1918 / 275 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 21 Nov 1918 18:00:01 GMT) scan diff

Seit Abschluß des Waffenstillstandes enifällt die Voraus⸗ setzung, unter der Betriebe der Rüstungs⸗ und Er⸗ nährungsindustrie als „kriegswichtig“ zu gelten hatten. Damit ist ouch dem Fortbestehen der Verordnung, wonach Arbeiter jener Betriebe, die infolge Kohienmangels feiern nüssen, aus Reschemitteln entschädigt werden, der Boden ent⸗ zogen. Wie „Wolffs Telegraphenbüro“ mineilt, soll trotzdem die Enischädigung Arbeitern solcher Betriebe, die die Arbeit wegen Kohlenmangels vor dem 12. November 1918 eingestellt oder beschränkt haben, bis zum 25. November 1918 fortgewährt werden. Die neugeschaffene Erwerbslosenfürsorge sieht aber ausdrücklich eine besondere Regelung der Unterstützung von Arbeitern vor, die infolge voröbergehender Betriebseinstellungen oder ⸗einschränkungen Lohnausfall erleiden.

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v Die Nachrichtenstelle der Reichskanzlei teilt durch „Wolff Telegraphenbüro“ mit, daß der Vollzugsrat den Verwaltungen der öffentlichen Gebäude, Großbetrieben usw. sofort bei Ueber⸗ reichung eines schriftlichen Antrags Plakate mit dem Aufdruck: „Geschützt durch den Arbeiter⸗ und Soldaten⸗ rat“ im Abggeordnetenhause (Auskunftsstelle) zur Ver⸗

fügung stellt.

Die Soldatenräte von Dresden, Leipzig und Chemnitz protestierten kürzlich gegen die vermeintliche Auf⸗ fassung der Reichsregierung von dem Verhältnis zwischen den Soldatenräten und den bisherigen militärischen Vorgesetzten. Ueber diese Frage äußert sich nun die Reichsregierung nach einer Meldung von „W. T. B.“ aus Dresden in folgendem Telegramm an den Arbeiter⸗ und

Soldatenrat Groß Dresden: Der Protest von Leipzig, Dresden und Chemnitz gegen die Be⸗ stimmungen über Heeresdisziplin geht von der irrtümlichen Annahme aus, daß nach Ansicht der Reichsregierung Soldatenräte nur beratende Stimmen hätten. Arbeiter⸗ und Soldatenräte werden von der Re⸗ gierung als Träger des revolutionären Volkswillens und als Aufsichts⸗ stelle uͤber die gesamte Verwaltung ihres Bezirks anerkannt. Sie muß nur darauf hinweisen, daß unmittelbare Eingriffe in den Betrieb und die Verwaltung der technischen Behörden unzulässig sind, weil sonst Unordnung und Gefährdung des Volkswohles unvermeidlich sind. Jede Störung der wirtschaftlichen Organisation und der Demobili⸗ fierung würde zum schwersten Nachteil gerade des Proletariats aus⸗ schlagen, während die tätige Beihilfe der Arbeiter⸗ und Soldatenräte für die Demobilmachung von höchstem Werte ist. Aufgabe dieser Röte wird es besonders sein, die von ihren Truppenteilen getrennten Soldaten m ößter Beschleunigung ihren Ersatztruppenteilen zuzu⸗

Verpflegung. Entlöhnung und Entlassung erfolgt.

ges Ebert. Haase.. 1t

In einer gemeinschaftlichen Sitzung der Arbeiter⸗ und Soldatenräte der Marine ist, wie „W. T. B.“ aus Wilhelmshaven herichtet, am 19. d. M. folgender Beschluß gefaßt worden: 1

Von den obersten Soldatenräten der Marine der Ostsee⸗ und Nordseestation und auf der Niederelbe wird der Hauptausschuß der Marine gebildet, der zu militärischen Anordnungen für die Gesamtheit der Marine berechtigt ist und seinen Sitz in Wilhelms⸗ haven hat. Er besteht aus zwei Vertretern des obersten Soldatenrats der Ostseestation, zwei Vertretern des Arbeiter und Soidatenrats der Nordseestation und einem Vertreter des obersten Marinerats der Niederelbe. In den Bezirken der genannten Räte sind Abordnungen zu bilden, und zwar aus 24 Vertretern der Nordseestation, 20 Ver⸗ tretern der Ostseestation und 5 Vertretern der Niederelbe. Zu diesen kommen 4 Vertreter von Berlin hinzu. Die Wahl dieser Abordnungen erfolgt auf demokratischer Grundlage. Die Abordnungen treten in Berlin zufammen, kontrollieren das Reichsmarineamt und den Admiral⸗ stab und wählen dort aus ihrer Mitte fünf Kameraden als den Zentralrat der Marine. Diese fänf müssen geschulte Sozialisten aus der Zeit vor dem Kriege seiv. Alle Anordnungen des Reichsmarineamts und des Admiralstabes sind außer vom Unterstaatssekretär von einem Mitgsied des Zentralrats zu üunterzeichnen. Alle Abordnungen bilden den 53 er Ausschuß, der die täglich festzusetzenden allgemeinen An⸗ ordnungen dem Zentralrat vorlegt, der sie an die obersten Soldaten⸗ und Marineräte weitergibt. v E111“

Der Soldatenrat in Königsberg i. O⸗Pr. ver⸗ öffentlicht folgenden, von „W. T. B.“ verbreiteten Aufruf:

