1918 / 58 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 08 Mar 1918 18:00:01 GMT) scan diff

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scheint als einseitig, unzweckmäßig und teuer. Unsere technischen Be⸗ amten sind ebenso tüchtig und chbar, wie die auf den Universitäten vorgebildeten; die Bef gen für die Ausbildung der administra⸗ iven Beamten müssen geandert werden; man muß die besten Beamten nehmen ohne Rücksicht darauf, woher sie kommen. Es muß in Zukunft vermieden werden, daß Jahrzehnte vergehen, ehe wir grundsatzlich als nützlich erkannte Neuerungen einführen. Der Ausbau unseres Verkehrs⸗ ößerer Energie betrieben werden; diese bare Krieg erstarken lassen. In Bezug Stationen zur schnelleren Be⸗ und 1 ich seit zwanzig Jahren auf unsere nüber England hin; auch hier müssen endlich die bureaukratischen Schwierigkeiten beseitigt werden. Eine allgemeine gemeinsame Vorbildung muß durchgeführt werden, um die scharfe Scheidegrenze zwischen den beiden Beamtenkategorien zu mildern. Auf diesem freilich auch nicht sofort zu einem durchschlagenden Erfolge fuhrenden, aber zurzeit einzig möglichen Wege wird ein Fort⸗ schritt möglich sein, und meine Freunde werden den Minister dabei in

jeder Weise auf das ernstlichste unterstützen. 1 Abg. Leinert (Soz.): Die Erhöhung der Tarife aus dem Güter⸗ Wund Personenverkehr wird 389 Milllionen Mark bringen. Das bedeutet nicht gerade viel für einen Haushalt, der für 1918 3454 Millionen gegenüber 2149 im Jahre 1913 aufweist, wo noch 93 Millionen in den Ausgleichsfonds gelegt werden konnten. Wenn Herr Macco für 1918 einen Reingewinn von nur 15 Millionen herausrechnet, so möchte ich auch das noch sehr Zweifeln, weil in dem Anschlag für 1918 ja beinahe 400 Millionen n enthalten sind und die Abgabe für die allgemeinen Staatszwecke 159 Millionen vermindert worden ist, sonst würde dieser Etat mit 50 Millionen Defizit abschließen. Wir bewilligen also einen Etat, n Ziffern auch nicht entfernt der Wirklichkeit entsprechen dürften. Eisenbahnen sind nach unserer Meinung kein Institut, um den anzministern Millionen für die allgemeine Staatsverwaltung zur rfügung zu stellen, sondern Eie sind ein Verkehrsinstitut, sie sind s Rückgrat unseres ganzen Wirtschaftslebens und nicht die milchende uh für die Finanzverwaltung. Das Finanzabkommen mit dem Aus⸗ eichsfonds hat sich ja auch immerhin als nützlich erwiesen, sonst hätte man sich wohl schon im vorigen Jahre zu der Tariferhöhung gezwungen sehen. Es ist nicht abzusehen, wie sich die wirtschaftlichen Ver⸗ Hteche nach dem Kriege gestalten werden. Um ein wirkliches Ver⸗ kehrsinstitut zu werden, muß die Eisenbahnverwaltung von der Fi⸗ nanzverwaltung mehr unabhängig gemacht werden. Jedoch ist es nötig, daß das Abgeordnetenhaus auch in der Frage der Personentarife mit⸗ zusprechen hat. Hier muß eine gesetzliche Regelung herbeipgeführt werden, da hier ein ganz unhaltbarer Zustand herrscht. Die Tarif⸗ reform soll 10 %% in allen Klassen für die Personenbeförderung bringen. Dazu kommen die neuen Reichssteuern und die Aufhebung der bisherigen Fahrkartensteuer. All dies zusammen wirkt unsozial. Bei der Fahrkartensteuer war in gewissem Sinne der soziale Cha⸗ rakter gewahrt, indem eine gewisse Abstufung von der ersten bis zur dritten Klasse stattfand. Nach Wegfall dieser Steuer werden aber jetzt die minderbemittelten Personen am meisten belastet. Auch eine Erhöhung der Monatskartenpreise ist beschlossen worden. Die Ar⸗ beiterfahrkarten bleiben frei. Das ist aber doch das Mindeste, was man verlangen kann. Aus den Ausgaben geht hervor, daß die Aus⸗ aben für das Material ungeheuer gewachsen sind. Den Arbeitern in en Lokomotiv⸗ und Waggonfabriken wunde bei ihren Forderungen auf Lohnerhöhungen erklärt, daß die Eisenbahnverwaltung keine höheren Preise bewillige. Nun sehen wir aber, daß bis zu 109 o% mehr bezahlt worden sind. Es wäre Aufgabe der Eisenbahnverwaltung, auf die Direktionen der betreffenden Fabriken hinzuwirken, den Arbeitern höhere Löhne zu bezahlen. Der Eisenbahnminister geht aber hier den umgekehrten Weg. Er ist am Werke mit den betreffenden Instanzen p erreichen, daß die Löhne noch herabgesetzt werden können. Das

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Programm des Ministers über die Reformen im Eisenbahnverkehr

