Hiernach scheinen bei der Entente eigenartige Vorstelluncen über unser Ve hältnis zur roten Arme⸗ zu bestehen. In Wah heit hoben wir wiederholt G legenheit genommen, bei der Sogjetregierung ge ade gegen die bolsch winische Werbe⸗ ätiakeu unter den deutichen Kriegsgefauce en und du Ver⸗ suche, diese zum Eintritt in die rote Aemee zu verar lassen, Schrute zu unter ehmen. Im ührigen werden die Beziehungen zwischen der bolschewisischen und der dentschen Armee am besten dadurch be euchtet, daß die roten Truppen noch vo⸗ kur zem unsere Kräfte hei Narwa, Pleskau und in der Ukraine angegreffen haben. Selbstoerständlich hat ein Eint itt deut cher Offinere oder Mannschaften in die rote Armee mit deutschem Einverständnis nie stautgefunden.
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Die deutschen Vertreter der Waffenstillstands⸗ kom mission si d sämtlich in Trier eingetroffen. Die Ver⸗ treter der Alliierten sind noch nicht angekommen.
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Die Verhandlungen mit der britischen Kom⸗ mission in Wilhelmsehaoven lassen laut Meldung des „Wolffschen Telegroph nbüros“ erkennen, daß Milderungen nicht zu erreichen sind. Trotz deutscher Proteste verlangt der engl sche Admiral genaue Angaben über die m Bau befind⸗ lichen K iege schiffe Trotz em der englische Vertreter in Spaa auf die Ab seferung des Nanzerkreuzers „Mackensen“ verzichtet hat, trob dem, wie deutscherseits mit eteilt wurde, dieses Schiff nicht vor 4 Monaten scyleppbereit sein könnte, hat der eng⸗ lische Admiral die Nicht füllung seiner Fo derung, das Schiff bis Ende Dezemder zur Uü berfuhrung fertigzustell n, als Nchterfüllung der Waffenstillstandsbedingungen bezeich⸗ net und in diesem Siane seiner Regierung berichten zu wollen erkärt. Er besteht weiter ouf der Auslieferung der nach dem Völke recht rechtmäßig in deutschen Besitz über⸗ gegangenen Prise schiffe Trotz Hinweises auf die bedenk⸗ liven Folgen für die deuische Volkse nährung zeiagte die Kommission kein Entgegenkommen in der Frage der Freigabe der Fischerei und des Wrkehrs zwischen den deuntschen Häfen und bezog sich auf die dies bezügli che bereits erfol te ablehnende Antwort Beatiwe. Der en lische Admiral verlanat sjerner, daß bis zum 17. De⸗ zember samtliche Besetzuncen von den außerdierst⸗ gestellten Schiffen intern ert werden, bis auf Instan haltungs⸗ kommandoe, wie sie ouf emer Hulk verbleiben. Unter einer Hulk versteht mimn ein altes, auerangiertes Fahrzeug, we ches nur noch zu Wohn⸗ oder Lagerzwecken dient Eben so wie nach der Besichigung dee Lmienschiffes „Baen“ die durch Nicht⸗ ausführung der vom Hochseekommando im Einvernehmen mit dem arbester⸗ und Soldatenrat getroffenen Anord ungen seitens einzelner Marinema nschaften sestört wurde, hat auch bei den Vorbesprechungen über die Ueber abe der internierten Ententeschiffe die englische Kommission ge roht, die Waffen⸗ stillstan d verhandsungen abzuorechen, wenn nicht eine glatte Abpwickeluag gemäß den in den Kommissionsverhandlungen festgesetzten Anordnungen erfolgte.
Auf der Tagesordvung der gestrigen Sitzung des Voll⸗ zugsrotes stand em Ersuchen der Ro⸗agierung, wegen gegen⸗ revolutionäne Umtriebe⸗ festgenommene Pe sonen freizugeben.
Fühes nst handelte es sich um ien Haupmann Lo enz vom 8
iegsministerium, der in enger Verbindung mit der im Hotel Bristol aufgehobenen Studentenwehr stand. Der Polizei⸗ prasident Echhorn gab, wie „Wolffs Telearophenbüco“ mitteilt, einen Untersuchungsbericht über die Vorbereitungsarbesten u d der Studentenwehr. Da aus geht heroor, daß diese Verbindug panmäßig an ihrer Auerüsung mit Waffen u d anderem Matenal arbeiteie; sie stand in enger Fühlung mit dem Krirasmini erium, mit dem Auewärtigen Amt mit der Kon mankantur und dem stelloertretenden Gen’ralkommando; überall erfreute sie sich wohlowollender Fö erung Havptmann Lorerz höotte den Apftrag, aus der A tille ieg erkst t Spandau 600 G wehre für die Smdenten⸗ wehr zu heschaffen hafte auch die hierzu erforderlichen An⸗ fo derun escheine gusgefatiat. Zur Rechtsla e bemerkte der Poligipräsident, daß es ratsam und wünsch newert sei, die Festva me Verdächtiger mosglichst einzusch änken. Die Reuierung forderte durch Barth die Fre igabe des Haupt⸗ manns Lo enz, da der Kiegsmin’ster sich für ihn verbür e uod seine dierstlichen Veraehen benrofen werde. Nach kurzer Evörterung ein gte sich der Vollzugsrat mit dem Vortreter der Regierung, daß die bereits eingesetzte U ter⸗ suchunge kom vission üder die Freitassang des Hauptmannes Lorenz enisch idet und doß im Falle der Frrilassung der Kriegs⸗ minister volle Büragschaft übernimmt. Einem Wunsche der Regierung nochkommend besch oß der Vollzugerat, sich an den Einzugef ierlichkeiten für die heimk hre den Truppen zu be⸗ tei igen. Von einer Delegotion des Groß Berliner Sicherheite⸗ dienstes worden Beschwerden über die Behandlung seiner Alit⸗ glieder durch die repubtikanssche Soldatenwehr vorgetragen, deren schnelle Erledigung in einer Kommisnon erfolgen soll, die sich aus Veceretern der Regierung, des Groß Berliner Aus⸗ schesses und der Kommandamur zusammensetzt.
