1918 / 57 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 07 Mar 1918 18:00:01 GMT) scan diff

v311““

Milli“ zufolge am Montag folgende Depesche des kürki⸗ schen Vertreters in Brest⸗Litowsk Hakki Pascha: „Nach Unternichzung des Friedens gestern um 5 Uhr Nachmittagz ist der russisch⸗osmwanische Zusatzvertrag unterseichnei worden. Wir bringen der Kaiserlichen Regierung cus Anlaß des Abschlufses

des Frierins unter den dingungen unsere gufrichtigen Gluckwansch: dar. underweilt eine

tteln. Mit der räͤchsten abg henden Poft

Jateressen des R ichs enisprechenden Be⸗ Wie werden Ihnen Zusammenfassung des Vernages zlegrarhisch über⸗ werden wie eine Ab⸗

srift des unterzeschnenn T zies und später die Ursch iften ein⸗

senden.“ Miaisler fort, weder die Zusammenfassang ꝛrages erhalten. Geundlagen: diete. als mit uns über die Bestimmung ihres ftändigen, das heißt sofortige Raͤumung die russischen Truppen.

und Verträge zwischen uns und eriegszustand ihre Kündigung erf

von

1u

zÜünstigte Nation.

.

vorhin genannten Veorschläge wir dessen völlig sicher, das wurde, nachdem Rußland die gencmmen barte. (Langandauernder Beifal). mitgrteilt haben, doaß sie die im Ullimatum enhaltenen Vorschläge arnehmen und in

angenommen

(Zangandautinder Beirall.) Wir daben bisher, fuhr der 1 1 noch den Tert des Ver⸗ Unsere Vorschläge stuötzten sich indessen auf drei 1) Räumurg und sofortige Rückgabe der besetzten Ge⸗ 2) Gewaͤhrung der Fr ibelt an die Bevölkerung der drei und Kri. gzentschädtgung im Jabre 1877 entrissenen Krcise, sich Batu 3) Da Rußland durch den erfahren, innerhalb eines Z-itraumes iwei Jahren zu vollztehender Abschluß von Konsular⸗ und Handelsvertraͤgen auf Geund des Völketrechts und der Gegenseitigkeit ad während der Zwi chenzeit wechselsentge Behandlung als meist⸗ Da nun unseren Abgesandten Anweisungen ge⸗ den wurden, den Frieden auf diesen Grundlagen zu unterzeichnen, und Hakki Pascha uns davon in Kenntris gefetzt hat, daß unsere deei worden der Friedensvertrag vorhin errmähaten Grundlagen an⸗ Da die Rumänen

ver⸗ A⸗dahan die Kapitu⸗

sind, siad unterzeichnet

des Bterbun des

Friedensverhand⸗

lungen eintreten werden, so kündtgen wir dem Hause an, daß die Uaterteichnnng des dritten Friedent vertrags derjenigen der zwei bereits den Wünschen des Vierbundes entsprechend abgeschiossenen Frirdens⸗

vertzäge auf dem Juße foigen wird.

8 Wansch ausgesprochen halte, der Adschlu dieser

Nachdem der Minister den

Friedenevet zze

moge derr Vierverbande die Augen öffnen, fuhr er fort: Die Regie⸗ rung hofft, die Unabhängigkeit und Unversehrlbeit dee Reiés durch Unterzeichnung endgüitiger, für die Türket ehrenvoller und ibren

Wünschen entsprechender Frledensveriräge zu sichern. daß die Bevölkerung der dret vorhin genana

f: Guhe

88,

über ihr Schicksal im Einvernehmen

In dem Um⸗

nanaten Bezirke sich mit uns frei wird entscheiden

können, drück sch ferner die Tussche aus, daß diese Gegenden nicht

mehr unter russischer Heirschaft gehen.

Die Abgeordneten von Sinope, Mossul und Wan beglück⸗

wünschten die Regierung zu ihrem Erfolge.

Der Abgeordnete

Agha Oylu Ahmed bemängelte, daß die Regierung nicht, wie Deutschland es für Estland, Kurland, Livland und Finn⸗ land getan habe, zugunnen der musetmanischen und türkischen

Bevölkerungen in Rußland, kämpfen, Bürgschaften erlangt hahe. wesir Enver Pascha erwiderte:

die für ihre Selbstverwaltung Der interimistische Groß⸗

Die Boischewisten baͤnen bereits die Fr iheit der Völker, ihre Geschicke selbst zu beutmwen, vereü det, und die Kaiserliche Regierung werde nicht ermasgeln, die im Kaukasus erstandenen autonomen Re⸗ gierungen und die übrigen egteruagen in der Nch arschaft der Tärkei

anzuerkennen und erfordersichenfalls zu unterstügen. Die Kammer geaehmigte vorgestern

einen Nachtrags⸗

kredit von 800 000 Pfund für den Zinsendienst der in Konstantinopel ausgegebenen deutschen Schatzscheine.

Bulgarien.

Die Sobranje hat der Verlängerung der parla⸗ mentarischen Mandate zugestimmt; die Neuwahlen für die Gesetzgebende perschaft werden binnen eines halben Jahres

nach der Demobllisierung statifinden. Amerika.

.

Die Vereinigten Staaten von Amerika sind nach einer Meldung der „Associated Preß“ grundsätzlich mit Japan, Großbritannien und den anderen Verbündeten zu einer Ueber⸗ einkunft über das Vorgehen in Sibirien gelangt, die

Einzelheiten bleiben jedoch noch auszuarbeiten.

„— Das amerikanische Kriegsdepartement teilt dem „Reuterschen Büro“ zufolge mit, daß in Frankreich eine große Artilleriebasis errichtet wird, die 25 Millionen

Dollar kosten wird.

Die Basis wird aus 20 großen Magazmen,

12 großen Werkstätten und hundert kleineren Werkstälten und Magazinen bestehen. Mit dem Bau der Axtilleriebasis, zu deren Betrieb 450 Offisiere und 16 000 Mann nötig sein werden, wurde vor mehreren Wochen begonnen, nachdem ein großer Teil des benötigten Materials und der üb igen Aus⸗

rüstung in Frankreich angekommen war.