läßt die allgemeine Forderung zur Notwendigkeit werden, den Be⸗ trieb der Eisenbahnen auf das Reich zu übernehmen. Der Nachweis, haß die erste Klasse unrentabel ist, ist schon lange erbracht worden. Die Züge mit erster und zweiter Klasse sollen im Frieden noch vermehri werden. Das ist eine weitere Benachteiligung der Fahrgäste in der pritten Fahrklasse. Das wirtschaftliche Erfordernis ist, daß man edem die Möglichkeit gibt, durch die vorhandenen Verkehrsmittel so schnell wie möglich mit Hilfe der Eisenbahnen seinen Geschäften nachzugehen. Die Eilzüge sollen allerdings mit dritter und vierter Klasse fahren. Sie werden aber meistens in die Nachtstunden gelegt. Nötig ist die Einführung der vierten Klasse in die D⸗Züge. Das eiserne Muß wird jerenfalls die Eisenbahnverwaltung zwingen, in dieser Be⸗ ziehung weiter zu gehen. Der Minister will all diese Fragen erst nach dem Kriege lösen, aber vielleicht geht es ihm hier so wie in der Tarifreform. Einen Sitzplatz für alle Reisenden der vierten Klasse hat der Minister nur für den Fernverkehr zugestanden. Wir erheben auch Anspruch darauf, daß Schlafwagen dritter Klasse eingeführt werden, daß die Sonntagsfahrkarten wieder eingeführt und Kilometer⸗ hbefte eingerichtet werden. Wir fordern eine Verbilligung des Verkehrs und sind gegen alle Erhöhungen. Alle Kriegsnot⸗ wendigkeiten nimmt das Publikum hin, aber Mißstimmung herrscht über den Ausfall so vieler Sonntagszüge. Wenn dadusch die Hamster⸗ fahrten verhindert werden sollen, so können wir das nicht billigen. Die Erhebung des doppelten Fahrpreises in den D⸗Zügen ist unnötig, fie zwingt nur umsomehr zur Benutzung der Personenzüge. Mindestens müßten die Reisenden der dritten Klasse in den D⸗Zügen zum einfacken Fahrpreis gefahren werden, wenn sie einen behörd⸗ ichen Ausweis erbringen, daß sie zu den Minderbemittelten ge⸗ bören, die etwa weniger als 4000 Einkommen haben. Der soziale Gesichtspunkt muß mehr in den Vorderarund gestellt werden. Die Neubauten der Eisenbahnverwaltung müssen so vorbereitet werden, daß die beimkehrenden Krieger sofort beschäftigt werden können, und babei müssen die Arbeitgeber verpflichtet werden, die Tarifverträge twischen Arkeitcebern und Arbeitnehmern einzuhalten. (Sehr richtig! links.) Früher verhielt sich der Minister dagegen ablehnend, tber etwas neuer Geist ist wohl auch in das Eisenbahnministerium hineingekommen. Der am 24. Januar 1918 abgeschlossene Vertrag wecen Uekertragung des Eisenbahnreklamewesens auf den Verlag von Reimar Hobbing, von dem uns die Regierung in der Kommission nichts gesagt hat, hat guch eine politische Seite. Es scheint, daß dieser Monopolvertrag das Defizit der „Noredeutschen Allgemeinen Zeitung“ decken soll. Der Verlag hat das alleinige Recht zun Ein⸗ lecung von Druckschriften in die Züge. Es könnte also z. B. die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ in Hunderttausenden von Eremplaren in ganz Deutschland verbreitet werden. Es wäre ein glänzendes Geschäft für den Verlag. Vielleicht steht auch die „Ala“ damit in Verbindung. Der Vertrag gewährt dem Verlage Fracht⸗ freiheit für die Versendung der Reklame und freie Fahrt für seine Aufsichtspersonen. Der Verlag soll von den Roheinnahmen bis zu zwei Millionen 50 *%, darüber hinaus 60 % abgeben. Aber niemand Ferm kontrollieren, was als Roheinnahme gilt. Wenn der Minister den Vertrag aus fiskalischen Gründen abgeschlossen haben will, so hätte die Eiserbahnverwaltung mehr verdienen können, wenn sie das Reklamewesen selbst in der Hand behalten hätte. Der Verlag soll Künstler bescköfticen, aber er wird sie wohl nur ausbeuten und aus⸗ saugen. Der Vertrag ist auf 15 Jahre geschlossen. Wer kann soweit die Verhältnisse voraussehen? Ich gebe dem Minister anheim, den Vertrag wieder zu lösen, wie seinerzeit den Vertrag mit der Buch⸗ handlung Stilke. Hier sind nicht die Interessen gewahrt, die der Eisenbahnrerwaltung anrertraut sind.

Präsident Dr. Graf von Schwerin⸗Löwitz erteilt dem Abgeordneten Hofer (U. Soz.) das Wort. Da dieser nicht anwesend ist, erhält das Wort

Abg. Dr. von Woyna (freikons.): Schon vor zehn Jahren

ich angeregt, die starke Zersplitterung im Reklame⸗

bei der Eisenbahn sollte durch eine größere Ver⸗ einheitlichung ersetzt werden, damit diese Einnahmequelle besser gusgenutzt wird. Ich begrüße deshalb den vom Abgeordneten Leinert sr angegriffenen Vertrag. Wir können zu der Finanzverwaltung das Bertrauen haben, daß das fiskalische Interesse dabei genügend ge⸗

wahrt worden ssi. Abgeordneter Dr. Lippmann fragte, woher ich

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wüßte, welche Folgen eintreten würden, wenn an die Spitze der Eisen⸗ bahnverwaltung ein parlamentarischer Minister gestellt wird. Ich habe meine Erfahrungen aus den parlamentarisch regierten Ländern ge⸗ sammelt, mein Aufenthalt in Belgien hat mich besonders darüber belehrt. Dort gibt es keine einzige reine Regung des öffentlichen Lebens meh, dort werden solche Posten von politischen vere, besetzt. Welches Unglück das bedeutet, ist mir klar geworden, als die Vertreier des flamischen Rates zu mir sagten: „Machen Sie für uns eine Ver⸗ fassung, wie Sie wollen, aber machen Sie eine, die uns davor behütet, daß politische Parteien Einfluß bekommen auf die Besetzung der öffentlichen Aemter! (Hört, hört! rechts. Lachen bei den Sozialdemokraten.) Auch in England und Frankreich sehen Sie, daß die parlamentarische Demokratie zu nichts anderem führt, als zu einer Oligarchie schlimmster Art. (Sehr wahr! rechts. Zurufe links: Und wer regiert bei uns?) Hier zegieren verständige Männer, die sich rekrutieren aus den breitesten Schichten der Bevölkerung. (Lachen links.) Solange wir hier sitzen, hat der Mittelstand den Ausschlag gegeben. Ich wollte mit meinen vom Abgeordneten Lippmann kritisier⸗ ten Ausführungen nur den Wunsch ausdrücken, daß es so bleiben möge.

Minister der öffentlichen Arbeiten Dr. von Breiten⸗ bach:

Meine Herren! Wenn ich mir die kritischen Ausführungen des Herrn Abgeordneten Leinert vergegenwärtige, so muß ich feststellen, daß er kein Verständnis dafür zeigt, daß alle unsere Betriebs⸗ und Ver⸗ waltungsmaßnahmen zurzeit ausschließlich unter dem Drucke des Krieges stehen, daß wir sehr vieles ausführen und anordnen müssen, was wir im Frieden bestimmt ablehnen würden. Ich habe diesem Gedankengang schon wiederholt in diesem hohen Hause Ausdruck ver⸗ liehen; aber im Hinblick auf die kritischen Aeußerungen des Herrn AbgerrHneten Leinert muß ich es wiederholt und erneut tun.

Er hat wohl alles auf das schärffte bemängelt, was wir angeordnet haben, um den großen Anforderungen, die täglich und stündlich an uns herantreten, einigermaßen gerecht zu werden. Dies gilt auch für das, was er über die Zwangsmaßnahmen ausgeführt hat, die zur Ein⸗ schränkung des Schnellzugsverkehrs getroffen sind; er hält sie für unerträglich, ich halte sie für schwer erträglich; er hält sie für unverständig und will etwas Besseres an die Stelle setzen, schlägt vor, daß wir für die Passagiere 3. Klasse er ist einseitig und sieht nur die Arbeiter, er denkt nicht an den Kopf⸗ und Geistesarbeiter (Sehr richtig! rechts) Bezugsscheine einführen, dadurch natürlich diesen Teil der Bevölkerung außerordentlich bevorzugen und einen an⸗ dern, der im Kriege von großer Bedeutung ist für unser Können und für unser Durchhalten, vernachlässigen und zurückdrängen. (Sehr richtig! rechts.)

