1918 / 296 p. 1 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 16 Dec 1918 18:00:01 GMT) scan diff

Eine sozialistische Interpellation verlangte laut Bericht der „Schweizerischen Daopeschenagentur“ Auskunft, ob nicht an einem Orte die Truppen grundlos auf das Volk geschossen hätten, wobei drei Arbeiter geistet worden seien, und ob die Schuldigen zur Rechenschaft gezogen seien. Der Vertreter der Regierung antwortete, daß die Truppen erst im Notfall geschossen und korrekt ge⸗ handelt bätten. Die zweite sozialistische Interpellation verlangte aktengemäße und wahrheitsgetreue Auskunft über die Motive der vor dem Streit beschlossenen starken Truppenaufgebote. Die Regferung lehnte es ab, auf die Frage einzugehen. In Zürich herrschten gefähr⸗ liche revolutionäte Strömungen, die sich auch auf andere Städte ausdehnten. Bolschewistische Agenten mit reichen Geldmitteln wühlten unter der Arbeiterschaft. Die infolgedessen aufgebotenen Truppen hätten üuber 800 Mann durch Erkrankung an der Grippe verloren. Die Anstifter seien verantwortlich für dieses Unglück. Der Bundesrat werde stets Truppen aufbieten, wenn es not⸗ wendig sei, die persönliche Freiheit zu schützen. Er lehne das Streikrecht des Staatspersonals mit aller Bestimmtheit ab. Eine bürgerliche Interpellation verlangte Auskunft über die getroffenen Maßnahmen gegen ausländische Anarchisten, die die Ordnung im Lande untergraben. Die Haltung der Regierung sei nicht immer fest genug. Der Regierungsvertreter sagte, daß gerichtliche Unter⸗ suchung gegenüber den Streikführern sowie Strafverfügungen wegen Sabotage, Bedrohung und Sachbeschädigungen im Gange seien. Difziplinarische Maßnahmen gegen streitende Beamte seien vorgesehen. In der Erörterung sagte der Sozialist Greulich, Strei kein revolutionärer Putsch gewesen. Grimm (Soz.) b Arbeiterführer das Militär stets auffordern würden, nicht auf Volk zu schießen. Der Bolschewismus sei kein Ziel, sondern eine Methode. Er lehne sie ab, da in der Schweiz bierzu die historischen Voraussetzungen fehlten. Bürgerliche Abgeordnete betonten, d Landesstreitk sei von langer Hand vorvbereitet gewesen. Jugend werde nach dem Muster der Extremisten erzog Landesstreik sei ein Teil der großen Bewegung, die land ausgegangen sei. Hirzel⸗Bern sagte, der Streik babe den Landeskredit geschädigt. Platten (Linkssozialist) bekannte sich zum Bolschewismus als Weltauffassung der Zukunft. Der Generalstreik sei nicht nur Mittel zur Erlangung wittschaftlicher Vorteile, sondern die Probe dafür, wie die politische Macht von der 2 schaf erlangen sei.

Die bürgerlichen Vertreter des Nationalrats haben zum Landesstreik obiger folge nachstehende Schlußerklärung abgegeben:

1) Das Truppenaufgebot, das infolge des verräteris streiks erfolgte, war eine zwingende Notwendigkeit, einerseits um die

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Arbeitswilligen zu schützen, andererseits um die durch aufruü⸗ Vorkehrungen gefährdete öffentliche Ruhe und Ordnung zuerhalten. Für die tief bedauerlichen Todesfälle, welche unter unseren aufgebotenen Truppen verursachte, sind die des Landesstreiks verantwortlich.

2) Das Schweizer Volk verlangt, daß die Anstifter Organisatoren des Landesstreiks mit der ganzen Strenge des Gesetzes bestraft werden.

3) Das Schweizer Volk erwartet vom Bundes rat, daß er sein Läuterungswerk fortsetzt und alle Ausländer, deren Verhalten für die Sicherheit des Landes eine Gefahr bedeutet, unvetzüglich ausweist.

ö“ Finnland. 1

Der Landtag hat nach einer Meldung des „Wolfsschen Telegraphenbüros“ das Abschiedsgesuch des Reichsver⸗ wesers Swinhufvud bewilligt und den General Manner⸗ heim beauftragt, als Reichsverweser die höchste Gewalt auszuüben. Bis zu seiner Rückkehr wird die höchste Gewalt vom Staatsrat ausgeübt. Der Beschluß wurde mit 73 gegen 27 Stimmen gefaßt.

5 Amerika.

Das amerikanische Schatzomt hat noch einer „Reuter“⸗Meldung Belgien 3200 000 Dollar geliehen, womit die Belgien geliehene Gesamtsumme auf 213 320 000 Dollar steigt.

Der amerikanische Marinesekretär Daniels sagte in einer Rede in Baltimore, obiger Quelle zufolge:

Die Vereinigten Staaten werden auf der Friedenskonferenz keine Entschädigungen verlangen Wenn andere Nationen ihre Rüstungen fortsetzen, müssen wir es auch tun. Zweifellos wird die Behörde, die die Entscheidungen des internationalen Gerichtshofes burchsetzen soll, noch auf Jahre hinaus eine Flotte oder Flotten in großem Umfange nölig haben. Bevor die Völker sich nicht auf eine vernünftige Beschrankung der Rüstungen geeinigt haben, müssen die Vereinigten Staaten bereit sein, einen ebenso großen Anteil wie rgend eine andete Nation zur Seemacht beizutragen.