In dem vorpestrigen Bericht über die Sitzung des Voll⸗ zug ats ist nchtigzunellen, daß die Zmwückzi hung der an die russischen Sowjets ergangenen Einladung nicht auf den Wider⸗ stano der S⸗Räte an der Ostfroat zurückzuführen ist, sondern auf die ablehnende Haltung der Regierung.
Der Vollzugsrat des A⸗ und S.⸗Rates Groß Berlins giht bekannt, doß om Sonnabend, den 14 Dezember, Vor⸗ mistage 10 Uhr, im großen Saale des Gwerkschafteshauses (Engelufer 15) eine Versammlung aller Arbeiter⸗ und Soldatenrate Groß Berlins mit der Tagesordnung: „Stellungnahme zur Delegiertenversammlung“ stattfindet.
Der Bundesrat versammelte sich heute zu einer Voll⸗ sitzung; vorher hie ten die vere inigten Aueschüsse für Justiz⸗ wesen und für Handel urd Verkehr eine Sitzung.
Wie „Wolffs Sächsischer Landesdienst“ von zuständiger Stelle erfährt, ist zwischen Vertreiern der deutschen
Regierung und der tschecho⸗slowakischen Republik zur orläufigen Regelung einiger besonders dringlicher wirtschaft⸗
licher Fragen eire Vereinbarung getroffen worden, die zunächst bis zum Abschluß des Frieders Geltung haben soll und du ch die in keiner Weise irgendwie der Regelung einer zwischen den beiden vertraaschließenden Teilen strittigen Frage in einem späteren Zeitpunkt vorgeariffen werden sll Danoch liefert Oensschlond 15000 Tonnen Steinkohten und Koks morat⸗ lich gegen 70 000 Tonnen Braunkohlen, die die tschecho⸗slowakische Republit zur Verfügung siellt. Die Beförderung der Kohlen hat tunlichst auf dem Wasserwege zu erfolgen. Ferner ge⸗ stattet die tschecho⸗slowakische Republik die Ausfuhr beschräakter Mengen von Marmelade, Pflaumenmus, getrocknetem Obst, Holz, sowie Hartbsei. Deutschland liefert Maschinen, Er⸗ zeugnisse der eiektrotechnischen Industrie unter gewissen Vor⸗ beha ten, ferner Chemikalien, soweit es die Befriedigung des inländischen Beda fs zuläßt, sowie Kali sür die Fühjahr8⸗ düngung. Der Vertrag regelt endlich den wechselseitigen Eisenbahn⸗ und Schiffahrtsverkehr über die Grenzeze.
Der Reichsleitung und dem Reichsamt des Innern im besonderen gehen täglich aus allen Teilen des Reichs und der noch besetzten Gebiete von größeren und kieineren Körperschoften, Parteien, Arbeiter⸗ und Soldatenräten Hunderte von Depeschen mit dem dringenden Wunsche zu, den Termin für die Wahlen zur Naiionaolver⸗ sammlung wesentlich früher „unverzüaglich“ bis spätestens Mitte Januar — anzusetzen. Eme Veröffentlichung würde zu mweit führen. Die bedeutsamsten D⸗peschen gingen ein von der Deutschen Demokratischen Partei Württembergs, dem Strateminssterium Meiningen, der Lehrerschaft Görlitz, dem Arbeiter⸗ und Soldatenrat Bromberg, dem Soldatenrat der 41. Infonteriedivssion Bromberg, die sich voll und ganz der neuen Regierung zur Verfügung stellt, den städtischen Kö per⸗ schaften der Reagierunge hauptstadt Allenstein, der Deutschen Demokratischen Partei Essen⸗Bredeney, emer Versammlung von mehreren tausend Frauen aus allen Kreisen der Stadt Barmen, ferner aus Elbe feld von dem Hansabund, Provinzialverband Rheinland und Westfalen, Düsseldorf
Von vielen Seiten wird an das Reichsernährungsamt mit dem Wunsche herxangetreten, alsbald für die Einfuhr aus dem Auslande den freien Handel wieder einzusetzen und die Z E. G. aufzuheben. Das Reicheernährungsamt muß, wie durch „Wolns Telegraphenbüro“ mitgeteilt wird, unter den gegenwärtigen Verhältmissen erst recht an der straffen Zennalisation der Einfuhr fephalten. Die Gründe, die während des Krieges für die Zentralisation aueschlaggebend gewesen sind bestehen auch heute noch fort. Das Verbot der Ausfuhr aus den neutralen Staaten ist noch nicht be⸗ seitigt, nur bestimmte Kontingete sind zur Auefuhr frei⸗ gegeben, jede Aussuhr, die außerhalb des Kontingents er⸗ folgt, wiro, sobald sie zur Kenntnis der neutralen Regie⸗ rungen gelangt, auf das deutsche Kontingent angerechnet. Die Preisgestaltung in den neutralten Ländern ist noch derart, daß sie nicht dem freien Handel überlassen werden kann, weil die P eise alsdann für Deutschland mfolge seines ungeheuren Bedarfs eine unerträgliche Höhe erreichen würden. Die mt dem freien Handel einsetzende Preistreiberei steigert auch für die Bevölkerung der Aussuhrländer die Lebenemittelpreise ins Unerträuliche. Dies war hauptsächlich der Grund, aus dem die neutralen Staaten selbst die Zemralt⸗ sation der Einfuhr nach Deutschland verlangt haben und auch jetzt noch daran festhalten.
Was die Zentralisation der Einfuhr während des Krieges geleistet hat, zeigen folgende Zahlen: Die gesamte Friedens⸗ einfuhr nach Heutschsand betrug im Jahre 1913 an Fleisch 110 000 t, an Butter 54 000 t, an Käse 24 000 t. Der zen⸗ tralisterten Einfuhr ist es gelungen, im Jahre 1916 eine Fieischemfuhr von 185 000 t, eine Bustereinfuhr von 51 000 t und 1917 eine Käseei fuhr von 27 000 t zu erreichen.
Im übrigen ist das Reichse nährungsamt be eits damit beschäftigt, die Organisasion der Zentral⸗Einkaufsgesellschaft der neuen Entwicklung der Verhältnisse anzupassen.