Gleiche Gedankengänge durchsetzten die Ausführungen des Herrn Abgeordneten Leinert nach den verschiedensten Richtungen. Ich darf nur bitten, sich dessen zu erinnern, was er über die geplante Aende⸗ rung der Personentarife, die am 1. April d. J. zur Ein⸗ führung kommen soll, gesagt hat. Er sieht nur Mängel und beurteilt sie als durchaus unsozial; er will es in keiner Weise gelten lassen, daß in einer Zeit, wo jeder im Staate an den Lasten mittragen muß, nunmehr auch ein Teil der Bevölkerung, der bisher von der Reichs⸗ verkehrssteuer freigelassen war, dazu herangezogen werden muß und schließlich auch zu den Erhöhungen, die wir im Personentarif vorsehen. Vergünstigungen bewertet er nicht, indem er sagte, es fehlte nur noch, daß auch die Arbeiterklasse, soweit sie auf Arbeiterwochenkarten und Arbeiterrückfahrkarten fährt, von der Erhöhung und von der Ver⸗ kehrssteuer betroffen würde. Da möchte ich ausdrücklich feststellen: dieser Vorbehalt ist von dem preußischen Minister der öffentlichen Arbeiten vor zwei Jahren, als die ersten Verhandlungen über die Ver⸗ kehrssteuer begannen, und im vorigen Jahre, als die Verhandlungen über die Einführung des erhöhten Personentarifs stattfanden, von Anbeginn gemacht worden. Ich nehme daher im Hinblick hierauf für mich soziales Empfinden durchaus in Anspruch.

Daß bei einer Belasttung der 4. Klasse mit der Verkehrssteuer und mit dem Zuschlage zu den Personentarifen eine prozentuale Be⸗ rechnung dieser Klasse im Vergleiche mit der Gegenwart verhältnis⸗ mäßig schlechter gestellt erscheinen läßt, ist selbstverständlich. Dieses muß eintreten, da die jetzt geltende Fahrkartensteuer die 4. Klasse frei⸗ läßt und tatsächlich nur die 1. und 2. Klasse stark trifft. Die absolut sich ergebenden Sätze der Fahrpreise ich bedauere, daß meine ein⸗ gehenden Darlegungen im Ausschuß vollständig unbeachtet geblieben sind beweisen, daß aus der Erhöhung der Reichsverkehrssteuer und der Erhöhung des Personentarifs die 1. Klasse etwa 3 mal soviel be⸗ lastet wird als die 4. Klasse, die 2. Klasse etwa 2 mal so viel und die 3. Klasse bis doppelt so viel als die 4. Klasse. Das sollte doch auch berücksichtigt werden.

Der Abgeordnete Leinert wies darauf hin, daß wir unter dem Zwang der Betriebslage die Sonntagszüge aufs äußerste einge⸗ schränkt haben, zum großen Teil haben fortfallen lassen; der Sonntags⸗ verkehr üst tatsächlich in ungewöhnlicher Weise vermindert worden. Der Herr Abgeordnete meinte, das wäre unsozial. Ich sage: es ist im höchsten Maße sozial, weil uns das Interesse unseres eigenen Per⸗ sonals an erster Stelle steht. (Sehr richtig!) Und dieses Interesse haben wir allein dadurch fördern wollen, wir haben das Personal frei⸗ machen, wir haben ihm größere Ruhe zuweisen, wir haben es auch unter Umständen für andere Zwecke froimachen wollen. So kann man über das, was sozial und unsozial ist, völlig verschiedener Meinwig sein.

Den weiteren Ausführungen des Abgeordneten Leinert folgend, darf ich auf die Frage der Verpachtung des Rekkame⸗ rechts an Herrn Hobbing eingehen. Der Herr Abgeordnete ich war bereits darauf vorbereitet, weil der „Vorwärts“ heute morgen ganz gleichartige Ausführungen gebracht hat (Heiterkeit) ist in der Lage gewesen, den Pachtvertrag vorzulegen. Ich habe nichts dagegen zu erinnern, das er von dem Vertrage Kenntnis er⸗ halten hat. Der Vertrag ist nicht als vertraulich herausgegangen; trotzdem war er selbstverständlich als ein amtliches Stück zu behan⸗ deln. Wie der Abgeordnete Leinert in seinen Besitz gekommen ist, kann mir heute gleichgültig sein; aber seine Auslegung des Vertrages beweist doch, daß seine Neigung, zu kritisieren, ihn vorbeigehen läßt an allem demjenigen, was verständigerweise gewollt war.

Ich habe vorgestern ausgeführt, daß dieser Vertrag durch die Staatseisenbahnverwaltung lediglich unter fiskalischen Gesichtspunkten zu beurteilen ist. Es besteht, wie ich hiermit ausdrücklich feststelle, nicht der geringste, nicht der leiseste Zusammenhang mit dem Ver⸗ trage der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung“ und deren verstärkten Ausnutzung für amtliche und halbamtliche Kundgebungen. Diese Auffassung hat wohl Herr Leinert hineingetragen, um für seine Aus⸗ führungen Stimmung zu machen. Er fragte auch, wie kann man von einem solchen Vertrage der Staatshaushaltskommission keine

Kenntnis geben? Dieser Vertrag ist eine Bagatelle gegenüber den⸗ jenigen Verträgen, die wir abschließen, von denen wir der Staats⸗ haushaltskommission auch keine Kenntnis geben, weil sie sie nicht verlangt. Wenn sie sie verlangen würde, würden wir sie ohne weiteres geben. Es handelt sich um eine Einnahme aus einem Neben⸗ betriebe der Staatseisenbahnverwaltung, die, so groß auch die Er⸗ felge des Vertrages erhofft werden mögen, immer nur geringfügig ist. Aber in der heutigen Zeit wird der Eisenbahnminister, schon um den wirtschaftlichen Druck durch anderweitige Gestaltung der Tarife herabzumindern, jede Gelegenbeit benutzen müssen, Einnahmen zu schaffen, die für Dritte wenig empfindlich sind. Und ich behaupte, daß dieser Reklamevertrag für Dritte wenig empfindlich ist. Wir haben heute die Reklame an 12 Unternehmer verpachtet, die uns eine Pacht von 320 000 liefern. Herr Hobbing wird sich bemühen, sich mit den Unternehmern abzufinden; er ist verpflichtet, soweit wie möglich das Personal zu übernehmen. Ich meine, damit ist allem Rechnung geschehen. Einer dieser Verträge muß weiter bestehen, weil derselbe seinerzeit auf zehn Jahre abgeschlossen ist. Ich vermag nicht zu erkennen, warum aus diesem Vorgehen der Staatseisenbahn⸗ verwaltung der leiseste Vorwurf gemacht werden kann, wenn man nicht politische Momente hineinzieht, und diese können nur zwangs⸗ läufig hineingezogen werden. Ich bedauere, daß Herr Leinert Herrn Hobbing unterstellt hat, er würde die Künstler, die er beschäftigen wollte, in ihren Bezügen in unangemessener Weise herunterdrücken. Das ist denn doch eine Unterstellung, für die Herr Leinert wohl nicht die geringste Grundlage hat.

