1111“
Rumänien.
Niach einer von „Reuter“ verbreiteten Bukarester Meldung ist Bratianu mit der Bildung der neuen Regierung beauftragt worden, in der er das Portefeuille für Aus⸗ wärtiges erhält und in die auch Take Jonescu ein⸗
treten wird. Finnland.
Zur Wahrung der Interessen Finnlands auf der Friedenskonferenz sind nach einer Meldung des „Wolffschen Telegraphenbüros“ Professor Irjö Hirn und Dr. Adolf Törngren ausersehen.
Statistik und Volkswirtschaft.
Zur Arbeiterbewegung.
Am Dienstag stellten in Berlin, wie der „Vorwärts“ mit⸗ teilt, die Drucker der Firmen Scherl, Ullstein und Mosse die Forderung, ihren Wochenlohn, der zurzeit einschließlich der Teuerungszulagen 79 ℳ beträgt, auf 120 ℳ zu erhöhen. Die Ge⸗ schäftsvertreter der drei Firmen erklärten nach längerer Verbandlung, sie könnten nur eine vorläufige wöchentliche Zulage von 15 ℳ be⸗ willigen. Da eine Verständigung nicht gleich zustande kam, sind in⸗ folgedessen die Zeitungen der drei Betriebe gestern nicht erschienen.
Die Einigungsverhandlungen im Deutschen Overnhaus haben, dem „Berl. Lok.⸗Anz.“ zufolge, bis gestern zu einem Ergebnis noch nicht gefuͤhrt. Die einzelnen Gruppen des Personals werden nun gesondert noch einmal beraten, ob und wieviel sie von ihren Forderungen abstreichen wollen, und andererseits werden der Aufsichtsrat und der Magistrat von Charlottenburg sehen, wie weit dem Personal entgegengekommen werden kann, ohne das Bestehen des Deutschen Opernhauses zu gefährden. Die abendlichen Vor⸗ stellungen finden trotzdem täglich statt.
Sämtliche Brauereiböttcher Berlins sind nach dem „Vor⸗ wärts“ am 17. d. M. wegen erhöhter Lohnforderungen in den Aus⸗ stand getreten.
Zur Lage in den Kohlenrevieren teilt der „Vorwärts“ solgendes mit: In Oberschlesien sind am Dienstag 5414 Kohlen⸗ waͤgen gestellt, gestern morgen 5157 Eisenbahnwagen angefordert worden (gegen normal 12 000 während des Krieges). — Im rheinisch⸗westfälischen Bergbaurevier sind am Dienstag 14 598 Eisenbahnwagen verladen worden (gegen normal 25 000 im Kriege). Die Verladung ist damit gegenüber der Leistung in den jetzten Tagen wieder zuruckgegangen. Die Ausstandsbewegung hat weiter um sich gegriffen, die Anzahl der Ausständigen hat sich auf 24 142 gegen 17 259 am Tage vorher erhöht. Am Mittwochmorgen
fuhren dagegen mehrere Tausend Manag mehr als am Dienstag an.
Bewegung hat auf den Bottroper Bezirk übergegriffen.
Literatur.
— Ada Schnee: Meine Erlebnisse während der Kriegszeit in Deutsch Ostafrika. (Geh. ℳ 2,40, geb. ℳ 3,20. Verlag von Quelle u. Meyver in Leipzig.) Wenn es auch wehmütig berührt, jetzt über das zu lesen, was Deutsche in Ostafrika leisteten und erduldeten, so können die Schilderungen, die uns hier von der Frau des Gouverneurs geboten werden, doch auch dazu bei⸗ tragen, den Glauben an Deutschlands Zukunft zu stärken und die Freude über die Tapferkeit und Ausdauer, über den Erfindergeist und die Hilfsbereitschaft, die dort zutage traten, neu zu beleben. Auch wird das Verhältnis der Weißen zu ihren schwarzen Dienern, wie es bier erfahren und beohachtet worden ist, von besonderem Interesse sein. Die Aufzeichnungen sind in klarem, sachlichem Stil gehalten und von guten Bildern und Kartenskizzen belebt.
— Karl Gjellerup: Seit ich zuerst sie sah. (Geb. 7 ℳ, Verlag von Quelle u. Mever in Leipzig, 1918.) Vorliegendes Buch gehört zu den älteren Werfen Gjellerups, das nun in neuem Gewand und bester deutscher Uebersetzung auch bei uns erscheint. Es spielt in den 70 er Jahren und bringt eine rührende Liebesgeschichte, in her Ichform erzählt, in der sich Selbsterlebtes vnd Erdichtetes verschmelzen. Bei aller Gemütstiefe fehlt es dem Buch nicht an
frischem Humor; es enthält reizvolle lanoschaftliche Bilder und feine
psychologische Zeichnungen. Dresden und seine entzückende, dem Herzen
sich einschmeichelnde Umgebung blden vorwiegend den Hintergrund zu allem Geschehen, das „eine alte Geschichte ist, die doch ewig neu bleibt“.
— „Das Weltall“, Verlag der Treptow⸗Sternwarte, Berlin⸗
Treptow (Bezugspreis vierteljährlich 3 ℳ). Heft 3,4 bringt an
Originalauf ätzen „Bedeutung und Leistung astronomischer Pendel⸗
uüunhren“ von Dr. Hans Kienle, „Lagrange in Berlin“ (Schluß) von Dr. W. Ahrens, „Der gestirnte Himmel im Monat Dezember 1918“ von dem Herausgeber Dr. F. S. Archenhold. eine kleine Mitteilung damit bekannt, daß Helliakeitsschwankungen beim Uranus mit der spektroskopisch ermittelten Umdrehungszeit des Planeten zusammenfallen, und eine andere berichtet über eine Lösung der Frage über das „Entstehen der Eisheiligen“, die die Ursache der „Gestrengen Herrn“ auf die Verdunstungstkälte der eben erwachten Vegetation zurückführt.
