1918 / 238 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 07 Oct 1918 18:00:01 GMT) scan diff

Der Krieg zur See.

Wiien, 5. Oktober. (W. T. B) Das Wiener „K. K. Telegr. Korresp.- Buüro“ erfäyhrt von unterrichteter Seite Am 2. Oktober gegen 10 ½ Uhr Vormittags wurde Durazzo von einer größeren Flotte, bestehend aus vier großen Panzerschiffen der Leon Gambetta- und Romaklasse, vier Kreuzern der Chathamklasse und etwa zwanzig Zer⸗ störern und Torpedobooten angegriffen und stark be⸗ schossen. Die beiden Zerstörer „Dinara“ und „Scharfschütze“ und Tocpedoboot „S7“, die kurz vorher ausgelaufen waren, kehrten hierauf zum Schutze der im Hafen verankerten Handels⸗ und Transportfahrzeuge zurück. Gleichzeitig setzte auf Durazzo ein Fliegerangriff ein, an dem gegen 15 Flieger teilnahmen. Gegen 11 ½ Uhr brachen Motorboote unter dem Schutze von Zerstörern zum Angriff auf die verankerten Dampfer vor. Diesem Angriff warfen sich unsere Einheiten mit wirksamem Feuer ent⸗ gegen und wehrten ihn durch gutliegende Salven ab. Ebenso wurde um 12 Uhr ein zweiter Angriff gegen den Hafen abgewehrt, wobei es gelang, ein feindliches Motorboot zu versenken. Einem darauf folgenden Angriff der feindlichen Zerstörer wurde durch wirksames Feuer begegnet, wobei ein gutsitzender Treffer beobachtet wurde. Inzwischen griff auch das österreichisch⸗ ungarische U⸗Boot „31“ in den Kampf ein und brachte einem englischen Kreuzer der Chathamklasse einen Treffer bei, der höchstwahrscheinlich das Schiff zum Sinken brachte, weil später nur noch drei große feindliche Kreuzer gesichtet wurden. Kurz vor 2 Uhr wandte der Feind ab und war gegen 2 ¾ Uhr außer Sicht. Der vom Feinde angerichtete Schaden an Mann und Material ist sehr gering. Von zuständiger Seite wird erklärt, daß die Feststellung des Chefs des Generalstabes der italienischen Marine, wonach amerikanische U⸗Boorjäger vor Durazzo zwei feindliche U⸗Boote versenkt hätten, vollständig unzutreffend ist. Es wurde kein U⸗Boot vetsenkt.

Literatur.

8

Der Siedler. Zeitschrift zur Pflege deutschen Geistes und guten Geschmacks im Siedlerwerk, mit Unterstützung führender Per⸗ sönlichkeiten herausgegeben von Hanns Horst Kreisel. 1. Jahrgang, 2. Hest. Verlag von Oskar Laube, Dresden. Bezugspreis viertel⸗ jährlich 3 ℳ. Nachdem zu der wichtigen Frage der Bekämpfung der Kleinwohnungsnot und der mit ihr Hand in Hand gehenden Möbelnot Staatsbehörden und zahlreiche Gemeindeverwaltungen namentlich im Hinblick auf die Bedüurfnisse der heimkehrenden Krieger Stellung genommen und großzügige soziale Organisationen ins Leben gerufen haben, um neben Kleinwohnungen vor allem die erforder⸗ lichen Wohnungseinrichtungen zu schaffen und sicherzustellen, hat sich die hier angezeigte neue Monassschrift die Aufgabe gestellt, über diese Maßnahmen eingehend zu berichten und gleichzeitig vorbildliche Ent⸗ würfe von „Kriegermöbeln“ und einfachem, gutem Hausgerät zu ver⸗ öffentlichen. Es ist ja das Erfreuliche an dieser „Kriegermöbel⸗ fürsorge⸗Arbeit“, daß man bestrebt ist, den guten Geschmack bei der Auswahl und dem Verkauf der Möbel für Kleinwohnungen geltend zu machen. Im Augustheft (Preis 1 ℳ) dieser Zeitschrift veröffentlicht der Architekt, Dipl.⸗Ing. Erich Leyser⸗ Berlin, der Leiter der gemeinnützigen Gesellschaft „Haus⸗ nat“, Beschaffungsstelle von Möbeln für Minderbemittelte in EGroß Berlin und der Provinz Brandenburg, auf Grund seiner Er⸗ fahrungen eine beachtenswerte Arbeit über „die praktische Wirksamkeit gememnnütziger Organisationen auf dem Gebiet der Möbelbeschaffung“ und ergänzt seine Ausführungen durch Abbildungen ausgestellter Möbel der genannten gemeinnützigen Gesellschaft. Auch die anderen Beiträge des Heftes „Zum Siedlerwerk in Kurland“, „Sparsame Bauweise“, „Kriegermöbelfürsorge“ usw. sind lesenswert.

Fliegerschule. Was muß ich wissen, wenn ich Flieger werden will? Ein Lehr⸗ und Handbuch für den Flugschüler von Heinz Erblich, Ingenieur und Flugzeugführer. Drinte völlig neubearbeitete Auflage. 170 Seiten mit 140 Abbi dungen. Berlin, Verlag von Richard Karl Schmidt u. Co. Preis geb. 3,60 und 20 % (70 ₰) Teue⸗ nungszuschlag. Der vor Jahren im Nahmen der „Autotechnischen Bibliothek“ des genannten Verlags unter dem Titel „Fliegerschule“ erschienene Band ist vom Verfasser völlig umgearbeitet und in zwei selbständige, wenn auch eng miteinander zusammenhängende Baͤnde zerlegt worden, die der neuen Sammlung „Flugtechnische Bibliothek“ eingefügt sind. Der jetzt unter dem alten Titel „Flieger⸗ schule“ herausgegebene Band (Nr. 4 der „Flugtechnischen Bibliothek“) bietet eine Einführung m das Wesen der Flugmaschine und ihrer wesentlichsten Teile, während ein kürzlich erschienener Band (Nr. 5) der gleichen Sammlung die eigentliche Ausbildung zum Flug⸗ zeugführer behandelt. Dem Verfasser standen für seine Dar⸗ stellungen zahlreiche praktische Erfahrungen zu Gebote, die er als Flugzeugführer und Fluglehrer im Laufe der Jahre zu sammeln Ge⸗ legenheit hatte. 8

8

Land⸗ und Forstwirtschaft.

