1918 / 52 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 01 Mar 1918 18:00:01 GMT) scan diff

Auffassung. Wäre es dem General Smuts wirklich ehrlich mit seiner abweichenden Antwort, er müßte den Standpunkt Churchills ünd den Standpunkt der Franzosen bekämpfen und müßte sich offen zu unserem Standpunkt bekennen. Statt dessen tut er so, als ob er von unseren mehrfachen, deutlichen programmatischen Erklärungen keine Ahnung hat. Er malt die deutsche Gefahr in Afrika an die Wand und macht sich einen Indizienbeweis zurecht, der ihm vor seinen Hörern den Anschein gibt, als ob es wirklich wahr sei, was er von unseren afri⸗ kanischen Absichten behauptet.

Was hat er an wirklichem Material in seiner Rede vorgebracht? Er hat gesagt erstens, es werde im Reichskolonialamt eine Land⸗ karte des erwünschten zusammenhängenden Kolonialbesitzes in Mittel⸗ afrika gedruckt! Meine Herren, das ist das eine Argument. Das sweüite ist, der deutsche Generalstab wende, wie das Buch des Generals von Freptag⸗Loringhoven bewiese, der Rekrutierung far⸗ biger Soldaten in einem zukünftigen Krieg die ernsteste Aufmerk⸗ samkeit zu! Ja, meine Herren, eine solche Argumentation ist lächer⸗ lich. Er folgert daraus, daß Deutschland sein afrikanisches Reich in erster Linie als ein Reservoir fremder Heere ausnutzen wolle. . So lächerlich wie diese Art der Beweisführung ist, so bedauerlich ist an der Rede des Generals Smuts aber das eine: Der General Smuts hat vor ungefähr einem halben Jahr eine Rede gehalten, die mir erheblich besser gefallen hat als die letzte. Er galt und gilt in seinem Vaterland als ein Anhänger des Friedensligagedankens. Wenn er nun so unfair und so parteiisch vom Gegner spricht, wie jüngsthin, so diskreditiert er diesen Gedanken; denn die Vorbedingung dafür, daß die Friedensliga zu einem wirklichen Instrument des Friedens werden kann, ist, daß die Völker gegenseitig ihre Lebensinteressen achten. Es ist aber ein Mangel an solcher Achtung, wenn ein führender Staatsmann zugunsten imperialistischer Vorteile die Tatbestände in den feindlichen Ländern willkürlich verdunkelt. Dem General Smuts dient der Friedensligagedanke zu nichts weiter, als zu einem Kampf⸗ mittel des englischen Imperialismus auf Kosten der vitalsten Inter⸗ essen der anderen Völker. Meeine Herren, ich komme zum Schluß. Auch in England gibt es aufrichtige Träger des Friedensgedankens. Die Zahl der eng⸗ lischen Stimmen, die zu einer kolonialen Verständigung mit uns nicht nur geneigt sind, sondern sie für eine Vorbereitung einer be⸗ ruhigten Welt halten, mehren sich. Es hieße, in die Fehler unserer Feinde verfallen, wollte man diese Gegenströmung gegen die pan⸗ britischen Strömungen bei uns ignovieren. Aber, meine Herren, darüber kann kein Zweifel sein: hinter dem General Smuts und seiner Rede steht nicht nur die britische Regierung, sondern starke Leidenschaften und große Interessen! Damit müssen wir rechnen. (Lebhafter Beifall..) 8

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136. Sitzung vom 28. Februar 1918, Vormittags 11 Uhr. 1 (Bericht von Wolffs Telegraphenbüro.)

Am Blundesratstische: der Stellvertreter des Reichs⸗ kanzlers, Wirklicher Geheimer Rat von Payer, die Staats⸗

minister, Staatssekretär des Reichsschatzamts Graf von

Roedern und Staatssekretär des Innern Wallraf.

Erster Vizepräsident Dr. Paasche eröffnet die Sitzung um 111¼4 Uhr. 1 Die erste Beratung des Reichshaushaltsetats für 1918 wird S Abg. Landsberg (Soz.): Als der Krieg ausbrach, waren wir uns klar darüber, daß Rußland eine Militärmacht allerersten Ranges war, daß ein Sieg der Russen für uns etwa die Bedeutung haben mußte, wie der Sieg der Perser bei Marathon über die Griechen. Lir haben uns daher nicht genug wundern können über die Haltung der Konservativen, welche das erste Friedensangebot Bethmanns als Standalpolitik brandmarkten. Darum haben wir uns auch sehr ge⸗ wundert über die Bedingungen, die von unserer Seite jetzt den Russen als Ultimatum gestellt worden sind. Diesen Weg sollte ein Staats⸗ mann nicht gehen, dem die sehr schwierige Aufgabe des Friedens⸗ schlusses auch mit dem Westen bevorsteht. Aufgabe der Mehrheits⸗ artei dieses Hauses wird es sein, dafür zu sorgen, daß der Inhalt des endgültigen Friedensvwertrages tatsächlich der Friedensresolution des Reichstags vom 19. Juli 1917 entspricht. Auch in dieser Be⸗ ziehung gehen wir vollständig einig mit dem Abg. Erzberger und dem Zentrum, und ich bin sicher, daß auch die fortschrittliche Volkspartei derselben Anschauung ist. Nur ein Friede der Verständigung und der Versöhnung kann der Welt die Ruhe wiedergeben, die sie so not⸗ wendig braucht. Noch gilt auch die Erklärung des Kanzlers vom 29. November, daß das Selbstbestimmungsrecht der Völker beachtet werden soll. Da darf man Rußland keinen Gewaltfrieden aufzwingen. Fetzt geht ja in Rußland alles drunter und drüber. Wir wollen einen Frieden schließen nicht nur mit der Bolschewikiregierung, sondern mit dem russischen Volk. Die „militärische Sicherung“, die man für nötig erklärt, begegnet bei uns großem Skeptizismus; wir erblicken die beste Sicherung in einer friedlichen Politik nach außen und einer freiheit⸗ lichen nach innen. In dem einzigen Schmachfrieden, den Preußen schließen mußte, den von Tilsit 1807, verlor es seine sämtlichen polnischen Besitzungen; hätte es sie noch 1813 gehabt, so wäre in diesem halbpolnischen Staate Preußen die nationale Er ebung un⸗ möglich gewesen. Nach 200 Jahren verblutet jetzt Frankreich an den Folgen der Annektion von Straßburg. Belgien muß in seiner „Un⸗ abhängigkeit von wem immer“ wieder hergestellt werden; in diesem Punkte sind wir einer Meinung mit Herrn Trimborn und müssen die Deutung, die Herr von Heydebrand dem bezüglichen Wort des Kanzlers gab, als völlig indiskutabel ablehnen. Sehr erwünscht wäre es allerdings, wenn Graf Hertling mit noch größerer Deutlichkeit sich über Belgien äußerte. Wir brauchen jetzt endlich völlige Klarheit. (Lebh. Zustimmung.) Den Flamen gönne ich ihre nationale Freiheit, aber sie müssen selbst dafür sorgen, Deutschland hat nicht die Aufgabe ines internationalen Polizisten. Ich wünsche, daß die Entente die Einladung zu Verhandlungen annehmen wird, ehe die furchtbare Gas⸗ offensive vor sich geht. Die Prophezeiung des Herrn von Heydebrand über die Bezwingung Englands durch den U⸗Bootkrieg ist gründlich zuschanden geworden. In der Erörterung der inneren Politik steht in diesen Tagen der Streik im Vordengrund. Man hat von Landesverrat gesprochen. Von Landesverrat würde mancher sprechen, wenn ein Ka⸗ pitalist Gold in Massen anhäufte, um es dem Lande, das es für die Kriegführung braucht, zu entziehen, oder wenn ein landwirtschaftlacher Produzent die Produktion einstellen würde, oder ein ausgezeichneter Offizier wie Achill grollend in seinem Zelte verbliebe während des Krieges, und doch würde auch in allen diesen Fällen von wirklichem kandesverrat nicht die Rede sein, da die Kriterien dafür nicht gegeben sind. So ist auch der Streik zu beurteilen. Leider haben sich die außerordentlichen Kriegsgerichte über diese Erwägung hinweggesetzt, und es sind Verurteilungen wegen versuchten Landesverrats erfolgt, die vor der Kritik absolut nicht bestehen können. Es handelt sich um moralische Verfehlungen, aber nicht um Landesverrat. Der Friedensschluß mit Rußland wird der Regierung hoffentlich Gelegen⸗

