1919 / 44 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 21 Feb 1919 18:00:01 GMT) scan diff

Seit dem 6. Februar betreibt die Sozialdemokratie herausfordernd ihre eigene Verherrlichung. aber es gibt ein dentsches Volksgewissen auch außer⸗ halb dieser Partei. (Fortdauernder Lärm b. d. Soz.) Die Republik muß ihren Befähigungsnochmeis erst erbringen. Die beste Ausstattung wird die junge deutsche Republik vom preußischen Königtum empfangen. (Gelächter bei den Sozialdemokraten.) Wir steben srei gegenüber der Zukunft und treu gegenüber der Ver angenheit. Auch wir sind für baldigen Friedensschluß. Wir begrüßen insbesondere, daß seit dem Amtsantritt des Grafen von Brockdortr⸗Rantzau gegenüber unseren Feinden wieder eine Sprache der Ehre, Würde und Wahrhaftigkeit gesprochen wird. (Sehr gut!) Nur können wir nicht anerkennen, daß wir 1871 Frankreich ein Unrecht zugefügt haben. Wir haben die uns vorher geraubten Provinzen in einem Kriege wieder rechtmäßig zurückgewonnen. Wenn Herr Vögler werklich persönliche Angriffe gegen die Regierung gerichtet haben sollte, so mißbillige ich das. Aber es war ein Kinderspiel gegen die Erwiderungen der Herren Erzberger, Scheidemann nnd David. (Zustimmung rechts) Ins⸗ besondere ist der hohe Eindruck, den wir von Davids Präsidentenrede hatten, durch seine Ministerrede vollkommen verwischt worden. (Sehr richtig! rechts.) Die alte Regierung hat solche Töne gegen die Minderheit niemals angeschlagen. (Widerspruch links.) Wir hatten mit unserer Interpellation nicht die Absicht, Herrn Erzberger zuFall zu bringen. Wir verwahren uns gegen die Unterstellung derartig persönlicher Motive in einer durchaus vaterländischen Sache. (Beifall rechts.) In der Sache selbst billigen wir die Entscheidung der Regierung. Eine Ablehnung des neuen Waffenstillstandsabkommens hätte die Umwandlung des Okkupationsgebiets in ein Eroberungsgebiet bedeutet, die wichtigsten Lebensmittel wären uns abgeschnürt worden, und wir wären dem Bolsche⸗ wismus preisgegeben. Eine Ablehnung hätte auch die Vernichtung eines Rechtsfriebdens auf der Grundlage wenigstens der Wilsonschen Punkte bedeutet. Wir lehnen jeden Anspruch auf Abtretung deutschen Bodens an Dänemark ab. (Beifall). Ein Völkerbund mit einem geknechteten Deutschland ist unmöglich. Auch wir vermissen im dro⸗ ramm der Regierung jeden Hinweis auf Reformen in der Kechtspflege. Eine Eingabe der Rechtsfatultäten aller Uni⸗ versitäten, der Richter des

Reichsgerichts und vieler Land⸗ gerichte und der führenden

Anwaltskreise betr. Maßnahmen zur Sicherung der Unabhängigteit der Richter, ist von der Re⸗ ierung in ganz verständnisloser Weise als eine überflüssige elehrung aufgefaßt und entsprechend beantwortet worden. Wir weisen diese überhebende Antwort zurück. Die Forderung nach einer neuen Ampestie lehnen wir ab. An Amnestien haben wir vorläufig genug. (Sehr richtig!) Spartakus hat hei Erstürmung der Ge⸗ sängnisse genug fragwurdiges Pablikum auf die Straße gelassen, und es ist höchste Zeit, daß die Justiz wieder ihr strenges und ernstes hhihh zeigt. Wir hoffen auf eine nationale, sittlich religiöse und tiefgehende Erneuerung unseres Volkes. Bei dieser Arbeit wird die peutsche Volkspartei in der vordersten Reihe der Kämpfer stehen. (Beifall rechts.)

Reichsminister Landsberg: Die Unabhängigkeit der Richter, die ich als höchstes Rechtsaut stéts wahren werde (Beifall), war gar nicht gefährdet, nur Dr. Cohn hatte in der Juristischen Gesellschaft in Berlin den Antrag auf Wahl der Richter durch das Volk gestellt. Daher erschien uns die Eingabe der Rech;slehrer reichlich überflüssig, und so erklärt sich unsere Antwort. Der Abg Kahl hat gesagt, seine Partei sei stets für das Frauenwahlrecht gewesen, merkwürdig, daß wir nie etwas davon gehört haben (Sehr gut! und Heiterkeit b. d. Soz.). Noch am Tage vor der Revolution haben sich im inter⸗ fraktionellen Ausschuß des Reichstags sämtliche bürgerliche Parteien

egen das Frauenwahlrecht ausgesprochen. (Widerspruch bei den Demokr.) Die Fortschrittler haben erklärt, einige ihrer Anhänger jeien für das Frauenwahlrecht, aber in ihrer Gesamtheit könnten e sich nicht dafür aussprechen. Herr Kahl bemängelt das Wahlrecht der 20 jährigen. Ich bin demgegenüber der en Die Politisierung unseres Volkes und damit der Jugend beiderlei Geschlechts kann gar nicht früh genug beginnen, und wenn man mit 18 Jahren König von Preußen werden konnte, so wird man schließlich auch mit 20 Jahren für das Reichstagswahlrecht reif sein (Beifall bei den Sozialdemokraten). Herr Kahl meint ferner, wir würden ohne Revolution zu einer Monarchie mit freiheitlichen In⸗ stitutionen gekommen sem. Ich will kein Wort über den gewesenen