Das Kriegsdeparte⸗

ment verlangte vom Konareß außer den bereits bewilligten

640 Millionen Dollar

für die Durchführung der Luft⸗ rüstungen noch weitere 450 Millionen Dollar.

Der Nahrungsm ttelkommissar Hoover hat eine neue Verordnung über die Lebensmittelersparnis er⸗ lassen, da die Vervündeten weitere erhöhte Zufuhr von Brot⸗ getreide verlangt haben wegen der geringen Ankünfte aus Argentinien. Deshalb sei es notwendig, zur weiteren Ersparnis von Brot den Fleischgenuß wieder mehr auszudehnen und auch

den Ve bündeten soviel Fleisch zu schicken, als Es werden infolgedessen die

möglichkeiten vorhanden seien.

Transport⸗

bestehenden Beschränkungen im Fleischgenuß aufgehoben.

Afrika.

Wie der „Temps“ aus Tanaer meldet, finden im

Landevinnern wieder

nde Zusammenstöße e Agitation unter den Araberstämmen wächst. Im Gebiet

statt Di

von Metin’s murden einige Dörfer unterworfener Stämme durch Aufständische angegriffen. Französische Besatzungstruppen warfen schließlich die Angreifer mit schweren Verlusten zurück. Die französischen Behörden sind genötigt, Vorkehrungen zu treffen, da mit Eintritt der guten Jahreszeit wieder eine größere Bewegung unter den Aufständischen erwartet wird.

Kriegsnachrichten.

Berlin, 6 März, Abends. (W. T. B.)

z. (W. T. B.) Westlicher Kriegsschauplatz. Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht.

NMNordwestlich von Dixmuide brachten Sturmabteilungen ven einem Angriff gegen 2 belgische Gehöfte 8 Offiziere,

114 Mann und einige Maschineugewehre ein. tätgkeit lebte in vielen Abschnitten auf. englische Erkundungsstöße abgewiesen.

Die rtillerie⸗

Mehrfach wurden

Heeresgruppe Deutscher Kronprinz.

Die französische Artlllerie entwickelte an vielen Stellen der Front rege Tätigkeit. Nordwestlich von Avocourt drangen Stoßtrupps tief in die französischen Stellungen ein und kehrten nach heftigem Kampf und nach Zerstörung zahl⸗ reicher Unterstände mit 27 Gefangenen zurück.

Im Luftkampf wurden gestern 19 feindliche Flug⸗ zeuge und 2 Fesselballone abgeschossen. K.

Hauptmann Ritter von Tutschei errang seinen 26. Luft⸗ sieg. Durch Bombenwurf englischer Flieger auf ein Lazarett in Tourcoing wurden zahlreiche französische Ein⸗ wohner getötet.

Von den anderen Kriegsschauplätzen nichts Neues.

Der Erste Generaiquacttermeister 1 Ludendorff.

OSOesterreichisch⸗ungarischer Bericht. Wien, 6. März. (W. T. B.) Amtlich wird gemeldet: An der italienischen Front keine besonderen Ereignisse. Der Waffenstillstandsvertrag mit Rumänien wurde formell unterzeichnet. Auf Grund desselben beginnen nunmehr die Friedensverhandlungen. Der Chef des Generalstabes.

Bulgarischer Bericht. (W. T. B.) Generalstabsbericht vom 4. März.

Mazedonische Front. Oestlich vom Ohrida⸗See und bei Zitolja beschoß unsere Artillerie mit Erfolg feindliche Stellungen. ÄAn mehreren Stellen im Cernabogen und östlich von Wardar kurze wechselseitige Feuerüberfälle Südlich von Barakli Dschumaja vertrieben wir eine eng⸗ lische Infanterieabteilung, die an unsere Stellungen heran⸗ zukommen suchte, durch Feuer. 8

Dobrudscha⸗Front: Waffenstillstand..

1 . ö 6. März. (W. T. B.) Generalstabsbericht vom D. arz.

Mazedonischen Front: Oestlich von Bratindol währenod des ganzen Tages heftiges feindliches Artillerie⸗ und Minenfeuer, dem unsere Artillerie nachdrücklich antwortete Nördlich von Ljumnitza war die wechselseitige Feuertätigkeit zeitweise lebhaft. Unsere Einheiten drangen in die feindlichen Gräben westlich von Doldjeli und kehrten nach einem Hand⸗ gemenge mit englischen Gefangenen zurück. Südlich von Barakli Dschumaja wurden mehrere englische Erkundungs⸗ abteilungen verjagt. 1“

Dobrudschafront: Waffenruhe.

8

Sofia, 5.

Türkischer Bericht. Konstantinopel, 5. März. (W. T. B.) Tagesbericht.

An der Palästinafront schwaches Artilleriefener. Sonst keine wichtigen Erelgnisse.

Konstantinopel, 6. März. (W. T. B.) Tagesbericht.

Palästinafront: Teils schwaches, teils lebhaftes Ge⸗ schützfeuer an der ganzen Front. Lebhafte Fliegertätigkeit. In Vorfeldgefechten gelang es dem Gegner, sich des Ortes Dschilya zu bemächtigen; im Gepenangriff wurde der Ort zurückgenommen. 8

Mesopotamien: Am Euphrat feindliche Aufklärungs⸗ tätigkeit mit Flugzeugen und Panzerkraftwagen. Ein feind⸗ liches Flugzeug wurde durch Maschinengewehr⸗ und Gewehr⸗ feuer zum Landen gezwungen und die Iasassen trotz feindlicher Gegenwehr gefangen; von dem verbrannten Fiugzeug konnte das Maschinengewehr erbeutet werden. Auch am Tigris feindliche Aufklärungstätigkeit. 1

Der Krieg zur Seer.

