorschriften über die Vertretung in der Rada eden Augenblick den Wählern das Recht geben, thren Vertreter in der Rada abzuherufen und ihn durch einen anderen zu ersetzen. Die Wahlen zur konsittnierenden Versammlung ganz Rußlands, die Ende November vorigen Jahres stattfanden, führten auf dem ganzen Gebiete der Ukraine zu einem glänzenden Siege der ukrainischen Zentralrada und zum Siege der darin organt⸗ erten Parteien, indem von den ukraintschen Kandfdaten über⸗ 5 Prozent gewählt worden sind, während die anderen Parxteien, die in der Zentralrada vertreten sind, etwa 15 Prozent, die Bolschewikt sogar weniger als 10 Prozent erzielt haben. Zum Beispiel sind im Gouvernement Kiew auf Grund unserer Wählerlisten 20 von unseren Kandidaten von 22 vorgeschlagenen gewählt worden, im Gouberne⸗ ment Podolten von 19 Kandidaten 18, in Wolhynien von 10 Kandi⸗ daten 9, in Poltawa von 1714 usw. Ich nehme an, daß das genügt. sind die Massen, auf welche sich die ukraimsche Zentralrada stützt und in deren Namen wir hierder gekommen sind, um hiet zu sprechen. Jetzt hat die St. Petersburger Regierung heschlossen, zum letzten Mittel zu greifen. Sie hat am 2. Pezember in Kiew unter dem schweigenden Elnverständnis der Zentralrada den ukrainischen Kongreß der Bauern und Soldaten einberufen. Auf dem Kongreß trafen über 2000 Aöbgeordnete ein, und entgegen den Hoffnungen der Etnberufer begannen sie ihre Sitzungen mit lauten Huldigungen für die Kiewer Zentralrada und deren Vorsitzenden, Herrn Professor Gruszewski, und haben der Zentralrada mit überwältigender Mehrheit ihr volles Vertrauen ansgesprochen. Nach diesen Vorgängen ist eine kleine Gruppe von Bolschewikt, etwa 80 Mann, von diesem Kongteß ent⸗ flohen, ist nach Charkow überstedelt und dat sich als neue Regierung der ukrainischen Volksrepublik erklärt. Die Volkskommissare haben dorthin unorganisterte Banden der Roten Garde entsandt, um die evölkerung des Gouvernements Charkow auszuplündern und die harkower Regierung vor den Bewobhnern des Gouvernements Charkow zu schützen. So ist die Charkower Regierung ent⸗ standen, und das sind die Kräfte, auf die sie sich stützt! Es ist kein Zweifel darüber möglich, daß sie nicht nur nicht berufen ist, die ukrainische Republik zu veitreten, sondern daß sie kaum als Vertrelung der Stast Charkow angesehen werden kann. Auf die anderen Be⸗ merkungen des Herrn Trotzki, die wörtlich oder nur zwischen den Zetlen erfolat sind, balte ich es nicht für nötig, zu antworten. Unsere Zukunft, unsere Geschichte, unsere Nachkommen und die breiten Massen des arbeitenden Volkes, die auf beiven Seiten der Froatlinie stehen, werden selber darüber entscheiden, wer von uns Recht hat und wer die Schuld bat, wer Sozialist ist und wer Gegenevolutionär, wer schafft und wer das Geschaffene zerstört.

Hierauf gab der Vorsitzende der österreichisch⸗ungarischen Abordnung Graf Czernin im Namen der Abordnungen fol⸗ gende Erklärung ab:

„Im Namen der Abordnungen der vier verbündeten Mächte beehre ich mich, zu der abgegebenen Erklärung der ukrainischen Abordnung dsgehdes auszuführen: Wie bekannt, hat der Vorsitzende der ukcainischen