Kaiser sprechen, es liegt mir sern, einen Mann anzugreifen, der

von Unglück schwer getroffen ist und von dem ich nicht verkennen will, daß seine Absichten gute und reine gewesen sind Bravo!), wenn er auch seine Kräfte bei weitem überschätzt bee aber ich tue ihm sicher nicht unrecht, wenn ich sage: Dieser Maͤnn, der an der Schwelle der 60 stand, war nicht mehr imstande, uzulernen; niemals würde er sich unmnter eme freiheitliche Ver⸗ sassung gebeugt haben, und es hätten sich sicher auch Parteien gefunden, die ihm plausibel gemacht hätten, daß es Pflicht des Königs sei, wenn nötig unter Durchbrechung der Ver⸗ fassung, das Gottesgnadentum wiederherzustellen. Meinen Kollegen Noske ausdrücklich gegen das Lobv in Schutz zu nehmen, das Herr Kahl ihm gespendet hat, habe ich wohl nicht nötig, ich denke, er wird es überstehen. (Heiterkeit.) Der Abg. ag hat das Recht auf Revolution durchaus bestritten. Er über⸗ fieht dabei wohl den Tadel, den er damit selbst gegen seine eigenen Großväter ausgesprochen hat. Wünschenswert ist eine Revolution nie, das gebe ich ohne weiteres zu, ich bin kein Revolutionsnarr, und sicher ist es gut, wenn die Verfassung eines Volkes allmähl;ich revolutionistisch fortschreiten kann; aber wenn eine Mehrheit des Volkes von den Rechten, die sie auf die Welt mitgebracht hat, durch eine gewälttätige Minderheit fern⸗ gehalten wird, dann entsteht ganz von selbst das Recht auf Revolution. (Beifall) Eine Ausführung des Herrn Abg. Kahl, dessen Rede ich sonst mit großem Vergnügen angehört habe, bat mie nament⸗ lich große Bedenken verursacht, die Behauptung, daß noch im Oktober eine nationale Verteidigung möglich gewefen sei. Stellen Sie sich doch gefälligst die Situation vor: Bulgarien war abgefallen, die Türkei folgte, der Zusammenbruch Oesterreichs war nur die Frage von Tagen, das italienische Heer wurde frei für die Westfront, die Ameri⸗ kaner schickten jeden Monat 300 000 Mann auf den Kriegsschauplatz, wie sollte da noch eine nationale Verteidigung möglich sein 2 Den Wunderglauben sollte man doch auch aus der Politik ausschalten. (Beifall.) Nun einige Worte an die Adresse des Herrn Abg. Traub: Er hat uns aufgefordert, keine Partei⸗ sondern staatsmännische Reden zu halten. (Sehr richtig! rechts.) Seine parlamentarische Erfahrung scheint gering zu sein, wenn er behauptet, früher wäre ein objektiver Ton von der Regiernug angeschlagen. Haben Sie vergessen, daß der Reihe nach fast alle Parteien als Reichsfeinde hingestellt wurden! (Zurxuf b. d. Soz.: Geschieht auch jetzt noch!) Es hat mir eine Enttäaschung bereitet, daß die Konservativen mit dem neuen Namen der deutsch⸗ nationalen Volkspartei nicht auch neue Anschauungen ange ommen haben. Von der „Kreuz⸗Zeitung“ verschwand sehr bald der Spruch; Mit Gott für König und Vaterland!“ (Rufe rechts: Durch eerrorismus!) Nein, ohne jeden Zwang, auch die „Deutsche Tages⸗ zeitung“ hat an ihrem Kepf die Worte: „Für Kaiser und Reich“ gestrichen. (Rufe rechts: Das haben die Spartakisten gemacht!) Das ist nicht wahr außerdem hälten sie längt Gelegenheit ge⸗ habt, den alten Satz wieder aufzunehmen. Ich will hier nicht vom Regierungstisch, sondern als Parteimann sprechen. (Rufe rechts: Wahlrede!) Weshalb bewerten Sie die Wahlrede niedriger als andere Reden? (Heiterkeit.) In keinem Lande sind die An⸗ hänger des Friedens tölpelhafter gewesen als bei uns die Alldeutschen. Wo in der Welt ist Gott dafür gedankt worden, daß ein Friedensangebot abgelehnt wurde? (Sehr richtig! bei der Mehrheit, Unruhe rechts.) Was das deutsche Volk ruiniert hat, das war der Dämon des Uebermuts. 1 daß im Hotel Adlon eine Verschwörung stattfand, um Zwiespalt zwischen der Obersten Heeresleitung und dem Reichskanzler hervor⸗ zurufen. (Hört, hört!) Herr von Graefe bekannte sich mit Stolz zu den Mitgliedern dieser Verschwörung. (Hört, hört!) Wie kann Herr Traub es da wagen, das parlamentarische System els minderwertig zu bezeichnen. (Sehr gur! bei der Mehrheit.)

Wir haben es erlebt,

Das Gottesgeschenk der russischen Revolution hat geudet, und das Schicksal Deutschlands war damit besiegelt. bei den U. Epz.: Mit Ihrer Hilfe!) Müssen Sie (zu den U. Soz.) den Alldeutschen noch sekundieren? (Zuruf bei den U. Spz.: Wir wohen nur die Wahrheit!) Graf Posadowsky hat die alte Verfassung gelobt, sie ist aber durch die Verwaltung in ihr Gegenteil umgekehrt worden. Die freiheitlichen Gesetze waren bedrobt und wäaren beseitigt worden in dem Augenblick, wo sie sich als ein Hindernis für die Aufrechterhaltung der Junker⸗ berrschaft herausgestellt hätten. Es ist mir sehr zweifelhaft, ob die Anhänger dieses alten Systems ihrer Partei den Namen einer Volks⸗ partei mit Recht geden können. (Sehr gut! links.) Es ist mir auch zweifelhaft, ob dieser Partei, die in der Prodüktion von Anträgen ja so fruchtbar ist, nicht vor der Annahme ihrer eigenen Anträge graut. (Sehr wahr! links, Unruhe rechts.) Zwei Wünsche habe ich für mein Volk, die Freude zum Leben und Mut. (Lebhafter Beifall b. d Mehrheit, Zischen rechts, erneuter verstärkter Beifall b. d. Mehrheit.)

Präsident Fehrenbach stellt um 7 Uhr an die Versammlung die Frage, ob noch die nächste Rednergarnitur heute zum Wort kommen soll. Die Presse werde aber kaum in der Lage sein, in so später Stunde noch eine geordnete Berichterstattung durchzuführen. Der Sitzungsschluß um 6 Uhr werde erst möglich sein, wenn die Abgeordneten einschließlich der Ministerabgeordneten so weit sind, ihre langen Gedanken in die kürzeste Fassung zu bringen. (Sehr gut!)