heit geben, durch eine allemeine Amnestie diese Episode sobald als.

möglich in Vergessenheit zu bringen. Herr Wallraf meinte, er könne mit Arbeitern nicht über hochpolitische Fragen sprechen; also mit Ab⸗ geordneten kann er das. Der Kanzler ist anderer Auffassung; denn

er hat am 31. Dezember mit Herrn von der auch nicht Ab⸗

geordneter ist, über hochpolitische Fragen gesprochen. Nun wollten aber die Arbeiter auch keineswegs über hochpolitische Fragen mit errn Wallraf reden; er hat sich darüber nur zu spät informiert. Die angeblichen bolschewistischen Einflüsse auf die Berliner Arbeiter erxistieren nur in der Phantasie. Der Bolschewismus ist ein rein russisches Gewäcks, das nur auf dem von der zaristischen Despotie vorbereiteten Boden gedeihen konnte. Graf Westarp hat seine Ge⸗ nugtuung über den Sturz des Zarismus ausgesprochen; das war nicht immer konservative Anschauung. Nikolaus IJ. war eine furcht⸗ bare Erscheinung, in der Altrussentum in seiner abschreckendsten Ge⸗ stalt lebendig geworden war; und als er gestorben war, erschien die „Kreuz⸗Zeitung“ mit einem Trauerrand, und man kann den ihm dort gewidmeten Nachruf nicht ohne ein Gefühl tiefster Beschämung lesen. In Rußland hat jeder politische Attemäter etwas von Wil⸗ helm Tell an sich. Man überschätzt den Einfluß der Bolschewisten ungeheuer, wenn man ihm irgendwelche Miturheberschaft an dem Streik zuschreibt. Deutschland ist während des Krieges viel länger nit Streiks verschont geblieben als die gegnerischen Länder; das be⸗ weist das große Pflichtgefühl der deutschen Arbeiter. Wie der Umstand zu bewerten ist, daß ausländische Blätter schon vor dem Streikausbruch über ihn berichteten, zeigt die Tatsache, naß andere ausländische Blätter Hagten, es handle sch hier um eine deutsche Falle. Aber man will der Sozialdemokratie etwas am Zeuge flicken, da es noch immer Leute gibt, die den Kampf gegen die Sozialdemokratie predigen. So nahm man es Herrn von Bethmann übel, daß er am 4. August 1914 nicht den Reichstag aufgelöst und Neuwahlen unter der Parole: „Kampf gegen die Sozialdemokratie ausgeschrieben habe. Die Pflicht der Großgrundbesitzer, im Kriege das Volk zu ernähren, ist genau so groß, wie die der Arbeiter, Granaten zu drehen. Die Ausführungen Erzbergers haben gezeigt, daß wir in dieser großen Zeit in Deutschland in gewissen Punkten eine Kamorra bekommen haben, die zwar nicht mit dem Dolche, sondern mit Geld und ver⸗ ifteten Worten arbeitet. War es nicht Landesverrat, daß man die Finigkeit zwischen Kanzler und Oberster Heetesleitung stören wollte? Wie Herr von Bethmann, sind auch seine Nachfolger angegriffen worden. Vorläufig beschränkt man sich noch auf einen Depeschen⸗ sturm. Man verlangt darin: Fort mit 11116“ soll bleiben. Der Fürst Salm⸗Horstmar nannte die Reichstagsmehrheit Landesverräter, deren standrechtliche Aburteilung ein anderer ver⸗ langte. Die Treuesten der Treuen, die Triarier des Thrones, schrecken vor den saftigsten Majestätsbeleidigungen nicht zurück. Auf diesem Gebiete herrscht unbändige Preßfreiheit. Dagegen werden noch immer Flugblätter und Versammlungen verboten, in denen für die Friedens⸗ bewegung gewirkt werden soll. Am meisten berechtigt war die Forde⸗ rung der Streikenden nach Beseitigung des Belagerungszustandes. Hier ist keines der vom Reichskanzler gegebenen Versprechen eingelöst worden. Die Reichsregierung sollte mehr Vertrauen zum freien Worte haben. Es tut mir leid, mich mit Herrn von Oldenburg beschäftigen zu müssen. Am wenigsten tracisch nehme ich seinen Ausspruch: Vox opuli! vox Rindvieh! (Heiterkeit.) Anders steht es mit seinen etzten Aeußerungen. Wir wissen genau, daß seine Anschauungen auch die seiner sind. Darin verlangt er direkt, daß Bürger⸗ blut fließt. Die Soldaten an der Front sollen eine unbändige Wut über die Ausständischen empfinden. Sie wollen aber als freie Männer in ein freies Land zurückkehren. Wie stellt man sich da die Wirkung der Oldenburgschen Reden vor? Herr von Heydebrand hätte besser getan, sich lieber gegen Herrn von Oldenburg zu wenden, als gegen Herrn von äper, der Kritik an der Rede des Herrn von Oldenburg übte. Knigges Umgang mit Menschen scheint für die Rechte nur für die Minister geschrieben zu sein. Dem Reichstag wird ver⸗ boten, sich in preußische Verhältnisse einzumischen, während das preußische Abgeordnetenhaus in alle Reichsdinge hineinredet. Das Reich ist sogar zuständig, den Einzelstaaten das Wahlrecht vorzu⸗ schreiben. (Widerspruch rechts.) Herr von Oldenburg führte einmal aus, die süddeutschen Staaten hätten erst die Einwilliaung des Reiches einzuholen, wenn sie ihr Wahlrecht ändern wollten. Der Chefredakteur der „Kreuzzeitung“, Geheimrat Wagner, bezeichnete im Jahre 1866 im preußischen Abgeordnetenbause das allgemeine Wahlrecht direkt als Korrelat der allgemeinen Wehrpflicht. Jetzt sprechen die Konser⸗ vativen vom Untergang des alten Preußen. Es tut Not, unser Haus demokratisch auszubauen. Nur so ist es möglich, der Entente die Hoffnung auf Wiedergewinnung Elsaß⸗Lothrincens zu rauben. Die Konservativen erklären, das demokratische Wahlrecht sei ein Schlag

