1918 / 160 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 10 Jul 1918 18:00:01 GMT) scan diff

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ann man auch zweifel „zu welchem Zeitpunkte Her⸗ setzung der Brotratien erfolgen sollen. Meine Herren, wir haben das ganze Jahr mit der Befür tung gerecknet, daß unsere Brotgetreideversorgung nicht reichen würde. Aber es kommt doch auch wesentlich das pfychologische Moment mit in Be⸗ vpacht, und alles in allem genommen ging doch Leute, die sich ein⸗ gehend mit dieser Frage befaf „und denen ich beistimmte, dahin, eine Einschränkung der Brotration ist in einem kürzeren Zeitraum nmittelbar vor der Ernte für die Bevölkerung pspchologisch leichter zu ertragen, als wenn man bereits im Herbste mit einer Herabsetzung der Brotration vorgegangen wäre. (Sehr richtig!) Es ist ja unser gegenwärtiges Wirtschaftssystem als ganz außer⸗ vrdentlich produktionshemmend bezeichnet worden. Wedurch wird aber die landwirtschaftliche Produktion in erster Linie gehemmt? Durch die Entziehung ihrer Betriebsmittel! Es werden ihr die Pferde genommen, es sind ihr die Menschenkräfte genommen, es sind die Betriebskräfte genommen, und es ist ihr der künstliche Dünger genommen! Das liegt nicht im System, sondern in den Kriegsnot⸗ wendigkeiten. (Zuruf: Und in den Höchstpreisen!) Dann sind wir zu sehr starken Eingriffen genötigt gewesen, indem wir für das Zuchwieh und das Nutzvieh die Rationen haben herabsetzen müssen. Für Mastzwecke war bekanntlich in diesem Jahre gar nichts vorhanden. Wenn diese Eingriffe in diesem Jahre ganz besonders drückend für die Landwirtschaft waren, so ist nicht das System daran schuld, sondern die traurige Futterernte, die dazu genötigt hat, eine

ation für das Zuchtvieh festzusetzen, bei der es in der Tat nicht be⸗ stehen kann. Aber wenn nicht mehr da ist, kann auch nicht mehr ge⸗ geben werden. Sie wissen alle, welche Schwierigkeiten es uns ge⸗ macht hat, die notwendigen Futterbestände für unser Heer aufzu⸗ bringen. Wir hoffen, daß wir aus dieser Kalamität, dem Mangel an Hartfutter, im nächsten Jahre bei besserer Ernte herauskommen werden.

Ich erkenne opne weiteres an, daß dieses ganze Zwangssystem produktionshemmend wirken muß. In dieser Richtung wirkt nach Ansicht des Herrn Fürsten zu Innhausen und Knyphausen besonders die Preisfestsetzung und auch die Frühdruschprämie. Wir brauchten sie im vorigen Jahre, um den Zwischenraum zwischen der alten und der neuen Ernte zu überwinden. Wir brauchen sie in diesem Jahre noch in stärkerem Maße. Also die Prämien haben nach den Bedürf⸗ nissen der Reichsgetreidestelle eingestellt werden müssen. Ich möchte übrigens feststellen, daß, wenn auch die Gegenden von West nach Ost in verschiedenem Maße an den Frühdruschprämien haben teilnehmen können, immerhin doch durch die Prämien die Hälfte des Brotgetreides erfaßt worden ist. Also ich glaube, daß fast jeder Landwirt in die Lage gekommen ist, noch am Frühdrusch teilzunehmen und höhere Preise zu bekommen.

Es wird mit Recht bemängelt, daß im Laufe des Jahres die Preise verschieden festgesetzt sind, beispielsweise beim Hafer. Wenn

ie aber die Not empfunden hätten, die wir im vorigen Jahre gehabt haben, um den Hafer herauszuholen, und wenn Sie anerkennen müssen, daß diese Preisfestsetzung schließlich doch den Erfolg gehabt hat, daß letzten Endes ein bestimmtes Quantum an Hafer herausgekommen ist, daß der Heeresnot abhalf, so werden Sie auch die höhere Preisfest⸗ setzung anerkennen müssen, so übel sie auch nach anderer Richtung wir⸗ ken muß. Es ist einfach eine Notmaßnahme.

Es ist dann weiter die scharfe Erfassung bemängelt worden. und namentlich die Revision. Revisionen sind notwendig, das ist wohl bezweifeln. Es ist unbedingt eine Kontrolle em Schlusse der Druschperiode notwendig, um die Bestände, die noch vorhanden sind, zu erfassen. Aber es sind allerdings, wie ich anerkenne, eine Reihe von Mißgriffen vorgekommen, die ich bedaure. Ich werde dafür sorgen, daß die beteiligten Stellen, die mit der Revision zu tun haben, eine Instruk⸗

on bekommen, damit solche Mißstände, die in diesem Jahre leider in einzelnen Fällen vorgekommen sind, unterbleiben.

Wenn trotz aller dieser Ersckwernisse unsere Landwirtschaft in iesem besonders schweren Jahre doch wieder das notwendige tögliche

rot für unser Heer und Volk geschaffen hat, so ist das als eine ganz ß tliche Leistung anzuerkennen, und ich nehme gern die Ge⸗ legenheit wahr, der Landwirtschaft hierfür den wärmsten Dank auszu⸗ sprechen. Mit Freude habe ich von den Ausführungen des Herrn

Grafen von der Schulenburg Kenntnis genommen, daß die Landwirt⸗

schaft auch weiterhin bemüht sein wird, trotz aller Hemmungen und

swernisse mit allen Kräften für die Ernährung des Heeres und

Volkes auch für das kommende Jahr zu sorgen.

