Richtamtliches⸗
Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 5. September 1918.
Gestern abend ist der Hetman der Ukraine, General Skoropadski, aus Kiew hier eingetroffen. Wie „Wolffs Telegraphenbüro“ mitteilt, befanden sich in seiner Begleitung der Unterstaatssekretär im ukrainischen Ministerium des Aeußern, Paltoff, die ukrainischen Rittmeister Selteniewski und Zahidoff, ferner der Legationsrat Graf Berchem von der deutschen Ukraine⸗
bordnung in Kiew und der Hauptmann von Alvensleben von der deutschen Heeresgruppe KKew. Zur Begrüßung hatten sich auf dem Bahnhof der ukrainische Gesandte, Baron Steinheil, mit den Mitgliedern der Gesandtschaft, Legationsrat von “ als Vertreter des Reichskanzlers, sowie Wirklicher
egationsrat von Kuhlmann und Legationssekretär Meyer als Vertreter des Auswärtigen Amts eingefunden. Der Hetman wird Seiner Majestät dem Kaiser im Schioß Wilhelmshöhe einen Besuch abstatten und einige Tage in Deutschland ver⸗ weilen.
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VBavyern.
Seine Majestät der König ist gestern abend zur Er⸗ widerung des Besuches Seiner Majestät des Königs der Bulgaren nach Sofia abgereist. Der „Korrespondenz Hoff⸗ mann“ zufolge befinden sich in Begleitung Seiner Majestät außer den Herren des unmittelbaren Dienstes der Staats⸗ minister des Königlichen Hauses und des Aeußern von Dandl, der von Berlin aus sich in Belgrad der Reise anschließen wird, ferner der Kriegsminister General der Kavallerie von Helling⸗ rath und der auch am bulgarischen Hofe beglaubigte bayerische Gesandte in Wien Freiherr von Tucher. 8 8
SDesterreich⸗Ungarn.
1b Der Kaiser empfing gestern mittag hes Staatssekretär von Hintze und den Unterstaatssekretär von Stumm in Audienz. Heute empfing der Kaiser in der Hofburg den König der Bulgaren. Die Unterredung der beiden Mo⸗ narchen dauerte anderthalb Stunden. Abends hörte der Kaiser den Vortrag des Ministers des Aeußern Grafen Burian.
— Das „K. K. Telegraphen⸗Korrespondenzbüro“ teilt mit, daß die in einzelnen ausländischen Blättern verbreitete tendenziöse Meldung von einer Entlassung des Ministers des Aeußern Grafen Burian jeder tatsächlichen Grundlage ent⸗ behrt.
1 — Der Obmann des Tschechen⸗Verbandes, Stanek, teilt den Vertretern der tschechischen Presse mit, daß das Prä⸗ sidium des Tschechenverbandes niemanden zu Verhand⸗ lungen mit der Regierung Hussarek über die Ver⸗ fassungsänderung und Umgestaltung Oesterreichs in einen E1“ ermächtigt, auch der Ministerpräsident von
Hussarek dem Präsidium des Tschechenverbandes keinerlei der⸗ artige Vorschläge gemacht habe. 9 8
Polen. Die vorgestrige Sitzung des Staatsrats erwies die Beschlußunfähigkeit des Hauses. Die nächste Sitzung ist für
nberaumt worden. 8 Rußland. 8 Die Ratifizierung der Zusatzverträge zum Brester Frieden durch den Vollzugsausschuß am 2. September er⸗ folgte einstimmig bei zwei Stimmenthaltungen. Anwesend waren 150 bis 200 Personen. Nach der Ratifikation der Ver⸗ träge gab Trotzki, der zum Präsidenten des Obersten Kriegs⸗ rates ernannt ist, einen Bericht über die Lage an der Front, die er im allgemeinen als günstig bezeichnete.
— Die „Pramda“ veröffentlicht folgende Mitteilung der außerordentlichen Kommission über die Vorbereitung des Aufstandes in Moskau: 1 Die Organisation und die Finanzierung lag in den Händen des englischen Konsuls Lockhart. Die Kommission hatte bereits vor längerer Zeit Versuche der englischen diplomatischen Vertretung in Rußland festgestellt, mit den Truppenteilen der Räterepublik in Verbindung zu treten, um die Besetzung der Hauptstützpunkte in Moskau zu organisieren und den Rat der Volkskommissare zu verhaften. Anfang August führte ein Agent eine Unter⸗ redung Lockharts mit dem Kommandeur eines Truppenteils herbei, dem die englischen Behörden den Auftrag gaben, sich direkt des Rates der Volkskommissare zu bemächtigen. Die Zusammentunft fand in der Privatwohnung am 14. August statt. Auf dieser Besprechung wurde die Möglichkeit erörtert, ungefähr am 10. September in Moskau einen Aufstand gegen die Rätegewalt im Zusammenhang mit dem Vorgehen der Engländer auf Murman zu organisieren. Man vereinbarte auf Vorschlag Lockharts hin, daß der weitere Verkehr mit dem erwähnten Kommandeur des Rätetruppen⸗ teils durch den englischen Leutnant Sydney Raily geführt würde. Bei einer weiteren Zusammenkunft wurde die Frage beraten, nach Wologda Truppenteile überzuführen, die verräterischerweise Wologda den Eng⸗ ländern übergeben sollten. Der Umsturz in Moskau sollte am 10. September stattfinden. Die Engländer waren darum besorgt, daß in der an diesem Tage stattfindenden Vollsitzung des Rates der Volkskommissare Lenin und Trotzki anwesend seien. Es war beabsichtigt, gleichzeitig die Reichsbank, die Zentraltelephonstation und die Telegrophen zu besetzen und die Militärdiktaturen einzuführen, mit dem Verbot unter Androhung von Todesstrafe, irgendwelche Versammlungen bis zum Eintreffen der englischen Militär⸗ gewalt abzuhalten. Auch die Veranstaltung von Bittgottesdiensten und Kirchenpredigten zur Verteidigung des Umsturzes mit Hilfe von Vertretern der höchsten Geistlichkeit wurde beraten. In gleicher Sitzung wurden dem erwähnten Kommandeur gemäß dem Versprechen Lockharts 700 000 Rubel übergeben, um den