Einen Kriegslehrgang für Landfrauen,

den fünften, veranstaltet in der Zeit vom 12. bis 14. November d. J. die Zentrale der deutschen Landfrauen, die alle in Deutsch⸗ land auf dem Lande arbeitenden Frauenverbände (Vaterländischer Frauenverein, Deutsch⸗Evangelischer Frauenbund, Katholischer Frauen⸗ bund, Reichsverband der landwirtschaftlichen Hausfrauenvereine usw.) umfaßt und somit die Vertretung von Millionen von Landfrauen darstellt. Die Einrichtung dieser Lehrgänge hat sich in den ver⸗ gangenen Kriegsjahren außerordentlich bewährt. Das Ziel, das die Veranstalter mit ihr verfolgten, ist durchaus erreicht worden. Hunderte von Frauen haben die Kenntnisse, die sie sich in den Lehrgängen an⸗ eigneten, durch zahlreiche Vorträge auf den Landfrauentagen und Familien⸗ abenden in ihren ländlichen Bezirken weiter gegeben und dadurch roße Schichten der Bevölkerung über wichtige Ernährungs⸗ ragen, über die Notwendigkeit einer planmäßigen Steigerung der Erzeugung und einer zweckmäßigen Verwendung der Produkte auf⸗ geklärt. In dem diesjährigen Lehrgange sollen unter dem Gesichts⸗ punkte, daß viele Landfrauen in Abwesenheit ihrer Männer gezwungen find, die Wirtschaftsführung selbst in die Hand zu nehmen, folgende Fragen behandelt werden: „die Anpassung unserer Feldbestellungs⸗ pläne an die Bedürfnisse der Zeit mit Berücksichtigung des Futter⸗ mangels“, „der Fenffish der 5bE1“ auf die landwirtschaft⸗ lichen Betriebe“, „Ergebnisse neuerer Fütterungsversuche“, „Er⸗ leichterung der Betriebsführung durch landliche Genossenschaften“. Ueber allgemein volkswirtschastliche Fragen sollen die Landfrauen ferner durch folgende Vorträge belehrt werden: „Deutschlands Roh⸗ stoffwirtschaft während des Krieges“, „In welcher Weise kann die Landbevölkerung zur Deckung des Rohstoffbedarfs beitragen?“, „Der Geldbedarf des Reichs und seine Deckung“, „Die Bedeutung der Rückwanderer für die deutsche Landwirtschaft“. Schließlich sollen durch einige weitere Vorträge der vaterländische Geist der Landfrauen und ihr Wille zum Durchhalten gestärkt werden. Für die einzelnen Vorträge sind Persönlichkeiten gewonnen worden, die in wissenschaft⸗ licher beziehungsweise praktischer Hinsicht zu den ersten Kennern der betreffenden Gebiete gehören. Anmeldungen zur Beteiligung am Lehrgange sind an die Zentrale der deutschen Landfrauen, Berlin W. 9, Königgrätzer Straße 19 II, zu richten. ö

Nach dem „Journal des Dobats- hat sich die Lage der französischen Landwirtschaft mit der Zeit sehr ver⸗ schlechtert. Die Produktion von Getreide, Fleisch, Zucker,

¹ Epiritus und Milch zeige eine stetige Abnahme.

Abnahme. Man müsse von ewer erusten Krise cden. Die großte Schwierigkeit liege in der Be⸗ chaffung ausreichender Düngemittel. 8

Verkehrswesen.

Wegen Verkehrsschwierigkeiten auf dem Balkan ist die An⸗ nabme von Paketen nach Bulgarien und der Türkei vor⸗ übergehend gesperrt worden.

Privattelegramme nach Bulgarien weiteres nicht angenommen werden.

können bis auf

Die Vorschriften über den Postverkehr mit der Ukraine getten auch für den zur Ukraine gehörenden festländischen Teil des früheren russischen Gouvernements Taurien.

Theater und Musik.

8 Komödienhaus. ““ „Die tanzende Nymphe“, ein Lustspiel in drei Akten von R. Schanzer und E. Welisch, fand bei der Erstaufführung am Sonnabend im Komödienhause eine recht freundliche Auf⸗ nahme. Es behandelt mit einigen Ansätzen zur Satire mehr schwank⸗ als lustspielmäßig den auf geschickter Reklame aufgebauten Schwindel, der von erfindungsreichen Agenten in der Großstadt mit der Kunst getrieben wird. Solch ein Agent ist Maximilian Limburger, Geschäftsführer der Tanzschule Karyatidis, deren erste Tänzerin vertragsbrüchig geworden ist und schnell durch eine andere Persönlichkeit ersetzt werden muß. Diese glaubt Limburger in Hannelore Kirchmayer, einem jungen Mädchen aus der Provinz, gefunden zu haben, das den Beruf zur Tänzerin in sich fühlend, dem Elternhause entfloh, um sich der Kunst zu widmen. Unter dem klangvollen Namen Numa Pompilia soll nach eifrigem Rühren der Reklametrommel auf einem großen Wohltätigkeitsfest ihr Nuf als Tänzerin gegründet werden. Daß ein braver Ingenieur aus ihrer Heimatstadt, der sie liebt, schließlich zu hrem Retter aus den unsauberen Händen des gewissenlosen Unternehmers werden muß, ist schon von Anfang unschwer zu er⸗ raten. Von einigen mertbaren Längen im zweiten Akt ab⸗ gesehen, fließt die Handlung ganz unterhalt am zu erstrebten Ziele hin. Unterhaltsam sind vor allem das Beiwerk und die Exisodenrollen, unter diesen besonders der Tanzmeister Karypatidis, der unter fremdländischer Aussprache und Manier seine bayerische Herkunft zu verschleiern sucht, ferner Hedi Plettke, eine ganz unbegabte Tanz⸗ schülerin, die nur darauf aus ist, ein häusliches Glück zu begründen und dieses schließlich an der Seite eines schwach köpfigen Prinzen findet. Gute Darstellung und flottes Zusammen⸗ spiel halfen den Erfolg erringen. Als Geschäftsführer Lim⸗ burger hatte Eugen Burg Gelegenheit, seine angenehme Bühnen⸗ gewandtheit von der wirksamsten Seite zu zeigen, und Erika Gläßner stellte als weltunerfahrene Hannelore Kirchmayer ein liebenswürdigheiteres Provinzmädchen von urwüchsigem Wesen auf die Bühne. Das falsche Ausländertum und die echte Eleganz des Tanzkünstlers Karyatidis traten bei Ernst Pröckl glaubhaft in die Erscheinung, und mit äußerst komisch wirkendem Phlegma stattete Grete Diercks die Hedi Plettke aus. Um die anderen Rollen machten sich die Damen Engl, Woerner und Lehndorff, die Herren Birron, Schünzel und Hasken verdient. 3

