1919 / 52 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 03 Mar 1919 18:00:01 GMT) scan diff

hatten und die dann, als die Reklamierten „aus kämmt“ wurden, durch ihre Miesmacherci den Zusammenhruch he beiführen halfen. An dem Banknotenschmuggel nach dem Ans and sind vor⸗

naehmlich Elemente beteiligt, die während des Krieces us Polen

vd Galizien eingewandert sind und die sich in Berlin im so enannten Scheunenviertel eine Art Zentrale für ihre unsaubere Ges häfte be⸗ ründet hbaben. Diese findigen Händler, die für einer Taus ndmark⸗ chein 1200 zablen, sind gewiß alle Anhäͤr ger der Repub ik, denn sie ha en unter dem neuen Regime viel weniger ihre Ausweisung zu befürchten als unter dem alten, aber in geschäftlichen Dingen scheinen sie doch ker Republik nicht recht zu trauen, denn sie bevoczugen die Banknoten, die noch den rolen Stempel von der alten Regterung tragen. Das schmutzige Gewerhe, dos diese Leute betreiben, bedeuten eine große Gefahr für das Deutsche Reich, denn im Auslande werden diese Banknoten gesammelt und der Reichsbank zur Einlösung pra sentiert. Die Regierung sollte allgemein diesen aus dem Osten ein⸗ gewanderten Elementen ihre besondere Aufmerksamteit zuwenden. (Beifall rechts.) 1 1 Abg. Düwel!l (U. Soz.): Mit dem wirtschaftlichen Zweck der drei Gesetzenwürfe sind wir einverstanden. Wir sind auch uͤberzeugt, daß die Regierung nicht beabsichtigt, die Einsi gelung von Wert⸗ papferen, Schriften und Drucksachen weiterhin zu einer milftärisch⸗ politischen Zensur zu mißbrauchen, wie dos unter dem alten System geschehen ist, wo segar die Ausfuhr der Marxbiog aphie von Franz Mehring verboten war. Da aber die Gefahr besteht, daß Ver⸗ waltungsbehörden weiter solchen Mißbrauch treiben können, bilten wir um eine zu dieer Frage. Gebeimrat Sämisch vom Reichsschatzamt: In der Verordnung eird ausdrücklich gesagt, daß die Ueberwachung sich nicht auf mili⸗ jär sche oder politische Angelegenheiten erstrecken darf. Die ganze Organisation schließt es aus, daß ein Mißbrauch der Kontroll⸗ gewalt vorkommen kann. Seitens der Zeitungsverleger wird die Be⸗ sorgnis geäußert, daß die rigorose Anwendung ter Bestimmungen eine Erschwerung des Zeitungsversandes nach dem Ausland herberführen konnte. Demgegenüher kann ich erklären, daß die Regierung die Prüsung von Ducksachen und Zeitungen nur zu dem Zwecke vornimmt, um eine E leichterung der Kapitalflucht nach dem Auslande zu ver hindern. Diese Kontrolle bezieht sich im allgemeinen nicht auf die Zeitungen die vom Verlag in Ballen ins Ausland geschickt werden Das Fianzministerium wird prüfen, inwieweit der Versand vor Zeitungshallen über die Grenze erleschtert werden kann. Man könnte vielleicht die Stellen, die die Zeilungen in Ballen verschicken, selbst mit der Einsiegelung beauftragen. Oone meit re Debatte werden die drei Gesetzentwürfe in allen drei Lesungen angenommen.

Die Abag. Löbe (Soz), Gröber (Zentr.) und von Payer (Dem) beantragen die Annahme eines Gesetz⸗ entmwurss, der die Reicheregierung ermächtigt, während der Tagung der Nationalversammlung diejenigen wirtschoft⸗ lichen und frnanziellen Maßnahmen mit gesetzlicher Wirkung anzuordaen, die sich zur Durchführung der mit den Gegnern des Deutschen Reichs vereinbarten Waffenstillzandsbedingungen als notwendig er⸗ weisen. Diese Verordnungen sind der Nationaloersammlung alsbald zur Kenntnis zu bri gen und auf ihr Vertangen auf⸗ z heben. Das Gesetz soll mit dem Tage seiner Verkündung in Kraft treten.