bordnung, Smatssekretär Holubowytsch, in der Vollsitzung pom 10. Januar 1918 erklärt, die ukratnische Volktsrepublik nehme, fußend auf dem 3. Untversal der ukrainischen Zentralrada vom 7./20. Nr⸗ vember 1917 „ihre internationale Existenz wieder auf“ und trete „im vollen Umfange der ihr auf diesem Gebiete zukommenden Rechte in internattonale Bezitehungen ein“. Mit Rücksicht hierauf halte es die Regierung der ukrainischen Volksrepublik fur richtig, „auf den jetzigen Friedensverhandlungen eine selbhändige Stellung einzunehmen“. Hierauf habe ich in der Volsitzung vom 12. Januar 1918 namens der vier verbündeten Mächte folgende Erklärung ab⸗ mugeben: „Wir erkennen die ukrainssche Abordnung als selb⸗ ständige Abordnung und als bevollmächtigte Vertretung der selbständigen ukrainischen Volksr publik an.“ Im Hinblick auf die veränderte Stellung, welche der Vorsitzende der russischen Abordnung in der Vollsitzung vom 30. Januar in dieser Frage eingenommen hat, wonach nur solche Abkommen mit der Ukraine anerkannt und aktivtert werden könnten, welche durch die Regierung der föderativen Republik Rußland formell bestätigt seien, geben die Abordnungen der vier ver⸗ bündeten Mächte angesichts des eben dargelegten Standpunktes der Abordnung des Kiewer Volkemtnisterrates solgende Erklärung ab: Wir baben keinen Anlaß, die in der Vollsitzung vom 12. Ja⸗ nuar 1918 erfolgte Anerkennung der ukrainischen Abordnung als einer selbständigen Abordnung und als einer bevollmächtigten Ver⸗ tretung der ukrainischen Volksrepublik zurückzunehmen oder einzu⸗ schränken. Wir sehen uns vielmehr weiter veranlaßt, die ukralnische Volksrepublik schon jetzt als una bhängigen, freien, serger hen Staat onzuerkennen, der in der Lage ist, selbständig inte rnationale Ab⸗ machungen zu treffen.“

Herr Trotzki bemerkte kurz, er habe seine bisherige Auf⸗ fassung über die ukrainische Staatlichkeit nicht geändert und müsse darauf hinweisen, daß es den vier verbündeten Mächten schwer fallen werde, die geographischen Grenzen der von ihnen soeben anerkannten Republik anzugeben. Bei Friedensverhand⸗ lungen seien aber die Grenzen eines Staates

gültige Frage. Sodann wurde die Sitzung geschlossen.

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3. Februar.

Heute vormittag hielt die deutsch⸗österreichisch⸗ungarisch⸗ russische Kommission zur Regelung der politischen und territorialen Fragen eine weitere Sitzung ab. Die Besprechungen begannen mit einer Aeußerung des Staatssekretärs Dr. von Kühlmann zu der Frage der Einladung bezw. Zulassung von Ver⸗ tretern der westlichen Randstaaten zu den Verhand⸗ lungen in Brest⸗Litowsk. Herr von Kühlmann erklärte, daß der frühere Standpunkt der Mittelmächte in dieser An⸗ gelegenheit vollkommen unverändert geblieben sei.

Herr Trotzki führte demgegenüber aus:

Die Frage der Zuziehung einer Abordnung der polni⸗ schen Regierung als der Regierung eines selbständigen Staates zu den hiesigen Verhandlungen sei aufgetaucht, als die russische Ab⸗ ordnung 88 Gegenstand gestreift babe, um das Augenmerk darauf zu lenken, daß die deutsche und die öfferreichisch⸗ungarische Abordnung zwar die Selbständigkeit des polnischen Staates anerkennten, die Heranziehung einer Vertretung Polens zu den Verhandlungen jedoch nicht anger hätten. Daraufhin habe die Gegenpartei aller⸗ dings erklärt, daß sie diese Frage einer wohlwollenden Prüfung unterziehen würde. Hierauf fuhr Herr Trotzkt fort: „Wir unserer⸗ seits erkennen die Selbständigkeit und Unabhängigkeit des polnischen Staats im vollen Umfange an, aber wir können nicht die Augen vor der Tarsache verschließen, daß diese Selbständigkeit nur eine schein⸗ bare ist, solange Polen unter dem Regime der Befetzung steht. Gerade deswegen, weil wir die Selbständigkeit des polnischen Volks

und seines Staals anerkennen, können wir, ohne die Selb ändigkeit

des polnischen Staats ütens doch nicht diejenigen Vertreter, die durch den Willen der besetzenden Behörden eingesetzt worden sind, als die Vertreter des polnischen Volkes ansehen. Als bevoll⸗ mächtigt zur Teilnahme an diesen Verhandlungen könnte er nur eine Vertretung Polens ansehen, welche sich auf die breiten Massen stützen würde. Er möchte darauf aufmerksam machen, daß die russische Ab⸗ ordnung, wenn sie die Regierung des Herrn Kucharczewski nicht als die bevollmächtigte Regierung des falschen Volkes an sehbe, damit durchaus nich: sage, daß sie die Unabhängigkeit des polnischen Staates und debs polnischen Volkes nicht anerkenne.

