1918 / 162 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 12 Jul 1918 18:00:01 GMT) scan diff

Gewerbesteuer. Allerdings bricht Reichsgefetz Landesgesetz, aber e

nicht ein Eingriff in das direkie Steuersystem der Einzelstaa folgen. Die Warenhauesteuer ist überwiegend aus der Initiativ Mehrheit des preußischen Abgeordnetenhauses eingeführt worden. Und noch 1917 sprach man sich gegen ihre Beseitigung aus. Nach dem Kommissionsbeschluß würde den Warenbäusern ein großes Geschenk ge⸗ macht werden. Die Warenhäuser haben sich auch unter der Geltung der Warenhaussteuer vermehrt und der Ertrag der Steuer hat sich gesteigert. Wenn wir aber für die Beseitigung des Kommissions⸗ beschlusses sind, so wollen wir nicht verkennen, daß wir durch den An⸗ trag Nacken⸗Junck in bezug auf die Lebensmittel entgegenkommen

Abg. Junck (nl.): Es sind durchaus sachliche und nicht taktische Gründe, aus denen wir unseren Antrag gestellt haben. Die Waren⸗ haussteuer ist weniger finanzi 1 S volkswirtschaftlich, sie liegt im Interesse d Wir wollen mit unserem Antrage nur die Lebensmittel bevorzugen, deshalb müssen die Worte

blelben.

utsche Fraktion): Aus formellen stimmen wir dem Antrage Ausschußbeschluß ist formell ein Eingriff in die esstaaten. Die Warenhaussteuer ist eine Gewerbe⸗ nicht angängig, sie von Reichs wegen zu beseitigen. s durchaus am Platze, den Autschußbeschluß zu be⸗ Lir dürfen den Warenhäusern kein Geschenk machen; das im Lande nicht verstanden werden. Der Antrag Nacken Sinn, der Bevölkerung zu billigeren Lebensmitteln zu ver⸗ Allerdings wünschen wir, daß dieses reiche Geschenk von den nehmen, die Lebensmittel führen, einfach in die Tasche ge⸗ sondern zur Herabsetzung de ebensmittelpreise benutzt Ich möchte noch die Frage stellen, ob mit der Bestimmung, wonach dem Reichstag jährlich Bericht über die Verwen⸗ dung der Beträge, die den Gemeinden zufallen, zu erstatten ist, ein ge⸗ wisses Aufsichtsrecht des Reichstages geschaffen werden soll. Durch eine solche Annahme ist in den Selbstverwaltungskörpern eine gewisse Be⸗ unruhigung entstanden. Nach meiner Auffassung kann aber von einem

solchen Aufsichtsrecht d 1 es nicht die Rede sein.

Unterstaatssekretär . r: Ich glaube feststellen zu können, daß es sich lediglich darum handelt, dem Reichstage eine Gelegenheit zu geben, diese Dinge eine Prüfung zu unterziehen, ohne daß er da⸗ durch ein Aufsichtsrecht bekommt.

Abg. Bernstein (U. Soz.): Die „erzieherische“ Wirkung, die man in Preußen der Warenhaussteuer zuschrieb, ist nicht einge⸗ treten. Die Warenhäuser haben ihre Geschäfte weiter eigert, obwohl die Steuer von 1,7 auf 4 Millionen anwuchs. Mit der Mittelstandsretterei war es also nichts. Es muß bei dem, was der Ausschuß beschlossen hat, sein Bewenden haben.

In der Abstimmung wird der Ausschußvorschlag gegen die Stimmen der beiden sozialdemokratischen Parteien ab⸗ gelehnt, der Antrag Nacken⸗Junck unverändert, also mit Bei⸗ behaltung der Worte „dieser Waren“ angenommen.

Als § 34 a wird auf Antraß Gothein⸗Gröber u. Gen. eingeschaltet: „Der § 6a dieses Gesetzes tritt erst mit dem Beginn des Kalenderjahres in Kraft, das auf den Friedens⸗ schluß mit den Großmächten folgt.“ 1

Nach § 35, neu vom Ausschuß eingefügt, tritt das Gesetz Ende 1923 außer Kraft, unbeschadet er Durchführung des Erhebungsverfahrens für die bis zu diesem Tage bewirkte Zahlung oder Lieferung. 3

Abg. Bernstein beantragt, dafür zu sagen: „Das Gesetz tritt mit dem Ende des ersten Jahres nach Friedens⸗ schluß mit den Großmächten außer Kraft, unbeschadet“ usw.

Der Antrag wird abgelehnt, § 35 unverändert ange⸗ nommen. Ebenso wird eine vom Ausschuß vorgeschlagene Resolution angenommen: „den Reichskanzler zu ersuchen, eine Besteuerung des Luxusmobiliarbesitzes in Erwägung zu Die zweite Beratung des Gesetzentwurfs über das Brannt⸗ weinmonopol wird für heute abgesetzt. Das Haus wendet sich zur zweiten Lesung des Gesetztenwurfs gegen die Steuer⸗ flucht und nimmt denselben ohne Erörterung nach den Aus⸗ schußvorschlägen an. 2 1 8

Vom Haushaltsausschuß ist ein besonderer Gesetzentwurf über die Errichtung eines Reichsfinanzhofes und über die Reichsaufsicht für Zölle und Steuern in Vorschlag gebracht. Abg. Dr. Junck gibt als Berichterstatter in der ersten Lesung dieses Entwurfs eine kurze Darstellung der Entstehungs⸗ geschichte dieses Entwurfs. § 1 besagt, für Reichsabgabesachen wird eine oberste Sprußh. vnd ech ütbehöche errichtet, die den Namen „Reichsfinanzhof“

ört.

§ 2: Den Sitz des Reichsfinanzhofes bestimmt der Bundesrat. Der Reichsfinanzhof besteht aus dem Mräsidenten und der erforder⸗ lichen Anzahl von Senatspräsidenten und Räten.

: Die Mitglieder des Reichsfinanzhofes werden auf Vorschlag Die übrigen

srats vom Kaiser auf Lebenszeit ernannt. rnennt der Reichskanzler.

8 m Mitglied des Reichsfinanzhofes kann nur ernannt werden, wer das 35. Lebensjahr vollendet hat. Mindestens die Hälfte der Mitglieder muß die Befähigung zum Richteramt erlangt haben. Die Zuziehung von Hilfsrichtern ist bis zum 1. Oktober 1921 zulässig.