Im Dom veranstaltet der Königliche Hof⸗ und Domorganist Walter Fischer am nächsten Donnerstag, Abends 8 Uhr, ein Orgelkonzert, bei dem Lisa Dinge⸗Schenk (Sopran), Paula Werner⸗Jensen (Alt) und Ch. Lubowiski (Violine) mitwirken. Der Eintritt ist gegen Entnahme eines Programms gestattet.

Handel und Gewerbe.

Die Roheinnahmen der Canada⸗Pa eifie⸗Eisen⸗ bahn betrugen laut „W. T. B.“ in der 4. Septemberwoche 4 210 000 Dollar (579 000 Dollar mehr als im Vorjahre).

Paris, 3. Oktober. (W. T. B.) Bankausweis. Gold in den Kassen 3 401 521 000 (gegen die Vorwoche Zun. 749 000) Fr., Gold im Ausland 2 037 108 000 (unverändert) Fr., Barvorrat in Silber 319 809 000 (Abn. 755 000) Fr., Guthaben beim amerikanischen Staatsschatz 1 036 000 C00 (unverändert) Fr., Guthaben im Ausland 1 540 155 000 (Zun. 524 000) Fr., vom Moratorium nicht be⸗ troffene Wechsel 902 103 000 (Zun. 50 831 000) sr⸗ gestundete Wechsel 1 058 039 000 (Abn. 1 187 000) Fr., Vorschüsse auf Wertpapiere 831 567 000 (Zun. 12 982 000) Fr, Vorchüsse an den Staat 18 500 000 000 (Zun. 300 000 000) Fr., Vorschüsse an Verbündete 3 485 000 000 (Zun. 10 000 000) Fr., Notenumlauf 30 225 175 000 (Zun. 302 801 000) Fr., Schatzguthaben 76 040 000 (Abn. 481 445 000) Fr., Privatguthaben 3 029 352 000 (Abn. 77 507 000) Fr.

Brüssel, 5. Oktober. (W. T. B.) Ausweis des Noten⸗ departements der Société Générale de Belgique vom 3. Oktober (in Klammern vom 26 September). Anlagen. Metallbestand und deutsches Geld 55 323 562 (56 288 350) Fr., Guthaben im Auslande 1 089 457 208 (1 089 490 g. Fr., Darlehen gegen Guthaben im Auslande 100 011 469 (99 981 949) Fr., Darlehen gegen Schatzscheine der belgischen Provinzen Gees⸗ Artikel 6 Ziffer 7 der Vorschriften) 480 000 000 (480 000 000) Fr., Wechsel und Schecks auf belgische Plätze 92 978 306 (99 470 370) 8— Darlehen gegen inländische Wertpapiere 2 308 256 (2 312 756) Fr., sonstige Anlagen 35 572 614 (35 567 086) Fr., zusammen 1 855 651 415 98 110 519) Fr. Verpflichtungen. Betrag der umlaufenden Noten 1 452 612 102 (1 452 947 989) Fr., Giroguthaben 358 317 773 (365 452 255) Fr., sonstige Verpflichtungen 44 721 540 (44 710 275) Fr., zusammen 1 855 651 415 (1 863 110 519) Fr.

Börse in Berlin (Notierungen des Börsenvorstandes)

vom 7. Oktober vom 5. Oktober für Geld Brief Geld Brief 100 Gulden 306 306 309 309 ½ 100 Kronen 186 1 188 188 Schweden 100 Kronen 210 ½ 210 212 ½ 212 Rorwegen 100 Kronen 1866 186 1888 188 ½ Helfingsfors 100 Finn. Mark 75 75 ½ 75 76 Sfnhen 100 Franken 145 ¼ 145 146 147 ien⸗ Budapest 100 Kronen 57,70 57,80 57,50 57,80 Bulgarien 100 Leva 79 79 ½ 79 79 ½ 20,70 20,60 20,70

Konstanti⸗ 100 Piaster 20,60 140 139 140

mnopel Barcelona 100 Pesetas

ee änemark

Madrid und 139

Die Börse zeigte heute bei Cröffnung eine ziemlich feste Haltung.

Im wetteren Verlaufe schwächte sich die Haltung etwas ab, aus⸗

88ge vom Kassamarkte, der mehrfache Rückgänge aufzuweisen hatte. as Geschäft war ruhig. Der Schluß war still.

dem.

V

8

von auswärtigen Wettpapiermärktag. 5. Oktober. (W. T. B.) Amtliche Notierungen der Devisenzentrale. Berlin 173,30 G., 173,60 B., Amsterdam 535,50 G., 536,50 B., Zürich 254,50 G., 255,50 B., Kopenhagen 325,75 G., 326,75 B., Stockholm 368,00 G., 369,00 B., Christiania 326,75 G., 327,75 B., Konstantinopel 35,25 G., 36,00 B., Markaoten 173,00 G.,

173,40 B.

