1919 / 38 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 14 Feb 1919 18:00:01 GMT) scan diff

beineswegs undekannt, weun man irgend eine Art von Ordnung wiederherstellen möchte, anstatt eine teure Expedition auszusenden. Die Bolschewisten versprächen die Zurückzahlung der Anleiben und Wiederherstellung der von Frankreich und En land innegehabten Kon⸗ zessionen, von denen sie wüßten, daf alles für den Verbrauch Ruß⸗ lands selbst gewesen sei. Das bolschewistische Sostem köͤnne nicht ewig währen. Aber inzwischen habe er erfahren, daß die Drohung, zu intervenieren, den Bolschewisten die gemäßigten Elemente in die Arme treibe. Er teile den Abscheu vor dem Bolschewismus und weigere sich 99 ihm die Hand zu reichen. Aber das dürfe einen nicht hindern, nicht nur im Interesse Rußlands, sondern auch Groß⸗ britanniens und der ganzen Welt sjein Bestes zu tun, die Ordnung und eine gute Regierung in diesem verwirrten Lande wiederher⸗

zustellen. Frankreich.

Der oberste Kriegsrat hat in seiner vorgestrigen Sitzung die Bebingungen für die Erneunerung des Waffenstillstandes festgeseht. Der „Agence Havas“ zu⸗ folge werden sie nicht bekannt gegeben werden, bevor sie Deutschland mitgeteilt worden sind.

Wie der „Temps“ meldet, stehen sich bei den Eni⸗ schädigungs forderungen augenblicklich drei An⸗ schauungen gegenüber. Die französische Anschauung unten⸗ scheidet zwischen der Entschädigung für Zerstörungen und den Kriegskosten, wobei die Entschädigungen für Ver⸗ wüstungen urd Plünderungen als private Forderungen angesehen werden. Die englische Anschauung geht davon aus, daß alle durch den Krieg entssjandenen Kosten der gegen Deutschland kämpfenden Nationen

sammengefaßt werden. Bet dieser Summierung gelangte

an zu einem Betrag von 1000 Milliarden. Der amerika⸗ nische Standpunkt hält nur die eigentlichen Kriegsschäden für entschädigungspflichlig, nicht aber die Kriegsausgaben. Bei den Beratungen des interalltierten Ausschusses wurde das eng⸗ lische Programm als Grundlage angenommen. Man hat bisher nur über die grundsätzlichen Fragen beraten, ist aber noch nicht in konkrete Besprechungen eingetreten.

Die Kommission, die mit der Prüfung der Griechenland angehenden territorialen Fragen be⸗ auftragt ist, wählte einstimmig Jules Cambon zum Präsidenten und wird mit der Prüfung der griechischen Forderungen in bezug auf Epirus beginnen.

Der Ausschuß für internationales Arbeiter⸗ recht hat vorgestern laut Meldung der „Agence Havas“ Artikel 4 des englischen Entwurfes, der die Abstimmung nach Staaten durch das Recht der Vertreter ersett, selbständig ohne Rücksicht auf die Meinung der Vertreter desselben Landes zu stimmen, ferner Artikel 5, der der internationalen Arbeiter⸗ konferenz ihren Sitz am Sitze des Völkerbundes anweist, an⸗ genommen und die Artikel über Errichtung eines ständigen internationalen Arbeiteramtes in der Hauptstadt des Völker⸗ bundes als Bestandteil seiner Verwaltung beraten.

Der frühere Kriegsminister General Messimy verlas im Ausschuß für auswärtige Angelegenheifen der Kammer einen Bexicht über die französische Verwaltung von Glsaß⸗Lothringen Nach diesem Bericht besteht zwischen der französischen Hailttar⸗ und Zivilverwaltung ein unheilvoller Zwiespalt. Die Teilung der Ver⸗ woltung der beiden Provinzen in drei Kommissariate habe bei den Einwohnern lebbaste Mißbilliaung hervor⸗ zerufen. Die Ginwohner beklaaten sich, daß die französische Verwaltung nicht genügend Rücksicht auf die Bedürsnisse und Sitten der Eisaß⸗Lorhringer nähme. Die Verwaltung habe sich in vielen Fällen unfähig gezeigt Es seien unnütze Posten geschaffen und undedingt notwendiae abgeschafft worden. Messimy fragte, ob Frankreich darauf hinarbeiten wolle, eine furchtbare moralische Kotastrophe heraufzubeschwören, und forderte den Ausschuß auf, rechtzeitig einzugreifen, um die notwendigen Maßnahmen durchzuführen.

Niederlande. 8

Bei der Behandlung des Marineetats in der Zweiten Kammer sagte der Marineminister über den Zustand der holländischen Flotte, wie „Wolffs Telegraphenbüro“ berichtet, das Materjal set zwar schwach, aber nicht wertlos und jedenfalle ausreichend, um gegen eine lleine Nation aufzutreten, wenn diese versuchen sollte, Holland etwas vorzuschreiben. „Denn“, sagte der Minister, „man darf n wir auch kleine Nachbarn haben.