In zweiter Lesung wird die Vorlage ohne Erörterung im einzelnen angenommen, ebenso zwei von dem Ausschusse dazu

noch vorgeschlagene Resolutionen; ferner wird ohne Erörte⸗ rung die erste und zweite Lesung des hierauf bezüglichen Nachtrages zum Reichshaushaltsplan erledigt und die bezüg⸗ liche Ausgabe unverändert bewilligt.

Damit ist die Tagesordnung erschöpft. Der Präsident schlägt vor, da die Tagesordnung rascher als vorgesehen erledigt war, noch in die Beratung des umfangreichen Gesetzentwurfes über das Branntwein monopol einzutreten. Das Haus stimmt zu.

Referent ist der Abg. Dr. Blunck (fortschr. Volksp.).

§ 1 der Vorlage lautet:

Der im Inland hergestellte Branntwein ist, soweit nicht in diesem Gesetz Ausnahmen vorgesehen sind, aus der Brennerei zum Brannt⸗ wein⸗Uebernahmepreise an das Reich abzuliefern. Die Verarbeitung von Branntwein zu Trinkbranntwein und der Handel mit solchem Trinkbranntwein steht, soweit nicht in diesem Gesetz Ausnahmen vor⸗ gesehen sind, ausschließlich dem Reiche zu und wird für seine Rech⸗ nung von der Monopolverwaltung betrieben.

Abg. Schwarze⸗Lippstadt (Zentr.): Die Vorlage ist reichlich spät eingebracht und hat im Ausschusse durchgepeitscht werden müssen. Meiner Ansicht nach wäre eine Erhöhung der Ver⸗ brauchsabgabe vorzuziehen gewesen. Dann hätte die Entschä⸗ digungsfrage keine Rolle gespielt, es wären nicht so viele Existenzen vernichtet worden, ein Konsumrückgang, wie er jetzt be⸗ steht, wäre dann nicht zu befürchten. Von den Konsumenten werden viele Beschwerden zu erwarten sein. Es ist doch nicht ganz gleich⸗ gültig, ob das Gläschen Trinkbranntwein für den Arbeiter 5 oder 10 Pfg kostet oder ob es mit 25 oder 40 Pfg. bezahlt werden muß. Kein ähnliches Steuergesetz bringt so ungeheure Preiserhöhungen wie diese Vorlage. Völlig unzureichend ist die Entschädigungsfrage geregelt. Die Angestellten kommen sehr schlecht weg, ebenso die Reisenden auf Provision. Die Stellung der Zentrumsfraktion steht noch nicht fest. Früher war die ganze Fraktion 8 das Monopol. Aber jetzt unter dem Druck der Finanzlage des Reiches hat eins teilweise Veraͤnderung der Stellungnahme Platz gegrifenrnr.

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Ahbg. Brey (Scz.): Wir sind Staatsmonopolen nicht abgeneigt. hätten es aber viel lieder gesehen, wenn man mit der Kohle einschließ⸗ lich der Elektrizität den Anfang gemacht hätte. Das Branntwein⸗ monopol, wie es vorgeschlagen und gestaltet worden ist, be⸗ deutet eine geradezu ungeheuerliche Belastung des Vehbrauchs des gewerblichen Lebens und der Krankenpflege, die alles in den Schatten stellt, was man bislang unter der Herrschaft der Militärzentrale erleben mußte. Der Gesamtertrag des Monopols ist auf 847 Millionen geschätzt, während jetzt die Reineinnahme 195 Millionen beträgt. Man will buchstäblich auch „das Letzte“ aus dem Branntwein herausholen. Die Verwirklichung dieses Grund⸗ satzes scheint der Regierung auch zu gelingen. Der Alkohol spielt in der Heilkunde eine große Rolle. Mit Sorge sehen die Kranken⸗ kassen und die Träger der Krankenpflege überhaupt der gewaltigen Neubelastung entgegen. Denn es ist mit einer ganz gewaltigen Ver⸗ teuerung aller Heilmittel zu rechnen.

Abg. Dr. Bärwinkel inl.): Meine Fraktion hat sich die end⸗ gültige Entscheidung ebenfalls je nach dem Gange der Ausschußberatungen vorbehaltemnn. Bei keiner gesetzgeberischen Arbeit stehen sich so zwiespältige und auseinandergehende Interessen gegnüber wie bei der Beratung über ein Branntweinmonopol. Eine restlose Vereinigung dieser Interessen ist unmöglich gewes Ein anderer gangbarer Weg, der die gleichen Erträge geliefert hätte, hat sich nicht geboten. Die Verbrauchsabgabe hätte auf das Vier⸗ bis Fünffache erhöht werden müssen, wenn man rechnerisch auf einen gleichen Ertrag wie mit dem Monopol kommen wollte. Dann hätte man aber einige Jahn kostbarer Zeit verloren, um die Wirkung dieser Maßnahme und den Umfang des Rückganges des Konsums zu erproben, und es wäre inzwischen eine große Menge von Existenzen zugrunde gegangen, und den Interessen des Mittelstandes wäre damit alles andere eher als ein Dienst erwiesen gewesen. Es liegt also nach unserer Meinung mehr im Interesse des Mittelstandes, wenn wir jetzt das Monopol in Angriff nehmen und ihm eine aus⸗ reichende Entschädigung zukommen lassen. Wir haben daher das Monopol als das kleinere Uebel erachtet und haben uns für ein Mo⸗ nopol im Sinne der Vorlage entschieden. Das Produktionsmonopol haben wir abgelehnt.

Abg. Scheef (fortschr. Volksp.): Wir sind, wenn auch schweren Herzens, auf den Boden des § 1 getreten. Bedenken aller Art haben wir dabei zu überwinden gehabt. Wir mußten eine alte Tradition der Partei aufgeben, die seit Jahrzehnten für die freie Gestaltung des Wirtschaftslebens gewirkt und ge⸗ arbeitet hat. Zur Zustimmung haben uns daher nur Gesichtspunkte bestimmen können die noch gewichtiger waten als diese Bedenken. Wir bedauern, daß wir im Kampf um die Erhaltung möglichst vieler selbständiger Existenzen unseres deutschen Wirtschaftslebens allein ge⸗ sind. Gerade die Sozialdemokraten haben unsere bezüglichen

nträge niederstimmen helfen. Die Notwendigkeit, dem Reiche in seinem ungeheuren Geldbedarf entsprechend Mittel zuzuführen, war ge⸗ geben. Das Steuerbedürfnis wird so groß werden, daß auch alle anderen Einnahmequellen voll ausgeschöpft werden müssen, und dazu wird sich jedenfalls in diesem Jahre noch die Gelegenheit reichlich bieten. Soweit es irgend möglich war, haben wir auch im Rahmen der Vorlage für die Sicherung der selbständigen Existenz einer möglichst zahlreichen Schicht des Mittelstandes zu wirken gesucht, auch die kleinen Brennereien werden künftig noch existieren können. Unsere jetzige Zu⸗ stimmung zur Monopolvorlage wird uns in keiner Weise für die Zu⸗ kunft binden. Auch in Zukunft werden wir das Ideal suchen in der freien Entfaltung aller wirtschaftlichen Kräfte und auch in Zukunft eine Politik der Bindung nicht mitmacken. Wir bekunden mit dem Ein⸗ treten für die Vorlage, daß wir mitarbeiten wollen an den gewaltigen Werken der finanziellen Rüstung des Reiches, und daß wir auch die Verantwortung dafür mittragen wollen.