Paris, 5. Oktober. (W. T. B.) 5 % Französische Anleihe 88,35, 3 % Französische Rente 62,00, 4 % Span. äußere Anleibe 5 % Russen von 1906 63,25, 3 % Russen von 1896 41,00, Türken unif. 73,50, Suez⸗Kanal 5600, Rio Tinto 1925. Umsterdam, 5. Oktober. (W. T. B.) Eröffnung fest, flauer, Wechsel auf Berlin 33,45. Wechsel auf Wien 19,00, Wechse auf Schweiz 47,60, Wechsel auf Kopenhagen 63,00, Wechsel auf Stockholm 69,25, Wechsel auf New York —,—, Wechsel auf London 10,48, Wechsel auf Paris 40,30. 4 ½ % Niederländische Staats⸗ anleihe 89¼, Obl. 3 % Niederländ. W. S. 67 8, Königl. Niederländ. Petroleum 558, Holland⸗Amerika⸗Linie 431,50, Niederländisch⸗Indische Handelsbank 198,50, Atchison, Topeka u. Santa 189, Rock Island —, Southern Pacific 81 ½, Southern Railway 25 ½, Union Pacific 128 ½, Anaconda 143,50, United States Steel Corp. 97 ⅞, Französisch⸗Englische Anleihe —, Hamburg⸗Amerika⸗Linie —. b

Kopenhagen, 5. Oktober. (W. T. B.) Sichtwechsel auf Hamburg 52,25, do. auf Amsterdam 160,00, do. auf London 16,88, do. auf Paris 65,00.

Stockholm, 5. Oktober. (W. T. B.) Sichtwechsel auf Berlin 47,00, do. auf Amsterdam 146,00, do. auf schweizer. Plätze 69,00, do. auf London 15,40, do. auf Paris 59,25.

New York, 5. Oktober. (W. T. B.) (Schluß.) Die Effektenbörse bekundete bei Eröffnung des Verkehrs noch unsichere Haltung, doch überwog im weiteren Verlaufe das Angebot. An⸗ schaffungen, die namentlich Eisenbahnwerte zum Gegenstand hatten, führten späterhin zu einer vorübergehenden Erholung der Kurse, doch vollzog sich der Schlußverkehr unter dem Druck von Abgaben vorwiegend in matter Stimmung. Im allgemeinen hielten sich die Kursverände⸗ rungen in engen Grenzen. Der Aktienumsatz belief sich auf 210 000 Stück. Geld: Nominell. Geld auf 24 Stunden Purchschnittssatz nom., Geld auf 24 Stunden letztes Darlehen nom., Wechsel auf London (60 Tage) 4,73,00, Cable Transfers 4,76,55, Wechsel auf Paris auf Sicht 5,47,50, Silber in Barren 101 ½, 3 % Northern Pacific Bonds —, 4 % Verein. Staaten Bonds 1925 —, Atchison, Topeka u. Santa 86 ½, Baltimore u. Ohio 53 ⅜, Canadian Pacific 169 ⅛, Chesapeake u. Ohio 59 ⅜, Chicago, Milwaukee u. St. Paul 46 ½ Denver u. Rio Grande 4 ½, Illinois Central 95 ½, Louisville u. Nasbville 115, New York Central 74, Norfolk u. Western 104, Pennsylvania 43 ⅞, Reading 88, Southern Pacisic 87, Union Pacific 126 ½, Anaconda Copper Mining 69 8, United States Steel Corporation 108 ¼, do. pref. 110 ⅜.

Berichte Wien,

7 4 %

Beriichte von auswärtigen Warenmärkten.

Liverpool, 6. September. (W. T. B.) Baumwolle. Amtliche Notierungen. Americ. ordinary 21,48, do. good ord. 22,01, do. fully good ord. 22,90, do. low middl. 23,53, do. fully low middl. 24,06, do. middling 24,58, do. fully middling 24,95, do. good middling 25,21, do. fully good middling 25,47, do. middling fair 25,89, Pernam fair 30,22, do. good fair 31,22, Ceara fair 30,22, do. good fair 31,22, Egyptian brown fair 22,94, do. good fair 25,57, do. fully good fair 27,31, do. good 29,33, M. G. Broach good 24,75, do. fine 25,25, Omra Nr. 1 good 21,50, do. fully good 22,25, do. fine 22,75, Scinde & Bengal good 19,13, do. fine 20,38,

Tinnivelly good 25,50.

Liverpool, 4. Oktober. (W. T. B.) Baumwolle. Umsatz 4000 Ballen, Einfuhr 900 Ballen, davon 900 Ballen ameri⸗ kanische Baumwolle. Für Oktober 23,12, für November 22,72.

Texas 24, Brasilianische 91, Indische, ausgenommen Seinde,

25 Punkte niedriger.

Manchester, 4. Oktober. (W. T. B.) Garne: 30 er Water twist kurante Qualität (Hindley) 53 Pence. Tücher: Printers 31 er 125 Yards 17 17 89.

New York, 4. Oktober. (W. T. B.) Baumwoll⸗Wochen⸗ bericht. Zufuhren in allen Unionshäfen 163 000, Ausfuhr nach Großbritannien 11 000, Ausfuhr nach dem Kontinent 31 000, Vorräte im Innern 825 000.

New York, 5. Oktober. (W. T. B.) (Schluß.) Baumwolle loko middling 33,10, do. für Oktober 31,85, do. für November 31,45, do. für Dezember 31,35, New Orleans loko middling 32,75, Petroleum refined (in Cases) 19,25, do. Stand. white in New York 15,50, do. in tanks 8,25, do. Credit Balances et Oil City 4,00, Schmalz prime Western 27,52, do. Rohe u. Brothers 28,75, Zucker Zentri⸗ fugal 7,28, Weizen Winter 237 ½, Mehl Spring⸗Wheat clears 10,75 11,25, Getreidefracht nach Lverpool nom., Kaffee Rio Nr. 7 loko 9 ⅞, do. für Oktober 8,50, do. für Dezember 8,80, do. für Januar 8,̃95.

Rio de Janeiro, 3. Oktober. (W. T. B.) Kaffee. Zu⸗ fuhren: In Rio 8000 Sack, in Santos 45 000 Sack.

Theater.

Königliche Schauspiele. Dienstag: Opernhaus. 211. Dauer⸗ bezugsvorstellung. Dienst⸗ und Freiplätze sind aufgehoben. Die Meistersinger von Nürnberg. Oper in drei Akten von Richard Wagner. Musikalische Leitung: Herr Kapellmeister Dr. Stiedry. Spielleitung: Herr Bachmann. Chöre: Herr Professor Rüdel. Anfang 6 ½ Uhr.

