1918 / 145 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 22 Jun 1918 18:00:01 GMT) scan diff

1 usere Bevölkerung darf nicht hungern, tegswirtschaft Schlamperei geherrscht hat. Bei der staate Aistischen Kriegswirtschaft muß das Gemeinwohl mehr als bisber

g. den Vordergrund gestellt werden und das pripatkapitalistische Interesse zurücktrezen. Cs ware ein Unglück, wenn der Krieg solange geführt werden sollte, dis eine kriegführende Gruppe wirtschaftlich susammenbricht. Wir hoffen auf einen Verständigungsfrieden. So⸗ lange die Feinde keine Verständigung wollen, wie die Verweigerung er Pässe an Troestra nach England beweist, müssen wir den Krieg 8. (Beifall bei den Sozialdemokraten.) 8 Adg. Winckler (kons.): Es besteht die Absicht, daß vom 1. Juli⸗ ab die Zeitungen in der Papierbelieferung für Anzeigen beschränkt

werden sollen. Damit würde man den Lebensnerv der Zeitungen treffen, ich bitte daher, daß von der geplanten Maßnahme Abstand genommen werden möge. Redner begründet den Antrag v. Heydebran (kons.) und bittet, denselben an die S haushaltskommission zu überweisen., Ich bitte die Sta ei den im Reichs⸗ tage hervorgetretenen Bestrebun gteuerhoheit der Preußische Steuerhodbeit aufrecht zu erbalten. (Sehr richtig! rechts.) Es muß eine reinliche Scheidung zwis en Finanzen des Reiches und der Einzelstaaten vorgenommen . Haben wir in Preußen keine Steuerhobeit, so haben wir kein selbständiges Preußen, dann ist die Reichsderfassung in ihr Gegenteil verkehrt. Auf der Steuerhobert beruht die Staatshoheit. Auf unserer gestrigen Rosse haben wir die Einrichtung der Knorr⸗Bremse besichtigt, und der Eindruck waer ein überaus günstiger. Wir haben 8e Ueberzeugung gewonnen, daß sich bei An⸗ wendung der Bremse dauernde Ersparnisse werden erzeelen lassen. Die Erfindung ist geeignet, cus Ansehen des Landes und unsere wirt⸗ schaftliche Kraft zu erhöhen. Wir bitten die Staatsregierung, in allen Ressorts eine Verminderung der Zahl der Beamien eintreten zu lassen. Dann wird es auch mögzlich sein, besser zu besolden. Wir befürworten lebhaft de Unter⸗ gusschusses der Staatshaushaltskommission, wonach die Kriegsbei⸗ bilfen und Teuerungszulagen demnächst erhöht werden sollen. (Leb⸗

Fiinanzminister Hergt: Mieine Herren! Auf die verschiedenen Fragen, die der Herr Abg. Winckler soeben angeschnitten bat, möchte ich in derselben Reihenfolge antworten, wie er sie innegehalten hat.

Er hat sich zuerst zu der Frage der Verbesserung der Ver⸗ hältnisse der Kriegsbeschädigten und der Kriegsteil⸗ nehmer ausgelassen, aber bei der Begründung des von ihm und seinen Freunden gestellten Antrages gleich hinzugefügt, daß die Frage noch nicht spruchreif wäre, daß deshalb die Verweisung an die Kom⸗ mission erfolgen müsse, daß man aber mit dem Antrage jetzt der Staatsregierung Gelegenheit geben wolle, das erforderliche Materia! zu beschaffen, damit dann im Herbst über die Frage näher gesprochen werden könne. Ich kann nur bestätigen, daß in der Tat die Frage doch noch nicht so spruchreif ist, daß man heute schon eine bestimmte Aeußerung über die Bestrebungen, die Sie in den beiden Anträgen zum Ausdruck bringen, abgeben könnte. Selbstverständlich wird die Staatsregierung, der ja das Wohl der Kriegsbeschädigten und der Kriegsteilnehmer sehr am Herzen liegt, bemüht sein, das geforderte Material bis zu der Verhandlung in der Kommission beizubringen. Ich möchte nur für meine Person, der ich ja an der steuerlichen Seite der beiden Anträge ganz besonders beteiligt bin, auf eins aufmerksam machen. Ich habe bereits in einem Runderlaß an die Veranlagungs⸗ bebörden darauf hingewiesen, daß zugunsten der Kriegsteilnehmer und insbesondere der Kriegsbeschädigten die weitestgehende Rücksicht geübt werden solle und daß namentlich der § 20 des Einkommensteuergesetzes, der ja gewisse Ermäßigungen vorsieht für Fälle, wo eine geschwächte Leistungsfähigkeit des Zensiten in Betracht fommt, auf die Kriegsteil⸗ nehmer und insbesondere anf die Kriegsbeschädigten Anwendung finden solle. Ich habe bisher noch nicht Gelegenheit gehabt, mich von dem Erfolge dieser Maßnahme zu überzeugen. Es fehlt mir da noch das statistische Material. Ich werde aber Veranlassung nehmen, dieser Frage, die außerordentlich wichtig ist (sehr richtig!), näher nach⸗ zugehen, und ich hoffe, bei der Kommissionsberatung, die dann im Herbst stattfinden soll, darüber dem Hohen Hause nähere Auskunft geben zu können. Ob wir dazu kommen werden, an den § 20 bei Gelegenheit der Steuernovelle, die gleichfalls im Herbst vorgelegt werden soll, heranzutreten, oder ob es genügen wird, im Wege von Verwaltungsvorschriften eine gewisse Besserung der steuerlichen Verhältnisse der Kriegsteilnehmer und der Kriegs⸗ beschädigten vorzunehmen, das ist eine Frage der Zukunft. Bis dahin werden wir genügend Zeit haben, die erforderlichen Vorarbeiten vor⸗ zunehmen.

