1918 / 296 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 16 Dec 1918 18:00:01 GMT) scan diff

VII. Eine Bestätigung der im ordentlichen Verfahren ergangenen Urteile findet nicht statt. Die Strafvollstreckung erfolgt auf Grund einer von einem richterlichen Militärjustizbeamten zu erteilenden mit der Bescheinigung der Vollstreckbarkeit versehenen beglaudigten Ab chrift der Urteilsformel. 1

VIII. Das Recht der Strafmilderung und des Straferlasses wird von dem Rate der Volksbeauftragten ausgeübt und kann über⸗ tragen werden. 3

IX. Die Verordnung tritt mit ihrer Bekanntmachung in Krast

Berlin, den 5. Dezember 1918. Der Rat der Volksbeauftragten. Ebert. Haase.

Der Kriegsminister. Der Unterstaatssekretär. Scheüch. Go

Anordnung über Arbeitsnachweise. Vom 9. Dezemder 1918.

Auf Grund des Erlasses des Rates der Volksbeauftragten über die Errichtung des Reichsamts für die wirtschaftliche De⸗ mobilmachung vom 12. November 1918 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 1304) wird verordnet, was folgt: hees

Die Landeszentralbehörden 8* die von ihnen bezeichneten Be örden können Gemeinden oder Gemeindeverbände verpflichten, öffent liche unparteiische Arbeitsnachweise, an deren Verwaltung Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichmäßig zu beteiligen sind, zu errichten und auszubauen sowie zu den Kosten solcher von anderen Gemeinden oder Gemeindeverbänden errichteten Arbeitsnachweise beizutragen: sie können Anordnungen über die Einrichtangen und den Betrieb solcher Ardeits nachweise treffen. . . 8209

Die Landeszentralbehörden können bestimmen, daß die nicht ge⸗ werbsmäßigen Arbeitsnachweise eines Bezirks behufs Ausgleichung von Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkte zu Zentralstellen zusammengeschlossen werden und Anordnungen übert die Zusammen⸗ setzung, die Verwaltung, den Betrieb und die Tragung der Kosten erlassen.

Vor der Errichtung der Zentralstellen sind Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu hören. 1

§93

Die Landeszentralbehörden können Vorschriften uͤber die d nicht gewerbsmäßigen Arbeitsnachweisen und von d zu erstattenden Meldungen und Statistischen Beric zu erteilenden Auskünfte und Aufschlüsse über die markts erlassen.

Die Landeszentralbehörden oder die von ihnen bezeichneten Be⸗ hörden tönnen Gemeinden oder Gemeindeverbände verpflichten, Ein⸗ richtungen für eine allgemeine gemeinnützige Berufsberatung und Lehrstellenvermittlung, insonderheit in Verbindung mit öffentlichen unpartetischen Arbeitsnachweisen, zu schaffen. Sie sind befugt, Vor⸗ schriften über Einrichtung, Umfang und Betrieb dieser Stellen zu treffen.

Die Verordnung tritt mit dem Tage der Verkündung in Kraft. Die Bekanntmachung über Arbeitsnachweise vom 14. Juli 1916 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 519) wird aufgehoben.

Berlin, den 9. Dezember 1918. Reichsamt für die wirtschaftl iche Demobilmachung. 1

8 12.

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Auf Grund des § 18 Abs. 4 des Darlehnskassengesetzes vom 4. August 1914 (RGBl. S. 340) wird zur allgemeinen Kenntnis gebracht, daß am 30. Noovember 1918 Darlehns⸗ kassenscheine im Betrage von 14 112 000 000 umliefen. Hiervon befinden sich 9 867 672 000 im freien Verkehr.

Berlin, den 12. Dezember 1918. 1m

Der Staatssekretär des Reichsschatzamts. J. V.: Schroeder.

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Auf Grund der Verordnung über die Verarbeitung von Gemüse und Obst vom 23. Januar 1918, Reichs⸗Gesetzblatt S. 46 ff., wird bestimmt:

Beim Absatz Roter Beete in Essig aus der Ernte 1918 dürfen folgende Preife nicht überschritten werden:

1) Beim Absatz von den Heristellern an die Großhändler für 590 kg netto einschließlich Verpackung 42,— frei Verladestation (Erzeugerhöchstpreis),

2) Beim Absatz von den Großhändlern an 50 kg netto einschließlich Verpackung höchstpreis).

88 diesem Preise hat der Großhändler die Ware frei Station des Kleinhändlers zu liefern.

Befindet sich die gewerbliche Niederlassung des Kleinhändlers am gleichen Orte wie die des Großhändlers, so ist die Ware zu diesem Preise dem Kleinhändler anzurollen.

Liefern die Hersteller direkt an Kleinhändler oder Verbraucher Station des Empfängers oder, falls sich die gewerbliche Nieder⸗ efung des Herstellers an demselden Orte wie die des Empfängers befindet, frei Haus, so sind die Hersteller berechtigt, den Großhandels⸗ preis zu verlangen.

3 Beim Absatz durch die Kleinhändler an die Verbraucher darf für das Pfund Fertigware ein Preis von 60 nicht üͤberschritten werden (Kleinhandelshöchstpreis). 8

Braunschweig, den 18. November 1918. Gemüsekonserven⸗Kriegsgesellschaft mit beschränkter Haftung.

Dr. Kanter.

die Kleinhändler für 47,90 (Großhandels⸗

8

1]

Bekanimachunsz.

Die Anordnung vom 11. März 1917, wonach der Firma Karl Möschlin in Lörrach der Handel mit Web⸗, Wirk⸗ und Strickwaren untersagt ist, wird aufgehoben.

Lörrach, den 23. November 1918. Badisches Bezirksamt.

