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Zu
1. Die Kommunalverbänd⸗ für Süßtgkeiten, die aus dem ihnen zugeteilten Zucker hergestellt werden, eine Verbrauchsregelung einzufuͤhren. Die aus Kommunalzucker bergesteltten Süßigkeiten düren nur entweder in besonderen Verkaufsstellen oder gegen Ver⸗
ahfolgung von Lebensmittelkartenabschnitten abgegeben werden.
2. Die Süßigkeilenhersteller erhalten neuen Kommunalzucker zur
Herstellung von Süßigfeiten,
a) wenn der Süßigkeitenverkauf in besonderen Verkaufs nellen staufindet in einem von dem Kommunalverbande zu be⸗ messenden Umfange, wobei der bisherige Verbrauch und die Knappheit der vorhandenen Zuckervorräte zu berück⸗ sichtigen sind;
b) wenn der Süßigkeitenverkauf nicht in besonderen Ver⸗ kaufsstellen stat findet, nur gegen Abgabe der Lebensmittel⸗ kartenabichnitte Die erstmalige Abgabe geschieht in diesem Falle durch Vorschußbelieferung.
Die Kommunalverbände haben für die aus Kommunalzucker
hergestellten Süß gk iten niedrigere Höchsipreise als die in der Ver⸗
ordnung vom 28. Dezember 1918 bestimmien festzusetzen. Die niedrigeren göchstpreise müssen dem billigeren Preise des Kommunal⸗ zuckers Rechnung tragen.
Zu § 10. .
4. Ueber die Schließung der Betriebe gemäß § 10 Absatz 1 der Verordnung entscheiden die nach Ziffer 1 der vom Minister für Handel und Gewerbe am 29. Junt 1916 —*11 ½ 7876 — erlassenen Ausführungsbestimmungen zu der Vevrordnung über den Handel mit Lebens⸗ und Futtermitteln und zur Bekämpfung des Kettenhandels vom 24 Juni 1916 (Reichs Gesetzbl. S. 581) errichteten Handels⸗ zulassungsstellen mit der Maßgabe, daß für den Bezirk der Staat⸗ lichen Verteilungsstelle für Groß Berlin die Stelle bei dem Polizei⸗ präsidenten in Berlin gebildet wird.
5. Ueber die Heschwerde gemäß § 10 Absatz 2 der Verordnung enisch idet endgültig der Regierungspräsident, in dessen Bezirk die zur Betriebsschließung zuständige Stelle ihren Sitz hat im Bezirk der Staatlichen Verteilungsstelle für Groß Berlin deren Vorsitzender.
Berlin, den 24. Januar 1919.
Preußischer Staatskommissar für Volksernährung. J. V.: Dr. Peters.
Ministerium für Handel und Gewerbe J. A.: Dr. Neuhaus.
——
VAenderung der Satzungen Preußischen Zentral⸗Bodenkredit⸗Aktiengesell⸗ schaft zu Berlin. 8
Verhandelt Berlin, am 18. März 1918.
Behufs Beurkundung der Beschlüsse guf der heute, Mittags 12 Uhr, im Geschäftelokal der Preußischen Zentral⸗Bovenkredit⸗ Akniengesellschaft zu Berlin. Unkter den Linden 48/49, einberutenen ordentlichen Generalversammluna derseiben, hatte sich der unterzeichnete, zu Berlin, Friedrichstraße 152. wohnhafte Notar im Bezirke des Königlich Preußischen Kammergerichts Justizrat Max Jenent dorthin begeben 3
Er traf daselbst die ihm persönlich bekannten Herren an und zwar 6 B
Zweck der Generalversammlung.
1) Berichte der Direklion und des Verwaltungsrats in Ge⸗ mäßheit der §§ 260, 246 des Handelsgesetzbuchs unter Vorlage der Bilanz sowie der Gewinn⸗ und Verlustrechnung für 1917.
2) Bericht der Reviloren.
3) Beschlußfassung uͤber Genehmigung der Rechnungen und der Bilanz für 1917 sowie über Entlastung des Verwal⸗ tungsrats und der Direktion.
4) 8809. von Mitgliedern des Verwaltungsrats. 8
5) Ersatzwahl für einen statutmäßig ausscheidenden Revisor.
6) Staluränderung.
Es sollen die Artekel 83 und 84 der Statuten der nach Artikel 2 Nr. 2 zulässigen Hergabe von Darlehnen unter voller Gewährleistung durch Körperschaften des öffentlichen Rechts angepaßt werden.
8 ꝛc.
“ Punkt 6 der Tagesordnung.
—s wird einstimmig durch Zuruf beschlossen, die Artikel 83 und 84 des Statuts abzuändern und ihnen statt der bisberigen die nachstehende Fassung zu geben so, wie in der Anlage aufgeführt.
Diese Verhandlung soll viermal für die Gesellschaft aus⸗ gefertigt werden.
Das Projokoll nebst Anlage ist den Erschienenen von dem Notar vorgelesen, von den Beteiligten genehmigt und von ihnen insbesondere dem Vorstzenden, den Serotatoren, den anwesenden Repisoren und den anwesenden Mugliedern des Verwaltungsrats eigenhändig, wie folgt, unterschrieben:
1 6
v111 8. März 1918 — Reg. Nr. 245 von 1918 —.
Der Notar. Max Jenett, Justizrat.
Ueberschrift: .
Darlehne an Preußische Körperschaften des öffentlichen Rechtes
oder gegen deren Gewährleistung sowie an Kleinbahn⸗Unternehmungen. Artikel 83. Bei Darlehnen, welche “ “ a. an Preußische Körperschaften des öffentlichen Rechtes oder gegen Uebernahme der vollen Gewährleistung durch eine solche Körp rschaft,
b. an deutsche Kleinbahn⸗Unternehmungen
S werden, finden die Bestimmungen der beiden vorhergehenden Litel sinngemäße Anwendung.
Die für die Gewährung von Darlehnen an Kleinbahnunter⸗ nehmungen maßgebenden Grundsaͤtze sind vom Verwaltungsrat fest⸗ zustellen; sie bedürfen der Genehmigung der Aussichtsbehörde.
Artikel 84. b
In Höhe dieser Darlehne (Art. 5) werden von der Gesellschaft verzinsliche Kommunalob igationen (Art. 83 ½) bezw. Kieinbahn⸗ obligationen Art 83 ⁸), verloshar oder unverlosbar. ausgegeben.