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Zu Ehren des finnischen Reichsnerwesers, Generals Mannerheim, der auf Einladung des Königé in Stockholm eingetroffen ist, fand gestern im Schloß Galatafel statt, bei der der König, wie „Wolffs Telegraphenbüro“ meldet, folgende Rede hielt:

Herr Reichsverweser! „Alzs das finnische Volk vor etwas mehr als einem Jahre selbst sein Schicksal in die Pände nahm und das Band löste, welches es seit einem Jahrhundert an seinen maͤchtigen Nachbarn im Osten knäpfte, verfolgte das gesamte schwedische Volt seine Bemühungen zur Sicherung sester vollen Unabhängigkeit mit warmer Anteilnahme. Wir hatten damals, sowohl ich wie mein Land, die lebhafte Genugtuung, die ersten zu sein, welche das an der anderen Seite des Bottnischen Meerbusens gelegene Land, das ein Kind des unseren ist, als freien und souveränen Staat anerkannten. Der Besuch, den der finnische Reichsverweser heute Schweden abstatiet, wird mit aufrichtiger Freude als ein Beweis für die Fortdauer der Freundschaftsbande begrüßt, welche so viele Jahr⸗ hunderte einer gemeinsamen Geschichte zwischen Schweden und Finnland geknüpft haben. Ich heiße Sie von Herzen in meinem Lande willkkommen. Im Verlaufe der so sehr schweren und an bedeutsamen Ereignissen reichen letzten Jahre haben die skandinavischen Völker untereinander immer engere Beziehungen zum Schutze ihrer gemeinsamen Interessen angeknuüpft. Ich wünsche hier die lebhafte Hoffnung Schwedens zum Ausdruck zu bringen, daß auch Finnland sich, nachdem es seinen Platz unter den freten Völkern eirgenommen hat, sowohl angesichts feiner kulturellen wie politischen Ueberlieferungen dieser Zusammenarbeit der Länder des Nordens anschließen wird. 6 bin der festen Ueberzeugung, daß dies ebenso in der Gegenwart wie in der Zukunft zum größten Vorteile und zum Besten von uns allen wäre. Aus diesen Ge⸗ fühlen beraus trinke ich auf das Wohl des kescseherun e von E Generals Freiberrn von Mannerheim, und leere ich mein

las zur Ehre Finnlands und für das künftige Glück und Gedeihen des finnländischen Volkes.

General Mannerheim saate in seiner Erwiderung u. a: . Es war mir eine große Ehre, als Reichsverweser des freien Finnlands der Einladung rer Majestät Folge zu leisten. Die Worte Eurer Majestät werden die lebhafteste Freude in Finnland mwecken. Als die jahrhundertlange politische Veretnigung Finnlands mit Schweden vor hundertzehn Jahren zerrissen wurde, galt es für unser Volk, der zußerste Kulturposten nordländischer Kultur und alter

Rechtsordnung zu bleiben. Das Polk Finnlands teilt mit Fr

die von Eurer Majestät ausgesprochene Hoffnung auf ein Zusammen⸗ wirken der nordischen Länder in der Wahrnehmung gemeinsamer Interrssen. Anläßlich des Besuches des Geverals Mannerheim beim König fanden zur Zeit der Ankunft des finnischen denten Straßenkundgebungen der rbeiter statt. Die jungsozialistische Partei hatte vorgestern abend eine Massenversammlung abgehalten, in der die Stockholmer Arbeiter aufgefordert wurden, ab 12 Uhr Mittags zu streiken, um so gegen Mannerheim zu demonstrieren. Der geplante Ausstond ist kn, im ganzen mißglückt, besonders unter den älteren Ar⸗ beitern. Es kam nur zu Arbeiteraufzügen -8. Plätzen und in den Hauptstraßen der Stadt und dabei auch zu Zu⸗ sammenstößen mit der Polizei.

Griechenland.

Der „Times“ wird aus Athen gemeldet, auf einer Ver⸗ sammlung des liberalen Klubs sei, nachdem die Verantwortung König Konstantins und seiner Gemahlin am Kriege besprochen worden war, der Beschluß gefaßt worden, in einem Telegramm an Weniselos zu fordern, daß die Großmächte die Ausliefe⸗ rung des Königs und seiner Gemahlin verlangen und sie unter Anklage stellen sollen.

Amerika.

Die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika hat nach einer Meldung der „Times“ formell den Vorschlag Japans angenommen, den fibirischen Eisenbahnverkehr wiederherzustellen. Er wird von einer interalliierten Kommission unter dem Vorsitz eines Russen kentrolliert werden. Der Kom⸗ mission sollen außer Rußland noch Japan, Amerika, England, Frankreich, Italien und China angehören.

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Verkehrswesen.

Die Deutsche Waffenstillstandskommission teilt mit: Zur Regelung des behördlichen Briefverkehrs zwischen den besetzten und nicht besetzten Teilen Deutsch⸗ lands teilten die Alliierten in Spaa am 11. Februar folgendes mit:

Es sind Maßnahmen getroffen worden, um den behördlichen Verkehr zwischen den linka⸗ und rechisrheinischen Gebieten Deutschlands durchzuführen Die Briefe aus dem unbesetzten Gebiet müssen an die „Postalische Kontrollkommission“ des Bestimmungsbezuks gerichtet sein. Auf den Umschlag muß der deutlich sichtbare Stempel der absendenden Behörde, der Absenderort und die Bestimmungsbehörde mit Orts⸗, Kreis⸗, Distrikts⸗ und Provinzangabe vermerkt sein. Als behördlicher Postoerkehr wird auch der Verkehr zwischen den örtlichen Be⸗ hörden und Privatpersonen einerseits und den Versicherungs⸗ büros andererseits angesehen.