Es wird bei der zwangsläufigen Wirtschaft als besonders er⸗ schwerend empfunden, daß eine ganze Reihe von Lebensmitteln ein⸗ bezogen sind, bezüglich deren man zweifelhaft sein kann, ob ihre Be⸗ wirtschaftung zweckmäßig ist. Es gehört zu dieser Kategorie das Obst, das Gemüse und Eier. Mir liegt heute ein Bericht aus Wien vor, wonach man dort, von demselben Gesichspunkte ausgehend, gegen die Bewirkschaftung des Frühgemüses Widerspruch erhoben hat. Das Er⸗ nährungsamt hat sich infolgedessen dazu entschlossen, das Frühgemüse freizulassen. Die Folge war, daß allerdings eine Zeitlang zu sehr hohen Preisen in der ersten Junihälfte Kirschen zu 6 bis 8 Kronen das Pfund, Wald⸗ und Ananaserdbeeren zu 7 bis 8 Kronen, Gemüse zu ähnlichen Preisen zu haben war. Das dauerte aber nicht lange. Die Erwartung, daß die Schaufenster und Läden sich mit Obst und Gemüse füllen würden, sind nicht in Erfüllung gegangen, sondern ebenso wie die Märkte sind auch die Läden von Obst und von Gemüse entblößt ge⸗ wesen; durch Aufkkäufer sind die ganzen Mengen aufgekauft worden, so daß die Gemüseversorgung von Wien augenblicklich auf erhebliche Schwierigkeiten stößt. Das wurde hier für Berlin vorausgesagt, als die Höchstpreise am 1. Juni eintraten. Jetzt ist so viel Gemüse in Berlin, daß z. B. der Kohlrabi nicht einmal vollkommen aufgenommen wird. Also es ist doch sehr zweifelhaft, ob nicht das gegenwärtige System, das wir eingeschlagen haben, für die große Masse der Bevölkerung nützlicher ist als das andere, wo nur ein kleiner Teil von Konsumenten sicher in der Lage ist, sich in den Besitz dieser Lebensmittel zu setzen. Die Nachfrage nach Obst und Gemüse ist ja bei dem Mangel an anderen Lebensmitteln so stark gestiegen, daß es ganz ausgeschlossen ist, diese Nachfrage zu befriedigen. Die Nachfrage ist ungefähr 20 mal so groß wie unser Vorrat. Ein gewisses Manko wird immer eintreten. Solange wir mit anderen Lebensmitteln nicht mehr so knapp sind, wie gegenwärtig, werden wir nicht darangehen können, das Gemüse ganz freizulassen.

Was die Bewirtschaftung des Herbstobstes anlangt, so ist es uns doch im vorigen Jahre gelungen, der Marmeladefabrikation, ich glaube, 6 Millionen Zentner Obst zuzuführen, und es hat die Gesamtbevölke⸗ rung reichlich und regelmäßig mit Marmelade versongt werden können,

was sonst ausgeschlossen gewesen wäre. Ebensowenig wäre es möglich gewesen, wenn nicht gewisse Wirtschaftsbeschränkungen beim Herbst⸗ gemüse eingeführt worden wären, die großen Quantitäten für das Heer und die Bevölkerung der Großstädte zu beschaffen. Das ist die andere Seite, die doch dabei zu berücksichtigen ist.

Aehnlich liegt es auch bei der Eierbewirtschaftung. Sie wird auf dem Lande besonders lästig empfunden, und das erkenne ich voll⸗

ständen verbunden. Aber es ist uns doch durch die Eierb gelungen, daß jeder Einwohner der Bedarfsbezirke Jahre bekommt. (Lachen.) Es wäre ganz ausgeschlossen, daß die große

7 . 2 . K 8 —έ Masse der Bevölkerung in dieser knappen Zeit pro Kopf im Jahre 30 Eier bekäme. Die Eier würden sonst selbstwerständlich zu höheren Preisen in bestimmte Hände gelangen, keineswegs in die Hand der großen Masse der Konsumenten.

Ganz gewiß werden, sobald sich unsere Lage erleichtert und nicht mehr die gegenwärtige Knappheit besteht, diese Artikel die ersten sein,

die von der öffentlichen Bewirtschaftung zu befreien wären. Daß in der jetzigen Zeit in der Bewirtschaftung von Brotgetreide, von Kartoffeln und von Fleisch eine Aenderung eintreten könnte, das wünschen ja selbst nicht diejenigen Herren, die prinzipiell große Bedenken gegen das ganze System haben. Wir werden erst dann an einen Abbau unserer ge⸗ samten Zwangswirtschaft gehen können, wenn tatsächlich unsere Vor⸗ räte erheblich größer sind als der Bedarf. So weit sind wir aber noch nicht. Deshalb heißt es nach wie vor: aushalten und kämpfen und auch diese Last als eine Kriegslast tragen, bis wir den Sieg erfochten haben und der Moment gekommen sein wird, daß das deutsche Volk wieder in friedlicher und fruchtbarer Arbeit seine Hände und Kräfte regen kann. (Bravo!)

Berichterstatter Graf von der Schulenburg⸗Grünthal bemerkt einer Aeußerung des Fürsten zu Innhausen gegenüber, daß das jetzige System der Pferdeaushebung nützlich sei.. u“ Dberbürgermeister Koch⸗Cassel: Auch ich bin der Ansicht, daß solange Angebot und Nachfrage nicht einigermaßen ins Gleichgewicht gebracht sind, an einen Abbau nicht gedacht werden kann. Wir sollten von einer zu häufigen Kritik Abstand nehmen. Wir müssen das jetzige Sbstem so lange ertragen, wie das öffentliche Wohl es erfordert.

von Hertzberg: Das jetzige System hat den Schleichhandel zur Folge gehabt. Ohne diesen waren die Großstädter längst verhungert. Das Spstem zu ändern, ist natürlich schwer, aber mit dem Abbau sollte man allmählich beginnen. Jedenfalls wünschen wir nicht, daß dieses Sostem auch nach dem Kriege erhalten bleibt. 1]

Graf zu Stolberg⸗Wernigerode: Wo man mit einer mangelhaften Wirtschaft hinkommt, das zeigen die Verhältnisse in Oesterreich, wo der reiche Mann alles und der arme nichts hat. Ohne öffentliche Bewirtschaftung hätten wir keine ausreichende Versorgung, deshalb sollte man mit der Kritik vorsichtig sein. DOberbürgermeister Koch⸗Cassel: Die Verhältnisse würden besser sein, wenn die öffentliche Versorgung, die wir nicht entbehren können, früher eingesetzt hätte. 2 1