Die als Deckung dafür bestimmten Darlehnsforderungen sind in das Kommunaldarlehns⸗ bezw. Kleinbahndarlehnsregister ein⸗
8
utragen
Hee Urkuuden über diese Darlehnsforderungen werden getrennt unter Mitverschluß des Staatstommissars ass des Treuhänders ver⸗ wahrt. Die auszugebenden Obligationen werden mit den im Artikel 74 gedachten Unterschristen, der Bescheinigung des Staatskommissers als des Treuhänders (Art. 60. Abs., 2) sowie mit einer Bescheinigung des Revisors, daß die statutenmäßige deckung vorhanden ist, versehen. 9 A9; den Kommunalobligationen bescheinigt der Staatskommissar ugleich, daß bei den als Deckung dienenden Darlehnen, die an Rve schaftkn des öffentlichen Rechtes oder gegen Uebe nahme der volen Fewährleistung durch eine solche Knrperschaft ewährt sind, die Aufnahme der Darlehne oder die Uebernahme der wees eeige don der zuständigen Auffichtsbehlrde, soweit gesetzlich erforderlich,
i 8 1
16 *
2 8 n a In allen übrigen Beziehungen gelten die bezüglich der Zentral⸗ pfandbriefe sestgesetzien Bestimmungen auch für diese Obligatsonen. ꝛc Die vorstehende Verhandlung wird hiermit zum dritten Male für die Preußische Zentral⸗Bodenkredit⸗Atriengesellschaft zu Bertin, Unter den Linden 48/49, ausgefertigt. Berlin, den 2. April 1918.
(gez.) Max Jenett, Justizraa,‧, Notar im Bezirk des Königlich Preußischen Kammergerichts.
Der Stnatesekretär des Reichs⸗Justizamts. “ Nr. 9225. Berlin W. 9, Voßstraße Nr. 4, den 1. Oktober 1918. Auf das Schreihen vom 31. Mai d Is. — I A IIc 6694 —. 5 Anlagen
Der Bundesrat hat in der Sitzung vom 30. September d. Js. beschlossen: der Preußischen Zentral⸗Bodenkredit Aktiengesellschaft zu Berlia zu der von der Generaloersammlung ihrer Aktionäre vom 18. März 1918 beschlossenen Aenderung der Satzung gemäß 8§ 1 Abs. 3 des Hypothekenbank⸗ gesetzes die Genehmigung zu erteilen. Eurer Erzellenz darf ich hiernach ergebenst anheimstellen, das weitere zu veranlassen. In Vertretung: (gez.) Delbrück.
An den Königlich Preußischen Herrn Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forxsten.
Auf Grund der vom Staatsministerium gemäß Aller⸗ höchstem Erlasse vom 16. August 1914 erteslten Ermachtigung vom 22. Oktober 1918 genehmigen wir, daß das der Preußi⸗ schen Zentral⸗Bodenkredit⸗Aktiengesellschaft zu Berlin unter dem 21. März 1870 erteilte Prioilegium zur Ausgabe von Inhaber⸗ papieren auch bei der von der Generalversammlung ihrer Aktionäre vom 18. März 1918 beschlossenen Aenderung der Satzung in Kraft bpleibt, vorausgesetzt, daß die Eintragung der Beschlüsse in das Handelsregister erfolgt. 1““
Berlin, den 22. Oktober’ 1918 Der Justizminister. Der Minister des Innern.
Der Miaister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten. Der Finanzminister.
e
Bekianninabung.
Gemäß § 4 ff. der Verordnung über Gemüse, Obst und Südfrüchte vom 3. April 1917 ( EBl. S. 307) hat die Reichsstelle für Gemüse und Obst auf Grund der Beschlüsse der zuständigen Preiskommission für die Provinz Branden⸗ burg und Berlin folgenbe Erzeugerhöchstpreise für Gemüse und Obst festgesetzt: 18
Mark je Zentner
Metribet bis 15. 2. 19 8 ab 16. 2. 19
Kohlrabi, junge, mit Laub. “ Koblrabi ohne Laub .. 11““ Gelbe Kohlrüben einschl. Anfuhrprämie . bis 15. 2. 19 ab 16. 2. 19
bis 15. 2. 19 ab 16. 2. 19 bis. 15. 2. 19 ab 16. 2. 19
bis 15. 2. 19
ab 16. 2. 19 Meerrettich: a. wenn 100 Stg. mehr als 50 Pfd. 111AAX“ GIll“ Sellerieknollen ohne Krautut .. “ 1 Sellerieknollen mit Kraut 1 8 .10.
8— 8 Bei ; uf Grund
Weiße Kohlrüben.. Runkelrüben einschl. Anfuhrprämie
Weiße Möhren .. .. Futter⸗ und Stoppelrüben . .
eines von der R.⸗G.⸗O. ab⸗ geeschlossenen oder von ihr genehmigten Lieferungs⸗ 8 vertrages: Dauerweißkohl . RMk 6,78 3 Dauerrotkohl.. . . “ 10,50 Dauerwirsingkohl . .. . . 10,— 111AAXX“ 11,50 Rote Speisemöhren und längliche 11X“ Gelbe Speisemöhren . . . . . Runde, kleine Karotten... Rote Rüben (rote Beete). “ “ afeläpfel und Tafelbirnen. 8 Wirtschastsohst . ... “
Die obigen Erzeugerböchstpreise verstehen sich einschließlich der für einzel e Gemüsearten zu gewährenden Vergütung füͤr die Aufbewahrung (Einmieten, Einkellern ne erg0hh Diese Vergütung beträgt bei Dauerweißkohl, Rotkohl, Wirsin ko 1 ℳ 2,— für den Zentner, bei roten Speisemöhren und länglichen Karotten, gelben Speisemöhren, kleinen runden Karorten, roten Rüben und weißen Möhren ℳ 25 für den Zentner, bei Mairüben, Kohlrüben, Runtel⸗ rüben, Futter⸗ und Stoppelrüben bis 15. Februar 1919 ℳ 1,05. ab 16. Februar 1919 ℳ 1,20 für den Zentner. Die Vergütung ist nur dann zu zahlen, wenn der Anbauer nachweist, daß er besondere Auf⸗ wendungen an Arbeit oder an Kosten für die Aufbewahrung ge⸗ habt hat.
Die Preise treten mit dem 1. Februar 1919 in Kraft und gelten, soweit nichts anderes bestimmt ist, bis auf weiteres.