Abg. Mumm (Deutsche Fraktion): Die Darlegungen des Vor⸗ redners zeigen, welcher Wandel in den 35 Jahren vor sich gegangen ist, die seit der ersten Verwerfung eines Monopols verflossen sind. In der Vorlage sind bedeutende Sicherungen auch für die Angesttellten und Ar⸗ beiter erreicht worden. Für die Bekämpfung des Alkoholismus und der Trunksucht muß etwas wirklich Durchgreifendes geschehen. Es müssen ganz erhebliche Reichsmittel dafür angewendet werden.

Abg. Wurm (U. Soz.): Der Vorredner täuscht sich in seinem Glauben, 2c6en gewaltiger Wandel der Anschauungen seit 1886 ein⸗ getreten sei. Der Unterschied ist nur der, daß die Konserwativen damals noch ein gewisses Mißtrauen gegen Bismarck hegten. Tatsächlich ist damals wie heute die Branntweinsteuergesetzgebung eine Ge⸗ setzgebung zugunsten gewisser agrarischer Interessentenkreise. Die Behauptung, da es allein durch die Kartoffelbrennerei möglich sei, chlechten Boden ertragsfähig zu machen, ist längft durch die Entwicklung der Technik ad absurdum Reführt worden. Ungezählte Millionen müssen von den ärmsten Teilen der Bevölkerung aufgebracht werden, um einem kleinen Kreise von Inter⸗ essenten aufzuhelfen. Eine volkswirtschaftliche Notwendigkeit, die land⸗ wirtschafrlichen Brennereien zu erhalten, ist nicht mehr porhanden. Man führt ein Scheingefecht auf, um zu verheimlichen, daß es sich hier nur um ein Schutzgesetz für die Agravier handelt. Die Herstellung von Afkohol aus Karbid und Holz wird durch das Gesetz künstlich unterbunden, damit die bisherigen Privilegien der Kesoße nftlich und ihre Profite auf Kosten der Allgemeinheit unverkürzt erhalten bleiben können. Die do ut des-⸗Politik hat auch bei dieser Beratung wieder ihre Triumphe gefeiert. Wir verlangen, daß auch die Her⸗ stellung des Branntweins zum Reichsmonopol gemacht wird. Die Kartoffel wird uns noch auf lange Jahre ein unentbehrliches Nah⸗ rungsmittel bleiben. Jede Einschränkung dieses Nahrungsmittels er⸗ scheint als ein volkswirtschaftliches Unrecht Die Verteuerung aber, die dem deutschen Volke droht, geht noch über das, was das zaristische Rußland dem russischen Volke zugemutet hat. Der Trinker wird für ein Liter Branntwein mindestens 5 zu zahlen haben. Das entspricht einer Preissteigerung auf das Vier⸗ bis Fünffache. Dieses Gesetz wird ja manchen der Seren Kollegen von rechts bis weit in

ie Mitte hinein aus diesem Saale wegfegen. Bezeichnend ist, daß der vom Ausschuß in einem Augenblick großmütiger Aufwallung gefaßte Beschluß, in das Gesetz eine Ausgabe von 4 Millionen zur Be⸗ kämpfung des Alkoholismus hineinzuschreiben, schon wieder gefährd ist, indem man die Argumentation vorträgt, so etwas gehöre nicht in ein Gesetz, das große Einnahmen bringen solle. In Wirklichkeit speku⸗ liert man darauf, daß der Konsum sich allmählich wieder heben wird, und das wird er. Aber auch die Verelendung des Volkes wird zu⸗ nehmen, wie sie in dem zaristischen Rußland zugenommen hat. Wir lehnen das Gesetz ab.

Abg. A (Zentr.) geht auf eine Reihe technischer Fragen ein, die in der Vorlage zu klären waren, u. a. auf die Frage der Erzeugung des Spiritus auf chemischem Wege. Durch die Preisgabe der landwirtschaftlichen Brennereien an die Konkurrenz der chemischen Industrie würden unschätzbare nationale Werte in Frage gestellt wer⸗ den. Die Abfindung erreichte in 10 Jahren den horrenden Betrag von 400 Millionen Mark. Der Steuersatz von 800 sei entschieden zu hoch und werde einen Konsumrückgang auf die Hälfte herbeiführen.

Um 834 Uhr wird die Weiterberatung auf Freitag, 1 Uhr, vertagt. Vorher Anfragen, nachher Kaligesetz, Verhält⸗ niswahl in großen Wahlkreisen, dritte Beratung sämtlicher Steuervorlagen.

——

Herrenhaus. Sitzung vom 11. Juli 1918, Mittags 12 Uhr.

(Bericht von Wolffs Telegraphenbüro.) Am Ministertische: der Minister für Handel und Ge⸗ werbe Dr. Sydo w und der Finanzminister Hergt.

Graf von Arnim⸗Boitzenburg eröffnet die Sitzung 12 Uhr 20 Minuten und teilt mit, daß der türtische Botschafter für die Beileidskundgebung des Hauses anläßlich

Auf der Tagesordnung steht zunächst die Be Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die des Stadtkreises Dortmund. Herr Becker berichtet über die Verhan Kommission. Der Gesetzentwurf wird ohne Erörterung im genommen. a ganzen an Ueber den Gesetzentwurf, betreffend Erhöhu Eisenbahnfahrkosten bei Dienstreisensde Staatsbeamten, berichtet Herr Oehler⸗Düßß 49 Der Gesetzenrwurf wird ohne Erörterung angenomm orf Hierauf wird die Beratung des Staatshaushaltspl 8 1918 beim Haushalt des Finanzministe ans für fortgesetzt. riuns Herr vom Rath: Die direkten Steuern müssen N. 1 lassen bleiben. Die Einführung dr Reichseinkourm hüencer eußen über, Ruin Preußens führen. Selbst wenn wir eine angemeffeme ge nun entschädigung erhalten, so werden unsere Finanzen auf jeden .Kltiege belastet sein. Fall setr Graf von Posadowsky: Infolge der Bedürfniss⸗ Reiches werden ungecheure Anforderungen an unsere M. des kraft gestellt werden. Nach der Reichsverfassung sind die e⸗ dürfnisse des Reiches zu decken durch Zölle, indirekte und Matrikularbeiträge. Der, Reichsschatzsekretär ist Steuem Sorgen überhäufter Mann. Die Anforderungen für die Ayet verteidigung und die Forderungen für soziale Zwecke haben 1ee