Die Soldatenräte Groß Berlins hielten gestern nachmittag im Sitzungssaal des Reichsta 8 eine Vollver⸗ sammlung ab, über die wir der „Deutschen Allgemeinen Zeitung“ folgendes entnehmen:
Der Vorsitzende Ege eröffnete die Sitzung nach 3 Uhr und widmete den in Berlin eingerückten Feldtruppen herzliche Worte der Beunrüßung Den Bericht des Büros erstattete der Erste Geschäfts⸗ führer Viets, wobei er die eingelaufenen Annäg⸗ bekanntg b. Zu der Entschädigungsfrage, die schon zwei Vollversammlungen beschäftigt hat, berichteten Teichmann und Stolz. Sie stellten fest, daß die Soldatenräte außer ihrer Lohnung und einer täglichen Arbeits⸗ zulage von 3 ℳ noch eine tägliche Entschaädigung von 5 ℳ und eine Aufwandsentschädiaung bis zu 5 ℳ zu erhalten haben. Es wurde dann jolgende Entschließung gegen eine Stimme gefaßt:
„Die Vollversammlung der Groß⸗Berliner Soldatenräte pro⸗ testiern auf das allerentscheedenste gegen die im „Armeeverordnungs⸗ blatt“ vom 5. Dezember enthaltene Bekanntmachung, wonach Kame⸗ raden, die im Besitz des Einjährigen⸗Zeugnisses sind, bei der Ent⸗ lassung bevorzugt werden sollen. Fur eine derartige Bevorzugung ist heute kein Patz mehr. Die Vollversammlung verlangt daher die sofortige Aufhebung der Verordnung.“
Fur einen Antrag, den Punkt 2 der vom Vollzugsrat für den am 16. Dezember zusammentrezenden Zentralrat festgesetzten und bereits veröffent ichten Ta esordnung: „Nationaversammlung oder Rätesystem“ zu ändern, wurde, da die Vollversammlung sich bereits für die Natronalversammlung ausgesprochen hat, die Dringlichkeit von der Versammlung nicht anerkannt und der Antrag infolgedessen nicht berafen. Ein weiterer Anfraa, wie in den anderen Bundesstaaten, so auch in Preußen die A., und S⸗Räte zu einem Zentralrate zusammen⸗ zujchließen und spätestens im Januar die Wahlen zu diesem Zentral⸗ rat auf Grund des Reichstagewahlrechts stattfinden zu lassen, wurde dem Büno überwiesen. Ein Antrag Herz, ein Gruppierung der Soldatenräte in dem Sitzungssaale nach ihrem volstischen E“ vorzunehmen, wurde gegen einige wenige Stimmen abge ehnt.
Es folgten dann aufklärende Mitteilungen des Wahlbüros über die vorzunehmenden Grundwahlen zum Zentratrat. Der nächste Fneh der Tagesordnung betraf die Berichterstattung des Fünf ehner⸗ Ausschusses. T eichmann berichtete uͤber die vom ünfzehner⸗ Ausschuß benbeiteten zahlreichen Anträge, von denen eine Anzahl inzwischen erledigt oder zur weiteren Erledigung der zuständigen Behörde überwiesen ist. Ein Antrag verlangt die Er⸗ höbung der 2, 0 „ für den Tag betrag nden Beköstigungsgelder. In dieser Angelegenheit hat das Kriegemmisterium mit dem Reichsschatz⸗ amt berens Fühlung genommen. Ein Antrag, den auf einem Flug⸗ plat tatigen Soldatenräten die Kompetenz eines Direktoriums zu verleihen, ist der zuständigen Kommission überwiesen worden. Die
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Fünfzehner Kommission hat sich gegen die Bildun Regierungstruppe durch attive Unteroffiziere, K. ausgesprochen. Der Bericht wurde obne Debatte erledigt.
Auf Antrag Alzenbach immte die Vollversammlung f Entschließung zu: „Die Reichsregierung wird ersucht
apitulanten
olgender unverzuglich
alle zweckdienlichen Maßnahmen zu ergreifen, um eine Bessetung .
trostlosen Verhältnisse auf dem Wohnungsmarkt herbennf’ und durch gesetzliche Verfügung alle Ueberforderungen der Henufihten einerseits sowie alle Ueberforderungen der Hypothekenbanten 1 seits auf das richtige Maß zurückzuführen.“ rer⸗ Ein Antrag auf Abschaffung der Chargenabhzeich wurde dem Fünfzehner⸗Ausschuß überwiesen. Leander berichlen namens der Siebener⸗Kommission über die Anschuldig ung ge⸗ 8 Molkenbhuhr. Aus seinen Mitteilungen ist zu entnehmen Fam Molkenbuhr von Leutnant Willner u. a. der Vorwurf gemach worden ist, er habe die für den Generalmtendanten des Feldbeeres von Eisenhart Rothe und den Direttor des Verwaltungsdepartements von Willner verlangten Ausweise, die diesen Offizieren die Ausübung ihrer für die Verpflegung und Versorgung der Feldtruppen so wichtigen Tältigteit ermöglichen sollten, ab— gelehnt, wodurch große Nachteile entstanden seien. Ferner liegt gegen Molkenbuhr die Befegatdigans vor er habe den ihm erteilten Usten für Lie Betäti ung des Attionsausschusses der Berliner Truppen u wirken, nicht erfüllt. Die Siebener⸗Kommission hat hierzu festgestellt daß in dem Fall Will er den Genossen Molkenbuhr ein Verschulden nicht trifft. Ebenso hat sich die Beschuldigung, daß Molkenbuhr nicht energisch genug für die Betätigung des Aktionsa sschusses ein getreten sei nicht als gerechtfertigt erwiesen. Auch die schwerwiegende Beschuldigung, daß von dem Vorsitzenden des Vollzugsausschusses Vollmachten in unübersehbarer Zahl aus estellt worden sind, hat die Kommission nach Prüfung als nicht richtig anerkennen können. Von allen Vollmachten sind Abschriften zurückbehalten worden. Die Vol⸗ machten, die nach einem Vordruck ausgestellt worden sind, sind in ein Verzeichnis eingetragen, das eine genaue Uebersicht ermöglicht. Weiterhin sind Molkenbuhr Vorwürfe wegen seines Verhältens anläßlich der Neuköllner . in der Sitzung des dortigen A.