„Steadtdirektor Tramm⸗Hannover: Während des Krieges müssen

wir das jetzige System der Versorgung aufrecht erhalten. Freilich ist ohne den Schleichhandel eine richtige Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln nicht möglich. Obst, Gemüse und Eier könnten dem freien Handel überlassen bleiben. Mit dem Abbau sollte man nicht so lange warten, bis die Produktion den Konsum erreicht. Jedenfalls sollte man das Spstem so frei wie möglich gestalten. Wenn wir einheitlich zusammenhalten, dann werden wir die Schwierigkeiten des Systems überwinden. Dberbürgermeister Dr. Jarres⸗Duisburg: Die Kartoffelver⸗ sorgung ist unter dem jetzigen System sehr gut verlaufen. Ebenso ist die Marmeladeversorgung vortrefflich gewesen. Ich bin guch der Mei⸗ nung, daß wir ohne den Schleichhandel mit der Versorgung der Städte und der Industriebevölkerung schlecht gefahren wären. Zurzeit können wir von dem Svystem der öffentlichen Wirtschaft nicht abgehen.

DOberbürgermeister Wermuth ⸗Berlin: Alle großen Verbrauchs⸗ zentren müssen zu dem System stehen, das wir notgedrungen haben an⸗ nehmen müssen. Es war eine rettende Tat, als um die Jahreswende von 1914/15 die öffentliche Gewalt zunächst beim Getreide eingriff. Die offentliche Bewirtschaftung darf während des Krieges wenigstens für die Hauptnahrungsmittel Getreide, Fleisch und Kartoffeln unter keinen Umständen aufgegeben werden. von Oldenburg: Der Schleichhandel muß sein, sonst wären die Städte verhungert, aber er muß auch bekämpft werden aus Grün⸗ den der Moral. Aber man soll in der Moral nicht zu weit gehen. (Heiterkeit.) Wenn der Schleichhandel ausländische Ware einführt, so soll man ihn unbehelligt lassen.

Staatssekretär des Kriegsernährungsamts, Staatsminister von Waldow:

Ich kann die Ausführungen des Herrn von Oldenburg bezüglic der Kartoffelbewirtschaftung doch nicht unwidersprochen lassen. Herr von Oldenburg hat das Frühjahr 1915 herangezogen und hat daraus geschlossen, daß der freie Handel uns noch am besten mit den Kartoffeln versorgt, wie das damals im Jahre 1915 geschehen ist. Ich möchte darauf aufmerksam machen, daß wir im Jahre 1914/15 noch ein weit größeres Quantum von Lebens⸗ und Futtermitteln im Lande hatten als in diesem Jahre. Daß also nach einer guten Kartoffelernte unter diesen Umständen im Frühjahr 1915 noch Kartoffeln da waren, ist ganz klar. Außerdem stand damals uns noch Holland offen, Rhein⸗ land war von diesem, seinem natürlichen Bezugsgebiet noch nicht ab⸗ geschlossen. Es bestanden damals noch nicht die Beschränkungen für die Einfuhr aus Holland wie gegenwärtig. Ganz anders war es in den folgenden Jahren. Da hat sich die Kartoffelversorgung recht schwierig gezeigt und ich darf feststellen, daß die Kartoffelversorgung bisher in keinem Jahre so geklappt hat wie in diesem; denn es hat die Ration von 7 Pfund bis Ende Juni durchweg gegeben werden können. Es können höchstens ganz geringfügige Ausnahmen gewesen sein. Eine ganze Reihe von Städten sind eingedeckt bis zum 15. Juli und bis zum 1. August. Wo in einzelnen Städten jetzt leider Kartoffel⸗ mangel eingetreten ist, scheiden eigentlich auch diejenigen aus, die schon von vornherein so stark eingedeckt waren, daß sie an sich damit hätten auskommen können. Aber es ist allerdings in diesem Jahre zu be⸗ obachten, daß die Kartoffel sich zwar bis zum Frühjahr sehr gut ge⸗ hallten hat, aber doch in der wärmeren Jahreszeit sehr schnell verfallen ist, und daß der Schwund ein sehr viel stärkerer gewesen ist, als man erwarten durfte. Also es sind die Schwierigkeiten, die jetzt in einer Reihe von Städten eingetreten sind, Folgen des sehr starken Schwundes, bei andern Städten, das gebe ich zu, Folgen von Trans⸗ portschwierigkeiten. Ich möchte Herrn von Oldenburg die Frage vor⸗ legen, wie wohl das Rheinland und Westfalen ohne eine zentrale Bewirtschaftung mit Kartoffeln hätten vrsorgt werden können, nachdem es von Holland, seinem natürlichen Bezugsgebiet, abgeschnitten war! Wer hat denn sonst aus Pommern und Ostpreußen Kartoffeln nach dem Rheinland verfrachtet? (Zuruf: Immer!) In dem Maße jeden⸗ falls nicht, das wäre schon aus Transportschwierigkeiten unmöglich ge⸗ wesen. Ich kann die Erfahrung einer Stadt hier anführen, die be⸗

strebt war, dem freien Handel Bahn zu schaffen und die Kartoffel⸗

versergung einem Konsortium von Kaufleuten übertragen hat Weihnachten saßen sie fest. Dieses Konsortium nämlich s Risiko, die Kartoffeln bis zum 15. April einzulagern, nicht anf nehmen wollen. auf

Wir haben auch insofern Unglück bei der Kartoffelversorgung wir nach der ganzen Frübfahrsentwicklung auf eine frühe Fe hs ernte hoffen. Die hat sich durch die kalte Witt g verschoben, so daß wi sonst bei einem frühen Sommer sch Juli die Kartoff⸗d, eintrat, jetzt erst 10 oder 15 Tage später ernten können. Dadurg ine Verlegenbeit entstanden, die außerordentlich zu bedauern 8* die für diejenigen Behörden, die für die Ernährung verantwort sind, außerordentlich schmerzlich ist. Es wird nun versucht gewissem Sinne Ersatz zu geben.