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Im Verkehr zwischen dem unbesetzten Deutsch⸗ land und der Besatzungszone ein⸗ schließlich der Rheinpfalz sind Postkarten mit Familiennach⸗ richten in deutscher oder französischer Sprache zugelassen. Die Postkarten müssen deutlich und möglichst mit lateinischen Buch⸗ staben geschrieben sein. Der Name und die genoue Anschrift des Absenders ist an auffälliger Stelle der Ponkarte anzugeben.

Zwischen Orten in der britischen Besatzungszone und dem unbesetzten Deutschland können wieder verschlossene Post⸗ aufträge abgesandt werden.

Ferner ist nach einer neuen Mitteilung Remscheid⸗ Bliedinghausen nicht von britischen Truppen besetzt. Im unbe⸗ setten Deutschland werden demnach wieder Postsendungen jeder Art, auch Pakete, zur Postbesörderung nach Remscheid⸗Bliedinghausen angenommen. Mit Ausnahme von Remscheid⸗Reinshagen, das auch weiterhin den für die britische Besatzungszone geltenden Verkehrsbeschränkungen unterliegt, besteht jetzt für das ganze Gebiet von Remscheid unbeschränkter Postverkehr

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1 8 1 6“ Nach einer Mitteilung der belgischen isenbahverwaltung können Postpakete an deutsche Gefangene in Belgien nicht befördert und daher von den nicht ange⸗ nommen werden. Verhandlungen wegen Wiederzulassung des Ver⸗

kehrs sind im Gange.

Die den Grenzschutztruppen nach der letzthin ergangenen Veröffentlichung gewährten Portovergünstigungen des Feldpostverkehrs gelten für die nachstehend aufgeführten, den Briefverkehr dieser Truppen vermittelnden Feldpostanstalten Nr. 163, 168, 202, 208, 335, 383, 671, 728, 737, 857, 875, 901, 967, 3007 sowie vorläufig für das Obertommando Grenzschutz Nord 689.

56————

An die deutschen Truppen in Nikolajew können fortan gebührenfreie offene Karten abgesandt werden, die außer mit der genauen Anschrift des Empfängers mit der Unteradresse: „Gruppe Nitolajew über das Kabinetts⸗Postamt in Berlin C 2“ m versehen sind.

Theater und Musik.

Im Opernhause werden morgen, Sonnabend, „Hoffmanns Erzählungen“ mit den Damen Denera, Engell, Pickert als Gast, Birkenström, von Scheele⸗Müller, und den Herren Hutt, Schwarz, Henke, Sommer, Habich, Krasa, Philibpv und Funck besetzt, auf⸗ geführt. Musikalischer Leiter ist Dr. Fritz Stiedry. Anfang 7 Uhr. Durch die Eo über die beschräntte Spieldauer der Vorstellungen sind die großen Wagnerschen Kunstwerke so gut wie ausgeschaltet. Die Direktion der Oper bietet daher am Sonntag, den 23. Februar, eine Aufführung der „Meistersinger von Nürnberg“ in Gestalt einer Nachmittags⸗ und 1118“ an einem, Tage, so zwar, daß, Nachmittags 3 Uhr beginnend, der 1. und 2. Akt bis zur Prügelszene, dann, nach einer vorschriftsmäßigen Pause, um 7 Uhr der 3. Akt Schusterstube und Festwiese aufgeführt werden. Die Eintrittskarten werden für beide Vorstellungen mit einem ent⸗ sprechenden vapschloß verausgabt. Der Dauerbezug ist aufgehoben. Ter Kartenverkauf beginnt am Sonntag, den 16. Februar. Die Svymphoniekonzerte der Opernhauskapelle unter der Leitung des Generalmusikdirektors Dr. Richard Strauß finden am 4. und 21. März, 4., 19. und 29. Avpril statt.

Im Schauspielhause wirdmorgen, Peer Gynt“ in der gewohnten Besdan —neses⸗ Gpielleiter ist Dr Reinhard Bruck. Anfang? Uhr. Am Mitrwoch, den 19. d. M., geht zum ersten Male das Volks⸗ stück „Die Kreuzelschreiber“ von Anzengruber in Shene. In den Hauptrollen sind die Damen Straub und Reff, die Herren Pohl,

Teen e E-nefdef und Maunstädt beschäftigt. Spielleiter in In de dog engpiele” des Deutschen 8292 findet am Freitag, den 21. d. M., die 25. Aufführung von Ibsens „Rosmers⸗

holm“ stast. Am Montag, den 24. Februar, wird in den Kammer:

Hauptmanns „Michael Kramer“ jum 25. Male wiederholt. Im Theater am gebt am Freitag, den 21. Februar, die neue Operette „Wo die Lerche singt“ von Franz Lehär zum erste Male in Szene. 3 8 Im Deutschen Opernhanse ist „Cavalleria rusticana von Pietro Mascagni neu in den Svrielplan aufgenommen worden und wird unter der szenischen Leitung des Direktors Georg Hart⸗ mann und der musikalischen Leitung Ignatz Waghalters am Donners⸗ tag, den 20. d. M., zum ersten Male aufgeführt werden. 1“

Mannigfaltiges. 8

Morgen, Sonnabend, findet in der neuen Aula der Universität, Kaiser⸗Franz⸗Josephs⸗Platz, um 7 Uhr Abends eine allgemeine Akademikerversammlung statt mit dem Thbema: „Studentenschaft und Ostfrager“. Der Geheime Rat Professor Sehring wird über „Die wirtschaft⸗ liche Bedeutung des Verlustes der Ostprovinzen“ sprechen, Fefesser Oppenheimer über den „Bolschewismus und seine Gefahren

4

vom sozialistischen Standpunkt aus“, Dr. Tiburtius uüͤber den militärischen Teil der Ostfrage und der Geheime Rat Professor Troeltsch ein Schlußwort. Die Versammlung soll ein flammen⸗ der Protest aller Berliner Afademiker dagegen sein, daß die deutschen

Ostprovinzen ein Raub der Feinde werden.

Dr. Johannes Müller beginnt am nächsten Mittwoch in der Hochschule für Musik (Abends 7 ½ Uhr) eine Reihe von sechs Vorträgen über den Sinn und die Bedeutung der Welt⸗ katastrophe, und zwar spricht er am 19. Februar über „Welrkatastrophe und Gottesglaube“, am 26. Februar über „Gericht und Gnade“, am 28. Februar über „Untergang oder Erneuerung?“, am 5. März über „Neubegründung der Kultur“, am 11. März über „Volkstum und Menschentum’, am 14. März über „Die Zukuaft Deutschlands“.

Danzig, 14. Februar. (W. T. B.) Die Ortsgruppe Danzig des Bundes zum Schutze der deutschen Kriegs⸗ und Zivilgefangenen veranstaltete gestern abend eine große Kundgebungsversammlung. Der zweite

Vorsitzende des Volksbundes, Rittmeister Freiherr von Lersner, 1

der jelbst 38 Monate in französischer Gefangenschaft zu⸗ gebracht hat, hielt einen Vortrag über seine Eindrücke in Frankreich. An die Nationalversammlung in Weimar wurde folgendes Telegramm gesandt: „An dreitausend Männer und Frauen, in Danzigs größtem Saale vereint, legen vor den Ver⸗ tretern des deutschen Volks feierlichst Verwahrung ein gegen die grundlose und grausame Zurückhaltung unserer Kriegs⸗ und Zivil⸗ gefangenen. Wir stehen in unerschütterlicher Treue zu unseren F. angenen Landsleuten und erstreben für sie Gerechtigkeit und Mensch⸗ ichkeit. Darum erheben wir unsere Stimme vor der ganzen Welt u der Forderung an die feindlichen Mächte: „Gebt unsere Gefangenen sefset der Freiheit und dem Leben wieder!“

Remscheid, 13. Februar. (W. T. B.) Gestern abend hielt die kürzlich gegründete hiesige rtsgruppe des Volks⸗ bundes zum der deutscächen Kriegs⸗ und Zivilgefangenen ihre erste öffentliche Versammlung ab, die von fast 2.0 Bürgern und Bürgerinnen besucht war. Der Vor⸗ sitzende, Gebeimer Studienrat von Staa, verbreitete sich über die Bestrebungen des Volkebundes. Sodann sprachen Austauschgefangene üher die Verhältnisse in der französischen und russischen Kriegs⸗

gefangenschaft. Schließlich fand eine Protest entschließung einstimmig Annahme, ebenso ein an die Regierung gerichteter Einspruch gegen neue Vergewaltigungsversuche der Feinde bei 8”

Verlängerung des Waffenstillstandes. (Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.]

1]

FTheater.

Opernhaus. (Unter den Linden.) Sonnabend: 44. Dauer⸗ bezugsvorstellung. Dienst⸗ und Freiplätze sind aufgehoben. Hoff⸗ manns Erzählungen. Phantastische Oper in drei Akten, einem

rolog und einem Epilog von J. Barbier. Musik von J. Offenbach. Kusikalische Leitung: Dr. Fritz Stiedry. Spielleitung: Karl Holy. Anfang 7 Uhr.

Schauspielhaus. (Am Gendarmenmarkt.) Sonnab.: 46. Dauer⸗ bezugsvorstellung. Dienst⸗ und sind aufgehoben. Peer Gynt von Henrik Ibsen. (In zehn Bildern.) In freier Ueber⸗ tragung für die deutsche Bühne gestaltet von Dietrich Eckart. Musik von Edward Grieg. Musikalische Fhettch. Dr. Carl Besl. Spielleitung: Dr. Reinhard Bruck. Anfang 7 Uhr.