Aufstand zu organisieren. Am 22. August fand eine neue Zusammenkunft statt, in der zu demselben Zweck weitere 200 000 Rubel übergeben und der Plan ausgearbeitet wurde, die Arbeitsräume Lenins, Trotzkis, Aratows und des Obersten Rates für Volkswirtschaft zu besetzen, sich der dort befindlichen Papiere zu bemächtigen, wobei der englische Offizier Railv, der die Verhandlungen führte, hauptsächlich im Auge hatte, das Material zu erhalten, um einen Krieg Rußlands gegen Deutschland zu rechtfertigen, der sofort nach dem Umsturz erklärt werden sollte. Am 28. August wurden dem Kommandeur des Rätetruppenteils wiederum 300 000 Rubel übergeben und seine Reise nach Petersburg vereinbart, um mit der Petersburger englischen führenden Militärgruppe und mit den sich um sie gruppierenden russischen Weißen Gardisten die Verbindung herzustellen. Die Petersburger Verhand ungen fanden am 29. August statt. Auf dieser Sitzung wurde die Frage einer Verbindung mit Nischni⸗Nowgorod und Tambow beraten. Gleichzeitig wurde mit den britischen Vertretern verschiedener „verbündeter“ Mächte über die Maßnahmen verhandelt, welche die innere Lage Rußlands verschärfen
und damit den Kampf der Rätegewalt mit den Tschecho⸗Slowaken und Anglo⸗Franzosen schwächen koͤnnten, besonders durch Verschärfung der Verpflegungsschwierigkeiten in Petersburg und Moskau. Es wurden Pläne zur Sprengung von Brücken und Eisenbahngleisen,
Pläne von Brandstiftungen und Sprengungen von Lebensmittelnieder⸗
Gleicherweise erwies es sich, daß bei den englisch⸗ in allen Kom⸗ was durch
lagen ausgearbeitet. si französischen Verschwörern das Spionagesvovstem in missariaten auf weitester Grundlage ausgearbeitet ist, 1 nachfolgende Hausfuchungen bestätigt wurde, bei welchen eine Reihe geheimer Berichte von der Ostfront gefunden wurden. Die in Verbindung hiermit verhafteten Offiziere (Kapitän Friede und andere)
sagten aus, daß sie in die Hände der Alliierten geheime Angaben über
die Bewegung der Rätetruppen und überhaupt alle geheimen Angaben über die innere Lage Rußlands lieferten. In Verbindung mit diesen Daten wurden sowohl in Petersburg wie in Moskau Verhaftungen vorgenommen. Das jetzt der Sowjetregierung zur Verfügung stehende Material bestätigt mit vollkommener Sicherheit das Vor⸗ handensein einer Verschwörung der diplomatischen und militärischen Vertreter auswärtiger Mächte. In den Händen der außerordentlichen Kommission befinden sich eigenhändig von Lockhart unterschriebene Bescheinigungen, dank welchen die Verschwörer den Schutz der britischen Milirärmission in Moskau genießen sollten. Es folgt ein Beispiel, betreffend den Kapitän Krankalj von den lettischen Schützen. Das Papier trägt offiziell das Wappen und den Stempel der britischen Gesandtschaft und das Datum vom 18. August. Die Verschwörer hatten genaue Pläne zur Organi⸗ sation der Regierungsgewalt für den nächsten Tag nach dem Umsturz ausgearbeitet. Es war die Einsetzung einer Diktatur aus drei Personen beabsichtigt: vorgemerkt waren spezielle Komitees in den Truppenteilen usw. Ungeachtet dessen, daß der verhörte Chef der britischen Gesandtschaft, Lockhart, die oben erwähnten Tat⸗ sachen zu leugnen versuchte, befinden sich in den Händen der außer⸗ ordentlichen Kommission unwiderlegbare Beweise, welche darauf hin⸗ wiesen, daß die Fäden der ganzen Verschwörung gerade in den Händen der britischen Gesandtschaft zusammenlaufen, wobei als nächst Be⸗ teiligte in dieser Angelegenheit der französische Generalkonsul Grenard, der französische General Lavergue und eine Reihe anderer französischer und englischer Offiziere anzusehen sind.
Laut „Iswestija“ standen für die Bestechung der letti⸗ schen Regimenter durch die englischen und französischen diplomatischen Vertreter 10 Millionen Rubel zur Verfügung. Zur Ausführung des Planes trat Lockhart persönlich mit dem Kommandeur enes großen Truppenteils in Verbindung und suchte die Letten zu überzeugen, daß sie sofort mit den Bolschewiki, die die lettische Heimat an den deutschen Im⸗ perialismus verraten hätten, brechen müßten. Im Falle des Erfolges der Verschwörung versprach Lockhart im Namen der verbündeten Regierungen die sofortige Wiederherstellung des freien Latvia und für die Agitation unter den lettischen Abteilungen un⸗ begrenzte Geldsummen, die ohne Kontrolle verteilt werden sollten. 1 200 000 Rubel wurden sofort übergeben. Der betreffende Kommandeur meldete das Geschehene sofort der außerordent⸗ lichen Kommission und wurde angewiesen, auf weitere Ver⸗ handlungen scheinbar einzugehen. Lockhart, von der Bestech⸗ lichkeit der lettischen Truppen überzeugt, meldete während⸗ dessen seiner Regierung den Erfolg seiner Unternehmung. Um die Unzufriedenheit der leittischen Truppen zu steigern, erhielten die Kommandeure von den Engländern die Anweisung, vor allem dahin zu wirken, daß die ihnen anvertrauten Truppen⸗ teile Mangel an Verpflegung hätten. Bei einem der ver⸗ hafteten sranzösischen Offiziere wurde ein großer Vorrat von Pyroxilin zur Zerstörung von Lebensmittellagern und Trans⸗ porten gefunden. 8 .
Auf Verfügung der außerordentlichen Kommission sind obiger Quelle zufolge sämtliche Angehörige Kerenskis, seine erste Frau Olga Nikolajewna, seine Söhne Oleg und Gleb, seine Nichte und deren Mutter verhaftet worden.