Abg. Schultz⸗Bromberg (Dnatl. Volksp.) bemängelt, daß der Minister Landsberg zwar außer der Reihe das Worl genommen, aber dann nach seiner eigenen Erklärung als Parteimann gesprochen habe. Dadurch würden die Rechte der Minderheit noch weiter verkürzt.

Reichsminister Landsberg: Ich habe nicht als Redner meiner Fraktion gesprochen. Meine Bemerkung bezog sich nur auf den einea Satz, den ich als Parteimann vorbrachte.

Um 7 ¼ Uhr beschließt das Haus, die Beratung sori⸗ zusetzen.

Frau Zietz (U. Soz.) führt, wiederholt von stürmischen Zurufen unterbrochen, Beschwende über angebliche Unfreiheit in dem mit einem Heerlager besegten Weimar, über die Behandlung politischer Gefangener, mit denen man wie mit Raubtieren umgehe, über Vergehen der Re⸗ gierungstruppen, über Eingriffe in die Versammlungsfreiheit. Aus⸗ führlich bebandelt sie die Bremer Vorgänge. Scharfe Angriffe richtet sie gegen den Reicheminister Noske und seine „Noske⸗Garde“. Heimat⸗ schutz und Grenzschutz bält sie für unnötig. Durch die Ausdehnung des Heimatschutzes store man nur die ruhige Entwicklung. (Großes Gelächter.) Wegen Bezeichnung des Eisernen Kreuzes als Blutmal erteilt ihr der Präsident Fehrenbach einen Ord⸗ nungsruf, dergleichen für ihre Schlußworte, nach der der Regierung das Kainsmal des Brudermordes aufgedrückt sei. Die Abgeordneten Dr. Cohn und Simon (U. Soz.), die zu diesen Worten „Sehr richtig!“ gerufen haben, erharten gleichfalls einen Ordnungsruf.

Reichswehrminister Noske: Die maßlosen Uebertreibungen und Verdrehungen der Vorrednerin haben meine am Sonnabend gegen die Spartakisten und die Unabhängigen getroffenen Feststellungen auch nicht in einem einzigen Punkte erschüttern können. (Allseitige Zu⸗ stimmung.)

Der Antrag auf Vermeisung der Kreditvorlage an einen Russchuß wird gegen die Stimmen der Rechten und der Un⸗ abhängigen abgelehnt.

Bei der sogleich folgenden zweiten Lesung der Kreditvorlage versucht

Abg. Bock⸗Gotha (U. Soz.), auf die Ausführungen des Reichs⸗ wehrministers über militärische Maßnahmen gegen den Ungehorsam eines Gotbaer Bataillons einzugeben.

Nach längerer Erörterung zur Geschäfts ordnung sher bie Zulässigkeit allgemeiner Aus führungen bei der zweiten Lesung erhält

Abg. Bock⸗Gotha (IUH. Soz.) das Wort zur Begründung des von seiner Partei gestellten Antrags, von dem greforderten Kredit 25 Milliarden zu streichen. Er führt aus, daß man der jetzigen Re⸗ gierung und ihrem Reichswehrminister eine soiche Summe nicht be⸗ willigen könne, und gidt eine ausführliche Schüderung der Vorgänge in Gotha. 8

Präsident Fehrenbach unterbricht ihn. (Abg. Dr. Cohn [U Soz.]: Das ist eine Vergewaltigung der Minderheit!)

Präsident Fehrenbach: Ich vergewaltige die Minderbeit nicht, lasse aber die Mehrheir nicht durch die Minderheit vergewaltigen! (Lebhafter Beifall.)

Reichswehrminister Noske führt den Unmut, die Verärgerung und das Mißtrauen der Gothaer Bevölkerung darauf zurück, daß in der schamlosesten Weise seit Wochen die Leute, die treu dem Lande dienen, von den Herren Haase und Genossen als Bluthunde ver⸗ schrien werden. Sie macht er für all das Blut verantwortlich, das jetzt noch vergossen wird. (Lebbafter Beifall, Lärm bei den U. Sez.) Gegen diese Art von Verhetzung, unter der unser Voik leide, werde sich die Regierung mit allen Kräften wehren.

Gothaischer Bevollmächtigter Dr. Loewengard wendet sich gegen die Ausführungen des Reschswebhrministers Noste und bestreitet, daß ein Grund zum Eingteifen von Regierungstruppen in Gotha vor⸗ handen gewesen sei. (Hört, hört! bei den U. Sez)

Reichsminister Erzberger: In wessen Auftrag hat dieser unbelannte Herr hier gesprechen? (Hört, hört! Lärm bei den U. Soz.) Die Reichsregierung hat vorgestern be⸗ schlossen, einen Vertreter von Gotha nicht anzuerkennen, da Gotha die in der Notverfossung enthaltenen Voraussetzungen für die Zu⸗ lassung nicht erfüht. (Sehr gut! bei der Mehrheit, großer Lärm und fortgesetzte Unterbrechung bei den U. Soz.)

Abg. Dr. Cohn (U. Soz,) sucht in längeren staatsrechtlichen Ausführungen die Rechtmäßigkeit des Auftretens von Dr. Loewen⸗ gard zu beweisen.

Präsident Fehrenbach: Der Herr hat sich ausgewiesen durch eine vom Reichsamt des Innern unter dem 9. Februar ausgestellte mkunde. (Hört! hört! bei den U. Soz.) Hätte ich den Beschluß des Reichsministerinmms gekannt, so hätte ich natürlich dem Herrn nicht das Wort Sehe en. Ich habe inzwischen für seine Entfernung aus dem Hause gesorgt. (Beifall.)

Reichsminister Erzberger wendet sich an der Hand der Ver⸗ fassung gegen Dr. Cohn. Der Wortlaut der Verfassung gebe der Reichsregierung ausdrücklich das Recht, so zu handeln, wie sie ge⸗ handelt hat.

Nach weiteren Ausführungen wird die Kreditvorlage unter Ablehnung aller Abänderungsanträge in zweiter und auch in dritter Lesung gegen die Stimmen der Unabhängigen und der Deutschnationalen Volkspartei verabschiedet.