Der Gesetzentwurf mwird ohne Dehatte in allen drei Lesungen angenommen, ebensg die Vorlage zum Schutze gegen die Folgen der Verkehrserschwerung (Ver⸗ lännerung von Zahlungsfristen, Eirstellung der Zrangsvoll⸗ streckung, wenn intolge der Verkeh serschwerung durch deie Oitk potion die Lage des Schuidners wesenllich verschfechtert ist)

Es folgt die erste Lesung dee Gesetzentwurfs, noch dem für Leistungen, die in dem von den feindlichen Heeken besetzten Reichsgebiet außer Elsaß⸗Lothri gen gemäß den Waffenstillstandeverträgen für den Unterhalt der feindlichen Besatzungetruppen oder auf G und ven Requisitonen bewirkt worden sind, Vergütung gewährt werden soll.

Abg. Falk (D. Vp.): Der Entmurf füllt eine im befetzten Ge biet sehr unangenehm em pf ndene Luücke aus, und wir sind deshalb der Regierung dafür außerordentlich dankbar,. Da die Anforderungen der se ndlichen Heere nach Quantität und Qualität sehr verschieden si d, sellte nech eiwogen werden, ob nicht den Gemeinden oder Bürger⸗ meistereien in dringenden Fallen und bei besonderer Leistungsschwachheit aus der Reschskosse Vo schüsse zu gewöhren wären.

Abg Forwick Zentr.) schließt sich dem Dank des Vorredners an, hät aber dessen Anregung veireffs Schaffung einer Vorschuß⸗ möglichkeit für unzweckmäßig, da damu das Gegenteil des Gewohten erreicht werden würde. Auch unter der neuen Regieruag setze der alte Amtsschimmel seinen gemächlichen Trott fort und ehe der Antrag des Gemeindevorstehers einer kleinen Gemeinde alle Stadien vom Bürgermeister bis zum Ministerien durchlaufen habe, sei die feindliche Besatzung längst wieder weg. Die Vorlage werde allen billigen Wünschen gerecht, und ihre baldige Verabschiedung ser driaglich.

Geheimrau Sämisch bhittet gleichfalls um unperänderte An⸗ nahme und erklärt die Auf ahme einer b sonderen Bestimmung über Vorschußleistungen füär unnötig. Die Reichsfinanzverwaltung erkenne ihre Verpflichtung in dieser Hinsicht ohnedies an und habe bereits auf dem Wege über den Einzelstaat von sich aus in soschen Fällen Mittel zur Verf gung gestellt, deren Unterverteilung auch keineswegs schleppend gewesen sei.

Abg. Obler (Dt. ntl): Auch ich begrüße mit Freuden, daß man den schwerbedrängtsen Mitbürgern im Westen zu Hilfe kommen will. Hoffentlich werden die Bestimmungen dieses Gesetzes auch für unsere bedrängten Brüder im Osten Anwendung finden. Ungeheure Opfer legt uns die Willtür der Polen auf. Ich selbst habe ein Opfer im Werte von 60 000 bringen mössen. Alles ist mit fort⸗ genommen worden, auch nicht ein Stück Mobiliar hat man mi gelassen (Bewegung) und so wie mir geht es Kunderttausenden deutscher Mitbürger. Durch diese Vorlage winkt uns ein Hoffnungs⸗ strahl, daß wir doch nicht wirtschaftlich ganz zu Grunde gerichtet werden. (Beifall.)

Abg Meerfeld (Soz.) dankt ebenfalls für die Einbringung der Vorlage und bitiet die Regierung, ungesäumt alles in ihren Kräften Siehende zu tun, um die schwere Last von dem Volke zu nehmen.