Weiter macht uns
Verkehrswesen. Beim Einkauf von Wertzeichen gegen Scheck oder
Ueberweisung durfte eine Postanstalt bisher Wertzeichen im
Betrage bis 50 ℳ schon vor der Gutschrift des Schecks usw. verabfolgen, wenn der Käufer von seiner Bestellpostanstalt einen besonderen Ausweis erhalten hat, der bei jedem Ein⸗ kauf am Schalter vorzulegen ist. Zur weiteren Förderung
des bargeldlosen Verkehrs hat die Reichspostverwaltung ange⸗
ordnet, daß künftig Wertzeichen bis zum Gesamtbetrage von
100 ℳ vor der Gutschrift des Schecks usw. ausgehändigt werden können.
Auch dürfen fortan Nachnahmebeträge durch Scheck
oder Ueberweisung beglichen werden, wenn der Empfänger solcher Sendungen von seiner Bestellpostanstalt auf schriftlichen
Antrag einen Ausweis erhalten hat, der bei der Einlösung
Besteller jedesmal mitvorzulegen ist.
von Nachnahmesendungen dem Schasterbeamten oder dem 1 Auf diese Art können von einem Empfänger zu gleicher Zeit Sendungen bis zu
einem Gesamtnachnahmebetrage von 300 ℳ eingelöst werden,
ohne daß die Gutschrift des Schecks usw. abgewartet zu werden
braucht. In Orten, wo Briefsendungen und Pakete von ver⸗ schiedenen Bestellpostanstalten ee hesetgt werden, sind die
Gefangenenpalete und Päckchen
Anträge auf Zulassung zu dem Verfahren an die Postanstalt
zu richten, in deren Briefbestellbezirk der Empfänger wohnt oder sein Geschäft hat. 8 Sü
Die für die Weihnachtszeit bis 22. Dezember einschließlich angeordnete Sperre des Versandes von Paketen und Päckchen an deutsche Gefangene im Ausland ist mit sofortiger Wirkung für die Richtung nach England und darüber hinaus aufgehoben worden. nach England und darüber hinaus werden demnach bei allen Postanstalten schon jetzt wieder an⸗ genommen.
Im Postgebiet Ob. Ost (Baltische Lande und Litauen) sind die folgenden deutschen Post⸗- und Telegraphenanstalten geschlossen worden: .
a. in Estland und Nordlivland einschl. der Inselun
Oesel, Dagoe und Moon:
8 Kln Se9⸗ Dorpat, Fellin, Hapfal, Narwa, Pernau, Petschorv, Reval, Weißenstein, Werro und Wesenberg, sowie die Feldpostanstalt in Arensburg (Oesel); 8
b. in Kurland:
Annenburg;
c. in Litauen: 8 Dombrowo, Knyszyn, Siemiatyeze und Swislocz, sowie ddie Feldpostanstalten in Bialowies, Bielsk, Brzostowica, Wielka, Rakischki und Sokolta.
In Südlitauen ist außerdem der Postverkehr nach dem flachen
Lande an vielen Orten unterbrochen.
Weitere Schließungen stehen bepor. Es sind gewöhnliche und eingeschriebene Briefsendungen nach den genannten Orten nur noch auf Gefahr des Absenders, Postanweisungen und Telegramme über⸗ haupt nicht mehr anzunehmen. 11“ 8
Nach den unter a, b und d nicht genannten Postorten des Post⸗ gebiets Ob. Ost dürfen zwar bis auf weiteres Postanweisungen und Telegramme sowie nach Bialystok, Grodno, Kowno, Libau, Mitau, Riga und Wilna auch Bücherpakete noch angenommen werden, jedoch nur auf Gefahr des Absenders. Der Privatpostverkehr mit den zwischen dem Postgebiet Ob. Ost (Baltische Lande und Litauen) und der rzussischen Sowjet⸗Republik liegenden Gebieten des Ostens sowie mit dem Etappengebiet Bug ist eingestellt.
Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs⸗ maßregeln.
In der gestrigen Versammlung der mehr als 3000 Mit⸗ glieder umfassenden ärztlichen Vereine Groß Berlins wurde laut „W. T. B.“ eine Erklärung angenommen, in der es heißt, daß die Ausführungen erster Kapazitäten, wie der Professoren Rubner, Kraus, Czernyv, Geheimrat Dr. Hamel, Stadtmedizinalrat Weber und Professor L. Kuttner, die Erfabrungen der praktischen Aerzte über die zunehmende Verschlechterung unserer Ernäh⸗ rungsverhältnisse bestätigen. Unter dem Hinweis darauf, daß unsere Nahrungsmittelvorräte binnen kurzem erschöpft sein werden, daß die Volksgesundheit während der a jährigen Blockade Deutschlands schwer beeinträchtigt worden ist und die Sterblich⸗ keit um ein Drittel, bei Kindern zwischen 1 und 15 Jahren um die Hälfte und bei Tuberkulose in den Städten sogar um das Doppelte zugenommen hat, daß ferner die mit der Erfüllung der Waffenstillstandsbedingungen weiter bevorstehenden Ginbußen unserer Ernährung eine allgemeine Hungersnot in kurzer Zeit heraufbeschwören werden, wird an die Regierung die dringende Forderung gerichtet, mit allen Mitteln die ordnungsmäßige Er⸗ fassung und Verteilung der in Deutschland vorhandenen Lebens⸗ mittel durchzuführen. Es wird die Hoffnung ausgesprochen, daß die feindlichen Regierungen ihren in letzter Stunde bekundeten Willen, betreffend Zufuhr von Lebensmitteln nach Deutschland, rechtzeitig und ausreichend erfüllen werden. Es heißt zum Schluß: Wir bitten nicht um Gnade, wir wenden uns an das Gewissen derjenigen Männer der feindlichen Völter, in deren Brust die Stimme der Menschlichkeit und das Bewußtsein der Verantwortung vor dem Urteil der Geschichte nicht erstickt ist. .