Nächste Sitzung Freitag, 2 Uhr. (Anfragen, Diütengesetz,

man ver⸗ (Zuruf

Fortsetzung der allgemeinen Aussprache.)

Schluß gegen 10 Uühr. 8

Kunst und Wissenschaft.

In Halle a. Saale ist nach einer von „W. T. B.“*

der Staats⸗ und Kirchenrechtslehrer Geheimer Justizrat, Vhafefsor Dr. Edgar Löning am 20. Februar im 76. Lebensjahr gestorben. Er war am 14. Juni 1843 in Paris geboren, habilitierte sich 1869 in Heidelberg, war feit 1870 als Beamter im Elsaß, seit 1872 als außerordentlicher Professor an der Universität Straßburg tätig, gin 1877 als ordentlicher Professor der Rechte nach Dorpat, 1883 nach Rostock, 1886 nach Halle. seinen wissenschaftlichen Arbeiten seien hervorgehoben: „Die Verwaltung des General⸗ gouvernements im Elsaß“ (1874), „Geschichte des deutschen Kirchenrechts“

es

in Deutschland und Livland (1880), „Lehrbu

Shakespeare. bei der Mehrheit,

1

„Die Haftung des Staates aus rechtswidrigen „Die Befreiung des Bauern⸗ des deutschen

erwaltungsrechts“ (1884), „Die Gemeindeverfassung des Urchristen⸗ tums“ (1888), „Die Repräsen tativverfassung im 19. Jahrbundert (1899), „Grundzüge der Verfassung des Deutschen Reichs (1901), Die Gerichtsbarkeit über fremde Staaten und Souveräne“ (1903). In Gemeinschaft mit EConrad, Elster und Lexis gab Löning das bisher in 3 Auflagen erschienene „Handwörterbuch der Staatswissen⸗ schaften“ (7 Bände) heraus, auch war er Mitherausgeber der „Jabhr⸗ bücher für Nationalökonomie und Statistik“ und besorgte die 6. Auf⸗ lage von Bluntschlis „Allgemeinem Staatsrecht“ und „Allgemeiner Staatslehre (1885 und 1886).

Handlungen se’ner Beamten“ (1879),

Theater und Mufik.

Deutsches Opernhaus

Das Deutsche Opernhaus nahm gestern Mascagnis ein⸗ aktige Oper Cavalleriea rusticana“ in seinen Spiel⸗ plan auf Das vielgeg bene und als Schulbeispiel des veristischen Stils einst viel umstrittene Wert hat sich dauernd in der Gunst des Publikums behauptet und übie auch auf die Besucher des Deutschen Opernbauses die gewohnte zündende Wirkung aus. Zu⸗ naͤchst überraschte eine Neuerung. Das sonst in die Ouver⸗ türe einbezogene Ständchen wurde nicht wie üblich bei ge⸗ schlossenem Vorbang gesungen, sondern szenisch dargestellt. Man sah in der Dämmerung Alfios Fuhrhof, sah Turiddu mit seiner Laute unter Lolas erleuchtetes Kammerfenster treten und nach seinem Liede sich ins Haus schleichen. Vermittelst der Schiebebühne vollzog sich dann rasch der Ortswechsel zum Schauplatz der eigentlichen Handlung zwischen Mutter Lucias Schenke und der Kirche. Gegen diesen der Verdeutlichung der Erposition dienenden Einfall des Spielleiters Direktors Hartmann ist im Ganzen nichts einzuwenden, die Neuerung ist aber Bühnen, die über die technischen Mittel zu raschem und ge⸗ räuschlosem Szenenwechsel nicht verfügen, gewiß nicht zu empfehlen. uter den darstellenden Sängern ist Rudolf Laubenthal an erster Stelle zu nennen. Wie er äußerlich und im Spiel ein glaubhafter Turiddu war, fang er seine Partie, von einigen gepreßten Tönen bei dem Ständchen abgesehen, mit glanzvoll strahlender Tenorstimme. Mafalda Salvatinis Santuzza ist vom ehemals Königlichen Opernhause her schon bekannt. Gesanglich hat sich die Kuünstlerin im Laufe der Jabre ungemein vervollkommnet, darstellerisch ist sie aber nicht in dem gleichen Maße gewachsen; der Ausdruck der Leidenschaft war bei ihr gestern nicht recht glaubwürdig. Als dritter im Bunde ist Franz Reisinger zu nennen, dessen aus⸗ giebiger und wohlklingender Bariton der Partie des in seiner Ehre beleidigten Fuhrmanns Alsio sehr zu statten kam. Herta Stolzenbergs anmutige Lola und Paula Webers würdige Mutter Lucia vervollständigten die Reihe der vortrefflichen Solisten. Auch der Chor verdient mit Anerkennung genannt zu werden, ebenso das Orchester unter der Leitung des Kapellmeisters Waghalter, der nur auf die Singstimmen mehr Bedacht nehmen sollte. Auf die italienische Oper folgte Julius Bittners

unlängst gewürdigtes einaktiges Singspiel, Das höllisch Gold“

in der Besetzung der Erstaufführung. 8.

Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.

München, 21. Februar. (W. T. B.) Heute vormittag wurde der Ministerpräsident Eisner auf dem Wege vom Ministerium des Aeußern nach dem Landtagsgebäude in der Prannerstraße vom Leutuant Grafen Arco⸗Valley durch zwei Kopfschüsse von hinten getötet. Der Täter wurde darch einen Posten schwer verletzt und liegt im Sterben.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.]

Theater.

Opernhans. (Unter den Linden.) Sonnabend: 51. Dauer⸗ zugsvorstellung. Dienst⸗ und Freiplätze sind aufgehoben. Der Freischütz. Romantische Oper in drei Abteilungen (zum Teil nach dem Voltsmärchen „Der Freischütz“) von F. Fäind. von Carl Maria von Weber. Musikalische Leitung: Dr. Fritz Stiedry. Spielleitung: Karl Holy. Anfang 7 Uhr.

Schanspielhaus. (Am Gendarmenmarkt.) Sonnab.: 53. Dauer⸗ bezugsvorstellung. Dienst⸗ und Freiplätze sind aufgehoben. Othello, der Mohr von Venedig. Trauerspiel in fünf Aufzügen von Spietleitung: Dr. Reinhard Bruck. Anfang 8 hr.