gegen den konservativen Schwertadel, der sein Blut für den König

opfere. Mit so rückständigen Auffassungen sollte man doch ein Ende machen, in einer Zeit, wo jeder Deutsche sein Blut dem Vaterlande opfert. Der Sechsklassenwahlrechtsantrag ist wirklich der reine Hohn, und ein noch größerer Hohn war seine Begründung. (Sehr richtig! bei den Sogldemokraten.) Dr. Stresemonn erklärt, die natiynal⸗ liberale Reichstggsfraktion sei in ihrer Mehrheit für das gleiche Wahlrecht. Soll das bedeuten, daß die Nationalliberalen mit uns gemeinsam bereit sind, nötigenfalls vom Reichstag aus das demo⸗ kratische Wahlrecht in Preußen einzuführen? Wenn die Erklärung nicht diese Bedeutung hat, dann nützt sie uns gar nichts. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Wenn man Gegner des freien Wahlrechts ist, dann soll man es frei heraus sagen und dann konnten die Mit⸗ glieder der nationalliberalen Landtagsfraktion in Schönheit sterben, soweit sie dazu in der Lage sind (Heiterkeit), aber das freie Wahlrecht ablehnen, dann erklären, es handle sich nur um eine informatorische Abstimmung, und dem Zentrum die Schuld zuschieben, damit man sich nicht allein in der peinlichen Gesellschaft der Konservativen be⸗ findet (Sehr gutt links), das ist unwürdia. Wenn man von diesen Leistung der nationalliberalen Landtagsfraktion auf das intellektuelle Niveau der hinter ihr stehenden Wähler schließen darf, so haben diese Wöhler wahrhaftig keinen Anspruch auf Mehrstimmen. (Lebhafte Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) Durch das Mißtrauens⸗ votum der Konservativen gegen den Vizekanzler ist das Vertrauem meiner Freunde zu Herrn von Payer gestärkt worden. Herr von Heydebrand sprach vom „Württemberger“. Hinter diesem Württem⸗ bergen steht in der Wahlrechtsfrage die erdrückende Mehrheit des preußischen Volkes. (Lebhafter Beifall links.) Die Vereinsamung der Konservativen in dieser Debatte ist ein günstiges Vorzeichen für die Lösung der preußischen Wahlrechtsfrage. Die Mehrheitsparteien haben ohne jeden Verzicht auf ihr besonderes Programm sich zu⸗

sammengeschlossen zum Wohle des Vaterlandes. Möge fün das

preußische Volk der Tag der Befreiung vom Dreiklasserrahlrecht, der Tag des gleichen Wahlrechts anbrechen. (Lebhafter Beifall bei den Sozialdemokraten.) -

Staatssekretär des Reichsamts des Innern, Staats⸗ minister Wallraf:

Meine Herren! Der Herr Abgeordnete Landsberg ist auf den Streik zurückgekommen und hat sich auch mit meiner Haltung während der kritischen Tage eingehend und liebevoll beschäftigt. Ich fürchte, durch meine Erwiderung werde ich den Herrn Vorredner ebenso wenig von der Richtigkeit meiner Haltung überzeugen können, wie er mich von der Richtigkeit seiner eigenen Auffassung überzeugt hat. Nur wenige Worte deshalb zu diesem Kapitel.

Der Herr Abgeordnete sagte: ja, der Staatssekretär des Innern hätte doch um so mehr mit den streikenden Arbeitern verhandeln können, als ja mehrere der Forderungen auch auf dem Programm der Regierung standen, wie beispielsweise die Abänderung des Wahl⸗ rechts und andere Dinge mehr. Der Herr Abgeordnete hat damit in der Tat eine interessante Seite der ganzen Entwicklung berührt. Die

Regierung hatte erklärt: wir setzen uns ein für das gleiche Wahlrecht in Preußen, wir setzen uns ein für das Arbeitskammergesetz,

wir setzten uns ein für die Aufhebung des Artikels 153,

und sie mußte daher, nachdem eine solche Vereinbarung getroffen

war, in hohem Maße überrascht sein, daß nun plötzlich der Streik die Erfüllung einer Reihe von Forderungen durchsetzen sollte, auf die die

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Wahlrecht aufwiesen, s auch! (Heiterkeit.) Politisch richtig scheint mir aber die scharfe Kritik an den Nitionalliberalen im preußischen Abgeordnetenhau

Sie wird kaum zu dem erwünschten Ziele führen. Herr Haase hat gestern bestritten, daß in Belgien gegen deutsche Soldaten

Regierung bereits einzugehen sich bereit erklärt hatte. Meine Herren, daß ich den Arbeitern sagen sollte, ich stimmte diesem Regierungs⸗ 1 programm zu, das hatte doch wohl keinen Zweck; denn selbstverständ⸗ lich unterschreibe ich dieses Programm, und ich würde der Regierung nicht angehören, wenn ich dies Progtamm nicht für das richtige hielte. Ich meine, es hätte wohl näher gelegen, daß die Herren, die zu den Streikenden in Beziehung standen, den Arbeitern gesagt hätten: für 8 diese Dinge braucht ihr nicht in den Ausstand zu treten. Die Re⸗

Ij

gierung hat sich bereit erklärt, diese Dinge durchzusetzen, und wir haben keine Veranlassung, an ihrem guten Glauben zu zweifeln. Sicherlich hätten sie noch den weiteren Satz beifügen können, gerade durch einen Ausstand wird den Männern, die sich auf dieses freiheitliche Programm festlegen, die Durchsetzung ihrer Absichten auf das äußerste erschwert. (Sehr richtig! rechts.) Dann ist durch die Ausführungen des Herrn Abgeordneten Dr. Landsberg durchgeklungen in ähnlicher Weise, wie Herr Scheidemann es mir ja schon vorgestern vorhielt, daß ich doch dem Beispiele anderer Behörden hätte folgen sollen und mich direkt mit den streikenden Arbeitern in Verbindung hätte setzen sollen. Auch darauf nur ein kurzes Wort. Gleiches läßt sich nur mit Gleichem in Parallele stellen. Die Stellung eines Ministers ist eine andere als die eines Lokalbeamten. Aber wenn ich auf die Worte meines verehrten Kollegen in Bayern, des Staatsministers von Dandl zurückkommen darf, der mir auch als Muster vorgeführt ist, so hat der Herr von Dandl nach meiner Erinnerung, zu der alten Sozial⸗ demokratie gewandt, gesagt, ich danke den Herven, daß sie die Führung der Bewegung in die Hand genommen haben. Eine solche Bemerkung hätte ich doch nur machen können, wenn ich mich mit der ge⸗ schichtlichen Wahrheit in den schlimmsten Konflikt gesetzt hätte. (Sehr richtig! rechts.) Denn von einer Führung durch Sie war ja gar keine Rede. Sie sagen, der Streik ist entstanden ohne unser Zutun. Bei der Vorbereitung des Ausstandes hat also eine Führung der alten Sozialdemokratie nicht bestanden. Und während des Streiks? Ist das denn eine Führung, die nicht einmal in der Lage ist, auch nur zu einer Vorbesprechung mit den Vertretern der Regierung selbständig in Verbindung zu treten? Hätten Sie die Führung gehabt, so wäre es möglich gewesen, den Weg zu betreten, den ich angegeben habe, mit der Regierung durch Abgeordnete Fühlung zu nehmen. Da Sie aber nicht die Führung hatten, war es mir nicht möglich, den Schritt zu tun, dessen Unterlassung Sie bedauern, den ich aber in Ueberein⸗ stimmung mit den meisten Herren, die hier gesprochen haben, unter den obwaltenden Umständen nach wie vor für ausgeschlossen halten muß.