—
Nachweisung über den Stand von Viehseuchen in Deutsch⸗Osterreich am 4. Dezember 1918. (Auszug aus den amtlichen Wochenausweisen.)
Maul⸗ Schweine⸗ Rotlauf und pest
Klauen⸗ (Schweme⸗ der seuche seuche) Schweine
Zahl der verseuchten
8 ☛
Nr. des Sperr
¶̃
— —
2
Niederösterreich
nbUosAsEGEg
17 24 33 51 24 29 w. — — 16 165 —
1ö1
.„ „ 2„ 1
“
SOoo 1 eU ch 20 90— 2
A+—— ¹ 22bSn!
2 b5dPeoeee— — 8hO b”o
0₰
Die vperiodische Nachweisung über den Stand von Viehseuchen ist für Ungarn seit dem 23. Juli und für Kroatien⸗Slavonien seit dem 17. Juli in der bisherigen Ausfertigung — ungarisch⸗deutsch — nicht eingegangen, ebenso fehlen die Angaben für die übrigen öster⸗ reichischen Länder.
Zusammen Gemeinden (Gehöfteh:
Rotz 8 (8), Maul⸗ und Klauenseuche 242 (2371), Schweinepest (Schweineseuche) 57 (108), Rotlauf der Schweine 23 (41). Lungenseuche des Rindviehs, Pockenseuche der Schafe und Beschäl⸗ seuche der Zuchtpferde sind nicht aufgetreten.
Theater und Mufik.
Im Opernhause wird morgen, Freitag, als 2. Tag im
„Ring des Nibelungen“ „Siegfried“ mit den Damen Wildbrunn, Leisner, Dux und den Herren Kirchhoff, Bohnen, Henke, Habich und Stock in den Hauptrollen gegeben. Musikalischer Leiter ist der Generalmusikdirektor Leo Blech. Anfang 6 Uhr. Im Schauspielhause wird morgen „Othello“ mit den Damen Schön, Straub und den Herren Becker, Chrle, Kraußneck, Keppler, von Ledebur, Leffler, Vespermann und de Vogt in den Hauptrollen aufgeführt. Spielleiter ist Dr. Reinhard Bruck. An⸗ sang 6 ½ Uhr.
Im Lessingtheater ist die Erstaufführung von Björnsons „König“ auf Anfang Januar festgesett worden. Ende Januar geht Gerhart Hauptmanns „Roter Hahn in Szene, daran anschließend folgen Heinrich Manns „Brabach“ und Julius Meier⸗Gräfes Komödie „Heinrich der Beglücker“.
Im Theater in der Königgrätzer Straße wird gegen⸗ wärtig Carl Rößlers neues Lustspiel „Eselei“ vorbereitet. Die Erst⸗ führung ist für Ende dieses Monats geplant
Mannigfaltiges.
In der Treptower Sternwarte finden in den folgende Vorträge statt: Sonnabend, Nachmittags 5 Uhr, und Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Drei Weihnachtsmärchen (Filme): Sonntag, Nachmittags 5 Uhr: „An den Ufern des Rheins“ (Filme), Abends 7 Uhr: „Europäische und exotische Jagden“ (Filme); 1. Weih nachtsfeiertag, Nachmittags 3 Uhr. „Reise zum Südpol und ein Buck ins Weltall“ (Filme), 5 Uhr: Drei Weihnachtsmärchen (Filme), Abends 7 Uhr: „Aus fernen Landen“ (Filme); 2. Weihnachtsfeiertag, Nachmittags 3 Uhr: Drei Weihnachtsmärchen (Filme), 5 Uhr: „Das
baverische Hochland und die Königsschlösser“ (Filme), Abends 7 Uhr:
„Reise zum Südpol und ein Blick ins Weltall“ (Filme).
—
11]
Görlitz, 18. Dezember. (W. T.B.) Wie uns von zu⸗ ständiger Seite mitgeteilt wird, wurde die am vergangenen Sonn⸗ abend infolge anarchistischer Umtriebe über das hiesige Griechen. lager verhängte Sperre am gestrigen Dienstag, Nachmittags 5 Uhr, wieder aufgehoben, nachdem der frühere Oberst Karakalos das Kommando wieder übernommen hat und für Ruhe und Ordnung Sorge tragen will. — In letzter Zeit fand, wie ferner mitgeteilt wird, eine Massenflucht der hiesigen Griechen aus dem Lager statt. Diese Flucht nahm nach Aufhebung der Sperre gestern einen besonders großen Umfang au. Getrieben von Heimweh steömen die griechischen Soldaten in größeren Trupps ohne Waffen, mit ihren Habseligkeiten beladen, auf der Landstraße nach Seidenberg der deutsch⸗österreichischen Grenze zu, um dann mit der Eisenbahn schneller in ihre Heimat zu gelangen, als es nach den Plänen der Entente möglich wäre. Bisher haben auf diese Weise von den 4000 hier besindlichen Griechen über 2000 das Lager verlassen.
Cöln, 18. Dezember. (W. T. B.) Die „Kölnische Zeitung“ meldet aus Solingen: Die britische Besatzung hat die Ein⸗ ziehung der roten Fahnen und die Einführung der englischen Zeit angeordnet. 1“
Müllhe im (Baden), 18. Dezember. (W. T. B.) Im Laufe des gestrigen Nachmittags kamen über die Rh einbruͤcke bei Neuenburg etwa 50 Familien, insgesamt etwa 200 Köpfe, aus dem Elsaß an. Es handelte sich um Beamte und Altdeutsche aus Mulhausen im Elsaß, die ihre Wohnorte verlassen mußten. Auf dem Abtransport wurden sie von Leuten aus der Zwil. bevölterung verhöhnt und mit Steinen beworfen. Die Behandlung unterwegs war die denkbar schlechteste. Weitere Transporte von Ausgewiesenen sollen folgen.