Bürger, Soldaten! Es ist uns zu Ohren gekommen, daß unserer bisher so glänzend durchgeführten Bewegung von einer kleinen Zahl unverantwortlicher Menschen entgegengearbeitet wird. Es sind dies diejenigen, die bisher von uns ferngehalten worden sind, weil sie das alte Regiment der Macht wieder aufrichten wollen, nur unter anderem Namen, unter anderer Farbe! Soldaten, Bürger! Ihr wißt, wofür wir Euch aufgerufen haben in diesen Tagen. Nicht die Macht soll herrschen über uns, am allerwenigsten die Macht der politischen Minderheit, soneern das Recht. Dieses Necht herbeiführen zu belfen, ist Eure heiligste Pflicht! Laßt Euch Eure gute Gesinnung nicht untergraben von diesen politischen Maulwürfen, die an den Wurzeln des jungen dentschen Stammes nagen, den wir in das deutsche Land gepflanzt. Macht sie unschädlich, indem Ihr sie mit Verachtung straft und öffentlich an den Pranger stellt. Es handelt sich in der Hauptsache um Anarchisten, die sogenannten deutschen Bolschewisten. Weos Bolschewismus bedeutet, seht Ihr an Euren armen Brüdern in Ruß and. Er be⸗ deutet den Ruin des Staats und jeder menschlichen Gesellschaft. Micht von den Grenzen unseres Vaterlands allein droht uns dieser alles niederreißende Bolschewismus, er droht uns auch aus unserer eigenen Mitte, Helft uns, diese Verräter unserer guten Sache zu entlarven, helft uns, sie unschädlich zu machen. Bürger, Soldaten! Es geht um unser eigenes Wohl, weil es um das Wohl des Staats geht. Im Auftrage des Soldatenrats: Fritz Kudnig.

Eine Abordnung des Arbeiter⸗ und Soldatenrats aus Posen wurde am 18. d. M. von dem Kriegsministe’r und dem Unaterstaatssekretär Göhre empfangen. Die Ab⸗ gebnung sprach, wi⸗; „W. T. V.“ vberichtet, die Be⸗ fürchtung aus, daß die Gründung des A. O. K.⸗Heimat⸗ schutzes Ost politische Tendenzen habe und auf die alarmierenden, zum größten Teil unmwahren Berichte aus dem Osten zurück⸗ geführt werde. Das Kriegsministerium widersprach dieser Auffassung. Es will gemeinsam mit den zuständigen Arbeiter⸗ und Soldatenräten die notwendigen Schutzmaßnahmen durchführen, die an den östlichen Grenzen Leben und Eigentum der deutschen und polnischen Bevölkerung zu schützen geeignet sind. Diese Schutzmaßnahmen waren erforderlich, weil sich Bonden aus früheren Krieasgefangenen gebildet haben, die

schutzes Ost dürste vielleicht überflüssig werden

durch den zuständigen Rat neu zu besetzen. Damit die deutsche Volks⸗

Leben und Eigenmm der Bevörkerung bedrohen. Auch dir aus den wirtschaft raich aufgebaut un

östiichen besetzten Gebieten zuruckslutenden Truppen müssen an der Grenze verpfle t nad der geordnete Abmarsch durch eführt werden.

Der Unterstaatssektetär Gohre erk ärte ferner, daß die Reichs⸗ regierung auf dem Standpunkte stehe, doß die polnische Frage allein auf dem Friedenskongreß eine alle Teile befriedigende

Lösung finden känne. Juzwischen müsse olles gelan werden, daß innerhalb der bisberigen Grenzen für alle Bewohner Sicherheit und Schutz des Lebens und Eigentums verbürgt werden

In einer Versammlung des Arbeiter⸗ und Soldatenrats in Posen, die vorgestern abend stattfand, führte der Unterstaatssekretär von Gerlach unter anderem aus, daß die Deutschen die Polenfrage als Frage der Zukunft betrachteten. Es handle sich weder um eine deutsche, noch um eine polnische Frage, sondern um eine internationale Frage, die vor dem Friedenskongreß entschteden werden müsse. Das Selbst⸗ bestimmungsrecht werde auch in bezug auf Posen gewährt werden. Keine nationale Minderheit solle unterdrückt werden. Der Gedanke der Gründung und Organisation eines Heimat⸗ Es vertrage sich jedoch nicht mit der Absicht der Regierung, daß Teile von Preußen vergewaltigt werden. Hinsichtlich der polnischen Sprache teilte der Unterstaatssekretär mit, daß die Regier ung es für selbstverständlich halte, daß sie mit als Amtssprache eingeführt werde.

In einer zahlreich besuchten Delegiertenversammlung der Arbeiter⸗ und Soldatenräte der Provinz Posen, die gestern nachmittag im Posener Rathause stattfand, wurde in scharfer Weise gegen die geplante Einrichtung eines A. O. K⸗Heimatschutzes Ost Stellung genommen.

Es wurde mebrfach darauf hingewiefen, daß dank des Zusammen⸗ wirkens der deutschen und polnischen Bevölkerung die Regierung in Stadt und Provinz Posen sichergestellt sei. Trosdem seien in der Berliner Presse Nachrichten erschienen, die die Lage in Posen als sehr gefährlich hinstellen. Es handele sich hier um eine systematische Hetzvropaganda, die den offensichtlichen Zweck verfolge, Mißtrauen zwischen Deutschen und Polen zu säen. Die Inspiration hierfür habe man unter den gefallenen Pofener Größen zu suchen. Der Heimatschutz Ost würde von Hetzern als Boden für politische Be⸗ tätigung benutzk werden. Es handele sich hier um eine Ausspielung der Polenfrage gegen die neue soziaälistische Regierung. Der Heimatschutz Ost stelle nichts anderes dar, als eine Schutztruppe der Reaktion in Posen. Es würden hier Mittel und Wege gefunden werden, die jede politische Tendenz ausschließen, die aber eine Er⸗ haltung der Ordnung sichern. Die Polen ständen auf dem Stand⸗ punkt, daß die politische Zukunft Posens nicht vorweg genommen werden könne, dies sei vielmehr Sache des Friedenskongresses. Schließlich wurde einstimmig folgende Entschließung gefaßt: „Die am 20. November im Rathanse in Posen versammelten Delegierten der Arbeiter⸗ und Soldatenräte der Provinz Posen beschließen: Die Reichsregierung wird ersucht, die unter der Bezeichnung Heimatschutz Ost geplante Maßnahme unverzüglich rückgängig zu machen, da 8 geeignet ist, Ruhe und Frieden in der Propinz Posen gußs schwerste ju gefährden. Die Arbeiter⸗ und Soldatenräte der Provinz Posen sind in der Lage, im einmütigen Zusammenwirken der bodenständigen deutschen, polnischen und jüdischen Sol⸗ daten und der übrigen Bepölkerung den vollen Schutz an den Grenzen und im Innern der Provinz zu übernehmen. Die Arbeiter⸗ und Soldalenräte der Provinz Posen erklären für den ganzen Umfang ihres Wirkens den Grundsat der Gleichberechtegung der Nationalitäten. Nationale Streingkeiten dürfen in den Arbeiter⸗ und Soldatenräten keinen Raum finden. Vertreter nationaler Minder⸗ heiten dürfen aus ihnen nicht verdrängt werden. Die Arbeiter⸗ und Soldatenrate gewährleisten jeder Nationalität die Freiheit des Wortes und des Versammlungsrechts. Sie werden sich allerorts für den Schutz der nationalen Minderheiten nachdrücklich einsetzen.“