9 Asien.

„Reuter“ berichtet, daß sich Said Pascha, der Befehls⸗ haber der im Hinterlande von Aden operierenden türkischen Truppen, mit seinem Stabe gestern ergeben hat.

Theater und Musik.

Deutsches Theater. Gestern sah man Leo Tolstois vieraktiges Bekenntnisdrama „Und das Licht scheinet in der Finsternis“, jenes vundersame Werk, das sich in seinem Nachlaß vorfand und dessen Bekanntschaft uns das Kleine Theater unter Barnowsky „Jahre 1912 vermittelte, im Deutschen Theater, von Reinhardt in Szene aesetzt, wieder. Die Wirkung wa auch gestern stark und tief. Wenn auch hauptsächlich Tolstoi, der ensch, der mutige Bekenner der von ihm erkannten Wahr⸗ dieser Szenenfolge zu uns spricht, auch seine große chterische Gabe, jenes ihm anvertraute Pfund, das er in späteren Jahren selbst gering achtete, offenbart sich in der Gestaltungskraft, die ihn dazu trieb, sein eigenes Leben hier nachzuzeichnen. In der Haupt⸗ gestalt des Nikolai Jwanowitsch Sarynzew gibt er ein Spiegel⸗ bild seiner selbst von dem Augenblick an, da sich der Umschwung in Fenem Wesen vollzog, als er Reichtum und Besitz wie einen Raub an denen zu empfinden begann, durch deren Hände Arbeit sie er⸗ worben wurden. Klar und scharf hebt sich diese Gestalt von ihrer Umgebung ab, und mit größter Objektivität zeigt Tolstoi die Wort⸗ und Seelenkämpfe, die er mit seinen Wider⸗ sachern auszufechten hatte. Alles, was die herrschende Welt⸗ anschauung, was die Kirche und vor allem, was die eigene Familie gegen ihn vorzubringen hat, wird ohne jede tendenziöse Entstellung wiedergegeben, und auch das Unheil, das die neue Lehre in unreifen Köpfen anrichtet und die Seelennot, in die ihr Apostel selbst gestürzt wird, der Zweifel, ob sie nicht am Ende doch eine rlepre sei, werden nicht verschwiegen noch beschönigt. Sogar der Entschluß, Haus und Heim zu verlossen, den Tolstot noch in seinen letzten Lebenstagen tatsächlich ausführte, wird bier in einem er⸗ greifenden Auftritt mit der Gattin, deren Bitten, zu bleiben, sein Ebenbild auf der Bühne schließlich nachgibt und mit dem dieses unvollendet gebliebene Drama abbricht, getreulich aufgezeichnet. Max Reinhardt hat sich als Spielwart liebevoll in alle Einzelheiten dieses dramatischen Lebensbildes versenkt und es auf seiner Bühne n packender Scheinwirklichkeit erstehen lassen. Die Hauptrolle

des Sarynzew spielte Alexander Moissi weicher als dereinst sein Vorgänger Kayßler, auch nicht so tolftoihoft und bäurisch⸗derb in der Erscheinung, aber darum nicht minder ergreifend und überzeugend. Der Eiferer, der Fanatiker aus Herzensgüte war bei ihm stärken ausgepräͤgt als der an seinen Grundsätzen festhaltende Starrkopf, den Kavßler einst zeichnete. Von eindringlichster Wirkung war auch Lucie Höflich in der Rolle der schwer geprüften Gattin, und üußerst charakteristisch gestalteee Roja Bertens die mit gesundem Menschenverstand die Forderungen des praktischen Lebens betonende Schwägecin. Aber auch alle die anderen zahlreichen Rollen, in denen fast das ganze Personal der Reinhardtbühne beschäftigt war, waren mit gerigneten Kräften besetzt.

Im Opernhause wird morgen, Sonntag, „Der fliegende Hollaͤnder“ mit den Damen Kemp, Goetze und den Herren Mann, Armster, Stock und Philipp in den Hauptrollen aufgeführt. Musikalischer Leiter ist Dr. Fritz Stiedry.

Im Schauspielhause wird morgen „Kater Lampe“ mit den Damen Conrad, Steinsieck, Pategg, Heisler, Dora, Abich und den Herren Vallentin, Mannstädt, Leffler, Vesvermann, Patrv, Biensfeldt und Eichholz in den Hauptrollen gegeben. Spielleiter ist Konzente.

Opernbauses unter Dr. Richard zu Beginn ihres V. Symphonie⸗

Tauberts Symphonie in G⸗Moll

achtzigjäbrigen Tonsetzer auf. Das

Komponisten ist erst in diesem

standen u darf als die reife Schöpfung eines Entwicklungsstufen gegangenen Musikers angesprochen

werden. Ganz aus sich selbst geboren, stellt diese Kunst absolute, in Wohllaut getauchte Musik dar. Be ist der im „Mennettschritt“ gefaßte zweite Satz eine

klassisch schöne Schöpfung, die Arbeit eines in der Harmonik führenden ie im Satzbau bewährten Meisters, der nirgends Härten und härten, nircends Anlehnung oder Abfsichtlichkeiten zeigt, sondern üb rall dem Geist der Muse entspricht, der er dient. Der anwesende Komponist konnte in vollster Rüstigkeit den Dank einer begeisterten Hörerschaft entgegennehmen. Das ausführende Orchester nahm sich r Neuheit mit Wärme und Hingebung an. Den Schluß des enußreichen Konzerts bildete Beethovens unvergleichliche „Eroica“. zweite Kammermusikabend, den der Kapellmeister Her scherchen veranstaltete, fand am 3. Dezember im ndworth⸗Scharwenkasaal statt. Mitwirkende waren:

ic s Lambinon (1. Viol.), Siegfried Czeslar (2. Viol.), herchen (Viola), F. R. Mendelssohn (Cello) und Simon (Klavier). Es wurden Werke von Busoni und en dargeboten. Ein Streichquartett von Busoni erwies sich ls gesucht in der Erfindung und Harmonie. Dagegen hob sich seine Violinsonate wohltuend ab; Nicolas Lambinon spielte sie mit tadel⸗ loser Technik und viel Temperament und hatte in J. Simon einen verständnisvollen Begleiter. Die Themen sind prägnant und geschickt verarbeitet, das Ganze ein Werk, das gewiß mit Freuden von den Geigern aufgenommen werden wird. Der Erfolg war stark und wohl verdient. Als Letzter war H. Scherchen mit einem Streichquartett auf der Vortragsfolge verzeichnet, das größtenteils in Schönbergs Fußtapfen tritt. Das Scherzo ist nur ein Aufbau von Dissonanzen, die aber niemals in Wohllaut aufgelöst werden. Das Thema an sich ist schon für das Ohr ein widerhaariges Ding. Das Adagio ist allerdings teilweise flüssig und natürlich aufgebaut. Der 3. Satz wimmelt dafür wieder von Dissonanzen die selbst einem Ohr, das in diesen Klangwirkungen moderner Musik geübt ist, zuviel zumutet. Jedoch sind auch darin wieder Perioden, die klangvoll und schön sind. Im Beethovensaal hatten Rose Walter (Gesang) und Wanda Landowska (Cembalo und Klavier) ein interessantes Konzert veranstaltet, dessen Programm weltliche Musik des 17. und 18. Jahrhunderts umfaßte. Frau Rose Walter, die ein namentlich im Ziergesang trefflich gebildetes Organ besitzt, sang mit sicherem Stilgefühl deut’sche und italienische Lieder und Arien der alten Meister. Besonderen Anklang fanden drei Arien von Händel mit Cemhalo und obligater Flötenbegleitung, letztere sehr sauber von der Flötenvittuöosin Hilde Tharer ausgeführt. Frau Landowska verstand ihre Vorträge sowohl auf dem Cembalo wie auf dem Klavier mcisterlich im Gefühl und Geist der damaligen Zeit zu ge⸗ stalten. Besonders stürmischen Beifall hatte sie in der biblischen Sonate von Kuhnau (1660 1722), „Der Streit zwischen David und Goliath“, die eine Fülle von drolligen musikalischen Eingebungen birgt. Editha Krengel., die in der Singakademie auftrat ist entichieden eine der sympathischsten Geigerinnen. Abgesehen von dergroßen Leistung, drei Konzerte an einem Abend vorzutragen, interessiert ihr Spiel besonders durch die große und ausgeglichene Tonschönbeit. Herr Hildebrand und das Philharmonische Orchester begleiteten mit sichtbarer Anteilnahme. Ein Klavierabend von Alice Haßler⸗Landolt im Bechsteinsaal brachte viel Unausgeglichenes. Technisch und im Anschlag leistet die Künstlerin durchaus Anertennenswertes, aber in der Rhythmik herrscht noch sehr viel Willkür. Das G⸗Dur⸗Impromptu von Schubert war infolgedessen kaum wiederzuerkennen. Carmen von Scheele, die im Klindworth⸗Schar⸗ wenkasaal einen Liederabend gab, fehlt zwar noch mancherlei zur völligen Entfaltung ihrer Begabung, aber durch den schönen Klang ihres etwas dunklen Mezzosoprans und ihren natürlichen, aus⸗ drucksvollen Vortrag weiß sie schon jetzt ihre Zuhörer zu fesseln. Maria Mora von Goetz, die im Beethovensaal sang, war stimmlich diesmal nicht auf der gewohnten Höhe: sie hatte um Nach⸗ sicht wegen stimmlicher Indisposition bitten müssen. Aber vermöge ihres Kunstempfindens und der geistvollen Art ihres Vortrags wird man sie immer zu den Sängerinnen von höherer künstlerischer Bedeutung eählen. Zwischen Schumann und Strauß sang sie fesselnde, gefällige Lieder von Fritz Fleck und James Simon, von letzterem „Sommernachts über Land“ (Manuskript), ein stimmungsvolles, gut durchgeführtes Lied, das viel Beifall fand. Als sympathische Sängerin stellte sich Charlotte Rohde⸗ Stahlbaum im Beethovensaal vor. Sie ist im Besitze eines gutgebildeten Mezzosoprans mit dunkler Altfärhung und trägt geschmackvoll vor. Lieder von Schubert, Wolf Kaun, Brahms und Mahler bildeten ihr gut gewähltes Programm! auch drei Lieder von Fritz Kaufmann waren nicht unimeressant. Ein Liederabend von Else Jansen war dagegen so wenig an⸗ sprechend, daß darüber nicht viel zu sagen ist. Die junge Sängerin ist technisch noch unvollkommen geschult; sie spricht undeutlich aus, und besonders fehlt es ihr gänzlich an ausdrucksvollem Vortrag. Der mitwirkende Herr Louis van Laar spielte Mozarts B⸗dur⸗Sonate flüssig, aber ohne die Wärme und Schmiegsamkeit die Mozart verlangt. Betsy Culp erwies sich wiederum als gewandte und verständnisvolle Begleiterin am Klavier. Herbert Eulenberg widmete im Klin worth⸗Scharwenkasaal dem ostpreußischen Dichter Walter Heymann einen Abend, dessen Liebe zur Heimat er besonders hervorhob. Ein „Ostpreußischer Bauer“ betiteltes Gedicht schildert in markigen Worten den Typus. Ganz besonders eindringlich malt Heymann mit Worten einen Sonnen⸗ untergang an der Kurischen Nehrung, die ihm vor allem lieb war. Der Dichter zog 1914 als Freiwilliger ins Feld und ließ in der Begeisterung für das Vaterland freudig sein junges Leben.