Die obigen Höchstpreise werden mit dem Bemerken bekannt⸗ egeben, daß Ueberschreitungen auf Grund der Verordnung gegen Preistreiberei vom 8. Mat 1918 (RGBl. S. 395) mit Gefängnis und mit Geldstrafe bis zu ℳ 200 000,— oder mit einer dieser Strafen bestraft werden. .“
Berlin, den 23. Januar 1919. “ Der Vorsitzendnd’e
taatlichen Verteilungsstelle für Groß Berlin. J. A.: Dierig. 8
“
88
“
VBekanuntmmachun:.
Auf Grund des ½ 2 Absatz 2 der Bekanntmachung H 8½ haltung unzuverlässiger prrlecg vom Handel vom 25. September 1915 (RsS Bl. S. 668) abe ich dem lachtermeister Röhßler in
Brackn ede, Niederstraße 44, Landkreis Bieleseld. den Verkauf von Fleisch und Fleischwaren vem 1. Februar „919 ab gestattet. 1 Bielefeld, den 22. Januar 1919. Der Landrat. Dr. Beckhaus.
Bekanntmachung.
Dem Koblenhändler August Lüdicke, Treuenbrietzen, habe ich auf Grund der Verordnung des Bundesrals vom 23 Sep⸗ tember 1915 (Reichs⸗Gesetzblatt Seite 603) und der dazu ergangenen Ausführungsbestin mungen des Herrn Ministers für Hande! und Ge⸗ werbe vom 27. September 1915 den Handel mit Gegen⸗
ständen des täglichen Bedarfs ([Kohlen) bis auf
weiteres wegen Unzuverlässigkeit in bezug auf diesen Handelsbetrieb
untersagt. 8 Belzig, den 23. Januar 1919.
11
““ Der Landrat. J. V.: von Hake, Regierungsassessor.
Nichtamtliches. Deutsches Reich.
8 8
Preußen. Berlin, 27. Jamar 1910101.
Ueber die Sitzungen der Waffenstillstands kommission in Spoa am 23., 24. und 25. Januar verbreitet „Wolfss Telegraphenbüro“ nachstehende Berichte
Die alliierten Kommissionen überreichten die deutscherseits ge⸗ forderte Mitteilung über ihre Stellungnahme zur R ückkehr der deutschen Kriegs⸗ und Zivilgefangenen. Die Vor⸗ sitenden der alliierten Waffenstillstandskommissionen erklärten darin übereinstimmend daß nur die interalliierten Regierungen über den allgemeinen Rücktransport der deutschen Ge⸗ fansenen zu entscheiden haben. Dagegen werde der Vor⸗ sitzende der französischen Waffenstillstandskommission aufs nach⸗ drücklichste vorschlagen, die deutschen Verwundeten und Kranken so schnell wie möglich heimzuschaffen. Die alliterten Kommissionen seien auch bereit, die von der deutschen Kommission gewünschte Liste sämtlicher Kriegsgefangenen von ihren Regierungen einzusordern. Die deutsche Waffenstillstandskommission hemerkte, die Nichterledigung der Gefangenenfrage sei unvereinbar mit dem Geist des Waffen⸗ stillstandsabkommens. Es sei unerhört, daß bei solchem Dauer⸗ waffenstillstand, während dessen kein Mensch an eine Fortfetzung des Krieges mehr denkt, deutsche Gefangene auf unbestimmie Zeit in Gefangenschaft gehalten werden. Die deutsche Kommission boffe bestimmt, daß die Eutscheidung der alliierten Regterungen sich nicht nur auf die kranten und verwundeten Gefangenen beziehen werde. Generai Nudant entgegnete, die Verlängerung des Waffenstillstandes sei nötig geworden, weil Deutschland seinen Ver⸗ oflchtungen nicht rechtzenig nachgekommen sei. Der Vorsitzende der deutschen Waffenstillstandskommission in Spaa, General von Winter⸗ feldt, erklärte, er habe vom ersten Tage an darauf hingewiesen, daß die Deutschland auferlegten Bedingungen nicht voll erfüllt werden könnten, da sie Unmögliches verlangten.
Im weiteren Verlaufe der Sitzung kam es zu lebhaften Aus⸗ einandersetzungen zwischen dem General von Wnnterfeldt und dem General FFadüen Der deutsche Vorsitzende überreichte zunächst die am Tage zuvor zugesagte schriftliche Antwort auf die “ er⸗ hobene Beschwerde, betreffend die Ablieferung der Lasttkraft⸗ wagen. Die deutsche Kommission stellte 89 daß Marschall Frch bereits am 15. Januar in Trier die Zahl der abgegebenen Lastkraͤftwagen mit 4442 angab und hinzufügte, von den noch ü88 den 558 seien bereits 548 zur Prüfung dei den alltierten Uebergsbekommissionen eingetroffen. Jetzt, am 20. Januar, sollen, wie der fran ösische Vorsitzende am vorhergehenden Tage er⸗ klätte, nur 4239 Wagen ühernommen worden sein. Die deutsche Antwort macht auf diesen Unte schied in der Zablenangabe aufmerk⸗ sam und ersucht, in Zukunft auf solchen Zahlen keine zu scharfen Vorwürfe aufzubauen. Wenn die Abnahme sowohl der Lastkraft⸗ wagen als auch der Geschütze in etwas großzügiger Weise gehandbabt würde, so wäre die Ablieferung schon lange beendet, was General Nudant nicht weniger befriedigen würde als die deutsche Kommission.
Der General von Winterfeldt übergab sodann eine zweite Note, in der Beschwerde darüber geführt wird daß die zweimal verlangte Auskunft über einen angeblichen Befehl des Mar⸗ schalls Foch, nach dem die deusschen Uebergabeoffi⸗ ziere ohne Rücksicht auf das Altersverhältnis die alliierten Offiziere zu gruüßen hätten, bis bheute nicht gegeben ist. Da General Nudant weifellos in der dage wärc, innerbalb weniger Stunden eine Aufk ärung herbeizuführen, sei der deutsche Vorsitzende gezwungen, in dieser Nichtbeachtung einer in dringender Forim mehrmals vorgebrachten Anfrage eine be⸗
absichtigte Mihachtung seiner Stellung und seiner Person zu erblicken.