Berlin, 6. März. (W. T. B.) Zu der holländischen Meldung, daß bei den Bojen 1, 2 und 3 der freien Fahrrinne zwischen dem deutschen und englischen Sperrgebiet Minen festgestellt sind, durch die mehrere holländische Fahr⸗ zeuge in Verlust geraten sind, erfahren wir an zuständiger Stelle, daß diese Minen nicht von deutscher Seite gelegt worden sind.

„Rotterdam, 6. März. (W. T. B.) „Maasbode“ gibt außer den bereits gemeldeten noch folgende englische Dampfer als im Januar versenkt an: „Andania“ (13 405 Br.⸗T., „Mechanician“ (9044 Br.⸗T.), „Manhattan”“ (8115 Br.⸗T.). „Glenamoy“ (7269 Br⸗T.) und „Maxton“ (5024 Br.⸗T.). Der englische Dampfer „Reidar“ (1353 Br.⸗T.) ist gesunken.

Haag, 5. März. (W T. B) Dem „Korrespondenz⸗ Büro“ zufolge wurde dem Ministerium des Aeußern von dem niederländischen Gesandten in London berichtet, daß der niederländische Dampfer „Heenvlict“ am Donnerstag torpediert worden ist. Die eine Hälfte der Besatzung wurde gelandet, die andere Hälfte wird noch vermißt.

Stockholm, 6. März. (W. T. B.) Wie „Stockholms Dagblad“ aus Götehorg erfährt, ist der schwedische Dampfer „Stina“ (1135 Tonnen), der mit Kohlenladung von Glasgow nach Gotenburg fuhr, torpediert worden.

London, 6. März. (Reuter.) Der Dampfer „Cal⸗ garian“, 17 500 Br⸗R⸗T., der früher der Allan⸗Linie ge⸗ hörte und im Jahre 1914 gebaut wurde, ist Freitag nacht an der trischen Küste versenkt worden. Es heißt, daß mehrere Torpedos auf das Schiff abgefeuert wurden. Wie verlautet, füh te das Schiff eine Besatzung von 400 Mann und hatte außerdem 150 Matrosen der Kriegsmarine an Bord. Nach einer weiteren Reutermeldung war der „Calgarian“ als be⸗ waffneter Hilfskreuzer im Dienst. Zwei Ofsiziere und 46 Mann sind bei der Versenkung umgekommen.

London, 6. März. g; Es verlautet, daß der Dampfer „Kenmare“ (1830 Br.⸗R.⸗T.) aus Cork am Montaa von einem deutschen U⸗Boot torpediert worden ist.

Sechs Mann der Besatzung wurden von einem vorüberfahrenden

Kohlendampfer aufgenommen. t

London, 6. März. (Reutermeldung.) Der Kapitän und fünf Ueberlebende der Besatzung des norwegischen Sch „Havan“ (1153 Tonnen) sind Montag Nacht gelandet . Schiff ist torpediert worden. Zwölf Mann der Besatung werden vermißt, von denen elf vermutlich ertrunken sind. *

London. 6. März. (Reutermeldung.) Die „Times“ erfährt aue Valparaiso, daß ein gestern in Talcahuano ein⸗ gelaufener Schoner, der von der Osterinsel kam, 58 Offiztere und Matrosen von der Besatzung des deutschen iüfs⸗ kreuzers „Seeadler“ mitbrachte, die vorher au dem Schoner „Tortuna“ waren und bei der Osterinsel Schiffbruch erlitten hatten.

Berlin, 6. März. (W. T. B.) Durch unsere U⸗Bocie wurden auf dem nördlichen Kriegsschauplatz 21 000 B⸗R.⸗T. Handelsschiffsraum vernichtet. Unter den ver⸗ senkten Schiffen befanden sich der englische bewaffnete Dampfer „Whitecour“ (3680 Br.⸗R.⸗T.) mit Kohlenladung, ferner zwei bewaffnete Dampfer von 5000 und 4000 Br⸗R.⸗T. Ein Dampfer hatte Erz und Holz für England. Die Erfolge wurden zum größten Teil in der Irischen See erziel.

Der Chef des Admiralstabes der Marine.

Kunst und Wissenschaft.

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Das balgarische Unterrichtsmintsterium fordert diejenigen Herren die sich um die ausgeschriebenen Professuren an der neuen mediztnischen Fakultät in Sofia bewarben, aber ihre wissenschaftlichen Lrbeiten, die mit als Grundlage der Be⸗ urteilung dienen sollen, noch nicht übersandten, auf, dies ohne Ver⸗ ꝛug nachzuholen und die beteffenden Scheiften mit Begleitschreiben an die Königlich Bazgartsche Gesandtschaft, Berlin, Kurfürstendamm 1, lwecks raschester Weiterleitung einzuseaden. 1.

Literatur.

—. In welch hobem Maße unsere Feldarauen an den Vorgärgen am Himmelszelt Anteil nehmen, kann man wteder aus dem neu erschteneven Heft 7/8 der bildg⸗schmückten Zeitscheift „Das Weltall“ der Treptow⸗Sternwarte, viertelj. 3 ℳ) ersehen, das die Zeich⸗ nung und Beschreibung einer Sornenfäule bringt, die von dem Wehrmann Kurt Geßner bei Trckum im Kurland beobachtet worden ist. Weiter berichtet B. Franz aus dem Felde von zwii eindrucksvollen Beobachtungen der Lichtstärke deß Jupiters, woran der Herausgeder Dr. Archenhold eine kleine Mit⸗ teilung über die Sichtbarteit der Veuus mit bloßem Auge urnd in Projektion anschli ßt. Von größeren Rufsätzen entdält das Heft eine Abhandlung über Sonner flecken von Pecfessor Ad. Keller, Karlöruze, nad eine wichtige Betrachtung über die räumliche Autdehnung des Uatwversums und die Newionsche Massenanzzehung von Dr. Leuse, Wien, die unter der Ueberschrift „Nichteuklidische Geometeie un Newtonsche Massenanziebang“ in gemeinverständl’cher Darstellurge⸗ weise eine Fülle von Gedanken von weittragender Bedeutung enthält.

Land⸗ und Forstwirtschaft.