449 Dr. Maier.

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Die von heute ab zur Ausgabe gelangende Nummer 179 des Reichs⸗Gesetzblatts enthält unter

Nr. 6579 eine Bekanntmachung, betreffend Einsetzung einer Kommission zur Untersuchung der Vorgänge am Freitag, den 6. Dezember 1918, vom 10. Dezember 1918, und unter

Nr. 6580 eine Bekanntmachung über den Zahlungsverkehr mit Belgien und Luxemburg, vom 11. Dezember 1918. Berlin W. 9, den 13. Dezember 1918.

PVFVFspostzeitungsamt. Krüer.

Sitzung zusammen und beriet, wie

Preußen.

8 Grund des (esetzes vom 11. Juni 1874 (G⸗S. S. 221) wird dem Kreise Schlochau bis zum 31. Dezember 1921 das Recht verliehen, das zu den Anlagen für die Leitung und Verteilung des elektcischen Stroms innerhalb des Kreises Schlochau erforderliche Grundeigentum, soweit es nicht staatliches Grundeigentum ist, nötigenfalls im Wege der Ent⸗ eignung zu erwerben oder, sowett dies ausreicht, mit einer dauernden Beschränkung zu belasten.

Berlin, den 5. Dezember 1918. Die Preußische Regierun Fischbec. Hoff. Hirsch. Braun. Ministerium für Handel und Gewerbe. Der Gewerbeinspektor Forchmann in Unna ist zum 1. Januar 1919 nach Erfurt versetzt und mit der Verwaltung der Gewerbeinspektion Erfurt II beauftragt worden.

Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung.

Dem Prtivatdozenten in der philosophischen Fakultät der Iniverfität in Göttingen Dr. Voß ist das Prädikat Professor beigelegt worden.

Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 16. Dezember 1918.

In der Vollsitzung der internationalen Waffen⸗ stillstandskommission in Spaa am 14. Dezember fand laut Bericht des „Wolffschen Telegraphenbüros“ zunächst eine Aussprache über die Verteilung der deutschen Polizeitruppen in der neutralen Zone statt. Der General Nudant teilte mit, daß die Sperre der elsaß⸗lothringischen Grenze an einzelnen Punkten aufgehoben worden sei, um die Heimkehr der aus dem Heeresdienst entlassenen Elsaß⸗Lothringer zu ermöglichen. Der belgische General Delohbe brachte zur Kenntnis, daß die in Eupen heschlagnahmten 211 Ballen Wolle den vortigen Kommunalbehörden übergeben seien, da die Besitzer sich über die Herkunft der Wolle nicht genügend ausweisen konnten. Darüber, ob die Wolle Eigentum des deutschen Heeres oder Privateigentum ist, wird eine Unter⸗ suchung eröffnet werden. Der deuische Vorsitzende wies darauf hin, daß auch nach Einrichtung der interalliterten Rhein⸗ schiffahrtskommission in Cöln diese Schiffahrt trotzdem weiter gesperrt geblieben sei. Die Folge sei, daß während der letzten Tage ungefähr 20 000 Kriegsgefangene weniger auf dem Rhein abtransportiert worden seien, als es bei geregelter freier Schiffahrt möglich gewesen wäre. Auch die weitere Be⸗ förderung der aus Deutschland nach Holland über⸗ geführten Kriegsgefangenen stocke, weil die Alliierten nicht rasch genug die für den Transport nötigen Mittel zur Verfügung gestellt hätten. Die deutschen Be⸗ hörden leh en jede Verantwortung für diese Verzögerung ab. Deutscherseits murde angefraäat, wann die in Elsaß⸗ Lothringen befindlichen Wohnungseinrichtungen zahlreicher deutscher Offiziere und Beamten zurückerstattet würden. Ferner wurden noch deutsche Noten überreicht über Ausweisung mehrerer deutscher Beamten aus dem Oberelsaß, über die Festnahme deutscher, ordnungsmäßig enmtlassener und bereits wieder in bürgerlichen Berufen lätiger Reserpeoffiziere, über den Ge⸗ schäftsverkehr mit Elsaß⸗Lothringen und uͤber die Rückgabe der in Berlin befindlichen belgischen Urkunden.

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3585—

Zeitungsnachrichten aus Genf zufolge soll der „Matin“ berichten, de deutschen Delegierten in Trier hätten am Donnerstag an die Vertreter der Entente das Ersuchen gerichtet, die Besatzungstruppen der Alliierten zu verstärken, um den deutschen Behörden die Herstellang der Ordnung zu erleichten. Die Deutsche Waffenstillstandskommission bemerkt hierzu dem „Wolffschen Telegraphenbüro“ zufolge:

Auch für den Fall, daß der „Matin“ tatsächlich eine solche Aeußcrung veröffentlicht haben sollte, muß schärfster Einspru ch gegen die Behauptung erhoben werden, die deutschen Delegierten hätten ein derartiges Ersuchen an den Marschall Foch gerichtet. Die deutsche Waffenstillstandskommission, hat vielmehr schon während der Verhandlungen im Walde von Compiegne ihr möglichstes getan, um den Bestand der clliterten Besotzungstruppen in Deutschland nicht zu hoch anwachsen zu lassen. Es lie. t nicht der geringste Grund vor, heute, nachdem die Ullliserten in Deutsch⸗ land eingerückt sind, von diesem Verhalten abzugehen. *

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MNach einer Meldung des „Wolffschen Telegraphenbüros“ ist gegen die Schließung der Universität Straßburg durch die französischen Behörden und die Entlassung sämtlicher Professoren ohne Gewährung von Gehalt und Pension in einer der letzten Sitzungen der internationalen Waffenstillstandskommission schärfster Einspruch erhoben worden.

Ueber das Verhalten der alliierten Besatzungetruppen und S.⸗Räten liegt nunmehr, wie amtliccherseits durch „Wolffs Telegraphenbüro“ mitgeteilt wird, eine grund⸗ sätzliche Entscheidung des Marschalls Foch vor.