Hamburg, 18. Dezember. (W. T. B.) Heute fand hier eine Dank⸗ und Ehrenfeier für das Reserveinfanterie. regiment 76 statt. Nachdem sich das Regrment auf dem Hach⸗ mannplatz versammelt hatte, wurde es von dem Arbeiter⸗ und Soldatenrat und dem Oberbürgermeister im Namen des Senats und der Bürgerschaft begrüßt worauf der Major Dziobek als Kom⸗ mandeur des Regiments, für die herzliche Aufnahme in der Heimat dankte. Maꝛ Rückweg zur Kaserne durch die festlich geschmückten Hauptstraßen an.
——
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)
Opernhaus. (Unter den Linden.) Freitag: 278. Dautr⸗ bezugsvorstellung. Dienst⸗ und Freiplätze sind aufgehoben. Der Ring des Nibelungen. Bühnenfestspiel von Richard Wagnet. Zweiter Tag: Siegfried in drei Akten von Richard Wagner. Musi⸗ kalische Leitung: Generalmusikdirektor Leo Blech. Spielleitung: Her⸗ mann Bachmann. Anfang 6 Uhr.
Schauspielhaus. (Am Gendarmenmarkt.) Freitag: 283. Dauer⸗ bezugsvorstellung. Dienst und Freiplätze sind aufgehoben. Othellv, der Mohr von Venedig. Trauerspiel in fünf Aufzügen von Shakespeare. Spielleitung: Dr. Reinhard Bruck. Anfang 6 ½ Uhr.
Sonnabend: Opernhaus. 233. Kartenreservesatz. Der Dauer bezug, die ständig vorbehaltenen sowie die Dienst⸗ und Freipläͤtze sind aufgehoben. Der Troubadour. Oper in vier Akten von Giuseppe Verdi. Text nach dem Italienischen des Salvatore Camerano. Anfang 7 ½ Uhr.
Schauspielhaus. 284. Dauerbezugsvorstellung. Dienst⸗ und Freiplätze sind aufgehoben. Egmont. Trauerspiel in fünf Aufzügen von Goethe. Musik von Beethoven. Spielleitung: Dr. Reinhard Bruck. Anfang 6 ½ Uhr.
8 Am 15. ds. Mts. verstarb nach einer über ein h Vierteljahrhundert ausgedehnten gemeinsamen Tätig⸗ keit unser getreuer Kollege und bewährter Freund Herr
Hartwig Bötel.
In aufrichtiger Trauer widmen wir dem ver⸗f storbenen edlen Manne ein ehrenvolles Gedenken. Hamburg, den 17. Dezember 1918. 56787] Der Aufsichtsrat und der Vorstand der China Export⸗, Import⸗ u. Bank⸗Compagnie.
Verlobt: Frl. Anna Freiin von Stackelberg mit Hrn. Leutnant d. Res. Siegfried von Storch (Kaltenbrunn, Estland Schwerin i. M.). f Gestorben: Hr. Albert von Rheinbaben, Senioratsherr an
Stübendorf (Wiltschau).
Verantwortlicher Schriftleiter: Direktor Dr. Tyrol, Charlottenburg. Verantwortlich für den Anzeigenteil: Der Vorsteher der Geschäftsstelle Rechnungsrat M engering in Berlin. b 1 Verlag der Geschäftsstelle (Mengering) in Berlin.
Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagsanstallk, *& Berlin, Wilhelmstraße 232. 9
Sechs Beilagen einschließlich Börsenbeilage)
owie die Inhaltsangabe Nr. 50 zu Nr. 5 des öffentlichen Anzeigers.
nachsten
Hierauf trat das Regiment in Stärke von 2600 Mann den⸗
Kongreß der Delegierten der Arbeiter⸗ und Soldatenräte Deutschlands.
8. Sitzung vom Mittwoch, dem 18. Dezember 1918.
Der Vorsitzende Leinert eröffnet die Si ung na 1¼ Uhr. Er ersucht alle im Sitzungssaale cuf 8 Bänken der früheren Regierung Anwesenden, die sich nicht als Delegierte ausweisen können, ihre Plätze zu räumen, erklärt Beifallsbezeigungen und Zwischenrufe von den Zuhörertribünen für unzulässig und ermahnt die Delegierten, bei der Erledigung der Verhandlungen die größte Ruhe zu bewahren.
Vor Eintritt in die Tagesordnung wird die gestern vom Vorsitzenden beantragte Ergänzung der Geschäftsordnung, be⸗ treffend Wortmeldungen und Redeordnung, fast einstimmig an⸗ genommen.
bierauf wendet sich der Kongreß zu den auf Grund der esttigen Beschlußfassung heute den ersten Gegenstand der agesordnung bildenden Anträgen der Berliner Sol⸗ datenräte. Diese protestieren gegen die Entfernung der Volksmarinedivision aus Berlin und verlangen die sofortige Annahme von Dringlichkeitsanträgen zum Zwecke der Schaffung eines Obersten Soldatenrates, des Verbots aller Rangabzeichen, der Entwaffnung sämtlicher Offiziere Soldatenrat Lampel Hamburg: Wir Soldaten protestieren zu⸗ nächst dagegen, daß die Regelung unserer militärischen Angelegen⸗ heisen dazu ausgenutzt wird, die deutschen sozialistischen Parteien gegeneinander zu hetzen. (Beifall.) Dieselben Forderungen, die gestern die Verreter der Berliner Truppen hier vorbrachten, haben wir schon in Hamburg durchgesetzt, allerdings mit Einschränkungen, die dringend notwendig sind. Es muß ein Unterschied gemacht werden zwischen dm S jährigen Schnösel⸗Leutnant und dem gründlich vorgebildeten Verwaltungsoffitier, der für die Demobilisation nicht zu entbehren ist. Die endgüttigen Ausführungsbestimmungen müssen von der Regierung im Ein ernehmen mit den Soldatenmräten festgesetzt werden. Ich beantrage die Annahme der Forderungen in folgender Form: 1) Die Kommandogewalt über Heer und Marine üben die Volks⸗ beauftragten unter Kontrolle des Vollzugsrats aus. 2) Als Symbol der Verbrüderung des Mil tarismus und der Abschaffung des Kadavergehorsams wird die Entfernung aller Rang⸗ abzeichen und ein Verbot des außerdienstlichen Waffentragens an⸗
geordnet.