Sonntag: Opernhaus. Nachmittags: 240. Kartenreservesatz. Der Dauerbezug, die ständig vorbehaltenen sowie die Dienst⸗ und Freiplätze sind aufgehoben. 4. Volksvorstellung zu ermäßigten Preisen: Die Fledermaus. Anfang 2 Uhr. Abends: 45. Dauer⸗ bezugsvorstellung. Dienst, und Freiplätze sind aufgehoben. Tiefland. Musikdrama in einem Vorspiel und zwei Aufzügen nach A. Guimera von Rudolph Lothar. Musik von Eugen deAlbert. Anfang 7 Uhr.

Schauspielhaus. Nachmittags: 194. Kartenreservesatz. Der

Dauerbezug, die ständig vorbehaltenen sowie die Dienst⸗ und Frei⸗ plätze sind aufgehoben. 3. zu ermäßigten Preisen: Kater Lampe. Anfang 2 Uhr. Abends: 47. Dauer⸗ bezugsvorstellung. Dienst, und Freiplätze sind aufgehoben. Zum

200. Male: Othello, der Mohr von Venedig. Trauerspiel

in fünf Aufzügen von Shak Spielleitung: Dr.

Bruck. Anfang 7 Uhr.

Familiennachrichten.

Verlobt;: Frl. Frieda von Puttkamer mit Hrn. Architekten Kurt von Münchow (Stolp i. P.—Klein Linden bei e⸗

Geboren: Eine Tochter: Hrn. Major Ulrich von Saucken (Fisch⸗ ar testte . Hrn. Wilhelm Frhrn. von Gayl (Königs⸗ erg i Pr.).

Gestorben: Hr. Wirklicher Geheimer Kriegsrat Dr. Romen

Fer Fr. Marie von Köckritz, geb. Hagen (Siewisch)h.

rl. Hilda von Hertell (Rostock).

Verantwortlicher Schriftleiter: Direktor Dr. Tyrol, Charlottenbura,

Verantwortlich für den Anzeigenteil: Der Vorsteher der Geschäftsstelle. 8

Rechnungsrat Mengerina in Berlin. 8

Berkag der Geschäftostelle Mengerino) in Vertin.

Oruck der Norddeutschen uoödruchern und Verlaaganstalt, Berlin, Wilhelmftraße 52.

Sieben Beilagen

zum Deutschen Reichsan

28. Amtliches.

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Erste Beilage

n, Freitag, den 14. Febrnar

8 Richtamtliches. 8 Deutsche Nationalversammlung zu Weimar.

6. Sitzung vom Donnerstag, dem 13. Februar 1919 Nachmittags 3 Uhr. (Bericht von „Wolffs Telegraphenbüro“.) An den Tischen für die Reicheregierung: die Reiche⸗ minister Scheidemann, Graf von Brockdorff⸗Rantzau, Noeke, Dr. David, Landsberg, Schiffer, Bauer, Dr. Preuß, Gothein, Dr. Bell, Wissell und Giesberts.

Vizepräsident Haußmann eröffnet die Sitzung um 3 Uhr 20 Mmuten mit der Verlesung des folgenden, ihm vom Präsidenten Dr. David zugenangenen Schreibens:

Intolge meiner Berufurg in die Reichsregierung sehe ich mich genötigt, das Amt des Präsidenten der Nationalversammlung nieder⸗ zulegen. Ich bute Sie, die Leitung der Geschäͤfte bis zur Neuwahl eines Nachfolgers zu übernehmen.

Bei dem Präsidtum ist serner ein Schreiben des Reichs⸗ präsidenten Ebert eingegongen, das von der durch ihn er⸗ folaten Berufung des Reichsministeriums gemäß § 8 des Gesetzes, betreffend die vorläufige Reiche gewalt Muteitung macht. Präsident des Reichsmmisteriums ist Scheidemann, sein Vertreter und Reichsfinanzmiaister Schiffer, Reichsminister des Auswärtigen Graf von Brockdorff⸗Nantzau, Reiche⸗ minister des Innern Dr. Preuß, Neichsarbeitsminister Bauer, Reichswirtschaftsmmister Wissell, Reichsernährungsminister Robert Schmidt, Reichskoto ialminister Dr. Bell. Rei ejustiz⸗ minister Landd berg, Reichewehrminister, dem auch das Reichs marineamt untersteht, Noske, Reichs pofminister Gies⸗ hberte, Minister ohne Portofeuille David, Erzberger und Gothein. Das Reichsdemobitmachungsamt ist nur eine pio⸗ visorische Behörde und getzört dem Neichsministerium nicht an. Sein Leiter, Dr. Koeth, führt den Titel eines Reichsministers des Demobilmachungsamts.

Der Reichspräsident Ebert hat sein Abgeordnetenmandat niedergelegt.

Eine Adresse des Deutsch⸗ößerreschischen Volksbundes in Plauen, die für dengrestlosen Anschluß Deutsch Oesterreichs an die großdeutsche Republik einmett, gelangt zur Verlesung. Die Vereinigten kevtschen Volksräte des Westkreisee Posen richten aus Meseritz an die Nauonalversammlung die Bitte um erhöhten Grenzschutz und energische Abwehr degen die Polen.