In der vorgestern abgehaltenen Stadtverordneten⸗ versammlung von Posen gab der neue Oberbürgermeister von Drewsli eine Erklärung ab, in der er u. a. ausführte:

Ich habe das Amt unter den schwierigsten Verhältnissen über⸗ nommen. Ich zweifle aber keinen Augenblick daran, daß es uns gelingen wird, die Kluft des nationalen Gegensatzes zu über⸗ brücken. Ich gelobe Ihnen, in diesem Sinne meines Amtes zu walten. Die Verbindung zwischen Berlin und Posen ist nicht mehr so, wie sie vor der letzten Zeit war. Die Anordnungen von Berlin aus konnten nicht mit der nötigen Schnelligkeit getroffen werden. Es mußte daher eine Zwischenstation zwischen Berlin und Posen geschaffen werden. Diese Station ist das Provinzialernährungs⸗ amt, Zunächst müssen wir an unsere Provinz denken, denn wenn irgendwo Umuhen entstehen, dann ist überhaupt die Ausfuhr gestört, dann hringen wir überhaupt nichts aus der Provinz hinaus. Die bis⸗ herige Organisation hat versagt. Die amtliche Organisation der Land⸗ räte hat nicht mehr das Vertrauen der Bevölkerung, und auch die Soldaten⸗ und Arbeiterräte in der Provinz haben in einzelnen Fällen unsere Tätigkeit gestört. Wir müssen von dieser Stelle aus die Tätigkeit des Posener Arbeiter⸗ und Soldatenrats voll würdigen und anerkennen. Leider haben nicht alle Kreise das Verständnis für unsere Arbeit. Es wird von manchen Stellen eine Agitation getrieben. Man spricht z. B. von Einrichtung eines Heimatschutzes. Wenn sie wirklich ausgeführt werden sollte, dann befürchte ich das Schlimmste für die Provinz, denn dann wird die Ausfuhr uns einfach ganz unmöglich gemacht. Ich gestehe es ganz offen: dann müssen wir eben als Provinzialernährungsamt unsere Arbeit einstellen, denn dann sind wir machtlos, und unsere Bevölkerung würde eine derartige Bevor⸗ mundung gar nicht begreifen und würde in der Hersendung von Truppen aus dem Westen nach dem Osten eine Bevormundung er⸗ blicken. Sie würde darin eine Durchbrechung des demokratischen Prinzips erblicken, ja sie würde darin vielleicht die Fortsetzung der imperialistischen Holttik erblicken. 8 8

b“

Im Rathause von Frankfurt a M. tagte am 19. d. M. unter dem Vorsitz des Genossen Harris eine Vertreterver⸗ sammlung der Arbeiter⸗ und Soldatenräte im Bezirk des 18. Armeekorps, der ale Gäste ein französischer und ein englischer Soldat beiwohrten. In den Verhaͤndlungen kamen, wie „W. T B.“ berichzet, die verschiedenen Meinungen über die Diktatur des Proletariats und die Einberufung der Nationalversammlung zur Erxörterung. Die Mehrzahl der Redner lehnte die Diktatur ab und verlangte möglichst baldige Einberufung der Nationalversammfung. Eine vorß legte Ent⸗ schlteßung wurde angenommen. Ferner murde Frankfurt a'8 Zentrale für den Korpsbereich bestimmt. Der Wortlaut der Entschl. 6 6 . g ist folgender:

Die Arbeiter⸗ und Soldatenräte stellen die höchste politis Macht dar; sie handeln im Namen und im e diee ce düte Hepüllche Voltes, also der großen Mehrheit der Bevölkerung. Ihr Ziel ist gleich dem der revolutionären Voltsmassen Demokratie und Sozialismus. Wo die Beamten, die Behörden und andere Ver⸗ treter der alten öffentlichen Gewalt ausdrücklich oder versteckt die Aafsicht der Arbeiter⸗ und Soldatenraͤte ablehnen, sind die Verweigerer, wenn nötig, mit Waffengewalt, sofort zu beseitigen und der betreffende Dienst oder die Verwaltungsstelle ist

t raich sebaut un zur (Pesundung gebracht werden kann

treten die Räte für die Vergesellschaftung bestimmter, geeigneter

Großbetriebe, z. B. des Koblen⸗ Erz⸗ und Kalibergbaues und von

Hüttenwerken, der Schiffahrt und des Großgrundbesitzes ein. Eine

verfassunggebende Nationalversammlung, gewählt auf Gzrund 8 * 2

des gleichen, allgemeinen Wahl⸗

8 geheimen, direkten und rechts für alle männlichen und .

mindestens 20 Jahre alten

stimmig

weiblichen Personen, soll den neuen politischen Deutschlonds befestigen. Die Zusammensctzung der Nüahjenal versammlung soll ersolgen nach dem Verhältnis der für jede Parte abgegebenen Stimmen. Die Arbeiter⸗ und Soldatenräte rufen das deutsche Volk auf, daß es die junge Freiheit schirme gegen jeden Verluch einer Gegenrevolution. Die Wahl muß so vorbereitet und beirieben werden, daß die Nationalversammlung ein Bollwerk der Demokratie und des Sozialismus sein wird.