Reichsminister des Innern Dr. Preuß: Das vorliegende Gesetz findet unmittelbar auf unsere Ostlande keine Anwendung; dennoch hat der Vorredner recht, daß für die leidenden Gebiete auch im Osten alles wird gescheben müssen, was in den Kräften des Reiches liegt, um die dort Geschädigten nach Möglichkeit schadlos zu halten. Aber das wird Gegenstand einer besonderen Vorlage sein.

Hierauf wird die Vorloge ir zweiter und auch sofort in dritter Lesung einsimmig ansenommen Es folgt die driite Beratung des Entwurfs eines

Uebergangsgesetzes. Hierzu liegt ernent ein Antrag Schiele (Dt⸗ntl.) vor, der die Frist von 3 Monaten, innerhalb deien die Nationalversammlung das Außerkraft⸗ treten von Verordnungen beschließen kann, streichen will.

Em Antrag der Abgg. Graf von Posadowsky und Genossen (Dt vatl. Vp) ersucht die Regierung, die Verordnung über die Wahl der Vorstandevorsitzenden bei den Ortokrankenkassen und über die Kassenangestellten vom 5. Februar, ferner die Verordnung öͤber die Krankenversicherung vom 3 Februar 1919 sowie die Berordnung über die Sicherung der Acker⸗ und

Gartenbestellung vom 4. Februar 1919 dem Aueschuß für die Prüsung der Verordnungen zur schleunigen Beratung ind Berichterstattung zu überweisen. Abg. Schneider⸗Sachsen (Dem.) bemängelt die kurz vor Zu⸗ sommentritt der Nasionalversamm lung vom Rat der Volksbeauftragten rlassenen Verordnungen zur Reicksversicherungsordnung. Die Ge⸗ flogenheit, die in den letzten Wochen eingerissen sei, daß man solche schneidenden Verordnungen erlasse, ohne die Beteiligten zu hören, ntipreche nicht einem demokratischen Zustand. (Sehr richtig! rechts und bei den Dem.)

Abg. Dr. Roesicke (Dt.nat. Np.): Viele der Verordnungen aus letzter Zeit tragen einen rein politischen Chorakter. Besondere Auf⸗ merksamkeit verdient die Verordnung über die Sicherung der Acker⸗ und Gartenhestellung. Man ist sich im deutschen Volke über die Schwierigk it unseres Ernöhrungswesens immer noch nicht im haren, onst würde man ein solches Gesetz nicht turz vor Toresschluß er lassen. Es ist ein Irrwahn zu glauben, daß man mit einer Verond nung, wonach bestimmte Aecker zwangsweise bestellt werden sollen, die Produttivität der Landwirtschaft vermehrt. Es feblt uns

Duüngemitleln. Wir haben nur ein Drittel der Stickstoffmenge des Friedens. (Hört, hört! rechts.) Es sehlt uns an Pbosvphor, es fehlt uns an Kali. Unsere Wiehbestände sind auf 40 % zurückgegangen, allo auch animalischen Dünger haben wir nicht. Die Mittel, die Bestellung zu fördern, sind außerordentlich schlecht. Um so notwendiger st es, die Landwirte bei gutem Willen zu erbalten, und da kommt nun dieses Geseß! Es stellt eine Nutzungsenteignung dar. Vom Urteil beliebiger Leute soll es abhängig gemacht werden, ob ein Acker nicht oder nicht rechtzeitig bestellt ist. Es ist ein Ausnahmegesetz allerersten Ranges. Mit Zwang kann man nicht erreichen, daß eine ordnungsmäßige Bestellung herbeigeführt wird Die ganze Zwangswirtschaft verdirbt de Moral und hat sie schon. gründlich verdorben. (Sehr richtig! rechts.) Wenn die Verorenung durchgeführt werden würde, würden die Landwirte büßen müssen für das was andere Leute sündigen, indem sie streiken und ihre Pflccht nicht tun. Der Effekt würde sjein, daß das Gegenteil dessen erreicht würde, was erreicht werden soll. (Beifall rechts).