Ein anderer Vortragsabend, der im Künstlerhause stattfand, war

auf einen heiteren Ton gestimmt. Hier brachte der Vortragskünstler Franz Norman mit seinem ausdrucksfähigen, wenn auch etwas ver schleierten Organ eine bunte Blumenlese von Märchen, Vers und Prosa alter und neuer Dichter zu Gehör, und fand damit lebhaften verdienten Beifall.

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Handel und Gewerbe.

Die Gesamtsumme der im Umlauf befindlichen Berliner Pfandbriefe, einschließlich der dem Reservefonds und 1 Pfandbriefkasse des Instituts gehörigen Stücke beträgt insgesamt 284 034 700 gegen 282 972 150 im Vorjahre. Jahre sind 36 Grundstücke zur Neu⸗ und Nachbeleihung angemeldet worden. Ven den auf diese Meldungen hin genehmigten Beleihunge sind 3 265 000 noch nicht abgehoben. ö Nach dem Geschäftsbericht der Berliner Maschin bau⸗Aktien⸗Gesellschaft vormals L. Schwar t. kopff vom 1. Juli 1917 bis 30. Juni 1918 sind auch im ab⸗ gelaufenen Geschaftsjahre die Ansprüche, die der Krieg an die Leistungsfähigkeit des Werkes gestellt hat, wiederum ganz ordentlich gestiegen. Die Werkstätten waren auf das äußerste genützt, der Arbeiterstand ist weiter erheblich gewachsen. Der Umsatz konnte noch weiter beträchtlich gesteigert werden. Der Reingewinn beläuft sich auf 41237 643 und einschließlich des Por⸗ trags vom 1. Juli 1917 von 901 640 auf zusammen 5 139 283 gegen 5 442 288 im vorigen Geschäftsjahre. Es sollen wieder 25 vH für die Aktie als Jahresgewinn verteilt werden. In das laufende Geschäftsjahr ist die Gesellschaft mit einem ungewöhnlich hohen Auftragsbestand eingetreten und hatte in den ersten vier Monaten bereits einen Umsatz erzielt nahezu in der Höhe des Ge⸗ samtumisatzes des Geschäftsjahres 1916/1917. Die inzwischen ein⸗ getretene Umwälzung aller Verhältnisse macht eine bestimmte Vor⸗ aussage unmöglich.

1

Berichte von auswärtigen Wertpapiermärkten.

Wien, 13. Dezember. (W. T. B.) Der Börsenverkehr bewegte sich mit Rücksicht auf den Wochenabschluß wiederum in recht engen Grenzen. Die Kurse der leitenden Kulissenwerte stellten sich anfangs infolge günstigerer Auffassung über das Ergebnis der Prager Kohlenverhandlungen einige Kronen höher, gaben jedoch bei der vor⸗ herrschenden Geschäftsstille davon wieder etwas her. Im Schranken blieb die Kursbildung wie bisher uneinheitlich bei belanglosen Ver⸗ änderungen.

Witen, 13. Dezember. (W. T. B.) Amtliche Notierungen der Devisenzentrale. Berlin 185,85 G., 186,15 B., Amsterdam 677,75 G., 678,75 B., Zürich 331,00 G., 332,00 B., Kopenhagen 420,00 G., 421,00 B., Stockholm 466,00 G., 467,00 B., Christianic 444,50 G., 445,50 B., Konstantinopel —,— G., —,— B., Mark⸗ noten 185,85 G., 185,85 B. Rubelnoten Romanows 250,00 G. Rubelnoten Duma 235,00 G. 4

Wien, 15. Dezember (W. T2. N. (Börsenschlußkurse.) Türkische Loose 357,00, Orientbahn 1135,00, Staatsbahn 763,00, Süd⸗ bahn 98,10, Oesterreichische Kredit 622,00, Ungarische Kredit —,—, Anglobank 394,00, Unionbank 499.50, Bankverein 459,00, Laͤnder⸗ bank 457,00, Tabataktien 955,00, Alvine Montan 792,00, Prager Eisen 2223,00, Rima Muranper 822 00, Skod werke 649,00, Salgo Kohlen 826,00, Brüxer Kohlen 1455,00, Galizia 1010,00, Waffen 985,00, Lloyd⸗Aktien 1950,00, Poldthütte 958,00, Daimler Oesterreichische Goldrente 110,25, Ungarische Goldrente 132,00.

London, 12. Dezember. (W. T. B.) 2 ½ % Englische Konfols 59 ⅞, 5. % Argentinier von 1886 —, 4 % Brasilianer von 1889 62 ½%, 4 % Japaner von 1889 —, 3 % Portugiesen 56 ½, 5 % Russen von 1906 —, 4 ½ % Nhü se von 1909 Baltimore and Ohio —, Canadian Pacifice —, Erie National Railways of Mexico 9 ⅛, Pennsylvania —,—, Southern Pacifie —,—, Union Pacific —,—, United States Steel Corporation 103, Anaconda Copper —, Rio Tinto 65 ¼, Chartered 23 3, De Beers def. 16 ½1 6, Goldfields 1 ⁄, Randmines 3 ½. 5 % Kriegsanleihe 94 ⁄16, 4 % Kriegsanleihe 101, 3 ½ % Kriegsanleibe 88 ½. Pripatdiskont 3 ½, Silber 48 ⁄16. Wechsel auf Amsterdam kurz 11,18 ⅛, Wechsel auf Paris 3 Monate 26,42. Wechsel auf Paris kurz 25,98.