Der Arbeiter⸗ und Soldatenrat in Kreuznach hatte in Trier an⸗ gefragt, ob für die vom Feinde besetzten Gebiete ungehinderte Aus⸗ reise und Rückkehrsmöglichkeiten der Delegierten gewährleistet wird, die zu der Berliner Tagung der Arbeiter⸗ und Soldatenräte am 16. Dezember entsendet werden sollen. Diese Frage wurde von der Deutschen Waffenstillstandskommission pflichtgemäß an die Oberste Heeresleitung der Alltierten weitergegeben. Marchall Foch hat darauf entschieden: „Die alliierten Mächte erken nen die Arbeiter⸗ und Soldatenräte nicht an.“

Befehlshaber der gegenüber den A.⸗

Der Vollzugsrat trat vorgestern abend zu einer „Wolffs Telegraphenbüro“

berichtet, ausführlich über seine Geschäftsführung und

Finanzierung. Auf den gedruckten Exemplaren der Tages⸗

ordnung für die Delegiertenversammlung ist bei dem⸗

gestrigen

8 v 5 NPunkte „Sozlalisierung“ die Genossin Luxemburg als Korreferenkin

üngegeben worden. Diese Anaabe trifft, wie in der festgestellt wurde, nicht zu, sondern ist auf einen Irrtum zuführen.

Si Bung zurück⸗

Mit den Befugnifsen der A.⸗ und S⸗Räte beschäftigt sich anläßlich der Einführung des Achtstundentages in den Nahrungsmittelbetrieben ein Erlaß des Staats⸗ sekretärs des Reichsernährungsamts an die dem Reichsernährungsamt unterstellten Kriegsstellen und Kriegs⸗ gesellschaften. Dieser Erlaß, der im Einverständnis mit dem Staatssekretär des Reichsarbeitsamts ergangen ist, wurde dan einigen Zeitungen entstellt wiedergegeben. Der Erlaß lautet dem „Wolffschen Telegraphenbüro“ zufolge wörtlich:

1) Bei den Betrieben, die der Ernährung und Versorgung der Bevölkerung mit dringenden Bedarfsgegenständen dienen, soll eine Unterbrechung der Arbeit und eine Minderung v Produktion vermieden werden. Der Achtstundentag soll. daher in diesen Betrieben erst zur Einführung gelangen, wenn die bierzu nötige Zahl von Arbeitern beschafft ist. 1 8

2) Für die Einführung des Achtstundentages ist als Termin der 1. Januar 1919 vorgesehen. Bis dahin müssen sich die Betriebe auf den Achtstundentag einrichten: sie müssen daher hbei den Ar beits⸗ nachweisen und Auskunftsstellen unverzüglichden Bedarf an Arbeitern anmelden. Es empfiehlt sich, auch mit den örtlichen Demobilmachungskommissaren dieserhalb in Verbindung zu treten. 28

3) Da durch die Demobilmachung Arbeitskräfte frei werden, so ist zu erwarten, daß genügend Arbeiter rechtzeitig zu er⸗ halten sind; sollte dies trotz aller Bemühungen nicht gelingen, so müssen die Betriebe rechtzeitig bei ihren Landesbehörden (Gewerbe⸗ inspektor) oder beim örtlichen Demobilmachungskommissar wegen Bewilligung von Ausnahmen vorstellig werden. Es ist hierbel aber an dem Grundsatz festzuhalten, daß auch die der Volksernährung und Votsversorgung dienenden Be⸗ triebe eine Ausnahmestellung nur da und nur für die Zeit erhalten können, wo die Volksernährung gefährdet erscheint und der Mehr⸗ bedarf an Arbeitskräften sich nicht beschaffen läßt. Auf die An⸗ ordnung des Demobilmachungsamts vom 23. November 1918 (Reichs⸗ Gesetzbl. S. 1334) nehme ich Bezug. Die Einlegung wechselnder Schichten zu je 8 Stunden ist durch die Einführung des Achtstunden⸗ tags nicht ausgeschlossen.

Die Betriebe sollen sich über diese Fragen nicht mit den Arbeiter⸗ und Soldatenräten, sondern mit den zuständigen gewerkschaftlichen Organisationen und ihren örtlichen Vertretern auseinandersetzen; da, wo die Arbeiter⸗ und Soldatenräte Anforderungen stellen, ist unverzüglich die Mit⸗ wirkung der genannten Organisationen nachzusuchen.

Die Reichsregierung hat sich mit diesen Grundsätzen, die den Vereinbarungen zwischen den großen Arbeitgeber⸗ verbänden und den Gewerkschaften vom 15. November ent⸗ sprechen, durch Schreiben vom 11. Dezember an den Stacts⸗ sekretär des Reichsernährungsamts ausdrücklich ein⸗

verstanden erklärt.

Der Staatssekretär des Innern hat nach einer Meldung des „Wolffschen Telegraphenbüros“ an die Regie⸗ rungen der deutschen Einzelstaaten folgendes Rund⸗ schreiben, betreffend Abgrenzung der Stimmbezirke, gerichtet: 1—