— Einer Meldung des Wiener K. K. Telegraphenkorresp.⸗ Büros zufolge ist Lenins Zustand befriedigend, die Gefahr von Komplikationen ist aber noch nicht ausgeschlossen.
— Die „Ukrainische Telegraphen⸗Agentur“ meldet über die Kämpfe in Südrußland:
Der Vorstoß und Durchbruch der Bolschewiki im südlichen Don⸗ gebiete bei Kotelniki bis an den Don ist zum Stehen gebracht worden und die Bolschewiki sind zurückgedrängt worden. Dagegen mußten nordwestlich von Zarizin die Kosaken unter dem Druck der Bolschewiki zurückweichen und den Bahnhof Kotluban aufgeben. Die freiwillige Armee hat dem astrachanischen Kosakenheer den nördlichen Teil des Stawropoler Gouvernements übergeben. Hier und in dem bereits befreiten Teil des Astrachangebiets ist die Mobilisation der Kalmücken verfügt worden, aus denen besondere Abteilungen gebildet werden. Die freiwillige Armee setzt ihren Vormarsch auf Stawropol fort und hat Baschagir, 30 Kilometer von Stawropol, besetzt.
Niederlande.
Wie „Vaderland“ erfährt, haben sich die in Aussicht genommenen Minister auf ein Regierungsprogramm ge⸗ einigt. Da die verschiedenen Kammerklubs der rechten Seite noch gehört werden müssen, werden noch einige Tage vergehen, ehe die Krisis zu Ende ist. Ein Departement für die Landes⸗ verteidigung wird nicht eingerichtet werden. Das Kriegs⸗ ministerium und das Marineministerium bleiben getrennte Departements.
Finnland.
Aus Anlaß des von der finnischen Regierung bei den Gesandtschaften der Westmächte in Stockholm erhobenen Einspruchs wegen der Neutralitätsverletzung bei Kuolajaervi gibt der englische Konsul, wie „Wolffs Telegraphenbüro“ meldet, eine Erklärung seiner Re⸗ gierung bekannt. Danach haben keine von den Befehls⸗ habern der Alliierten geführten Truppen die finnische Grenze zu überschreiten versucht oder Angriffshandlungen gegen Finn⸗ land vorgenommen; die militärische Leitung der Alliierten habe strengen Befehl erhalten, Verletzungen der finnischen Grenze zu vermeiden.
— Nach Mitteilungen des offiziellen finnischen Preßbüros hat sich die Zahl der wegen Staatsverbrechen in Haft gehaltenen Gefangenen, die nach Beendigung des Aufruhrs über 80 000 betrug, um mehr als 50 000 verringert und beträgt gegen⸗ wärtig nur noch 27 533. Von diesen haben die Untergerichte 17 741 zu unbedingter Freiheitsstrase verurteilt, 7000 sind noch nicht abgeurteilt und werden im Laufe des September das Urteil empfangen. Beim Obergericht liegen 16 000 Gnaden⸗ gesuche vor. 8
Ukraine.
Der deutsche Botschafter Freiherr von Mumm besuchte vorgestern vormittag den Vorsitzenden der russischen Friedens⸗ abordnung Rakowski, um sein Beileid zu dem Anschlag auf den Vorsitzenden des Volkskommissariats Lenin auszusprechen.
— Die „Kiewskaja Mysl“ bringt aus angeblich sicherer Quelle die Meldung, daß die Regierung der Vereinigten
Staaten von Amerika bereit sei, die Selbständigkeit
der Ukraine anzuerkennen.
Amerika.
Der amerikanische Staatssekretär Lansing veröffentlicht laut Meldung des „Reuterschen Büros“ folgende Mitteilung: Da die tschecho⸗slowakischen Völker gegen Deutschland und Oesterreich⸗Ungarn zu den Waffen gegriffen und organisierte Armeen unter Offizieren ihrer eigenen Nationalität und in Uebereinstimmung mit den Vorschriften und der Praxis bei den zivilisierten Nationen gestellt haben, und da die Tschecho⸗Slowaken im gegenwärtigen Kriege unabhängige Ziele verfolgen, deren Verwirtlichung der obersten politischen Autorität der Tschecho⸗Slowaken im Nationalrat anvertraut worden ist, erkennt die Regierung der Vereinigten Staaten an, daß der Kriegszustand zwischen den in dieser Weise organisierten Tschechen und den Deutschen und Oester⸗ reich⸗Ungarn besteht. Sie erkennt auch den tschecho⸗ flowakischen Nationalrat als de facto friegführende Regierung an, berechtigt, die militärischen und politischen Ange⸗ legenheiten der Tschecho⸗Slowaken zu leiten. Die Regierung der Vereinigten Staaten erkennt ferner an, daß sie bereit ist, formell in Beziehungen mit der in dieser Weise anerkannten tatsäͤchlichen Re⸗ gierung zu treten, um den Krieg gegen den gemeinsamen Feind durch⸗ zuführen. 8 Zu dieser Mitteilung bemerkt „Wolffs Telegraphenbüro“:
selbständige Nation durch die Vereinigten Staaten steht in vollem Widerspruch zu dem feierlichen Versprechen des Präsidenten Wilson, „zu Rußland stehen zu wollen“. Die Regierung der Vereinigten Staaten bekennt sich damit zu der Auffassung der englischen Regierung, die ihr in der Anerkennung der Tschecho⸗Slowaken vorangegangen ist und erst jüngst ihre Freundschaft für Rußland durch ihre Versuche bewiesen hat, die Hauptstadt Moskau von neuem in blutige Re⸗ volution zu stürzen.
— Die amerikanischen Zeitungen sind alle mit Wilsons letzter Einberufungserklärung einverstanden und nennen sie den Schlachtruf der Republik und eine ge⸗ eignete Antwort auf die Friedensbestrebungen von Politikern wie Solf und Hertling.