Da ich einmal das Wort habe, noch wenige Ausführungen zu

den gestrigen Erklärungen des Herrn Abgeordneten Haase. Er ist der Ansicht, daß meine Ablehnung des Empfangs der streikenden Arbeiter das baldige Erlöschen des Streiks verhindert und den Streik in die Länge gezogen habe. Ich bin anderer Auffassung. Aber mathematisch beweisen läßt sich weder die Richtigkeit meiner Auf⸗ fassung, noch die der Auffassung des Herrn Abgeordneten Haase. Aber es scheint mir, als ob der Herr Abgeordnete Haase übersieht, daß er mit diesem Argumente eine besonders scharfe Waffe gegen seine eigene Partei schmiedet. Denn der Herr Reichskanzler sowohl wie ich wollten unterhandeln mit Abgeordneten und mit den Gewerkschaften, und wir haben aus den Auseinandersetzungen zwischen den beiden Parteien der sozialdemokratischen Fraktion gehört, daß eine solche Unterhandlung nur an dem Widerspruch der Partei des Herrn Abe⸗ geordneten Haase gescheitert ist. (Hört, hört! rechts.) Also wenn die Verhandlung zwischen mir und den Streikenden nicht zustande gekommen ist, so trägt der Herr Abgeordnete Haase, und tragen seine Freunde durch ihr Verhalten daran die Schuld. (Sehr richtig! rechts.) Der Herr Abgeordnete Dr. Herzfeld, auf dessen Worte ich noch zurück⸗ komme, da ich sie erst heute richtigstellen kann, hat erklärt, wenn ich recht verstanden habe, bei dem Streik seien sechs Arbeiter erschossen worden. Gott sei dank hat der Streik nicht diese Folgen gehaht. Ich habe hier einen Bericht des Polizeipräsidenten von Berlin, in dem es heißt:

„Hier ist nichts davon bekannt, daß Ausständische erschossen wor⸗ den oder nachträglich ihren Verletzungen erlegen sind. Gelegentlich des Zusammenstoßes im Kleinen Tiergarten und Umgebung sind Verletzte dem Krankenhause Moabit zugeführt worden. Die meisten von diesen Verletzten gehen ihrer Arbeit wieder nach. Andere Ver⸗ letzte haben Privatärzte aufgesucht und sind daher nicht mehr fest⸗ zustellen.“ 1

Dagegen ist amtlich festgestellt, daß außer dem erschossenen

Wachtmeister eine ganze Zahl von Polizeibeamten zu Schaden ge⸗ kommen ist. (Hört, hört! rechts.) Es sind nämlich 21 Polizei⸗ beamte durch Schüsse, Stiche, Steine oder Hiebe mehr oder weniger schwer verletzt worden.

Meine Herren, das festzustellen und nochmals zu erklären, daß

die Polizei durch diese kreue Erfüllung ihrer schweren Pflicht unseren warmen Dank verdient, das möchte ich nicht unterlassen. (Bravo!) Aber, meine Herren, von einer weiteren Auseinandersetzung mit dein Herrn Abgeordneten Haase kann ich eine Klärung der Sachlage nicht erwarten. (Sehr richtig!) Wenn man auf der einen Seite die Not des Volkes durch den Krieg so tief beklagt, wie der Herr Abgeordnete Haase, und den Frieden mit allen Mitteln erzwingen will, dann aber auf der anderen Seite den ersten Friedensschluß ablehnt, der unsere Ernährungsschwierigkeiten mildern soll und Aussicht auf den all⸗ gemeinen Frieden eröffnet, dann klaf meiner Auffassung eine Lücke, die auch der beste Wille zur Verständi⸗ gung nicht zu überbrücken vermag. (Sehr richtig!k und Bravo! Widerspruch und Zurufe bei den Unabhängigen Sozialisten.)

Abg. Dr. Rießer (nl.): Wenn der Abg. Landsberg gemeint hat,

es wäre ihm lieber, wenn statt im Reichstag die Nationalliberalen im geußischen Abgeordnetenhause eine große Mehrheit für das gleiche

o erwidere ich ihm mit den zwei Worten: Mir

se nicht.

reueltaten begangen worden sind, und namentlich, daß ihnen die

Augen ausgestochen worden seien. Ich verweise Herrn Haase auf das amtliche Weißbuch über die völkerrechtswidrige Führung des belgischen Volkskrieges, wo er die durch eidliche Aussagen bekräftigte Festl

finden wird, daß deutsche Verwundete ausgeraubt, getötet und grauen⸗ haft verstümmelt worden sind, daß sich auch Frauen und junge

egung

Kädchen daran beteiligt haben, daß Augen ausgestochen, Nasen, Ohren, inger, Glieder abgeschnitten, Leiber aufgeschlitzt worden sind usw.

Vir müssen mit Bedauern konstatieren, daß der Abg. Haase und mehrere seiner Parteigenossen geradezu gewohnheitsmäßig das Ausland in Schutz nehmen, aber ebenso ständig die Regierung und das eigene Vaterland bei den Feinden herabsetzen

und so das Vaterland aufs

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schwerste schädigen. Das grenzt an die ber einmal der Abg.

els selbstverständliches Rüstzeug Minimum der Forderungen abgeordneten stellt. großer Teil meiner fretern der der glühenden Vo

die sog. „Vaterlan ist aber nicht die L jedes Volksvertrete trachten, die man an Lebhafte Zustimmung.) rteifreunde dieser schaft zusammen war, gaterlandsliebe, an dem ioniere in Uebersee, in den Kolonien, im S ückliche und stolze Zukunft die Ueberzeugung prop s beste Frucht aus dem uantum des

dsliebe“, von Henke sprach, iebe, die wir inen Reichstags⸗ Hamburg, wo ein age mit angesehenen Ver⸗ haben wir uns erquickt an zen Bewußtsein dieser d ihren unzer⸗ unseres Vater⸗

chiffbau un iben an eine gl. Wir müssen wieder Volk nur siegen kann, hinüberrettet Geistes vom 4. August 1914, der daß die Gesamtwirtscha Blühen und Wachsen aller Stände, kommen kann, wenn nicht auch Land Industrie, wenn nicht die nicht die berechtigten Inte⸗ anerkannt und gefördert werden.

Interesse des Vaterland

örbaren Glar

den anderen!“, ft nur gedeihen kann beim daß der Staat nicht vorwärts ft, Handel, Gewerbe und und Großbetriebe, wenn ngestellten und Arbeiter wir von ganzem Mancher scheinbar nd Arbeitern, den itigem sozialen

kleinen, Mittel⸗

ressen auch der A Daran werden ves mitarbeiten.