Ich wende mich dem Abgeordneten Lippmann zu, der, was mir durchaus sympathisch ist, seine Rede mit der Erörterung der Frage begann: was ist ven seiten der Verwaltung für die Fahr⸗ und Lokomotivpersonale geschehen, um ihren schweren Dienst zu erleichtern? Was ist überhaupt geschehen, um die Ernährungdes gesamten Personals der Staatseisenbahnverwaltung zu fördern? Da glaube ich doch einige Mitteilungen machen zu können, die bemerkenswert sind und die erkennen lassen, daß die Verwaltung der Staatseisenbahn aufs äußerste bemüht ist, was in ihren Kräften ist, zu tun, um die schwere Lage des Personals, in erster Linie des Fahr⸗ personals, zu erleichtern. Das konnte nur geschehen durch Schaffung von Organisationen, nicht neuen Organisationen, die vielfältig an⸗ gefeindet werden, sondern Organisationen, die sich an das Bestehende anlehnen, aus demselben entwickeln. Dem Ministerium ist ein Er⸗ nährungsbeirat angegliedert, der nach Bedarf zusammentritt unter dem Vorsitz des Ministerialdirektors Hoff, der in diesen Fragen besonders erfahren und kundig ist. Ich darf feststellen, daß die Arbeiten und Verhandlungen dieses Ernährungsbeirats sich segensreich erwiesen haben. Wir haben dann für jede einzelne Direktion einen besonderen Ernährungsdezernenten bestellt, dem Lebensmittel⸗ kontrolleure beigegeben sind, und außerdem haben wir Lebens⸗ mittelausschüsso gebildet, die sich bei den Hauptwerkstätten und anderen großen Betriebsstellen aus dem Personal dieser Dienst⸗ stellen zusammensetzen. Diese Organe bilden die Unterlage, um alles dasjenige zu tun, was zur Erleichterung der Ernährung der Beamten und Arbeiter getan werden kann.

Es ist selbstverständlich nicht leicht, über dasjenige hinaus, was nach Gesetz und Verordnung dem einzelnen zugemessen werden darf, mehr zu erreichen. Zunächst haben wir durchgesetzt, daß ein großer Teil unseres Personals als Rüstungsarbeiter angesprochen worden ist. Zu ihm gehört auch das Zugbegleitungspersonal. Ein anderer Teil des Personals gilt als Schwerstarbeiter, zu ihm gehört das Lokomotiv⸗ personal und die Feuerarbeiter. Weiter sind wir bisher leider nicht gekommen.

Wir haben uns dann lebhaft bemüht, aus dem Auslande unter starker Unterstützung des Feldeisenbahnchefs und unter Zustimmung des Kriegsernährungsamtes nicht rationierte Lebensmittel heran⸗ zuschaffen, deren Verteilung durch die Lebensmittelausfchüsse, die den verschiedenen Dienststellen angegliedert sind, erfolgt, damit das Per⸗ sonal in jedem Augenblick in der Lage ist, zu überwachen und zu kon⸗ trollieren, ob die Verteilung auch so erfolgt, wie es das Personal erwartet.

Die Aufwendungen, die wir auf Kosten der Verwaltung machen,

um die Differenzen zwischen dem Einkaufspreise und dem Preise,

zu dem wir die Lebensmittel an die Arbeiter abgeben, zu decken, sind recht erheblich; sie betragen mehrere Millionen Mark. Daneben arbeiten dann die Wirtschaftsausschüsse unserer Eisenbahnvereine, die das ganze Staatseisenbahnnetz überziehen, in sehr nützlicher Weise. Sie sind sehr betriebsam, so betriebsam, daß sie, wie ich leider feststellen muß, zuweilen in Kollision mit denjenigen Stellen geraten, die übe die Lebensmittelverteilung zu wachen haben.

Dann aber haben wir entscheidenden Wert barauf gelegt, daß das Personal durch Anbau von Flächen, die wir ihm aus eigenem Gelände zur Verfügung stellen konnten oder anpachteten, zur Selbsthilfe griff. Auf diesem Gebiete ist ganz Außerordentliches geschehen. Ein großer Teil dieser Flächen ist mit Kartoffeln bestellt worden, sodaß die Kartoffelversorgung des Personals durch die Ernte auf den angebauten Stücken erheblich gefördert worden ist. Es wird aber auch die Kleintierzucht durch Belehrung unter Beratung durch die Landwirtschaftskammer und mit Geldern stark gestützt. Die Fortschritte, die auf diesem Gebiete gemacht worden sind, sind er⸗ staunlich. Ich will das Plenum des hohen Hauses nicht mit den Zahlen belasten, die ich hier zur Verfügung habe.

Weas die Fahrpersonale betrifft, die durch die Unregel⸗ mäßigkeit des Dienstes in besonders schwierige Lagen kommen, so haben wir versucht, an denjenigen Stationsorten, an denen Anhäu⸗ fungen von Personalen stattfinden, durch Einrichtungen von Kantinen und durch Verträge mit den Bahnhofswirten dafür zu sorgen, daß sie nach Tunlichkeit beköstigt werden. Ich habe die Genugtuung, daß noch ganz jüngst, in einer der letzten Sitzungen des Ernährungs⸗ beitates, vom Personal anerkannt worden ist, daß die Verwaltung auf diesem Gebiete durchaus nützlich und zum Vorteil des Personals gewirkt hat.