Zahlreiche Anfragen, die beim Reichsamt des Innern eingehen, lassen erkennen, daß die Vorschriften über die Abgrenzung der Stimm bezirke für die Wahlen zur verfassunggebenden deutschen National versammlung nicht immer in ihrem Zusammenhange gewürdigt und richtig verstanden werden. Die Wahlvorschriften vom 30. No⸗ vember 1918 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 1345 ff.) haben in dieser Be⸗ ziehung das Reichstagswahlrecht nur insoweit geändert, als es mit Rücksicht auf die beträchtliche Erhöhung der Wählerzahl im Ver⸗ hältnis zur Einwohnerzahl notwendig war. Oberster Grundsatz für die Abgrenzung der Stimmbezirke ist wie bisher die Bestimmung in § 7 des Reichstagswahlgesetzes, daß die Stimmbezirke möglichst mit den Gemeinden zusammenfallen sollen, und nur große Gemeinden in mehrere Stimmbezirte zerlegt, tleinere mit benachbarten zu einem Stimmbezirk vereinigt werden sollen. Lediglich zur Ausführung dieses Grundsatzes bestimmt § 9 Abs. 1 der Wahlordnung, daß jeder Stimm⸗ bezirk nach der Volkszäblung vom 1. Dezember 1910 durchschnittlich 2500, höchstens 3500 Einwohner umfassen soll. Hier kommt gegenüber dem Reschstagswahlrecht zum Ausdruck, daß die Stimmbezirke mit Rück⸗ sicht auf die Ausdehnung des Wahlrechts in der Regel kleier sei müssen, als bisher. Es ist aber die alte Höchstgrenze von 3500 Ein⸗ wohnern beibehalten worden, da Fälle denkbar sind, daß eine neue Abgrenzung der Stimmbezirke mit unüberwindlichen Schwierig⸗ teiten verbunden sein könnte. Da hiernach eine Ueberschreitung der Durchschaittszahl von 25900 um 1000 Einmohner zuläfsig ist, ver⸗ steht es sich von selbst, daß die Größe der Suüummbezirke auch unter dem Durchschnitt bleiben sann. Nach wie vor koͤnnen also für die Abgrenzung der Stimmbezirte in weitem Umfange Zweckmaäͤßigteits⸗ erwaͤgungen maßgebend sein. Die Stimmbezirte durfen weber so groß sein, daß die Wahlbeteiligung, z. B. infolge zu großer Ent⸗ fernungen oder schlechter Verbindungen, beeinträchligt wird, noch so klein, daß die Geheimhaltung der Wahlen wegen der geringen Zahl der Wähler in Frage gestellt wird.

Zugleich wird bemerkt, daß eine Aenderung der Wahl⸗ ordnung vom 30. November 1918 vorbereitet wird, wonach die Anordnung der Wählerlisten nach § 2 Abs. 3. dieser Ver⸗ ordnung auch in Landgemeinden zulässig sein soll und außerdem die Möglichkeit gegeben wird, daß in großen Stimmbezirken die Wahlen gleichzeitig in zwei verschiedenen Zimmern des fh die Vornahme der Wahlen bestimmten Gebäubes ftattfinden önnen. 8

Die Sozlalisierungskommisston hörte in ihrer 61 Monopolpläne, bie in diesem Amte bearbeitet werden, und

beschloß, weltere Auskünfte über sie einzuholen. 8

Die Presse brachte kürzlich die Nachricht, daß die besamte Geschäftsführung des Reichsmarineamts in den Händen des Zentralrats der Marine (53er Ausschuß) läge. Diese Nachricht ist, wie durch „Wolffs Telegraphenbüro“ mit⸗ geteilt wird, unzutreffend. Die Exekutive ruht in den Ha nden des Staatssekretärs des Reichsmarineamts.

8 „Wie dem „Wolffschen Telegraphenbüro“ von fuständiger Stelle mitgeteilt wird, werden die Heeresgruppe Mackense

und die bei ihr befindlichen Teile der 11. Armee und der Heeresgruppe Scholz nicht in Ungarn interniert; ihr Abtraneport nach der Heimal ist im Fluß.

8

4 8 2— 27 2. .

Auf das Ansuchen der deutschen Regierung, die Namen et vis zulezt bei der Truppe des Generale un Leltow⸗Vorbeck befindlich gewesenen Europäer learaphieren, sino aus London zunächst die Namen Offiziere mitgeteilt worden. Wie Wolfss Telegraphenbüro“ meldet, sind dies: Gouverneur Schnee, genera major Major Kraut, Hauptleute Köhl, Meyer, Müller, „Otto, Spangenberg, Stemmermann, Ober⸗ sent. von Busse (Leopold), Merensky, von Ruckteschel, Treuge Wenig, Leutnant Brexner, Dieterich, Dingler, von Scherbening, Fempner, Vortisch, Kapirünleutaant Avel, Stabzürzte Müller, Marschall, Penschte, Taute, Dr. Detter, Oberarzt Klemm,

Telegraphist Schmidt,

von zu te

Apotheker Beyer, Oberveterinär Huber, Offizierstellvertreter Sabath.

Sobald die Namen der anderen Europäer bekannt werden wird sofort auch ihre Veröffentlichung erfolgen. 1

Die vielfach auch in der Presse verbreitete Ansicht kintritt der Demobilmachung werde die Schuhnot behoben sin, ist nach einer Mitieilung des „Wolffschen Telegraphen⸗ lüros“ irrtümlich. Zwar wird durch Fortfall des Heeres⸗ bedarfs und durch Wiedereröffnung der stillgelegten Betriebe ine Steigerung der Schuherzeugung für die bürgerliche Be⸗ böͤlkerung möglich sein, aber dennoch wird die Pro⸗ acllion unter den außerordentlich schwierigen Verkehrs⸗ vechältnissen, der Kohlennot und dem Rohstoffmangel iicht amähernd den Bedarf Ddecken. Der Lederanfall st nicht ausreichend. Die Schlachtungen im Inlande ind zurückgegangen. Aus den bisher besetzten Ge⸗ viten fehlt die Einfuhr; andere Einfuhrquellen kommen vorläufig nicht in Frage. . Die sehr erhebliche Er⸗ zuaung der linksrheinischen Gebiete wird infolge der Verkehrs⸗ sindernisse zurzeit nicht allen Teilen des deutschen Vaterlandes glichmäßig zugute kommen.