Merkblatt zum Anbau empfehlenswerter Gemüse⸗ arten. Bei der großen Ausdehnung, die der Kleingartenbau su dtesem Kriege gewonnen bat, ist es unausbletblich, daß mancher sich mit Gemüsebau oone die gerirgsten Kenntvisse über Samenbehe lussaat⸗ und Pflanzzeit beschäftigen moß Bet der großen Seerr⸗ knanpheit ist jedoch unbedingte Sparsamk it notwendig Aber ech ür den Gartentesitzer selbst ist zu dichte Aussaat vom U’ bei, da en Erfolg bei zu dichtem Stand der Gemüsepflanzen ausgeschlossen ist. Oie Landwirtschaftskammer für die Rbein⸗ vrovinz in Bonn hat ein Merkblatt zum Anbau der wechtigsten Gemüsearten herausgegeven, das in knapper Form Angaben über die ezmpfeblenewertesten Sorten, über Samer⸗ und Pflanzenbedarf für 10 qm, über Aussaat, Pflanneit und sonstige wichtige Kulturwinke eutbalt. Das Merkblait ist von der pandwirischaftskammer, Ab⸗ tetlung 0, in Bonn, Endenicher Allee 60, gegen Einsendung des Be troges von 20 für 5 Merkb’ätter, von 50 für 20 Merkbäaäͤitter und von 1 für 50 Merkblätter portofret zu beziehen.

8 ——

M. Verlag

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(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweilen Beilage.)

Theater.

Königliche Schanspirle. Freitag: Opernhaus. 65. Dauer⸗ bezugsvorstellung. Dienst⸗ und Freiplätze sind aufgeboben. Richard⸗ Strauß⸗Woche. 4. Abend. Unter rersönlicher Leitung des Komponisten: Neu einstn iert: Salome. Drama in einem Auftuge nach Oskar Wildes gleichaamiger Sichtunge in deutscher Ueber⸗ setzung von Hedwig Lachmann. Musik von Richard Strauß. Spiel⸗ leiliung: Herr Bachmann. Anfang 7 ½ Uhr.

Schauspielhaus. 67. Dauerbezugsvorstellung. Dienst⸗ und Frriplätze sind aufgehoben. Die Rabrnsteinerin. Schauspiel in vier Akten von Ernst von Wildenbruch. Splelleitung: Herr Dr. Beuc. (Bersabe: Fraͤulein Margarete Neff vom Herzoglichen Hostheater in Meiningen als Gast.) Anfang 7 ¼ Ühr.

Sonnabend: Opernbaus. Mittags 12 Uhr: Sxühmphoniemittats⸗ konzert der Königlichen Kapelle. (P ogramm wie am Abend,) Abenos 7 Uhr: VIII. Symphoniekonzert der Königlichen Kapelle zum Besten ihres Witwen⸗ und Waisenfonds. Zum Spmphonz mittagskonzert sind Einlaßkarten bei Bote u. Bock, Leipeiger Straße 37 und Tauentzienstraße 7, am Konzerttage im Köͤniglichen Opernhaufe zu haben.

Schauspielhaus. Geschlossen. findet zur üblichen Zeit statt.)

(Der Eintrittskarten⸗Vorverkauf

Familiennachrichten. 8

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Oberleutnant Frhrn. von Srockderf⸗ Berlin). Hrn. Rittmeiste: J achim von Ferber (Saeeh

Gestorben: Fr. Lucie von Kerssenbrock, geb. von Mürchbaufn (Barntrup, Lppe). Fr. Vally Ziemssen, geb. von Wumon.⸗ (Berlin⸗Frtedenau, †. Zt. Bassendorf bei Develsdorf i. s 28 C.therin⸗ Fretfr. von Schroeder, geb. Hatch (Ber 1)5e) Crcilic Freifr. von Rotenhan, geb. Freiin von Maucler (Mün

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Verantwortlicher Schriftleiter: Direktor Dr. Tyrol, Charlottenbune

Verantwortlich für den Anzeigenteil: Der Vorsteher der Geschäftsstele Rechnungsrat Mengerina in Berlin.

Verlag der Geschäftsstelle (Mengering) in Berlin. 1

Druct ver Norddontschen Buchdruckerri und Verlaaanala 381

5 v 8 8 Berlin, Wilhelmstraße 32A.

Vier Beilagen.

chen Reichsanze

Erste Beilage

iger und Käniglich Preußischen Staatsanzeiger.

Berlin, Donnerstag, den 7. März

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten 122. Sitzung vom 6. März 1918, Vormittags 11 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphenbüro.)

Das Haus setzt die zweite Beratung des Staats⸗ haushaltsplans für 1918 bei dem Sonderhaushalt der Ansiedlungskommission fort, den die verstärkte

Haushaltskommission unverändert zu bewilligen beantragt. In Verbindung damit soll eine allgemeine Erörterung aller polnischen Fragen stattfinden.

Nach dem Abg. Dr. von Kries (kons.), über dessen Aus⸗ führungen bereits in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden ist, erhält das Wort

Abg. Dr. Seyda (Pole): Von der polnischen Fraktion hin ich be⸗ auftragt worden, Ihnen die folgende, einstimmig beschlossene Erklärung mitzuteilen: Meine Herren! Sofort nach Ausbruch des Krieges haben wir in diesem hohen Hause die nie verjährenden und von uns und unseren Vorgängern stets vertretenen Forderungen der polnischen Nation in angemessener Form zum Ausdruck gebracht. Folgend den Kriegsereig⸗ nissen und ihren politischen Ergebnissen, haben wir unser nationales und politisches Programm im einzelnen entwickelt. Unser Vorgehen im preußischen Landtag und deutschen Reichstag ist durch Ver⸗ nauenskundgebungen sämtlicher politischer Wahlorganisationen voll und ganz gebilligt worden. Die Königliche Staatsregierung hat ge⸗ laubt, 1 Forderungen nicht entgegenkommen zu können, und hat sh in schroffer Weise abgelehnt. Ihrerseits hat sie ein Höchstpro⸗ gramm an Konzessionen für die Staatsbürger polnischer Nationalität vorgelegt, welches von allen polnischen Parteien und Schichten der Bevölkerung ohne Ausnahme als unzulänglich zurückgewiesen worden sst. [Hört, hört! rechts.) Wir betonen dies, weil die Königliche Staats⸗ regierung erklärt hat, daß sie sich bei ihrer nunmehr beabsichtigten Polenpolitik auf gewisse polnische Gruppen stützen könne. Wir geben obiger einheitlicher Auffassung des polnischen Volkes hiermit Ausde uck und erklären gleichzeitig, daß wir von dem von den polnischen Frak⸗ tionen im preußischen Landtage und deutschen Reichstage einge⸗ nommenen Standpunkt nicht abweichen können. Bei dieser Sachlage halten wir augenblicklich jeden weiteren Meinungsaustausch für aus⸗ Höctnce weshalb wir es ablehnen, uns heute an einer weitgehenden