In mundlichen Ausführungen erklärte General von Winterfeldt, er wende sich in dienrer Form nicht etwa gegen einen einzigen Fall, sondern gegen das System. Marschall Foch selbst habe in Trier Journalisten gegenüber erklärt, die Nichtbeantwortung deutscher Noten geschehe absichtlich und systematisch. Eine solche Auffassung halte die deutsche Kommission für unvereinbar mit der Würde der Verhandlungen. Falls keine Aenderung in dem Sostem eintꝛete, werde seine Stellung als Vorsitzender nur noch von kurzer Dauer sein. Nudant versicherte den deutschen Vorsitzenden und die übrigen Mitglieder der deutschen Kom⸗ myston seiner böchsten Achtung. General von Winterfeldi nabm von dieser Erklärung Kenntnis und gab der Hoffnung Ausdruck, daß die Taten den Worten Nudants entsprechen mögen. Er müsse bei dieser Gelegenheit aber noch auf eine in einer Unterkommission überreichte französische Note aufmerksam machen, deren Ton ein derartiger ist, wie er höchstens einem Tributärstaat, nicht aber der Regierung einer Großmacht gegenüber angängig ist. Er habe Anweisung gegeben, solche Noten künftig nicht mehr entgegenzunebmen. Der franzosische Vorsitzende eutgegnete, er finde in der Note nichts, was ju diesen Einwendungen berechtige. Es sckeine ihm, daß der deutsche Vor⸗ fitzende sehr empfindlich geworden sei.
Nach diesem Zwischenfall verlas der Vertreter der deutschen Re⸗ gierung in Svaa ein Telegramm, wonach die französischen Behörden aus der neutralen Zone alle nicht vor dem 1. August 1914 dort ansässig gewesenen, jetzt entlafsenen Miritzh Zsneh. atseh e wollen urch diese Maßnahme würden allein in Mannheim 10 000 Personen getroffen. Im Auftrage der deutschen Regierung ersuche er dringend um Aufhebung dieser Maßnabme.
Der Stadt Saarbrücken ist infolge von Verfehlungen einzelner Bürger eine Geldbuße auferlegt worden. Die deutsche Waffenstill⸗ standskommission wies darauf hin, daß dies im Widerspruch mit der Haager Landkriegsordnung und mit dem Waffenstillstand steht, und protestierte gegen dieses Vorgehen.
Der Sitzungsbericht der Waffenstillstandskommission vom 24. Januar besagt:
Der General Nudant überreichte eine Mitteilung Fochs: der Befehlshaber der deutschen Streitkräfte im Osten verweigere Penns chen, gegen die Bolschewisten marschierenden Truppen den
urchzug durch Grodns. Die polntsche Regierung habe sich wegen dieses Vorfalls beseits direkt an Peutschland gewandt und um eine Entscheidung bis tum 26. Januar zebeten. Foch schließe aus don Berhalten des 8 Befehlslabers, daß die früheren Einspriche der Gntente gegen die Haltung der deutschen Militärbehörde
8
Osten berechtigt waren, und daß den Bolschewisten nicht entgegen⸗ etreten wird. Er verlange, daß der polnischen Forderung sofort enüge geleistet werde. Der General von Winterfeldt versprach, die
Mateilung seiner Regierung zu übermitteln. Er selbst hade seinen
schon oft wiederholten Neußerungen uͤber Deutschlands Stellung
98— Bolschewisten und über die Haltunz, der Polen nichts hinzu⸗
zufügen. 1
In einer der früheren Sitzungen hatte die Deutsche Waffenstill⸗
standskommission gebeten, Bergeute und deren Familien im besetzten
Gebiet wohnen zu lassen, auch wenn sie erst nach dem 1. August 1914 zugezogen sind. Hierzu teilte die französische Kommission nunmehr mit, daß die Besatzungsbehörden ermäͤchtigt sind, begründete Einzel⸗ gesuche dieser Art zu genehmigen. Gleichzeitig seien die fran⸗ zösischen Behörden angewiesen worden, den linksrheinisch wohnenden deutschen Studenen zur Fortsetzung ihres Studiums den Besuch der rechtsrheinisch gelegenen Universiläten zu gestatien.
Die deutsche Kommission gab sodann die Maßnahmen bekannt, die zur Rückführung der wenigen noch in Deutschland befindlichen Elsaß⸗Lothringer getroffen worden sind.
Der Vertreter der deusschen Regierung in Spaa ersuchte, eine ausreichende Milchversorgung der Stadt Düsseldorf zu ermöglichen. Durch die von der Enzente vorgenommene Verkehrs perre habe sich eine schwere gesundheitliche Schädigung der ganzen Bevölkerung, ins⸗ besondere der Wöchnerinnen, Kinder und Kranken, eingestellt. Die deutsche Regierung sordert ferner strenge Bestrafung der brttischen Soldaten, die am 8. Januar den Geheimen Bergrat Förder in Bonn uberfielen und schwer verletzten.
Gegen die Ausschreitungen einiger englischer Offiziere in den Gefangenenle’gern Holzminden und Clausthal sowie gegen die vom belgischen Kommandanten in der Umgebung Düsse dorfs vorge⸗ nommenen Viehrequisitionen legte die deutsche Waffenstillstands⸗ kommission Einspruch em.
Dem Berscht über die Sitzung der Waffenstillstands⸗ komwission am 25 Januar ist fo gendes zu entnehmen:
Unter der Begründung, die russischen Kriegsgefangenen in Deutschland würden nur abtransportiert, um die Bolschewisten zu stärken, verlangten die Alltierten in der heutigen Sitzung eine Einstellung des Abt ansports der russischen Ge⸗ fangenen. Die deutsche Kommission legte gegen dieses Verlangen Verwahrung ein und betonte, daß die Einstellung der Transporte zu Revolten führen könnte, da die russischen Gefangenen schon vor längerer Zeit von der bevorstehenden Heimbeförderung in Kenntnis gesetzt worden seien. Da außerdem der Abtransport über Pinsk gul und ordnungsgemäß vonstatten gehe, so müsse die deutsche Reichs⸗ leitung es ablehnen, sich zu solchen Maßnahmen zwingen zu lassen. Deutschland sei jetzt bereit, den Rücktransport der Russen auf dem deutsche seits schon vor Monaten vorgeschlagenen Seewege auszuführen.