Nun hat der Herr Abgeordnete Winckler an zweiter Stelle das Gebiet der Reichsfinanzen berührt und hat an die preußische Staatsregierug und an mich besonders die Mahnung ge⸗ richtet, doch mit allen Mitteln dafür zu sorgen, daß die preußische Steuerhoheit gewahrt bleibt gegenüber den Bestrebungen, die nach den letzten Vorgängen ersichtlich im Reichstag beständen und daß eine feste Abgrenzung zwischen Reichsfinanzen und bundesstaatlichen Finanzen bherbei⸗ geführt würde. Nun, meine Herren, daß bei der Finanzverwaltung der gute Wille auf diesem Gebiete vorhanden ist, ist ja von dieser Stelle aus wiederholt versichert worden. Aber den Herren wird es darauf ankommen: wie sieht es denn mit der praktischen Nutzanwen⸗ dung aus? Wir hören die Worte, wir wollen auch die Taten seben. Deshalb glaube ich, tue ich am besten, wenn ich auf die hier an die Staatsregierung gerichtete Ermahnung antworte mit einer kurzen Erklärung über das, was in den letzten Wochen von seiten der preußischen Staatsregierung der preußischen Finanz, verwaltung gegenüber der Reichsfinanzzwischenreform geschehen ist. Sie wissen ja, daß diese Pläne, soweit sie sich auf das Gebiet der direkten Steuern erstreckten, durch ein vorläufiges Kom⸗ promiß, auf das sich die Reichstagskommission eingelassen hat, als erledigt angesehen werden können, da wohl kein Zweifel besteht, daß sich der Reichstag im Plenum der Auffassung seines Ausschusses an⸗ schließen wind.

Nun habe ich feinerzeit, als wir über diese hochwichtige Frage in der zweiten Etatslesung hier verhandelten, zwei Grundsütze aufgestellt, einen materiellen und einen über die formelle Behandlung der An⸗ gelegenheit. Der materielle Grund war: es muß unter allen- Um⸗ ständen dafür gesorgt werden, daß die laufenden direkten Steuern Preußens, Einkommensteuer und Ergänzungssteuer, beide innig zu⸗ L unmenhüngend und von einander nicht trennbar, in voll ausnutzungs⸗

fähigem und voll ausbaufähigem Zustande den Bundesstaaten erhalten bleiben, daneben den ferneren Grundsatz, bei der Zwischenreform, um die es sich in diesem Jahre handelt, sollte nach Msösglichkeit barauf’ Bedacht genommen werden, daß ein Eingriff in das direkte Steuerwesen über das, was die Zwischenreform nach den

8 o die Beamten Forderung des

weil in der österreichischen

Vorschlägen der verbündeten Regierungen brächte, hinaus ver⸗ mieden werden sollte. Vorgeschlagen war eine Gesellschaftskriegs, steuer; darüber hinaus wären alio irgend welche weiteren, wenn auch nur einmaligen Besitzsteuern nach Möglichkeit zu bekäͤmpfen gewesen.

Nun, meine Herren, wie steht es mit der Ausführung dieser beiden Grundsätze? In dem Kompromiß, das jetzt im Reichstags⸗ ausschuß die vorläufige Zustimmung gefunden hat, ist ein Zugeständnis

n der preußischen Regierung erfolgt, das sich auf direkte Steuern Es ist nämlich zwar verhindert worden, daß das Reich bei ieser Zwischenreform an die Einkommenstener als solche, wenn auch nur einmalig, herangeht, es ist aber zugestanden worden, daß das Reich die Mehreinkommensteuer, also die Besteuerung des Einkommens⸗ zuwachses, einmalig für das Jahr 1918 in Beschlag nimmt, und es ist ferner zugestanden worden, daß nebenbei noch eine mäßige ein⸗ malige Vermögensabgabe in der Art alten Wehrbeitrags, aber beschränkt auf das Vermögen, gebracht wird.

Meine Herren, darin würde ja zunächst eine Abweichung von dem Grundsatz, den ich über das formelle Vorgehen hier aufgestellt hatte, zu erblicken sein. Wie erklärt es sich, daß ich und die preußische Staatsregierung von diesem früheren Gedanken abgewichen sind? Die Erklärung liegt im folgenden. Wir haben damals zunächst nicht übersehen können, daß der Krieg so lange weiterdauern würde, wie wir das heute zu unserem Bedauern feststellen müssen, und daß die Lasten des Reiches insgesamt und auf den Monat berechnet weiter in der Zwischenzeit so ansteigen würden, wie das leider der Fall ist. Unter diesen Umständen war zweifellos eine andere Beurteilung der ganzen Situation angezeigt. Wir haben ferner nicht gewußt, daß sich auf der andern Seite die steuerliche Leistungsfähigkeit der Bevölkerung in den Bundes⸗ staaten inzwischen so günstig entwickeln würde, wie das tatsächlich der Fall gewesen ist. Ich habe seinerzeit bei der Einbringung des Etats das Aufkommen an direkten Steuern in Preußen für 1918 so ge⸗ schätzt, wie es etwa im Jabre 1917 ausgefallen ist. Ich habe damals eine Anzahl m. E. einleuchtender Gründe für diese Schätzung geltend gemacht, und diese Gründe haben wohl auch die Billigung der Staatshaushaltskommission des hohen Hauses gefunden. Die Ent⸗ wicklung der Einkommen ist aber eine davon ganz abweichende, eine außerordentlich viel günstigere, für mich selbst ganz außerordentlich überraschende (hört, hört!), und wenn wir diese Entwicklung vor uns sehen, mußte sich allerdings die Frage erheben, ob, da wir selbst noch nicht die Steuernovelle für Preußen vorzulegen in der Lage waren, nicht vielleicht Veranlassung gegeben war, diese Möglichkeiten an Leistungsfähigkeit doch zwischenzeitlich einmalig für das Reich nutzbar zu machen, dessen Bedarf inzwischen in der von mir geschilderten Weise gestiegen war.