ebatte über die polnische Frage zu beteiligen. Wir können jedoch nicht umhin, bei dieser Gelegenheit zu den letzten, für uns äuße st schmerzwollen Ereignissen auf dem Eebiete der äußeren Politik Stellung zu nehmen. Am 9. Februar 1918 ist zwischen dem Deutschen Reiche, Oesterreich⸗Ungarn, Bulgarien und der Türkei einerfeits und der Ukrainischen Volksrepublik andere seits der Friedensvertrag von Brest⸗Litowsk abgeschlossen worden. In diesem Vertrage sind u. a. in die Ukrainische Volksrepublik Gebiete abgetreten worden, welche si Jahrhunderten zu Polen gehörten. Die Zugehönigkeit dieser Ge⸗ jtte zur Krone Polens ist auch vom Wiener Kongreß anerkannt worden, 115 die Regierung der russischen Zaren wagte es nicht, hiese staatliche Zugehörigkeit anzutasten. Die Bevölkerung dieser Gebiete ist in ihrer überwiegenden Mehꝛzahl, selbst nach den tenden⸗ giösen russischen Statistiken, polnisch und katholisch. (Widerspruch rechts.) Die zaristische Regierung hat gegen diese Mehrheit vergeblich ahazehntelang einen Vernichtungskampf geführt, welcher in vielem an die Zeiten der ersten Christenverfolgungen erinnert. Mit seinem Ferzblut hat das Cholmer Land und Podlasie bezeugt, daß es polnisch und katholisch bleiben will. Den Regierungen des Deutschen Reiches und Oestereich⸗Ungarns ist es vorbehalten geblieben, den Versuch zu untetnehmen, diese Bande des Herzens, des Glaubens und des Blutes zu zerreißen. Unter nichtigen Vorwänden wurden die Vertneter der volnischen Nation von den Verhandlungen in Brest⸗Litowsk seitens der Zentralmächte ferngehalten. Die Abtrennung des Cholmer Landes und Podlasie von Polen ist eine schwere Verletzung des den Polen nicht nur seitens der Zentralmächte, sondern auch seitens Rußlands und der übrigen kriegführenden Staaten zuerkannten Selbstbestim⸗ mungsrechtes und ein brutaler Schlag gegen den auch von den Mittel⸗ mächten anerkannten Grundsatz eines demokratischen Friedens ohne Annexionen. Der Friedensvertrag von Brest⸗Litowsk hat deshalb überall, wo ein polnisches Herz schlägt, helle Entrüstung ausgelöst. (Sehr wahr! bei den Polen.) Am 25. Februar 1918 hatte der Herr teichskanzler Graf Hertling im Deutschen Reichstag, in bezug auf die Feststellung der westlichen Grenzen des Königreichs Polen folgendes b „Von deutscher Seite wird bei Regelung der Grenzfrage nur as aus militärischen Gründen Unerläßliche gefordert werden.“ Mit sesen Worten wird eine Politik der Annexionen angekündigt, welche ein friedliches und freundnachbarliches Nebeneinanderleben des deutschen und polnischen Volkes unmöglich machen würde. (Unzuhe rechts.) Wir als Vertvetor der polnischen Nation im preußischen Abgeordneten⸗ dause teilen voll und ganz die Entrüstung unseres Volkes, und legen sgerlichst gegen diese bereits getätigten und in Zukunft beabsichtigten Gewaltakte an der polnischen Nation Verwahrung ein. Wir werden den mit der Ukrainischen Volksrepublik in Brest⸗Litowsk abgschlossenen grledensvertrag, auch wenn er in äußerlich gesetzlicher Form zustande ommt, niemals als Recht anerkennen. (Beifall bei den Polen.)

VeAbg. Dr. Wolff⸗Gorki (kons.): Ich habe jahrelang die Verhältnisse in Posen und Westpreußen kennen gelernt; in Ober⸗ sclesien liegt es zeilweise etwas anders. Der Etat der Ansiedlungs⸗ temmission gibt uns zu einer Erörterung koinen Anlaß, die Denkschrift der Ansiedlungskommission zeigt uns aber, daß die Tätigkeit der An⸗ edlungskommission im Jahre 1917 äußerst gering gewesen ist und daß nur 20 neue Stellen ausgebracht sind. Wer die Polen und die polnische Volksseele verstehen will, darf nicht mit deulf hem Schlüssel das polnische Schloß öffnen wollen. Es ist ein grundlegender Irrtum, beresshische Gesellschaft nur vom deulschen Standpunkt verstehen und in das en zu wollen. Wir müssen einmal mit dröhnendem Hammer Risatz⸗ Schlafgemach der preußischen Regierung schlagen. (8 eiterkeit. se Kemnrufe.) Gewiß wir werden mit der Polenpolitik vie eicht bald Ebeeller liegen. Ich kenme die Polen ganz genau. Ich habe ein d lang mit ihnen amtlich und wirtschaftlich zu tun gehabt; als eines posenschen Kreises habe ich iemals den Polen etwas zu⸗ seits hab v enh ich wußte, daß sie es nicht erfüllen könnten; anderer⸗ herlanatn die Polen von mir als deutschem Beamten niemals etwas Ervderen⸗ was ich nicht leisten konnte. Der Abg. Korfanty und Regime Polen haben wiederholt erklärt, daß ihnen das deutsche Posen b wderwärtig sei. Die preußische Regierung hat den polnisch as Beste und Tüchtigfte gegeben, was sie konnte. Aber die ihr Patei 1f it nicht gewillt, ihre eigene Kultur aufzugeben, denn will alle Kioömus, in hundertjährigem Feuer geläutert, ist glühend und wiede ande, die jemals zu dem polnischen Reiche gehört haben, Seder zusammenfassen, sobald es sich machen läßt. Wer von deutscher Seite die Polen in diesem Bestreben glaubt irre machen zu können,

lauben sie, er wolle sie zu politischen Lumpen machen.