⸗ und S.⸗Rates am 24. November gemacht worden. Danach soll Molkenbuhr einigen Soldaten, die sich ihm als Vertreter der Urlauber und Deserteure und der Frontsoldaten in Neukölln vorgestellt und ihm ein entsprechendes Wahlprotokoll vorgelegt hätten, zu weit gehende Vollmachten gegeben haben Die Siebener⸗Kommission ist der Ansicht, daß Molkenbuhr auch in diesem Falle ein Verschulden nicht trifft. Der weitere Vorwurf gegen Molkenbuhr, daß er es niht verstanden habe, die soldatischen Mitglieder des Vollzugsausschussez zusammenzubalten und ihnen genügenden Einfluß zu verschaffen, wird pon der Kommission ebenfalls als ungerechtfertigt erkannt. Molkenbuhr selbst nahm bierauf das Wort, um seinesseits unter Darstellung des Sachverhalts auszuführen, daß die erhobenen Vorwürfe nicht gerechtfertigt feien. Kretschmer bezweifelte, daß über die erteilten Vollmachten ein Verzeichnis angelegt ist und he⸗ hauptete, daß wenigstens bis zum 19. November eine Uebersicht über die vom Vollzugsrat ausgesellten Vollmachten nicht vorhanden ge⸗ wesen ist. Erst auf seine, des Redners, Veranlassung sei am 21. November ein Säulenanschlag erschienen, wonach alle die⸗ jenigen, die mit der Ueberwachung irgendeiner Behörde dunch den Vollzugsrat beauftragt waren, sich melden und eine Abschifft ihrer Vollmachten einsenden sollten. Der Vollzugsrat habe augh viele Vollmachten über seine Befugnisse hinaus ausgestellt. Wenn auch erklärlicherweise in den ersten Tagen der Revolution keine genaue Kontrolle über die erteilten Vollmachten im Drange der Geschäfte möglich gewesen sein möge, so sei doch Molkenbuhr der Vorwurf nicht zu ersparen, daß er, als er dann später erkannt habe, was durch die willkurliche Vollmachtenerteilung angerichtet worden sei, niche sofort mit aller Kraft eingeschritten sei, um die eingerissenen Mißstände zu be seitigen. Leuthen führte aus. Molrkenbuhr habe in der Kommission sehr milde Richter gefunden. Die Kommisnon hätte sich aber auch über die Beschuldigungen der Vetternwirtschaft und Geldper⸗ schwendung im Vouzugsrat informieren müssen. Der Redner rügte u. a. auch, daß vor der Tür des Reichstages für den Feenaee schuß Autos und Staatskarossen ständen während die Mehrzahl der Kameraden nicht wisse, wie sie nach Hause kommen solle. Abgeordneter Cohen⸗Reuß sprach sich entschieden gegen die Neuwahl eines Mitglieds des Vollzugsrats an Stelle Molkenbuhrs aus, indem er darauf hinwies, daß man dem om 16. Dezember zusammentretenden Zentralrat nicht neue uninformierte Leute präsentieren dürfe. Es sei zu bedenken daß sich vor dem Kongreß doch die jetzigen Mitglieder des Vollzugsrats zu veravtworten baben würden. Im übrigen sei er der festen Ueberzeugung, daß im Zentralrat ein großes „Absägen“ stattfinden werde. Wohl keines der 28 Mitglieder des Vollzugsrats habe den Wunsch, auf dem Posten zu bleiben. Die Laxe Deutschlands sei so schwierig, daß es veelleicht keinen Weg geben werde, aus den Schwierigkeiten herauszukommen. Gerber: Auch die Soldatenräte sind dem Kongreß Rechenschaft schuldig. Gute Mittelmäßigkeit genügt nicht, wir müssen mit dem Vollzugsrat bestehen können. Dann wurde ein Antrag auf Schließung der Anszpeache angenommen und die Angelegenheit Moltenbuhr an den Ausschuß zurückverwiesen. Nach Vornahme von zwei Erfatzwahlen für den Vollzugsrat 8 Stelle der abberufenen Mitglieder Bernhagen und Bergmann, orderte zum Bericht des Siebenerausschusses Gerhardt Juterbog noch, daß nicht nur über einzelne Mitglieder des Vollzugsrats abge urteilt werde, sondern alle 14 soldatischen Mitglieder beseitigt werden sollten. Gottschling warnte davor, diesem Vorschlag zu folgen, der der gegenrevolutionären Presse Wasser auf die Müblen leite. Stolt: Der Vorschlag ist geeignet, alle revolutionären Enrichtungen zu die kreditieren. Nüf die Tagesordnung für den 16. Dezember wäte zu setzen nicht „Nationalversammlung oder Räteverfassung“, sondern „Nationalversammlung und Rä everfassung“. “ Als letzter Punkt der Tagesordnung wurde die Militär⸗ gerichtsordnung beraten und nach kurzer Aussprache die von einem Ausschuß ausgearbeitete Vorlage angenommen. Die nächste Sitzung findet am Sonnabend, dem 14. Dezember, Nachmittags 3 Uhr, statt. 8
Der Soldatenrat des Admiralstabes der Marine und des Reichsmarineamts in Berlin verbreitet durh! „W. T. B.“ den nachstehenden Protest:
Das Flugblatt: „Das politische Programm des 53er Ausschusses (Fentralrat der Marine)“ gez. Albers ist ohne unsere Mitwirkung und ohne unser Wissen veröffentlicht und an allen Anschlagsäulen der 888 Berlin zur Kenntnis der Bevölkerung Groß Berlins gebrc worden. Wir erksären ausd’ücklich: des
Der Soldatenrat des Admiralstabes der Marine ürdne Reichsmarineamts zu Berlin ist nicht identisch mit f 5Zer Ausschuß (Zentralrat der Marine). Der Zentraltat en Marine ist aus allen Marineformationen Hetceraeg gr und ist durch unsere tatkräftige Beihilfe im Interesse 85 rinhettichen Regelung aller Marinefragen ins Leben geru
orden.