Asien
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Der „Times“ wird aus Wladiwostok vom 30. August gemeldet, daß nach dort eingelaufenen Berichten der Feind am Ussuri in vollem Rückzuge in der Richtung auf Chabarowsk ist. Eine plötzliche Flankenbewegung der Jopaner, die zur Abschneidung der Bahnlinie führte, hat dem Feind gezeigt, daß es den Japanern ernst ist. Heute früh hat der allgemeine Vormarsch der alliierten Truppen von Schmakowk aus begonnen. General Semenow setzte seinen Vormarsch, ohne nennenswerten Wider⸗ stand zu finden, fort. Die feindliche Hauptmacht muß am Onon zusammengezogen sein. Die Berichte von dieser Strecke sind aber unklar und unverläßlich. Starke feindliche Streitkräfte sind nach Semenows letztem Rückzuge an die Ussurifront abgegangen, andere nach dem Baikalsee, um egen die Tschecho⸗Slowaken zu kämpfen. Wie viele feind⸗ iche Truppen in und um Tschita geblieben sind, ist nicht be⸗ kannt. Die Amurbahn ist an mehreren Stellen schwer be⸗ schädigt, wodurch ihr Wert als Verbindung zwischen Trans⸗ baikalien und Ussurien, obwohl Material im Ueber⸗ fluß vorhanden ist, stark abgenommen hat. An der Baikal⸗ front sind die Tschechen längs des Ostufers des Beikalsees nach Osten marschiert, und die letzten Nachrichten besagen, daß sie bei Werschne Udinsk stehen und die Offensive der Alltiertn zu unterstützen trachten. Die allgemeine militärische Lage der Alliierten hat sich sehr gebessert. Trotzdem ist es nötig, daß
sie General Dieterichs so kräftig wie möglich unterstützen. Nach einer vom „Reuterschen Büro“ verbreiteten amtlichen Meldung aus Tokio haben die Japaner Schimanowska besetzt und begonnen, mit den alliierten Truppen den Feind zu verfolgen. In den Gefechten vom 23. bis 28. August wurden zwei Offiziere und fünfzig Mann getötet und sieben Offiziere und 129 Mann verwundet. Die Verluste des Feindes waren doppelt so groß. Ueber 300 Tote wurden zurückgelassen.
Die Truppen Semenows haben Halonole besetzt.
Parlamentarische Nachrichten.
Der Ausschuß des Herrenhauses zur Vorberatung der Gesetzentwürfe über die Verfassungs⸗ und Wahlrechtsänderung trat gestern zusammen. Es wurde beschlossen, zunächst die Wahlrechtsvorlage zu erledigen. Vor Beginn ihrer Beratung nahm, wie „W. T. B.“ berichtet, der Präsident des Staatsministeriums, Reichskanzler Dr. Graf von Hertling zu folgenden Ausführungen das Wort:
Meine Herren! Ich möchte mir gestatten, ehe Sie in die Be⸗ ratung der Materie selbst eintreten, ein ganz kurzes Wort zu Ihnen zu sprechen; nicht, daß ich Ihnen erst den ganzen Ernst der Stunde und die Tragweite der zu fassenden Beschlüsse vor die Augen zu bringen hätte — davon sind Sie ja alle selbst vollständig durch⸗ drungen. Wir können sagen, daß zurzeit die Augen aller politif interessierten Kreise, nicht nur in Preußen, auf das Herrenhaus und die zu fassenden Beschlüsse gerichtet sind. Aber ich halte es wohl für zweckmäßig, den Herren gleich anfangs die Stellung und den Standpunkt der Königlichen Staatsregierung mit aller Bestimmtheit zum Ausdruck zu bringen. Die Königliche Staatsregierung sieht es als ihre Aufgabe an, das in der Julibotschaft ausgesprochene Königliche Wort dem Sinne nach zur Erfüllung zu bringen. Wie von Kriegsbeginn an alle Söhne des Vaterlandes in gleicher Weise sich ihrer Pflicht bewußt gewesen sind, in gleicher Weise das Vaterland verteidig haben, mit Aufbietung aller ihrer Kräfte, wie hier von sozialer Differenzierung nicht die Rede war, sondern hoch und niedrig, arm und reich, Gebildete und Ungebildete in gleicher Weise diese ihre Pflicht erfüllt haben, so soll auch nach dem Kriege im Frieden, den wir erhoffen, keine soziale Differenzierung in der einfachsten politischen Betätigung, im Wahlgeschäfte, stattfinden. Das i der Sinn, in dem ich von Anfang an’ das Königliche Wort verstanden habe, das ist der Sinn, in dem ich seinerzeit, als ich dem zum zweiten Male an mich ergangenen Ruf Seiner Majestä des Kaisers und Königs nachgekommen bin und trotz aller Bedenken das schwere Amt auf meine alten Schultern genommen habe, meine Aufgabe betrachtete, das war die Verpflichtung, die ich meiner⸗ seits übernommen habe, der ich entschlossen bin, mit 88 meinen Kräften nachzukommen, mit der ich sleh und falle. Aber darauf kommt es ja gar nicht an. Um die Person von Ministern handelt es sich nicht. Jeder, der nach mir an diese Stelle treten wird, wird sich vor die gleiche Aufgabe gestellt sehen, und darum ist es unser aller Aufgabe, den Weg zu suchen und zu finden, der zur Einlösung des Königlichen Wortes führt. imnistern
Meine Herren, ich sagte schon: Auf die Person von Ministen kommt es nicht an, aber es handelt sich au nicht mar⸗ um die ministerielle Verantwortlichkeit im gewöhnlichen statsrecht. lichen Sinne; es steht viel mehr auf dem Spiele. Nach m g ehrlichen Ueberzeugung handelt es sich, meine Herren, in dieser schweren Frage um den Schutz und die Erhaltung von Krone. und Dvnastie. Finden Sie also den Weg, der zu einer Verständigung führt! In der Gestalt, in der das Abgeordnetenhaus die Vorlage „l