Bei dem Staatssekretär Scheidemann ist nach einer Meldung von „W. T. B.“ folgendes Telegramm vom

20. d. M. eingetroffen:

Soldatenrat Kowno, Zentralrat der Ost⸗ heutigen Delegiertenversammlung ein⸗ folgende Resolution angenommen und bittet unverzüglich der Reichsregierung bekannt zu

„Der große Soldatenrat Kowno Zentralrat der Ost⸗ erklärt, daß er uneingeschränkt sich auf den Standpunkt der lehnung jeder wie immer gearteten Diktatur

1e frDnt, vhat in die dieselbe

seine

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1

stellt und mit aller Entschiedenheit die konstituierende Nationalver⸗ sammlung als die verfassunggebende, einzig berechtigte Macht ansieht, die geeignet

ist, den wahren Willen des Volks zum Ausdruck zu Der Vollzugsausschuß des großen Soldatenrats Kowno,

bringen.“ d ¹ 1 Asch, Biock, Hilche, Kraemer, Kultzsch,

Zentralrat der Ostfront: Schüßler, Steinböhmer.

Ferner hat der Staatssekretär Scheidemann folgendes Telegramm erhalten: 1

Der allgemeine Soldatenrat für das Gou⸗ vernement Litauen erklärt, daß er uneingeschränkt sich auf den Standpunkt der Ablehnung jeder wie immer ge⸗ arteten Diktatur stellt und mit aller Entschiedenheit die konstituierende Nationalversammlung als die verfassunggebende, einzig berechtigte Macht ansieht, die geeignet ist, den wahren Willen des Volkes zum Ausdruck zu bringen. Allgemeiner Soldatenrat Litauen. Methner, Botta, Beier.

Die baltische Landes vertretung hat dem „Worffschen Telegraphenbüro“ zufolge an die deutsche Regierung nach⸗ stehendes Telegramm gerichtet:

Die plötzliche Zurückziehung der deutschen Truppen aus den baltischen Landen, in Sonderbeit aus Estland und Oesel, bringt das schutzlose Land in die größte Gefahr und setzt es sicherer Verheerung von Osten her aus. Im Namen der Menschlichkeit bitten wir um Belassung der deutschen Wehrmacht in allen Gebieten des Balten⸗ landes, bis anderweitige Hilfe in sicherer Aussicht steht.

Kunst und Wissenschaft.

Die Professoren und Dozentender Universitäͤt Berlin haben die nachstehende Entschließung gefaßt:

Angesichts der ungeheuren Umwälzungen, die aus dem Welt⸗ und Massenkriege hervorgegangen sind, erklären die an der Unipersität Berlin vereinigten Geistesarbeiter, daß auch sie sich bereuwillig der provisorischen neuen Regierung unterstellen, die endgültige Ordnung der Verhältnisse von einer auf lauteren demokratischen Grundsähes aufgebauten Nationalversammlung erwarten und ihre ganze Arbeits⸗ kraft in den Dienst der zurückkehrenden Studenten und der neuen sich darbietenden Aufgaben der Volksbildung zu stellen bereit sind. Bei den besonderen Verhältnissen der Universität Berlin ist es selbst⸗ verständlich, daß viele Lehrer es für ein Gebot der Würde und Auf⸗ richtigkeit halten, ihre bisherige Anhänglichkeit an die glorreächen Traditionen des bisherigen Staates nicht zu verleugnen, und vor allem den Schmerz über den Verlust großer Güter empfinden, aber alle sind bereit, sich bedingungslos in den Dienst der Ordnung, einer restlos hingebenden Arbeit für unsere Studenten und für die neuen Unterrichtsaufgaben zu stellen. Ebenso selbstverständlich ist aber auch, daß eine andere Gruppe von Lehrern die aufsteigende neue Ordnung der Dinge als mit dem humanen und freien Geiste der Wissen⸗ schaft verwandt, empfindet und nur den einen Wunsch hegt, die be⸗ vorstehende neue Ordnung mit den besten Ueberlieferungen des deutschen Geistes seit Kant und Fichte, Schiller und Goethe zu durchdringen sowie bei der Lösung der gewaltigen sozialen Zukunfts⸗ aufgaben an ihrem Teile mitzuwirken. Alle sind daher praktisch einig in dem Entschlusse, dem Geist der Ordnung und der Pflccht für das Ganze zu dienen, und erwarten in dem Volksstaate der Freiheit vor allem die Freiheit und Unabhängigkeit der Wissenschaft, die wir selbst anzuerkennen und zu betätigen für unsere erste Pflicht balten und durch die wir hoffen, Ursprünglichkeit und Frische der deutschen Wissenschaft zu steigern und zu kräftigen. Bleibt der Geist lebendig, dann ist nichts verloren.“

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

Opernhaus. (Unter den Linden.) Freitag: 252. Daner⸗ bezugsvorstellung. Dienst⸗ und Freiplätze sind aufgehoben. Violetta. (La Traviata.) Ovper in vier Akten von Giuseppe Verdi. Tekt leitung: Karl Holy. Anfang 7 lhr.

Schauspielhaus. (Am Gendarmenmarkt.) Freitag: 255. S bezugsvorstellung. Dienst, und Freiplätze sind aufgehoben. Die Rüuber. Ein Schautpiel in fünf Aufzügen von Friedrich Schiller Spielleisung: Dr. Reinhard Bruck. Anfang 6 8 Uhr.

Sonnabend: Opernhaus. 253. Dauerbezugsvorstellung. Dienst⸗ und Freiplätze sind aufgehoben. Zum 175. Male: Tristan und Isolde in drei Akten von Richard Wagner. Anfang 6 ½ Uhr.