Zu Punkt II, der besagt: „Im Prinzip wird 9 berufung der gesetzgebenden Nationalversammlung zugestimme Vorher verlangen wir: .
a. Verstaatlichung aller dafür reifen Belriebe, sien hinreichende Geleuer heit zur Aufklärung der
Bis zur Nationalversammlung bleibt die Gewalt in üsr Händen der Arbeiter⸗ und Soldatenräte“, erklären wir 1
Wir sind nicht allein „im Prinzip“ mit der Einberu 1- der Nationalversammlung einverstanden, sondern vertreten ten Standpunkt, daß es das unbedingte Recht des gesan
“
deutschen Volkes ist, seine Geschicke selbst in di nehmen und darüber zu bestimmen. Das hcane nur die Nationalversammlung, deren früheste Einberufung wir goc wie EE“ und gang unterstützen. Wir sind en je : gaung, die die Nan⸗ gegvoqlndete vane K. 1 win Nat onalversammlung Hierunter würde zu verstehen sein: die unter IIa ge Verstaatlichung aller dafür reifen Betriebe Feeh Zusammentritt der konstimierenden Nationalversammlung. Alle übrigen im Flughlatt verlangten Maßnahmen dürften sich eben⸗ falls erübrigen durch den Zusammentritt der konstituierenden Naconalaersasnan ung; aus 5”a Mitte die gesetzgebende Körperschaft si ilden wird. Des Volkes Wille js oberstes Geset! “
Hand zu
Die Bewachung der Kriegsgefangeuen erfordert
zurzeit für die zur Entlassung kommenden
mannschaften Ersatzleute. Wacht⸗
Die Inspektion der Ge 8 lager bittet daher im dringendsten Sense. deutschen Volkes alle diejenigen Heeresongehörigen, die noch im Militärdienste verbleiben wollen, sich als Wacht⸗ mannschaften hei der Inspektion der Gefangenenlager im Be⸗ recce des III Armertorps, Berlin W. 10, Genthiner Straße 40) zu melden. An Löhaung wird gewährt 1 ℳ Grundlohn für ecesn 4 ℳ Tageszulage und freie Verpflegung und
8 P““
Die verschiedenen Presseabteilungen des Vollzugs⸗ rates sind nach einer Mitteilung des „Wolffschen 1. graphenbüros“ nunmehr im Pressedienst unter gemeinsamer Leitung von Paul Scholze und Felix Stössinger zentralisiert. Der Pressedienst ist die Jaformationssselle des Vollzugsrats und der Oeffentlichkeit und vertritt den Vollzugsrat in Presse⸗ angelegenheiten bei der Regierung und in der Pressekonferenz.
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Ddem „Wolffschen Telegraphenbüro“ ain demn Kultus⸗ ministerium folgende Mitteilung zugegangen:
In verschiedenen Zeitungen ist davon die Rede, daß dem polnischen Abgeordneten von Trampezynski bei seinem jüngsten Besuch im Kultusministerium von den Ministern Haenisch und Hoffmann ein sofortiger Felg⸗ über die künftige Stellung der polnischen Sprache im Unterricht usw. zugesichert worden sei. Die Blätter teilen sogar den angeblichen Wortlaut dieses Erlasses mit. Demgegenüber wird hiermit ausdrücklich festgestellt, daß von einem dera rtigen Erlaß im Kultusministerium nicht das mindeste bekannt ist.
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In Erfurt haben nach einer Meldung von „W T die Vertreter der Arbeiter⸗ und Soldatenräte und die Vertreter der thüringischen Staaten und Preußens bei ihrer Tagung im Stadtverordnetensitzungssaale am Dienstag mit 68 Stimmen gegen 1 Stimme folgende Entschließung gefaßt:
Im Rahmen der ungeschmälerten Einheit des Reichsgebiets soll auch das Ziel des Strebens von Generationen nach einheitlicher staatlicher Gestaltung Thüringens Wirklichkeit werden. Die Vertreter der A.⸗ und S.⸗Räte des 36. Wahlbezirks zur deutschen Nationalversammlung, der Thüringer Staaten, des Regierungsbezirks Erfurt und des Kreises Schmalkalden schlagen deshalb vor, das von ibnen vertretene Gebiet zu einem Staate Thüriingen als Teil der Einheitsrepublik Deutschland zusammenzufassen. Alles Weitere soll ein von Vertretern der thüringischen Staaten und Preußens zu dildender Ausschuß sobald als möglich vorbereiten. Die Obliegen⸗ heiten der Uebergangszeit sind schon vor dem verfassungsmäßigen Ausbau von dem vorgenannten Ausschuß in Angriff zu nehmen.
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Der Arbeiter⸗ und Soldatenrat Frankfurt a. veröffentlicht, wie „W. T. B.“ berichtet, folgende amtliche Richttastellung:
Die in verschiedenen Blättern gebrachte Nachricht, daß die Entenre die Auflösung der A.⸗ und S.⸗Räte in der neutralen Zone verlangt habe, ist vollkommen unrichtig. Der Arbetterlat hält hier wie in anderen Städten nach wie vor seme Tätigkeit aufrecht. Die Falschmeldung ist auf folgende Mit⸗ feilung des Armeehauptquartiers zurückzuführen; „Die Entente hat sich das Kontrollrecht in der neutralen Zone vorbehalten. A.⸗ und S.⸗Räte werden von ihr nicht geduldet, sie sind daher in der neutralen Zone aufzulösen. Die Mitglieder der A.⸗ und S.⸗Räte, die in der neutralen Zone angetroffen werden, müssen gewärtig sein, von der Entente ver⸗ haftet zu werden.“ Der Arbeiterrat erklärt nach dieser Feststellung, daß es volltommen unwahr sei, daß die Entente nach den Waffen⸗ stillstandsbedingungen sich Eingriffe in die innerpolitischen Einrichtungen der neutralen Zone vorbehalten habe. Die Auflösung der A.⸗ und S.⸗Räte in der neutralen Zone sei keine Forderung des Feindes, sondern der Wunsch der gegenrevolutionären Kräfte unseres Landes. Der Arbeiterrat Frankfurt a. M. bhat nach den Waffenstillstands⸗ kedingungen für Frankfurt eine sogenannte Polizeitruppe vorgesehen. Demgemäß rückt am Donnerstag das Infanterieregiment Nr. 171 (115. Division) in einer Stärke von 1200 Mann hier ein. Das Regiment bleibt bis zum Eintreffen des Infanterieregiments Nr. 81, das in acht bis zehn Tagen in die alte Garnison zurückkehrt, hier. Hie Truppen haben lediglich Absperrungsaufgaben an der Bahn, den Straßen und den Wasserwegen zu erfüllen; ihnen liegt die Sicherung der wichtigsten Telegraphen⸗ und Fernsprechleitungen sowie die Sorge für Ruhe und Irdnung ab. Der Polizeidienst in der alten Form bleibt bestehen. Nach einer Rücksprache mit dem ersten Generalstabsoffizier der 15. Division sollen die Truppen zum Polizeidienst nur bei außer⸗ gewöhnlichen Sicherheitsbedürfnissen herangezogen werden. Die Truppe stebt nach ausdrücklicher Erklärung des Generalstabsoffiziers
mit dem Offizierkorps auf dem Boden der Reichsregierung Ebert⸗
Haase und tritt jedem gegenrevolutionären Versuch entgegen.