Gegensatz zwischen Unternehmern u ge genug mitgeschleppt h Verständnis und bei weiser, Führer auf beiden Seiten b mitzuwirken, soll

ben, könnte bei gegense oller Selbstbeschränkung der gemildert werden; auch hieran enugtuung gereichen. sollten nicht ganze verantwortlich nis zu fördern, und muß atur führen. (Sehr richtig!) anden, uns über die größten gen, unterstützt von einer im Ertragen und Er⸗ an der Front kaum zurücksteht. Sostem bewährt hat, daruͤber glich, oder doch nur für den, welcher an Meine Beschwerden Angesichts der Abschließung im Frieden vorhandenen starken industrieller Rohstoffe konnte nur ung, mußte die Rationierung und der Verteilung der vorhandenen Roh⸗ eintreten, mußten die Ausfuhrverbote len eingeführt und Versuche zur Heb nommen, durch Höchst⸗ einen Versuch mit untauglichen Mitteln te, einen sog. angemessenen Aufgabe, die gescheitert Kriegsgetreidegesellschaft bis zum ikaten, zur Zusammenleaung und iner staatssoz alistischen R desrats⸗ und anderen Ver⸗ rden begleitete. achüngen setzten die ersten al alle die Emanationen der schon insolge eines bedauer⸗ dung als Improvisationen diese Gesellschaften heute geneinandern arbeiten, so daß Die Zahl der Kriegsverord⸗ noch weniger ihren Inhalt ese zudem noch verschieden aus.

Lseitigt oder b uns zu besonderer G sprunghafte Verschlimmerung der Ve⸗ bände, wie Handel und Land werden, das ist nicht geeignet, schließlich auch zu Unsere Kriegswirts⸗

dwirtschaft, et, das Verständ einer falschen Judik e Krie chaft hat es verst wierigkeiten des Krieges hinwegz männlichen und weibl bulden hinter den K Ob sie sich als l heute noch nicht Stelle von Erkenntnis gehen daher zurzeit nur auf Einze der Meere, angesichts eines schon Defizits landwirt eine zwangsläufige Bewirtschaft ing des Bedarfs, stoffe, Lebens⸗ und Futtermittel ergehen, wurden Staatskontrol und Haltung der Valuta gem preise, die ich persönlich fuͤr ain untauglichen Objekt hal Bedarfsgegenständ

ichen Bevölkerung,

1 Ganzes, als sst ein Urtei Schlagworte setzt.

schaftlicher und

acht und es untern

e festzustellen, eine scheitern mußte. So sind wir von der Reichskohlenkommissar, zu Zwangssyn Stillegung von Betrieden, kurz zu e gekommen, die ein Trommelfeuer vo ordnungen von Ze Bei diesen Veror Beschwerden der

ntralen, lokalen und Kommunalbehö dnungen und Bekanntm de Interessenten ein, zum⸗ tswissenschaft und des Sozialismus lichen Fehlens einer wirt angesehen wurden. nicht miteinander lein furchibares C. nungen kann Gerichte legen die produktion von Gesetzen muß die

schaftlichen Vorbil Dazu kommt, daß alle sondern durch⸗ und ge⸗ haos entstanden ist. niemand übersehen, Durch die Ueber⸗ Achtung vor dem Gesetze schwinden. Geheimniskrämerei. ht darüber erstaunt, daß man estimmungen nicht auch Vertreter des Dadurch, daß man vo absieht, entsteht ein Zustand, daß herab bis zu den kleinsten ine Fülle von Straf⸗ fach die Furcht Verordnung mehr heraus⸗ amt geprüft ist. Erlaß von Kriegsverordnungen ist rläßt, die weit über den Krieg hin⸗ 8 Intoresse daran, bald als möglich, alle Spuren des Staats Bei den Kriegsgesellscha denklichen Ueberorganisa tion Verzeichnis sind allein 59 Krieasges⸗ Unterabteilungen aufgeführt. man sich selbst mit Ha⸗ rechtfinden kann. Reihe solcher Ges⸗ (lich nötig, eine solche

[Hamburger Kaufleute sind m bei dem Entwurf der Friedens Ueberseehandels zu Rate zog in den Verordnungen niemand ein noch

n Begriffsbestim⸗

Vom Bundesrat Kommunen herrscht geradezu eine Manie, bestimmungen zu erlassen.

8 Dadurch geht viel Snafe verloren.

Es sollte keine neue gehen, ehe sie nicht vom Kriegswirtschafts

[mächtigung des Bundesrats zum nicht so aufzufassen, daß er welche e aus Geltung haben. gangszeit, so⸗

Wär haben alle in der Ueber⸗ sozialismus zu ften sind alle Zeichen einer be⸗ In dem uns überreichten ellschaften mit kaum zu zählenden Es ist ein wahres Labyrinth, in dem tschaftlichen Baedekers kaum zu⸗ er der Heiterkeit des H

vorhanden.

lfe eines wir (Redner führt unt ellschaften und Untergesellschaft Spezialisierung zu haben? sammenlegung nötiger als beim Handwerk und bringt eine Fülle von Erscheinungen eine solcke uständigkeit der ein

en auf.) Ist es wirk⸗

Hier ware eine Zu⸗ Kleingewerbe. Erschwerung der Be⸗ zelnen Organisationen, daß selbst abter Mitteleuropäer, wenn er eine ch an der Zuständigkeitsfrage direkt ver⸗ sechs Zentralen Verrechnungsstellen Erscheinungen zwingende Notwendiagkeit darf keine jen. Die Geschäftsführer dieser Ge⸗ Erfahrungen, Dieses alles Kriegscesellschaften so rasch Beschwerden sind au⸗ nder Form erfolgender Der Handel te Länder zu trag⸗

urteilung der ein ükernorm

Eingabe machen muß, schlie 1 8

verschiedenen Lokalitäten. muß beseitigt werden.

ganisation geschaffen wer

rechtfertigt möglich ver⸗ ch zu erheben über den n Ausschluß des Handels hat doch dazu beigetragen, den en und ihm Ehre und Achtung auch während des Krieges in igen nicht notwendig erscheint, so berukt altung aus manchen Kriegsgesellschaften auf der verkehrten Auffassung einzelner Personen, die im Handel ledialich finen unliebsamen, nur zur Verteuerung der Ware beitragenden Ein⸗ ringling sehen. prechung ungünstig, weil sie von den Gorichten obwohl sie in diesen Fragen Es fehlt noch an dem richtigen wirtschaftliche Natur des Handels. duktion und Bedarf einschleichendes atz, sondern ein int Handel allein kann ei bieten schaffen und ve „in anderen grö lunter der Herrschaft ahrungs⸗ und Futtermi öorgen, als es jetzt bei sein

Handels bedient sich die Verpfle des Heeres. der Staatssek Anach Abschluß jiehen wird für den B

Wunsch, daß diese schwinden. Bittere dielfach in recht verletze aus der Kriegswirtschaft. deutschen Namen in fern zu verschaffen. (Beifall.) Wenn er manchen Krieoswirtschaftszwe doch seine völlige Aussch

beeinflussen. G als Sachverständi gar nicht sachver⸗ ständnis für die isch zwischen Pro⸗

berangezogen werden, ständig sind. Er ist nicht ein si Mittelglied, er ist nicht ein Gegen⸗ egrierender Bestandteil der nen Ausgleich zwischen den einzelnen Produktions⸗ in einzelnen Gebieten Ueber⸗ wir es jetzt vielfach Die Verteilung

ft zwischen dieser Ideenwelt und Produktion.