Aber, meine Herren, die Hauptsache war folgende. Damals haben wir an eine Zwischenform gedacht, die sich auf 2850 Millionen beschränken würde. Dieser Betrag war ausgerechnet nach dem Bedarf des Reichshaushalts für 1918, bei dem an dem alten Etatierungs⸗ system festgehalten war, daß nur die gewöhnlichen Reichsausgaben einschließlich der Zinsen der Kriegsanleihen, die bis dahin aufgenommen waren, gedeckt werden sollten, daß aber die großen Ausgaben für Heer und Marine sowie die Ausgaben an Renten für Kriegsbeschädigte ganz außerhalb des Reichsetats bleiben und aus Kriegsfonds gedeckt werden sollten.

Nun hat der Reichstag und ich muß zugeben mit guten Gründen dieses bisberige System nicht mehr weiter gebilligt, son dern an Stelle dessen ein vorsichtigeres, ein solideres System gesetzt und das Verlangen ausgesprochen, daß außer den im Reichshaushalt für 1918 vorgesehenen Lasten die Ausgaben, von denen ich eben sprach, für Heer und Marine, für Renten an Kriegsbeschädigte mitberück⸗ sichtigt werden sollten. Daraus ergab sich eine Vermehrung des Steuerbedarfs, die der Reichstag auf etwa 1200 Millionen berechnet hat. Der Reichstagsausschuß bat dabei die von den verbündeten Regierungen ursprünglich geforderten Steuein sämtlich be⸗ willigt: er hat an ihnen jedenfalls bisher teine erheb⸗ lichen Aenderungen vorgenommen und wird sie auch voraus⸗ sichtlich nicht vornehmen. Indem er aber so auf der einen Seite die geforderte Besteuerung von 2850 Millionen bewilligte, dazu aber noch weitere 1200 Millionen Bedarf aufzubringen sich bereit er⸗ klärte, veränderte sich die ganze Sachlage. Aus der Zwischenreform, die die verbündeten Regierungen vorgelegt haben, ist etwas ganz anderes geworden. Wir sind durch das Vorgehen des Reichstagsaus⸗ schusses schon in die künftige Endreform hineingegangen, und zwar in sehr erheblichem Umfange.

Unter diesen Umständen war nun meiner Meinung nach zuzu⸗ geben, daß der von mir aufgestellte formelle Grundsatz nicht mehr aufrecht erhalten werden konnte. Wir mußten vielmehr das, was wir erst für die Endreform in Aussicht genommen hatten, daß nämlich in gewissem Maße und in gewissen Formen auch das Gebiet der direkten Steuern dem Reiche zur Aufbringung seiner Lasten geopfert werden müßte, nun schon bei der erweiterten Zwischenreform zugeben. Es kam nur darauf an, was im einzelnen zugestanden wurde. Es ist nun gelungen und daran haben auch die anderen bundesstaatlichen Finanzminister mitgewirkt, und das Reichsschatzamt hat sich dem durchaus angeschlossen —, jetzt eine Lösung zu finden, bei der ein Eingriff in die eigentlichen Einkommensteuern, auch nur in einmaliger Natur, vermieden wird. Der ganze erste Teil des Antrags der Mehr⸗ beitsparteien im Reichstagsausschuß ist fallen gelassen; es ist auf die Ein⸗ fügung einer einmaligen Steuer auf die reinen Einkommen verzichtet worden. Selbstverständlich sagen die Urheber des Antrages: wir be⸗ halten uns vor, auf diesen Teil des Antrags später wieder zurückzu⸗ kommen. Das ist ihr gutes Recht, wie ich umgekehrt aber auch für die Bundesstaaten als gutes Recht in Anspruch nehme, daß sie sagen dürfen: was heute abgelehnt ist, muß auch in Zukunft abgelehnt bleiben, ein Eingriff in die eigentliche Einkommensbesteuerung muß dauernd unterbleiben.

Was dann in dem Kompromisse übrig blieb, war nach meiner Meinung, auch von dem grundsätzlichen materiellen Standpunkte des preußischen Staates aus betrachtet, erträglich. Die Mehreinkommen⸗ besteuerung, meine Herren, hat zwei Teile. In der Hauptsache be⸗ trifft sie nur die Besteuerung desjenigen Mehreinkommens, das nach⸗ her Vermögenszuwachs geworden wäre. Sie ist insoweit also eigentlich die alte Kriegssteuer, die ja ohnedies wiederholt werden sollte, in einer neuen Auflage und insofern ganz unbedenklich. Der zweite Teil der Mehreinkommensteuer betrifft das Mehreinkommen, das nicht Ver⸗ mögenszuwachs wird, sondern schon verbraucht ist. Es ist nun aber

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wohl Gemeingut in der Auffassung aller Bevölkerungslreise, daß m

den übermäßigen, verschwenderischen Verbrauch, wie er sich 8 wahrend des Krieges so vielfach eingestellt hat, in irgend einer eees in Anspruch nehmen muß zur Abbürdung der Lasten, die der dem Reich und den Bundesstaaten gebracht hat. (Sehr richtig h die Bundesstaaten an diese Mehreinkommenbesteuerung nach Lage 8 Reichsgesetzgebung gegenwärtig nicht heraukonnmnen können. so nicht mehr als recht und billig, diesen Ueberverbrauch zu erfassen 8 einer einmaligen Reichsmehreinkommensteuer heranzuziehen. .