Nach Verlrsung dieser Kundgebungen tritt das Haus in die Tagesordnung ein: Entgegennahme einer Erklärung der neuen Reichsregierung.

Präsident des Reichsministeriums Scheide mann: Meine Damen und Herren! Der verr Reicheprasident hat mich beauftragt mit der Bildung des neuen Ministeriums. Aus den Mitteilungen, die uns der Herr Päsident foeben gemacht bat, haben Sie erseben, daß sich das neue Ministerium unter meinem Präsidium bereits konstituiert hat. Ich kann darauf verzichten, die Namen nochmals zu veresen, Sie haben sie bereits gehört, und will nur noch hinzufügen, daß diesem Kabinett auch der preußische Kriegsminister ohne Stimmrecht an⸗ gehört. Das Programm des Reichsminiveriums, umfassend die Auf⸗ gaben der nächsten Zukunft, erlaube ich mir Ihnen vorzutragen: Hie verfassunggebende deutsche Nationalversammlung ist der alleinige Träger der Reichsgewalt. Festi ung der Einheit des Reiches duich eine starke Zentral ewalt, einbeitliche Führung der Außenpolitik, ein⸗ schließlich der auswärtigen Wirtschaftepolitik. I. Außenpolitik: 1) Herbeiführung sofortigen Friedensschlusses Festhalten an den Grund⸗ sätzen des Präsidenten der Vereinigten Staaten unter Ablehnung jeden Gewalifriedens. 2) Wiederherstellung eines deutschen Kolonial⸗ gebiets. 3) sofortige Rückgabe der deuischen Kriegsgefangenen. (Leb⸗ hafter Beifall.) 4) gleichberechtinte Beteiligung am Völferbund, gleichzeitige und gegenseitige Abrüstung, obligalorische Schieds⸗ gerichte zur Vermeidung der Kriege, Abchaffung der Geheimdiplomatie. 11I. Innenvpolitrk: 1) Demokratische Verwaltung, Beseitigung aller Bevotzugungen bei der Besetzung von Beamten⸗ stellen. Heranztehung der Frauen zum öffentlichen Dienst entsprechend den auf allen Gebieten vermehrten Frauenaufgaben. 2) Hebung der allgemeinen Volksbisdung durch höchste Entwicklung des Schulwesens von unten auf. Jedem Kind ist ohne Rücksicht auf Vermögens⸗ verhältnisse der Zugang zu den höchsten Ausbildungsstufen gemäß seiner Begabung zu ermöglichen. (Beifll.) Errüchtigung der Jugend. 3) Schaffung eines auf demokretischen Grundlagen auf⸗ gebauten Voltsbe res zum Schutze des Vater andes, unter wesent icher Herabjetzung der Dienstzert. Jeder Truppenteil wählt einen Ver⸗ trauensausschuß zur Mitwirkung bei Verpflegung (Kantine), Urlaub und Unterbringung, sowie bei Beschwerden. Entlessung der in den Kasernen befindlichen Soldaten, auch des Jahrgangs 1899. Auf⸗ lösung der militärischen Bebörden, die nur für den Krieg geschaffen waren, und der heute als überflüsig zu erachtenden Friedensbehörden. Fürsorge für die bisherigen akliven Offiziere und Unteiofsizzere. Für die Uebergangszeit: Bestätigung der bisher von den Soldaten ge⸗ wählten Führer, suweit sie sich bewaͤhrt haben. 4) Ausreichende Für⸗ sorge für die Kriegsbinterbliebenen. 5) Einheitlicke Grundlagen für den Wiederaufbau des Watschaftslebens, Förderung und Ausgestallung des Verkehrswesens unter voller Wahrung des Reicheinteresses. Das Reich hat in engster Fühlung mit den beteiligten Kreisen regelnd und ausgleichend einzugreifen, damit das deutzche Wirtschaftsleben sich zum Wohl des ganzen Volkes entwickelt. Förderung der durch die Kriegs⸗ folgen schwer geschädigten mittleren und tleineren Gewerbetreibenden. (Beifall.) 6) Rationierung und Höchstpreise werden für notwendige Lebensmittel und zwar für diejenigen, an denen wir Mangel leiden, vorerst aufrecht exhalten; die Freigabe der Verteilung der Lebens⸗ mittel und die Entfaltung des treien Handels erfolgt, sobald die Versergung des Marktes so sichergestellt ist, daß Angebot und Nachfrage ihren Ausgleich finden tönnen; die Einfuhr wird nur insoweit beschränkt, als dies mit Rücksicht auf unsere Finanz⸗ verhältnisse notwendig ist. Solange die Ein uhr der rationierten Lebensmittel von Reichsstellen geleitet wird, sind die Vertreter des Handels und der Verbraucher hinzuzuziehen. 7) Wirtschaftszweige, die nach ihrer Art und ihrem Ennwicklungsstand einen privat⸗ monopolistischen Charakter angenommen haben, sind der öffentlichen Kontrolle zu unterstellen; soweit sie sich zur einheitlichen Regelung durch die Gesamtheit eignen, iesespapete Bergwerke und Erzeugung von Energie, und dadurch zur einheitlichen Rege⸗ lung durch die Gesamtheit (Sozialisierung) reif ge⸗ worden sind, sind sie in öffentliche oder gemischtwirtschaftliche Bewirtschaftung oder auf Reich, Staat. Gemeindeverbände oder Gemeinden zu uüͤbernehmen. 8) Die Koalitionsfreiheit ist für jeder⸗ mann in der Verfassung festzulegen. Die Lohn⸗ und Arbeitsbedin⸗ ungen sind zwischen den Organisalionen der beteiligten Unternehmer, Arbeiter und Angestehten zu vereinbaren. Ihre Durchführung ist durch Vertretungen der teteiligten Arbeiter und Angestellten zu überwachen. Das gesamte Arbeitsrecht ist den neuen Verhältnissen anzupassen. 9) Auf soztalpolitischem Geblet sind in Angriff zu nehmen die plan⸗