ßter Mangel herrscht, wie der Kriegsgesellschaften seh tteln könnte der Handel weit besser be⸗ usschaltung geschieht. Marineverpflegung f Gegensatz zum Heere, nur deshald gung und Versorgung der Marine besser gestaltet Wir erwarten zuversichtlich, daß ftsamts recht bard wenigstens ges die Konsequenzen aus diesen Erfahrungen innenhandel und den üb - ldder Wucher zu hekämpfen ist, nklagen gegen Kaufleute w elen Kriegsvero Aals es jetzt geschie und sind grund Getreidemonopols. sträage des Aussckanf daß die Stilleg ch zwingende Grün

Nur weil

(Sehr richtig!) retär des Reichswirtscha

eerseeischen Handel. so muß andererseits doch bei egen Vergehens gegen irgendeine der rdnungen mit größerer Vorsicht verfahren ht. (Sehr richtig!) Wir sind gegen Zwangss sätzliche Gegner der Staatsmonovole einschl (Sehr richtig!) Ich empfehle b⸗ für Handel und ung von Betrie

ießlich des esonders die An⸗ Gewerbe, in denen verlangt ben nur erfolgen darf, roenn

Verfahren auch

Vertreter der Angestellten gebört worden sind. Sofort nach Kriegs⸗

ende müßte durch Stoatshilfe, durch Beschaffung der Beteriebsmittel usw. die Wiederaufnahme der stillgel ten Betriebe ermöglicht werden Auch während der Uebergengewirtscheft sollte man die eigentliche Lei⸗ tung den Vertretern des Handels, der Industrie, der Landwirtschaft und des Gewerbes überlassen. Sogleich nach dem Kriege sollte ein schleuniger Abbau der Kriegsgesellschaften erfolgen. Die Devisen⸗ ordnung wird ja nach dem Kriege noch eine Zeitlang fortbestehen. Unsere Valuta wird sich aber auch ohne künstliche Mittel nach einem ebrenpollen Frieden, wie wir ihn mit Sicherheit erwarten können, dem Normalstand wieder nähern. Der Reichstag wird dann wohl sehr rasch eine Beseitigung der heutigen Beschränkungen im Post⸗, Telegraphen⸗ und Reiseverkehr fordern, und dann wird man die Devisenordnung gar nicht mehr durchführen können. Ich halte es für wichtig, daß selbst auf die Gefahr einiger Anfangsverluste hin der Weltverkehr recht schnell wieder eröffnet wird. Die Devisen⸗

genehmigung muß der Einfuhrgenehmigung auf dem Fuße folgen. Die

sofortige Zulassung des freien Handels, der freien Industrie, der freien Landwirtschaft hat keineswegs die Bedenken gegen sich, die man be zu müssen glaubt. Die Zolleinigung mit Oesterreich⸗Ungarn, mit Mitteleuropa, darf in unserem Sinne nur eine Rückversicherung ein, damit wir in einem künftigen Kaicge bei neuer Ab⸗ schließung vom Meere über eine reichliche Reserve ver⸗ fügen können. Erhalten wir einen ehrenvollen Frieden, so werden wir eine Uebergangswirtschaft von nur kurzer Dauer haben, keineswegs wird sie zehn Jahre währen, aber sie wird in Deutschland einen wirtschaftlichen Aufschwung bringen, wie wir ihn zoch nie gehadt haben. Wir sind es allein von allen riegführenden Mächten, die ohne Moratorium ausgekommen sind; das wird sich im außerordentlich bezahlt machen. Unsere Banken und Spar⸗

kassen haben sich geradezu glänzend im Kriege bewährt, während in Frankreich und England das Gegenteil der Fall ist. Die Angestellten müssen nach dem Kriege von den Prinzipalen, soweit es irgend möglich ist, namentlich auch die älteren, wieder in die Betriebe eingestellt werden. Die staatssozialistische Richtung, die der Krieg hoch⸗ gebracht hat, bestand schon vor dem Kriege und mwutde durch sehr angesehene Gelehrte, wie Adolf Wagner, propagiert. Mit der entschiedenen Absage an diesen Staatssozialismus, wie sie Herr von Paver ausgesprochen hat, können wir uns deswegen nicht bdegnügen. Der Kriegsstaatssozialismus hat solche Schäden und Mängel auf⸗ zuweisen, daß er möglichst bald und möglichst gründlich in den Orkus befördert werden sollte. Einzelne Parteigänger dieses Staats⸗ sozialismus erhoben Forderungen, die nuͤr noch durch das Mikroskop von dem sozialdemokratischen Programm sich unterscheiden. Der Staatssozialismus muß und wird das kleine Gewerbe und den Mittel⸗ stand erdrosseln und wird nicht dem Tüchtigen, sondern dem Aelteren die freie Bahn öffnen. Der Staat kann und darf und wird nicht die gewaltigen wirtschaftlichen Risiken übernehmen, die mit einem solchen Wirtschaftsspstem rerbunden sind. Die Initiative der Privat⸗ wirschaft darf nicht ausgeschaltet werden. Beim fehlen jeder Konkurrenz fehlt auch jeder Anreiz zu mutigem Vor⸗ wärtsstreben. Die Militarisierung des Erwerbslebens ist nicht das Notwendige und jedenfalls kein erfreuliches Ergebnis der Kriegs⸗ wirtschaft. Nur mit der Qualität der Ware können, wir auch in Zukunft Triumphe feiern. Was wir zur wirtschaftlichen Wieder⸗ geburt brauchen, ift die Entfesselung aller produktiven Kräfte der Nation und ihre freie Bewegung, wie sie Stein und Hardenberg nach 1808 betrieben haben. Wir müssen suchen, uns die Freiheit zu erhalten, die unsere Väter geschaffen haben. Abg. Dr. Roesicke (dkons.): In der Forderung nach möglichst baldiger Wiederherstellung der freien Wirtschaft und des freien Handels können wir uns dem Vorredner anschließen. Auch wir haben die Aus⸗ schaltung des letzteren durchaus nicht gern gesehen; die Landwirtschaft sähe nach gewissen Richtungen auch jetzt schon seine Wiedereinschaltung oder doch Mitwirkung lieber. In den letzten Jahren ist es immer mehr Sitte geworden, beim Etat Fragen zu erörtern, die nicht zum Etat ge⸗ hören; bevor ich darauf ein gehe, berühre ich jedoch einige Fragen, die wirk⸗ lich zum Etat in Beziehung steben. (Hört, hört! rechts.) Die Teuerungs⸗ verhältnisse, unter denen wir leben, erfordern energische Maßnahmen, um den Betroffenen das Durchhalten zu erleichtern. Hier kommen besonders der2 Kittelstand und die Beamten in Betracht. Wir hören ja daß die interfraktionellen Besprechungen Einstimmigkeit für die Notwendigkeit einer Erhöhung der Teuerungszulagen ergeben haben. Auch die Pensionsempfänger müssen in dieser Beziehung noch mehr berücksichtigt werden, sie können mit den Bezügen nicht auskommen. Die Zuweisung der Renten aus der sozialen Versicherung muß rascher erfolgen; es ift mir ein Fal bekannt, wo annähernd zwe Jahre darüber verflossen sind. uch der Auszahlungsmodus muß vereinfacht werden. Der Krieg hat eine ganz neue Kategorie von beschädigten Zivilpersoen geschaffen, die zurzeit keine Ent⸗ schädigung bekommen und der Kriegsversorgung nicht unter⸗ worfen sind; auch die müssen in den Kreis der Berechtigten eingezogen verden. Für die Akademiker, die draußen stehen und ihr Examen nicht gemacht haben, sind Anordnungen erforderlich hinsicht⸗ lich der L“ der Dienstzeit, damit sie den Daheimgebliebenen nicht nachstehen. Gefreut habe ich mich daß das Reichswirtschafts⸗ amt, das doch die Wirtschaft fördern oll, seinen Wunsch, in den Kaiferhof einzuziehen, nicht erfüllt sieht. 22 Kriegsgesellschasten haben 22 Hotels besetzt, damit ist es genug. (Zustimmung rechts.) Die wichtigste Position im Etat scheinen uns die dreihundert Millionen Mark für die Wiederherstellung der deutschen Handelsflotte zu sein. Wir hoffen, daß sie bald in Kraft treten kann, damit sofort nach Friedensschluß unser Ueberseehandel wieder aufblüht. Wir begrüßen auch die Förderung des Kaliber baues, dem alle möglichen Er eichte⸗ rungen gewährt werden müssen. Die Unterstützung des Kleinwohnungs⸗ baues ist zweifellos Reichssache. Aber nicht nur in den Städten, son⸗ dern auch auf dem Lande muß der Wohnungsbau gefördert werden. Ich hoffe, daß die Beziehungen zu den neuen Völkern des Ostens, die sich von Rußland losgelöst haben, Verhältnisse schaffen, die es uns ermöglichen, dort deutsche Kolonisation durchzuführen. Der Etat schreibt unter anderem zum ersten Male wieder neue Stellen aus. Hoffentlich wird dies auch auf die Landbriefträger ausgedehnt, damit die Postbestellung auf dem Lande sich verbessert. Das Arbeits⸗ kammergesetz ist uns angekündigt worden; nach den Worten des Vizekanzlers soll es schon vorliegen oder uns bald vorgelegt werden. Das ist aber doch wohl erst in einigen Wochen oder Monaten zu er⸗ warten. Obgleich es also erst in Aussicht steht, hat man sich doch schon ssek seann venefhlsche Inhalt üsK n und eine Reihe von Wünschen ausgesprochen. So wurde ver angt, auch das Hilfs⸗ dienstgesetz dabei zu berücksichtigen. Ich halte es aber für außer⸗ ordentlich bedenklich, den Rahmen des Gesetzes weiter zu ziehen als absolut notwendig ist. Ernste Sorge nnuß uns das recht große Defizit bereiten. Wenn die Schuld des Reiches so weiter wächst, dann muß man sich doch die Frage vorlegen, ob wir überhaupt in der Lage sind, diese Last zu tragen, ohne unser wirtschaftliches Leben zu ge⸗ fährden. Nach der Resolution vom 19. Juli 1917 führen wir einen Verteidigungskriog. Zur Verteidigung gehört aber doch nicht nun die Verteidigung des Territoriums, sondern auch die Er⸗ haltung der Integrität unseres ganzen Wirtschaftslebens. Wir führen zudem auch einen Wirtschaftskrieg; denn, wenn unsere Feinde uns wirtschaftlich vernichten, haben sie den Krieg gewonnen. Deshalb ist es notwendig, daß die Feinde uns einen Teil der Last abnehmen, die sie uns aufgebürdet haben. Zu dem Zwecke brauchen wir eine Entschädigung. Wir müssen es uns deshalb reiflich über⸗ legen, welche Konsequenzen die Resolution auf den Etat ausüben muß. Am meisten würden dabei die Arbeiter leiden. Es würde dann wie in den neunziger Jahren zur⸗Caprivizeit kommen. Die wirtschaftlichen Verhältnisse werden schwach sein, und wir werden statt Waren Menschen ausführen. Die Menschen werden aus Deutschland aus⸗ wandern, was wiederum eine Verringerung unserer Verteidigungs⸗ kraft zur Folge hat. Wie Dr. Helfferich als Reichsschatzsekretär ausführte, sollen unsere Gegner das Bleigewicht der Milliarden herumschleppen. Nach der Resolution sollen wir es tun. enn wir die Hand ausstrecken nach dem Frieden, aber niemand kommt, der sie annimmt, dann haben wir doch