Die deutsche Waffenstillstandskommission übergab sodann mehrere Protestnoten, so gegen die Anorrnung des ameri⸗ kanischen Befehlshabers im Kreise Saartrücken, wonach der Be⸗ völkerung das Tagen von umgeänderter Militärkleidung verboten ist, und gegen Ausschreitungen sranzösischer Soldaten bei Frankfurta. M. Dort wurden Passanten, die im Besitz vorschrifismäßiger Ausweis⸗ papiere waren, schändlich behandelt, verprügelt und aut der Fucht beschossen. U. a. wurde ein kranter deutscher Krieger mit dem Kolben zu Booen geschlagen, wobei einer der Franzosen auf deutsch rief: „Auf den Kopf!“
Ferner ersuchte eine der Noten um Abstellung der Zustände, die in der Provinz Birkenfeld durch Anordnungen der französischen Be⸗ satzungstruppen geschaffen worden sind. Diese haben die Provinzial⸗ regierung gezwungen, die Obliegenheiten des Oldenburgischen Land⸗ . auf den Birfenfelder Provinzialrat zu übertragen, wodurch die Tätigkeit der oldenburgischen Landesregierung ganz ausgeschaltet wird. Die Regierung der Provinz Birkenfeld ist außerdem von Oldenburg vollkommen abgeschnitten.
Auf die deutsche Btte, dem Erzbischof von Cöln, Kardinal von Hartmann, volle Bewegungsfreibeit zu gewähren und seine Post von der Zensur zu befreien, wurde in der heutigen Sitzung mitgeteilt, daß nur die amtliche Korrespondenz des Kardinals ohne weiterbefördert und im allgemeinen nicht durchgelesen werden wird. Dagegen werde der Erzvischof und zwi seiner Kaplane einen Paß erhalten, der ihnen jederzeit den Eintritt in das besetzte Gebiet
gestattet.
Vor der von etwa hundert Vertretern aller deutschen Regierungen besuchten Konferenz zur Erörterung des vom Staate sekretär des Innern Dr. Preuß ausgearbeiteten Ent⸗ wurfs für die zukünftige Verfassung des Deutschen Reichs, die vorgestern vormutag im Bundesratssaal (Reiche⸗ amt des J nern) begann, hielt Staatssekretär Dr. Preuß laut Bericht bes „Wolffschen Telegr phenbüros“ etwa folgende Ansprache:
Ich sreue mich über den zahlreich n Besuch, der sich auf unsere Einladung zur Besprechung über den Verfassungsentwurf eingefunden bat. Es ist begreiflich, daß dieses Werk die Teilnahme aller Teile unseres Voltes auslöst; denn unter all den schweren und schmerzlichen Aufgaben, die uns heute gestellt sind, haben wir es hier mit einer zu tun, die wenigstens in ihrem Grundgedanken und Wesen den Wiederaufbau um Ziele hat; und daran wollen wir alle gemeinsam arbeiten. Die Presseäußerungen der letzten Tage haben mir keinen Zweifel darüber gelassen, daß ernste Meinungsverschiedenbeiten auch euse hier zum Ausdruck kommen werden. Trotzdem hoffe ich, daß diese Erörterungen im Sinne unserer deutschen Zusammengehörigkeit gefuhrt wercen. Diesem Ziele wollte der Verfassungsentwurf von vornherein dienen, dessen Schwäche, wie ich ohne weiteres zugebe, darin besteht, daß er seiner Natur nach ein Kompromißentwurf ist, da 5 Fsüene. die mittlere Linie zwischen Einheit und Zersplitterung zu finden.
Tie Aufgabe, die dem Verfassungsentwurf gestellt war, läßt sich kurz dahin präzisieren, den politisch⸗staatsrechrlichen Nieder⸗ schlag der Revolutson festzulegen. Da lag es nahe, zu sagen: die Revolution, die in so erstaunlicher Weise die Hemmnisse deutscher Entwicklung, die durch Jahrhunderte gedauert haben, beseitigt hat, wird nun endlich die Bahn freigemacht haben für die Herstellung einer vollkommenen deutschen Einheit. Wie unsere Vorväter im Jahre 1848 auf der republikanischen Seite an nichts anderes dachten als an die eine und unteilbare Republik, so waren die Stimmen zahlreich genug, die als Resultat dieser Revolution den deutschen republikanischen Einheitsstaat ansprechen zu können glaubten. Man sagte von dieser Seite: gewiß sind die deutschen Stämme in ihrer Eigenart verschieden, aber der Bayer ist vom Ost⸗ preußen nicht verschiedener, als der Provenzale vom Nordfranzosen, as dei Neapolitaner vom Piemontesen; und wenn die staatenbildende Kra't in Frankreich und Italten stark genug war, den Einheitsstaat 1 schaffen, sollte sie nicht auch in Deutschland stark genug sein, en alten Fluch deutscher Zersplitterung zu lösen und den Einheits⸗ staat herzustellen? Diese landsmannschastlichen Unterschiede haben doch nie gehindert, daß gerade auch auf politischem Gebiet ein er⸗ freulicher Austausch stattgefunden 8g Sind doch einst die preußi⸗ schen Hohenzollern aus dem südlschen Schwaben gekommen, und in der neuesten Zeit hat sich der Einzelstaat, der auf seine Besonderheit immer das größte Gewicht legte — Bavern —, sein neues republi⸗ kanisches Oberhaupt aus dem Norden Deutschlands geholt. enn das geht, warum soll dann eine vollkommene Vereinheitlichung des gses sg Volkes nicht möglich sein?