Was die Vermögensabgabe betrifft, die als Ergänzungsabgabe h der Weise gedacht ist, wie in Preußen die Ergänzungssteuer 8 mäßigem Umfange zu der Einkommensteuer hinzutritt, so mache ich darauf aufmerksam, daß bei dieser Abgabe genau wie bei der Mehr⸗ einkommensbesteuerung die Staffelung der Steuersätze als Dulch⸗ staffelung gedacht ist. Ich mache deshalb darauf aufmertsam, weil die verhältnismäßig hohen Zahlen, die in den Anträgen enthatten sind, sonst zu Irrtümern Veranlassung geben könnten. Wenn die Vermögensabgabe bis zu 5 % heraufgeht, so ist damit durchaus nicht gesagt, daß der Millionär mit sehr großem Vermögen in der Tat auch volle 5 % bezahlen müßte, denn die Durchstaffelung bringt es mit sich, daß von den ersten 100 000 und den weiteren 100 000 ℳ, und so weiter bis vielleicht zu 2 000 000 die Abgabe nicht 5 % beträgt, sondern ein niedrigerer Satz zu zahlen ist; es werden zunächst nur 1 %, dann 2 %, dann 3 % usw. zu zahlen sein, so daß die Be⸗ lastung im Endresultat nicht so schlimm ist, wie sie vielleicht auf den ersten Blick erscheinen mag. Ich glaube also, meine Herren, wir können unbeschadet unserer materiellen Grundsätze uns mit der Form, wie jetzt das Kompromiß im Reichstage angenommen werden soll, abfinden. Ich kann aber dem Herrn Abg. Winckler nach der Richtung hin durchaus beitreten, wenn er sagt: für die Zukunft müssen wir an unseren Grundsätzen weiter festhalten weiter festhalten, sage ich, weil es gelungen ist, unsere Grundsätze im Reichstage jetzt noch zur Geltung zu bringen. Wir werden uns nicht in unsere Steuerhoheit vom Reiche hineinreden lassen dürsen.

Dann hat der Herr Abg. Winckler einige Ausführungen über die Kunze⸗Knorr⸗Bremse gemacht. Es wird Sache des Herrn Arbeitsministers sein, darauf zu antworten. Ich kann aber vom Standpunkt der Finanzverwaltung aus nur sagen, daß die Lasten der Einrichtung die mehrere bundert Millionen kostet und für di Anfangsjahre eine Ueberbelastung unseres Staatshaushalts mit sich bringt, ehe sich die Einrichtung rentiert aus vollstem Herzen und mit der inneren Ueberzeugung übernehmen, daß wir hier etwas Groß⸗ artiges tun. Die Finanzverwaltung hat dankbar zu sein der Eisen⸗ bahnverwaltung und den Herren, die daran mitgewirkt haben, um diese großartige Erfindung nutzbar zu machen, bei der auch so schätz⸗ bare Vorteile für den preußischen Staatshaushalt herausspringen werden.

Wenn Herr Abg. Winckler daran die Mahnung geknüpft hat, die Staatsregierung möge dafür sorgen, daß auch auf anderen Gebieten als auf diesem speziellen Gebiete auf die Einsparung von Beamtenstellen Rücksicht genommen werde, so deckt sich das durchaus mit dem, was die Staatsregierung erstrebt. Ich darf darauf aufmerksam machen, daß die bevorstehende Verwaltungsreform sowohl bei der allgemeinen Verwaltung wie bei der Justizverwaltung in ihren Zielen gerade darauf gerichtet ist, durch Fortfall von Instanzen und Stellen Vereinfachungen und damit auch eine Verbilligung herbeizuführen, welche Verbilligung aber nicht etwa für den Staatshaushalt als Plus in Anspruch genommen werden, sondern dazu dienen soll, daß damit die Besoldungen der Beamten entsprechend aufgebessert werden können. Ich denke gar nicht daran, auch nur einen Pfennig von den Er⸗ sparnissen, die wir durch die Vereinfachungen erhoffen können, etwe für den Staatshaushalt im übrigen in Anspruch zu nehmen. Nein, meine Herren, die Besoldungen der Beamten müssen damit so hoch als möglich eingerichtet werden, damit nicht das eintritt, was Herr Abgeordneter Winckler vorhin mit Besorgnis hervorhob, daß der Stand der Beamten herabgedrückt wird in seinem Niveau. Wir müssen alles, was wir durch die Verwaltungsreform gewinnen, hin⸗ zutun, damit in Zukunft die Beamten das Gefühl haben, daß vom Staate aus in noiwendiger Weise für sie gesorgt wird. (Lebhafter

Das auszuführen ist Sache der Besoldungsverbesserung, an die wir ja heute noch nicht herangehen können: die Beamten müssen sich damit abfinden, daß es technisch unmöglich ist, während des Krieges eine solche Besoldungsverbesserung durchzuführen: das ist Sache der Zukunft. Herr Abg. Winckler ist aber in diesem Jusammenhange noch auf eine Frage näher eingegangen, die uns während des Krieges beschäftigt, nämlich die Kriegsteuerungszulagen. Die Ausführungen, die er nach dieser Richtung gemacht hat, betrafen dreierlei, einmal die Hauptfrage, wann an eine weitere Aufwendung zugunsten der Beamten gedacht werden sollte, dann die Frage der Teuerungsbezirke und endlich die Frage der Entschuldungs⸗ oder Darlehnsaktion. Ein Wort voraus!

Die Verhandlungen in diesem hohen Haufe über die Kriegs⸗ fürsorge für die Beamten haben stets die bedeutsame und hocherfreu⸗ liche Erscheinung gezeitigt, daß sich sämtliche Parteien des Hauses auf eine gemeinsame Entschließung oder eine gemeinsame Kundgebung vereinigt haben. Auch der heutige Vorgang zeigt wieder dasselbe Bild. Nach den Ausführungen des Abg. Winckler stehen hinter den Erklärungen, die er verlesen hat, wieder alle Parteien des Hauses, die auch früher solche Entschließungen mitgemacht haben, und Sie können versichert sein, daß der Umstand, daß wir es hier mit einer einmütigen Stellungnahme des hohen Hauses zu tun haben, auch 89 der Staatsregierung die gebührende Beachtung finden wird. (Bravo!)