Abg. Braun⸗Düsseldorf (Soz.): Wir werden den Antrag der Herren von der konservativen Partei (Widerspruch und Zurufe rechis: Deutschnational! Zurufe links: Sie schäͤmen sich wohl Ihrer vergangenheit!), also der Herren von der Deutschnationalen Volks⸗ varet ablehnen. Die Krankenkassenverordnung hatte lediglich die Absicht, ein gegen die sozialdemokratische Arbeiterschaft ausgeübtes Unrecht zu beseitigen. Es liegt daher gar keine Veranlassung vor, der Kommission aufzuerlegen, diese Verordnung im beschleu⸗ nigten Verfahren zu erledigen. Von allen Verordnungen, die nach der Revolution erlassen worden sind, ist die landwirtschaftliche Ver⸗ ordnung eine der wertvollsten und wichtigsten. Die Landwirte, die den guten Willen haben, werden durch die Verordnung überhaupt nich! berührt. Ein Besitzer von Grund und Boden cber, der seine Pflicht gegenüber der Allgemeinheit nicht erfüllt, hat das Verfügungs⸗ recht über seinen Besitz einfach verwirkt. (Sehr richtig! b. d. Soz.) Diese Verordnung bedeutet eine Ergänzung der Verordnungen, die schon unter dem aften Regime erlassen worden sind. Sie will lediglich as rechtzeige Eingreisen der öffentlichen Gewalt sicherstellen und bedient sich bei der Beurteilung der Frage, ob die Voraussetzungen für ein solches Eingreifen gegeben sind, der Mithilfe der gewiß sachverständigen Bauern⸗ und Landarbeiterräte. Von einer Nutzungsenteignung oder gar von einem schreienden Unrecht gegen die Landwir schaft kann keie Rede sein, im Gegenteil, wenn der Staat es sich gefallen ließe, daß unfähige oder gleichgültige Land⸗ wirte ihre Pfl cht gegenüber der Allgemeinheit nicht erfüllen, so wäre das das schwerste Unrecht gegen die Gesamtbevölkerung, die ohnehin schon unter der Unterernährung zu leiden hat. Das Volkswohl geht über das Privwatinteresse. (Beifall bei den Soz.)

Abg. Winnefeld (D. YVp.): Vor Inkrafttreten der Reichs⸗ versicherungsvordnung waren die Krankenkassen der Tummelplatz wüster politischer Agitation zum Schaden ihres eigentlichen Zweckes. Die neue Verordnung der Volksbeauftragten mwürde dieselben Zu⸗ stände wieder herbeiführen; darum sind wir gegen ihre gesetzliche Bestätigung. Die Kriegsbeschädigten müssen hei der Verwaltung und Renienfestsetzung mitherangezogen werden. Lin Gesetz von der Wichtigkeit des Arbeitskammergesetzes hätte nicht duisch Verordnung erlassen werden sollen. Alle Verordnungen der Volkebeauftragten müssen in einer Kommission gründlich nachgeprüft werden. (Beifall bei der D. Vp.)

Abg. Wurm (U. Soz.): Die von Dr. Roesicke so scharf be⸗ kämpite Verordnung haben die Agrarier so lange ohne Widerspruch hingenommen, wie sie wußten, „aß sie durch die Verwaltung die Macht im Stgate hatten. Jetzt, wo diese Macht gebrochen ist, fürchten sie, daß die Verordnung nicht bloß auf dem Papier stehen bleibt. (Sehr richtig! b. d. Soz.) Daher ihr Protest gegen die Verordnung, die ich im Reichsernährungsamt gemeinsam mit Braun ausgearbeitet habe. Wenn jetzt noch Landarbeiter ein Jahreseinkommen von 2900 2% baben (Hört, hört! links), dann ist es kein Wunder, daß es an Arbeitern fehlt. Der Widerspruch der Agrarier zeigt am besten, wie notwendig die Verordnung für die Voltsgefamtheit ift. (Lebhafter Beifall b. d. Soz.)