Schauspielhaus. 256. Hanerbesn geg Dienst⸗ und Freiplätze sind aufgehoben. Heimat. Schauspiel in vier Atten von runs un Sudermann. Spielleitung: Albert Patry. Anfang

r.

Familiennachrichten.

Geboren: Ein Sohn Hrn. Oberstabsarzt Dr. Walter Hirt, Breslau, 5. Orn. Regierungsrat, Kapftänleutnant d. N. Dr. Glatzer, Kiecle. Gestorben: Fürst, Richard Emil zu Dohna⸗Schlobitten, Frl. Mal

wine von Puttkamer, Dresden.

Verantwortlicher Schriftleiter: Direktor Dr. Tyrol, Charlottenburg. Verantwortlich für den Anzeigenteil: Der Vorsteher der Geschäftsst Rechnungsrat Mengering in Berlin.

Verlag der Geschäftsstelle Mengerina) in Berlin.

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlaasanstalt, Berlin, Wilhelmstraße 32.

und die Inhaltsangabe Nr. 46 zu Nr. 5 des öffentlichen Anzeigers.

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Zustand

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Erste Beilage

zn Deutschen Reichsanzeiger ud Preußis

8 1

chen Staatsanzeiger.

1275. Nichtamtliches. Bremen.

on der gestrigen Vollsitzung des Arbeiter⸗ und maphenbüros“” folgende Entschließang Henke

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Der Arbeiter⸗ und erblickt in der Einbe

Soldatenrat Bremen nicht eine Befestigung, Vertiefung ebreitung der RNepn lukion, Deren ziet die niale Repuk 1 ist, LEbleil nn ¹ .. EnEEE1“ ““ gefährlicher Hindernis fi sies. Der Arbeiter⸗ und n erklärt sich desghalb gegen die Einbe⸗ Nationalversammlung; er fordert da⸗ die Einbernfung einer Vostversammlung von Vernretern der e Arbeiter⸗ und Soldatenrate. in den 152 abgegebenen Stimmen waren 23 dagegen und 13 ungültig

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99

1 r Nationalversammlung

116 für die

Hesterreich und Ungarn. dem Staatsrate wurde vorgestern der Bericht den Berlin entsandten Mitgliebs von Langenhas geartsis gebracht, der dem „Korrespondenzbüro“ zufolge dil, daß die Verhandlungen in der Ernährungsfrage naünstigen Verlauf nehmen. Insbesondere habe sich der atzsektetär des Reichsernährungsamss Wurm für eine rung der Notlage Deutsch⸗Oeste reichs eingesetzt und sei sem für die Gewährung der notwendigen Hülfeleistung etreten. Der Staatsrat nabm von dieser Mitteilung mit fdiauna Kenntnis und beschloß einhellig, dem Staats⸗ ir Wurm seinen Dank auszusprechen. Zwischen der bevollmächtigten polnischen Liqui⸗ jonskommission in Krakau und Vertretern der scheösterreichischen Republik haben in den letzten 1 Verhandlungen stattgefunden, die, obiger Quelle zufolge, in zur Unterzeichnung eines Abkommens geführt n. In diesem wurde neben einigen allgemeinen Fragen der Warenverkehr für die nächste Zeit der Regelung führt, inebesondere wurde der sofortige Austausch einer se beiderseits dringend beaötigter Artikel vereinbart. Ja Troppau hat vorgestern die konst ituierende ung der prooisorischen Landesversammlung im hetenland stattgesunden. In einer unter lebhaftem Bei⸗ ungenommenen Entschließung begrüßte die Land⸗sver⸗ nüung die Biidung der Republik Deutsch⸗Oesterreich und z Anschluß an die Republik Deutschland, verwahrte sich üllereötschiedenst gegen die Absicht, das Sunetenland, mrein deutscher Charakter auch von den Tschechen nicht üten wird, dem tschecho⸗slovakischen Staate einzuverleiben. Der Ministerpräsident Dr. Kramarcz sandte dem sdenten der ungorischen Volksrepublik, Grafen Karolyi, Note über die EEE111“ In 9 8 laut Meldung des „Tschechoslovakischen Presse⸗ gesagt: ille Ententemächte haben ausdrücklich durch öffentliche Staats⸗ den tschecho⸗slovakischen Staat und seine Regierung in Paris aant. Dadurch haben die Ententemächte anerkannt, daß das it, welches die Slovaken bewohnen, einen Teil des tschecho⸗ lschen Staates bildet und nicht mehr einen Teil des Gebietes gewesenen ungarischen Staates ist. Die magvarische Regierung ke daher den Waffenstillstand nicht im Namen der Slovakei ab⸗ sen, da die Slovatei bereits ein anerkannter Teil des tschecho⸗ lichen Staates ist, anerkannt durch unsere Verbündeten und ten auf der Ententetagung in Versailles. Weiter sagt die „daß die Beründung der A'tikel 3 und 17 des Waffenstill⸗ entrags für die tschecho⸗slovakische Republik und ihr slovaki, b nicht bindend ist. Der alte ungarische Staat erdies aufgehört zu bestehen, da die Magyaren die neue Re⸗ kselbst hne Anteil und Zustimmung der Vertreter anderer enen, in erster Reihe der Slovaken, ausgerufen haben. Nriedenstagung, deren Entscheidung wir mit Zuversicht en⸗ wird über die genauen Grenzen unseres Staates 18 „Was dagegen die Frage des Staats selbst betrifft, bonf die Entente bereits 8 entschieden. Die de⸗siopvatische Republik ließ ihr Gebiet nur so weit 4 hi sie von den Einwohnern zu Hilfe gerufen 1hn das. Gebiet, wie selbst der Vertreter der menen egierung in Prag Dr. Supka bestätigt hat, von nagtarischen Aemtern und Gendarmen verlassen wurde. hicho⸗slovakische Regierung beschränkte sich nur auf siemaßregeln und handelte streng nach den Weisungen des tenten Wisson, indem sie Blutvergießen zu verhindern hls s- daher die Regierung der magyarischen Republik moiret g, erachtet hat, sei es durch direkten Befehl nea erlauben, daß ihr Militär unsere Bewachungen dten und Fdurch schwere Opfer an Leben unserer vudigen . Gendarmen und auch Vergewaltigungen der 8” Slovaken verursachte, so machen wir. für alles 9 weöliede Verg⸗waltigung. die Regierung der magpari⸗ das dag vn erantwortlich Sollte ferner die Nachricht richtig das Mitglied der tschecho⸗flovakischen Nationalversammlung 8 gesetzliche Immunität genießt, und andere Mit⸗ sige Crlla sunge usschüsse verhaftet wurden, so ersuche ich um kin Recht ung und Genugtuung, da die magvarische Regierung völit haf zu Verhaftungen der Bürger der tschecho⸗slovakischen