Paris, 12. Dezember. (W. T. B.) 5 % Französische Anleihe 88,05, 3 % Französische Rente 62,90, 4 % Span. äußere Anleihe —,—, 5 % Russen von 1906 60,50, 3 % Russen von 1896 38,50, 4 % Türken unif. 71,45, Suezkanal 5420, Rio Timo 1808.

Amsterdam, 13. Dezember. (W. T. B.) Fest, aus⸗ genommen amerikanische Werte. Wechsel auf Berlin 27,80, Wechsel auf Wien 15,10, Wechsel auf Schweiz 48,25, Wechsel auf Kopenhagen 63,40, Wechsel auf Stockholm 68,30, Wechsel auf New York 235,50, Wechsel auf London 11,22, Wechsel auf Paris 43,12 ½. 4 % Niederländische Staatsanleihe 87 ½, Obl. 3 % Niederländische W. S. 64 ¼, Königl. Niederländische Petroleum 425. Holland⸗Amerika⸗Linie 395 ¼, Niederländ.⸗Indische Handelsbank 197, Atchison, Topeka u. Santa 90 ½, Nock Island —, Southern Pacific 93 ½, Southern Railway —, Union Pacisic 133 ⅞, Anaconda 158 ⅜, United States Steel Corp. 891, Französisch⸗Englische Anleihe —, Hamburg⸗Amerika⸗Linie —. Kopenhagen, 13. Dezember. (W. T. B.) Sichtwechsel auf Hamburg 45 00, do. auf Amsterdam 158,25, do. auf schweiz. Plätze 76,75, do. auf London 17,69, do. auf Paris 68,50.

Stockholm, 13. Dezember. (W. T. B.) Sichtwechsel auf Berlin 40,50, do. auf Amsterdam 147,00, do. auf schweiz. Plätze 71,00, do. auf London 16,45, do. auf Paris 63,50.

New York, 12. Dezember. (Schluß.) (W. T. B.) Tie Haltung der Effektenbörse war anfänglich unregelmäßig und mwurde im weiteren Verlause allgemein matter wegen der Erklärung des Staatssekretärs Me Adoo, in welcher er die Kontrolle der Bahnen durch die Regierung für die Tauer weiterer fünf Jahre empfiehlt. Ferner rief die Weigerung des Kriegshandelsamts, für Eisen und Stahl Höchstpreise festzusetzen, umfangreiche Abgaben hervor, die zeit⸗ weilig ziemlich dringenden Charakter annahmen. Die festere Haltung der Schiffahrtsaktien und der Petroleumwerte übte gegenüber der starken Abgabelust nur geringen Einfluß aus, und die Börse schloß in matter Haltung. Umgesetzt wurden 410 000 Akttien. Geld: Schwach. Geld auf 24 Stunden Durchschnittssatz 4, Geld auf 24 Stunden letztes Darlehn 4 ½, Wechsel auf London (60 Tage) 4,73,50, Cable Tiansfers 45 6,45, Wechsel auf Paris auf Sicht 5,45,62, Silber in Barren 101 ⁄, 3 % Northern Pacific Bonds —, 4 % Verein. Staaten Bonds 1925 —, Atchison, Topeka u. Santa 93 ½, Baltimore und Ohio 54, Canadian Pacisic 159, Chesapeake u. Ohio 57 ¼, Cbicago, Milwautee u. St. Paul 45 ½, Denver u. Rio Grande 5 ꝛ, Illinois Central 98, Louisville u. Nashville 119, New York Central 77 ½. Norfolk u. Western 106, Penniylvania 40 ⅞, Reading 84, Southern Pacific 102, Union Pacific 129 ½, Anacon Copper Mining 65 ¼, United States Steel Corporation 97, d „pref. 112 ¼.

Bersichte von auswärtigen Warenmärkten.

Bradford, 12. Dezember. (W. T. B.) Wolle. Vom Woll⸗ markt wird berichtet, daß sich ein anhaltender Uebergang von der Regierungs⸗ auf die Zivilproduktion vollzieht. Die Spimnereien und Fabrikanten sind wegen neuer Geschäfrsabschlüsse nicht besorgt. ¹ 5 1 verpool, 12. Dezember. (W. T. B.) Baumwolle. Umsatz 199 Ballen, Einfuhr Ballen, davon Ballen ameri- kanische Baumwolle. Für Dezember 19,64, für Januar 18,45. Texas 20, Brasilianische 1 Punkt niedriger.

loko middling 28,75, do. für Dezember 27,23, do. für Januar 26,00, do. für Februar 25,10, New Orleans loko middling 28,50, Petroleum refined (in Cases) 19,25, do. Stand. white in New York 15,50 do. in Tanks 8,25, do. Credit Balances at Oil City 4,00, Schmal Zentrifugal 7,28, Weizen Winter 237 ⅛, Mebl Spring⸗Whxat Riv Nr. 7 loko 10⅛8, do. für Juli —,—. 1 Rio de Janeiro, 11. Dezember. (W. T. B.) Kaffee. Zufuhren: in Rio 5000 Sack, in Santos 30 000 Sack. .“ 1161““

New York, 11. Dezember. (W. T. B.) (Schluß.) Baumwolle

prime Western 26,62 ½, do. Robe &. Brothers 29,25, Zucer

clears 10,75 11,10, Getreidefracht nach Liverpool nom., Kaffee

Der Bezugsprein beträgt vierteljährlich 9 ℳ.