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gebracht, daß, wenn eine Finanzreform erledigt war, der Reichsschen sekretär, um das Gleichgewicht von Einnahmen und Ausgaben bene⸗ stellen, von neuem sich wieder auf der Jagd nach neuen Steuern hefne Die Grundfrage einer geordneten Finanzverwaltung ist es daß d⸗ Finanzhoheit des Reichs und der Einzelstaaten endlich gefetlich Sa verfassungsrechtlich klargelegt wird. Daß den Steuerzahlern ein Je⸗ ihres Vermögens genommen wird, das darf nur ein Ausnahmezusturg sein. Das Reich darf nicht fortgesetzt die direkten Steuern Ih. spruch nehmen, auf die die Einzelstaaten für ihre Existenz angewiese sind. Freilich muß bei den ungeheuren Anforderungen, die der Knc stellt, das direkte Einkommen scharf herangezogen werden. Anderfeit sind noch manche indirekten Steuerquellen, die durch das Reich erfanl worden kännten, noch nicht in Anspruch genommen worden. 9' Finanzminister der Bundesstaaten haben sich der Nolwendigkeit 892 Heranziehung der direkten Steuern durch das Reich nur ungern gefüet Auf alle Fälle müssen aber für die Zukunft klare Verhäktnise e schaffen werden. Die Finanzhobeit und die politische Selbständigke: der Einzelstaaten sind zwei Begriffe, die gar nicht von einander m trennen sind. Man sollte versuchen, die Matrikularbeiträge in de Weise zu verfeinern, daß man sie nicht mehr als Kopfsteuer erhbeht sondern daß man eine Skala dafür einführt, welche nach der Dichtie⸗

verwaltung der Einzelstaaten wird immer schwieriger, wenn sie ne sehen können, wieweit ihre Steuerquellen vom Reich in Ansprach g⸗ nommen werden. Deshalb ist eine Abgrenzung des Steuerderbhal⸗ nisses zwischen Reich und Einzelstaaten absolut notwendig. Es steben uns so große und schwierige Aufgaben bevor, daß wir die größte Sym⸗ samkeit üben müssen. Wir können uns nur solche Kulturaufgaben leisten, die für die Fortführung des Staatsbetriebes unbedingt er forderlich sind. Wir müssen zu einer spartanischen Einfachbeit zurüc.⸗ kehren. Dazu gehört auch die Lee der Verwaltung. (Beffell) Finanzminister Hergt:

Meine Herren! Die Ausführungen der beiden Herren Vorre⸗ ner geben mir erwünschte Gelegenheit, mich auch meinerseits näher n den Fragen der Reichsfinanzen und des Verhältnisses der bumes⸗ staatlichen Finanzen zu den Reichsfinanzen zu ußern. Ich möchte da zunächst betonen, daß das, was Herr Graf von Posadowsky in den Vordergrund seiner Aeußerungen gestellt hat, daß es nämbch ur bedingt notwendig sei, zwischen den bundesstaatlichen Finanzen ener⸗ seits und den Reichsfinanzen andererseits eine feste Abgrenzung herbe⸗

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Ich kann hinzufügen, daß auch der Herr Reichskanzler sich durchen zu dieser Forderung bekennt. Wir haben im vergangenen Winter, wir daran gingen, den Etat des Jahres 1918 beim Reiche zu balm ieren, den Versuch gemacht, einmal die künftige große Finangrefom die nach Schluß des Krieges einsetzen muß, schon in den Grumzügr uns vor Augen zu führen, um als Endresultat eventuell eine selce feste Abgrenzung schon unter uns zu vereinbaren. Wir haben unke⸗ sucht, wie hoch etwa die zukünftige Belastung des Reiches sein winde Nun, meine Herren, wir konnten da nur von Voraussetzungen aus gehen, die eintreffen konnten, aber nicht einzutreffen brauchten. Wr haben zugrunde gelegt den Status vom 1. April dieses Jahres; me nahmen an, daß vielleicht bis dahin der Krieg zu Ende gegangen sit würde; leider hat sich diese unsere Erwartung nicht bewahrheirt Heute sind die Lasten, die wir als dauernde Mehrbelastung des Reiche nach dem Stande vom 1. April 1918 ausrechnen konnten, erhebit größer geworden. Ich kann aber jetzt noch einmal nachträglich mi⸗ teilen, daß wir damals zu einer Mehrbelastung des Reiches dm 9 % Milliarden Mark gekommen waren. Nun suchten wir für die 9 % Milliarden Mehrlasten entsprechende Mehreinnahmen beim Net berauszurechnen. Wir haben nun alle möglichen Einnahmeqguln die es bisher schon gibt, uns daraufhin angeseben, wie man sie nn. bauen könnte, und die es noch nicht gibt, daraufhin untersucht, cas sich für unser Reichsfinanzwesen eigneten. Wir sind auf die Moncde⸗ eingegangen. Wir haben alle Zölle daraufhin untersucht, wie vng sie ausbaufähig sind; wir haben das gesamte Gebiet der indirth

Prüfung unterzogen. Wir sind auf den Gedanken näher eingegonte der ja in weiten Kreisen schon aufgetaucht war, das Reich h8 großen Bewirtschaftung zu beteiligen, indem es sich irgendwo an rechten Stelle in die Rohstoffbewirtschaftung einschob und daraus neue Einnahmequellen herleiteten: kurz und gut, wir haben alh was überhaupt denkbar war, unserer Betrachtung unterzegen. 8 hat sich ergeben, daß wir diese 9 ½ Milliarden zwar mit schne⸗ Mühe, aber doch mit Sicherheit aufbringen könnten. Aber die te Abgrenzung, die wir suchten und die wir damals noßh hoffen 8679 auf dem Wege zu finden, daß das gesamte direkte Steuergebiet 8 Bundesstaaten überlassen bleiben sollte, die haben wir nicht H können. Im Gegenteil, es hat sich bei diesen Bespreckungen 1 bundesstaatlichen Finanzminister herausgestellt, daß es schon be * Belastung des Reiches nach dem Stande vom 1. April unter t Umständen notwendig sein würde, einen Eingriff in das bundesh⸗ liche direkte Steversyvstem zu machen. Damit müssen wir uns 1 Die Frage war nur, in welcher Form dieser Eingriff auch Lr Zukunft stattfinden soll, und die Frage kam weiter, wann der dig stattzufinden hätte. Auf diesem letzteren Gebiete baben dam bundesstaatlichen Finanzminister in Uebereinstimmung mit rrhs Reichsschatzsekretär die Meinung vertreten, daß wir mit einem 9 n Austrag der verschiedenen Meinungen denn es wird sehr feftig⸗ bcn setzen zu rechnen hätten, bis nach Abschluß des Krieges die esan 89

des Todes des Sultans Mehmed V. Dant ausgesprochen hat.