Oberbürgermeister Dr. Wilms⸗Posen: Das toffelversorgung hat sich gut bewährt, so daß wir ohn Zukunft blicken können.

Die Besprechung schli

. Der Haushalt der landm schaftlichen Verwaltung wird

willigt.

gf d

1. be Schluß 7 Uhr. Nächste Sitzung Mittwoch, 1 Uhr

Parlamentarische Nachrichten.

Dem Reichstage sind der Entwurf eines Gesetze” betreffend die Fesistellung eines zweiten Nachtrags zun Reichshaushaltsplane für das Rechnungsjahr 1918 und der Entwurf einer fünften Ergänzung des B*, soldungsgesetzes zugegangen. Beide Gesetzentwürfe sind durch den Beschluß des Reichstags über Schaffung eines Reichsfinanzhofes bedingt, die fortdauernde Ausgaben in der Gesamthöhe von 139 580 erfordert. 1

Kunst und Wiffenschaft.

Die zweite Jahresversammlung der Deutschen Ge⸗ sellschaft für Völkerrecht findet vom 18. bis 21. Septeglher in Kiel statt. Verbandlungsgegenstände sind: Völkerrechtli⸗ Sicherungen der internationalen Verkehrsfreibeit in Friedenszeile (Berichterstatter Profeßor Dr. Harms und Professor Dr. W. ven Calker, Kiel); die Staatsangebörigkeit der juristischen Personn (Berichter' atier P ofessor Dr. Neumeyer, München, Reichsgerichtzin! Dr. Neukamp, Leipz g).

Bei Rüsselsheim c. M. ist⸗kürzlich cein Brandgrab aus altgermanischer Zeit gesunden worden, das der Spätlatznezeit angehört. Der Gesomtfund kam in des römisch⸗germanische Zentral museum in Mainz; er ist besonders interessant durch die Beigab Messer und Pferdene sen. Danach ist es möglich, daß dem Toten zwei Reitpferde ins Gah gesolat sind. Der hier bestattete Mann sst in seiner Zugehörigkett zu einem bestimmten germanischen Siamm mehr festzastellen. Vielleicht war er ein Vangfone sueckisch Stammes.

Mannigfaltiges.

Wale als Volksnahrung. Obwohl in Norwegen In Jah e 1904 der Walfang an der nordnorwegischen Käste durch en Gesetz verboten worden ist, sah man sich durch die Not der Vorhaͤltaisse eranlaßt, den Walfang wieder aufzunehmen, um dem F'tt⸗ und Fleischmangel abzubelfen. Wie die Mitetlungen des deut chen See⸗ fischerei⸗Vereins melden, hat der Staat die verfall⸗nen Walsang⸗ statfonen teilweise wieder instandsetzen lassen und den Fang selbs ge⸗ reaelt. Seit Dezember vorigen Jahres bis zum März dieses Jahres siod 25 Fianwale erlegt worden. Zu den fünf Wal⸗ campfern sollen fetzt, nachdem sich der Staat länas der Küßte bis Finnmarken vier wetlere Walstationen gesichert hat, noch elf neüue in Betrteb genommen werden. Hauptsächlich kommt der Finnwal in Frag“⸗, da der Knölwal, der sonst auf seinem Zuge westwärts längs der Küste m Februar und März zu fangen war, in Nortatlaatischen Ozean ziemlich ausgerottet sein soll Ferner komme für die Fänge der Blauwal und der Seiwal in Betracht, die ge⸗ wöhnlich vom Junt an an der Küste Finnmarkens auftreter. Men hat schwerlich daran gedacht, deß man in Norwegen noch einmal nit Walfleisch und Wulfett als Volksnahcungsmittela wende rechrea müssen, doch wird sich, da der Geschmack des Fleisches gerühmt witd, ras Volk wohl schnell wieder an das Walfleisch gewöhnen, zumal der Preis nicht allm hoch ist.

Amsterdam, 8. Jult. (W. T. B.) „Algemeen Hardeleblad⸗ meldet, daß das bolländische Fischerfahrzeug „R. O. 3 heute früh 10 Meilen von Scheveningen von vier deutschen Flu⸗⸗ zeugen, die Bomben auf das Schiff abwarfen, angegriffen wurde. Dte Besatzuag verließ das Schiff. Nachdem die Flugnun verschwunden waiten, ging die Betatzung wlieder an Bord, worauf daß Schif⸗ ohne Schaden erlitten zu haben, in den Nieuwe Watermeg einfuhr.

Haag, 9. Juli. (Korrespondenzbureau.) Der Dampfet

„Kennemerland“, der von den portugiesischen Behörden lärgut,

Zeit festgebalten worden war, hat tn der letzten Nacht das Leucht⸗ 1 “] Bank passiert. Er bringt u. a. 3000 Tonuen Mais mit. 1

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

ͤNVNVVʒyyrbʒʒʒʒ;

Familiennachrichten.

Verlobt: Gabriele Freiin Viacke mit Hrn. Staatzsrat 5 Kammerherrn Dr. jur. Werner Fehrn. von Schele (Ostenwalde Post Melle). bmer

Verehelicht: Hr. Oberleutnant Ferdinand Frhr. von Bot 96 mit Frl. Mabel Köhler (Hannover) Hr. Regierungsreferente Eernst Günther von Heynttz mit Fel. Erika von Pelchr (Wüstenhain, Post Krieschow). 8 Se

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Grafen Bülow⸗Kühren (Küͤhrei Hrn. Rittmeister Hatald Schött (Töriaswusser bausen), Hrn. Gerichtsassessor Dr. Paul von der Heide (Schlachten 1. ge Hrn. Landrat Waldhaufen (Bischofsburg, Ostpr., †.

nigsberg). 8 88s

Gestorben: Hr. Korpettenkapitän Otto von Lu!k (Mürwil). Hr. Conrad Fried länder⸗Martenhof (Marienhof).

Verantwortlicher Schriftleiter: Direktor Dr. Tyrol, Charbottemee Verantwortlich für den Anzeigenteil: Der Vorsteher der Geschäftsst J. V.: Rechnungsrat Reyher in Berlin. Verlag der Geschäftsstelle (I. V.: Reyher) in Berlin. Dryck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagsanstalt Berlin, Wilhelmstraße 32.