Herr Abg. Lippmann hat dann zwei Fragen gestreift, die eine Be⸗ deutung für die Zukunft haben können. Er hat einmal darauf hin⸗ gewiesen, daß durch den mehrjährigen schweren Dienst ein solcher Krüfteverbrauch des Personals erfolge, daß es früher zur Pensionie⸗ rung gelangt. Es mag sein, daß diese Folge eintritt. Man wird freilich darauf hinweisen müssen, daß der größte Teil des Volkes die gleichen Folgeerscheinungen an sich wird feststellen müssen, und daß aus dieser Erwägung heraus die Frage nicht einseitig für einen Teil unserer Volkskräfte, die Beamten, gelöst werden kann. Immer⸗

in gibt sie, wie ich ohne weiteres zugebe, zum Nachdenken und zur Nackprüfung Veranlassung. 2 Feiter ist die Frage aufgeworfen. ob dem im Militär⸗Eisen⸗ ierst tütigen Personal die Jahre, die es im Felde steht, 1 angetechnet werden so habe ch Herrn Abgeord⸗ Lppmann derstanden —, wie den an Fronten und im Cperationtgebiet tütigen Militärpersonen. Die Frage sst wieder volt an mich herangetreten; sie rst ehns Prinzipielle und bedarf weiterer Nackprüfung. so daß ich heute nicht in der Lage bin, mich hierauf zu nihge Herr Abgeordnete hat bemängelt, daß der Minister der fffentlichen Arbeiten dem Landtag nicht rechtzeitig Gelogenheit ge⸗ vhen bat, sich zur Frage der Erhöhung der Personentarife zu äußern. ia. die Rechtslage besteht ja kein Zweifel. An⸗ sich bestebt eine esetzlich Verpflichtung nur bezüglich der Gütertarife auf Grund des Gesetzes vom Jahre 1882. Im iibrigen gibt das T arifhobei ts. recht des Staates dem Minister der ffentlichen Arbeiten, in erbeblichen Fällen dem Staatsministerium, die Möglichkeit, ohne gustimung des Landtages die Personentarife zu erhöben. Aber das vef ich als meine bestimmte Auffassung aussprechen, wenn nicht so incewöhrlicke Zustande vorgelegen hütten, wie sie der Krieg und das Vorjahr gebracht haben, so würde ich cs niemals unterlassen haben, dee Landtag rechtzeitig in den Stand zu setzen, zu der geplanten Resoem Stellung zu nehmen. Leider ließen die Umstände dieses nicht u. Die Reichsverkehrssteuer sollte bereits am 1. Januar d. Is.

eingeführt werden, einem Verlangen der Reichsfinanzverwaltung

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entprechend. Da eine Erhobung der Personentarife kommen mußte, durfte sie nur mit der Reichsverkehrssteuer zusammen eingeführt werden, weil es tatsäcklich unmöglich war, eine erneute Berechnung der Tarife alsbald nach Durchführung der Rcichsverkehrssteuer vor⸗ zunehmen. So drängten sich die Fragen zusammen, und es war aus⸗ geschlossen, daß ich den Landtag rechtzeitig hörte, bevor die Sache reif

Fe 4 . . 89 8 und fertig zur Durchführung war. Hiervon bitte ich Kenntnis

Urehmen zu wollen. Ich lehne eine Auffassung, wie sie der Abge⸗

nolle, für meine Person völlig ab. Davon kann nech der Auffassung, de ich über die Stellung der Staatsregiorung zum Parlament habe, kire Rede sein.

Eine andere Frage, die in der Vergangenheit in diesem Hause wiederbolt besprochen worden ist, ist die Frage der Einrichtung von Güterschleppbahnen mit dem Haptbahnen, die dem Personen⸗ und Güterverkehr dienen, zu entlasten. In früheren Zeiten ist diese Frage stets mit einer Tarifermäßigung in Verbindung gebracht worden. Man erwartete von der Einrichtung von Schleppbahnen eine sehr erhebliche Verbilligung der Selbstkosten⸗ und verlangte daraufhin Tarifermäßigungen. In diesem Zusammenhang st die Einrichtung von Güterschleppbahnen von der Staatseisenbahn⸗ derwaltung abgelehnt worden, weil diese Bahnen immer nur innerhalb begrenzter Verkehrsbeziehungen hätten geschaffen werden können und sir die davon betroffenen Gebiete ein erheblicher Vorzug gegenüber den Geieten eingetreten wäre, die nicht über eine Schleppbahn verfügten. Uer wir haben die Gesichtspunkte, die der Herr Abgeordnete Lippmann imEinne hat, in anderer Weise erledigt, sind nur leider durch den Krieg aufghalten worden. Wir sind in weitgesteckten Zielen mit dem Ausbhau ber trei⸗ und viergleisigen Bahnen dort, wo es nottut, befaßt. Wenn vit dise haben, brauchen wir keine besonderen Schleppbahnen.

Eine unzutreffende Auffassung des Herrn Abgeordneten Lippmann muß ich berichtigen, weil sie grundsätzlicher Natur ist. Er sprach davon, daß die Staatseisenbahnverwaltung den Wasserstraßen in unzulässiger Wesse Konkurrenz mache. Die Staatseisenbahnverwaltung hatden Wasserstraßen niemals Konkurrenzgemacht. gie hat ihre Taxifmaßnahmen nach weiteren Gesichtspunkten durch⸗ Fführt. Sie hat nur pas allgemeine Landesinteresse im Auge gehabt; sie hat es dann freilich auch als zulässig und unter Umständen not⸗ veneig erachtet, daß Wasserstraßen durch Ausnahmetarife, die dem all⸗ semeinen Landesinteresse zugute kommen, konkurrenziert werden. Ich

ordnete Leinert aussprach, daß die Eisenbahnverwaltung tue, was sie 82

Prüchte den Herrn Abgeordneten Lippmann, der die Stettiner Verhält⸗

nisse genau kennt, an folgendes erinnern. Für den Verkehr von Ober⸗ schlsien nach Stettin bestehen seit Jahrzehnten die weitgehendsten gurabmetarife, die auf den preußischen Staatseisenbahnen gelten, und wer für oberschlesische Kohle. Sie sind auf Verlangen Oberschlesiens und des Stettiner Handels im Wettbewerb mit der englischen Kohle und im Interesse der Ausfuhr nach skandinevischen Ländern eingeführt vorden. Diese Tarife bereiten selbstverständlich der Oderwasserstraße Konkurrenz, aber auch hier ist der Gesichtspunkt der Konkurrenz nicht maßgebend gewesen. Ich glaube nicht, daß die Staatseisenbahnverwal⸗ lung in Zukunft, wenn sie auch dem Wasserstraßenverkehr auf Grund der Erfahrungen dieses Krieges gesteigerte Aufmerksamkeit zuwenden wird, nn ihrem Verhalten bezüglich der Gestaltung der Tarife irgend etwas Wesentliches ändern kann. Sie würde damit die allgemeine Landes⸗ interessen schädigen. 11“ bi Der Herr Abgeordnete Lippmann ist dann auf die Frage der zunnahmereste ringegangen, und ich verstehe es, daß er diese 8G 1 doutsam ansioht, weil es sich um Einnahmereste aus der .“ mit der Militäwerraltung handelt, die sehr viele Mil⸗ 88 hercer Ziffemmäßige Mitteilungen kann ich nicht machen; ci 8 1 sich suh um Schüͤtzungen, die trügen. Ich habe im Aus⸗ die 8” e können, daß die Einnahmerveste des Johres 1916, sich h; 8.5 des Jahres 1916 cus dem Jahre 1915 verbuchten, sehlten 11. etwa ausglichon, die Ende des Jahres 1916 Iaehre 1917 n 1917 übertragen wurden. Ob dasselbe im Im Crbercesnz⸗ 8 2 sein wird, kann ich haute noch nicht übersehen.