Sonntag: Opernhaus. 241. Kartenreservesatz. Der Dauer⸗ bezug, die staͤndig vorbehaltenen sowie die Dienst⸗ und Freiplätze sind aufgehoben. Nachmittogs: Die Meistersinger von Nürnberg. Oper in drei Akten von Richard Wagner. I. und II. Akt. Anfang 3 Uhr. Abends: Die Meistersinger von Nüruberg⸗ Oper in drei Akten von Richard Wagner. III. Akt. Anfang 7 ½⅛ Uhr.

Schauspielhaus. Nachmittags: 195. Kartenreservesatz. Der Dauerbezug, die ständig vorbehaltenen sowie die Dienst⸗ und Frei⸗ plätze sind aufgehoben. 4. Volksvorstellung zu ermäßigten Preisen: Die Judasglocke. Anfang 2 Uhr. Abenbs: 54. Dauer⸗ bezugsvorstellung. Dienst⸗ und Freiplätze sind aufgehoben. Die Kreuzelschreiber. Bauernkomödie mit Gesang in drei Akten (6 Bilder) von Ludwig Anzengruber. Spielleitung: Albert Patry. Anfang 7 Uhr. 1A11A2A“

Familiennachrichten.

Verlobt: Frl. Edith Cochlovius mit Hrn. Amtsrat Karl Bedau (Schönwald O. S. Bürgsdorf bei Konstadt O. S.). Frl⸗ Erika Jaenisch mit Hrn. Landrat Roland Brauweiler (Wölfels⸗

gsrund-—Lublinitz O. S.).

Geboren: Ein Sohn: Hrn Nicolaus Frhrn. von Korff (z. Zt. Wilbelmsthal, Südwestafrika).

Gestorben: Hr. Rittergutsbesitzer Arthur Scheffler (Kauernik).

Verantwortlicher Schriftleiter: Direktor Dr. Tyrol, Charlottenbura⸗

Verantwortlich für den Anzeigenteil: Der Vorsteher der Geschäftsstelle, Rechnungsrat engerinag in Berlin. .

Verlan der Geschäftsstelle Mengerina) in Berlin. Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlassanstallk,

Berlin, Wilhelmstraße 82.

Zehn Beilagen (einschließlich Börsenbeilage und Warenzeichenbeilage Nr. 15).

11““ 11u1“ 8 6 8*

2.

[[11“

und Wilhelmshaven herrscht Ruhe. findet sich noch in Bremen und wird dort voraussichtlich noch

Aichtamtliches. Hessen.

In der gestrigen Sitzung des Volkskammer wurde der wurf der Notverfassung für Hessen mit dem Antrage der deutschen Volkspartei auf die Wiedereinführung des Re⸗ ferendums, wie „Wolffs Telegraphenbüro“ meldet, mit allen gegen die Stimmen der Unabhängigen Sozialdemokraten an⸗

genommen. Da nach dieser Notverfassung der Ministerpräsident

von der Volkskammer zu wählen ist, gab nach der Annahme er Vorlage Ministerpräsident Ulrich folgende Erklärung ab: „Ich erkläre nunmehr namens der Regierung, daß wir unsere Kemter in Ihre Hand zurücklegen.“ Der Abgeordnete Reh beantragte darauf, die Regierung zu ersuchen, die Ge⸗ schäfte des Landes bis zur Neuwahl weiterzuführen. Das

Sane beschloß, ein derartiges Ersuchen an die Regierung zu lichten.

Bremen.

Der Abmorsch größerer Teile des Landesschützen⸗ korps von Roeder (früher Gerstenberg) hat nach „Bös⸗ manns Telegraphenbüro“ seit vorgestern abend begonnen, da die Ruhe und Ordnung in Bremen als gesichert gilt. Im Laufe des gestrigen Morgens besetzte das Korps Teile von

ilhelmshaven, Rüstringen und weitere Jadeplätze. In Jever Ein Teil des Korps be⸗

Oesterreich und Ungarn. 8

Ueber die zwischen deutsch⸗österreichischen und unga⸗ rischen Regierungsvertretern bezüglich der Währungs⸗ frage abgehaltenen Besprechungen erfährt die „Neue Freie Presse“, daß in den wesentlichen Punkten eine Ueber⸗ einstimmung erzielt wurde. Aber ein Gegenseitigkeits⸗ übereinkommen, wonach die Kronennoten nach der Ab⸗ stempelung in den beiderseitigen Staatsgebieten freien Umlauf haben sollen, wurde nicht beschlossen. Nach Durch⸗ führung der Abstempelung wird das Umlaufsgebiet der in Deutsch⸗Oesterreich abgestempelten Noten auf Deutsch⸗Hesterreich und däas Umlaufsgebiet der in Ungarn abgestempelten Noten auf Ungarn beschränkt. Den Noten würde in dem anderen Staat die Zahlkraft versagt bleiben. Ein übereinstimmendes Vorgehen wurde jedoch in der Frage der Abstempelung erzielt, und es wurden gemeinsame Grundsätze für den Wertpapier⸗ verkehr festgestellt und Erleichterungen für den Ausgleichs⸗ verkehr in Waren vereinbart.

1“ b1“

Großbritannien und Irland.

Wie „Reuters Büro“ erfährt, hat der Ministerpräsident Lloyd Georg die dringende Aufforderung erhalten, nach Paris zu kommen. Er wird heute vormittag in einer Berg⸗ arbeiterversammlung eine Ansprache halten und unmittelbar darauf nach Paris abreisen.

In der vorgestrigen Unterhaussitzung wurde mit⸗ geteilt, daß bisher von Deutschland ausgeliefert wurden alle schweren und alle Feldgeschütze, alle Maschinengewehre, Lauf⸗ grabenmörser und Flugzeuge, 4065 Lokomotiven an Stelle von 5000, 126 836 Waggons an Stelle von 150 000 und 1276 Motorwagen.