Vier Beilagen

eutl 9 sowir die Inhaltsangabe Nr. 27 zu Nr. 5 des öff lche Anzeigers

pperbündeten Regierungen und meiner Aeußerung besteht. Die ver⸗

Erste Beilage

zuun Deutschen Reichs nzeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.

Berlin, Mittwoch, den 10. Juli

160.

Parlamentsbericht“)

Deutscher Reichstag. 186. Sitzung vom 8. Juli 1918. Nachtrag. die bei der zweiten Beraming des Gesetz⸗

Die hert. . die Zusammensetzung des atm und die Verhältmisw ahl in Keichs Reichstagswahlkreisen in Erwiderung großen eungen der Abgg. Landsberg (Soz.), Dr. Müller⸗ if Ausführungf ksp.), Dr. Bell (Zentr.) und Graf i eingen (vortschr. Volksp.), Dr. Bell (Zentr.) und Graf einlgfiarh (kons.) der Stellvertreter des Reichskanzlers, harlliche Geheime Rat Dr. von Payer gehalten hat, Der Herr Abg. Graf Westarp hat auf eine

ige Bemerkung hingewiesen, die ich hier im Plenum des kuuses vor einigen Monaten einmal gemacht habe. Sie ist im wischußbericht aufgeführt. Der Herr Abgeordnete hat geglaubt, t diesem Hinweis die Vermutung begründen zu können, daß die gierung den Entwurf nur als einen vorläufigen Versuch ansehe 16 gegebenenfalls für später die Ausdehnung der Verhältniswahl ber das ganze Land ins Auge gefaßt habe. Diese Auffassung des enn Abgeordneten ist irrtümlich. Ich habe damals auf die objektiv nbestreitbare Tatsache hingewiesen, daß sich bei Durchführung z Gesetzes im Laufe der Jahre Erfahrungen ansammeln aden, die selbstverständlich für die Möglichkeit oder Nicht⸗ alichkeit die Zweckmäßigkeit oder Nichtzweckmäßigkeit des ijeren Ausbaus Schlüsse zulassen werden. Ich habe aber der sagen wollen noch gesagt, daß sie einseitig im Sinne 2 weiteren Ausbaus ausfallen werden. Es kann ebensogut das genteil der Fall sein. Noch weniger aber habe ich sagen wollen 88 gesagt, daß diese Erfahrungen zu einem weiteren Ausbau ver⸗ fatet werden sollen oder seitens der Reichsregierung werden verwertet nden. Ich kann also nicht zugeben, daß ich den dereinstigen Er⸗ agungen der Reichsregierung, die man nach Ablauf einiger Jahr⸗ fönte vielleicht in Aussicht nehmen kann, vorgegriffen habe, noch rwiger, daß ich das Geheimnis ans Licht gezogen habe, daß die danijerung schon jetzt für später einen weiteren Ausbau des Entwurfs e Auge fasse. Das letztere trifft weder für die Regierung noch für geine Person zu.

Im weiteren Verlaufe der Besprechung über die 1 bis 5 des Gesetzentwurfs erklärte in Erwiderung auf Be⸗ merkungen des Abg. Grafen von Westarp (konsl.) der Stell⸗ vertreter des Reichskanzlers, Wirkliche Geheime Rat Dr. von Payer:

Es tut mir leid, daß ich in dieser Sache noch einmal Ihre Auf⸗ vechjankeit in Anspruch nehmen muß. Wenn die Herren einiger⸗ maßen guten Willen hätten, für das Gesetz einzutreten, so würden meine leußerungen Ihnen wahrhaftig keinen Anlaß gegeben haben, gegen dubselbe Stellung zu nehmen. (Sehr richtig! links.) Ich muß durchaus hestreiten, daß ein Widerspruch zwischen dem Standpunkt der

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ündeten Regierungen verwahren sich gegen die Auslegung, als ob sie jetzt chon in Aussicht nehmen, späterhin dem Gesetz eine weitere Ausdehnung ugeben. Ich meinerseits habe darauf hingewiesen, daß es gut sein werde, renn man Erfahrungen auf diesem Gebiete sammle es hat mir azu das Vorgehen in Württemberg Anregung gegeben. Dort ist auch in teilweises Verhältniswahlrecht eingeführt, und ich habe das immer ür zweckmäßig gehalten, weil man dann am Ende einer Reihe von Pabren sehen kann, welche Fehler und welche Vorteile ein solches ahlrecht hat oder nicht. Auf diese objektive Tatsache habe ich hin⸗ sewiesen und ich muß bestreiten, daß das irgend jemandem das Recht sibt, die Glaubwürdigkeit und die Bestimmtheit der verbündeten Re⸗ gierungen in Frage zu stellen.

187. Sitzung vom 9. Juli 1918, Vormittags 11. Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Büro.)

Am Bundesratstische: der Stellvertreter des Reichs⸗ smnlers, Wirkliche Geheime Rat Dr. von Payer, der riegeminister, General der Artillerie vom Stein, der Staatssekretär des Reicheschatzamts, Staatsminister Graf von Roedern und der Staatssekretär des Innern, Staats⸗ minister Wallraf. säsibect Fehrenbach eröffnet die Sitzung gegen

2 Uhr.

Abg. Gröber (Zentr.) beantragt, im Lause der Sitzung

ine Mittagspause einkreten zu lassen, weil die Fraktionen noch zu pentungen über die Steuervorlagen zusammentreten möchten. 11 58 Präsident Fehrenba ch erklärt, daß er, weil die Anwesenheit ünticher Mitglieder bei den Steuervorlagen ständig erforderlich sei, me Mittagspause zur Einnahme des Mittagsmahles habe vor⸗ sälngen wollen, etwa von 1 bis 3468 Uhr. (Widerspruch rechts.)

Nach kurzer Geschäftsordnungsdebatte vereinbart das

baus, eine Mittagspause von etwa 1 Uhr an abzuhalten.