ne Vorgänge in der Slovafei und die Ausschreitungen sier daren, gegen das flowakische Volk sind sofort dem nnder fa Neußern Dt. Benes in Paris mitgeteilt worden, f da —g ich bei den Ententeregierungen Schritte einleitete, linin Entente die Magyaren zwinge, die Bedingungen des In vefriedens zu erfüllen. vnllve Versammlung des auswärtigen Ausschusses der pfac in minlung gab der Minister für Landesverteidigung ecmee der Regierung die Erklärung ab, daß doß de Mobgtisisrünasbefeh! EEöTöö1 BMobilisation ohne Genehmigung der National⸗ 8 vng nicht statthaft sei. WIII1 der dos Nätter veröffentlichen eine Meldung aus Agram, an das lüäfidium des Südslavischen Nationalrats 1 Fnser bische Ministerium des Auswärtigen in Belgrad wandte, den Ministerien des Aenßern in London,

Berlin, Donnerstag, den 21. November

Paris, Rom und Washinaton eine Protestnote gegen das Vorgehen der italienischen Regierung zu übermitteln. In der Protestnaote wird dem „Wiener Korrespondenzbüro“ zu⸗ foige betont, daß der südslavcische Nationalrat im Bewußtsein seiner Pflicht keinen Augenblick zögere, den Verbündeten Re gierungen alle Miftel zur Verfügung zu stellen, die zur Siche⸗ rung der Erlösung des süd avischen Volkes noch erforderlich seien, insbesondere auch alle Schiffe. Hafen und Seefestungen. „Die Anordnungen der italienischen Regierung aber gehen,“ heißt der Note weiter, „darüber weit hinaus. Die Italiener auf unser Gebiet ein uneingeschränktes Besetzungsrecht zu besitzen. Sie beschlagnabmen unsere Schiffe, nehme“ die Aemter und unser ganzes Material in Besitz, ohne das Inventar oder ein Protokoll aufzunehmen. Bei dem südslavischen Nationalrate laufen ununterbrochen Klagen der Bevölkerung üͤber italienische Gewalttätigk iten und Verfolgungen ein. Ob⸗ gleich die Italiener der serbischen Armee, die sich in Fume befand, zugesichert hatten, sie würden die Stadt nicht besetzen, gingen sie, sobald die Serben sich zurückzogen, on Land, be etzten ahe öffent⸗ lichen Gebäude, die Aemter und den Bahnhof und tehrten sich nicht an den Proiest der anwesenden Ementepertreter. Der südslavische Nationalrat erhebt auf das entschiedenste gegen olche Gewaltakte Ei spruch und lehnt jede Verantwortung für die sich aus diesen un⸗ erträglichen Verhältnissen etwa ergebenden Folgen ab.“*

Die ungarische Regierung hat nach dem „Kor⸗ respondenzbüro“ verfügt, daß die amtliche Bezeichnung Ungarns künftig „Ungarische Volksrepublik“ ist; der Titel der Regierung lautet: Regierung der Ungarischen Volksrepublik.

Im Namen der Regierung der ungarischen Volksrepublik hat gestern der Ministerpräsident Karolyi obiger Quelle zu⸗ folge nachstehenden Funkspruch an den General Franchet d Esperey, den Oberbefehlshaber der Orientstreitkkäft⸗ der Entente, über Sofia nach Saloniki gesandt:

Zwischen der verbündeten Orientarmee und dem ungaͤrischen Staate ist ein militärisches Waffenstillstandsabkommen vereinbart worden. Djeser Waffenstillstand ist auch für Serbien verpflichtend, denn auch Serbien gehört unter die verbündeten Mächte, und das Abkommen ist namens Serbiens von dem Wojwoden Miszies mitunterfertigt. Aus uns unbekannten Gründen erachtet Serbien dieses Waffenstillstandsabkommen als für sich nicht verpflichtend, bezw. bekundet es ein Verhalten, das mit einer Verletzung des Waffen⸗ stilstandsabkommens gleichbedeutend ist. Nachdem bewaffnete serbische Truppen die von uns bis zur Demarkationslinie geräumten ungari⸗ schen Gebiete besetzt haben, haben sie die Demarkationslinie über⸗ schritten, in den besetzten Gebieten die Tätgteit der Verwaltungs⸗ behörden zum Teil gelahmt, zum Teil eingestellt, Eisenbahnmaterial und die Kohlenwerke von Peese mit Beschlag belegt, die Verbindung mit den Berg⸗ und Eisenwerken im Komitat Krassoszoereny unter⸗ brochen, sämtliche Lebensmittel beschlagnahmt und sie mit barem Gelde nicht bezahlt. Ferner gestatten sie nicht die Abbeförderung von Lebensmitteln aus den besetzten Gebieten in die übrigen Teile des ungarischen Staates und machen so ie De⸗ markationslinie zur wirtschaftlichen Grenze. Sie nützen das Kontrollrecht zur Einführung der Zensur aus, beschagnahmen Zeitungen, zensieren die Telegramme der ungarischen Re⸗ gierung, öffnen amtliche und private Briefe, nehmen aus diesen Werte weg und lähmen den öffentlichen Sicherheitsdienst dadurch, daß sie die Gendarmen, Nationalgarden und Bürgerwehren entwaffnen, und knebeln auch den Eisenbahn⸗ und Personenverkehr. Sie verbieten in der Pecser Militärschule den Unterricht militärischer Gegenmände, reihen ungarische Staatsbürner von 21 bis 30 Jahren in die serbische ein und verkünden im allgemeinen, daß sie den Waffenstillstand für sie nicht als verpflichtend erachten. Dieses Ver⸗ halten der bewaffneten serbischen Truppen in dem geräumten Be⸗ setzungsgebiet verstößt gegen die Artikel 1, 3, 17 und 18 des Waffen⸗ stillstandsabkommens, gegen den Geist und das Ziel desselben wie überhaupt gegen den Begriff des Waffenstillstandsabkommens.