nicht schuld, daß der Krieg weiter dauert, Infolge ihrer Schuld müssen dann do 82 Gegner und nicht wir büßen. Die Resolution soll kein Freibrief für vunsere Gegner sein. Mean man aber trotz aller Ablehnungen der Friedensangebote das immer wieder von neuem sagt, dann werden unsere Feinde nicht mehr daran lauben. Wir find auch heute die Zielscheibe von Angriffen des ganzen Hees gewesen. Man meinte, wir wären arrogant in unseren Kriegs⸗ jelforderungen. Man stellt die Vaterlandspartei als Störenfried in. Es ist aber doch noch nicht allzu lange her, daß aus der jetzigen Mehrheit des Reichstages ähnliche Forderungen erhoben wurden. Im Februar 1917 nannte Herr Dr. Spahn die Kriegsentschädigun geradezu eine reale Garantie für einen dauernden Frieden. Das häet doch anders, als Herr Erzberger es gestern sagte. Ist denn irgend etwas pafsiert, was die Lage geändert und die militärischen Vexhältnisse zu unseren Ungunsten verschoben hat? (Zuruf: Amerika!) Ob Amerika durch das Festhalten an der Resolution zu unseren Gunsten umgestimmt werden wird, möchte ich bezweifeln. Min nahm es Herrn Heydebrand übel, daß er Belgien unter deutscher Oberhand behalten wollte. Das⸗ felbe hat auch damals Herr Spahn verlangt. Sie sind zwar jetzt in der Majorität, aber vergessen Sie nicht, daß diejenigen Kreise, die hinter unseren Ansichten stehen, viel größer sind, als Sie denken. (Lauter Widerspruch und Zurufe links und im Zentrum.) Weite en; sind mit uns der Meinung, daß wir noch heute denselben Standpunkt ver⸗ treten müssen, wie ähn damals auch der Abg. Spahn vertreten hat. (Sehr richtigl rechts.) Man kann doch auch nicht den Standpunkt vertreten, daß den Flamen zwar die Unterstützung ihrer Selbständig⸗ keitsbestrebungen feierlich zugesagt wurde, daß die Flamenbewegung uns aber in dem Augenblick nichts mehr angeht, wo der Friede ge⸗