Auf der Tagesordnnung stehen zunächst Anfragen. Rei Abg. Dr. Arendt (Deutsche Fraktion) fragt an, wie der heicafengler die schwere Unbilligkeit gegen die Hausbesitzer vg vert setskündigungs⸗ und Mietssteigerungsverbote durch die stell⸗ ecetenden dieneralkommandes des I., II. und VII. Armeekorps

ern wolle.

Ant General von Wrisberg: Diese Verordnungen erfolgen auf uch Mund im Einvernehmen mit den Zivilbehörden, um entstand assenkündigungen und Mietssteigerungen bis zu 45 Prozen unruh enen Wohnungsnot und der daraus folgenden schweren Be⸗ so schranes der Bevölkerung im Interesse der Sicherheit des Reiches Widersp als möglich abzuhelfen. Die Verordnung steht nicht 88 sondern rich mit der Bundesratsverordnung vom 26. Juni 1917, Mietone stellt nur eine Ergänzung derselben dar. Sie enthält keine macht ditgerungs⸗ oder Mietskündigungsverbote schlechthin, sondern

et die Steigerung oder Kündigung nur von der Genehmigung

918.

der Mieteinigungsämter oder der Polizeiverwaltung abhängig. Es wird also lediglich der Mieterschutz gestärkt, ohne die berechtigten Interessen der Vermieter zu gefährden. Daß die Militärbefehlshaber auf Grund des Belagrungszustandsgesetzes zum Erlaß derartiger Ver⸗ ordnungen berechtigt sind, kann nicht zweifelhaft sein.

Abg. von Brockhausen (bkbons.) fragt an, ob der Reichskanzler dahin wirken wolle, daß den land⸗ und forstwirtschaft⸗ lichen Arbeitern und Arbeiterinnen die nötigen Stiefel und Schuhe bei Eintritt kälterer Witterung zur Verfügung gestellt werden, eventuell aus den zurückgestellten Beständen der Heeresverwaltung.

„Direktor im Reichswirtschaftamt Müller erwidert, daß be⸗ reits eine Verordnung zu dem gedachten Zweck erlassen sei. (Präsident Fehrenbach bittet während dieser Erklärung um größere Ruhe, da bei dem Lärm die Anfragen ihren Zweck verfehlen.)

1 Abg. von Brockhauf en stellt die Ergänzungsfrage, ob Maßnahmen getroffen werden würden, um diese Verordnung überall im Lande bekannt zu machen.

Direktor Müller bejaht dies.

Abg. Heckscher sfortschr. Volksp.) wünscht Auskunft darüber, ob eine Erhöhung der Urlaubsbezüge (2 Mark tägliche Verpflegungs⸗ gelder neben der Löhnung während des Heimatsaufenthalts) ge⸗ plant ist.

Generalleutnant von Oven: Ueber die Erhöhung der Geld⸗ abfindung zur Selbstbeköstigung, die zuletzt am 1. Februar 1917 von 1,50 Mark auf 2 Mark für die volle Tageskost heraufgesetzt wurde, sind Erwägungen im Gange. Die dafür erforderlichen Erhebungen sind bereits abgeschlossen. Eine Entscheidung ist in nächster Zeit zu erwarten.

Abg. Dr. Stubmann (nl.) setzt in seiner Anfrage die Schwierigkeiten der Thronfolgefrage in Mecklenburg⸗Strelitz ein⸗ gehend auseinander und fragt an, ob der Reichskanzler in bundes⸗ freundlichem Sinne darauf hinwirken wolle, 1) daß die Ordnung der Thronfolgefrage in Mecklenburg⸗Strelitz in Uebereinstimmung mit dem modernen Rechtsempfinden und nicht lediglich nach dynasti⸗ schen Gesichtspunkten erfolgt, 2) daß trotz der Tatsache, daß dem Lande immer noch eine dem Geiste der Reichsverfassung entsprechende zeitgemäße konstitutionelle Verfassung und Volksvertretung fehlt, die Neuordnung nur unter eingehender Feststellung und voller Be⸗ rücksichtigung der Interessen der Bevölkerung des Landes vorge⸗ nommen wird.

Unterstaatssekretär Dr. Lewald: Die Thronfolgeordnung ist verfassungmäßiges Recht der einzelnen Bundesstaaten. Ob der Ham⸗ burger Erbvergleich von 1701 Anwendung zu finden hat oder nicht, ist deshalb Sache der Landesgesetzgebung. Die Bezugnahme auf das Hausgesetz vom 12. September 1821 ist nicht Der § 4 desselben kann auf die gegenwärtige Frage keine Anwendung finden, weil dieses Hausgesetz nur für Mecklenburg⸗Schwerin, aber nicht auch für Mecklenburg⸗Strelitz erlassen ist. Thronfolgeberechtigt würde der Herzog Karl Michael sein. Die beiden Großherzoglich mecklenburgi⸗ schen Regierungen sind gegenwärtig mit Erwägungen beschäftigt, ob Herzog Kar⸗ Michael, dessen Aufenthalt in Rußland noch nicht er⸗ mittelt werden konnte, durch Verzicht seine Thronfolgerechte verloren hat. Festgestellt ist, daß Herzog Karl Michael wenige Wochen vor Ausbruch des Krieges aus der mecklenburgischen Staatsangehörigkeit entlassen ist, Aufnahme in den russischen Untertanenverband gefunden hat und als General des russischen Heeres gegen Deutschland im Kriege gestanden hat. Die Folgerungen, die sich hieraus ergeben, werden jedenfalls zu ziehen sein. 1

Abg. Vogtherr (U. Soz.) weist in seiner Anfrage dic ver⸗ schiedene Fälle hin, in denen der kommandierende General des II. Armeekorps von Vietinghoff in Stettin Vorträge „auswärtiger Redner“ in Mitgliederversammlungen des unabhängigen sozialdemo⸗ kratischen Wahlvereins Randau⸗Greifenhagen verboten hat, und fragt an, was der Reichskanzler zu tun gedenkt, damit die unabhängige Sozialdemokratische Partei nicht geringeren Rechts teilhaftig werde als andere Parteien.