Sie hat gelangen lassen, sieht die Staatsregierung keine Mglichkeit
Die Anerkennung der tschecho⸗slowakischen Räuberbanden als
avitalig nr-
wie das auch schon gesagt worden ist. ; der dem Königlichen Wort vollauf 1“ 8 den Bedenten, die Sie hegen, möglichst entgegenkommt. Ich babe 2 anderen Hause, im Abgeordnetenhause, gesagt, daß wich der Herren gegen die Einführung des allgemeinen aiüichen
die lnrechts vollkommen zu würdigen weiß. Aber, meine Herren diese Zgenten müssen in der Zeit, in der wir leben, zurückgestellt werden Ker die größere Aufgabe, die wertvollsten Güter unseres staatlichen dnens. Dynastie und Krone, zu schützen. eeleber das Tempo, in dem Sie diesen Weg suchen u kunbe ich mir teine Vorschläge zu machen. „Auch den andneten — ich sage das, um falschen Nachrichten in der nüegenzutreten — habe ich gesagt: in der Sache bin ich ganz fest; giglich des Tempos bitte ich mir freie Hand zu lassen. Und so de ich auch, meine Herren: es wird unsererseits kein Druck auf Sie egwitt werden; wir werden Sie in sachlicher. Weise jederzeit zu neestützen bereit sein, daß Sie in absehbarer Zeit zu einem Resultat düngen. Jeder aufkeimende Verdacht eines Verschleppungsversuches ide der Agitation Nahrung geben und zu schweren Erschütterungen
, Zustimmung, der Zus soo einen Weg,
nd finden, Reichstags⸗ ( Zeitungen
ihten. 8 . 1 1“ Meine Herren, ich habe schon gesagt: jeder, der nach mi
gee Stelle steht, wird dieselbe Aufgabe aufnehmen müssen 3 er fcber wahrscheinlich dann unter relativ ungünstigeren Verhältnissen nwchuführen haben. Jetzt, meine Herren, kann das Gesetz noch mit shen Sicherungen versehen werden, daß dadurch einer zu re ⸗ kbenden Radikalisierung unseres staatlichen Lebens vor ebeugt wird. bdas später noch möglich sein wird, steht dahin. Alle diese Ge⸗ inen möchte ich noch recht eindringlich Ihren Erwägungen anheim⸗ tten, und damit möchte ich meine kurzen Worte schließen.
fundgebung des Generalfeldmarschalls von Hindenburg.
Der Generalfeldmarschall von Hindenburg hat folgend uch „Wolffs Telegraphenbüro“ verbreitete “ 8 ncs deuische Volk erlassen:
Wir stehen in schwerem Kampf mit unseren Feinden. nllenmäßige Ueberlegenheit allein den Sieg verbürgte, läge Deutsch⸗ wnd längst zerschmettert am Boden. Der Feind weiß aber, daß huschland und seine Verbündeten mit den Waffen allein nicht zu siegen sid. Der Feind weiß, daß der Geist, der unserer Truppe ne unserem Volke innewohnt, uns unbesiegbar macht. Deshalb hat neben dem Kampf gegen die deutschen Waffen den Kampf gegen in deutschen Geist aufgenommen, er will unseren Geist ver⸗ sen und glaubt, daß auch die deutschen Waffen stumpf werden, eim der deutsche Geist zerfressen ist. Wir dürfen diesen Plan des zeindes 89 leicht nehmen. 8
Den Feldzug gegen unseren Geist führt der Feind mit ver⸗ hiedenen Mitteln, überschüttet unsere Front nicht 8 mit einem ommelfeuer der Artillerie, sondern auch mit einem Trommelfeuer nbedructem Papier. Seine Flieger werfen neben Bomben, die Leib töten, Flugblätter ab, die den Geist töten sollen. Unsere fograuen lieferten an der Westfront von diesen feindlichen Flug⸗ siterm im Mai 84 000, im Juni 120 000 und im Juli 300 000 ab. ine gewaltige Steigerung. Im Juli 10 000 Giftpfeile täglich. 0000 mal täglich der Versuch, dem einzelnen und der Gesamtheit Glauben an die Gerechtigkeit unserer Sache und die Kraft d die Zuversicht zu dem Endsieg zu nehmen. Dabei können n damit rechnen, daß ein großer Teil der feindlichen fugblätter von uns nicht aufgefunden wird. Der Feind znügt sich aber nicht nur damit, den Geist unserer Front anzu⸗ sen; er will vor allen Dingen auch den Geist in der Heimat ver⸗ ien. Er weiß, welche Quellen der Kraft für die Front in der eimat ruhen. Seine Flugzeuge und Ballons tragen zwar die an⸗ fingten Flugschriften nicht weit in unsere Heimat; fern von ihr waen jn die Linien, in denen der Feind vergebens um Waffen⸗ gingt. Aber der Feind hofft, daß mancher Feldgraue das un das so harmlos aus der Luft heruntergeflattert ist, nach huse scickt. Zu Hause wandert es dann von Hand zu Hand, in girtisch wird es besprochen, in den Familien, in den sähsuzen „ in den Fabriken, auf der Straße. Ahnungslos känen diele Tausende den Giftstoff in sich auf; Tausenden wird die a die der Krieg ihnen ohnehin bringt, dadurch vergrößert und der dill und die Hoffnung auf den siegreichen Ausgang des Krieges nonmen. All digse schreiben dann wieder von ihren Zweifeln an tFtont, und Wikson, Lloyd George und Clemenceau reiben sich die inde, Der Feind greift den Geist der Heimat auch sonst noch an. sie unsinnigsten Gerüchte, geeignet, unsere innere Widerstandskraft echen, werden in Umlauf gesetzt. Wir stellen sie gleichzeitig in cSchwei;, in Holland und Dänemark fest. Von dort breiten
Wenn
88 STe; -
8 Der Feind versucht auch, alte Wunden im deutschen Volkskörper aufzureißen. Mit seinen Flugblättern und durch Gerüchte versucht W Zwietracht und Mißtrauen unter den Bundesstaaten zu säen.