3) Für die Zuverlässigkeit der Truppenteile und Aufrecht⸗ ebeltung der Disziplin sind die Soldatenräte verantwortlich. Der konge⸗ der A., und S.⸗Räͤte ist der Ueberzeugung, daß die Truppen den selbstaewählten Soldatenräten und Vorgesetzten im Dienste sich 89 Durchführung der Ziele der Revolution unterordnen werden.
orgesegte außer Dienst gibt es nicht mebr.
4) Die Entfernung der bisherigen Achselstücke, Unteroffiziertressen vr. ist ausschließlich Sache der Soldatenräte und nicht einzelner
ersonen.
5) Die Soldaten wählen ihre Führer selbst. Frühere Offtziere, sie das Vertrauen der Mehrheit ihrer Truppen genießen, können viedergewählt werden.
6) Offiziere der militäͤrischen Verwaltungsbehörden und Beamte ber Sügste find im Interesse der Demobilisation in ihren Stellungen zu belassen, wenn sie erklären, nichls gegen die Revolution zu unternehmen.
7) Die Abschaffung des bestehenden Heeres und die Errichtung der Volkswehr sind zu beschleunigen.
8) Die vorstehenden Sätze sind Richtlinien. Die endgültigen Ausführungsbestimmungen werden von den 6 Volksbeauftragten unter Kontrolle des Vollzugsrats und im Einvernehmen mit den Soldatenräten von Heer und Marine festgesetzt. (Beifall.)
Tost⸗Berlin (U. Soz.): Die gestrige Demonstration hat ihre Ursache zweifellos in irreführenden Maßnahmen der Stadtkomman⸗ zantur. Der 53 er Ausschuß ist von der gesamten Marine gebildet worden (Widerspruch), um die Demobilisation im Einvernehmen mit der Marineverwaltung und den beiden Staatssekretären durchzuführen.
em Antrag stimmen wohl alle Soldaten zu, und auch die Front⸗ bertreter werden bei ihren Wählern dabei nicht auf Widerspruch stoßen. (Vereinzelter Widerspruch.) Es sollen nur die Offiziere ver⸗ schwinden, die das Vertrauen der Truppen nicht genießen. Wenn die orderungen nicht angenommen werden, dann werden die Kameraden zur Selbsthilfe schreiten und das bedeutet nicht nur Anarchie, sondern unter Umständen auch Blutvergießen. (Beikall.)
Sahm ⸗Ostfront: Bei dem gestrigen Erscheinen der Deputation bandelte es sich nur um eine politische Demonstration. (Hände⸗ llatschen.) Wir müssen uns unsere Entscheidung wahren. Man will uns aber, unter Umständen mit Maschinengewehren, zwingen, etwas zu beschließen. (Unruhe.) Was die Berliner Kameraden wollen, haben wir an der Front schon längst. (Widerspruch.) Wean wir uns allerdings erst an den Rat der Volksbeauftragten gewendet hätten, wären wir noch nicht so weit. Bei uns kann kein Befehl aus⸗ gegeben werden, der nicht von den Soldatemäten geprüft ist. Die erliner stellen sich ein Armutszeugnis aus, wenn sie ihre Forde⸗ rungen mit Hilfe anderer durchbringen wollen. Die Forderungen er Berliner sind an sich berechtigt, aber ich warne davor, sie in
ausch und Bogen anzunehmen.
Ein Antrag von unabhängiger Seite will in die Anträge der Berliner einfügen:
„Die Kommandogewalt in den Garnisonen liegt in der Hand der irtlichen A.⸗ und S.⸗Räte.