Einer Reutermeldung zufolge erklärte Churchill in einer im Mansion House in London gehaltenen Rede:

Es würden Maßregeln getroffen, um es für Deutschland unmöglich zu machen, während dieser Generation einen Revanchekrieg zu führen. Um ein Wiederaufleben des Krieges zu verhüten und um die Zahlung der Wieder⸗ gütmachung sicherzustellen, sei es notwendig, eine Zeit⸗ lang am Rhein eine starke und gutdisziplinierte Wehr zu halten. Diese Wehr könnte nicht auf der Grundlage des Freiwilligensystems aufgestellt, sondern nur durch Dienstpflicht geschaffen und aufrechterhalten werden. Es be⸗ stehe die Absicht, während des Jahres 1919 ungefähr 900 000 Mann unter den Waffen zu behalten. Deutschland tönne nur zahlen, wenn sein wirtschaftliches Leben sichergestellt werde. Dazu setze man es nicht in die Lage, wenn man auf seine Aushungerung durch die Blockade vertraue.

Das Unterhaus hat neue Geschäftsordnungs⸗ hestimmungen angenommen. Hauptändsrungen sind die Ueberweisung aller Gesetzentwürfe an Ausschüsse und die Be⸗ schränkung der Aussprache im Hause auf die Fragen grund⸗

fätzlicher und zwesentlicher Art.

Frankreich.

In der Deputiertenkammer erklärte der Vizepräsident Monestier gestern, daß der Mordversuch gegen Clemen⸗ ceau im Lande schmerzlich berühren werde. Er drückte den Wunsch aus, daß Clemenceau bald wiederhergestellt werde, und richtete an ihn den Ausdruck tiefer Verehrung, die Frankreich für ihn hege, der, nachdem er gewaltig zum Siege beigetragen, so Großes für einen der Opfer würdigen Frieden geleistet habe. Renaudel erklärte im Namen der Sozialisten, daß er, obwohl Geaner der Politik Clemenctaus, sich den Worten des Präsi⸗

denten anschließe, denn die Sozialisten vergäßen nicht, daß einer

der ihrigen zu Beginn des Krieges gefallen sei.

Belgien.

Die Regierung hat einem Amsterdamer Blatte zufolge beschlossen, der niederländischen Regierung zu antworten, daß sie nicht die Absicht habe, etwas zu unternehmen, was die

guten Beziehungen zwischen Belgien und den Niederlanden stören

önnte. 1 Pänemark. 8 Der Reichsverweser von Finnland, General Manner⸗ heim, ist gestern, vom König zum Bahnhof geleitet, von Kepenhagen nach Finnland abgereist. 8

1“ C1“

schmid haben die erbitterten Arbeiter die Banden

MNporwegen. .“

Die Regierung Knudsen ist umgebildet worden. Es sind drei neue Mitglieder eingetreten. Verteidigungsminister ist ein Zivilift.

Amerika.

Das amerikanische Repräsentantenhaus hat nach einer Reutermeldung die Heeresvorlage im Betrage von über einer Milliarde angenommen, wodurch die freiwillige Rekrutierung für die Friedensarmee auf 175 000 Mann be⸗ schränkt wird.

Wie das amerikanische Kriegsamt erfährt, sind acht deuische Dampfer, darunter der „Imperator“, den Ver⸗ einigten Staaten für den Truppentransport aus Frankreich überwiesen. Die Schiffe werden jetzt in Hamburg hs von 50⸗ bis 60 000 Mann monatlich her⸗

Statistik und Volkswirtschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Die allgemeine Lage im Ruhrrevier ließ, wie „W. T. B.“ mitteilt, auch gestern erkennen, daß die Masse der Bergarbeiter von einem Generalausstand nichts wissen will. Von den 250 Schachtanlagen sind nur 100 von dem Ausstand betroffen. Es feierten in der Mittagsschicht am Mittwoch etwa 50 000, in der Nachtschicht etwa 15 000 und in der gestrigen Morgenschicht etwa 70 000 Arbeiter. Die Höchstzahl der Ausständigen hat etwa 5 vH der Gesamtbelegschaft betragen. Dabei ist zu berück⸗ sichtigen, daß der weitaus größte Teil der Feiernden durchaus arbeits⸗ willig war, sich jedoch in Ermangelung jeglichen Schutzes dem von wenigen meist nicht zur Belegschaft gehörenden Spvartakisten aus⸗ G Zwang gefügt hat. Auf vielen Zechen hat die von der

elegschaft vorgenommene geheime Abstimmung ergeben, daß ent⸗ weder niemand für den Ausstand war, wie anf der Zeche „Roland“, oder unr einzelne Leute. Nach Mitteilung der Arbeiter⸗ presse ist wohl auf keiner Zeche eine Mehrheit für den Ausstand. Auf der Zeche „Sälzer⸗Neuack“ stimmten beispielsweise von der gesamten Belegschaft nur 2 Mann, auf der Zeche „Engels⸗ burg“ 10 Mann, auf „Julius Philipp“ 4 Mann für den Ausstand. Diese Beispiele ließen sich noch beliebig vermehren. Das Organ des Essener Arbeiter⸗ und Soldatenrats, die „Essener Arbeiterzeitung“, richtete jüngst in einem Aufruf an die Bergarbeiter die Aufforderung, egen die dunklen Existenzen, die an den Streifzügen von Zeche zu Zeche Gefallen finden, den Weg der Selbsthilfe zu beschreiten. „Bergleute, wehrt euch gegen das Gesindel!“ so heißt es in dem Aufruf. „Auf dem Schacht „Hubert“ und bei der Firma Gold⸗ mit Hacken⸗ stielen und Eisenstangen verdroschen, daß sie das Wieder⸗ kommen vergessen werden. In dem gleichen Sinne schreiben die „Bergarbeiterzeitung⸗ und der „Bergknappe“. Auch das sozialdemokralische „Bochumer Volksblatt“ bedauert, daß sich Tausende von Arbeitern von einer Hand voll Terro⸗ risten vergewaltigen lassen. Wenn die Bergleute, der Auf⸗ forderung der Arbeiterpresse folgend, sich gegen die Eindringlinge zur Wehr gesetzt haben, wie jetzt auf den Zechen „Prinzregent“ und „Julius Philipp“, haben sie ihrer Arbeit ungestört nachgehen können. Auf der Zeche „König Ludwig“ in Recklinghausem hat ein Teil der Belegschaft von dem Leiter der Zeche durch die Drohung mit sofortiger Zerstörung der Werk⸗ anlagen, der sich auch der Arbeiterausschuß angeschlossen hat, Lohnzugeständnisse erpreßt. Ein von der Belegschaft gewählter Siebener⸗Ausschuß soll nach eigenem Ermessen die Beamten⸗ wohnungen auf Lebensmittel untersuchen. Auf der Zeche „Zoll⸗ verein“, auf der der Ausstand nach 14tägiger Dauer am Samstag beendet war, ist die Belegschaft durch die spartakrstische Minder⸗ heit gegen den Willen der großen Mehrheit an der Anfahrt mit Waffengewalt verhindert worden. Die Abends angefahrene Nacht⸗ schicht wurde anl der Ausfahrt verhindert, die Leute sind bis zum Mittag noch nicht aus der Grube herausgelassen worden. Ein Be⸗ triebsführer ist bei Verweisung der Spartakisten aus dem Kesselhaus durch zwei Schüsse schwer verletzt worden. Tsie Direktoren haben wegen schwerer Bedrohung seit fast drei Wochen ihre Wohmungen und Büros nicht mehr betreten können. Falls die angedrohte Still⸗ legung der Kessel erfolgt, ist das Ersaufen der (Prube unvermeidlich. ““ der Löhne ist wegen Beraubungsgefahr in Frage gestellt.