ergebnis wird es so kommen, daß, wenn der Krieg zu Ende

oeh⸗ ; . I“ geht und die Abrechnungen mit der Militärverwaltung abgeschlossen

scen ne defentüich ei nen größeren Einnahmerest zu unsern Gunsten de Shr der äm gewissen Sinne einen Reservefonds darstellt. Ka c 88 6 Abgeordnete Lippmann hat auch die Einführung der Bremse sind norr⸗Bremse gestreift. Für die Einführung dieser Mittel in d 9 68 komme darauf später zurück zum ersten Male ordneto Lid 188 vmmende Anleihegesetz eingestellt. Der Herr Abge⸗ kämen. Ich Ehni- richtete an mich die Frage, woher die Ersparnisse Frtern, na eis her diese Frage im Anschhuß an das Amleihogefetz er⸗ de e aber feststellen, daß die Ersparnisse von 60 Millionen,

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9 üe Fehre 1928 bestimmt eintreten werden daran ist kein

1 —, überwiegend Pe be vhgg en. gg 8n nrie 8 wsonalersparnisse sind, weil ein umfang Ba Brensewersonel zurückgezogen werden kann. ampfloke Ersparnisse aus der weiteren Einstellung von Hekß⸗

8 omotivpen vermag ich zahlenmäßige Mitteilungen

ausgesprochenen Zweck, die

Se⸗ diese außerordentlich groß sind, darüber bestehen

22 84½ nicht die geringsten Zweifel. Unser glänzendes de Einführun 8 L hen. bis 1914 ift nicht zum kleinsten Teil auf Üöeen 8 8 Herßdampflokomotüde zurückzuführen. Gin großer 8* 110s 88 motivemarks, mehr als die Halfte, besteht beute

. doc be Heißdanvflukomotiven. Man wird pabrus schließen 1800 Heißdampflokvmotiv 6 e 8 vonejehen ößen sind

E wen weiter Ersparmisse bringen wird.

M Ich wende mich zu den Ausführungen des Herrn Abgeordneten b mit üihm, daß das A n lei b egesetz noch nicht wendig ist. daß 11 99 8 Fasbce 478 ein Nan ber e nleibegesetz, das schließlich doch eine Ergänzung, ein Ausbau des Etats ist, zusammen mit dem Etat vorgelegt wird, zumal im Anleihegesetz und im Etat Mittel für gleiche Zwecke an⸗ gefordert werden. 3 Ich erinnere nur daran, daß wir in diesem Jahre bei Tit. 9 für Ergänzung des Betriebsmittelparks 150 Millionen Mark e Hesge. 58 werden im Anleihegesetz für Beschaffung von 88. oti zen Personen, Gepäck⸗ und Güterwagen weitere

809 Millionen Mark Anfordern. Es besteht also ein unmittelbarer und enger Zusammenhang. Wenn in diesem Jahre die gleichzeitige Vorlegung noch nicht erfolgt ist, so liegt das an besonderen Ver⸗ anlassungen, auf die ich beim Anleihegesetz näher einzugehen mir ge⸗ statten werde.

Der Herr Abgeordnete Macco ist, wie bereits im Ausschuß, auf die Organisation der Verwaltung erneut eingegangen und hat der Meinung Ausdruck gegeben, daß es im Interesse der Ver⸗ waltung liege, schärfer zu zentralisieren, Generaldixektionen oder Zentraldirektionen einzurichten, unter denen dann wie bisher die Eisen⸗ bahndirektionen bestehen würden. Er geht davon aus, daß die Ein⸗ richtungen, die getroffen worden sind in Essen, wo wir eine General⸗ betriebsleitung geschaffen haben, und in Frankfurt, wo wir sie neuer⸗ lich eingesetzt haben, dauernde sind. Das ist nicht unsere Meinung. Diese Einrichtungen sind für die Zeiten des schwersten Betriebes ich will nicht behaupten, daß sie auf den Krieg beschränkt sind ge⸗ dacht und sollen später wieder eingehen, freilich mit dem Vorbehalt, daß sie wieder eingesetzt werden sollen, sobald das Bedürfnis vorliegt. Ich stehe auf dem Standpunkt, daß die Organisation der Staatseisen⸗ bahn mit einer Provinzialbehörde unter Ausschaltung der zweiten im Jahre 1895 sich auch im Kriege bewährt hat. Ich lehne den Gedanken nicht ab, daß der Krieg uns zwingen wird, bezüglich der Ab⸗ grenzung und der Gestaltung der Eisenbahndirektionsbezirke eine sorg⸗ fältige Nachprüfung eintreten zu lassen. Nach dieser Richtung hin ist manches schon angeregt worden, und es wird manches noch vorbereitet werden.

Eine andere Frage ist die, ob die Vorbildung des höheren Personals den Anforderungen, die an diese große technische und wirtschaftliche Verwaltung gestellt werden können, genügt. Ich habe in diesem hohen Hause schon wiederholt über diese Frage gesprochen und lehne den Gedanken gar nicht ab, daß die Vorbildung des höheren Personals der Staatseisenbahnverwaltung nach der technischen wie auch nach der administrativen Seite hin auf eine breitere, auf eine allgemeinere Grundlage gestellt werden muß, damit die Dezernate in den Direktionen je nach der Eignung der Persönlichkeit von dem Techniker oder dem Administrativen wahrgenommen werden können. Das gilt nicht für alle Dezernate. Es gibt zweifellos rein technische Dezernate und rein administrative; es gibt aber ein Grenzgebiet, wo man zweifelhaft sein kann, und für dieses würde diese Ergänzung in Aussicht genommen werden müssen. Aber alle diese Fragen können doch erst in Angriff genommen werden, nachdem wir in ruhige und friedliche Zustände eingelenkt sind. Von einer Bevorzugung der einen oder andern Seite ist bei der Leitung keine Rede. Wir fordern die Stellen durchaus nach dem Bedürfnis an. Wir bedauern außer⸗ ordentlich, daß die höheren Techniker der Verwaltung später in Mit⸗ gliedsstellen einrücken als die Administrativen. Das beruht im wesentlichen darauf, daß sie durch die Stellen der Aemter, sei es der Betriebsämter, Maschinenämter, Werkstättenämter, durchgehen müssen. Wie man hier ausgleichen soll, ist sehr schwer zu sagen. Es ist zu berück⸗ sichtigen, daß die Vorstände der Aemter insofern bedacht sind, als man ihnen ein Mindestgehalt von 3600 gegeben hat und daß sie bis auf 7200 aufsteigen und das ist ein Unikum der Staatseisen⸗ bahnverwaltung daß die Hälfte dieser höheren technischen Beamten in diesen Lokalstellen Regierungs⸗ und Bauräte werden.