Ale Postanstalten nehmen Bestellung an: für Berlin eaoern den Postanstalten und Zeitungsvertrieben für Gelbstahhsler nach hie Geschäftsstelle SW. 48, Wilhelmstraße 32.

Einzelne Anummern kosten 25 F..

Reichsbankgirokonto.

Berliz, Moöntag den 16. Dezember Abends.

—Inhalt des amtlichen Teiles: 8 Deutsches Reich. Aufrufrdes Rats der Volksbeauftragten an die deutschen

Arbeiter.

Gesetz zur Bilbung einer freiwilligen Volkswehr.

Verordnung über die Zurückführung von Waffen und Heeres⸗ gut in den Besitz des Reichs.

Bekanntmachung, betreffend neuerliche Eingriffe von A.⸗ und S.⸗Räten in den Eisenbahnbetrieb.

Bekanntmachung, betreffend das Ausstellen von Fahrtausweisen, Urlagass und Entlassungsscheinen durch örtliche A.⸗ und S.⸗Räte.

Verordnung, betreffend die einstweilige Aenderung der Militär⸗ strofaerichtsordnung, des Einführungsgesetzes dazu und des Militärstrafgesetzbuchs.

Anordnung über Arbeitsnachweise.

Bekanntmachung, betreffend Darlehnskassenscheine.

Bekanntmachung, betreffend Höchstpreise für Rote Beete.

Aufhebung eines Handelsverbots.

Anzeige, betreffend die Ausgabe der Nummer 173 des Reichs⸗ Gesetzblatts.

6 Preußen.

Ernennungen, Charakterverleihungen und sonstige Personal⸗ veränderungen.

Erlaß, betreffend die Verleihung des Enteignungsrechts an den Kreis Schlochau.

Denutsches Reich. An die deutschen Arbeiter.

Die Errungenschaften der sozialistischen Revolution sind in Gefahr! Die drohende Katastrophe zeichnet sich täglich deutlicher ab. Vergeßt nicht, wie wir stehen! Der Krieg hat uns arm gemacht, die Niederlage noch ärmer. Unser Boden ist vernachlässigt und ausgesogen, unser Vieh abgeschlachtet, unsere Verkehrsmittel sind heruntergekommen, die Produktions⸗ atnlagen für die Herstellung von Friedensgütern abgenutz, feilweise ruiniert, die wichtigsten Rohstoffe mangeln. Drückende Waffenstillstandabedingungen lähmen unsere Bewegungsfreiheit. Ungeheuerlich sind die Lasten, die der siegreiche Feind uns aufbürdet.

Arbeiter! In Eurer, nur in Eurer Hand liegt es, das Verhängnis abzuwenden. Ihr müßt unsere zusammengebrochene Wirtschaft wieder aufrichten, Ihr müßt dafür sorgen, daß uns Hunger und Bürgerkrieg erspart bleiben, und das, was unweigerlich auf Bürgerkrieg folgt: die Verwüstung aller Errungenschaften der Revolution, Eurer Revolution. Ihr müßt arbeiten! Der Sozialismus verlangt Arbeit, kann nur bestehen auf Grundlage der Arbeit! Wer feiern muß, soll Unterstützung bekommen, aber wer feiert, obwohl er arbeiten könnie, macht sich und die anderen ärmer, verfündigt sich an seinem Volke und dessen sozialisti⸗ scher Znkunft, hilft den Zusammenbruch bereiten, der schließlich auch ihn selbst verschlingt. Arbeiter, bleibt nicht in den großen Städten zusammengedrängt, wo die Industrie Euch nicht genug Arbeit schaffen kann, weil es an Kohle und anderen Betriebsstoffen fehlt und wo Ihr schließlich Hunger leiden müßt, weil die Lebensmittel nicht herangebracht werden können. Geht hinaus aufs Land, in die Städte der Provinz! Die Kräfte, die in Berlin und anderen Groß⸗ städten brachliegen, werden dort dringend gebraucht. Geht su den Arbeitsnachweisen: sie werden Euch sagen, wo Ihr lohnende Arbeit hübet⸗ die Euch nährt und das Volk retten

ift. Keiner darf sich jetzt darauf versteifen, an dem Orte zu bleihen, in den er während des Krieges gekommen ist. An der Vernunft, an der sozialistischen Disziplin jedes Ein⸗ jelnen häägt das Dasein, die Freiheit, die Zukunft unserer sozialistischen Republik.

Arbeiter! Schützet Eure Revolution vor den Angriff seglicher deea oe ühst sie auch vor dem Ruin durch Hunger und wirtschaftliche Auflösung!

Berlin, den 14. Dezember 1918.

Der Rat der 1“ 8 Eberi. Haase. Scheidemann. Dittmann. 4 Landsberg. Barth.

Gesetz zur Bildung einer freiwillligen Volkswehr. Vom 12. Dezember 1918.

1) Zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ist eine freiwillige Volkswehr zu bilden.

M2) Die Vollmachten zur Aufstellung der Abteilungen dieser Volkswehr erteilt ausschließlich der Rat der Volksbeauftragten, der auch Zahl und Stärke der Abteilungen festsetzt.