Der Ausstand der Angestellten in den Berliner Versicherungsgesellschaften ist, wie der „Berl. Lokal⸗ Anz.“ mitteilt, vor dem Einigungsamt am Donnerstag nach mehreren Sitzungen gütlich mit einem Schiedssprudh, den beide Par⸗ teien angenommen haben, beendet worden.

Die Arbeit in den Düsseldorfer Bekrieben ruht, wie „W. T. B.“ meldet, fast vollständig. Selbst ganz kleine Be⸗ triebe werden mit Waffengewalt an der Weiterarbeit behindert. Der Vollzugsrat beschloß in seiner Sitzung am 19. d. M., den Arbeits⸗ losen, die am Kampf gegen die Regierungstruppene teilnehmen, die Unterstützung weiter zu zahlen. Die Familien der Kampfteilnehmer erhalten Kriegsunterstützung. Die Arbeitgeber und die Firmen sollen gezwungen werden, den Lohn für die Ausstandstage auszuzahlen. In einer Versammlung wurde mitgeteilt, daß die Spartakisten beabsichtigen, in der Rheinischen Metallwaren⸗ Fabrik Munition herstellen zu lassen.

Aus Gotha wird dem „W. T. B.“ gemeldet: Zwischen dem Kommando der Regierungstruppen und den A.⸗ und Räten finden Verhandlungen statt. Die Räte haben einen Teil ihrer Machtbefugnisse abgelegt, doch weigern sie sich, zurück⸗ zutreten. Der allgemeine usstand wurde durchgeführt. Die Stadt ist ohne elektrisches Licht und Kraft. Auch die Bäcker sind ausständig. In der Stadt herrscht Ruhe.

Nach einer von „W. T. B.“ übermittelten Reutermeldung aus London wurde das Ergebnis der Abstimmung der Berg⸗ arbeitervereinigung von Südwales gestern bekannt⸗

egeben. Danach erklärten sich 32 909 Bergleute für den 8 usstand, 7990 dagegen.

In Belfast kann, wie „W. T. B.“ nach Reuter meldet, der Ausstand im Schiffbau als bereits beendet angesehen werden, nachdem die Maschinisten und Kesselmacher, deren Zahl 16 000 beträgt, beschlossen hatten, mit dem gestrigen Tage die Arbeit wieder aufzunehmen.

Mannigfaltiges. Auf der Tagesordnung der gestrigen letzten Sitzung der

Berliner Stadtverordneten vor der Neuwahl stand u. a.

eine Vorlage über Anstellung von 20 Schulschwestern und je einem

Generalkommando

K.

Facharzt für Augen⸗, Ohren⸗ und Nervenleiden zum Zwecke der schulärztlichen Fürsorge in den Gemeinde⸗ schulen auf der Tagesordnung. Die Vorlage wurde angenommen Ferner lag der Versammlung eine Magistratsvorlage über die Ge⸗ währung eines Gehaltszuschlags an diestädtischen Beamten, Lehrpersonen und dauernd Angestellten in Höhe von 1200 zur Be⸗ schlußfassung vor. Die hierzu nötigen Mittel erreichen die Höhe von 18 Millionen Mark. Auch diese Vorlage wurde ange⸗ nommen. Nach Erledigung der Tagesordnung nahm der Oberbürger⸗ meister Dr. Wermuth zu einem Abschiedsgruß an die Versamm⸗ lung und an den seit funfzig Jahren im Chrendienst der Stadt stehenden Stadtverordnetenvorsteher Michelet das Wort. Nach ihm sprachen der Vorsteher und die Vertreter der einzelnen Fraktionen.

Der Garde⸗Kapallerie⸗Schützendivision ist von der Regierung die Durchführung der Entwaffnung im Bezirk Groß Berlin übertragen worden. Unter Bezugnahme auf den Erlaß des Ministeriums des Innern 11 a 1968 vom 20. Dezember 1918 zahlt die Division an Personen, die in unrechtmäßigem Besitz befindliche Schußwaffen ꝛc. so anzeigen, daß die Beschlagnahme durch⸗ geführt werden kann, folgende Belohnungen aus: Für ein Gewehr 5 ℳ, für einen Revolver oder Pistole 5 ℳ, für ein 2 Naschinengewehr 50 ℳ, für eine Handgranate 0,70 ℳ, für Geschütze, Panzerkraftwagen und deraleichen eine entsprechend höhere Belohnung. Die letzten Durch⸗ suchungen haben ergeben, daß sich eine große Menge von Schuß⸗ waffen immer noch im Besitz Unbefugter befinden. Bevor diese Waffen nicht völlig erfaßt und den unsicheren Elementen abgenommen sind, ist eine dauernde Sicherung von Ruhe und Ordnung nicht möglich. (W. T. B.) ““