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des Reiches endgültig festständen, bis man endgülhig die csn.

keit der Bevölkerung der Einzelstaaten abzustufen ist. Die Fiwk.

zuführen, mir aus dem Herzen gesprochen ist, und ich glaube, daß dcs eine einmütige Forderung aller bundesstaatlichen Finanzminister ist.

steuer heran, nicht aber mit einer Zuwachsbesteuerung. Der letztere Weg ist den Bundesstatten verschlossen durch die Reichsgesetzgebung.

Steuern, der Verbrauchs⸗ und Verkehrsabgaben einer eingebeme

Gesichtspunkte könnte man sich wohl damit einverstanden erklären, daß . 6 Reich einmalig auch diesen Einkommenzuwachs mit Beschlag pelegte.

wenig Wert beimessen darf; denn sie wiederholen sich. Wir haben feierlichen Eiklärung des Reichstagsausschusses, daß es sich hiör um messen, daß ich nun sicher glaubte, es käme keine Wiederholung. Aber vo die Mehreinkommen eine solche gewaltige Höhe erreicht haben, hat ing solche Einkommzuwachsbesteuerung für das Reich Gewinn und

1 7 normalen Verhältnissen zu rechnen haben, dann wird dieses Mehr⸗ lommen, dech außerordentlich zusammenschrumpfen, so daß es für

taaten und der Kommunen wüßte; denn alle Kräfte müß 2 engenommen werden, wenn man ein großzügiges Finanzwerk föcheerwale, und daß man dann mit als Abf chluß an die Finanzreform herangehen sollte, bis rahin aber möglichst jeden irgendwie einschneiden⸗ den Eingriff in das direkte Steuerspstem zu vermeiden hätte. Von diesem Gesichtspunkte aus haben wir die Zwischenreform, die jetzt im Reichstag zur Verhandlung steht, dem Reichstage zugänglich gemacht. wischenreform geht davon aus, daß nur der Fehlbetrag des Reichshaushaltsplanes für 1918 mit 2,85 Milliarden Mark durch neue Steuern zu decken wäre. Nun wissen Sie, daß in der Zwischenzeit aus dieser Zwischenreform durch die Verhandlungen des Reichstages etwas ganz anderes geworden ist. Der Reichstag hat den Bedarf des Jahres 1918 umgerechnet und hat ich muß zugeben mit einem gewissen Recht sich auf den Standpunkt gestellt, daß das bisherige Finanzsystem des Reiches in den ersten Kriegsjahren doch nicht darauf Anspruch er⸗ beben könnte, als solide bezeichnet zu werden. Es sind nämlich erheb⸗ licke Ausgaben des Reiches draußen geblieben, die eigentlich als laufende Ausgaben aus dem Etat bestritten werden sollten, die aber nach den Maßregeln, die bisher bei der Etatisierung beliebt waren, als Aus⸗ gaben behandelt wurden, die aus Kriegsfonds gedeckt wurden. Also man hat sich bei der Gestaltung des Etats der Vergangenheit einer gewissen Selbsttäuschung hingegeben. Der Reichstagsausschuß hat das nun nach⸗ zuholen gesucht, indem er eine Summe von 1200 Millionen Mark mehr über das, was nach der Vorlage der Verbündeten Regierungen als Be⸗ darf für das Jahr 1918 anzunehmen wäre, hinzurechnete. Das sind also die Ausgaben für Heer und Marine, Ausgaben für die Renten der riegsbeschädigten, die bereits im Jahre 1918 zu laufen begonnen haben. Und diese 1200 Millionen Mark hat nun der Reichstag mit in sein Steuerprogramm aufgenommen. Dadurch sind wir schon stark von der Zwischenreform in die Endreform hinübergeschritten, und unter diesen Umständen konnten die Bundesstaaten auch ihren bihserigen Stand⸗ punkt, daß unter allen Umständen von jedem Eingriff in das direkte Steuersystem Abstand genommen werden müßte, aufgeben. Der An⸗ trag Groeber, der die Deckung für die 1200 Millionen Mark suchte, hat bekanntlich drei Wege vorgeschlagen. Es sollte einmal das Mehr⸗ einkommen besteuert werden als Einkommenzuwachs, ferner eine mäßige Vermögensabgabe, in dem Antrage Ergänzungsabgabe ge⸗ nonnt, erhoben werden. Drittens sollte eine Besteuerung, allerdings auch nur eine einmalige Besteuerung, auch der unverändert gebliebenen Einkommen neu eingeführt werden. Wir haben geglaubt, die beiden ersten von mir erwähnten Neuerungen als erträglich für die Bundes⸗ staaten bezeichnen zu können. Wenn jetzt darangegangen wird, den Einkommenzuwachs zuz besteuern, so bewegt sich das doch sicher nur auf demselben Gebiet, wie bisher die Deckung für die Reichsausgaben gesucht wurden. Wir haben ja schon eine Kriegssteuer hinter uns; und darüber konnte kein Zweifel sein, daß diese Kriegssteuer, die die vergangenen Jahre von 1914 bis 1916 betraf, unter allen Umständen einer Wiederholung bedurfte Die Besteuerung des Einkommen⸗ zuwachses betrifft im wesentlichen in größtem Umfange dasselbe Objekt, das auch die Kriegssteuer betroffen haben würde, nämlich das Mehreinkommen, das sich jetzt als Vermögenszuwachs gestaltet. Insofern konnte aber die Einkommenzuwachsbesteuerung, wie sie im Antrage Groeber vorgesehen war, für die Bundesstaaten unbedenklich sein. Dagegen war schon bedenklich, daß diese Einkommenzuwachs⸗ besteuerung allerdings auch das verbrauchte Einkommen mit betraf. Wir haben geglaubt, auch nach dieser Richtung hin nachgeben zu sollen, weil es in der Tat jetzt doch wohl die allgemeine Meinung und die berechtigte Meinung im Publikum geworden ist, daß die großen Einkommen häufig zu einer Verschwendung geführt haben, zu Aufwendungen im Interesse der Genußsucht usw., die außerordentlich bedenklich erscheinen müssen, und die man direkt als verwerflich bezeichnen kann, und daß da der Hebel einzusetzen war, daß man versuchen mußte, nicht bloß durch Ausgestaltung der Um⸗ satzsteuer, der Luxussteuer usw. dieser Verschwendungssucht vorzu⸗ beugen, sondern auch durch eine direkte Besteuerung, die zu diesem Zwecke erhoben werden soll. Das lag so nahe, daß sich auch die Bundesstaaten diesem Gesichtspunkt nicht haben entziehen können. Für uns war aber etwas von Bedeutung, daß in der Tat die Einkommensteigerung doch so erheblich ist, daß sie unter allen Um⸗ ständen auch für das Jahr 1918 im Interesse der Kriegsausgaben zunutze gemacht werden, kann. Ich habe mir erlaubt, in der Finanzkommission bereits mitzuteilen, daß nach den Ergebnissen der neuen Veranlagung für 1918 sich vor⸗ aussichtlich eine Steigerung des Ergebnisses der preußischen Einkommensteuer um 110 Millionen Mark herausstellen würde. Meine Herren, die Bundesstaaten können zurzeit an diese Ein⸗ kommensteigerung nur auf dem Wege der gewöhnlichen Einkommen⸗