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mäßige Verbesserung der Volksgesundheit, die Wohnungsfürsorage der Ausbau des Mutterschuzes, der Säuglin 8⸗ und Jugendrürsorge. Der Arbeitsnachweis ist auf öffentlich⸗rechtlicher und parilättscher Grundlage zu regeln und für die Arbeilslosen, foweit ihnen nicht Arbeit beschafft werden kann, zu sorgen. 10/ Den Beamten sind die staatsbürgerlichen und beruflichen Rechte e nichließlich des Koalstions⸗ rechis zu sichern. Eme zeitgemäße Neuregeung der Pesoldungs und Pensionsverhältnisse ist durchzufuhren. Schaffung eines emheitlichen

eamten⸗ und Disziplinarrechtes. 11) Steigerung der landwirschaft⸗ lichen Erzeugung in kleimbäuerlichen bäuerlichen und allen sonstigen oltswirischaftlich werwollen Betriebstormen, insbe ondere durch Pflege des Genossenschaftewesene. Schaffung von Neuland für Siedelungszwecke durch Bodenverbesserung und Heranziehung des Großgrundbesitzes nach vorwiegend wirtschaftlichen Grundsätzen, er⸗ forderlichenfalls durch Anwendung des Vortaufsrechts oder durch Enteignung. 12) Verschärfte Erfassung der Kriegsgewimne und wiederholte Erhebung einer Mehreinkommenssteuer, Heran⸗ ziehung der Vermögen, unter Freilasung der kleinsten, zur Verminderung der Schuldenlast des Reiches. Die Ein⸗ kommensbesteuerung ist tunlichst auf emheitliche Grundlage zu stellen und nach sozialen und bevö⸗kerungspolitnchen Grunt sätzen auezu estalten. Die Erbschafisbesteuerung ist in der Rich ung der schärfsten Erfossung des Großbesitzes unter Berücksichtigung des Ver⸗ mögers des Erben auszubauen. 13) Sicherstellang der versönlichen uond staatsbürgerlichen Rechte des Einzelnen. Gewissensfreibeit und Freiheit der Religionsuhung. Freiheit der Meinungsäußerung in Wort und Schrirt, Freiheit der Presse, Wissenschaft und Kunst, der Versammlung und Vereinigungen.

Meine Damen und Herren, Sie mwerden es verstehen, wenn ich darauf verzichte, alle angekündigten einzelnen Programmpunkte zu erläutern. An drei Stellen ist, damit keine Miverständnisse ent⸗ steben, gewünscht worden, zu sagen, was wir darunter vasstehen. Unter Erzüchtigung verstehen wir die bestmögliche geistiae und körper⸗ liche Pflege der Jugend. Bei den Beamtfen war gewünscht worden, daß man viel eingehender auf alle ihre Rechte eingeben solle. Wir haben geglaubt, in einem solchen programmatischen Arbeits⸗ programm nicht bis in derartige Einzelheiten hineingehen zu können, wir wollen aber ausdrücklich sagen, daß das Beamtennecht in der weit⸗ gehendsten Weise den Wüunschen der Beamten entsprechend aus ebaut werden soll. Bei dem Beschwerderecht der Soldaten ist es ähnlich, es ist nicht mög ich, im einzelnen auszuführen, worüber sich der Soldat alles beschweren kann. Das Wort Beichwerderecht umfaßt das denkbar weiteste Gebiet. Ich glaube, das dürfte zur Erläauterung des angekündigten Pogramms genügen. (Zuruf bei den U. Soz.: Und das Amnestiegesetz!)