Geerh von Wrisberg: Im Korpsbezirk des stellvertreten⸗ den Generalkommandos des II. Armeekorps sind politische Mitglieder⸗ versammlungen ausnahmslos gestattet, ebenso das Auf⸗ treten auswärtiger Redner in ihnen, auch solcher der Sozialdemo⸗ kraten. Verboten ist nur das Auftreten auswärtiger Personen, deren Reden beunruhigend wirken. Betroffen wurden bisher von diesem Verbot die in der Anfrage genannten Abgeordneten (Brandes, Ad. Hoff⸗ mann, Vogtherr). Am 17. Juni war ohne Anmeldung unter Aende⸗ rung der Tagesordnung der Abg. Vogtherr in der Mitgliederversamm⸗ lung der unabhängigen Sozialdemokraten erschienen, erhielt ohne Namensnennung das Wort, wurde aber vom überwachenden Polizei⸗ beamten erkannt, und da er weiterzureden versuchte, wurde die Ver⸗ sammlung geschlossen. Gegen die Einberufer der Versammlung ist senbmalu Feei, heh neläs Auftreten des Vogtherr

ißt haben. (Lärm b. d. U. Soz. 6 Auf eine des Abg. Dr. Müller⸗Meiningen, betreffs Weiterbelieferung der Mannschaften mit dem verbotenen Buchenblätter⸗

bak erwidert der 1 8 Generalleutnant von Oven: Reiner Buchenblättertabak ist nicht geliefert. Die Kriegstabakmischung ist seit der Verfügung vom 13. Mai nicht mehr an die Proviantdepots geliefert worden. Diese Mischung ist bis zur Entscheidung über die Ersatzpflicht der Lieferer auf Lager genommen. Die bereits an die Feldmagazine gelangten Mengen werden an die Proviantdepots zurückgeführt. Ehe der Erlaß überall durchdrang, mögen manche Pakete noch an die Truppen aus⸗

een worden sein. B“ .“ eine whef,g des Abg. Dr. Müller⸗Meiningen betreffs Verhinderung der gesundheitschädlichen Wirkungen erwidert der

Generalleutnant von Oven, daß andere Mischungen bereits auf Brauchbarkeit efrüft Ferheg und vorläufig nur reiner Tabak an die Truppen geliefert wird.

5 Neigder dann folgenden ersten Beratung eines Nach⸗ htrags zum Reichshaushaltsplane für das Rechnungsjahr 1 918, durch den ein neuer Kriegs⸗ kredit von 15 Milliarden Mark angefordert wird,

eantragt. 3 1 Abg. Ebert (Soz.) die Verweisung an den Hauptausschuß. Seine Freunde hätten den dringenden Wunsch, im Anschluß an die Vorlage eine Reihe aktueller Fragen zu erörtern.

Abg. Graf von Westarp (deutschkons.) widerspricht diesem Antrage. 8 Abgg. Dr. Stresemann (natl.),, Dr. Müller⸗ Meiningen (fortschr. Volkspart.) und Haase (Unabh. Soz.) stimmen dem Antrage Ebert zu.

Es wird demgemäß beschlossen.

Hierauf tritt das Haus in die zweite Beratung der Steuervorlagen ein, von denen heute 7 nebst den schrift⸗ lichen Berichten des Ausschusses für Getränkesteuern und des Haushaltsausschusses auf der Tagesordnung stehen.

Die Spezialberatung beginnt mit dem Entwurf eines Biersteuergesetz es und eines Gesetzes über den Bierzoll. Nesreeet ist der Abg. Siehr⸗Insterburg (fortschr. Volksp.), der Ausschuß bringt gleichzeitig einen Gesetz⸗ entwurf auf Biersteuerausgleichungserträge in Vorschlag. Der Aussschuß hat die Absicht der verbündeten

Swattehane er ähr, mit Ausnahme der Reden

der Minister und

gehen, gebilligt, ebenso die nach der Größe der Betriebe vor⸗ geschlagene Seoffeföh⸗ dagegen den Steuersatz für die Be⸗ triebe von 2 bis 10 000 Hektolitern noch etwas ermäßigt.

In § 5 werden Strafsteuersätze vorgesehen für neue Brauereien, die nach dem 1. April 1918 in Betrieb genommen werden, und zwar für die ersten 5 Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes der dreifache, für die nächsten 5 Jahre der zwei⸗ fache Steuerbetrag. Auf neue Brauereien, die von Gastwirt⸗ schaften auf gensffenschaftlicher Grundlage errichtet werden, soll diese Vorschrift keine Anwendung finden.

Die Abgg. Arnstadt (deutschkons.), Dr. Herwig (nl.), Kiel (fortschr. Volksp.) und Richter (Zentr.) beantragen, diese Ausnahme zu streichen.

Ein Antrag der Sozialdemokraten zu § 63 will die kom⸗

munale Biersteuer, die nach dem Entwurf bis zur bisherigen Höchstgrenze von 65 für das Hektoliter weiter erhoben werde, für Einfachbier aber nicht mehr als höchstens 30 betragen soll, vom 1. April 1920 ab in Wegfall bringen. en Abg. Käppler (Soz.): Das Bier ist mit einer Milliarde Mark an Steuer belastet, wenn diese Vorlage angenommen wird. Das Bier ist der beste Helfer im Kampfe gegen den Alkohol; von der neuen Steuer ist aber ein Rückgang des Konsums unzweifelhaft zu erwarten, da die Verteuerung ganz enorm ist, und das wird eine große Zahl von kleineren Brauereibetrieben und Tausende von Gastwirten ruinieren, womit zugleich Tausende von Brauereiarbeitern und Tausende vom Gast⸗ wirtspersonal brotlos gemacht werden. Die Produzentenkreise haben sich mit dem Gesetz abgefunden, weil es eine Kontingentierung auf 10 Jahre vorsieht, die jede ernstliche Konkurrenz ausschließt, und weil die volle Möglichkeit der Abwälzung auf die Konsumenten ge⸗ geben. ist. Der Antrag Arnstadt wird seiner Mittelstands⸗ eindlichkeit wegen von uns ohne weiteres abgelehnt. Große Volks⸗ kreise wollen nicht auf jedes Anregungs⸗ und Genußmittel verzichten, und für sie ist das Bier das einzige der Art, das der Krieg noch übrig gelassen hat. Holt die Biersteuer in Zukunft eine Milliarde aus dem deutschen Volke oder noch mehr infolge der Zuschläge, die die Brauereien und die Wirte darauf legen, und kommen die weiteren ungeheuren Verteuerungen für die Mineralwässer hinzu, so wird der wirtschaftliche Niedergang des Volkes dadurch ganz beträchtlich be⸗ schleunigt werden, denn die Ausgabe wird aufgebracht werden auf Kosten der Ernährung und Kleidung.