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Das Reichsgesetz hat also nur den Wortlaut, daß die Bundesstaaten sich der Einkommenzuwachsbesteuerung enthalten müssen, solange eine Kriegssteuer beim Reiche besteht. Zurzeit haben wir keine Kriegs⸗ steuer für die natürlichen Personen, aber es ist ja nur eine Frage der Zeit, wann eine solche Kriegssteuer eingeführt werden sollte. Infolge⸗ dessen mußten sich die Bundesstaaten wenigstens der Tendenz dieser Reichsgesetzgebung, der Inanspruchnahme des Einkommenzuwachses enthalten. Dann aber bliebe ihnen, wenn ich mich so ausdrücken darf, eine gewisse steuerliche Dase bestehern. Es blieben leistungsfähige Zensiten übrig mit großen Mitteln, die für das Jahr 1918 nicht zur Deckung der Kriegsausgaben herangezogen würden. Auch von diesem

e. Ich betone einmalig. Herr Graf von Posadowsky hat schon darauf hingewiesen, wie man solchen Ausdrücken im allgemeinen Beispiele dafür schon wiederholt erlebt. Ich würde auch dieser eine einmalige Besteuerung handelt, nicht etwa die Bedeutung bei⸗ ese Steuer trägt es von Natur aus in sich, daß sie zu einer dauernden esteuerung zugunsten des Reiches nicht führen kann. Heute nämlich,

Vortei . 892 8 . 225 erteil. Wenn wir aber später im Frieden, nach der Uebergangszeit