hHer Ent urf geht eine Mittelstraße. Er hat der Versuchung widerstanden, den großzügigen Gedanken einer vollkommenen deutschen
Ginbeit zu verwirklichen, weil er sis sagen mußte: die Verwirklichung
nuß an dem Widerstand der Tatsachen scheitern. Die Bersplitterung ist zu alt, um trotz das grosem Umschwunges der Nevolntion 2Ine
Aberwunden iu werden. Nach der geschichtlichen ntwicklung würde man in veiten Peilen Heutschlands, namentlich im Süden,
den Einheitsstaat nur als eine Verpreußung ganz Deutschlands auf⸗ fassen. Deshaib hat der Entwurf von vornkerein darauf verzichtet diesen Weg zu geben, und mußte es auf sich nehmen, daß ihm alle die Schwaͤchen nachgesagt wurden, die ein sich schließt: den Unttarjerin geht er nicht weit genug, und den Partitalaristen geht er zu weit. Aber wie einmal die Dinge in
eutschlond liegen, wird man nicht umhin köngen, die mittlere Linie zu gehen. Eines darf dabei nicht aus den Augen gelassen werden: der Eigenart der deutschen Stämme muß fieier Spielraum gelassen werden, der aber seine notwendige Grenze gerade jetzt in der unbe⸗
dingten Notwendigkeit eines starten nationasen Zusammenhalts finden
muß. Die Gestaltung der deutschen Einheit muß nach dem Siege der republikanischen Staatsform notwendig fester verankert sein, als es vorher der Fall war. In der republikanischen Staatsform liegt an sich ein Element freierer Beweglichkeit. Das hat seine Vorzüge. Aber zur Sicherung der nationalen Existenz nach außen und der Oidnung und Rubhe im Innern bedarf es einer festeren staatlichen Organisation bei der republikanischen Staatsform, als es bei der monarchischen bedurfke. Das alte König⸗ liche Preußen hat seinen Beruf als Schirm und Schutz Deursch⸗ lands oft erfüllt. Aber die Krone ist vom Haupte des Königs ge⸗ jallen, und das Schwert ist zerbrochen in der Hand des Feldherrn. Das alte Königliche Preußen Ftim nicht mehr, und die Lücke muf wenn das deutsche Volk noch eine politische Zukunft haben will, von dem Deutschen Reich als solchem ausgefüllt werden. Tritt als Erbe der preußischen Macht die Viel⸗ und Kleinstaaterei ein, so ist Deutschland politisch und wirtschaftlich rettungslos ver⸗ loren. Wenn die Republik die Aufgabe, die sie übernommen hat, Deutschlands staa liche Existenz in der Zukunft zu sichern, nicht erfüllen tann, dann wird Deutschland schweren Schaden leiden; ie Republik wird ihren Unfähigkeitsnachweis für deutsche Ver⸗ hältnisse erbracht haben und wird nicht haltbar sein. Ich bin aus Ueberzeugung Republikaner, aber ich bin aue größerer Ueberzeugung Deutscher, und mit mir fühlen Hunderttausende. Wenn die Re⸗ publik die Aufgabe, die deulsche Nation politisch in ihrer schweren Lage über Wasser zu halten, nicht erfüllt, dann kommt mit mathe⸗ matischer Sicherheit die Stunde der monarchischen Reaktion. Die Einheit des Reiches in der republikanischen Staatssorm kann nur auf der Grundlage der Einheit der deutschen Nation begründet werden. Ich habe in Presseäußerungen mit Verwunderung pelesen, daß man die Einleitungen der bisherigen deutschen Reichsverfassung mit geringer Variation in die neuen Verhältnisse übernehmen möchte. „Seine Majestät der König von Preußen, der König von Bavyern usw. schließen ei en ewigen Bund“; das hatie damals eine bistorische Berechtigung. Man kann jetzt nicht sagen: „Der Freistaat Preußen, der Freistagt Bayern usw. einen ewigen Bund“. Es gibt nur eine deutsche Nation, es gibi keine preußische und keine bayerische Nation, und die Republik ale Staatssorm der Souveränität des Volks kann sich nur auf die nationale Einbeit des Volks stützen. Muß ich denn daran erinnern, daß vor länger als hundert Jahren der Freiherr vom Stein von dem „gott⸗ und rechtslosen Souveränitälsschwindel der deutschen Teilfürsten“ gesprochen hat? Sollen die deutschen Freistaaten Erben dieses gott⸗ und rechtslosen Souveränilätsschwindels der alten Teilfürsten sein? Ein Volksstaat, der sich auf etwas anderes stützen will als auf die nationale Einheit, ist ein Widerspruch in sich. Aber diese Einheit ist in der Verfassung nicht aufgefaßt im Sinne des Unitarismus, der ja die Eigenbelätige ng der Stämme be⸗ schränkte, sondern innerhalb der Einheit ist der Verschiedenheit der Einzelstaaten Raum gelassen, natürlich mit der Beschränkung, daß das, was für die Erhaltung der Gesamtexistenz der Nation einheitlich sein muß, beim Reiche bleiben muß.
Sie sehen in den §§ 3 und 4 des Entwurfs, daß im früßen und ganzen die Kompeten, verteilung, wie sie bisber bestand, beibehalten worden ist. § 3 umfaßt die Gebiete, die man früber mit dem Aus⸗ druck der eignen und unmittelbaren Reicheverwaltung bezeichnete, während der § 4 die Gebiete umsaßt, bei denen das Reich Gesetz⸗ gebung und Aufsicht hat, während die Selbstverwaltung der Einzel⸗ staaten besteht. Aber diese Kompetenz ist etwas fester gefaßl worden. Ich glaube nicht, daß im Namen des natürlichen Eigenlebens der deutschen Stamme dagegen Eenfdeuch erhoben werden kann; denn in erster Linie steht das, was die Einheit des Reiches nach außen be⸗ trifft. Der Verfassungsentwurf will brechen mit den erhaltenen Rudimenten der auswärrtigen Hobeit der einzelnen Staaten. „Das Recht der Bündnisse, des diplomatischen Verkehrs mit dem Ausland ist eine Befugnis, auf die der baverische Nationalstolz Wert legt.“ Dieses Wort hat kein unabhängiger Sozialremokrat gesprochen, sondern der Feldmarschall Furst Wrede auf dem Wiener Kongreß, und durch die ganze neuere Geschichtschreibung zieht sich dieses Wort des Fürsten Wrede als das Unerhörteste, was gegen den Gedanken nationaler deutscher Einheit gesagt worden ist. Und trotzdem war das vom Standpunkt Wittelsbachscher “ aus richtig und kon⸗ sequent gedacht. Wie ein demokratischer Volksstaat, gar ein sozialistischer Volksstaat an die Traditionen des Fürsten Wrede der äußersten Rechten des Wiener Kongresses anknüpfen will, geht über meinen armen norddeutschen Verstand.
Die Festigung der Stellurg und Vertretung des Reichs nach außen, daß es dem Ausland gegenüber nur ein Deutsches Reich und keine einzelnen Stämme gibt, 6 notwendig für die Existenz Deutsch⸗ lands. Die allerneuesten Erfahrungen mit einer quasi autonomen auswärtigen Politik eines süddeutschen Einzelstaats haben wohl nicht dazu beigetragen, daß man auf Grund praktischer Erfahrungen eine Beibehaltung dieses Reservats für wünschenswert bält.