8- Zu §§ 3 (Höhe und Staffelung der Steuer), 4 und 5 erklärt

Abg. Zubeil (U. Soz.): Kein gewerblicher Stand hat durch den. Krieg so sehr gelitten wie die Gastwirte. Ein großer Teil von ihnen vermag sich nur noch durch den Bier⸗ ersatz zu halten, da die Arbeiterschaft sich Liköre und Schnäpse schon lange nicht mehr leisten kann. Die hohen Steuersätze werden den Preis mindestens verdoppeln. Damit ist der Rückgang des Kon⸗ sums gegeben und das Schicksal vieler Gastwirte besiegelt. Die Kon⸗ sumenten werden nicht minder schwer getroffen. Sehr viele von ihnen können diese Verteuerung nicht auf sich nehmen und nach dem Kriege werden die Verhältnisse sich in den ersten Jahren durchaus nicht er⸗ freulicher gestalten. Wir beantragen daher, die Kontingentierung nur auf drei Jahre zu erstrecken und die Sätze von 10 bis 12,50 auf 7 bis 10 herabzusetzen.

Abg. Siehr (fortschr. Volksp.): Die Kontingentierung auf zehn Jahre ist notwendig, um den bestehenden Brauereien die Existenz zu sichern. Der von der Kommission beschlossene Zusatz durchlöchert das Prinzip des ganzen Entwurfs; wir werden für Streichung stimmen.

Staatssekretär des Reichsschatzamts, Staatsminister Graf von Roedern:

Der Herr Berichterstatter hat mich gefragt, ob die Erklärung, die ich bezüglich der Weinsteuer in der Kommission abgegeben hätte, auch für die Biersteuer Geltung hätte und ob auch in bezug auf die Biersteuer und insbesondere auf die hier zu beschließenden Sätze eine gewisse Sicherheit dafür geboten werden könnte, daß in absehbarer Zeit an eine Erhöhung nicht herangetreten würde. Meine Herren, ich bin ohne weiteres bereit, diese Erklärung abzugeben, und kann mich auf das beziehen, was ich bereits in der Generaldebatte der ersten Lesung in dieser Beziehung gesagt habe. Ich habe damals bereits hervorheben dürfen, daß die Regierung diese ganze Reform der Getränkesteuern als einen wesentlichen Teil der späteren Finanzreform betrachtet, den sie nur aus praktischen Gründen jetzt vorwegnimmt; und ich möchte mich auch auf das beziehen, was ich in der Kommiffion in bezug auf die „absehbare Zeit“, für die eine Weinsteuererhöhung ausgeschlossen sei, gesagt habe. Ich bin da mit Recht gefragt worden, was ich denn selbst als ab⸗ sehbare Zeit betrachte. Meine Herren, ich habe darauf geantwortet und möchte es wieder tun: Ich stehe auf dem Standpunkt, daß, wenn wir in absehbarer Zeit, wie wir hoffen können, an die Gesamt⸗ reform herangehen, dann an eine neue Besteuerung der Objekte, die wir jetzt hier beschließen, nicht herangehen werden. Ich wiederhole also, wir betrachten die jetzt gefaßten Beschlüsse als Teile der späteren Gesetzgebung.

Abg. Herzog (Deutsche Fraktion): Ich habe namens meiner Fraktiom zu erklären, daß wir den SSeer., Zubeil ab⸗ lehnen und es bei den Kommissionsbeschlüssen belassen werden. Die Kontingentierung halten wir für notwendig, weil wir den Auf⸗ saugungsprozeß der kleineren Betriebe durch die großen Riesenbetriebe nicht fördern wollen. Wir wollen den gewerblichen Mittelstand nicht abbröckeln lassen im volkswirtschaftlichen wie im nationalen Interesse. Die Ausnahmebestimmung im § 5 ist als Schutz für das Gastwirt⸗ schaftsgewerbe notwendig. Das Gastwirtsgewerbe darf nicht einseitig zugunsten der Brauereien geschädigt werden. Ich verkenne keineswegs, daß in dieser Ausnahmebestimmung die Gefahr liegt, daß unter dem Deckmantel der Genossenschaftsbrauerei Kapitalisten versuchen könnten, die Vorschrift des § 5 zu umgehen und durch Gründung einer neuen Brauerei die Vorteile des niedrigeren Steuersatzes zu genießen. Ich nehme aber doch an, daß sich Mittel und Wege finden lassen werden, um diese Umgehung zu verhüten oder, wenn sie erfolgen sollte, sie zu fassen. Es wäre uns wertvoll, hierüber eine Erklärung von der Regierung zu bekommen, ob sie es für möglich hält, solche Umgehungen zu verhindern. Ein Teil meiner Freunde wird seine Stellung zu dem § 5 davon abhängig machen, andere sind für die Beibehaltung des vom Ausschuß vorgeschlagenen Mittels.

Abg. Zubeil (U. Scz.); Versprechungen, daß Steuerobjekte künftig geschont werden sollen, haben wir schon sehr oft gehört. Wir sind überzeugt, daß, wenn die große Finanzreform kommt, das Bier ebenfalls wieder herangezogen werden wird. Auf die Versprechungen können wir uns nicht einlassen.

Die Abstimmung über die Steuersätze wird bis zur Druck⸗

Regierungen, von der Malzsteuer zur Fabrikatsteuer überzu⸗

legung des Antrages Zubeil ausgesetzt.

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