ir beschlagnahmten am Bodensee viele Tausende Flugblätter, die nach Bavern geschafft werden und gegen die Norddeutschen aufreizen sollten. Was. der jahrhundertelange Traum der Deutschen war und Väter uns erstritten, das deutsche Kaiserreich wollen sie 2 Deutschland zur Machtlosigkeit des 30 jährigen Krieges
Auch unsere Bundestreue zu unseren Verbündeten will der Feind senent ö v. und deutsches Mannes⸗ Sehe 1“ seine Verbündeten. Wer Englands Ver 8 Und schließlich versendet der Feind nicht den ungefährlichsten Druckerschwärze getauchten Giftpfeile, wenn er Aeußerungen deutscher Männer und deutscher Zeitungen abwirft. Die Aeußerungen Fcktfätee Zeitungen sind aus dem Zusammenhang gerissen. Bei Aeußerungen Deutscher, die wiedergegeben werden, denkt daran, daß es Verräter am Vaterlande zu jeder Zeit gegeben hat, bewußte und unbewußte. Meist sitzen sie im neutralen Ausland, um nicht unseren Kampf und unsere Entbehrungen teilen zu müssen oder als Hochverräter gerichtet zu werden; auch die Verfechter ertremer Parteirichtungen dürfen nicht den Anspruch erheben, für die Allgemeinheit des deutschen Volkes zu sprechen. Es ist unsere Stärke, aber auch unsere Schwäche, daß wir auch im Kriege jede Meinung ungehindert zu Worte kommen lassen. Wir dulden bisher auch den Abdruck der feindlichen Heeresberichte und der Reden der feindlichen Staatsmänner, die mit Angriffswaffen gegen den Geist des deutschen Heeres und Volkes sind, in unseren Zeitungen. Dies ist Stärke, weil es Kraftbewußtsein beweist. Es ist aber eine Fanbüche, weil es duldet, daß des Feindes Gift bei uns Eingang Darum, deutsches Heer und deutsche Heimat: Wenn dir einer dieser ausgeworfenen Giftbrocken in Form eines Flugblattes oder eines Gerüchtes vor die Augen oder die Ohren kommt, so denke daran, daß er vom Feinde stammt. Denke daran, daß vom Feinde nichts kommt, was Deutschland frommt. Das muß sich jeder sagen, gleichgültig, welchem Stande oder welcher Partei er angehört. Triffst du einen, der zwar dem Namen und der Abstammung nach deutsch ist, der aber seinem Wesen nach im Feindeslager steht, so halte ihn dir fern und verachte ihn. Stelle ihn öffentlich an den Pranger, damit auch jeder andere wahre Deutsche ihn verachtet.
Wehre dich, deutsches Heer und deutsche Heimat! Gr. H.⸗Q., den 2. September 1918. 8 von Hindenburg, Generalfeldmarschall.
ARKriegsnachrichten
Berlin, 4. September, Abends. (W. T. B.) ZBisher sind keine größeren Kampfhandlungen gemeldet. Zwischen Scarpe und Somme fühlte der Feind an unsere neuen Linien heran. Zwischen Ailette und Aisne wurden erneute Angriffe der Franzosen abgewiesen.
Im Kampfe gegen militärische Ziele hinter der feindlichen ront warfen unsere Bombengeschwader im Monat ugust die bisher unerreichte Menge von 1 157 957 kg Sprengstoff ab. Die Wirkung der vielfach aus niedrigsten Höhen durchgeführten Angriffe wurde in den meisten Fällen durch Augenbeobachtung erkannt und durch Filmauf⸗ nahmen bestätigt. Volltreffer auf die Flughäfen Matangues und Esquerdes vernichteten mehrere Hallen mit Flugzeugen, auf Flughafen Ochey riefen wiederholte Angriffe starke Brände hervor. Aeußerst heftige Explosionen und langanhaltende Brände kennzeichneten als besonders wirkungsvoll die Angriffe gegen Munitionszüge auf den Bahnhöfen Epernay und Créve⸗ coeur, ein Munitionslager südlich Chalons und die Sprengstoff⸗ fabril Oissel sur Seine; das große Munitionslager Mailly südlich Arras flog am 25. 8. in die Luft. Sehr starke und lang dauernde Brände entstanden außerdem in den Ortsunter⸗ künften oder Lagern von Chalons, Epernay, Amiens, St. Pol und Villers Cotteretts. Während der Großkämpfe zwischen Arras und Reims verursachten Volltreffer in die dichten An⸗ sammlungen von Truppen und Kolonnen in und hinter den Schlachtfronten schwere blutige Verluste und starke Verwirrung.