Meine Damen und Hersen! Das erste Wort der ersten veraut⸗ wortlichen Reg erung der Deut’chen Republit muß ein Bekenntnis zu dem Gevanken der Volksberrschaft sein, den diese Versammlung ver⸗ törvert. Aus der Revolutton geboren, ist es ihr Beruf, das geistigs Gut der Revolution vor Verschleuderung zu wahren und zum dauernden Besitz des ganzen deutschen Volkes zu mach n. (Beifall.) In gerechter freier Wahl, bei der es keinen Unterschied gab des Ranges, Besitzes und Eeschlechts, hat das Volk Sie zu seinen Ver⸗ tretein bestellt, durch Sie wid es sich seine Gesege geben, denen unvertrüchlich Gebosam zju leisten unser allexg Aflicht ist. (Beifall.) Lassen Sie sich alle von de Größe dieser Vorstellung durchdringen, auf daß die Souveränität des deutschen Volkes, die der 9. November verkündet hat, stabilisiert ist wie ein Felsen von Erz. (Beifall.) Die erste Regierung der Revolution ist abgetreten; sie trägt ihre Verantwortung vor Volk und Geschichte; sie hat ihre Aufgabe auch nie anders autgetaßt als so, daß sie das ihr zugeall ne Amt zu treuen Händen zu ver⸗ walten hatte dig zu dem Augenblick, in dem das Volk selber in geordneter Abstimmung über ie fernere Gestaltung s.iner Geschicke entscheiden konnte. Darum hat diese Regierung schon in ihrer ersten programmatischen Erklärung am 9. No⸗ vember die Wahl dieser Nationalversimmlung angekündigt und alle Wieerstände dageger, medergetämpit. Dies ist der Teil ibres Wirkens, auf den sie glauot mit restleser Befriedigung zurückblicken zu können. Wir wissen nicht, welche schweren Sturms uns noch bevorstehen, ober ich glaube, die Propbezeiung sagen zu dürfen, daß die Zeiten der Gewaltherr chaft ein fur allemal voröber sind (Frau Zietz [U. Soz.): Nosk 1), daß teine Macht der Welt j mals unvestraft es wagen dürfte, das gleiche politische Recht aller Volks⸗ genossen anzutasten. (Lebhafter Beifall) Die alten Gewalten waren im Rechtsbewußtsein des Vorkes schon tot, als sie noch scheinlebenash waren, sonst mären sie nicht so widerstandslos zusammeng brochen, sonst hätte sich der neue Rechtezustand der Demokratie nicht mit solcher Selbstverständlichkeit eingebürgert. Wir betrachten es als ein der größten Errungenschaften, daß auch die Frauen als gleschberechtigte Volksgenossinnen m unsere Reihen eingetreten sind. (Bectall.) Ich begrüße die großfe Zahl der Frauen in dieser Versammlung mit d größten Genugeuung und Hoffnung. Soll es doch die große Au gabe der neuen Zert sein, die Politik menschlicher zu gestalten als bieher. Wer wäͤre mehr dazu berufen als der Teil des menschlichen Geschlechts, der seit den ältesten Zeiten niemals Waffen geführt hat. Von stolzer Höhe ist unser Vo k in einen Abgrund gestürzt. Als man uns rief, war längst kein Halten mehr. (Rufe rechts: Na, na!) Das ist das Schlimmste eines zur Niederlage bestimmten Volkes daß es sich selbst belügen muß, weil es an die Nieder a nicht gla ben darf. Wir aber waren zur Niederlage bestimmt. Wir mußten vor der brutalen Wahrheit die Augen schließen, daß zehn schließlich immer stärker sind als einer Wir durften an unse Niederlage nicht glauben, wenn wir sie nicht herbenuhren wollten konnten aber mit diesem Gauben an uns selbit nicht die Macht der Zahlen aus der Welt schoffen. Als entgegen allen Voraus⸗ sagungen unserer U⸗Bootpropheten das Heer der Feinde im Westen um Millionen anwuchs und schließtich der geniale Hasardeur des Welikrieges Ludendorff (Widersvruch rechts) den Bankrott erklärte (erneuier Widerspruch rechts, diejenigen, die miterlebt haben, werden kemen Widerspiuch wagen (Beifall) —, fiel es wie eine Binde von den Augen des Volkes. Deutsch⸗ land war reif geworden für den 9. November. Haß unser Volk in dienem furchtbaren Augenblick noch die Kraft besoß die alte Ge⸗ sellschaft zu zertrümmern und seine eigene Herr chaft auszurufen, darin erblicke ich die beste Bürgschaft für eine gute Zukunft. Auch die trüben Nebenerscheinungen der Revolution können mich in diesem Glauben nicht beirren. Die alte Macht war so zurück⸗ geworfen, daß sie jeden Gedanken an Widerstand aufgab. Dieser Einsicht dürten wir es danken, daß die größte Umwäleung, si vollziehen konnte, ohne Ströme von Blut zu kosten. Nach der Flucht des letzten Kaisers nahm auch Prinz Mar seinen Abichted und übertrug die Leitung der Reichsgeschäfte meinem Parzeigenossen Ebert, der in Gemeinschaft mit Landsberg und mir die Regierung antrat. Damit entstand die provisorische Regierung, die bis zum gestrigen Lage gedauert hat. Prinz Max vollzog damals mit dem Blick eines Staatsmannes eine geschichtliche Notwendigkeit. In dem Augenblick, wo Deusschland reif wurde fur eine demokratische Republik, mußte notwendigerweise die svrtfübrung der Geschefte an diejenige Partei fallen, die seit jeher die Vorkämpferin des demokralischen Prinzivs gewesen war. Weder für den Kanzler des alten Regimes noch für uns gab es in diesem Augenblick eine Wahl. Wir standen unter dem Zwang der geschichtlichen Notwendigkeit. Am 10. N.