Sparsamster Verbrauch des Lederschuhwerks, das sich über ies infoige der erhöhten Produktionskosten noch verteuern wöird, ind Verwendung des wesentlich verbesserten Kriegsschuhwerks legt daher im Interesse der Allgemeinheit. Die Einsicht eines jden verlangt es, diesen latsächlschen Verhältnissen Rechnung u stragen.

nach

„Wolfss Telegraphenbüro.“ verbreitet folgende amtliche Erkfärung: Zeitungsnachrichten zufolge soll des Mitglied des sobinetts, Herr Adolph Hoffmann, in einer öffent⸗ schen Versammlung am Sonntag, dem 8. d. Mts, geäußert haben!

„Wenn die Wahlen zur Nationalversammlung nicht eine sozia⸗ lsische Mehrheit ergeben, würde die konstituierende National⸗

bterkammlung, ehenso wie in Rußland, mit Waftengewalt

anseinandergetrieben werden.“

Die Preußische Regierung ist infolge Erkrankung des berrn Adolph Hoffmann nicht in der Lage, festzustellen, ob nese Aeußerung gefallen ist. Sollte sich Herr Adolph Hoff⸗ nann in diesem oder einem ähnlichen Sinne geäußert haben, werklärt die Regierung demgegenüver, daß sie auf dem Boden dr Demokratie steht und den durch das Ergebnis der Wahlen ir Nationalversammlung zum Ausdruck gebrachten Willen des vntes respektieren wird.

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Am Sonnabendnachmittag fand im Reichstag die sechste Lallversammlung der Großberliner Soldatenräte statt, der die wir einem Bericht der „Deutschen Allgemeinen Zeitung“ fgendes entnehmen:

Auf der Tagesordnung standen u. a. die Wahlen zum Zentral⸗ ut der Arbeiter⸗ und Soldatenräte, der heute zusammenkritt. gehen⸗Reuß begründete einen Antrag auf Anwendung der Ver⸗ tilnmswahl, der im ganzen Deutschen Reiche als ein großer Fort⸗

stett gegenüher dem bisherigen Mehrheitswahlsystem anerkannt Die

nade, da hierbet auch die Minderheit zu ihrem Recht gelange. Lesammlung beschloß, sich für das vorgeschlagene Wahlsvpstem zu ent⸗ seiren. Zur Wahl standen die Kandidatenliste der alten sozialdemo⸗ wlischen (Mehrheits⸗ Partet unddie der Unabhängigen Sozialdemokratie. Em Antrag, die einzelnen Kandidaten möchten ein politisches glaubensbekenntnis ablegen, wurde mit großer Mehrheit abgelehnt, dagegen ein Antrag, daß vor der Wahl die Programme der beiden sesjalistschen Parteien vor der Vollversammlung entwickelt werden negen, angenommen. Die Versammlung entschied sich dafür, daß je in Kandidat der beiden Listen dieses Programm vortragen solle. ich einer Rede des Mehrheitskandidaten Arndt und einer solchen de Kandidaten der Unabhängigen Vogt (Zentralrat der Marine) algte die Wahl der 6 Deiegierten zum Zentralrat, die durch Stimm⸗ fit vorgenommen wurde. Die Liste der Mehrheitssozialisten erhielt 98 die Liste der Unabbängigen 121 Stimmen. Da die Wahl eine Iethältniswahl war, sind also 4 Kandidaten der Mehrheitssozialisten ind der Unabhängigen gewählt. 8 Dann faßte die Versammlung eine Entschließung ‚die binberufung des Reichstags, die als „Verrat am gemeinsamen Waerlande“ bezeichnet wurde.

Ein Neuköllner Soldatenrat verlangte die Zurückziehung I vom Vollzugsrat den Delegierten der Neutöllner Urlauber und Leserteure erteillen Vollmachten. Wenn es in Neukölln so weiter di, so habe man dort in einigen Tagen Blutvergießen zu erwarten. De Versammlung nahm eine Entschließung an, in der die sofortige sngültigkeitserklärung der dem Soldatenrat der Deserteure in Neu⸗ sdln ausgestellten Anerkenntnisvollmacht verlangt wurde.

Auch die Großberliner Arbeiterräte nahmen am eccen die Wahl von Delegierten zum Zentralrat er Arbeiter⸗ und Soldatenräte vor. „„Es wurden die Wahllisten vorgelegt, die von den Mehrheits⸗ Nalscten, von den Unabhängigen Sozialdemokraten und vom ff lschen Beamtenbund in Gemeinschaft mit den frecen Berufen Dsgestellt worden waren, und die Verhältniswahl, für die der ierten der Arbeiterräte festgesetzt. Da 1000 Mitglieder mnArbeiterräͤte 13 Vertreter für den Zentralrat zu Wählen. hatten, hh lcch Beschluß. für die Piäsentation Fner acägtis vh 809 Etegierten zum Zentralrat ergab für die. Me EEE11. 1 für die Unabhängigen 281 und für die In b e dne tn Stimmen. Es wurden somit 7 Mehrheitssozialisten, 5 Unab⸗ sangige und 1 Vertreter der Intellettuellen gewählt.