Was die Sache selbst betrifft, habe ich hier früher schon wiederholt betont, daß es die Staatsregierung als ihre vornehmste und wichtiaste Pflicht betrachtet, daß sie mit ihren Maßnahmen den jeweiligen Be⸗ dürfnissen der Beamtenschaft voll und ganz Rechnung trägt, daß sie also rechtzeitig mit ihren Aktionen herauskommt und in genügendem Maße. Ich darf in diesem Zusammenhange daran erinnern, daß 88 Sommer des vorigen Jahres die Finanzverwaltung aus eigenster Initiative mit einer in die Hunderte von Millionen gehenden Aflion berausgekommen ist, und wie wir damals den erforderlichen Eifer zu zeigen uns bemüht haben, so können Sie versichert sein, daß das auch in Zukunft der Fall sein wird. Wir dürfen allerdings nicht vergessen,

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2. Juni

daß soeben erst die Teuerungszulagenaktion vom April, die 160 Millionen aufs Jahr umgerechnet beträgt, binter uns liegt, ja ledder vielfach noch nicht einmal hat abgeschlossen werden können. zch habe damals schon, als wir uns über diese Aprilaktion unter⸗ sielten, Bedenken nach der Richtung äußern müssen, ob es uns ge⸗ lingen würde, die Auszahlung wirklich rechtzeitig zum 1. April herbeizuführen. Letzteres ist leider mißlungen. Wir haben eben draußen im Lande bei allen Provinzial⸗ und Ortsbehörden nicht mehr zieselbe Personalbesetzung; die Beamtenzahl ist zurückgegangen durch die Kriegseinwirkungen, und die Beamten, die da sind, sind in ihrer Leistungsfähigkeit außerordentlich beeinträchtigt, und deshalb hat sich die Auszahlung in den Avpril, ja in den Mai, bei enzelnen Gruppen in den Juni hinein erstreckt. Aber so bedauerlich das auf der einen Seite vom Standpunkt der Beamten aus be⸗ taachtet auch ist, so möchte ich doch für die vorliegende Frage darauf finweisen: wenn die Beamten soeben erst zum großen Teil die Gelder in die Hand bekommen haben, die ihnen laufend für 1918 zugedacht waren, so werden sich manche Aeußerungen der Mißstimmung, die den verschiedenen Parteien inzwischen zugegangen sein mögen, wohl daraus nllären, daß eben den Beamten noch nicht das hbare Geld zum April ausgezahlt war. Vielleicht wird sich auch die Wirkung dieser Aktion eist jetzt nach erfolgter Auszahlung genügend bei der Beamtenschaft bemerkbar machen.“ Ich möchte aber die Sachlage nicht beschönigen. Es ist ohne weiteres zuzugeben, daß von ernster und beachtenswerter Seite Stimmen an die Staatsregierung gelangt sind aus denen er⸗ schtlich wird, daß die Hilfe, die wir der Beamtenschaft haben ange⸗ deihen lassen, mehr und mehr sich als unzulänglich herausstelt. (Sehr richtig!) Es ist ja befremdlich, daß jetzt sich solche Stimmen iiheben, in einer Zeit, wo die Sommermonate kommen, die im all⸗ gemeinen für die Beamtenbausbalte günstiger sind als die Winter⸗ monate, aber es hat wohl darin seinen Grund, daß die eigentlichen Sorgen der Bezahlung von Nahrungsmitteln in den Haushalten mehr und mehr zurücktreten. Die Hauptsorge scheint nach dem, was vir erfahren haben, auf dem Gebiet zu liegen, daß die Anschaffung bon Kleidern, Schuhwerk, Wäsche, die Ausgaben fur Miete und der⸗ gleichen jetzt größere Summen kosten: nachdem sich der Beamte nun sfahrelang hingedrückt und notdürftig bebolfen hat, kann er sich jetzt nicht mehr helfen, und nun wirken diese Ausgaben beseonders drückend. Sehr richtig') Ich habe in der Zwischenzeit seit unseren letzten Verhandlungen versucht, festzustellen, ob wir nicht zu den Geld⸗ zuwendungen, die wir bisher gewährt haben. vielleicht Zuwendungen auf andere Weise, nämlich in Form von großen Massenbelieferungen n natura geben könnten, und zwar von dem Gesichtspunkt aus, daß die Geldzuwendungen den Einzelnen doch letzten Endes nicht gücklich machen; er kann allein nicht die richtigen Kaufquellen aus nutzen, er tritt in Konkurrenz mit anderen Interessenten, und am Schluß werden die ganzen Millionen, die wir den Beamten in barem Gelde zuwenden, doch nur dazu führen, daß die Teuerung einfach weiter steigt. Ich hoffte also, daß es uns gelingen würde, ähnlich wie andere Gruvpen der Bevölkerung, Munitionsarbeiter usw., Gruppen, die es vielfach gar nicht so notwendig haben, wie unsere Beamten, siehr richtig!) in natura mit Kleidung usw. beliefert werden, so⸗ auch die Beamtenschaft in ähnlicher Weise zofrieden zu stellen. Leider haben die Versuche, die ich nach dieser Richtung in Fühlungnahme mit den zuständigen Reichsstellen angestellt habe, nicht zu einem be⸗ friedigenden Ergebnis geführt, und wir werden wohl auf diesen Ge⸗ danken verzichten müssen.