Vogt⸗Breslau: Die Forderungen der Berliner Kameraden find mehr oder weniger im ganzen Reich, ausgenommen in Berlin, uccgeführt. In Berlin redet man sehr viel und vergißt darüber ais Handeln Wir in der Provinz, besonders in Schlesien, haben es latt durchgesetzt, daß kein Offizier, so hoch er stehen mag, eine Kommandogewalt ausüben kann, ohne vom Vertrauen der Soldaten getragen zu werden. Wir haͤben ohne Hilfe der Volksbeauftragten, des Kriegsministeriums und des Vollzugsrats unseren Willen durchgesetzt, an einigen Stellen allerdings mit Gemwalt. Szenen wie die gestrige hier können uns nicht Respekt verschaffen. (Ruf: Wir leben in der
evosution!) Gewiß, aber man soll nicht Sachen arrangieren, die doch sehr gemacht aussehen. (Lebhafte Zustimmung.) Die gestrige Demonstration ist nicht impulsiv von den Berliner Soldaten aus entstanden, sie sind zu vernünftig, als daß sie ein solches Theate⸗ machen. Ueber die Forderungen an sich läßt sich reden. Aber wenn die Oberste Heeresleitung, die über den Waffenstillstand verhandelt beseitigt wird, könnte die Entente Schwierigkeiten machen. Ich kantrage, daß der neue Vollzugsrat mit den Volksbeauftragten und den Fronttruppen über diese Anträge verbandelt. (Beffall.) äumig⸗ Berlin beantragt die Fassung: Die Oberste Kommandogewalt liegt in den Händen der Volksbeauftragten unter Kontrolle des Vollzugeratz; in den Garntsonen liegt die Kommandogewalt in den Händen der örtlichen A.⸗ und S.⸗ Räte.“ Der Antragsteller führt aus: Der Militarismus ist
deshalb als besonderer Antraa
Preußischen Staatsanze
19. Dezember
Berl in, Deonnerstag, den
noch nicht beseitigt, sondern nur erschüttert; sein Geist ist noch sehr lebendig, und man spürt sein Wehen auch in diesem ersten Revolutionsparläment. (Sehr richtig!) Die Forderungen der gestrigen Deputation sind nicht ungerecht⸗ fertigt und nicht unwürdig. In dem neuen Staatswesen müssen wir eine sozialist sche Heeresordnung haben. Das alte System muß bitmecgefegt werden. Daß wir in Berlin noch nicht weiter sind, liegt daran, daß uns gerade hier Widerstand vom Rat der Volksbeauftragten zuteil wird. Wir bitten, den Forderungen der Berliner Soldaten so schnell als möglich zu⸗ zustimmen. Der Entwurf der Herren Volksbeauftragten für eine Volkswehr entfernt sich sehr stark von einer er nimmt manches von dem alten System in die neue Zeit hinüber. Neben der schönen Parade⸗Volkswehr soll noch ein stehendes Heer bleiben. Wir müssen dem alten militaristischen Geist entgegentreten. Ein neuer Kriegsminister muß das Vertrauen der Volksbeauftragten und der Arbeiter und Soldaten haben. Ich bitte dringend, die er der Berliner mit den von mir vorgeschlagenen Alenderungen anzunehmen. (Beifall und Händeklatschen.) Ein anderer Antrag besagt:
Die Kommandogewalt über Heer und Marine üben die Volks⸗ beauftragten unter Kontrolle des Vollzugsrats aus. Die Beseitigung aller Symbole des Militarismus und die Abschaffung des Kadaver⸗ gehorsams, aller Abzeichen und des Waffentragens außer Dienst werden angeordnet. Für die Zuverlässigkeit der Truppenteile und für die Aufrechterhaltung der Disziplin sind die Soldatenräte ver⸗ antwortlich. Der Kongreß ist der Ueberzeugung, daß die unterstellten Truppen den selbstgewählten Soldafenräten und Vorgesetzten im Dienst zur Durchführung der sozialistischen Revolution unbedinaten Geborsam erweisen. Vorgesetzte außer Dienst gibt es nicht mehr. Aus⸗ schreitungen schädigen das Ansehen der Revolution und sind zur Zeit der
eimkehr unserer Truppen unangebracht. Der Kongreß verlangt die Ab⸗ chaffung aller Orden und Ehrenzeichen. Die Soldaten wählen ihre
ffiziere selbst. Frühere Offiziere, die das Vertrauen genießen, dürfen wiedergewählt werden. Offiziere sind für die Demobilisation in ihren Stellungen zu belassen, wenn sie erklären, nichts gegen die Revolution zu unternehmen. Die Abichaffung des stehenden Heeres und die Errichtung einer Volkswehr sind zu beschließen. — Vor⸗ stehende Sätze sind Richtlinien.
Ein Antrag Geyer⸗Leipzig u. Gen. fordert folgenden Zusatz zu dem Antrag der Berliner Soldaten:
bol⸗ Der militärische Grenzschutz im Westen wird sofort auf⸗ gehoben.
2) Den Grenzschutz übernimmt ein vom A.⸗ und S.⸗Rat ge⸗ wählter Sicherheitsdienst.
Der Vorsitzende Leinert erklärt, daß dieser Antrag nicht in Zusammenhang mit den Anträgen der Berliner Soldaten steht und zu Punkt 1 der Tagesordnung be⸗ handelt werden wird. Der Vorsitz nde bemerkt, daß noch immer Leute im Saal seien, die nicht hereingehören. Dr. Broh sei auf⸗ gesordert, den Saal zu verlassen, habe sich aber geweigert, es könne aber niemand zugelassen werden, der nicht einen besonderen Aus⸗ weis habe.
Emn Vertreter der Westfront bemerkt: Ohne Offtziere läßt sich die Demobilisation nicht duschführen. Wir haben noch keinen Frieden, sondern Waffenstillstand. Wenn Sie die Oberste Heereslettung abschaffen, so haben Sie niemand mehr, der über den Waffenstillstand verhandelt. Das wäre ein Verbrechen an unseren linksrheinischen Kameraden, die kriegsgefangen sind. (Ruf: Die Sie aufgeputscht haben!) Wir verbitien uns einen solchen Vorwurf. Es wird von anderer Seite gegen uns geputscht. Aber wir lassen uns durch Putsche oder Maschinengewehre nicht schrecken. Wir sind bereit, gemeinsam mit den Berliner Kameraden über die Anträge zu beraten. Aber die Fronttruppen, die noch nicht demobilisiert sind, würden in Gefahr geraten, wenn plötzlich ihre KFührer abgesägt würden. Sie sehen zu schwarz. Sie sehen immer die Gegenrevolution. Wo ist sie denn? (Gelächter bei den Spar⸗ takusleuten.) Sie sehen Gespenster, die nicht da sind. Erst nach der Demobilisation können wir diese Fragen regeln. Ich beantrage, die Beratung bis zum Nachmittag zu vertagen, um einen Antrag der Gjoßberliner A.⸗ und S.⸗Räte abzuwarten, die beute tagen.
ever⸗Leipzig: Wenn wir jetzt die Verhandlung aussetzen, so bedeutet das lediglich eine Verschleppung und eine Förderung der Gegenrevolution.