mit kleinen ungenügenden Mitteln den Polen entgegen⸗

nasnünere kwaͤhr, 1n Außsnahme der Reden der Minister und

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fanahanen, istevergeblich. Wer noch glaubt, mit der polnischen Ge⸗ ö“ dchs etben und Posen in Oberschlesien liegen die ich Iebrbett⸗ su einem deutschen Frieden zu kommen, den E111““ Regierung deshalb von diesem Gesichts⸗ inögliche möglut 1eg 8 ob sie noch weiter persuchen will, das Un⸗ öö6 Heiczru ma en, nämlich die Polen mit dem preußischen Ser und mbrsehnen. Die polnischen Ansprüche reichen bis an die Westfalen sogar Bezug auf polnische Bevölkerungsteile in W der Rheinprovinz. Der Pole ist gewöhnt, mit seinen halb ist weit zu⸗ schweifen, und er kennt keine Grenzen darin. Des⸗ äsnt ob die von dem Minister Drews angedeuteten ege nich 9 8 unmöglich aufzugeben sind. (Zustimmung rechts.) Das ewige Liebesbemühen erzeugt bei den Polen naturgemäß nur das Gegenteil. (Sehr wahr! vechts.) Die deutschen Bevölkerungs⸗ teile in Posen und Westpreußen weichen mit Entrüstung und Sorge Jahr und Tag von der deutschen Regierung inaugurlerten . Ich sehe nicht ein, wie die seit dreißig Jahren im u“ mit den Konservativen, Freikonservativen und Nationalliberalen betriebene Ansiedlungspolitik noch möglich sein kann, wenn das neue Wahlgesetz kommt, (Sehr wahr! rechts.) Wir dürfen die Dämme gegen das Polentum im Osten nicht ei reißen, sondern müssen sie den neuen Verhältnissen entsprechend verstärken. (Sehr richtig! rechts.) Wir kommen sonst zu einer Polonisierung dieser Provinzen. Mit dem Wahlrecht gewinnt man die Polen auch nicht und ob mit Hilfe des Proportionalwahlrechts ein paar deutsche Mandate in den Ansiedlungsprovinzen mehr oder weniger künftig gerettet und er⸗ gattert werden, ist ziemlich gleichgültig, denn eine Mehrheit für die Ansiedlungspolitik ist nicht denkbar, wenn hier 150 Sozialdemokraten, 100 Zentrumsmitglieder und 50 polnische Herren sitzen. (Lachen und Widerspruch bei den Polen.) Nun, es mögen ein paar mehr oder weniger sein. Jedenfalls ist die Ansiedlungspolitik ausgeschlossen. Die Polen selbst haben ja niemals ein Hehl daraus gemacht, daß sie in Posen, Westpreußen und in anderen östlichen Provinzen alles polonisieren wollen, und für die Versöhnungspolitik gar nicht empfänglich sind. Wenn die preußische Staatsregierung das Gegen⸗ teil annahm, so tragen die Polen daran keine Schuld, besonders Herr Korfanty hat alles gesagt, was nötig war, um die preußische Staats⸗ regierung aufzuklären. (Sehr gut! rechts.) Ich mußte einmal den Wünschen der deutschen Bevölkerung aus der Ostmark Rechnung tragen und diese mir selbst unangenehmen Dinge hier vorbringen. Es nußte einmal jemand auftreten, der nicht säuselt, sondern in der Lage ist, mit ganz grobem Brummer zu schießen. (Lebhafte Zu⸗ stimmung rechts und bei den Nationalliberalen.) Aus den Reihen der freikonservativen und der nationalliberalen Partei wollen einige Herren auf die Brücke des Proportionalwahlrechts treten. Ich möchte dringend davor warnen, weil damit nur der Umfall erleichtert wird. Die Polen werden dieses Wablsystem begrüßen, wo es ihnen paßt, vielleicht in Westfalen. Die Mißstimmung und Empörung der deut⸗ schen Kreise in Posen und Westpreußen wird aber durch die Ein⸗ ührung des Proporzes nicht beseitigt werden. Jedenfalls wird auch dadurch die Fortsetzung der bisherigen Ansiedlungspolitik sich nicht ermöglichen lassen. Ueber kurz oder lang werden die Polen doch die gänzliche Loslösung der östlichen Provinzen vom preußischen Staate verlangen. Sie sagen ja jetzt schon in ihrem Aufruf wegen des Cholmer Landes, daß sie im preußischen Staatsgebiet sich eins fühlen mit der „urpolnischen Erde“ bis zum baltischen Meer und bis zu den Sammelpunkten in Westfalen. Wenn sie schon Cholm als das Land ihrer Tränen bezeichnen, so wird ihnen doch das Land um Gnesen und Posen sicher noch viel mehr am Herzen liegen. Wie lange kann es dauern, dann werden sie auch diesem Land ihre inner⸗ lichen Tränen offen zeigen, um es sn das Gesamtpolen zu ge⸗ winnen. Ich bin persönlich immer bereit gewesen, den polnischen Herren entgegenzukommen. Wenn wir aber diese Wünsche gewähren sollten, dann müßten wir ja Selbstmord als Preußen begehen und das können wir nicht. (Beifall.) Wir können die Regierung nur ersuchen, von ihrem bisherigen Wege der Versöhnung mit den Polen und der Abtragung der Ansiedlungspolitik abzulassen. Wenn die deutschen Stimmen in der Ostmark jetzt so heftig auftreten, so liegt das daran, weil die Regierung nicht hören will oder nicht hören kann, was die Deutschen über die polnische Frage zu sagen haben. Der Landrat des Kreises Znin hat in einem Bericht über die national⸗ polnische Bewegung die Dinge so dargestellt, wie sie wirklich sind. Dieser Bericht wurde nach Berlin geschickt, und im Ministerium wurde man deswegen so sehr gegen diesen anerkannt tüchtigen Land⸗ rat aufgebracht, daß er mir nichts dir nichts an die Ohren genommen und nach Hannover ich kann nicht anders sagen verschleppt wurde. (Rufe rechts und bei den Nationalliberalen: Unerhört!) Auch andere Beamte sind kaltgestellt worden, weil he unbequeme Wahr⸗ heiten über die polnische Bewegung berichtet haben. So kann es nicht weiter gehen. Es muß eine Aenderung erfolgen, und es müssen die notwendigen Maßnahmen getxoffen werden, um die Ansiedlungs⸗ politik kräftig fortzuführen. (Beifall.) Ich bin persönlich ein Gegner des Enteignungsgesetzes gewesen, ebenso wie meine politischen Freunde. Nachdem dieses Gesetz nun aber beschlossen war, mußte es auch durchgeführt werden. Die Regierung wollte ein Damokles⸗ schwert aufhängen, um den Uebermut der Polen zu zügeln. Aus diesem Schwert ist aber ein Stück Pappe geworden. (Sehr gut! rechts.) In den paar Fällen, wo das Gesetz angewandt wurde, konnten sich die Polen dazu gratulieren, daß sie die allermiserabelsten Güter der Provinz los wurden. Das Enteignungsgesetz war sicher⸗ lich ein Fehler, nachdem es aber einmal erlassen ist, wäre es ein noch größerer Fehler, es wieder aufzuheben. (Aha! links und bei den Polen.) Zu einer solchen Konzession bietet die Haltung der Polen nicht den allergeringsten Anlaß. Die Ansiedlung von Polen und von Deutschen nebeneinander ist eine Unmöglichkeit. (Hört, hört!) Eins von beiden kann man nur machen. Ich will bemerken, daß Oberschlesien seit sehr langen Zeiten zum Deutschen Reiche gehört hat. Dort wohnt eine im Grunde absolut ruhige, völlig uninter⸗ essierte, außerordentlich tüchtige, fleißige und anfpruchlose Hevölke⸗ rung, die auch ein anderes Idiom, das wasserpolnische, spricht Erst in den sechziger Jahren setzte dort eine nationalpolnische Bewegung ein. Es fehlt in Oberschlesten aber gänzlich die polnische Oberschicht, der polnische Großgrundbesitz. Diese polnischen Oberschlesier wollen nur in Frieden und Ruhe leben und wirtschaftlich gefördert werden. Um so weniger ist es nötig, diesen Teil in die polnischen Maßnahmen