T- Eine Delegierten aller Fronttruppen in verlin und Umgebung besuchte Versammlung im sfte Busch faßte, wie „W. T. B.“ berichtet, vorgestern ein⸗ satg folgende, den Volksbeanftragten zu üͤberreichende Ent⸗

ühan 21 b ine feste sozialistische Re stelle s geschlossen hinter eine feste sozialistische? demn. wir sind bnschesclessent, die Ordnung und die Einheit des dcsz aufrecht zu erhalten.

von

Wir dulden keine neuen Eingriffe in die

führte

1

Gewalt der Volksbeauftragten. Wir verlangen Entwaffnung der⸗ lenigen, welche sich unrechtmäßig in Waffenbesitz gesetzt haben. Wir verlangen die Uebertragung der Vollzugsgewalt auf die Regierung durch einen Beschluß des Zentralrats vom 16. Deiember 1918. Wir werden jeden Terrorismus niederhallen. Jeder Versuch, alte Regime wieder aufzurichten, wird von uns zerschmertert werden. Frei und stark wollen wir sein, aufbauen und nicht zerstören! Nur die beschleunigte Einberufung der Nationalversammlung tann die treie deutsche sozialtstische Republik auf sichere Grundlage stellen, dem deutschen Volke die verdiente Ruhe und den Frieden mit der ganzen Welt geben.

Die gestern im „Rheingold“ in Berlin zu einer Vor⸗ besprechung zusammengekommenen Vertreter der Feld⸗ soldaten. äte haben nach einer Meldung von „FT. V. an das Feldheer folgenden Aufruf erlassen: Keameraden! Der Rat der Volksbeauftragten hat zur Bildung einer Volkswehr aufgerufen. Ein nach freiheitlichen demokratischen Grundsätzen zusammengesetztes Volksheer soll erstehen und der aus der Revolution geborenen Regierung die Stärte geben, die not⸗ wendig ist, um die Früchte der Umwälzung nach innen und außen zu sichern. Kameraden! Wir, die zu einer Vorbesprechung in Berlin versammelten Vertreter der Feldsoldatenräte, halten die Bildung einer Volkswehr für unerläßlich. Wir bitten Euch darum, das Zustandekommen der Volkswehr nach Kräften zu unter— stützen und Euch in Massen der Volksregierung zur Verfügung zu stellen. Tretet heran, Kameraden! Das Vaterland, das es zu schützen gilt, ist beute Euer. Es will Euch nicht in neuen Krieg entsenden, will Euch nicht wieder in ein Joch zwingen. Der freie Wille freier Männer soll die Volkswehr bilden und Euer Arm soll nur dem Volte dienen. 1

2 In einer am 14. Dezember in Essen abgehaltenen Sitzung des Gesamtvorstands der Beamten⸗ und Lehrerschaft im rheinisch⸗westfälischen Industrie⸗ bezirk, in der 40 000 höhere, mittlere und untere Reichs⸗, Staats⸗, Prooinzial⸗ und Kommunalbeamte und Beamtinnen, Lehrer und Lehrerinnen vertreten waren, wurde, wie „W. T. B.“ berichtet, eine Entschließung gefaßt, in der sich die Vereinigung entschlossen hinter die gegenwärtige Regierung stellt, jedoch schnellste Einherufung der Nationalversammlung, spätestens in der ersten Hälfte des Januar, fordert. Ferner soll bei den verschiedenen politischen Parteileitungen dahin gewirkt werden, daß die Beamten⸗ und Lehrerschaft bei Aufstellung von Kandidaten genügend berücksichtigt werde.

Gestern fanden fünf große, von der sozialistischen Partei von Essen und Umgebung einberufene Versamm⸗ lungen statt, in denen die Redner sich für ein sozialistisches Deutschland aussprachen und sich scharf gegen die separa⸗ tistischen Bestrebungen zur Gründung einer Republik „Rheinland und Westfalen“ wandten. Die Versammelten, etwa 40 000 an der Zahl, spendeten den Rednern stürmischen Beifall. Darauf bewegten sich die Teilnehmer in geschlossenem Zuge unter Mitwirkung zahlreicher Musikkapellen durch die Straßen der Stadt.

Der fünfte Truppeneinzugstag - am Sonnabend die 1. Gardeinfanteriedivision (ausschließlich der ihr angehörenden Potsdamer Truppen) unter dem General von Jena und die 3. Gardeinfanterie⸗ division unter dem General von Roeder nach Berlin zurück Beide Divisionen kamen, wie „W. T. B.“ berichtet, aus ihren Quartieren im Westen Berlins und marschierten vom Großen Stern ab gemeinsam durch das Brandenburger Tor ein, biumengeschmückt, an der Spitze des Regiments die alten, zerfetzten, bekränzten Fahnen. Um 1 Uhr war die Auf⸗ stellung auf dem Pariser Platz beendet. Ein Chor von mehreren hundert Berliner Schulkindern stimmte „Gott grüße dich!“ an. Generalleutnant Lequis dankte den Kindern mit einem herzlichen Wort für das schöne Lied. Nachdem eine Militärkapelle den Braunschweiger Marsch gespielt hatte, be⸗ grüßte der Kommandant von Berlin Otto Wels von der Tribüne aus die Truppen:

„Berlin grüßt Euch, seine Kinder hat es bergesandt, Hundert tausende sind mit den Herzen bei Euch. Du streckt Euch liebend die Hände entgegen, öffnet Euch die Arm.: W.e kommen, willkommen, Ihr Helden daheim! Das neue Deutsch! nd wud jeinen Platz unter den Völkern einnehmen, den seine Wissenschaft, seine Kunst, seine Arbeit ihm unvergänglich erobert hat. Grüßt mit mir das Deutsch⸗ land der Zukunft, das freie und gleiche! Es lebe hoch!“

Die Musik spielte „Deutschland über alles“. Darauf hfelt der Generalleutnant Lequis vom Pserde herab eine An⸗ sprache:

Allen Staämmen Deutschlands gebörten die Truppen an, die er in diesen Tagen bhabe in die Reichshauptstadt zurückführen dürfen. Alle seien beseelt von der heißen Liebe zum Vaterlande, alle eine die Erinnerung an die durchgekämpfte Kriegsnot. Der Einzug in Berlin sei das Spmbol unerschütterlicher deutscher Einigkeit. Die Berliner Garde verkörpere das feste Zusammenhalten aller Preußen. Er sei stolz, die Garde dem kommandierenden General wieder in seine Hände zurückgeben zu dürfen.