In Bad Nauheim hielten gestern etwa 300 Angehöͤrige der Soldatenräte des 18 Armeekorps in der Turnhalle eine Versammlung ab. Im Verlauf der Fehens wurde, wie „W. T. B.“ berichtet, folgende Entschließung gegen iwei Stimmen gefaßt:
d. Die heute in Bad Nauheim tagende Räteversammlung der Fruppen im Bereiche des 18. Atmeekorvs bekennt sich zu der Re⸗ Kerung Ebert⸗Haase, fordert die möglichst baldige Einberufung der ationalversammlung zur Sicherung und zum Aufbau der Republik. ie Versammlung verurteilt aufs schärfste das unverantwortliche Lreiben der Spartakusleute und verlangt von der Regierung, daß b. dem sofort mit allen Mitteln ein Ende mache. Als ebenso selbft. erständlich muß jeder Versu gemacht wird, auf das schärfste bekämpft werden
ch gegen die Revolution, der von rechts
Der Einzug weiterer Fronttruppen in Berlin. Gestern hielt die aus Truppen aller deutschen Stämme
gebildete deutsche Jägerdtvision, die schon mehrere Tage
vorher in den Ortschaften am Grunewald eingetroffen war und dort Rast gemacht hatte, ihren Einzug in Berlin. Als sich, berichtet „W. T. B.“, der Zug mit Lanzenreitern an der Spitze dem Brandenburger Tore nahte, spielten die vereinigten Kapellen unter Leitung ihrer Dirigenten, der Obermusikmeister Goerisch und Kähle, den Präsentiermarsch. Die Offiziere und Mannschaften, Wagen und Pferde, die schwarzeweiß⸗roten Fahnen, ja selbst die Waffen waren mit frischem Tannengrun geschmückt. Die erste Schwadron des 10 Dragoner⸗ regiments marschierte zuerst über den Pariser Platz. Dann folgten der Divisionsstab mit Generalmajor von Dassel als Führer und in bunter Reihenfolge das 11. Jägerregiment, das Gardereservejägerbataillon, das Gardereserveschützenbataillon, das Jägerbataillon Graf Yorck, die Lichterfelder Gardeschützen mit ihrer alten, ruhmbedeckten Fahne, eine Pionierabteilung, mehrere Batterien des Feldartillerieregiments Nr. 24, Nach⸗ richtenformationen, das 12. Jägerregiment, das Infanterie⸗ regiment Nr. 189, die Jägerregimenter Nr. 2 und 7 u. a. m.
Als ein Teil der Truppen auf dem weiten Platz Aufstellung genommen hatte, begrüßte als erster Redner der Volks⸗ beauftragte Haase die Truppen mit folgender Ansprache:
„Soldaten! Der Rat der Beauftragten, die Regierung der sozia⸗ listischen Republik begrüßt Euch apf das wärmste bei Eurer Rückkehr in die Heimat. Eure Leiden und Mühsale während der qualvollen
Kriegsjahre haben wir mit Euch gefühlt. Als die Regierung die Gewalt ergriff, war es ihr fester Entschluß, die sinnlose Massen⸗ schlächterei auch nicht um eine Stunde zu verlängern. Euch aus den Stätten des Grauens und der Verwirrung ohne Gefahr zu friedlicher Arbeit zurückzuführen, war ihr Bemühen. Jetzt seid Ihr auf heimi⸗ schem Boden Volksgenossen eines freien Volkes. Nicht mehr herrscht das eiserne Zepter der Militärdiktatur, die jede Regung eines freien Gedankens niederdrückte. Die alten Machthaber, die Euch in den Krieg hineingetrieben und Elend auf Elend gehäuft haben, sind gestürzt, unter ihrem fluchbeladenen Spstem ist unser Voltsleben verwüstet, an seiner Wiedergeburt mitzuwirken, seid Ihr berufen. Eure Kameraden in den Kasernen tragen rote Abzeichen, auf den Amtsgebäuden weht die rote Fahne. Dieses Rot ist das Sinnbild der Menschlichkeits⸗ verbrüderung, zu der sich die sozialistische Republik bekennt. Vielfach sind Euch nur Zerrbilder vom Sozialismus entworfen worden und von den Männern, die für seine Verwirklichung kämpften. In Wahr⸗ heit vermag nur die sozialistische Gesellschaft Rivalitäten der Völker auszuschalten und damit ein⸗ für allemal einen Krieg unmöglich zu machen. Und wer wollte nach den fürchterlichen Erfahrungen dieses Krieges, daß noch einmal Brüder gegen Bruüder die Waffen gegeneinander ergreifen? Auf dem Trümmerhaufen, den der Krieg zurückgelassen, eine Welt geordneten Zusammenlebens ohne Ausbeutung des Menschen durch den Menschen, ohne Massennot und ohne Unterdrückung zu schaffen, das ist die Aufgabe der sozialistischen Republik. Von Euch, Soldaten, wird es wesentlich abhängen, ob diese Bewegung, die glückverheißend eingesetzt hat, erfolgreich verläuft. Nicht mehr dürfen die dunklen Mächte der Vergangenheit das Aufwärtsstreben zur Menschheitskultur verhindern. Unser heißer Wunsch gilt der
reiheit und der Brüderlichkeit.