mit hereinzuziehen, zumal ja die oberschlesischen Polen auch im Welt⸗

kriege ihre Pflicht nach jeder Richtung tadellos und loyal erfüllt haben. Jetzt ist es aber keine Zeit, den Polen gegenüber Konzessionen zu machen. Wir müssen abwarten, wie sich die Verhältnisse entwickeln werden. Der Pole wird immer die Ideale vertreten, wie sie hier von den polnischen Vertretern geschildert worden sind. Eine Versöhnung mit der preußischen Staatsangehörigkeit ist ausgeschlossen. Es wird niemand den Herren in Posen und Westpreußen es übel nehmen, wenn sie sich jenseits der Grenze durch die dortigen Verhältnisse mehr angezogen fühlen und dorthin über gehen. Es wird manche schmerz⸗ liche Lücke bei uns hinterlassen. Ich weiß nicht, wie wir Großgrund⸗ besitzer den polnischen Arbeiter werden entbehren können. (Zurufe bei den Polen.) Ich weiß nicht, wie wir die Intelligenz der großen Landwirte werden entbehren können. Bei den polnischen 2. achbarn haben wir manches Gute gesehen und von ihnen gelernt. (Sehr gut! bei den Polen.) Es wird also mancke Lücke entstehen, wenn diese Trennung erfolgt. Es wird aber wohl der einzige Weg fein, auf dem wir für beide Teile möglichst in Anstand und Ruhe auseinander⸗

kommen. (Beifall rechts.) 8

die Verhältnisse im Osten sehr aufmerksam verfolgt,

Vizepräsident Dr. Porsch gibt das vom Kaiser ein⸗

Antworttelegramm auf die Glückwünsche des

elaufene 4 aus Anlaß des Friedensschlusses mit Rußland

Hauses bekannt.

Vizepräsident des Staatsministeriums Dr. Friedberg:

Meine Herren! Wer wie ich den Vorzug hatte, den ausgiebigen Verhandlungen in der Kommission des Abgeordnetenhauses beizu⸗ wohnen und gleichzeitig auch wie ich Gelegenheit hatte, in der Kom⸗ mission des andern Hauses den Verhandlungen zu folgen, wird schwer⸗ lich erwartet haben, daß das Thema, das wir hier heute behandeln, von neuen Gesichtspunkten aus betrachtet werden könnte. Der Herr Vorredner hat mich in dieser Beziehung in meiner Erwartung etwas enttäuscht. Er ist tatsächlich von einem wesentlich an⸗ dern Standpunkt ausgegangen, als er bis jetzt bei jenen Ver⸗ handlungen zutage getreten ist; er ist aber auch und das war das Ueberraschendste für mich von einem ganz andern Standpunkt aus⸗ gegangen als von dem, den seine Fraktion bisher eingenommen hat. In den verschiedenen Verhandlungen, die wir geführt haben, ist immer von allen Seiten der Gesichtspunkt in den Vordergrund gestellt worden, daß die polnisch sprechenden Preußen sich endlich einmal als Preußen fühlen müßten. Der Herr Vorredner hat demgegenüber auseinandergesetzt, daß das eine unmögliche Anforderung sei. Er ist davon ausgegangen, daß die Polen einen glühenden Patriotismus für ihre Nation empfinden, daß sie sich als ein untrennbares Ganzes be⸗ trachten und daß daher die Anforderung, die man an sie stellen würde, sich als preußische Staatsbürger zu fühlen, eine ganz unmögliche sei. Er hat in dem Bilde von dem falschen Schlüssel, mit dem er operierte, auch zum Ausdruck bringen wollen, daß man, wenn man eine solche Anforderung stellt, die Psyche der Polen ganz falsch beurteile, und daß, von diesem Standpunkt aus betrachtet, ein jedes Entgegen⸗ kommen gegen die Polen vollständig überflüssig und aussichtslos sei Er ging so weit, zu sagen, daß, wer derartiges von den Polen ver⸗ lange, eigentlich von ihnen fordere, was ein ehrenwerter Mensch nicht tun könne. Das ist also ein wesentlich veränderter Standpunkt gegen früher. Wenn ich also diesen Standpunkt des Herrn Vorredners näher betrachte, den ich, als er in dieser Richtung seine Ausführungen machte, zunächst, wenn ich den Ausdruck gebrauchen darf, als den eines Ein⸗ spänners in seiner Partei ansah (Widerspruch rechts) ich würde es nicht geglaubt haben, daß das die Meinung seiner Fraktion ist, wenn er das nicht ausdrücklich erklärt hätte —, muß ich also annehmen, daß nicht nur er, sondern auch die Fraktion, die er vertritt, einen ver⸗ änderten Standpunkt einnimmt. Da macht es sich in demselben Moment etwas eigentümlich, wenn er nun der Regierung fortwährend eine Wandlung zuschiebt, die meines Erachtens auf dieser Seite (rechts) Platz gegriffen hat, und nicht auf der Seite der Regierung und der Parteien, die bisher die Polenpolitik unterstützt haben.

Der geehrte Herr Vorredner ging von der Vorstellung aus, daß die Königliche Staatsregierung eigentlich von nichts weiter erfüllt sei als von den unklaren Gedanken einer Versöhnungspolitik gegenüber den Polen. (Sehr richtig! rechts.) Ich habe mich über diese Frage schon sehr oft ausgesprochen. Die Beweggründe, von denen aus wir dazu gekommen sind, Ihnen einige Abänderungen der Polen⸗ politik in Aussicht zu stellen, sind nicht die der Versöhnung gewesen, sondern sie sind entstanden aus dem Gefühl, daß wir das, was mög⸗ licherweise als Ungerechtigkeit, als Ungleichheit vor dem Gesetz empfunden werden könnte, beseitigen wollen. Wir wollen die Stärkung und den Schutz des Deutschtums auf⸗ recht erhalten das haben wir verschiedentlich erklärt, wir wollen aber diejenigen Ungleichheiten beseitigen, die als ein Unrecht von den Polen empfunden werden und auch von seiten einiger deutscher Parteien immer als eine Ausnahmegesetzgebung betrachtet worden sind. Es ist also einfach das Gefühl der Gerechtigkeit, aus dem

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heraus wir diese Vorschläge gemacht haben, nicht aber das Gefühl eines

dunklen Versöhnungsdusels, wie es uns der Herr Vorredner zuschiebt.

Der Herr Vorredner ist ferner eingegangen auf den Zusammen⸗ hang zwischen Wahlrecht und Ostmarkenpolitik. In der Beziehung war ich nicht enttäuscht, denn das, was er uns vor⸗ getragen hat, habe ich tatsächlich schon zu verschiedenen Malen in der Wahlrechtskommission gehört. Ich will damit nicht sagen, daß es da⸗ durch, daß es so oft vorgetragen worden ist, an Bedeutung verloren habe. Ich gebe vollkommen zu, daß hier schwere Bedenken vorliegen, aber die Bedenken liegen nicht, wie der Herr Vorredner zutreffend hervor⸗ gehoben hat, in der Richtung, daß ein paar deutsche Mandate ver⸗ loren gehen, sondern darin, daß ein ganz anders zusammengesetztes Haus kommt, das vielleicht nicht in dem Maße geneigt ist, die Polenpolitik der Regierung weiter zu unterstützen, wie das bisher von der Mehrheit des Hauses geschehen ist. (Sehr richtig! rechts.) Dieses Bedenken ist nicht ungerechtfertigt; aber dann muß ich mich ganz außerordentlich wundern, daß seitens der konservativen Partei ein Pluralwahlrecht vorgeschlagen worden ist, das an diesem Verhältnis ahsolut nichts andert. (Sehr richtig! links.) Wenn Sie diesen Gedanken konsequent weiter verfolgen, dann kommen Sie dahin, es bei dem Dreiklassen⸗ wahlrecht zu belassen, denn das Dreiklassenwahlrecht garantiert in Zukunft eine Zusammensetzung dieses Hauses, wie sie im Interesse der Ostmarkenpolitik erwünscht ist. Dann wollen wir aber überhaupt von einer Wahlreform nicht mehr reden, dann kann ich aber auch die konservative Partei nicht verstehen, wenn sie mit Energie betont, daß sie einer Reform geneigt sei, und einen derartigen Vorschlag macht, wie er in der Wahlrechtskommission von ihr gemacht worden ist.

Der Herr Vorredner hat dann weiter gesagt, er wolle mit eisernem Hammer an das Schlafgemach der Regierung klopfen (Heiterkeit), er wolle sie gewissermaßen aus der Lethargie aufwecken, in der sie sich bisher befunden habe. Ich weiß wirklich nicht, ob die Hammerschläge tatsächlich den metallenen Klang gehabt haben, den der Herr Vor⸗ redner von ihnen erwartet hat. An mir sind sie ziemlich eindruckslos das muß ich offen sagen vorübergegangen (Sehr richtig!), denn ich bin mir bewußt, daß die Regierung nicht schläft, sondern daß sie das ist augh