schlossen werden soll. Auch sonst leidet der Standpunkt des Abg. Erzberger an vielen Inkonsequenzen. Er bekämpft unter Berufung auf die Reichstagsresolution das Verlangen nach Annektionen und Kriegsentschädigungen. Bulgarien und Ungarn soll dieses Recht zu⸗ gebilligt werden. Ja, soll denn dieser Verzicht nur für Deutschland gelten aber nicht für die Verbündeten? Wier kommen wir dazu, die wir doch die größten Lasten in diesem Kriege getragen haben, auf jede Entschädigung für diese gewaltigen Lasten zu verzichten. (Sehr wahr! rechts. Unruhe im Zentrum.) Wenn hier über verletzende Angriffe seitens der Konservativen geklagt wurde, so bin ich seit jeher ein ausgesprochener Gegner gegen die persönliche Vergiftung des politischen Kampfes. (Abg. Dr. Struve klfortschr. Volksp.]: Aber nicht in Ihrer Heitng. Wenn Ihnen der Geist dieser Zeitung nicht paßt, so daure ich das, denn es ist der Geist der Vaterlandsliebe, der daraus spricht. (Unrube links und im Zentrum. Vizepräsident Dr. Paasche bittet um Ruhe.) Was wir Ihnen vorwerfen, das liegt darin, daß in Ihrem Vorgehen keine Kriegsverkürzung, sondemn eine Kriegsverlängerung liegt. (Leb⸗ hafte Zustimmung rechts.) Wir werfen 8 (zum Abg. Erzberger) vor, daß Sie durch Ihr Eingreifen im Juli, wo die Wogen so hoch gingen, die Erfolge des U⸗Bootkrieges in Frage stellten und den Sieges⸗ willen im Volke geradezu erdrückt haben. (Sehr richtig! rechts.) Abg. Erzberger sagt, wir seien von einer hysterischen Angst vor Friedensangeboten befallen. Nein, was wir befürchten, ist: Entweder wir machen uns mit den Friedensangeboten lächerlich (Sehr richtig!) oder wir zeigen den Feinden die absolute Notwendigkeit des Friedens⸗ schlusses für uns und verlängern dadurch den Friedensschluß. (Zurufe des Abg. Erzberger.) Sie selbst, Herr Erzberger, haben ja gesagt, daß Sie nur zwei bis drei Stunden mit einem englischen Staa 82 zu sprechen brauchten, um den Frieden zu erzielen. (Große Heiterkeit. Abg. Kreth: „Der Weltfriede in der Westentasche!“ Erneute Heiterkeit.) Es ist naid, zu glauben, daß durch die Kraft des Wortes der Friede erzielt wird. England läßt sich dadurch niemals zum Frieden bringen, sondern nur durch die Macht des Schwertes, durch unsere U⸗Boote und durch unseren Sieg. (Lebhafte Zustimmung rechts.) Auch die Kolonialpolitik des Staatssekretärs Solf läßt sich nur verwirklichen, wenn wir durch unsere Macht die Freiheit der Meere errungen haben. Wenn Bismarck seine Friedensangebote an Frankreich immer wiederholte, so forderte er damals auch etwas, näm⸗ lich die für jene Zeit enorme Summe von 5 Milliarden. Wir aber fordern diesmal nichts. Man sagt, es sei unsere Schuld, daß wir nicht bei der Reichstagsmehrheit sind. Wir lebnen nicht die Mitarbeit der Sozialdemokratie ab, aber die Herrschaft der Sozialdemokratie lehnen wir ab. (Abg. Erzberger: Die lehnen auch wir ab!) Wir sind dagegen, daß man die Arbeiterschaft heranzieht unter Preis⸗ gabe notwendiger Vorbedingungen einer vaterländischen inneren und , was noch schlimmer ist äußeren Politik. Wir halten es für unsere Pflicht, für das Wohl des Vaterlandes zu arbeiten ohne Belohnung. (Lachen links und Zurufe: Sie ohne Be⸗ lohnung!) Die radikalen Parteien werden niemals aufhören zu sordern. Wenn ihnen eine Forderung bewilligt ist, kommen sie mit einer neuen. (Zurufe: Ganz wie der Bund der Landwirte!) Die hier gegen Herrn von Tirpitz erhobenen Vorwürfe sind durch Staats⸗ sekretär von Capelle längst im Hauptausschuß gründlich widerlegt. Die Angriffe gegen Herrn von Oldenburg sind gleichfalls unberechtigt. Man wirft ihm vor, daß er sich einen Kanzler gewünscht habe, auf den man schießt und der wieder schießt. Wir hatten einmal einen Kanzler, auf den geschossen wurde, das war Fürst Bismarck. Wenn

geschossen werden, denn die Behörde, die dann versagte, würde sich des größten Verbrechens schuldig machen. (Sehr richtig! rechts.) In diesem Hause ist das Temperament doch auch nicht so selten. So sagte erst im vorigen Jahre Herr Scheidemann, wenn Ihr nicht so wollt wie ich, dann kommt die Revolution. (Abg. Scheide⸗ mann: Das ist ja Unsinn, was Sie da sagen, zitieren Sie doch wörtlich.) Wörtlich sagte er: „Würde die Regierung den Krieg um Eroberungen willen fortsetzen, dann, meine Herren, verlassen Sie sich darauf, haben Sie die Revolution!“ (Abg. Scheidemann: Sehr richtig!) Das ist doch dasselbe. (Abg. Scheidemann: Stellen Sie sich doch nicht beschränkter als Sie sind! Heiterkeit. Abg. Kreth: Nicht mal einen Ordnungsruf gibts mehr.) Was Sie in der Generalversammlung des Bundes der Landwirte über⸗ sehen haben, das war der Geist, der Geist der Vaterlandsliebe und des Siegeswillens, der dort herrscht. (Beifall rechts.) Nach Herrn Wiemer ist Herr von Payer der Vertreter der Reichstagsmehrheit, nach der unsrigen ein Vertreter des Fortschritts. Aber, wenn er der Vertreter der Mehrheit ist, so ist es gerade das, was wir nicht wollen, daß er sich nur fühlt als Vertreter von einer oder mehreren Parteien, daß er den Anschauungen der Minorität nicht gerecht wird. Und wie steht es denn mit dieser Mehrheit. Ueber Inhalt und Trag⸗ weite der großartigen Friedensresolution gehen die Meinungen der Herren weit auseinander. Und wird der Burgfriede da aufrecht⸗ erhalten, wenn ein politischer Streik entsteht und die Sozialdemo⸗ kraten dafür eintreten? Auch neoch sorgfältigem nochmaligen Studium können wir unser Urteil über die Rede des Herrn von Paver nicht ändern und von den Aeußerungen des Herrn von Hevpdebrand darüber nichts zurücknehmen; wir können ihn nicht unterstützen, wir müssen ihm entgegentreten. Der Herr Reichskanzler wies am Schluß der Dienstagssitzung darauf hin, daß er sich bei einem sorg⸗ fältigen Durchlesen der Rede des Herrn. Vizereichskanzlers davon überzeugt habe, daß sie doch wohl von uns falsch aufgefaßt wor⸗ den sei und daß sie die Schärfe nicht enthalte, die wir darin gefunden hatten. (Hört, hört! rechts.) Der Reichskanzler hat hiernoch die Rede des Herrn Vizekanzlers vorher nicht gekannt. Wir nehmen ferner davon Kenntnis, daß der Herr Reichskanzler von ihrem Inhalte eine andere Auffassung gewonnen hat, wie wir sie hatten. Jedoch können wir bei nochmaligem Studium der Rede unsere Auffassung über ihren Inhalt und ihre Form nicht ändern und von demjenigen, was Herr von Heydebrand am 26. d. M. gesagt hat, nichts zurückzunehmen. (Sehr richitg! rechts.) Die Mehrheitsparteien waren seit Mitte des vorigen Jahres von der wiederholt auch ausdrücklich ausgesprochenen Absicht ge⸗ leitet, uns von den Entscheidungen über die äußere und innere Politik auszuschließen und denjenigen Anschauungen, die wir nach unserer Ueber⸗ zugung zu vertreten uns verpflichtet fühlen und die auch über den Rahmen unserer Partei hinaus in weitem Kreise gestellt werden, jeden Einfluß zu versagen. Wir mußten und können die Ausführungen des Herrn Vizekanzlers nur dahin verstehen, daß er gewillt ist, diese

Politik auch weiter fortzusetzen. Daß wir sie nicht unterstützen

erst einmal in einem Aufruhr geschossen wird, dann muß gegenseitig