Schauspielhaus. 212. Dauerbezugsvorstellung. Dienst⸗ und Freiplätze sind aufgehoben. Meine Frau, die Hofschauspielerin. Lustspiel in drei Akten von Alfred Möller und Lothar Sachs. Spielleitung: Herr Oberspielleiter Patry. Anfang 7 ½ Uhr.

Mittwoch: Opernhaus. 212. Dauerbezugsvorstellung. Der Evangelimann. Musikalisches Schauspiel in zwei Aufzügen, nach einer von Dr. Leopold Florian Meißner erzählten wahren Begeben⸗ heit, von Wilhelm Kienzl. Anfang 7 ½ Uhr.

Schauspielhaus. 213. Dauerbezugsvorstellung. Freiplätze sind aufgehoben. Peer Gynt von Henrik Ibsen. (In zehn Bildern.) In freier Uebertragung für die deutsche Bühne gestaltet von Dietrich Eckart. Musik von Edward Griea. Anfang 6 ½ Uhr.

Dienst⸗ und

Familiennachrichten.

Verlobt: Frl. Marga Drews mit Hrn Eduard von Below (Lübeck). Verw. Fr. Hertha von Rochow, geb. von dem Hagen, mit Hrn. Rittmeister Harry von Rochow (Gollwitz a. Havel —Reckahn). 8 1

Gestorben: Hr. Senatspräsident Dr. Heinrich Sievers (Leipzig). Hr. Oberst z. D. Wilhelm von Knudson (Essen).

Verantwortlicher Schriftleiter: Direktor Dr. Tyrol, Charlottenburs. Verantwortlich für den W Der Vorsteher der Geschäftsstelle, Rechnungsrat Mengering in Berlin. Verlag der Geschäftsstelle (Mengering) in Berlin. Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagsanstalt. G“ Berlin, Wilhelmstraße 32. 1

Sieben Beilagen.

8

Deutschen Reitsange

1.“

I N/

..—

st e

Famm

Berlin, Montag, den 7. Oktober

iger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.

1918.

Sitzung vom nachm. 5 Uhr.

Sitzung vom 5. Oktober 1918. 8

G(ericht von Wolffs telegrarhischem Bureau.) 3

Am Bundesratstische: Der Reichskanzler Seine Groß⸗ herzogliche Hoheit Prinz Max von Baden, der Stellvertreter des Reichskanzlers, Wirklicher Geheimer Rat von Payer, der Vizepräsident des Staatsministeriums, Staatsminister Dr. Friedberg, die Staatsminister, Kriegsminister von Stein, Staatssekretär des Reichsschatz⸗ amts Graf von Roedern und Minister des Innern Dr. Drews, der Staatssekretär des Reichskolonialamts Dr. Solff, der Staatssekretär des Reichspostamts Rüdlin und der Staatssekretär des Reichsjustizamts Dr. von Krause. Der Präsident Fehrenbach eröffnete die Sitzung um

5 ¼ Uhr. Das Andenken des am 30. September verstorbenen Abg. Wilhelm Hirsch⸗Essen (natl.) ehrte das Haus in der üblichen

192.

Weise. Ihr Mandat haben niedergelegt die Abgg. von Bonin

(dkons.) und von Vollmar (Soz.)

Dem Generalfeldmarschall von Hindenburg hat der Prä⸗ sident aus Anlaß der fluchwürdigen Ermordung des Feld⸗ marschalls von Eichhorn die Teilnahme des Reichstages aus⸗ gedrückt, ebenso aus Anlaß des Todes des Botschafters Hakki Pascha der türkischen Botschaft.

Präsident Fehrenbach: Meine Herren! Unsere Westarmee ist nach stürmischer Offensive zur Defensive übergegangen. Dem stürmischen Andringen unserer Feinde hat unsere tapfere Armee im Westen einen Wall entgegengesetzt. Wie es den Feinden bisher nicht gelungen ist, ihn zu durchbrechen, so haben wir die Hoffnung und feste Zuversicht, daß es ihnen auch in Zukunft nicht gelingen wird, dieser Schutzwehr Herr zu werden. (Lebhaftes Bravo!) Den tapferen Kriegern gilt unser Gruß und der Dank des Vaterlandes. (Erneuter Beifall.) Im Osten haben die Armeen unserer Verbündeten, der Türkei und Bul⸗ gariens, schwere Niederlagen erlitten, Bulgarien ist aus dem Vier⸗ bunde ausgeschieden. Im Innern hat Graf Hertling die erbetene Entlassung aus dem Reichskanzleramt erhalten. In hohem Alter hat er eine politisch, Neuorientierung in die Wege zu leiten gesucht. Schwierigkeiten sind auch ihm nicht erspart geblieben. Aber hoch soll es seiner politischen Weisheit und seinem vaterländischen Sinne angerechnet werden, daß er die neuen Waoge, die er selbst nicht mehr gehen konnte, anriet und ebnete. (Bravo!) Seinen vornehmen Sinn, sein liebenswürdiges Wesen, seine abgeklärte Weisheit, sein hohes Pflichtgefühl wird der Reichstag und das deutsche Volk anerkennen und ihm selbst ein treues und dankbares Angedenken berwahren. (Leb⸗ hafter Beifall.) Vor uns steht in marmigfacher Veränderung eine neue Regierung, an ihrer Spitze als Kanzler Seine Großherzogliche Hoheit der Prinz Mar von Baden. Sie werden es mir nicht ver⸗ denken, wenn ich, der Mann aus dem badischen Volke auf dem Prä⸗ sidentenstuhl, den Sproß des badischen Fürstenhauses auf dem Kanzle⸗ platz besonders warme heimatliche Gefühle der Genugtuung und Freude ausspreche. Im Landeo Baden hat der Onkel unseres neuen Reichs⸗ kanzlers das Wort gesprochen, daß er keinen Gegensatz kenre zwischen Fürsten⸗ und Volksrechten, und in einem anderen deutschen Staate ist der gleicke Gedanke in die Worte gefaßt worden, daß den Oberste im Staate fein erster Diener sein müsse. Von der neuen Regierung hoffen wir zuversichtlich, daß sie in immer engerer Füblungnahme mit dem Volke und nur bedacht auf das Wohl des Volkes ihres hohen und sckwierigen Amtes walten möge. (Bravo!) Eine neue Zeit ist im polotischen Leben des deutschen Volkes angebrochen. Von den Leistungen dieser neuen Zeit erhoffen wir eine versöhnende und klärende Wirkung. (Bravo!) Ihre Geburtsstätte ist ihr beiligster Boden auf den Schlachtfeldern und in den Schützengräben, auf der heimischen Arbeitsstätte, wo jeder Deutsche ohne Unterschied alles Gut und Blut daransetzt für des Vaterlandes Wohl. (Lebhafter Beifall.) Meine