Der kommaadierende General des Gardekorps von Boeck⸗ mann hatte inzwischen die Tribüne betreten. Er hieß die Truppen willkommen in Heimat und Standort: 1

Er erinnerte daran, daß er die 3. Gardeinfanteriedivision bei Ypern befehligt habe, und dankte ihr für ihr bewiesenes Heldentum an dieser historischen Stätte preusischen Waffenruhms. Alle hätten sich den Einzug anders gedacht. Nicht das Kriegsglück, das Schicksal babe gegen uns entschieden. Belastet mit einem Waffenstillstand, wie er schmählicher und grausamer bislang nicht dagewesen, kehrten sie hein. Aber eines lasse den Kopf heben: unbesiegt durch die Waffen des Feindes, hätten sie die Waffenehre geretter. Das dankten wir vor allem auch denen, die bis zum letzten Atemzuge gekämpft haben für das Vaterland. Der General kommandierte „Helm ab!“, die Musik spielte „Wie sie so sanft ruhn“. Viele übermannte die Rührung. Der General fuhr dann fort: Die Truppen fänden heim⸗ getehrt im neuen Vaterlande auch nicht die ersehnte Rast und Ruhe. Aber alle mögen helfen, die Disziplin zu festigen, die uns nicht an letzter Stelle zu allen Erfolgen verholfen habe. Der Weisung der Obersten Heeresleitung folgend, würden alle, Offiziere und Mannschaften, die Regierung schützen und decken, die Regierung, die uns nicht bloß Ruhe verheiße, sondern auch Ruhe schaffe. „Für das geliebte Vaterland wollen wir alles einsetzen. Das deutsche Vaterland hurra!“

Die Musik spielte den Yorckschen Marsch. Die Kinder sangen: „In der Heimat, in der Heimat, da gibus ein Wieder⸗ sehn“. Dann zogen die Regimenter die Linden entlang ihren Quartieren zu, unter dem Jubel vieler Tausende. 8

das

Parlamentarische Nachrichten.

Der Präsident bdes Reichstags Fehrenbach hat laut Meldung des „Wolffschen Telegraphenbüros“ folgendes Schreiben an die Reichsleitung gerxichtet:

Gegenüber der dortigen Erklärung auf meine Berufung des Reichstags im Zusammenhang mit Presseäußerungen, habe ich nur das Bedürfnis, folgendes festzustellen:

1) Es ist falsch, von der Absicht einer Gegenrevolution oder von Schwierigkeiten zu sprechen, die ich der Regierung machen wolle. Es handelt sich für mich nur um die Schaffung der Voraussetzungen für den baldigsten Abschluß eines Vorfriedens. Herr Etert ist über meine Absichten und die Uebereinstimmung der Parteifühter mit diesen von mir loyal unterrichtet worden.

2) Voraussetzung meiner tatsächlichen Berufung des Reichstags durch Bestimmung von Ort und Zeit ist die zweifelsfreie Feststellung der Tatsache, daß die jetzigen Gewalten in Deutschland von unseren Feinden nicht anerkannt werden. Diesen Zeitpunkt, der nach den Zeitungsnachrichten vom Tage zuvor unmittelbar bevorstehen sollte, wollte ich aus einer einleuchtenden Erwägung heraus nicht abwarten. Ich durfte es auch nicht angesichits der unge⸗ zählten Zuschriften und Telegramme, welche die Berufung des Reichstags forderten, und namentlich angesichts der Not⸗ schreie aus Cöln und Koblenz. Die Annahme, daß die Entente erst durch mich auf den Gedanken fommen könnte, es fehle an einer ver⸗ handlungsfähigen Regierung, ist durch die vorausgegangenen Er⸗ örterungen in der seindlichen Presse widerlegt.

3) Die Folgen meiner Pflichterfüllung verantworte ich mit ruhigem Gewissen. Ich warte das pflicht mäßige Handetn der Re gierung ab, wenn sich die Voraussetzung meiner Kundgebung erfüllt.

Statistik und Volkswirtschaft

öX“ Zur Arbeiterbewegung. 1 1 Die Angestellten des Deutschen OQpernhauses in Charlottenburg, mit Ausnahme der Solisten, traten gestern kurz vor Beginn der angesetzten Vorstellung wegen Lohn⸗ forderungen in den Ausstand. Die Vorstellung konnte insolgedessen nicht stattfinden.

Kunst und Wissenschaft

In der Dezembersitzung der Gesellschaft für Erdkund

vrach Dr. Pohle, der Herausgeber der Zeitschrift „Die Ostsee“

Siedlungs⸗ und wirtschaftsgeographische Probleme Nordens. Unter der Bezeichnung des „Nordens“ versteht der Vortragende das Gebiet, dessen Südgrenze etwa der 60. Breiten grad, dessen Nordgrenze durch die Ränder der nordischen Gebiete am Eismeere gegeben ist. Dahin gehört vorerst die größte Insel unseres Globus, Grönland, deren Sud pitze zum 60. Breite⸗ grad reicht, auf dem Steockholm und St. Petersburg liegen, die von Wäldern, Wiesen und Feldern umgeben sind Der größte Teil Grönlands mit seinen 2 Millionen Quadratkilometern Fläche ist in⸗ dessen eisbedeckt, und nur an den Rändern der Insel leben die Eskimos, die die Jagd und die Frscherei bis zur Virtuositàt ausgebildet haben und durch die dänische Regierung heute im Gleichgewicht erhalten werden. Auch in Alaska haben wir eine Anhäufung von Bewohnern, die dort freilich wegen der Goldfunde entstanden ist. Dieser Teil des Nordens scheidet sich durch seine Bedeckung mit dem Inlandeise von dem übrigen Gebiet. In Novaja Semlya hat die russische Regierung etwa 100 Samojeden angesiedelt, die dort gedeihen. Die geringe Volks⸗ dichtigkeit ist für allte Nordgebiete charakteristisch, deren Süd⸗ grenze durch die Ausdehnung des Ackerbaus nordwärts gebildet wird. In Fennoscandia, Ostkarelien, besteht eine primitive Brennkultur, die Kiefern werden niedergeschlagen, abgebrannt, und die Asche düngt den Boden für einige Zeit, in der Roggen gebaut wird. Aehnlich findet man die Bodenkultur in den westsibirischen Gebieten der Potschora und des Ob. Man rodet dort den Lärchen⸗ wald und legt die spärlichen Felder an den Hängen an, weil dort die kalte Luft abfallen kann. Die Bahnen in Sibirien gehen durch das Gebiet der „schwarzen Erde“; im Bezirk von Tobolsk führt nur eine Straße nach Norden, weniger Land wird dort in Wiesen verwandelt in Acker. An der