Nach dieser Ansprache spielte die Kapelle unter Leitung des Musikinspizienten Grawert „Stimmt an mit hellem hohen Klang!“ Als der letzte Ton verhallt war, begrüßte der zweite Bürgermeister Berlins Dr. Reicke im Namen der Stadt die deutsche Jägerdivision mit folgender Ansprache:
„Tapfere Krieger! Liebe Brüder! Auch die Stadt Berlin ent⸗ bietet Euch durch meinen Mund herzlichen Willkommensgruß! Nach unsäglich schweren vier Jahren, nach Kämpfen und Heldentaten, die erst eine gerechtere Zukunft in ihrer vollen Glorie würdigen wird und die die deutschen Jäger für alle Zeiten in die Heldenscharen der Weltgeschichte ei gereiht haben, kehrt Ihr in die Heimat zurück. Ihr findet die alte Heimat nicht mehr. Ihr findet eine verjüngte Heimat, die Euch liebevoll die Arme entgegenstreckt und bittet: Schlagt ein in unsere dargebotenen Hände, wir haben Euch lange er⸗ wartet. Ihr, die Ihr in langen Jahrzehnten des Friedens als Schützer und Schirmer der damaligen Ordnung der Stolz und die Liebe Eurer Garnisonen gewesen seid, Ihr sollt auch heute empfinden, daß nicht nur von den Häusern und Straßen unserer Stadt Euch die Fahnen des Willkomms entgegenwehen, sondern auch in unseren Herzen, vielen Tausenden von Herzen im ganzen Vaterlande Euch wie wärmende Feuer die Flammen der Dankbarkeit entgegen⸗ leuchten. Jedem Einzelnen von Euch, der draußen seine Pflicht und mehr als das getan hat, möchten wir die Hand drücken und sagen: habe Dank, Lieber, für das, was Du für uns getan und gelitten hast, und sei gesegnet, daß Du wieder⸗ kommst! Denn viele, die mit Euch auszogen, kehren nicht zurück. Viele, allzuviele deckt draußen im fremden Land der Rasen zu ewiger Ruhe, und Mütter und Witwen wissen nicht, wo sie die teure Stätte suchen sollen. Vor allem geziemt es sich, in dieser feierlich⸗ernsten Stunde ihrer mit dem Gefühle unauslöschlicher Dankbarkeit zu ge⸗ denken. Ihr anderen aber, denen noch weiter die schönste Lebens⸗ aufgabe des Menschen vergönnt ist, zu wirken und zu arbeiten, helft uns mit die große Ordnung wieder bauen, ohne die kein Staat stark und gesund und angesehen sein kann, helft uns mit im Bunde der Völker sie bauen in Frieden und Freiheit, in Gesetzlichkeit und Gerechtigkeit! Zu solchem Werke seid uns gegrüßt, tapfere Krieger, liebe Brüder, langerwartete Bürger! Unsere tapferen Krieger — sie leben hoch!
In das Hoch stimmten alle freudig ein. Unter den Klängen des Yorckschen Marsches ging es dann weiter durch die geschmückten „Linden“ den Quartieren entgegen.
Der Rat der Volksbeauftragten hat folgende Be⸗ grüßung an die heimkehrenden Truppen gerichtet: Kameraden!, Bei Eurer Heimkehr heißen Euch Eure Volts⸗ genossen und in ihrem Namen die Reichsregierung von Herzen will⸗ kommen! Es ist eine andere Regierung als die, welche Euch vier Jahre draußen kämpfen ließ. Sie bestegt aus Euresgleichen, Männern aus dem Volke, wie Ihr. Sie ist am 9. November von Euren Kameraden aus Kaserne und Fabrik eingesetzt worden, um an Stelle des zusammengebrochenen Alten all das Neue zu setzen, was die deutsche sozialistilche Republik festigt, und was Ihr zum Teil schon verwirklicht seht. Ihr werdet bei Euren ersten Schritten in der Heimat auf manches stoßen, was Euch ungewohnt und vielleicht befremdlich erscheint. Lernt den neuen Geist kennen, der heute in Deutschland lebt, und denkt vor allem daran, daß wir dabei auf Eure Mitarbeit rechnen. Ihr Soldaten seid politisch nicht mehr mundtot; in Euren Händen ruht ein großer Teil der Staatsgewalt; am 16. Dezember schon sollen Eure Vertreter mit denen der Arbeiter zur Beratung über die wichtigsten Fragen Deutschlands zusammen treten und endgültig den Tag bestimmen, an dem die deutsche Nationalversammlung gewählt werden soll. Ihr kommt in Euer⸗ eigenes Haus zurück, dessen Ausbau Ihr mitbestimmen sollt, das noch nichts Fertiges ift. In den Straßen seht ihr rote Fahnen wehen, die das Symbol des völkerbefreienden Sozialismus sind und nicht das Zeichen der Anarchie. Darum achtet und schützt sie. Kameraden! Ihr von der Front sollt die ersten Soldaten der Republik sein! Aus Euch muß ch das Polksheer herausbilden, das aus eigenem Willen seine 8 heuts ist die auf der breiten Grundlage des Vertrauens der A.⸗ und S.⸗Räte ruhende Reichsregierunn die Nerförperung der Repudlik und threr Ziele. Ihr hat sich sofort der Feldmarschall Hindenburg verpflichtet, ihm sind
ührer bestimmt, und das freiwillig gehorcht.
Bekräftigt Ihr he
Tausende und Hunderttausende gefolgt. Regierung und
Bekenntnis der Front durch das Treugelöbnis zu Freistaat. 1 Uar Montag, dem 9. Dezember, hat im Rathaus zu Steglitz eine denhwürdige Begegnung stattgefunden. Es waren dort ver⸗ sammelt Eure Vertreter, Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften der Garde⸗Kavallerte⸗Schützendivision und der Deutschen Jäger⸗ division und als Vertreter der Regierung die Volksbeauftragten * Ebert, Haase, Dittmann, Scheidemann. Ebert bielt folgende Ansprache: „Sie kehren aus dem Getümmel des Krieges zurück und sehen sich in der Heimat gewaltigen Veränderungen gegen⸗ über. Das alte Spstem ist gestürzt, das deutsche Volk ist ewillt, neue Verfassungsformen zu schaffen, die die schweren Wunden heilen sollen, welche unser Land in den Jahren des Völker⸗ hasses davongetragen hat. Wir sind von unserem Volk mit der einstweiligen Führung der Regierungsgeschäfte betraut. Frieden, Freiheit, Ordnung werden die Sterne sein, denen wir folgen werden. Wir dürfen hoffen, daß Sie uns bei der Lösung unserer schweren Aufgaben unterstützen werden. Ich bitte Sie, folgendes Gelöbnis abzugeben: Wir geloben, zugleich im Namen der von uns vertretenen Truppenteile, unsere ganze Kraft für die einige Deutsche Republik und ihre provisorische Regierung, den Rat der Volksbeauftragten, einzusetzen.“ Generalleutnant Lequis wiederbolte im Namen der anwesenden Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften die Gelöbnisformel. Volk und Heer sind jetzt eins! Seid dieser herzerhebenden Tatsache allzeit eingedenk. Treue um Treue!