In Grwiderung hierauf wies der Staatssekretär von Kühl⸗ mann zuerst auf die Aeußerungen hin, die die Vertreter der Mittelmächte bei den K mmissionssitzu

keine gleich⸗

15. Januar zu dieser Frage abgegeben haben, und bemerkle anknüpfend hieran:

Er wisse nicht, warum der Porsitzende der russischen Abordnung 5 den westlichen Randvölkern heute die Polen ausgesondert habe. ie Angelegenheiten der Polen, Litauer und Kurländer seien bisder zusammen erörkert worden, er glaube aber, einen gewissen Fort⸗ schritt darin erkennen zu können, daß Herr Trotzki die Selbständigkeit des polnischen Staates im vollen Umfange anerkannt habe. Wenn der Vorsitzende der rufsischen Abordnung auch für die andeien west⸗ lichen Randvörker Rußlands die Selbstäandigkeit anerkennen wollte, so würden die Verhandlungen hiermit einen erheblichen Schritt vorwärts⸗ kommen.

In Beantwortung einer vorher gefallenen Bemerkung Herrn Trotzkis, daß die Regierungen der Mutelmächte die neue finntsche kesfeähe noch nicht anerkannt hätten, erklärte Herr von Kühlmonn, er sei über die Vorgänge noch nicht genügend unterrichtet, doch seten ihm von zuverlässiger finnischer Seite zahlreiche Klagen darüber zu⸗ gekommen, daß die russische Armee dort in die inneren Kämpfe ein⸗ gegriffen habe und daß die mehrfach geäußerten Wünsche auf Zurück⸗ ziebhung der russischen Truppen vom finnischen Gebiet von der russischen Regierung nicht in befriedigender Weise beantwortet worden seien. Die Stellungnahme zu den durch die Ereignisse 8 geschaffenen Zuständen müsse daher durchaus vorbehalten

eiben.

Der Minister des Aeußern Graf Czernin wies darauf hin, daß Herr Trotzki eine ganz richtige Unterscheidung zwischen Staaten und deren Regierungen gemacht habe. Herr Trotzki erkenne nun die Selbständigteit des polnischen Staats an, wolle jedoch das Recht der dort bestehenden Regierung, diesen Staat zu vertreten, nicht anerkennen.

Mit Befriedigung stelle er fest, daß Herr Trotzki mit seinen heutigen Erklärungen wenigstens die Existenz und die Selbständigkeit des polnischen Staates anerkannt habe, womit eine Annäherung der beiderseitigen Standpunkte angebahnt zu sein scheine. Dagegen ver⸗ möge er nicht zuzugeben, daß die Frage, ob die gegenwärtige polnische Regierung den polnischen Staat zu vert eten berechtigt sei, dem Schiedsspruch einer dritten Regierung unterliege.

Zur finnländischen Frage bemerkte sodann Herr Trotzki:

Die Petersburger Regierung babe die Unabhängigkeit Finn⸗ lands während des Krieges anerkannt, so doß sich damals noch Truppenteile, die am Kriege teilnahmen, auf fianländischem Boden befanden. Als der finnische Staat sich mit der Bitte um An⸗ etkennung der Selbftändigkeit Finnlands nach Petersburg gewandt habe, habe dieser selbst den Gedanken geäußert, daß die Truppen spätestens nach Abschluß des Keieges zurückgezogen würden, falls es nscht aus militärischen Rücksichten möglich wäre, sie schon früher zurückzuehen. Zur Herbeifohrung eines Einvernehmens hierüber sei eine Kommission gebildet worden. Als nun in Finnland die Revo⸗ lution der Ardeitermassen begann, habe sich die finnische Soztaldemo⸗ kratie an die russischen Truppen mit dem Wunsche gewendet, daß sch diese nicht in die Kämpfe einmischen möchte. Ein oiesem Wunsche entsprechendes Teiegramm sei von ihr selbst an die finnische Regie⸗ rung gesandt worden. Es sei nicht auegeschlossen, daß zwischen Ab⸗ teilungen der russischen Truppen und Teilen der finnischen Bürger⸗ atmee Zusammenstöße staltgefunden bätten, doch leugne er, daß diese Zusammenstöße irgend welchen Einfluß auf den Gang der inneren Kämpfe in Finnland hätten haben können.