⁊3) Die Volkswehr untersteht ausschließlich dem Rate der ö Sie verpflichtet sich der sozialistisch⸗demo⸗ kratischen Republik durch Handschlag.

4) In die Volkswehr werden nur Freiwillige aufge⸗ nommen. Sie wird außerhalb des Rahmens des Heeres sieh. Gerichtliche und Disziplinarverhältnisse werden noch geregelt.

5) Die Freiwilligen wählen ihre Führer selbst, und zwar etwa hundert Freiwillige (Hundertschaf!t) einen Führer und drei Zugführer, mehrere Hundertschaften bilden eine Abteilung und wählen den Abteilungsführer und einen Stab. Ihm steht ein Vertrauensrat von fünf Freiwilligen beratend zur Seite.

6) Jeder Freiwillige ist im Dienste zum Gehorsam gegen⸗ über seinen selbstgewählten Führern verpflichtet.

7) Für die Annahme der Freiwilligen ist Vorbedingung

a. in der Regel Zurücklegung des vierundzwanzigsten Lebensjahrs, b. körperliche Rüstigkeit, 8

ece. längerer einwandfreier Frontdienst.

8) Die Freiwilligen haben zunächst eine Probezeit von 21 Tagen zu leisten. Wird ihre Geeianetheit festgestellt, so sind sie zunächst auf sechs Monate zu derptchten. Die Verpflichtung kann nach Ablauf dieser Zeit von drei zu drei Monaten ver⸗ längert werden. Frühere Lösung des Dienstverhältnisses ist bei schwerer Verletzung der durch dasselbe begründeten Pflichten zulässig; sie erfolgt durch den Abteilungsführer unter Zustim⸗ mung des Vertrauensrats.

9) Die Freiwilligen sind wie Mannschaften des Soldaten⸗ standes zu bekleiden, auszurüsten, zu bewaffnen und unterzu⸗ bringen. Wegen besonderer Bekleidung und Abzeichen bleibt Bestimmung vorbehalten. Gebührnisse und Versorgungs⸗ ansprüche werden noch festgesetzt. Früher erworbene Versor⸗ gungsansprüche bleiben bestehen.

10) Das Preußische Kriegsministerium hat mit Zustim⸗ mung des Rates der Volksbeauftragten die erforderlichen Aus⸗ führungsbestimmungen zu erlassen.

Berlin, den 12. Dezember 1918.

Der Rat der Volksbeauftragten.

Ebert. Haase.. Verordnung ber die Zurückführung von Waffen und Heeresgut

6 in den Besitz des Reiches.

Trotz aller ergangenen Aufforderungen und Kontroll⸗ moßnahmen befinden sich noch immer zahlreiche aus den Beständen der Heeresverwaltung stammende Waffen sowie be⸗ deutende Mengen an Heeresgut und Heeresgerät unbefugter⸗ weise im Besitz von entlassenen Soldaten und von Ziviipersonen. Diese Zustände können nicht länger geduldet werden. Die Reichsregierung sieht sich daher genötigt, ihnen entgegen⸗ zutreten. I.

Wir verordnen mit sofortiger Gesetzeskraft:—

§ 1. Wer sich unbefugt in den Besitz von Waffen befindet, die aus Heeresbeständen stammen, ist verpflichtet, sie innerhalb der von den zuständigen Behörden bezeichneten Frist abzuliefern. Wer zu⸗ ständige Behörde ist, bestimmt die Landeszentralbehörde. 1

Unbefugter Besitzer ist, wer ohne den Willen der Regierung oder der ihr unterstellten Organe den Besitz solcher Waffen erlangt 1 1 8 gleiche Verpflichtung liegt demjenigen ob, der Heeres⸗ gerät und Heeresgut aller Art (Fahrzeuge, insbesondere Kraftfahr⸗ zeuge, Pferde) in Besitz hat, ohne sich uüͤber den rechtmäßigen Erwerb dierer Gegenstände ausweisen zu können. Handelt es sich um militärische Bekleidungs⸗ oder Ausrüstungsstücke zum versönlichen Gebrauch, so ist dem Besitzer der Nachweis des unrechtmäßigen Er⸗

werbs zu führen. § 3. Wer sich nach Ablauf der Frist noch unbefugterweise im

Besitz von Gegenständen der in §§ 1 und 2 bezeichneten Art befindet,

wird unbeschadet einer nach den allgemeinen Strafgesetzen wegen der⸗

unbefugten Aneignung etwa bereits verwirkten Strafe wegen Unter⸗ sastg der angeordneten Ablieferung mit Gefängnis bis zu 5 Jahren und mit Geldstrafe bis zu 100 000 oder mit einer dieser Strafen

Wer der angeordneten Ablieferung innerhalb der vor⸗ geschriebenen Frist nachkommt, bleibt für eine etwaige vor der Ab⸗ lieferung begangene, auf den abgelieferten Gegenstand bezügliche un⸗ befugte Aneignung straffrei. 1 1 b Die Ausführungsbestimmungen erlassen die Landeszentralbehörden. Berlin, den 14. Dezember 1918. Der Rat der Volksbeauftragten. Ebert. Haase. Scheidemann. Dittmann. Landsberg. Barth. 1

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1918.

kkonto: Berlin 41 821.

In den letzten Tagen sind in Rheinland und in West⸗

falen wieder Eingriffe von A.⸗ und S.⸗Räten in den Eisenbahnbetrieb vorgekommen. Die Reichsregierung hat bereits am 10. November auf die Gefahren hingewiesen, die durch Eingriffe in die Tranportoerhältnisse heraufbeschworen werden. Sie macht nochmals nachdrücklich darauf aufmerksam, daß durch derartige unverantwortliche Maßnahmen ein geord⸗ neter Eisenbahnbetrieb unmöglich gemacht und der Demobil⸗ machung sowie der Versorgung des Landes mit Lebensmitteln und Kohlen der größte Schaden zugefügt wird.