Die bisherien Bestimmungen der Reichsverfassung bezüglich des Heeres waren in mancher Beziehung unzulänglich. Aber sie konnten ertragen werden wiederum durch die feste Einheit, die das alte königliche Praußen dem Reiche gab. Denn die Militärkonven⸗ tionen ersetzten, was an Einheit und verfassungsmäßigen Bestim⸗ mungen fehlte. Jetzt würde dieses Ersatzmittel nicht mehr möglich sein. Militärkonventionen Preußens mit den Einzelstaaten werden jetzt, wenn nicht ganz unmögljich sein, jedenfalls auf Schwierigkeiten stoßen. Ich will gar nicht auf das braunschweigische Beispiel ver⸗ weisen, wo die Regierung als eine ihrer ersten Tätigkeiten die Kündigung der Militä konvention mit Preußen vornahm. Aber der badische Verfassungsentwurf enthält die Sesieföre nh. Keine Mrlitär⸗ konbention mit anderen Staaten! Baden erklärt heute: Preußische Offiziere in Baden sind eine Unmöglichkeit. Das ist begreiflich nach dem, was wir erlebt haben. Aber was lehrt das? Wir können nicht mehr darauf rechnen, durch preußische Militärkonventionen die not⸗ wendige Einheit herzustellen, wenn es nicht ausschließlich Reichssache wird Es ist Selbstmord wenn wir etwas anderes vorsehen als Einheitlichkeit der Landesverteidigung im Reich.
Nun sagt man, Artikel 78 Absatz 2 der bisberigen Reichsver⸗ fassung — Reservatrechte — könnte nur mit Zustimmung des be⸗ rechtigten Staates geändert werden. Ich hoffe, wir werden zu dieser Zustimmung in jedem Falle kommen; denn letzten Endes wird unser deutsches Gemeinschaftsgefühl die partikularen Gegensätze üͤberwinden. Wir dürfen bei all den Dingen doch nicht vergessen, daß wir eine
Revolution gehabt haben, und wir haben die Aufgabe, die politischen
und staatsrechtlichen Aufgaben dieser Revolution zu kodifisteren.
Was ich eben vom auswärtigen und Fülütäͤrtschen Gebiet sagte, gilt auch auf wirtschaftlichem Gebiet. Ueberall sucht der Entwurf zu vereinheitlichen, was für die Existenz der Gesamtheit des deutschen Volks unbedingt notwendig ist, und im üdrigen in diesem Rahmen den Einzelstaaten Spielraum zu lassen. Allerdings verschärft er in gewisser Weise die Möglichkeit des Reichs, seine Fesüch⸗ auf den Gebieten, die seiner Kompetenz vreeig . zur
eltung zu bringen. Die Herren von der Linken haben sich ja seit Jahren teils 1 Spott, teils mit Entrürung damit abgefunden, daß über alle Beschwerden det Reichstags über die der Absicht des Gesetzgebers zuwi erlaufende Ausübung der Reichege etze durch die nteltaatlichen Verwaltungen don ze Rachoftaatisekretiren immer nnt mit peinlicher Perlegen heit Fugeben werden konnte. Oie einzelstsatlichen Verwaltungen katen eben, waßz sie vollten. Der Zustand kann geisve bei dem an sich lockeren einer Republik
Kompromiß in
in Futan nicht aufrechterkaften werden, wenn nicht der Gegensatz zwischen Gesetzgebung und Verwaltung verewigt werden soll. Des⸗ wegen mußten die Auffichisbesugnisse des Reiches zwar nicht er⸗ weitert, abet menfider gestalter und zur Wirklichteit gemacht werden⸗
In dieser Aufgabe, die nationale Exstenz des Volkes als einer Eindeit auch staatsrechtich organisatonnch zu vereinheitlichen, den Stämmen aber möglichst freien Spielraum imn lassen, treten nun die bestehenden Einzelstaaten ein. Ist es möglich, den aus innerer Not⸗ wendigkeit erwachsenen Aufbau und die Verteilung der Kompetenzen zwischen Reich und Einzelstaaten unter Aufrechterhaltung der 25 Einzel⸗ staaten durchzuführen? Es besteht ein Unterschied zwischen Süd⸗ deutschland und Norddeutschland. Die füddeutsche Staatsbildung ist zwar auch nicht natürlich erwachsen, aber sie ist durch den Geift Napoleons in so geschickter, verwaltungslechnisch genialer Weise ge⸗ staltet worden, daß sie ja jetzt hundert Jahre lang ihre Existenz⸗ 1.3 8 gezeigt hat. Ich sebe keine Schwierigkeit vom Standpunkt des Reichsinteresses, daß sie bleibt, wie sie ist. Aber nun werfen Sie einmal einen Blick auf die Karte Norddeutschlands. Die norddeutsche Landkerte zeigt in keiner Weise eine auch nur verwaltungsmäßig mögliche territoriale Gliederung, die den Aufgaben pewachsen sein würnde, die den Einzelstaaten im Rahmen einer solchen in nationalen Haupifragen einheitlich gestalteten Verfassung zufallen würden. Ueberall kleine Gebietsstücke, eingeprengt in andere. Thüringen ist 8 das „imposanteste“ Beispiel dafür. Aber auch die Hansestädte ind nicht in der Lage sich zu entwickeln, da sie vom preußischen Ge⸗ biet eingeschnürt werden. Das alles bat sich historisch nach dynasti⸗ schen Eigentumsrücksichten entwickelt. Es fragt sich nun: ist diese territoriale Gestaltung nach Durchfahrung der Revolution für die sozialistische deutsche Republik ein noli me tangere? Ich komme bei dieser Gelegenheit auf das, was in den letzten Tagen aus Gründen der Wablagitation in den Vordergrund geschoben Worden ist den Schꝛeckensichret von der „Zerschlagung Preußer 8“. Die rechtsstehenden Parteien haben sich dieses g fundene Fressen für die Wahlagitation nicht entgehen lassen; sie baben von ihrem Standpunkt aus vollkommen recht, sie unterdrücken vorläufig nur ein Wörtchen, wenn sie in ihren Anschläaͤgen überall sagen: „Wer unser altes Preußen erhalten will, der wähle deutschnational.“ Sie vergessen das alte, königliche Preußen, das Werk der Hohenzollern. Die Parteien, die die Wiederherstellung des alten königlichen Preußen wollen, kommen ja jett immer deutlicher damit heraus. Ich sage, sie haben von ihrem Standpunkt aus vollkommen recht; denn die Erhaltung Heengen⸗ als Einheitsstaat ist die einzige Aussicht die die monarchische Reaktion hat. Denn wenn die deutsche Republik den Einbeitsstaat Preußen behält und unter Entfesselung der partikularistischen Bestrebungen auch aller anderen Freistaaten dem deutschen Volke nicht die Festig⸗ keit seiner politischen Existenz gibt, dann muß der Schrei nach der monarchischen Restauration sich mit elementarer Gewalt geltend machen. Auch wer heute guter Republikaner ist, muß sagen: nötiger als daß die Republik bestebt ist, daß Deutschland besteht. Ich warne Sie, das deutsche Volk vor diese Alternative zu stellen. Ich verstehe deshalb das Geschrei der Parteien üder die angebliche Zerstückelung Preußens nicht.