dad Reich. nicht von irgend welcher Bedeutung sein kann, sich diese

kommenzuwachsbesteuerung in den Details der gesetzlichen Regelung und bei der Ausführung eine ganze Anzahl von Härten mit sich bringt. Wir haben jetzt in den Reichssteuergesetzen übevall mit Härten zu kämpfen. Das war ein Gebot der Notwendigkeit; ohne diese Härten wäre nicht auszukommen gewesen, weil eben leider diese Reichesteuern doch nach verschiedener Richtung hin unbefriedigend wirken müssen. Ir glaube, daß auch bei der Einkommenzuwachssteuer diese Unbilligkeiten, die sich nach wie vor in der gesetzlichen Regelung befinden, sich so stark geltend machen werden, daß man auch aus diesem Grunde davon Abstand nehmen wird, diese Quelle als reichlich fließende Quelle für das Reich in Zukunft auszunutzen. Was die Vermögensabgabe be⸗ trifft, so bewegen sich die Sätze in so niedrigen Maßen, daß man sich wohl damit abfinden könnte. Ganz anders aber liegt die Sache bei⸗ dem dritten Punkte des Antrags Groeber, bei der Inanspruchnahme des gleichbleibenden Einkommens selbst. Nun, meine Herren, die beiden Herren Vorredner haben auf diesem Gebiete bereits das Erforderliche gesagt. Ich halte es für gänzlich ausgeschlossen, daß wir das Reich dauernd an die Einkommensteuer selbst heranlassen können. Wir haben, die bundesstaatlichen Finanzminister, bei unseren Vorberatungen den Grundsatz, den wir dem Reiche gegenüber aufrecht erhalten wollen und müssen, genauer präzisiert, und ich habe bereits im Abgeordneten⸗ hause und im Reichstage erklärt, daß die laufenden direkten Steuern, die Einkommensteuer und die Vermögenssteuer, in nutzungsfähigem und ausbaufähigem Zustande erhalten bleiben müssen, denn darauf beruht das Wohl und Wehe des preußischen Staates selbst. Denn mit der Finanzhoheit wird nicht nur diese aufgegeben, sondern auch unsere Selbständigkeit auf wirtschaftlichen und kulturellen Gebieten und damit die Hoheit des preußischen Staates selbst. Davon kann keine Rede sein. (Sehr richtig!) Wir müssen Ellenbogenfreiheit für die Zukunft behalten, wir wollen nicht Kostgänger des Reiches sein und von dem leben, was uns von dort gegeben wird, sondern wir wollen uns selbst einrichten können. Wir wollen unsere kulturellen Aufgaben so erfüllen können, wie wir es für richtig halten, wir wollen uns dem bundesstaatlichen Bedürfnis anpassen und nicht davon abhängig sein, was uns von der Reichs⸗ stelle zugebilligt wird. Davron kann also keine Rede sein, daß diese Einkommensteuerquelle uns dauernd beeinträchtigt würde. Wenn wir jetzt im Wege des Kompromisses 1200 Millionen bewilligt haben, dann erhebt sich die Frage, wie soll es in Zukunft werden? Im Reichstagsausschuß ist von einzelnen Rednern gesagt worden, daß die Parteien heute auf diesen Eingriff in die Einkommensteuer selbst verzichteten, daß sie sich aber vorbehielten, auf diesen Punkt zurück⸗ zukommen. Sie müßten darauf bestehen, daß das Einkommen für das Reich nutzbar gemacht würde. Selbstverständlich ist darauf von den bundesstaatlichen Finanzministern die Antwort erfolgt, daß sie umgekehrt auch für sich das Recht in Anspruch nehmen müßten, darauf zu bestehen, daß unter keinen Umständen das Reich in die Einkommen⸗ steuer laufend hineingriffe. Aber, meine Herren, ich kann nur wieder⸗ holen, wir haben eine ungeheure Last des Reiches vor uns, und für diesc Last miuß unter allen Umständen Deckung geschafft werden; 2s ist ganz ausgeschlossen, daß die Zinsen der Kriegsanleihen etwa nicht bezahlt würden, und für diese Zinsen können wir die Deckung nicht durch neue Reichsanleihen suchen, sondern die muß durch die laufenden Einnahmen geschafen werden. Wie sollen die gefunden werden? Wenn ein bundesstaatlicher Finanzminister es ablehnt, einen Vor⸗ schlag zur Deckung mitzumachen, so müssen Mittel und Wege gefunden werden, wie die Lücke ausgefullt weiden soll. Selbstverständlich darf das Reich nicht ein Loch bei den Bundesstaaten aufreißen, das nicht gedeckt werden kann, denn Reich und Bundesstaaten sind als eine große Einbei: zu behandeln, und das Reich muß auch zu seinem Rechte kommen. Ich hoffe, daß wir bei der großen Belastung auch Deckung durch die Kriegsentschädigung bekommen werden; wie viel, wissen wir ja nicht. Ich will aber hoffen, daß es recht viel sein wird. (Leb⸗ hafter Beifall.) Aber bei alledem werden wir uns doch mit einer schweren Last für die Zukunft belasten müssen. Wir müssen also die erforderlichen Mittel dem Reiche zur⸗Deckung seiner Ausgaben zur Verfügung stcken. Nun sind nach dieser Richtung andere Vorschläge gemacht worden:; ein Vorschlag hat auch bei der Beratung der bundes⸗ staatlichen Finanzminister wie bei den Diskussionen im Reichstage eine Rolle gespielt. Es ist gesagt worden, es wäre vorzuziehen daß die Einkommen belaste: werden müssen, ist ja zweifellos —, aber es sei vorzuziehen daß die Belaftung der Einkommen in den Bundes⸗ staaten erfolgt und nicht beim Reiche, daß das Reich mit anderen Worten auf dem Wege der Matrikularbeiträge an die Bundesstaaten heranträte und es ihnen überließe, wie sie sich damit abfinden wollen. Die Frage der Veredelung der Matrikularbeiträge ist ja eine uralte. Herr Giaf von Posadowsky hat ja schon darauf hingewiesen, wie⸗ viele Verhandlungen in der Vergangenheit darüber stattgefunden hätten. Bis jetzt habe ich nicht den Eindruck gewinnen können, daß die anderen Bundesstaaten sich mit dem Gedanken befreunden können, daß letzten Endes bei der großen Auseinandersetzung mit dem Reiche ein erheblicher Teil der Reichslasten auf dem Wege der Veredelung der Matrikularbeiträge gewonnen werden könnte. Die Bundesstaaten haben, soweit ich die Verhällnisse beurteile, eigentlich nur den einen Grund. daß sie befürchten, wenn man dem Reiche diesen Weg der Beschaffung seiner Mittel auf dem Wege der Matrikularbeiträge ließe, es dann für das Reich ein außerordentlich bequemes Mittel für die Zukunft sein würde, daß das Reich sich jeder eigenen Verantwortung für die Aufbringung der Mittel entziehen und immer sagen würde: ja, ich nerde die Mittel den Bundesstaaten zum Gebrauche zuweisen, und die mögen dann zusehen. Das kann selbstverständlich nicht das Ziel sein, dem Reiche die Verantworlung ahmnehnr daß es seine Lasten selbst aufbringt. Die verbündeten Regierungen einerseits und der Reichstag anderseits werden mit Ernst an dieser Aufgabe arbeiten, abet ich kann mir wohl denben, daß man dies Mißtrauen der Bundeestaaten beseitigen könnte, wenn nämlich gleichzeitig mit einer Veredelung der Matrikularbeiträge verbunden würde eine endgültige geschliche Festsetzung der Matrikularbeiträge. Bekanntlich fehlt es daran noch. Man hat sich zwar auf eine Reihe von Jahren zwischen den verbündeten Regierungen und dem Reichstag dahin verständigt, daß jedes Jahr nur 80 Pfennig auf den Kopf der Bevölkerung als Matrikularbeiträge an das Reich von den Bundesstaaten abgeführt werden, und dieses Abkommen hat in dem diesjährigen Etatsgesetz seine gesetzliche Aufnahme gefunden. Es wäre denkbar, daß man an eine solche gesetzliche Festlegung für die Zukunft herangeht, dann würden gewiß dese Betenken der Buchesstaaten meht oder weniget

Im übrigen ist im Reickstagsau Graf ven Posadowsky hier vorgebracht hat, auch von einer Partei aufgegriffen worden. Es war dort der Antrag gestellt worden, diese Lasten der Zwischenreform zum Teil durch die Veredlung der Matrikularbeiträge aufzubringen. Was die Veredlung selbst an⸗ betrifft, so ist die Lage zweifellos verbessert worden dadurch, daß wir mehr Unterlagen bekommen gegenüber früher durch die Reichssteuern, die seit Kriegsbeginn umgelegt worden sind. So steht uns heute als Material für eine Veredlung der Matrikularbeiträge nicht bloß die Kopfzahl der Bevölkerung zur Verfügung, sondern das Ergebnis des Wehrbeitrages, das Ergebnis der Besitzsteuer, das Ergebnis der Kriegssteuer usw. Es werden uns ja auch die neuen Reichsabgaben dann zur Verfügung stehen. Alles dies wird aber vielleicht doch noch nicht genügen. Das war ja auch das Ergebnis, zu dem Herr Graf von Posadowsky gelangte, um eine wirkliche Veredlung herbeizuführen Welche Mittel und Wege sich nun bioten werden, um diese Veredlung durchzuführen, darauf brauche ich vielleicht heute nicht näher ein⸗ zugehen. Auf eins möchte ich aber hier doch eingehen. Der Gedanke, den Herr Graf von Posadowsky zum Ausdruck gebracht hat, daß man vielleicht die Dichtigkeit der Bevölkerung als einen Maßstab zugrunde legen könnte, ist auch bereits vor einigen Jahren untersucht worden. Es haben auch im Finanzministerium nach dieser Richtung Ver⸗ handlungen stattgefunden. Ich muß aber leider hinzufügen, daß ein befriedigendes Ergebnis bei diesen Untersuchungen sich nicht heraus⸗ gestellt hat. Wir müssen selbstverständlich alle Möglichkeiten noch einmal durchdenken. Zurzeit glaube ich aber nicht, daß mit diesem Vorschlag sehr viel anzufangen sein würde. Aber alles in allem, dieser ganze Gedanke der Diskussion, einen Teil der Reichslasten, etwa einen Teil der Kriegsanleiheschuld, den Bundesstaaten zu übertragen und auf diesem Umwege eine Veredlung der Matrikularbeiträge herbei⸗ mführen, dieser ganze Plan könnte doch nur am Schluß der großen Reichsfinanzreform realisiert werden, und es ist möglich, daß bis dahin sich auch die andern Bundesstaaten, die bisher widerstrebt haben, mehr mit diesem Gedanken befreunden. Jedenfalls, vom Standpunkt Preußens aus betrachtet, kann ich hier erklären, daß die Regierung diesem Gedanken an und für sich nicht abgeneigt sein würde und sich wohl auf eine solche Regelung einlassen könnte. Herr Graf von Posa⸗ dowsky hat dann gemeint, daß wir doch die Lasten der Zukunft für Preußen auf dem Wege herabzudrücken versuchen müßten, daß wir wieder zurückkehren zu der alten preußischen Sparsamkeit. Ich bin ihm sehr dankbar, daß er hier diese admonitio an die Staatsregierung gerichtet hat, und zwar mit dem Hinzufügen, daß sie weniger dem Finanzminister gälte, bei dem wäre er schon sicher, daß er in Zukunft mit der nötigen Sparsamkeit arbeiten würde, sondern den andern Ressorts.