Herren, der Nams des neuen Kanzlers hat einen guten Klang in der

ganzen Welt, seine freibeitliche Gesimmung, sein Ansehen, sein Ver⸗ trauen auf die Menschheit, die er auch während der vier fürchterlichen Kriegsjahre nicht verloren hat, sind solide Grundlagen, für seine künftige Wirksamkeit. (Bravo!) Den Schwergeprüften dieser Kriegs⸗ jahre, den Verwundeten und Gefangenen ist er in warmer Anteilnahme vielfach nabegetreten und hat sich dadurch nicht bloß den Dank des deutschen Volkes, sondern auch den Dank bei den Feinden erworben. Das möge auch seinem auf den Frieden und die Versöhnuna der Nölker gerichteten Streben förderlich sein. Möge Gottes Schutz auch auf der Arbeit der neuen Regierung und des Reichstages ruhen. Eeb⸗ hafter Beifall.)

Rieichskanzler Prinz Max von Baden:

Meine Herren! Gemäß dem Kaiserlichen Erlaß vom 30. Sep⸗ tember hat das Deutsche Reich eine grundlegende Umgestaltung seiner politischen Leitung erfahren. Als Nachfolger des um sein Vaterland aufs höchste verdienten Grafen von Hertling bin ich von Seiner Majestät dem Kaiser an die Spitze der neuen Regierung berufen worden. Es enspricht dem Wesen der nunmehr bei uns eingeführten Regierungsweise, daß ich dem Reichstage ohne Verzug vor der Oeffentlichkeit die Grund⸗ sätze darlege, nach denen ich mein verantwortungsschweres Amt zu führen gedenke. Diese Grundsätze sind, bevor ich mich zu der gebernahme der Kanzlergeschäfte entschloß, im Einvernehmen mit den verbündeten Regierungen und mit den Führern der Mehr⸗ heitsparteien dieses hohen Hauses festgelegt worden. Sie enthalten mithin nicht nur mein eigenes politisches Bekenntnis, sondern auch das des weit überwiegenden Teiles der deutschen Volksver⸗ tretung, alfo der deutschen Nation, die den Reichstag auf Grund des allgemeinen, gleichen und geheimen Wahlrechts nach ihrem Wuns che zusammengesetzt hat.

Nur die Tatsache, daß ich die Ueberzeugung und den Willen der Mehrheit des Volkes hinter mir weiß, hat mir die Kraft gegeben, in der schweren und ernsten Zeit, die wir miteinander erleben, die Leitung der Reichsgeschäfte auf mich zu nehmen. Die Schultern eines einzelnen wären zu schwach, um allein die ungeheure Verant⸗ wortung tragen zu können, die der Regierung in der Gegenwart zufällt. Nur wenn das Volk an der Bestimmung seiner Geschicke im weitesten Umfange tätigen Anteil nimmt, die Verantwortlichkeit sich also mit auf die Mehrheit seiner frei erwählten politischen

*) Ohne Gewähr, mit Ausnahme der Reden der Minister und

Führer erstreckt, kann der leitende Staatsmann seinen Anteil an ihr im Dienste des Volkes und Vaterlandes mit Zuversicht über⸗ nehmen. (Bravo! und Sehr richtig! links.)

Der Entschluß, dies zu tun, ist mir besonders dadurch erleichtert worden, daß in der neuen Regierung auch maßgebende Vertrauens⸗ männer der Arbeiterschaft zu den höchsten Aemtern im Reiche gelangt sind. Beifall links.) Ich sehe darin die sichere Bürgschaft dafür, daß die neue Regierung von dem festen Vertrauen der breiten Massen des Volkes getragen ist (erneuter Beifall), ohne dessen überzeugungstreue Gefolgschaft ihr ganzes Handeln von vormherein zum Mißlingen ver⸗ urteilt wäre. (Lebhafter Beifall links.)

Was ich heute hier ausspreche, sage ich also nicht nur in meinem Namen und in dem meiner amtlichen Mitarbeiter, sondern auch im Namen des deutschen Volkes.

Das Programm der Mehrheitsparteien, auf die ich mich stütze, enthält zunächst ein Bekenntnis zu der Antwort der früheren Reichsregierung auf die Note des Papstes vom 1. August 1917 und die bedingungslose Zustimmung zu der Entschließung des Reichstages vom 19. Juli desselben Jahres. (Bravo! bei den Sozialdemokraten.) Es bekundet ferner die Bereitwilligkeit, sich einem allgemeinen Bunde der Völker auf Grund der Gleichberechtigung aller, also der Starken und Schwachen, anzuschließen. (Beifall links.)

Die Lösung der vielumstrittenen belgischen Frage sieht es in der völligen Wiederherstellung Belgiens, insbesondere seiner Unab⸗ hängigkeit und seines Gebietsumfanges. Auch eine Verständigung über die Entschädigungsfrage soll angestrebt werden.

Die bisher geschlossenen Friedensvertrage will das Pro⸗ gramm zu keinem Hindernis für den allgemeinen Friedensschluß werden lassen. Es strebt im besonderen an, daß sich in den baltischen Ländern, in Litauen und Polen alsbald auf breiter Grundlage Volksvertretungen bilden. Das Zustandekommen der dazu nötigen Voraussetzungen wollen wir ohne Verzug durch die Einführung von Zivilverwaltungen fördern. Ihre Verfassung und ihre Beziehungen zu den Nachbarvölkern sollen jene Gebiete selbständig regeln. (Bravol links.)