Der Herr Abgeordnete Macco hat erneut auf ein zögerliches Verhalten der Verwaltung der Staatseisenbahnen bei der Einführung und Verwertung neuer Erfindungen hingewiesen. Meine Herren, neue Erfindungen im Gebiete der Staatseisenbahn wollen sehr sorgfältig geprüft sein bei dem ungeheuren Umfange des Unternehmens und den Rückwirkungen, die eintreten können, wenn eine Erfindung als eine nutzbare angesehen wird, aber sich in der Praxis nicht bewährt. Eine so große Verwaltung muß äußerst vor⸗ sichtig sein, und mit dieser Vorsicht haben wir sehr gute Erfahrungen gemacht. Wenn ich mir vergegenwärtige, welche langjährigen Ver⸗ suche gemacht worden sind, um die Heißdampfmaschine als wirklich im Betriebe verwendbar anzuerkennen, wie lange Jahre es gedauert hat, welche Vervollkommnungen indes durchgeführt worden sind während der Prüfungen, und ich mir sage, wir hätten sie unmittelbar, nachdem die Erfindung an uns herangetreten war, einführen wollen, das wäre voraussichtlich ein Mißerfolg geworden. So geht es auch mit einer ganzen Reihe von andern Dingen, namentlich der jetzt zur Einführung kommenden Kunze⸗Knorr⸗Bremse. Jahrelange Versuche, jahrelange Prüfung hat es erfordert, ehe wir glaubten, daß die Durchführung im Betriebe von einem wahren Nutzen begleitet sein würde. Wenn wir früher zugegriffen hätten, hätten wir Unvoll⸗ kommenes geschaffen; und wenn erst einmal etwas Unvollkommenes geschaffen ist in einem Betriebe, in dem Hunderttausende von Be⸗ triebsmitteln tätig sind, dann ist eine Redressierung kaum möglich. Ich gebe zu, daß man in der Vorsicht zu weit gehen kann; aber eine so große Verwaltung wird immer äußerst vorsichtig sein müssen, wenn es sich um Einführung neuer technischer Einrichtungen handelt, auch dann, wenn sie den Laien noch so sehr frappieren.

Der Herr Abgeordnete hat auch, wie im vorigen Jahre schon, auf eine Erfindung des Ingenieurs Kuhnert hingewiesen, die die Verhütung der Schlammbildung im Kessel, eine Ersparnis an Brennmaterial und eine Vergrößerung der Kesselleistung be⸗ zweckt. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß 44 sich hiet um eine Erfindung von großer Bedeutung handelt, die bei ortsfesten Anlagen sich durchaus bewährt hat. Daraus folgt noch nicht, daß sie

für die Lokomotiven nutzbar gemacht werden kann. Die Versuche, die in Friedenszeit angestellt worden sind, haben bisher nicht ein solches Ergebnis geliefert, daß die Verwaltung sich zum Einbau dieser Einxichtung hat entschließen können. Ich meine, das wird der Ver⸗ waltung nicht vorgeworfen werden können, daß sie, von einer Ein⸗ richtung, die keinen Nutzen verspricht sie braucht gar keinen Schaden zu bringen —, guch selbst dann, wenn die Kosten des Ein⸗ baues gering sind, absieht. So steht es mit der Kuhnertschen Erfindung, die uns jüngst hier im hohen Haufe am Modell vor Augen geführt worden ist. Ein solches Modell gefällt und verführt unter Um⸗ ständen zu der Annahme, daß auch in der Praxis des Betriebes die Nutzanwendung eintreten werde. Ich lehne nicht ab, wenn wir in Friedenszeiten übergegangen sein werden, in eine erneute Prüfung einzutreten; aber ich kann nur in Aussicht stellen, daß die Einführung der Kuhnertschen Erfindung dann erfolgen wird, wenn sie wirklich erkennbare Vorteile für den Betrieb bringt.

Der Abgeordnete Macco, dem ich für scine Amegungen, da er ja serbst als Techniker ein gutes Urteil hat, sehr dankbar bin, hat zweifel⸗ los in Berücksichtigung dessen, daß die Staatseisenbahnverwaltung durch ihre Finanzlage genötigt sein wird, alle Mittel und Hebel anzu⸗ wenden, um an Selbstkosten zu sparen, angeregt, daß man bezüglich der Entladung der Güter auf den Bahnhöfen Einrichtungen treffen müsse, die die Entlasungskosten erheblich henabmindern. Er denkt offenbar an Selbstentlader und an hochliegende Entladegleise. Das sin Gmrichtungen, denen man, wie ich ohne weiteres zugeben muß, nach Friedensschluß sehr sorgfältig nachgehen muß, da ich mit ihm der Meinung bin, daß wir mur dann weiter bestehen können, daß wir nur dann dem Staate das sein werden, was wir früher ge⸗ wesen sind, wenn wir alle Fortschritte der Technik auch wirklich ver⸗

werten: Davon wollen Sie überhaupt überzeugt sein, daß die ganze

Berwaltung, wie ich schon vorgestern fagte, arbeitet in dem Gefübl: wir müssen der Gegenwart alles hergeben, was wir herzugeben haben, aber wir müssen die Zukunft vorbereiten.

(Bravo!l)

Abg. Lippmann ffortschr. Volksp.): Es muß be⸗ sondere Sorgfalt darauf gerichtet werden, daß diejenigen Eisenbahnbeamten, die zu den Feldeisenbahnen übergetreten und dort Invaliden geworden sind, rechtzeitig und auskömmlich pensioniert werden, und zwar nach dem Unfallgesetz für Eisenbahnbeamte. Daß der Minister bei der Aufstellung von Ausnahmetarifen sich niemals hat von dem Gedanken leiten lassen, den Wettbewerb der Wasserstraßen aus⸗ zuschließen, will ich ihm glauben. Tatsächlich haben aber seine Maß⸗ nahmen dazu geführt, daß Binnenfahrzeuge nicht in der genügenden Menge gehalten wurden, weil sie eben nicht rentabel waren. Dies Eisenbahnen sollten in Zukunft doch keine Ausnahmetarife einführen, wo keistungsfähige Wasserstraßen vorhanden sind. Ich habe keinen Zweifel daran, daß Herr von Woyna erst nach ernsthaftem Studium zu seiner Ansicht gekommen ist. Deshalb brauchen wir sie aber doch nicht ohne weiteres zu akzeptieren. Er kann deshalb nicht verlangen, daß wir seine Ausführungen ernsthaft nehmen. Hält denn Herr von Woyna sich für einen Vertreter des Mittelstandes?