Wenn es aber richtig ist, daß die beute schon wieder anwachsende Not der Beamten auf den Ursachen beruht, die ich angeführt habe, dann beweist das uns, daß, wenn wir den Weg der baren Zuwendungen wieder beschreiten müssen, wir dann in Zuküͤnft an eine einmalige Zulage zu denken haben. Wir sind nach der Richtung bei den Vor vereitungen. Ich habe damals in dem Ausschuß, der die Beamten fragen behandelte, die Erklärung abgegeben, daß ich es mir aagelegen sein lassen würde fortgesetzt durch örtliche Prüfung bei den mir unter⸗ stellten Provinzialbehörden, wie es bei den anderen Ressorts auch seschieht nachzuforschen, wie die Wirkung der Zuwendungen auf die Beamtenschaft ist, wo die Beoamtenschaft der Schuh drückt. Solche Revisionen haben im größeren Umfange stattgefunden, sie sollen soch weiter stattfinden. Sie sollen uns das weitere Material für die kommende Aktion geben. Auf die Frage, die nach den Ausführungen des Herrn Abg. Winckler an die Staatsregierung gerichtet wild, vann die Voraussetzungen für diese neue Aktion gekom men sind, kann ich in Moment nicht mehr sagen. Sie müssen uns da auch Nit lassen, der gute Wille ist bei uns auch vorhanden. Daß es der Staatsregierung fern liegt (Zuruf) jawohl, Herr Abgeordneter doffmann, ich werde Ihnen gleich eine Erklärung geben, die Sie befriedigt daß es der Staatsregierung fern liegt, iiwa den Standpunkt einzunehmen, als ob die Aufwendungen, die wir sit das Jahr 1918 vorgesehen haben, für dieses Jahr genug waren, sann ich ausdrücklich erklären, wann und wie wir aber mit den nenen Aufwendungen herauskommen, das müssen wir heute noch der weiteren Entwicklung überlassen: wir werden uns darüber im Herbst noch niher unterhalten müssen. Aber ich wiederhole: es ist nicht bloß ie vornehmste Pflicht der Staatsregierung, für ihre Beamten zu 1 es ist auch ihr reigenstes Interesse. Wir müssen darauf Reacht nehmen, daß wir uns einen kraftvollen, leistungsfähigen, ctgem Beamtenstand erbalten; wir sägen sonst den 1 88 89 8 c. Der Beamtenstand muß eben auch in Zu 1 unruhi derem Staatsbetriebe der rocher de 8as 5 1e F sin, Vüt ie der Zeiten bleiben. Es sa s 8

säcrsscgötrh ie iene mögen EE1“ Seb esserungen sein, dieses Ziel nach Möglichkeit zu .

Was die Frage der Teurungsbezirke anbetrifft, so hat

9 88 Abg. Winckler Sätze verlesen, worin mit allem Nachdruck ge⸗ ctge daß nun diese differentielle Behandlung der Beamten⸗

schaft in Teurungsbezirke und Nichtteurungsbezirke aufgegeben würde. Herr Abg. Winckler hat daran auch für seine Person die Bemerkung geknüpft, daß durch diese ganze Einrichtung nur eine große Beunruhigung in die Beamtenschaft hineingetrtagen worden wäre. Wie liegt das aber in Wirklichkeit? Wir alle, auch die Staatsregierung, haben uns ja damals gesagt, daß Beschwerden nicht ausbleiben würden. Das lag nun einmal in der ganzen Natur der Regelung. Es gab eben zu viele, die von der Regelung nicht be troffen wurden, aber doch die Vorteile für sich möglichst in Anspruch nehmen wollten. Auch die Staatsregierung hat eine große Anzahl solcher Beschwerden bekommen. Im Finanzministerium habe ich sie zählen lassen, es sind 128 Stück. Bei näherer Betrachtung ist die Sache doch gar nicht so schlimm, wie es wohl nach dieser Zahl scheinen könnte. Diese Beschwerden scheiden sich in zwei grundverschiedene Gruppen.

Die erste kommt aus den jenigen Städten und Gemeiuden, die die Regelung vollkommen mißverstanden haben. Die Regelung beruhte auf dem Grundsatz, daß nicht überall im Falle irgendwelcher Teuerung die Teuerungszulagen gegeben werden sollten, sondern nur da, wo wir es mit einer großstädtischen oder in geschlossenen Industriebezirken versammelten Massierung der Bevölkerung zu tun haben, wo durch dieses Zusammenströmen der Industriearbeiterbevölkerung die kaufbaren Artikel aus der betreffenden Gemeinde verschwinden und wo die Teuerung einen so außerordentlichen Stand erreicht, daß der Beamte, der dort wohnen muß. schlechterdings mit seinem Einkommen nicht auskommen kann. Das setzte also voraus, daß die zahlreichen mittleren Städte usw., aus denen solche Beschwerden gekommen sind, die sich nicht mit Großstädten vergleichen konnten und weitab von Industrie⸗ bezirken liegen, von vornherein ausscheiden. So liegt es bei dem größten Teil der Anträge, die an mich gelangt sind, und die daher abgelehnt werden mußten. Ich glaube aber, daß die Interessenten, die hinter den Beschwerden der ersten Gruppe steben, sich nachber berubigt haben, weil sie einsahen, daß sie die Regelung der König⸗ lichen Staatsregierung mißverstanden hatten. Nachdem diese ihre irrige Auffassung berichtigt war, werden sie wohl nichts mehr dagegen einzuwenden haben, daß sie unberücksichtigt bleiben.

Anders liegt es mit der zweiten Gruppe; dort liegen allerdings größere Schwierigkeiten vor. Diese zweite Gruppe betrifft solche Orte, die an den Rändern der geschlossenen Industriebezirke gelegen sind. Es finden sich dort nämlich zahlreiche Industrieorte, die sich