Ueberdies versetzt das Vorgehen der serbischen Truppen die Regierung der ungarischen Volksrepublik in die Lage, die Versorgung der nicht besetzten Gebiete des Staates und der Eisenbahnen mit Kohle, der Bevölkerung des eigenen Staatsgebiets mit Lebensmitteln nicht sichern und infolge der Lähmung des Verwaltungsapparats für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung nicht in er⸗ forderlichem Maße sorgen zu können. Ferner wirkt dieses Ver⸗ halten der serbischen bewaffneten Truppen lähmend auch auf die Verwaltung der nichtbesetzten Gebiete des ungarischen Staates, Infolge des Kohlenmangels, insbesondere der Beschlagnahme der Pecser Kohlenwerke, wird die Beleuchtung von Budapest, infolge der Unterbrechung des Betriebes der Berg⸗ und Eisenwerte des Komitates Krassoszoereny wird der Eisenbahnverkehr zum Stillstand kommen, und so wird voraussichtlich auch in den nicht besetzten Ge⸗ bieten des Staates Anarchie um sich greifen, ganz abgesehen davon, daß auch die Bevölkerung des besetzten Gebietes durch die Lähmung des Verwaltungsapparats und die Verletzung des Waffensttlstandes an⸗ dauernd in Unruhe versetzt wird.

Von der Annahme ausgehend, daß der Herr Oberbefehlshaber von diesem Verfahren serbischer Truppen keine Kenntnis besitzt und daß diese Dinge nicht mit seiner Genehmigung stattfinden können, wendet sich die Regierung der ungarischen Volksrepublik an den Oberkommandierenden der verbündeten Streitkräfte mit dem Ersuchen, entsprechende Verfügungen treffen zu wollen, um Serbien zur Respekrierung des Waffenstillstandsabkom mens anzuhalten, da widrigenfalls die Regierung der ungarischen Volksrepublik für das Betragen der Bevölkerung und die Aufrechterhaltung der Ordnung die Garantie nicht über⸗ nehmen, die ihrerseits übernommenen Verpflichtungen nicht erfüllen und namentlich auch ihren Verpflichtungen, betreffend den Transport und die Versorgung der französischen Besatzungstruppen, nicht genügen könnte. Beweise bezüglich der im obigen mitgeteilten Be⸗ schwerden hat die Regierung der ungarischen Volksrepublik gesammelt und ist bereit, sie dem Oberkommandierenden der verbündeten Armeen unter den von ihm zu bezeichnenden Modalitäten zur Verfügung zu stellen. 8

Im Namen der Regierung der Republik Ungarns: Michael Karolyi, Ministerpräsident. 8

Das Präsfidium des ruthenischen Volksrate führte Verhandlungen mit der ungarischen Regierung die mit vollständig befriedigendem Ergebnisse beendet wurden. Die ungarische Volksregierung nahm die Vorschläge des rutheni⸗ schen Nationalrates an, die, wie „Wolffs Telegraphenbüro meldet, lauten: 8

Die ungarländische ruthenische Nation hält an der territorialen Unversehrtheit des Landes fest und erhebt gegen alle Bestrebungen, die auf eine territoriale Lostrennung abzielen, Einspruch. Die Re⸗ gierung erkennt auf allen Gebieten das Selbstbestimmungsrecht er ungarländischen ruthenischen Nation an, ebenso das Ver⸗ langen, daß zu Obergespanen für die Komitate Marmaros, Ugoesa, Bereg und Ung, wo die Ruthenen in Mehrbeit sind, Männer AFEnaunt werden, die neben der Kenntnin der lokalen Verhültnifse mit

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1918.

dem ruthenischen Volke Fühlung haben. Zum Zwecke der Leitung der ruthenischen Angelegenheiten werden seitens des Mmisteriums für die Nationaltläten, sowie für Kultus und Unterricht sachkundige, mit einem entsprechenden Wirkungstreis ausgestarltete Männer ernanat werden. Die Regierung erkennt auch den Wunsch an, daß an der ungorischen Unwersität der Wissenschaften für ruthenische Sprache und Literatur eine Lehrstelle organisiert werde.

Das Präsidium des ungarländischen ruthenischen National⸗ rats stellie fest, daß die Regierung alle berechtigten Wünsche bereitwilliast anerkannt habe Zur Beruhigung des Volts und um die öffentliche Ordnung sicherzustellen, erließ die ungarische Volksregierung mit dem ungarländischen ruthenischen Nationalrat ine gemeinsame Kundgebung.

Großbritannien und Irland.