Münster, 20. Februar. (W. T. B.) Der Kommandierende General Freiherr von Watter gibt bekannt: Mit Genehmigung der Reichsregierung wird bestimmt, daß im Bezirk des 7. Armee⸗ korps die Bahnhofsbewachung ausschließlich von den Eisenbahndienststelien und solchen mili⸗ tärischen Wachen ausgeführt wird, die ausdrücklich vom hierzu eingesetzt sind. Die vielfach noch auf den Bahnhöfen besindlichen wilden Sicherheitswehren sind von den genannten Behörden und Dienststellen von den Bahnhöfen zu entfernen. Für etwa notwendige Bewaffnung des waffenkundigen Eisenbahnpersonals wird das Generalkommando Sorge tragen. Die Eisenbahndirektionen und die Linien⸗ kommandanturen sollen zusammenwirken mit Gewerkschaften und Vereinen, um die nötigen Maßnahmen im einzelnen zu treffen. Ferner teilt das Generalkommando mit: Der Bezirkssoldatenrat Gelsenkirchen hat in der Nacht vom 19. zum 20. Februar fünf Haupträdels⸗ führer der Spartakisten verhaftet und zur 13. Division abgeliefert. Die Sicherheitswehren sind noch nicht ganz von Unabhaͤngigen gereinigt. Die Zechen sind zum Teil über⸗ rumpelt; zurzeit Heee Ruhe. Um 10 Uhr Vormittags sollten Bahnhof und Polizeigebäude von den Regierungstruppen gestürmt werden. Die Spartakistenmitgliederverzeichnisse sind mit Beschlag belegt. Das Nest ist gesäubert. Dank energischen Zu⸗ greifens des A.⸗ und S.⸗Rats und der Schutzmannschaften ist es ge⸗ lungen, großes Unheil zu verhüten.

Wesel, 19. Februar. (W. T. B.) Zwei Transporte Zivilgefangener von rund 1100 Personen trafen letzte Nacht hier ein. Sie waren zehn Tage von London unterwegs. Bei der Ankunft in Antwerpen waren fünf Personen gestorven, da⸗ von blieben vier in Antwerpen und eine in Rotterdam zurück. Ferner mußten in Antwerpen 18 nicht transportfähige Schwerkranke zurückbleiben. Bei der Ankunft in Wesel mußten fünf Per⸗ sonen ins Krankenhaus und acht in ärztliche Behandlung ge⸗ geben werden. Die Ortsgruppe Wesel für Kriegs⸗ gefangenenschutz richtele aus diesem Anlaß nachstehen⸗ des Telegramm an die Nationalversammlung in Weimar: „Bei den hier eingetroffenen, in England interniert ge⸗ wesenen Deutschen wurden außer 18 Schwererkrankten fünf Tote uberbracht. Diese überaus traurigen Fälle wurden hervorgerufen durch Entbehrung und Mangel an irgendeiner Schlafgelegenheit bei einer zehntägigen Ueberfahrt von England nach Rotterdam. Die Ortsgruppe Wesel ersucht die Nationalversammlung dringend, keinerlei Mittel und Wege unversucht zu lassen, der aller Menschlichkeit

spottenden Behandlung unserer Gefangenen durch baldmögliche Rück⸗ kehr ein Ende zu machen.“

München, 20. Februar. (W. T. B.) Zu dem gestrigen Putschversuch meldet die „Bayerische Staatszeitung“ noch: Da die hiesige Garnison in Erfahrung gebracht hatte, daß in der Pionierkaserne sich unlautere Elemente befinden und daß von dort der gestrige Putschversuch ausging, an dem sich unter Führung des Feldwebels Krauß auch Pioniere beteiligten, wurde heute nach⸗ mittag von Kasernenratsmitgliedern anderer Truppenteile verlangt, daß Krauß entfernt werde. Als sich die Kasernenratsmitglieder in die Kaserne begeben wollten, wurde auf sie blind geschossen. Die Kasernenratsmitglieder verständigten sofort die Polizei, die 600 Mann republitanische Schutzgarde nach der Pionierkaserne schickte. Die Schutzwache umstellte das Gebäude, auch wurde eine Batterie Artillerie alarmiert, die von dem Wäldchen auf Oberwiesenfeld aus mehrere Kartätschenschüsse auf die Kaserne abgab. Daraufhin ergaben sich die Insassen der Kaserne und begannen Verhandlungen. Die Pioniere erklärten, daß sie sich auf die Seire der Regierung stellen würden. Der Aufenthalt des Feldwebels Krauß konnte bis jetzt noch nicht ermittelt werden. Um den zahlreichen Gerüchten über die Herkunft der baye⸗ rischen Makrosen bei den Vorgängen am 19. Fe⸗ bruar in München zu begegnen, teilt das Ministerium für mili⸗ tärische Angelegenheiten mit, daß es sich bei den fraglichen Matrosen lediglich um solche bayerischer Abstammung handelt, die dem jährlich von Bayern zur Reichsmarine zu stellenden Kontingent angehören. Wie die „Neue Zeitung“ meldet, ist der Nrinz Joachim von Preußen, der mit seiner Gemahlin gestern hier festgenommen wurde, an den gestrigen Vorgängen nicht beteiligt. Er wird unter Bedeckung über die Grenze nach Preußen abgeschickt verden.

Hof, 20. Februar. (W. T. B.) Bei einer Kundgebung wegen der Nahrungsmittel⸗ und Kohlennot zogen gestiern Soldaten und Arbeitslose zum Rathause, holten den Obzerbürgermeister Neupert heraus, der gefesselt im Zu ge mitgehen mußte, und schleppten beim „Hofer Anzeiger desß 8 Hauptschriftleiter mit fort. Beim Oberbürgermeister

hie st die Menge Haussuchung nach Nahrungsmitteln, aber vergebens.

20. Februar. (W. T. B.) Die Neue Babd'ische Landeszeitung“ schreibt, daß die pfälzische Re⸗ gie rung im Einvernehmen mit den franzoͤsischen Be⸗ haär den Bestimnungen über Beschlagnahme der Weine und Festsetzung von Höchstpreisen erlassen har. Danach

Mannheim,

8. 8 11“ 1“