In der inneren Politik habe ich durch die Methode, in der sich die Regierungsbildung vollzog, klare und feste Stellung genommen. Auf meinen Vorschlag sind die Führer der Mehrheitsparteien zu meinen unmittelbaren Ratgebern berufen worden.

Meine Herren, ich war der Ueberzeugung, daß die Einheitlichkeit der Reichsleitung nicht nur gewährleistet werden sollte durch die bloß schematische Parteizugehörigkeit der einzelnen Regierungsmitglieder, sondern ich hielt für fast noch wichtiger die Einheitlichkeit der Ge⸗ sinnung. (Beifall links.) Von diesem Gesichtspunkte bin ich aus⸗ gegangen, auch bei der Wahl meiner Mitarbeiter, die nicht dem Parla⸗ ment angehören. Ich habe das größte Genvicht darauf gelegt, daß die Mitglieder der neuen Reichsleitung auf dem Standpunkt des Rechts⸗ friedens stehen (Bravol), unabhängig von der Kriegslage, daß sie sich zu diesem Standpunkt auch öffentlich bekannt haben in einem Zeit⸗ punkt, da wir auf dem Höhepunkt unserer militärischen Erfolge standen. (Sehr richtig! links.)

Meine Herren, ich bin überzeugt, daß die Art, in der jetzt die Reichsleitung unter Mitwirkung des Reichstages gebildet worden ist, nicht etwas Vorübergebendes darstellt, und daß im Frieden eine Re⸗ gierung nicht wieder gebildet werden kann, die sich nicht stützt auf den Reichstag und die nicht aus ihm führende Männer entnimmt. (Bravo! links.) Der Krieg hat uns über das alte, vielfach zerrissene Parteileben hinausgeführt, das es so sehr erschwerte, einen einheitlichen, ent⸗ schlossenen politischen Willen zur Durchführung zu bringen. Mehr⸗ heitsbildung heißt politische Willensbildung, und ein unbestreitbares Ergebnis des Krieges ist, daß in Deutschland zum ersten Male große Parteien sich zu einem festen, einheitlichen Programm zusammen⸗ geschlossen haben und damit in die Lage gekommen sind, das Schicksal des Volkes von sich aus mitzubestimmen. Dieser Gedanke wird nie⸗ mals erlöschen, diese Entwicklung niemals rückgängig gemacht werden. (Bravol links.) Dabei vertraue ich, daß, solange Deutschlands Geschick von Gefahren umbrandet ist, auch die außerhalb der Mehrheit stehenden Volkskreise und deren Vertreter, die nicht der Reichsleitung angehören, alles Trennende zurückzustellen und dem Vaterlande geben, was ihm heute gebührt. (Lebhaftes Bravol links.)

Diese Entwicklung macht eine Aenderung unserer verfassungs⸗ rechtlichen Vorschriften im Sinne des Kaiserlichen Erlasses vom 30. September erforderlich, die es ermöglicht, daß diejenigen Mit⸗ glieder des Reichstages, die in die Reichsleitung eintreten, ihren Sitz im Reichstage behalten. (Bravol links.) Eine ontsprechende Vorlage ist dem Bundesrate zugegangen und wird Ihrer Beschluß⸗ fassung unverzüglich unterbreitet werden. (Bravo! links.)

Meine Herren, bleiben wir eingedenk der Worte, die der Kaiser am 4. August 1914 gesprochen, und die ich im Dezember vorigen Jahres in Karlsruhe in die Worte fassen durfte: „Wohl gibt es Parteien, aber es sind alles Deutsche.“ (Bravol links.) Unter dem Zeichen dieses Kaiserwortes muß sich auch die politische Ent⸗ wicklung in dem führenden deutschen Bundesstaat, Preußen, voll⸗ ziehen und die Botschaften des Königs von Preußen, die das demo⸗ kratische Wahlrecht versprechen, schnell und restlos erfüllt werden. (Lebhaftes Bravol links.) Die preußische Wahlrechtsfrage ist bei der überragenden Stellung Preußens eine deutsche Frage (lebhafte Zu⸗ stimmung links), und ich zweifle nicht, daß auch die Bundesstaaten, die in der Entwicklung ihrer verfassungsmäßigen Zustände noch zurück⸗ stehen, dem preußischen Beispiele entschlossen folgen werden. (Bravo! links.) Dabei halte ich unerschütterlich fest an den föderativen Grund⸗ lagen des Reiches als eines Bundesstaates, dessen einzelne Glieder ihr inneres Verfassungsleben in voller Selbständigkeit bestimmen, ein Recht, auf das auch Elsaß⸗Lothringen vollen Anspruch hat. (Bravo! links.) Die Selbständigkeit und Vielfältigkeit des Lebens in den einzelnen Bundesstaaten, das enge, treue Verhältnis, das jeden Deut⸗ schen mit seiner Heimat und seinem Landesherrn verbindet, sind die Quellen, aus denen die unbeschreibliche Kraft, die Vaterlandsliebe und Opferfreudigkeit des deutschen Volkes während des ganzen

1X“

Krieges geflossen sind. Durch die ganze Kriegszeit haben sich die Klagen hindurchgezogen über die Handhabung des Belagerungszustandes. Sie haben trennend und verbitternd gewirkt und die freudige Mitarbeit an den schweren Aufgaben der Kriegszeit gehemmt. (Sehr richtig! links.) Bis auf weiteres können, wie das Beispiel aller krieg⸗ führenden Staaten lehrt, die außerordentlichen Machtbefugnisse nicht entbehrt werden, die der Belagerungszustand verleiht. Aber es muß ein enges Verhältnis zwischen den Militär⸗ und Zivilbehörden her⸗ gestellt werden (Zurufe links), das es ermöglicht, daß in allen nicht rein militärischen Angelegenheiten, also besonders auf dem Gebiete der Zensur, des Vereins⸗ und Versammlungswesens, die G sichtspunkt⸗ der zivilen Verwaltungsbehörden maßgebend zur Geltung kommen, und daß die Entscheidung letzten Endes unter die Verantwortlichkeit des Reichskanglers gestellt wirr. (Bravo!l links.) Zu diesem Zwecke wird ein Befehl des Kaisers an die Militärbefehlshaber ergehen und die Kaiserliche Verordnung vom 4. Dezember 1916 unverzüglich ent⸗ sprechend ausgebaut werden.