strahlenförmig von dem Zentrum aus die Täler hinauf in die Gebirge

fortsetzen, wo die Arbeiterschaft dieselbe ist wie im Industriegebiete und wo die Verhältnisse sich auch für die dort wohnende Beamten⸗ schaft ähneln. Hier ist es, wie wir auch wohl eingesehen haben, sehr schwer, eine richtige Abgrenzung zu finden. Ich möchte aber erstens bemerken, daß die Regelung noch im Fluß ist. Wir haben fortgesetzt noch Anträge bewilligt: es werden Orte, auch dank der Befürwortung der Herren Abgeordneten, fortgesetzt neu in die Teuerungstabelle aufgenommen. Nach der Richtung wird also eine gewisse Beruhigung eingetreten sein oder noch eintreten, indem bei näherer Prüfung auch noch der eine oder andere Ort wird hinzugenommen werden können. Aber das zweite ist mir besonders wichtig: Immer handelt es sich bei den Interessenten der angeblich benachteiligten Ortschaften doch nur um Hunderte oder wenige Tausende, alles zusammen gerechnet: auf der andern Seite stehen aber die Hunderttausende und mehr von Beamten, die durch die Teuerungsbezirksaktioneine Verbesserung ihrer Lage erfahren haben. Wenn ich mich daher heute wieder frage, ob ich die Regelung mit den bisherigen gelegentlichen Mängeln belassen soll oder ob ich die Hunderttausende schädigen soll, damit eine Beruhigung der wenigen Tausende hergestellt wird, dann nehmen Sie mir es nicht übel bleibe ich bei meiner Auffassung, daß es nämlich richtiger ist, wenn wir das Gros der becürftigen Beamten befriedigen, selbst wenn eine gewisse Unruhe in einzelnen Randbezirken hervorgerufen wird. Es wird im übrigen bei Gelegenheit der nächsten Beratung über die Kriegsteuernngszulage dem hohen Hause Rechenschaft darüber abzulegen sein, wie die ganze Aktion gelaufen ist. Ich glaube, wir begraben diesen Streit⸗ punkt heuie.

Das Dritte, was Herr Winkler hier vorgebracht hat, war: wie hat sich die Königliche Staatsregierung zu der Darlehensaktion in der Zwischenzeit gestellt. Ich habe damals ausgeführt, daß es der Königlichen Staatsregierung nicht auf eine Entschuldungsaktion im eigentlichen Sinne ankommen könne, daß wir nicht daran denken könnten, alle die größeren oder kleineren Schulden, die die einzelnen Beamten aus welchen Gründen ist im Zweifelsfalle schwer fest⸗ stellbar gemacht haben, durch eine allen gleichmäßig zukommende Zuwendunz à fonds perdu abzugelten. Das würde weit über die Mittel des Staates hinausgegangen sein, aber auch weit über das Bedürfnis und über die moralische Verpflichtung, die der Staat gegenüber den Beamten hat. Es würde auch nicht etwa daran ge⸗ dacht werden können, individuell den Einzelfall dauraufhin zu unter suchen, wieviel der Beamte während des Krieges und nach seinen Ver⸗ hältnissen gerechtfertigterweise an Schulden! aufgenommen hat, und dann dem einen zu helfen, einem andern aber gar nichts zuzuwenden. Solche Gedanken mußten von vornherein zurücktreten. Die Staats⸗ regierung hatte sich statt dessen das Ziel gesteckt: kein Beamter der ein Darlehn braucht, soll erst die Straßen und Gassen ablaufen müssen, um einen Darlehnsgeber zu finden. Keiner soll durch die Verhältnisse gezwungen sein, sich Wucherern in die Hände zu geben: keiner soll gezwungen sein, einen übermäßigen Zinsfuß zu zahlen. Wir wollen die Möglichkeit bieten, daß jeder Beamte ein Darlehn zu mäßigem Zinsfuß fuͤr längere Zeit erhält, mit dem er sich daun aus eigener Kraft weiterhelfen kann.

Ich habe damals weiter erklärt, daß wir zu dieser Darlehns⸗ aktion einen Mittler brauchen; denn es ist unmöglich, daß der Staat die Aktion selbst in die Hand nimmt, daß die Behörden im einzelnen Falle darüber zu befinden haben, wer ein solches Darlehen bekommen soll. Wir mußten einen Mittler haben, der einen Teil

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der Verantwortung mit übernimmt, damit die Sache wirtschaftlich richtig ausgeführt wird und wir nicht finanziell zu große Gefahr laufen, einen Mittler, der aber auch der Beamtenschaft nahesteht. Das war der Fall bei den Beamtenvereinigungen selbst. Ich habe damals die Hoffnung ausgesprochen, daß solche Beamtenvereinigungen sich geneigt zeigen würden, uns bei dieser Aktion zu helfen. Das ist in der Zwischenzeit geschehen; wir habeu bereits mit einem Verband abgeschlossen, nämlich mit der Spar⸗ und Darlehnskasse des Verbandes Deutscher Beamtenvereine. Das wird nur ein Anfang sein: ich nehme an, daß andere größere Beamten⸗ verbände sich in ähnlicher Weise an uns wenden werden.

Die Regelung ist so gedacht, daß jeder Beamte, ohne daß irgend⸗ welche besondere Anforderungen an ihn gestellt werden, ohne daß er eine Lebensversicherung einzugehen oder drückende Sicherheiten zu leisten braucht, sich einfach auf Grund seiner Mitgliedschaft mit einfachsten Sicherungen oder nötigenfalls auch unter Verzicht guf solche zum Darlehnsempfange melden kann. Es sind zunächst 5 Millionen zur Verfügung gestellt worden; weitere 10 Millionen stehen bereits dadurch fest, daß die Cisenbahnbeamten sich dieser Aktion bei der Verbandskasse anschließen werden. 85 % erwartet der Staat davon später zurück, die restierenden 15 % verbleiben der vermittelnden Kasse. Der Beamte soll das Darlehen zu 4 % erhalten; der Staat erhält nur 2,5 % von der Kasse. Die dazwischen liegenden 1,5 % sind für Verwaltungskosten der Kasse gedacht; nach dieser Richtung soll aber noch die Entwicklung der Zukunft weiter abgewartet werden. Die Rückzahlung ist so gedacht, daß hierfür ein Zeitraum bis zu 10 Jahren in Aussicht genommen ist. Innerhalb dieser 10 Jahre sollen die Tilgungen vorgenommen werden, so daß der Beamte ohne irgendwelchen Druck das Darlehen wieder zurückerstatten kann.