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sch wellenartig über ganz Deutschland aus. Oder aber kauchen gleichzeitig, in unsinnigen Einzelheiten überein⸗ inmend, in den entlegensten Gegenden unserer Heimat siin Schlesien, Ostpreußen und im Rheinland, und nehmen von
haus ihren Weg über das übrige Heimatsgebiet. Auch dieses Gift
tit auf Urlauber und fließt in Briefen zur Front. Und wieder ien sich die Feinde die Hände! Der Feind ist klug. Er weiß üieden das Pülverchen zu mischen. Die Kämpfer an der Front ter. Ein Flugblatt lautet: „Deutsche Soldaten! Es ist eine eindliche Lüge, daß die Franzosen die deutschen Ge⸗ igenen mißhandeln. Wir sind keine Unmenschen. Kommt ir hetrost zu uns herüber! Hier findet ihr rücksichtsvolle hnahme, gute Verpflegung und friedliche Unterkunft.“ 1 frage hierzu die tapferen Männer, denen es unter unsäglichen n gelang, der feindlichen Gefangenschaft zu entrinnen. Aus⸗ Unert bis auf das Letzte, im Drahtpferch ohne Obdach, durch . Durst für verräterische Aussagen gefügig gemacht oder aner chläge und Bedrohung mit dem Tode zum Verrat an den farten gezwungen, auf dem Transport zur schweren Arbeit von wanzösischen Bevölkerung bespien, mit Unrat beworfen: So sieht Uahrheit das Paradies aus, das der Feind vorgaukelt. 88 nachgedruckte Originalbriefe von Gefangenen werden ab⸗ des , in denen diese schildern, wie gut es ihnen gehe. Gottlob heg in England und Frankreich auch noch anständige und mensch⸗ den ommandanten von Gefangenenlagern geben; sie sind aber die ere me. Und die Briefe, die der Feind abwirft, sind nur drei bis nschiedene. Diese aber sendet er in vielen Tausenden von Exem⸗ wen vervielfältigt. eleinmütige schüchtert der Feind ein: „Euer Kampf ist hücdes Amerika wird 8s den Garaus machen. be Boote taugen nichts. Wir bauen mehr Schiffe, als isenken. Euer Handel, ist vernichtet. Wir sperren ch dem Kriege die Rohstoffe ab; dann muß Deutschlands wo linet verhungern. Eure Kolonien febt ihr niemals wieder. die st bt es aus seinen Flugblättern, bald Lockung, bald Drohung. ri eht es in Wirklichkeit? Wir haben im Osten den erzwungen und sind stark genug, es auch en zu tun, trotz der Amerikaner. Aber cggen nd Linig müssen wir seinl!. Das ist es, te will der Feind mit seinen Zetteln und Gerüchten kämpft. d die uns den Glauben und die Zuversicht, den Willen ih V Fraßt nehmen. Warum sucht der Feind immer noch ee desgenossen im Kampf gegen uns? Warum trachtet er, deil wir eutralen Völker zum Kampfe gegen uns zu pressen? r ihm an Kraft gewachsen sind. Warum hetzt er schwarze
en ett Farbige gegen deutsche Soldaten? Weil er uns ver⸗
L B vhge sagt der Feind: „Ihr Deutschen, eure Re⸗
ch! Kämpft gegen die Hohenzollern, gegen den Entente —, euch eine bessere Staats⸗ enau, welche Stärke unserem rade eben deshalb
— helft uns — der Der Feind weiß m Kaiserreich innewohnt. Aber ge
gat und fmpft er sie.
Großes Hauptquartier, 5. September. 1 Westlicher Kriegsschauplatz. Heeresgruppen Kronprinz Rupprecht und Boehn.
Zwischen Ipern und La Bassée drängte der Feind gegen unsere neuen Linien nach. Im Vorgelände belassene Abteilungen wichen dort befehlsgemäß auf diese zurück. Bei Wijtschate wurden Teilangriffe des Feindes abgewiesen.
Zwischen Scarpe und Somme fühlte der Gegner
gegen unsere neuen Linien vor. Infanteriegefechte mit unseren Sicherungsabteilungen. An der Somme Artileerietätigkeit. Zwischen Somme und Oise haben wir die am 26. August aus der Gegend von Roye begonnenen Bewegungen fortge⸗ führt und uns in vorletzter Nacht ohne Kampf vom Feinde los⸗ gelöst. Die am Feinde belassenen Nachhuten sind gestern nach⸗ mittag langsam gefolgt; der Feind hatte am Abend etwa die Linie Voyennes — Guiscard —Appilly mit schwächeren Teilen erreicht. In der Ailette⸗Niederung wurden Vorstöße des Feindes abgewiesen. Ebenso scheiterten starke feindliche Angriffe dicht südlich der Ailette, bei Terny —Sorny, Clamecy und Buc le long. Vizefeldwebel Schoele der 9. Batterie Feldartillerieregiments Nr. 92 hat hier bei den letzten Kämpfen 8 Panzerwagen vernichtet.
Heeresgruppe Deutscher Kronprinz. Oestlich von Soissons legten wir die Verteidigung von der Vesle zurück. Die Bewegungen wurden planmäßig und vom Feinde ungestört durchgeführt. 8
(W. T. B.)
Wir schossen gestern 32 feinliche Flugzeuge ab. Der Erste Generalquartiermeister. Ludendorff.
.M“ 1“ Oesterreichisch⸗ungarischer Bericht. 1 Wien, 4. September. (W. T. B.) Amtlich wird gemeldet:
Im Norden des Tonalepasses entrissen unsere Hoch⸗ gebirgsabteilungen dem Feinde durch überraschenden Angriff den Punto San Matteo (3692 m), den Monte Man⸗ tello (3636 m) und den Lle eere ir (3502 m). Diese Waffentat im ewigen Eis und Schnee stellt der Kampftüchtig⸗ keit der den schwersten alpinen Verhältnissen gewachsenen An⸗ greifer ein besonderes Zeugnis aus. “
11“
In den Sieben Gemeinden lebhaftere E tätigkeit.
Sonst nichts von Belang. 8 Der Chef des Generalstabes.
8
Sofia, 4. September. (W. T. B.) Generalstabsbericht
vom 3. September.
Mazedonische Front: Nördlich von Bitolia trieben unsere Posten eine französische Sturmabteilung, die sich unseren Gräben zu nähern suchte, zurück. Im Cernabogen heider⸗ seits lebhafte Feuertätigkeit. Nördlich von Makove drang eine unserer Sturmtruppen in die feindlichen Gräben und brachte verschiedenes Kriegsgerät zurück. Oestlich und westlich des Dobropolje war das Artilleriefeuer auf beiden Seiten zeitweise heftiger. Das Artilleriefeuer auf feindlicher Seite war südlich von Husse () mäßig und auf beiden Seiten des Wardar heftig. Englische Abteilungen stießen gegen unsere vorgeschobenen Gräben auf beiden Ufern des Wardar vor, wurden aber durch Feuer zerstreut.
Türkischer Bericht. Konstantinopel, 3. September. (W. T. B.) Tagesbericht.
Palästinafront: Der Gegner unterhielt stellenweise lebhaftes Artilleriefeuer und trieb mehrfach Aufklärungs⸗ abteilungen gegen unsere Stellungen vor, die überall von uns abgewiesen wurden. Feindliche Lager am Wadi el Audscha lagen unter unserem wirksamen Artilleriefeuer.
Auf den übrigen Fronten ist die Lage unverändert.
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Der Krieg zur See.