Im Oberhaus erklärte Lord Cave, der noch immer das Inne ramt verwaltet, daß eine Gesetzesvorlage, betreffend die feindlichen Ausländer, zur Einbeingung im Par⸗ lament be eit set. In dieser Vorlage wird dem „Renterschen Büro“ zufolge der Regierung das Recht eingeräumt, die Lan⸗ dung von Auständern in Großbritannien zu verhindern. Ferner sind besonnere Beschränkungen für diejenigen vorgesehen, die jetzt Englands Feinde sind. Der Schutz für politische Flücht⸗ linge wird aber auch in Zukunft bestehen bleiben. Auf die Frage, ob nicht die Zeit für die vollständige Aufhebung der Zensur gekommen sei, antwortete Cave:

Es sei zwar richtig, daß die Feindseligkeiten im Felde aufgehört hätten, aber die Tätigkeit de's Feindes habe damit nicht aufgebört. Er sei ganz sicher, daß der Feind zwischen dem Abschluß des Waffenstillstandes und dem Friedensschluß versuchen wuürde, die Stellung Englands zu untergraben. Der Feind habe bereits versucht, die Eintracht zwischen England und seinen Ver⸗ bündeten und die innere Geschlossenbeit zu untergraben. Er, Cave, betrachte die bolschewistischen Umtriebe in England als ein deutsches Angriffsmittel, und er glaube, daß ein enges Bündnis zwischen dem Bolschewismus und Deutschland bestehe. Erst „Wir wollen deshalb die bol chewistische Werbetätigkeir in Englaud bis zum Friedensschluß unterdrücken.“ Er sagte, er habe Kabelgramme aus Rußland gesehen. die offenbar keinen anderen Zweck hätten als bolschewistische Werbetätigkeit. Die Kontrolle solcher Telegramme sei erwünscht. Die Zensur von inländischen Telegrammen hbabe bereits aufgehört, und auch die freie Meinungsäußerung in politischen Dingen würde durch keinerlei Verordnungen gestört werden.

Der Unterstaatesekretär für den Krieg Macpherson teilte obiger Quelle zufolge im Unterhause mit, daß bis zum 4. November 1918 die britischen Gesamtverluste an Toten, Verwundeten, Vermißien und Gefangenen aus⸗ schließ ich der Luftstreitkräfte, aber mit Einschluß der Dominions und Indiene, 3 049 991 Mann betrugen. Mac⸗ pherson soagte:

Die britischen Verluste verteilen sich wie folgt: in Frankreic tot: 32 769 Offiziere 626 843 Mann, Gesamtverluste 126 757 Ofsiz ere 2 594 895 Mann, in Italien 86 Offiziere 941 Mann, Gesamtver uste 458 Offiziere 6480 Mann; Dardanellen lot: 1785 Offiziere 31 737 Mann; Gesamtverluste 5053 Offiziere 114 676 Mann; Saloniki tot: 285 Offiziere 7330 Mann, Gesamt⸗ rerluste 1217 Offiziere 26 101 Mann; Mesopotamien tot 1340 Offiziere 29 759 Mann, Gesamtverluste 4335 Offiziere 93 244 Mann; Aegvppten tot: 1098 Offiziere 14 794 Mann, Gesamt⸗ verluste 3592 Offiziere 54 26! Mann; Ostafrika tot: 380 Offiziere 8724 Mann, Gesamtverluste 896 Offiziere 16 929 Mann; auf anderen Kriegsschauplätzen tot: 133 Offiziere 690 Mann, Gesamt⸗ verluste 326 Offiziere 2971 Mann.

Im weiteren Verlauf der Sitzung verlangte Tare In⸗ sormationen über das Ergehnis der Expedition nach Spitzbergen im Laufe des Sommers, bei der die britische Flagge neuerdinge gehißt und die Besetzung der Insel durch die Engländer bestätigt worden sei. Bonar Law antwortete, der Augenblick sei für eine derartige Erklärung nicht günzig. 5

Rußland.

Von „Wolffs Telegraphenbüro“ verbreiteten Meldungen zufolge sind die deutschen Generalkonsulate in Peters⸗ burg und Moskau abgesetzt und die dort tätig gewesenen Beamten. insbesondere die Generalkonsuln und das engere Personal, interniert worden. Auf wessen Veranlassung und in welcher Weise diese Vorgänge sich abgespielt haben, ist noch nicht klargestellt. Die russische R gierung, von der deutschen Volksregierung darauf hingewiesen, daß sich alle deutschen Be⸗ hörden der neuen Regierung zur Verfügung gestellt hätten und daß daher auch die Generalkonsulate in St. Petersburg und Moskau weiter als ordnungsmäßige deutsche Vertretungen zu gelten hätten, hat geantwortet, sie weigere sich, mit den Ver⸗ tretern des hohenzollernschen Regimes als mit solchen des freien Deutschlands zu verkehren. Die Angelegenheit bedarf dringend der Aufklärung. Die deutsche Regierung hat obiger Quelle zufolge daher von der russischen Regierung verlangt, daß zunächst die beiden Generalkonsulate, die schon seit einiger Zeit Rußland verlassen sollten, jedoch von der Sowjetregierung zurückgehalten waren, alsbald ihre Ausreise antreten und hierher kommen. Ferner hat sie die Arbeiter⸗ und Soldatenräte in St. Petersburg und Moskau ersucht, je ein Mitglied zur Feststellung des Sachverhalts nach Berlin zu senden. Jedenfalls steht schon jetzt außer Zweifel, daß die russische Regierung mit ihrer Weigerung, die deutschen Kon⸗ sulate trotz ihrer Anerkennung durch die neue Volksregierung als völkerrechtliche Vertretungen zu behandeln, im Unrecht ist und daß die Absetzung und Interniernng der Konsulate auf keinen Fall geschehen durfte.

Niederlande. G Die Königin hat eine Kundgebung an die Be⸗ völkerung erlassen, in der sie ihr für ihre geduldige Haltung während des Krieges und für die dargebrachten Huldigungen während der letzten kritischen Tage dankt. 8 Nach einer in Amsterdam eingetroffenen amtlichen Mitteilung aus England wird, wie „Wolffs Telegraphenbüro“ meldet, eine freie Fahrrinne zwischen Holland und England angelegt, die in 10—14 Tagen fertig sein wird. Hierauf wird den niederländischen Schiffen die Fahrt durch den Kanal gestattet. Sie werden Falmouth anlaufen musse n

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