Vorsitzender Leinert: Es wird mir mitgeteilt, daß wieder eine Deputation der Soldaten erschienen ist. Es soll die gestrige sein; sie wünscht jetzt mit den Fraktionsvertretern zu verhandeln, da sie den ersten Poakt ihrer Forderungen (Uebernahme der Kommando⸗ gewalt des Heeres durch einen Obersten Soldatenrat, ähnlich wie bei der Marine) nicht mehr aufrechterhalten, sondern abändern will. Wenn der Kongreß darauf eingeht, würde zweckmäßig unsere Be⸗ ratung über diesen Gegenstand so lange zu vertagen sein, bis diese Verbandlungen beendet sind und die Beschlüsse der Berliner Sol⸗ datenräte vorliegen.
Es wird fast einstimmig dem Wunsche der Deputation stattgegeben.
Der Kongreß nimmt nun die gestern durch den Eintritt der Deputation unterbrochene Verhandlung wieder auf. Die nach den Reden von Barth und Ebert beantrogte Wieder⸗ eröffnung der Aussprache über die Berichte des Vollzugsrats und des Rats der Volksbeauftragten wird gegen eine geringe Minderheit abgelehnt. Der Vorsitzende erteilt für den Vollzugsrat dem Genossen Richard Müller das Wort. Dieser ist nicht zur Stelle. Es stellt sich heraus, daß er an den Verhandlungen mit der Soldatendeputation beteiligt ist. Die Sitzung wird auf 10 Minuten vertagt.
Nach Wiedereröffnung der Sitzung gegen ein halb 12 Uhr teilt Vo sitzender Leinert mit:
Wieder haben sich einige Deputationen eingefunden, eine Deputation von Arbeitern ist zunächst von der Hauswache nicht eingelassen worden, es ist mir aber gesagt worden, sie müßten hinein, es würden sonst morgen 250 000 Arbeiter durch Massenstreik Protest dagegen einlegen; ein anderer sagte mir: eine schöne Sache, bei einem sozialistischen Kongreß läßt man die Arbeiter draußen stehen! Der Berl ner Arbeiterschaft ist bekannt, daß dieser Kongreß als Kongreß der A.⸗ und S.⸗Räte Deutschlands tagt. Dasselbe Rech! wie die Berliner Soldaten und Arbeiter haben die Soldaten und Arbeiter ganz Deutsch⸗ lands; es könnten dang von überall her aus Deutschland solche Deputattonen herkommen und fortgesetzt in diese Versammlungen eindringen. Mit den Arbeiten des Kongresses sind solche fortgesetzte Unterbrechungen unserer Verhandlungen nicht vereinbar. Ich habe der Deputation den Eintritt in das Haus erlaubt, da ich nicht die Verantwortung allein dafür tragen will daß schließlich durch die Drohung der Arveitsniederlegung von 250000 Arbeitern Unlieb⸗ samteiten in der Versorgung der Berliner Bevoͤlkerung entstehen könnten. Ich halte aber allen sozialistisch gesinnten Arbeitern in ganz Deutschland vor: Wenn einmal auch die deutschen Eisenbahnarbeiter in Tausenden hier erscheinen und ihre Werkzeugstätten, ihre Maschinen und Züge stillstehen lassen, welche Konsequenzen müsse
das für das Volk haben! Der Führer der heutigen Arbeiter⸗ deputation ist derselbe, der gestern die Deputation der Soldaten geführt hat. (Hört, hört.) Es geht nicht an, daß dieselben Leute heute immer wieder große Truprs von Arbeitern oder Soldaten hier hereinführen; wir können das nicht im Interesse der Täligkeit des Kongresses, der für ganz Deutschland zu arbeiten hat. (Stürmischer Beifall auf allen Seiten.) Nun sollte aber nach meiner Meinung diese Deputation nicht abgewiesen, sondern wie vorher von Fraktionsvertretern empfangen werden, die mit ibnen außerhalb des Tagungslokals im Ministersitzungssaal verhandeln.
Gegen eine ganz geringe Minderheit von etwa 15 Mit⸗ gliedern stimmt der Kongreß diesem Vorschlage zu
Der Vorsitzende bemerkt weiter: Auf dem Programm der Veranstaltungen far den Kongreß ist für Donnerstag, früh 9 Uhr, eine große Demonstrationsversammlung auf der pielwiese in Treptow angesetzt. Wir haben gestern in den Sitzungen der Frak⸗ nonsvorstände beschlossen, auf möglichste Beschleunigung der Kongreß⸗ arbeiten hinzuwirken, um sie möglichst morgen vormittag abzu⸗ schließen. Würden wir teilnehmen, so würde das nicht möglich sein, wenn die Sitzung während der Dauer der Veranstaltung aus⸗ fallen muß.
Gegen einige wenige Stimmen wird die Beteiligung an der Demonstrationsversammlung abgelehnt.
11““ Der Kongreß begrüßt diese Veranstaltung, bedauert aber, im Interesse seiner Tätigkeit für die Gesamtheit der deutschen Arbeiter nicht teilnehmen zu können.
Als der Vorsitzende dem Volksbeauftragten Barth das Wort noch zu einer persönlichen Bemerkung erteilen will, er⸗ scheint vor dem Tische des Präsidiums auf der Präsidialesttade eine Abordnung von etwa 25 Personen mit vier roten Fahnen und zahlreichen Schildern mit Aufschriften wie: „ Macht den A.⸗ und S.⸗Räten!“ usw. und mit den Firmen „Daimlerwerke“, „Knorr⸗Bremse“ u. a.
Vorsitzenter Leinert ersucht die Tribünenbesucher sich ruhig m verhalten und so viel Anstand zu bewahren, das Rauchen einzustellen, und setzt dann der erschienenen Deputation die s eben gefaßten Be⸗ schlüsse und deren Begründung auseinander. Die Deputalion möge 8 in den Ministersitzungssoal verfügen und ihre Wünsche den
9
raktionsver retern vortragen, sie kämen dann auch der weiteren effentlichkeit zur Kenntnis. Im Interesse der Autorität dieses Kongresses und des Ansehens der deutschen Arbeiterschaft bittet der Vorsitzende unter dem stürmischen Beifall der Versammlung die Deputation, sich diesem Beschlusse zu fügen.