Es ist ja richtig, daß das gegenüber den Riesenaufwendungen, die wir sonst an Kriegstenerungszulagen wegen der Not der Beamten⸗ schaft zu machen haben, nicht übermäßig viel ist. Aus den 15 Mit lionen kann aber selbstverständlich mehr werden. Die Staats⸗ regierung wird gern das erforderliche Geld zur Verfügung stellen, wir müssen eben auch solche kleinen Mittel mitnehmen. Die Beamten⸗ frage läßt sich nicht an einer einzelnen Stelle lösen, sondern muß auch an allen möglichen Stellen angepackt werden. Ich hoffe, daß diese Aktion dazu beitragen wird, die Verlegenheiten der Beamten⸗ schaft zu mildern, wenn nicht zu beseitigen und, worauf es wesentlich ankommt, auch nach Möglichkeit eine gute Stimmung der Beamten gegenüber der Staatsregierung herbeizuführen. (Bravo!)

Abg. von Dewitz⸗HOldenburg (freikons.): Dem Antrag at Kommissionsüberweisung des Antrages Heydebrand stimmen wi zu. Wir stimmen dem Finanzm nister darin bei, daß kei weiterer Eingriff in das direkte Steuerwesen der Bundesstaaten erfolgen darf, als durch das Kompromiß im Reichstage ge schehen ist. Leider machen wir die Beobachtung, daß die Süddeutschen einem weiteren Uebergreifen des Reiches in die direkten Steuern nicht abgeneigt sind. Die direkten Steuern in den Cinzelstaaten sind außerordentlich hoch. Dabei muß man bedenken, daß sie nicht nur vom Staat, sondern auch von den Gemeinden erhoben werden. Die vom Finanzminister geforderten hauptamtlichen Veranlagungs⸗ kommissare werden wir bewilligen. Die Vermögenszuwachs⸗ steuer ist ein steuerrechtliches Unding. Dadurch wird das Vermögen besteuert, das schon einmal durch die Ergänzungssteuer erfaßt ist. Wenn der Erbschaftszuwachs vom Reich besteuert würde, so wäre das eine Beeinträchtigung der Einzelstaaten. Meine Freunde sind bereit, an der im Herbst zu erwartenden Steuervorlage mitzu⸗ arbeiten. (Beifall b. d. Freik.) Abg. Ad. Hoffmann (I.

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Soz.):

Der Abg. Hirsch hat sich über meine letzten Angriffe gegen ihn beklagt. Wir

4* sind aus Reinlichkeitsgründen von ihm abgerückt. Er bat sich ferrer darüber beschwert, daß ich unter Bezugnahme auf dire Regiecrungssozialisten von Zuhälter⸗ und Hehlerdiensten gesprochen habe. Das ist kein Kaschemmenton, wie Abg. Hirsch sagte, sondern Zuhälterei und Hehlerdienste, das ist Gerichtssprache. (Lachen bei den Soz.) Beim Streik haben wir mit der Regierung nicht verhandelt,

il diese es abgelehnt hat, mit den Arbeitern der Betriebe zu ver⸗ 1i. Abg. Hirsch hat es kritisiert, daß die Unabhängigen gegen

Friedensresolution gestimmt haben. Sie berufen sich jetzt auf

Friedensresolution, die vom Zentrum als Sckwindel erklärt wird und von der die Freisimmigen abgedrückt sind. Ich halte alles aufrecht, was ich gegen die Regierungssozialisten gesagt habe. Herr Hirsch ist bestrebt, Preußen zu stützen und zu halten. Und doch hat er früher von dem preußischen Zuchthausstaat gesprochen, in dem Klassenjustiz herrscht. Abg. Winckler will die preußische Steuer hoheit aufrecht erhalten, weil er weiß, daß die Grundbesitzer steuerlich ganz anders angefaßt werden, wenn der Landrat die Steuersätze nicht mehr festsetzt. Der Abg. Hofer hat den Soldaten nicht, wie be⸗ hauptet wurde, das Heldentum abgesprochen, sondern er hat das Heldentum bewundert, mit dem die Soldaten den Hunger an der Front und in den Lazaretten ertragen. In der Ernährungsfrate stehen wir so unagünstig da, weil die Produktion nicht scharf gemg angefaßt wird. Man hält die Nahrungsmittel zurück, um bohe Preise zu erzielen. Man läßt die Lebensmittel verfaulen und, schickt in in die Großstädte. Daß sich bei solchen Zuständen der Ar⸗ gegen den Krieg und der Groll gegen die besitzenden Klassen

bann niemand wunder Wundern Sie sich nicht, wenn die Ihrem Kopf zusammenschlagen. (Beifall bei den (nl.: Was die Ausführungen des Vorredrers betrifft, so bedauere ich, daß die Tribüne durch solche persönlichen Auseinandersetzungen herabgewürdigt wird. Wir sind erfreut über das, was der Finanzminister über die Fürsorge für die Beamten gesagt hat. Der Eisenbahnpräsi⸗ dent in Cöln hat den Vorsitzenden des Lokomotipföhrewerbandes ge zwungen, sein Amt als Vorsitzender niederzulegen, weil er eine Schrift veröffentlicht hat, die Ungehöriges enthielt. Gegen diesen Eingriff in die staatsbürgerlichen Rechte eines Beamten müssen wir ent⸗ schiedenen Einspruch erheben. Dem Antrag Heydebrand stimmen wir zu. Redner begründet den Antrag Flathmann (nl.). Wir hoffen, daß, wenn die Krieger zurückkehren, alle Parteien, auch die des Abg. Leinert, mit uns zusammenarbeiten werden, um das Los erträglich zu machen. (Beifall.) 1—

Abg. Herold (Zentr.): Wir sind damit eirwerstanden, daß die Steuerboheit der Einzelstaaten gewahrt werden muß, soweit es sich um Landessteuern handelt. Freilich werden wir auf die Dauer an der Besteuerung von Einkommen und Vermögen im Reich nicht vor⸗ beikommen. Nur darf die Steuerkraft der Einzelstaaten und Ge⸗ meinden nicht zu sehr herabgedrückt werden. Mit der Erhöhung der Teuerungszulagen, wo sie nicht ausreichen, muß schnell vorgegangen werden. In der Fürsorge für die Kriegsbeschädigten werden alle

Parteien ihre Schuldigkeit tun. (Beifall im Zentrum.)

Fuhrmann