Habt Dank für alles, was Ihr zum Schutz der Heimat getan habt. Mit unvergänglichen Lettern sind Eure Taten im Buch der Weltgeschichte eingetragen. .
Berlin, den 9. Dezember 1918.
Der Rat der Volksbeauftragten: 8 Ebert. Haase. Scheidemann. Dittmann. Landsberg. h.
8 —
Württemberg.
Die provisorische Regierung hat gestern, wie „Wolffs Telegraphenbüro“ meldet, die Vorverlegung des Wahl⸗ termins für die verfassunggebende Landesversammlung auf den 12. Januar beschlossen.
Oesterreich und Ungarn.
Die Besetzung der großen deutsch⸗böhmischen Städte durch die tschecho⸗slowakischen Truppen macht, dem „Neuen Wiener Tageblott“ zufolge, stete Fort⸗ schritte. Im Laufe des gestrigen Tages wurden Reichenberg, Trautenau und Gablonz von den Tschechen besetzt. Ebenso wird die Besetzung von Troppau in den nächsten Tagen er⸗ wartet. Der Landeshauptmann von Böhmen hat im Namen der deutsch⸗böhmischen Landesregierung an die Regierungen der Eatente in Versailles ein Telegramm gerichtet, in dem er um die Besetzung Deutsch⸗Böhmens durch amerikanische oder eng⸗ lische Truppen ersucht unter Hinweis darauf, daß bei der er⸗ bitterten Stimmung zwischen Tschecho⸗⸗Slowaken und Deutsch⸗ Böhmen die Besetzung Deutsch⸗Böhmens durch Tschechen nur unnütze Reibungen verursachen würde. Ein ähnliches Tele⸗ gramm hat der Landeshauptmann an den Präsidenten Wilson gerichtet.
— Gestern wurden die Verhandlungen zwischen den Vertreternderdeutsch⸗österreichischen Republik und den Vertreterndes slowenischen Verwaltungsgebiets des sfüdslawischen Staats fortoesetzt. Die flowenische National⸗ regierung erklärte sich, wie „Wolffs Telegraphenbüro“ meldet, grundsätzlich bereit, der deutsch⸗östereichischen Republik für den Ffenhahnthtbeh soviel Kohle zu liefern, wie sie ohne Benach⸗ teiligung ihres industriellen Betriebes stellen könne. Der Präsident der Kärntner Landesversammlung, Dr. Strobl gab im Namen der Vertreter der Kärntner Re⸗ gierung eine Erklärung ab, in der das Bedauern über den Abbruch der Verhandlungen, betreffend die Ver⸗ waltungsabgrenzung, ausgedrückt wird. Die Führung der weiteren rein mirtschaftlichen, einen gesamtstaatlichen Charakter tragenden Verhandlungen überlassen die Vertreter der Kärntner Regierung den Vertretern der Regierung der deutsch⸗öster⸗ iceschet Republik und ersuchen um die Abreisepapiere. Nach Ausfolgung dieser Papiere reisten die Vertreter der Kärtner Regierung ab.
— Das „Ungarische Telegraphische Korrespondenzbüro“ verbreitet eine gestern ausgegebene offiziöse Mitteilung, worin es heißt:
Es ist Tatsache, daß bezüglich der in Verhandlung stehenden Reform⸗ vorschläge zwischen den Mitgliedern der Regierung sach liche Gegensätze aufgetaucht sind, welche aus der Natur der Zu⸗ gehörigkeit zu den verschiedenen Parteien fließen. Die sachlichen Gegensätze werden von Personen vertreten, weshalb die prinzipiellen Gegensätze leicht als persönliche Gegensätze ausgelegt werden können. All jene Meinungsverschiedenheiten jedoch, die insbesondere bezüglich der Einzelheiten der Reform der Grundbesitzpolitik aufgetaucht sind, sind kemeswegs solche, daß darüber eine Verständigung unmöglich wäre. Zur Ueberbrückung der Gegensätze sind zwischen den Mitgliedern der Regierung und den Führern der drei Parteien ständige Verhandlungen im Gange, welche bereits in ein Stadium gelangt sind, daß binnen kurzem eine volle Verständigung zustande kommen kann. 8 8
8 Polen.
Die deutsche Gesandtschaft in Warschau hat nach einer Meldung des „Wolffschen Telegrophenbüros“ gegen die Verletzung ihrer Exterritorialität durch Demonstranten an zu⸗ ständiger polnischer Stelle feierlich Einspruch erhoben.
— Die Volksparteien Polens und Galiziens hielten dieser Tage in Krakau eine allgemeine Taaung ab, auf der es, oviger Quelle zufolge, zu einer Einigung der verschiedenen Richtungen kam. Von den Beschlüssen der Partei sind hervorzuheben: Die Partei unterstützt die Re⸗ gierung bei der Bildung des Heeres, tritt für eine Agrar⸗ reform ein, protestiert aber gegen die staatliche Kontrolle der Bauernwirtschaften, die im Regierungsprogramm Mora⸗ czewskis angekündigt wurde, als gegen einen Vorläufer der Sozialisierung des Landes Die Volkspartei will die Warschauer Regierung, besonders Pilsude ki, unterstützen, fordert jedoch eine Umbildung des Kabinerts in der Weise, daß die Volkspartei die Hälfte der Ministerposten erhält, während die übrigen Sitze zu je einem Viertel unter die Vertreter der ee geh sowie die Posener und Schlesier verteilt werden ollen.
Grvßbritannien und Irland.
Zwischen der britischen Regierung und der Re⸗
gierung der Vereinigten Staaten von Amerika find,
dem „Dally Expreß“ zufolge, informatorische Be⸗ sprechungen über die Freiheit der Meere im Gan e, vei denen der Präsident⸗ Wilson konkrete Vorschläge machte,
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