Meine Denkschrift setzt die Gründe auseinander, aus denen ich glaube, daß mit der republikanischen Staatsorm Deurschlands ein Einheitsstaat Preußen nicht vereinbar ist. Die Erörterungen der lepten Tage haben mir nur den Anlaß gegeben, das doppelt und drei⸗ jach zu unterstreichen. Gerade wenn wir sehen, daß eine vollkommene Neigung aller anderen deutschen Einzelstaoten zu einer schä feren Konzentkierung des Reiches nicht in dem Maße vorhanden ist, wie man es nach der Revolution hätte erwarten sollen, ist es um so ge⸗ fährlicher, den Widersinn, der in der Existenz eines Großstaates Feengen liegt, aufrecht zu erhalten. Man komme auch nicht mit dem
rgument: gerade dann ist Preußen das Rückgrat des Reichs, das es festhält. Das war es. Das alte königliche Preußen war vielfach Schirm und Hort Deutschlands. Es ist zerbrochen, es hat nicht mehr die Macht, dieses Rückgrat zu bilden. Um so notwendiger ist, daß das Reich der Erbe dieser preußischen Hegemonie wird, und dem steht die Existenz des preußischen Großstaats mit *7 des Ganzen als ein fast unübersteigliches Hindernis im Weg. Daß 5 preußische Staatsregierung anderer Meinung ist, habe ich nie vezweifelt. Wenn soziale Gruppen wirklich nie Selbstmord begehen — Behörden noch viel weniger!
Auch die Vorzüge der einheitlichen preußischen Verwaltung ändern an der Tatsache nichts; ja, sie drängen noch mehr nach der Richtung bin. Auf die Dauer wird es eine Unmöglichkeit sein, mit dem Ge⸗ rippe dieser preußischen Verwaltung weiterzuarbeiten. Dennoch enthält der Entwurf nichts über eine Zerschlagung Preußens, wie überhaupt nichts über eine Aenderurg der Staatsgebiete als solcher, und den Grund führt ja auch die Denkschrift ausdrücklich an. Sie sagt: es entspricht nicht dem Geiste, der jetzt herrschen soll, daß wir von obenher etwa die Karte Deutschlands vornehmen und mit Rotstift die neuen Grenzen der Territorien sjiehen. Wir stehen auf dem Grundsag der Selbstbestimmung nicht nur der Völker, sondern auch der Volksteile. Die Neugruppierung muß aus der Initiative der Bevölkerung selbst hervorgehen. Der Entwicklungsprozeß Preußens kann sich nicht von heute auf morgen vollziehen, es wird da wahrscheinlich noch allerler Uebergangsstadien geben. Wir werden über den Punkt einig sein: eme preusische Hegemonje im alten Sinne, die verfassungsmäßig irgendwie verankert wäre, ist nach Lage der Dinge unmöglich. Preußen würde also, wenn es in seinem jetzigen Bestand besteben bleibt, verfassungsmäßig wie leder andere 888 staat zu behandeln sein. So etwas kann man wohl in die Ver⸗ fassung schreiben; aber es bleibt unwahr, es bleibt eine Un⸗ möglichkeit. Wenn die Reichsregierung — sie mag durch die Ver⸗ fassung gestellt sein, wie sie will — in irgend einer Sache vorgeht, so müßte sü⸗ vorher des Einverständnisses der preußischen Re⸗ versichern, wenn Preußen in seinem alten Bestand erhalten
leibt. Das wäre nichts anderes als eine nicht in der Verfassung stehende Hegenomie.
Aber wenn aus Wuͤrttemberg und anderen S.e Staaten Stimmen kommen, die das für wünschenswert halten, dann gewinnt die Frage ein anderes Gesicht. Es ist nur nötig, das für alle Zukunft festzunageln. Wielleicht gibt es irgend welche Modali täten, einen Uebergang darzusftellen. Das ändert nichts an den Grundgedanken, wie sie als notwendige Elemente einer gesunden Ent⸗ wicktung dargelegt sind. Deshalb hat der den § 11 auf⸗ genommen, der natürlich, wie ich ohne weiteres zugebe, seine Bedenken hat. Der § 11 will die von der Bevölkerung gewünschte Um⸗ gruppierung der territorialen Grenzen in geordnete Wege leiten. Der § 11 sieht ein geordnetes Verfahren vor, das ohne Zerstörung des bestehenden Verwaltungsorganismus beschritten werden kann. Gewiß gibt es ein viel besseres Mi’tel, durch das der § 1I1 ersetzt werden kann: geben Sie dem Reich die Befugnis, nach Anhörung der Beteiligten durch die Reichsgesetzgebung die Umgestaltung porzu⸗ nehmen! Der Weg ist zweifellos besser. Ich zweifle aber, ob Ihnen der Weg besser gefallen wird. Der leitende Gesichtspunkt ist aber, wie sich auch die Grenzen nach Zweckmäßigkeitsnründen gestalten mögen: diese ganze Binnengrenzziehung verliert an Bedeutung, wenn entsprechend den Grundgedanten des Entwurfs die Reichsembeit das Entscheidende ist und innerhalb dieser Einheit das landschaftliche Leben der Einzelstaaten sich abspielt. Dann ist es vom Reichsinteresse aus ohne entscheidenden Belang, ob die Grenzen so oder so gezogen sind.
Am Nachmittag wurden die Beratungen fortgesetzt. Noch stärker als die Verhandlungen des Vormittags wurden sie gekennzeichnet durch das Bekenntnis zum Eischeitsstaat zugleich aber durch die Einsicht, daß solch ein Elaheitsstaat nicht ohne weiteres zu erreichen sein wird, und daß darum auf die nun einmal vorhandenen Hemmungen die gebührende Rücksicht ge⸗ nommen werden müßte.
Das Rttalich de A reant vLandsbherg iab bem unnsche Ansdruck, daß als sestehenden Waaten den Hrang habher sollten, in Deutschland außnugehen. Er wies darguf hin, daß i Frankreich und Italien der Gegensatz zwischen Rord und Süd scher⸗
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