Es ist selbstverständlich, daß wir uns bescheiden müssen, bis wir unsere kulturellen Aufwendungen wieder so gekräftigt haben, daß wir auf diesem Gebiete Erhebliches tun können. In der Zwischenzeit werden wir zweifellos große Zurückhaltung üben müssen.

Sch möchte hier eins bemerken. Gerade als Finanzminifter habe ich doch das allergrößte Interesse daran, daß die wirtschaftliche Kraft des Landes erhalten bleibt (Sehr richtig!), denn zu guterletzt spielen nicht die Gelder, die wir erspart haben, die Hauptrolle, sondern daß wir dae wirtschaftlichen Betriebe unseres Volkes in ihrer steuerlichen Leistungsfähigkeit erhalten, darauf kommt es an! Deshalb müssen wir

auch nicht vergessen zu inveftieren. Ich bin fest entschlossen, die

uns das so schwer fallen wie möglich. (Lebhaftes Bravo!) Selbst⸗ verständlich wird sich die Sparsamkeit guch insoweit geltend machen müssen, als wir besonders auf dem Gebiete der Verwaltung, was ja Herr Graf von Posadowsky in den Vordergrund geschoben hHat, unter allen Umständen zahlreiche Beamtenstellen und Behördeninstanzen in Zukunft ersparen können. (Sehr richtig!) Daß wir auf allen diesen Gebieten Vereinfachungen vornehmen können, darüber kann kein Zweifel sein. Durch Allerhöchste Order sind ja zwei Herren damit beauftragt gewesen, die Verwaltungsreform sowohl für die allgemeine Verwaltung wie für die Justizverwaltung vorzubereiten. Die ent⸗ sprechenden Denkschriften werden in allernächster Zeit der Oeffentlich⸗ keit zur Kritik unterbreitet werden. Wir haben die Empfindung, daß bei diesem großen Werke der Zukunft alle beteiligten Kreise aus dem Volke mitarbeiten müssen, daß wir nicht vom grünen Tisch aus refor⸗ mieren können, sondern daß jeder im Lande seine Meinung dazu zu äußern berechtigt sein muß. Ich will hoffen, daß dabei doch ein be⸗ friedigendes Ergebnis herauskommt, um so mehr, als ich beabsichtige, alle die Ersparnisse, die wir auf diesem Gebiete machen, wieder zu verwenden, um unserer Beamtenschaft im Wege der Besoldungsauf⸗ besserung das zuzuführen, was sie blutnotwendig gebraucht. (Leb⸗ haftes sehr richtig) Denn darüber kann kein Zweifel sein, daß beute derjenige Stand im Lande, der sich am schlechtesten steht, der Be⸗ amtenstand ist. (Lebhaftes sehr richtig!) Ich betrachte es als eine meiner vornehmsten Aufgaben, von langer Hand mit wohldurchdachten Plänem darauf bedacht zu sein, daß dieser unser Beamtenstand für die Zukunft erhalten bleibt, als das, was er früher gewesen ist, als das Rückgrat unserer ganzen preußischen Verwaltung. (Lebhaftes Bravol Denn wie es sich in dieser unruhigen Zeit immer mehr herausgestellt hat, brauchen wir auf das dringendste ein solches Rückgrat, wie es gerade unsere Burcaukratie bildet, um diesen vielgeschmähten Aus⸗ druck zu gebrauchen. Ich glaube, wir werden in späteren Zeiten dankbar sein, wenn unsere Bureaukratie in Zukunft leistet, was sie bisher geleistet hat und was sie auch während des Krieges gelcistet hat. Man mag über die Leistungen der andern Stände sprechen, was man will, man darf nicht vergessen, daß uns unser pflichttreuer Beamten⸗ stand eine Arbeit geleistet hat, die viel dazu beigetragen hat, daß wir durchhalten konnten. Ich hoffe, daß wir diesen Beamtenstand auch für die Zukunft uns in voller Leistungsfähigkeit erhalten können. (Teb⸗ haftes Bravo und Händeklatschen.) G Auf Ausführungen des Herrn vo widert der 1u“ Finanzminister Hergt: 1“ Meine Herren! Ich bin sehr dankbar dafür, wenn ich auf solche Verhältnisse aufmerksam gemacht werde, auf die soeben Herr von Selchew hingewiesen hat. Es ist selbstverständlich durchaus unrichtig, wenn Berufungen gegen eine Steuerveranlagung des Jahres 1917 heute noch nicht erledigt sein sollten. Im Finanzministerium ist die Anordnung getroffen, daß die Vorsitzenden der Berufungs⸗ kommissionen laufende Nachweisungen einzureichen haben über den Stand der Geschäfte, und sobald wir seftstellen müssen, daß diese

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Geschäfte im Rückstande sind, wind sofort nach außen geschrieden, und

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Gelder, die für diesen Zweck notwendig sein werdon, aufzubringen, mag