Was die Heranziehung polnischer Vertreter S.S so werde an die russische Abordnung wieder die Frage gerichtet, ob die Unabhärgigkeit Polens onerkenne oder nicht. Es sei klar, daß diese Frage eine Zweideutigkeit enthalte. Er erkenne in vollem Um⸗ fonge und unbeschränkt das Recht des polnischen Volkes on, selb⸗ ständig und unabhängig zu extstieren, aber er wolle nicht di Augen davor verschließen, daß dieser polnische Staat jetzt von fremden Truppen besetzt sei, und daß die sogenannte polnische Regierung sich nur innerhalb der Grenzen bewegen dürfe, die ibr von oben her gesteckt würden. Sei der polnische Staͤat ein Staat, so müsse er geographische Grenzen haben. Ser das polnische Lönigreich ei Köntgreich, so müsse es einen König haben. Wenn der Staat weder Grenzen nech ewen König habe, dann sei er kein Staat und kein Königreich. Man habe es hier mit noch nicht endguültig gestalteten Verhältnissen zu tun. Auf die Bemerkungen des Herrn Vorsitzenden der österreichisch⸗ungarischen Abordnung habe er zu erwidern, daß seine Regterung durchaus nicht als Schiedsrichter in dieset Frase auftreten wolle. Sie schlage nur einen Weg für die Nachpruͤfung der Berechtigung der polnischen Regierung vor. 78

In Erwiderung hierauf bewerkte der Minister des Aeußern Graf Czernin: 85

Er möchte darauf aufmerk am machen, daß die Abordnungen der verbandelnden Mächte nicht hierher gekommen seien, um einen geistigen Ringkampf auszuf chten, sondern um zu versuchen, oh und inwieweit es möglich sei, zu einer Verständigung zu gelangen. Für den Vertreter eines fremden Staates sei es schwer, festzustellen, inwiewest in einem anderen Staate die dort bestehende Regierung zu Recht bestehe. Die Fortsetzung der Erörterung über diese Frage sei seiner Ansicht nach unfruchtbar. Der polnische Staat sei in Entwicklung begriffen und sein Ent⸗ wicklungsprozeß sei noch nicht abgeschlossen, deshalb habe Polen, wie Herr Trotzkt ganz richtig bemerkt habe, auch noch keine feststehenden Grenzen, aber auch die russische Republik, die noch in der Ent⸗ wicklung begriffen sei, habe noch keine feststehenden Grenzen, wes indessen die Mächte des Vierbundes nicht hindere, mit der gegen⸗ wärtigen russischen Regterung zu verhandeln, obhne sich auf eine Prü⸗ fung ihrer Legitimität einzulassen. Wenn Herr Trotzki gegen die Maͤchte des Vierbundes den Vorwurf zu erheben scheine, daß sie die neue finnische Regterung nicht anerkennten, so müsse er feststellen, daß ihm ven der Absicht einer Nichtanerkennung nichts bekannt sei. Daß die Mächte des Viecdundes übrigens auch bereit seien, mit Re⸗ gierungen zu verhandeln, die sie für ziemlich radikal halten, gehe aus der Tat ache der HBrester Verhandlungen zur Genüge hervor.

Der Staatssekretär Dr. von Kühlmann fügte hinzu:

Die zweite Erklärung des Herrn Vorsitzenden der russischen Ab⸗ ordnung habe bestätigt, daß es schwer sei, ohne den Wortlaut so weitreichender Erklärungen vor sich zu baben, sich ein sicheres Urteil über das Gesagte zu bilden. Da ein Widerspruch in den Erklärungen eines so geschulten Dialektikers, wie es der Herr Trotzki set, ausge⸗ schlossen erscheine, so liege offenbar ein Mißverständnis von seiner Seite vor. Aus der ersten Erklärung Heren Trotzkis habe er den Eindruck gewonnen, als hätte der Redner da⸗ mit rückhaltlos und in vollem Umfange die Selbständigkeit des polnischen Staates anerkannt, nun habe aber Her⸗ Trotzki in einer zweiten Erklärung ausgeführt, daß Polen mangels fester Grenzen und mangels eines Königs weder ein Staat noch ein König⸗ reich sei. Es sei allerdings schwierig, die Selbständigkeit eines Staates anzuerkennen, der gar kein Staat sei. Er müsse doch darauf hinwelsen, daß man sich vollständig in die Wolken verliere, wenn man die Grundlagen einer gesunden juristischen Konstruktion verlasse.

„Am Schluß machte Staatssekretär von Kühlmann Mit⸗ teilung davon, daß er durch unabweisbare Pflichten gezwungen sei, auf kurze Zeit zu verreisen; die Zeit, die infolge seiner Ab⸗ wesenheit für die Sitzungen der politischen Kommission ver⸗ loren gehe, würde durch Verhandlungen von Macht zu Macht zwischen anderen in Brest vertretenen verbündeten Ab⸗ ordnungen und der russischen Abordnung fowie durch Ar⸗ beiten der Rechts⸗ und Handelskommission aus⸗ zufüllen sein. Die Sitzung wurde hierauf geschlossen. (W. T. B.)