Ein Versuch des Führers der Deputation, zur Versammlung zu sprechen, wird durch deren stürmischen Widerspruch zunächst vereitelt. Der Vorsitzende macht die Deputationsmitglieder darauf auf⸗ merksam, daß sie in der Versammlung Gäste sind; der Sprecher ruf n Die Revozution hat besondere Gesetze! (Andauernder
ärm.
Um der sehr peinlichen Situation ein Ende zu machen, will der Vorsitzende die Verlesung der Forderungen gestatten, erklärt aber dann, daß der Kongreß auf seinem Beschlusse besteht.
Führer Hallo: Im Namen von 250 000 Arbeitern (Lachen) Berlins und Spandaus überreichen wir erneut die Forderungen, für die die Arbeiter schon am Montag dusch Massenstreik demonstriert haben, und fordern sofortige Entscheidung.
Der Redner verliest dann die Forderungen im Wortlaut, schließt mit dem Ruf: „Nieder mit der Nationalversammlung!“ und fügt eine Einladung an den Kongreß hinzu, sich an dm Begräbnis der noch unbeerdigten Leichen, der Opfer des 6 Dezember, zu beteiligen.
Vorsitzender: Wir nehmen die Forderungen zur Kenntnis es sind dieselben, die uns schon am ersten Tage überreicht worden sind. Der Kongreß wird in seinen Beratungen darüber entscheiden.
Die Deputation verläßt hierauf langsam den Saal.
Volksbeauftragter Barth erwidert in persönlicher Bemerkung auf Eberts Behauptung, der Grenzschutz sei einstimmig beschiossen worden, daß in Wahrheit dieser Grenzschutz mindestens über das 10 fache dessen hinausginge, was beschlossen worden sei.
Vollzugsrat Richard Müller führt in seinem Schlußwort als Berichterstatter aus: Wir haben die Verleumdungen gegen den Vollzugsrat richtiggestellt, besonders den 800 Hinigren⸗ schwindel, wir haben nnsere Geschäftsführung offengelegt, trotzdem behauptet Limperts⸗Essen, daß dem Vollzugsra jede Organisation fehle. Wenn man aber die ungeheuren Schwierigkeiten berücksichtigt, mit denen wir zu kämpfen hatten, so begreift man, daß eine solche Organisation nicht aus dem Aermel zu schütteln ist. Der Kontrolleur in Essen, der nicht wußte, was los 85 war nicht von uns, so dern vom Munitionsamt dorthin geschickt worden. In dem Falle Waltz sind wir sofort eingeschritten. Mehr können wir doch nicht tun, als ein Mitglied des Vollzugsrats zu ver⸗ haften. Auch Haase hat an Un vürdige Vollmachten ausgestellt, z. B. an einen Entmündigten. Die Diäten von 50 ℳ sind nicht u hoch, da die Mitglieder des Vollzugsrats auch für ihre
amilien zu sorgen haben. Das überflüssige Personal haben wir so⸗ fort beseitigt. Im Fall der rheinisch⸗westfälischen Grofundustriellen sind wir nicht verantwortlich; sie saßen bereits in Moabit, als wir davon hörten. Wir haben selbst eine Untersuchungskommission für den Fall beantragt. Für unsere Diktatur hat Landsberg keinerlei Beweis erbracht; wir haben gerade mit den Arbeiter⸗ und Soldaten räten in West und Ost Fühlung gesucht, daher besteht der Vollzugsrat jetzt aus 48 Personen. Redner wendet sich dann gegen den „Vor⸗ wärts“, der gegen ihn hetze.
Dittmann: In der Diskussion hat die Gegenrevolution eine große Rolle gespielt, und die gestern von Braß angeführten Beispiele haben tiefen Eindruck gemacht. Ich habe in meinem Referat gesagt, daß viele Offiziere konterrevolutionäre Gelüste haben aber die große Mehrheit der Soldaten denke anders. Ich habe auch gesagt, daß wir gegen alle Konterrevolutionäre aufgetreten sind und zwar sofort. Wir sind ferner sofort gegen das Herabreißen roter Fahnen, das Auflösen der A.⸗ und S.⸗Räte und die Verhaftung ihrer Mitglieder eingeschritten. Ledebour hat behauptet, daß General⸗ kommando Lequis sei zwar zur Regelung des Einzuges gebildet aber es hätten sicher kont rrevolutionäre Gedanten dahintergestanden. Gemeinsam mit den Militärs dieses Generalkommandos haben wir am Montag des Einzuges die Maßnahmen beraten, die zu erpreifen seien, um es beim Einzug nicht zu Zusammenstößen kommen zu lassen. Dabei wurde auch über de Vereidigung verhandelt und ein Eid auf die einige sozialistische Republik beschlossen (Zwischenruf Scheideman 8 Der Beichluß ist einstimmig gefaßt worden.) Daher konnte Ledebour auch am Sonntagabend noch nicht von der Vereidigung erfahren. Die Vereidigung haben wir vor⸗ genommen um auf die teilweise noch unaufgeklärten Truppen im Sinne der Revolution einzuwirken. Wir verwahren uns gegen die Unter⸗ schiebung, als wollten wir mit der Vereidiaung dem Vollzugsrat einen Hieb versetzen. Ledebours Vorwurf gegen Ebert wurde mi derselben Schärfe in einer gemeinsamen Sitzung des Vollzugsrats und des Rats der Volksbeauftragten erhoben. Von den 35 Mit⸗ gliedern des Vollzug rats stimmten 5 für die Amtsentsetzung Eberts die anderen 30 dagegen. (Lebhafter Beifall.) Ich habe, nachdem
8 8