Ueber den Angriff leichter deutscher Streitkräfte gegen die feindliche Bewachung von Dünkirchen⸗ Reede in der Nacht vom 22. zum 23. August werden von „Wolffs Telegraphenbüro“ noch folgende Einzelheiten bekannt:
Unsere auf Patrouillenfahrt befindlichen Streitkräfte sichteten gegen 2 Uhr Vormittags in der Reede der Small Bank eben nord⸗ östlich Dünkirchen mehrere anscheinend zu Anker liegende feindliche Fahrzeuge. Obgleich die sehr helle, klare Vollmondnacht ein un⸗ bemerktes Herankommen an den Feind in Frage stellte, entschloß sich der Führer, Kapitänleutnant Aßmann, zum Angriff. Mit höchster Fahrt wurde auf die Fahrzeuge zugehalten, die beim Näherkommen als drei feindliche Einheiten ausgemacht wurden. Auf Schußentfernung herangekommen, wurden unsere an⸗ greifenden Fahrzeuge vom Gegner bemerkt. Unmittelbar nach dem Fallen des Torpedoschusses eines unserer Boote drehte das an⸗ egriffene Schiff mit hoher Fahrt auf den Angreifer zu, so daß der
orpedo sein Ziel verfehlte. Gleichzeitig wurde gegen ein zweites feindliches Fahrzeug ein Treffer erzielt, das zu brennen begann und schwere Schlagseite nach Steuerbord erhielt. Sofort nach Beginn des Gefechts griffen die Landbatterien ein und feind⸗ liche Flieger beteiligten sich mit Maschinengewehren an der Ab⸗ wehr. Zur selben Zeit war eine andere Gruppe unserer Streit⸗ kräfte unter der Küste auf feindliche Zerstörer gestoßen. Auf nahe Entfernung wurden zwei feindliche Zerstörer durch Torpedos getroffen. Der eine erhielt einen Treffer mittschiffs und brach unter starker Qualmentwicklung auseinander. Bei dem zweiten Zerstörer erfolgte nach dem Treffen des Torpedos eine starke Detonation, nach der das Boot sank. Auch hier wurden unsere Streitkräfte von Landbatterien erfolglos beschossen und durch Flieger unter Maschinengewehrfeuer ge⸗ nommen. Unsere Boote wurden nicht beschädigt und sind ohne Menschenverluste zurückgekehrt.
Berlin, 4. September. (W. T. B.) Unsere U⸗Boote versenkten im westlichen und mittleren Mittelmeer 14 000 Br.⸗R.⸗T. Schiffsraum.
Der Chef des Admiralstabes der Marine.
Kununst und Wissenschaft.
Der Turm von Babylon. Als Besonderheit der baby⸗ lonischen Baukunst galten bisher die auf mehreren abgestuften Ter⸗ rassen errichteten Tempelzellen, deren Kenntnis sich freilich weniger auf überkommenen Denkmälern als vielmehr auf Nachrichten der Schriftsteller begründete. Das bedeutendste dieser Bauwerke, der von Nebukadnezar errichtete oder erneuerte, in der Bibel genannte Turm von Babylon, ist neuerdings durch die Ausgrabungen der Deutschen Orientgesellschaft bekannt geworden, die in einer Arbeit von zwei Ie ehten das Stadtbild freilegen ließ, bis der Weltkrieg das Unternehmen zum Stillstand brachte. Der verdienstliche Leiter der Ausgrabungen, Robert Koldewey, hat die un⸗ freiwillige Muße benutzt, um einen vorläufigen Bericht nebst dem Versuche einer Wiederherstellung des Turmes zu veröffentlichen. Wie die Zeitschrift „Die Denkmalpflege“ mitteilt, ist von dem Bauwerk nur das unterste Geschoß gebliteben, ein Quadrat von 91,5 m Seite, die Ansichten mit gebrannten Ziegeln bekleidet und mit dicht gestellten breiten Lisenen gegliedert. An der Südseite führten drei Treppen aufwärts, eine mittlere in der Achse und zwet seitliche an der Front liegende, vermutlich bis zum zweiten Geschoß. Weitere Aufschlüsse gewähren die Nachrichten des Herodot und des Strabo, vor allem aber eine Tontafelinschrift aus dem Jahre 229 v. Chr., die eine Beschreibung des Bauwerks nebst Maßen gibt. Damals bestand der Turm nicht mehr in seiner ursprünglichen Gez stalt, denn schon unter Alexander dem Großen hatte er einer erheblichen Instandsetzung bedurft. Die Uebersetzung und Erklärun dieser Inschrift umfaßt einen großen Teil von Koldeweys nene. Schrift. Die Höhe des siebengeschossigen Bauwerks war gleich seiner Breite am Fuße. Das oberste Geschoß hildete ein Quadrat von 80 m Seite und enthielt einen inneren Hof, um welchen herum die Heiligtümer mehrerer Gottheiten angeordnet waren. Man gelangte dorthin auf Treppen, die auf der Außenseite der mittleren Geschosse emporführten, und für deren Breite ein Maß von etwa 5 m als der halbe Unterschied der Breite des untersten und des obersten Geschosses verfügbar bleibt. Die bisherige Vorstellung eines über sieben Terrassen erbauten Tempels ist aufzugeben; daß die Terrassen die Farben der sieben Planeten trugen, war lediglich eine Vermutung. Den Turm von Babvlon, in den Inschriften Etemenanki sfrtannt, haben wir als einen auf hohen Unterbau gestellten Tempel, Nuhar, zu verstehen, der im Grundriß den durch die Ausgrabungen bekannt gewordenen Tempelbauten zu ebener Erde völlig entsprach. Als Ferbe Masse stieg das Bauwerk in mehreren, nur um ein geringes Maß zurückgesetzten Geschossen empor, die senkrechten Wandungen mit farbigem Ziegelschmuck betleidet. Aber indem die unteren Geschosse als Träger des obersten unmittelbar auf diese Bezug nehmen, wird das Bauwerk, werden die babylonischen Hoch⸗ tempel mehr noch, als man bisher annahm, zu den ältesten Vor⸗ bildern des Stockwerkbaues. Von den Babyloniern übernahmen diesen im ö des Hellenismus die Griechen, die ihn im Bau der Herrschergräber, vor allem im Mausoleum zu Halikarnaß zu
neuer bedentsamer Auffassung zu steigern verstanden.
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