über:

als in Murmanküste hat man durch Entwaͤsserung Werte geschaffen. Die Samojeden Sibiriens betreiben Renntierzucht, wie es die Lappen auf den Fjelden Norwegens tun. Sie leben dort im Sommer in Erd⸗ hütten, im Winter in Blockhäusern. Freilich liefert diese Renntier⸗ wirtschaft heute noch sehr geringe Werte für die Weltwirtschaft. Vor dem Kriege kam Renntierfleisch bis nach Deutschland, und es konnte zum Handelsartikel erhoben werden. Die neue Welt kennt solchen Handel bisher noch nicht. Im Obgebiet haben wir eine ungemein reiche Fischereiwirtschaft, die Ostiaken helfen bei diesem Betriebe, der bis zum 70. Grad n. Br. besteht; aber obmwohl Dampfer die Fänge nach Süden bringen, giebt es doch für die Weltwirtschaft dorther noch keme Bezugsquelle für Fische. Am „Weißen Meer“ haben wir lebhaften Lachsfang seit alter Zeit. Eine stärkere Besiedlung Sibiriens tönnte die Holzvorräte des Landes ebenso wie seine Fische auf den Weltmarkt bringen, zumal Japaner ebenso wie Amerskaner schon gegenwärtig auf Kamtschatka wie auf Sachalin die Fischerei tüchtig ausbeuten. An der Küste Norwegens vorbei führt der Golfstrom, ebenso wie an Kola vorbei nach Spitzbergen zu. Dort blüht der Dorsch⸗ und Kabeljaufang. Norwegen schickt Fische nach Nord⸗ rußland, das selbst, zu wenig für seinen Bedarf gewinnt. ⸗An der Murmanküste waren vor dem Kriege deutsche Fischerei betriebe aus Bremen tätig neben englischen, die dort eifrig arbeiten; 1909 führten die letzten 20 000 t und 1911 28 000 ü Fische von der Murmanküste aus, was schon einen Fingerzeig bietet für Englands Interesse an der Besetzung dieses Gebiets. Im Innern der Kolahalbinsel, die aus Urgestein gebildet ist, haben wir bei Kiruna die großen Erzberge, deren Maͤchtigkeit auf 750 Millionen Tonnen Eisen geschätzt wird. 10 km vom Eismeer bei Kirkenaes in Finnmarken sind ebenfalls bedeutende Erzfunde gemacht worden. Ferner stecken gewaltige Werte in den Wasserkräften (Stromschnellen) Kareliens und ebenso in Kola und in Nordfinnland. Man schätzt sie auf 2 ½ Milli⸗ onen Turbinenpferdekräfte und mehr. Die Erze aus Nordland gehen über Luleg zu uns. Da auch Kohlen dort vorhanden sind, so ist 1903 bis Narwik eine elektrische Bahn gebaut worden, die diese Produkte ausführt. Solche Talsachen haben eine große Umwälzung in den Siedlungsver hältnissen dieser Gebiete bervorgerufen. Im nördlichen Schweden wird der Nadelwald wirtschaftlich ausgebeutet, deshalb haben Wald⸗ gesellschaften dort den kleinen Siedler verdrängt, ebenso sind auf Kola die Sägemühlen zablreich entstanden, die die Schiffe befrachten, auf denen vom Weißen Meer aus das Holz bis nach Südafrika ge⸗ bracht wird. Die Moore, ein Produkt der Eiszeit, die in Finnisch Lappland bis zu 40 % des Gebiets bedecken, werden wohl in Zu kunft an Bedeutung gewinnen, wenn es gelingen sollte, eine bessere Ausnutzung des Torss und seiner Gase für Beleuchtungszwecke zu erreichen. Die Förderung und Versendung von Kohle aus Spitz. bergen hat dort im letzien Jahrzehnt die Zahl der Bewohner erhöht, obwohl es noch strittig ist, welcher Macht politisch Spitzbergen zufallen wird, nachdem Rußland es abgelehnt hat, daß an Norwegen die Hoheitsrechte übergehen sollen. Schon im 17. und 18. Jahr⸗ hundert waren Russen nach Spitzbergen gekommen, das sie Grumagat nannten, und schon im Mittelalter war die Kolahalbinsel eine Station gewesen für die Schiffahrt nach Westsibirien. In dem nordischen Gebiet von „Fennoscandia- neffen heute zusammen Finnen, Norweger auf russischem Gebiet und Schweden. Das Gebiet als Ganzes ist einbeitlich in seinem Aufbau, seiner Oberflächengestaltung, einheitlich in seiner Tier⸗ und Pflanzenwelt. Um diesen Norden dem Verkehr und seinen Produkten den Weltmarkt zu erschließen, werden

Bahnen gebaut werden müssen, die vom Weißen Meer zur Ostsee