Mit dem 30. September 1918, dem Tage des Kaiserlichen Er⸗ lasses, beginnt eine neue Epoche in Deutschländs innerer Geschichte. (Bravo! links.) Die innere Politik, die damit in ihren Grundzüzen vor⸗ gezeichnet ist, ist von entscheidender Bedeutung für die Frage über Krieg und Frieden. Die Stoßkraft, die die Regierung in ihren Be⸗ strebungen um den Frieden hat, hängt davon ab, daß hinter ihr ein einheitlicher und fester, unerschütterlicher Volkswille steht. (Sehr richtig! links.) Nur wenn die Feinde fühlen, das deutsche Volk steht geschlossen hinter seinen verantwortlichen Staatsmännern, nur dann können Worte zu Taten werden. (Bravo!)

Die deutsche Regierung wird bei den Friedensverhand⸗ lungen dahin wirken, daß in die Verträge Vorschriften über Arbeiterschutz und Arbeiterversicherung aufgenommen werden, welche die vertragschließenden Regierungen verpflichten, in ihren Ländern binnen einer angemessenen Frist ein Mindestmaß gleich⸗ artiger oder doch gleichwertiger Einrichtungen zur Sicherung von Leben und Gesundheit, sowie zur Versorgung der Arbeiter bei Krank⸗ heit, Unfall und Invalidität zu treffen. Ich rechne bei der Vor⸗ bereitung auf den sachkundigen Rat der Arbeiterverbände sowohl wis der Unternehmer.

Solange noch deutsche Volksgenossen in Gefangenschaft sind, werde ich mich um die warme Fürsorge für ihr Wohl mit allen Kräften bemühen. (Bravo!) Auch der in unserer Gefangenschaft lebenden Feinde werde ich mich fürsorgend annehmen.

Meine Herren, ich bin überzeugt, daß dieses Programm, von dem ich nur die Grundzüge dargestellt habe, den Vergleich mit allen fremden Regierungsgrundsätzen aushält.

Noch näher auf Einzelheiten einzugehen, scheint mir heute nicht

angebracht. (Zurufe links.) Die Beratungen, die wir vor dem Zustande⸗

kommen der neuen Regierung gepflogen haben, sind zwar selbstverständlich

viel mehr in die Tiefe gegangen, als ich in meiner knappen Zusammen⸗ fassung des Wichtigsten heute hier wiederzugeben vermag. Ich glaube aber andererseits auch, daß dem hohen Hause jetzt gar nichts daran ge⸗ legen ist, meine Auffassung über Nebendinge kennen zu lernen. Das Entscheidende ist, wenn ich die Lage richtig erfasse, meine Auskunft über den allgemeinen Geist der neuen Regierümng. Denn jeder, der diesen richtig versteht, kann ohne weiteres daraus folgern, wie die Reichsleitung sich zu den schwebenden Einzelfragen stellt. Ich bin ja auch selbstverständlich gern bereit, dem Reichstag darüber bei späteren Gelegenheiten noch genaueren Aufschluß zu geben.

Von unmittelbarer Wichtigkeit sind jetzt die Folgerungen, die die neue Reichsleitung in der kurzen Zeitspanne ihres bisherigen Daseins praktisch aus der Lage, die sie vorfand, und aus der Nutzanwendung ihrer politischen Grundsätze auf diese Lage ge⸗ zogen hat.

Mehr als vier Jahre des blutigsten Ringens gegen eine Welt von zahlenmäßig überlegenen Feinden liegen hinter uns: Jahre voll schwerster Kämpfe und schmerzlichster Opfer. Ein jeder von uns trägt seine Narben, nur allzu viele sogar noch offene Wunden sei es im verborgenen Grunde der Seele oder an seinem opferbereit für die deutsche Freiheit auf dem Schlachtfelde preisgegebenen Körper. Trotzdem aber sind wir, starken Herzens und voll von zuversichtlichem Glauben an unsere Kraft, entschlossen, für unsere Ehre und Freiheit und für das Glück unserer Nachkommen auch noch schwerere Opfer zu bringen, wenn das unabänderlich ist. Mit tiefer, heißer Dankbarkeit gedenken wir unserer tapfeven Truppen, die unter glänzender Führung während des ganzen Krieges fast Ueber⸗ menschliches geleistet haben, und deren bisherige Taten sicher ver⸗ bürgen, daß unser aller Schicksal bei ihnen auch ferner in guten, zuver⸗ lässigen Händen liegt. (Bravo!)

Im Westen tobt seit Monaten eine einzige furchtbare, menschenmordende Schlacht. Dank dem unvergleichlichen Heldentum unserer Armee, das als unvergängliches Ruhmesblatt in der Ge⸗ schichte des deutschen Volkes fortleben wird für alle Zeiten, ist die Front ungebrochen. Dieses stolze Bewußtsein läßt uns mit Zuver⸗ sicht in die Zukunft sehen.

Gerade weil wir von dieser Gesinnung und Ueberzeugung beseelt sind, ist es aber auch unsere Pflicht, Gewißheit darüber herbeizu⸗ führen, daß das opfervolle blutige Ringen nicht einen einzigen Tag über den Zeitpunkt hinaus geführt wird, wo uns ein Abschluß des Krieges möglich erscheint, der unsere Ehre nicht berührt.

Ich habe deshalb auch nicht erst bis zum heutigen Tage gewartet, ehe ich handelnd zur Förderung des Friedensgedankens eingriff. Ge⸗ stützt auf das Einverständnis aller dazu berufenen Stellen im Reich und auf die Zustimmung der gemeinsam mit uns handelnden Bundesgenossen habe ich in der Nacht zum 5. Oktober durch die Vermitklung der Schweiz an den Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika eine Note gerichtet, in der ich ihn bitte, die Herbeiführung des Friedens in die Hand zu nehmen und hierzu mit allen kriegführenden Staaten in Verbindung zu treten. Die Note trifft heute oder mergen in

Washington ein

-—.—.——. -—