Berlin, den 13. Dezember 1918.

Die Neichsregierung.

Ebert. Haase

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Nach zahlreichen Meldungen stellen örtliche A.⸗ und S.⸗Räte der neutralen Zone wie des Operations⸗ gebietes den einzelnen Soldaten noch immer Fahrt⸗ ausweise, Urlaubs⸗ und Entlassungsscheine aus. Ab⸗ gesehen dovon, daß solche Ausweise vielsach auf Grund völlig ungenügender Uaterlagen ausgestellt werden und daher mit den Tatsachen nicht übereinstimmen, schätzen sie auch die Militärpersonen, zu deren Gunsten sie lauten, nicht vor schweren Unannehmlichkeiten. Es sei nur darauf hingewiesen, daß die Besetzungsbehörden auf dem linken Rheinufer solche Ausweise nicht anerkennen; aber auch in der Heimat können die Ausweise als Ersatz der von den zuständigen Kommando⸗ stellen zu erteilenden Ur kunden nicht angesehen werden.

Die A.⸗ und S⸗MRäte werden hiernach ersucht, von dem bisherigen Verfahren Abstand zu nehmen und aufgefordert, die Militärpersonen, die solche Ausweise verlangen, an die zu⸗ ständigen militärischen Stellen zu verweisen

Berlin, den 14. Dezember 1918. Die Reichsregiernng. Ebert. Haase.

. VWerordnuüng,

betreffend die einstweilige Aenderung der Militär⸗

strafgerichtsordnung, des Einführungsgesetzes dazu und des Militärstrafgesetzbuchs.

Vom 5. Dezember 1918.

Im Namen des Reichs wird mit Gesetzeskraft verordnet: I. Die nach der Militärstrafgerichtsordnung, dem Einführungs⸗ gesetze dazu und dem Militärstrafgesetzöbuch dem Kaiser oder den Kontingentsherren zustehenden Befugnisse werden von dem Rate der Volksbeauftragten ausgeübt, der sie übertragen kann. Die Gerichis⸗ barkeit wird in den Fällen der §§ 21, 28 und 37 der Militärstraf⸗ gerichtsordnung von der Militärjustizverwaltung geregelt. § 18 Abs. 4 und § 261 Abs. 2 der Militärstrafgerichtsordnung werden aufgehoben.

II. Die niedere Gerichtsbarkeit und die Standgerichte fallen weg. In den bisher zu ihrer Zuständigkeit gehörigen Fällen kann von einer Strafverfolgung abgesehen werden oder, sofern nicht Disziplinarbestrafung nach § 3 des Einführungsgesetzes zum Militär⸗ strafgesetzbuch eintritt, gemäß §§ 349 bis 353 der Militärstraf⸗ gerichtsordnung verfahren werden. Durch die Strafverfügung darf jedoch neben einer etwaigen Einziehung nur eine Freiheitsstrafe bis zu 6 Wochen oder eine Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Mark estgesett werden. Durch Ablehnung der gerichtlichen Straf⸗ erfolgung wird Disziplinarbestrafung gemäß § 3 des Einführungs⸗ esetzes zum Militärstrafgesetzbuch nicht ausgeschlossen.

III. Der Beschuldigte kann sich in jeder Lage des Verfahrens des Beistandes eines Verteidigers bedienen. Als Verteidiger können außer den bisher schon gesetzlich zugelassenen Personen alle bei einem deutschen Gerichte zugelassenen Rechtsanwälte gewählt oder bestellt werden.

IV. Bei Untersuchungshandlungen ist einem der gewählten Ver⸗ trauensleute der Soldaten (Soldatenratsmitglied) auf Verlangen gestattet, zugegen zu sein. Dieser darf auf Verlangen des Angeklagten in der Hauptverhandlung zu dessen Gunsten vor dem Schlußwort sprechen.

V. In den erkennenden Gerichten werden die Offizierrichter durch gewählte Mitglieder ersetzt, von denen bei den Oberkriegsgerichten und bei den mit einem Kriegsgerichtsrat besetzten Kriegsgerichten je zwei, bei den mit zwei Kriegsgerichtsräten besetzten Kriegs⸗ gerichten einer sich in der entsprechenden Dienststellung befinden müssen, wie der Angeklagte oder der unter mehreren Ange⸗ kiagten die höchste Dienststellung einnehmende. Die Wahl er⸗ folgt. im ordentlichen Verfahren durch die am Standort des Gerichtsherrn oder am abgezweigten Gerichtsort, im Felde durch die am nächsten erreichbaren gewählten Vertrauensleute der Soldaten (Soldatenräte) mit einfacher Stimmenmehrheit. Im ordentlichen Verfahren sind die ohne Rücksicht auf die Dienststellung des An⸗ geklagten zu bestellenden Richter als ständige Mitglieder zu wählen, an deren Stelle im Falle ihrer Behinderung ständig gewählte Stell⸗ vertreter treten. Im übrigen erfolgt die Wahl für den einzelnen Fall.

VI. Die Oeffentlichkeit der Hauptverhandlung darf nur wegen Gefährdung der Sittlichkeit oder bei einer Verhandlung wegen Ver⸗

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rats militärischer Geheimnisse ausgeschlossen werden.

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