Damit schließt diese Besprechung. Es folgt die Be⸗ sprechung über die Beamten⸗ und Arbeiterfragen mit Ausnahme der Teuerungszulagen.

Abg. Schmidt⸗Conz. (Ztr.): Auch wir wollen allen Beamten und Arbeitern der Eisenbahn unseren Dank für das im Kriege Geleistete aussprechen. Wenn unsere Eisen⸗ bahner aus dem Kriege zurückkommen, werden sie neuen sozialen Problemen gegenüberstehen. Ich denke da in erster Linie an die Wohnungsfrage. Trotz der Wohnungsfürsorge der Staatsregie⸗ rung und der Eisenbahnverwaltung vor dem Kriege werden die Eisen⸗ bahnbediensteten in der kommenden Zeit ernsthafte Wohnungssorgen haben. Am schlimmsten dürften die Eisenbahner in den Industrie⸗ bezirken daran sein. Dort herrscht überall gooßer Mangel an Klein⸗ wohnungen. Dieser wird durch die Praxis der Industrie verschärft, daß ganze Straßenzüge und Häuserblocks angekauft werden, um für ihre Arbeiter nach dem Kriege Wohnungsgelegenheit zu schaffen. Dieser neuen Form der Wohnungsnot müssen außerordentliche Mittel entgegengestellt werden. Die Eisenbahnverwaltung muß wie bisher die Wohnungsfürjorge betreiben, wobei das Einfamilienhaus zu bevor⸗ zugen ist. Aber auch die Baugenossenschaften müssen unterstützt werden. Es dürfte sich auch empfehlen, wie die Industrieunternehmer Straßen und ganze Häuserblocks aufzukaufen. Wo es angeht, könnten die so gekauften Häuser an die Eisenbahnerwohnungsgenossenschaften übergeben werden. Jedenfalls muß in der Wohnungsfrage rechtzeitig etwas geschehen. Wer am Orte keine Wohnung erhält, dem müßte wenigstens der Freifahrschein gewährt werden. Sollte das alles nicht helfen, dann müßte man schließlich dazu übergehen, den Wohnungsraum zu rationieren. Diese Wohnungesfürsorge muß sich aber auch auf das platte Land erstrecken, da sich auch dort die Industrie breit macht und nach dem Kriege bleiben wird. Ebenso wichtig wie die Wohnungs⸗ frage ist für die Eisenbahnbeamten und ⸗Arbeiter auch die Frage der Lebensmittelbeschaffung. Erfreulicherweise ist auf diesem Gebiete unter Mitwirkung der Verwaltung einiges geleistet worden. Notwendig ist es aber, diese Fürsorge auch auf die Zeit nach dem Kriege auszudehnen. Es wird gut sein, wenn die Reagierung dabei auch dem Güterhandel einige Aufmerksamkeit schenkt. Ich glaube, daß heute von drei Ritter⸗ gütern mindestens eins einem Kriegsgewinnler gehört, der kein Inter⸗ esse daran hat, die landwirtschaftliche Produktion zu heben, wodurch die Volksernährung nur noch bedeutend schwieriger gestaltet wird. Einige kommandierende Generale haben zwar solche Verkäufe verboten, aber leider war es schon reichlich pät. Die Verwaltung sollte sich überlegen, ob sie nicht ebenso wie einzelne Großstädte und die Industrie einzelne Güter pachtet oder kauft, um ihre Angestellten mit Lebensmitteln zu versehen. Auch in dieser Richtung müssen neue großzügige Wege ein⸗ geschlagen werden. Auf diesem Wege ist es vielleicht noch möglich, einzelne Eisenbahnbedienftete auf dem Lande anzusiedeln. Die Ver⸗ waltung wurde gezwungen, im Laufe des Krieges, die Dienstzeit zu verlängern, die Ruhezeit zu verkürzen, Ueberstunden und Sonntags⸗ arbeit einzuführen und den Erholungsurlaub einzuschränken. Bei den Anftrengungen des Dienstes und der schlechten Ernährung ist es aber dringend erwünscht, den Erbolungsurlaub möglichst wie früher zu erteilen. Nach dem Kriege muß unbedingt ein weiterer Ausbau des Erbolungsurlaubs stattfinden. Im Interesse der Bevölkerungs⸗ politik ist es zu wünschen, daß die Stillprämie auch den Frauen der Eisenbahnbeamten, namentlich der Unterbeamten, gewährt

Zu großen Klagen haben auch die Beamten Anlaß, die aus

Arbeitewerhältnis übernommen worden sind. Diese sollen eine sogenannte Ausgleichszulage erhalten. Diese kommt jedoch häufig in Fortfall, ja sie müssen sogar manchmal etwas zurückzahlen, weil ie Kriegsteuerungszulage und die Kriegsbeihilfe angerechnet worden. Eine solche Anrecmung dürfte unter keinen Umständen stattfinden. Redner bespricht dann sehr ausführlich eine Reihe Spezialwünsche mehrerer Arbeiter und Beamtenkategorien. Die Gepäckträger wünschen u. a. eine Verkürzung der Arbeitszeit. Die Rangierbediensteten, die nicht im Beamtenverhältnis stehen, beklagen sich darüber, daß ihnen die Prämie für gutgeleistete Dienste seit Auaust 1915 nicht mehr gezahlt wird. Für die altpensionierten Arbeiter und die Witwen und Waisen sollte angesichts der Kriegsteuerung besser gesorgt werden. Den Arbeiterausschüssen bringen leider verschiedene unters Ver⸗ waltungsorgant noch immer nicht dasselbe Verständnis entgegen, das von der höheren Verwaltung bekundet wird. Ein Ausbau der Bs⸗ sersscasschäh 88 notwendig, aber der Ausbam der Arbeiterausschüsse ann nicht u6 osatz für das von den Arbeitern gewünschte Staats⸗ erbeiterrecht gelten. Auch die Wünsche der Oberbeamten sollten mehr els bisher berücksichtigt werden. Die Eisenbahner haben während des Krieges ihre Pflicht treu erfüllt und werden es weiter tun. Wir