Auf Vorschlag des Präsidenten Fehrenbach wird um 1 Uhr die weitere Beratung bie 3 ½ Uhr vertagt.

Gegen 3 ¾ Uhr werden die Verhandlungen wieder auf⸗ genommen.

Abg. Dr. Rösicke (dnat. B): Die jetzige Verordnung ist weit gefährlicher als die früheren, sie stützt sich nicht auf Tatsachen, sondern auf Urteile, und wie die Urteile diefer He ren, die jetzt zu bestimmen haben, sind, haben uns die Reden der Herren Wurm und Braun gezeigt. Man sagt, wer seine Pflicht nicht tut, muß gezwungen werden. Ich frage: Wo bleiht der Zwang zur Arbeit, um die Kohlen herauszubolen? (Sehr gut! rechts.) Dies ist und bleibt ein Ausnahmegesetz gegen die Landwirtfchaft. (Beifall rechts.)

Abg. Dr. Heim (Baperischer Bauernbund): Die zwangsweise Verwaltung der Kommunalverbände ist, wenigstens bei uns in Bayern, miserabel ausgefallen. Den Bauernräten, die oft aus Leuten ohne Ar und Haln hestehen, kann man solche Entscheidungen nicht anver⸗ trauen. Diese Verordnung vom 4. Februar 1919 ist ein gefährliches Agrarerperiment. Die alte Verordnung hätte vollkommen genügt. Der Zwang in der Verteilung der Agrarprodukte ist durchaus noch nicht entbehrlich. Wir werden auch in der Zukunft nicht über einen Anbauzwang hinwegkommen, das Schlimme ist aber die innere Sabotage, wodurch die Landwirtschaft an der Arbeit gehindert wird. Getreide hegt noch ungedroschen, Mühlen stehen still, alles, weil keine Kohle da ist. Die Leute streiken, weil man ihnen Versp echungen von Sozialisierung macht. Sie ozialisieren so ja den Hunger: Wir haben noch für 9 bis 10 Wochen Lebensmittel, dann werden die Hungernden von der Straße in die Häuser gehen, und dann kommt das zweite Stadium, die Plünderungen auf dem Lande. Bei Nürnberg haben bereits Spartakisten das Vieh aus den Stéllen getrieben. Es wäre die höchste Zeit, allen inneren Streit zurückzustellen und nur auf die Not des Augenblicks zu sehen. Wir stehen in Wirklichkeit vor einem Angrund. Die Situation ist so tragisch ernst, daß ich es nicht verstehen kann, wie draußen die Massen sich irreführen lassen, und Vergnügungen nachjagen können. Wäre es denn nicht möglich, daß wir eine Formel finden, würdig dieser Versammlung, um ohne Unterschied der Partei vor dem ganzen Volke vorstellig

zu werden. Die Hoffnung auf das Ausland ist ebenso trügerisch, wie es die Koffnung auf den ukrainischen Weizen war. lungsplan im Innern lockert sich mehr und mehr. Die Räteorganija⸗ tionen geben vielfach selbst dn Anlaß Hinsicht. dem Nich z stehen.

Der Vertei⸗

zu Störungen in dieser Es wird der schreckliche Augenblick seinf wo wir vor

daß es stumpf geworden ist gegen das

n Ist denn das deutsche Volk wirklich so krank, sGecsace gegen den Masfen.

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Million Landarbeuer (Pört, hört!), es fehlt uns an künstlichen⸗

hunger? Alles, was das Frübjohr uns an Früchten bringen wird, tann nicht den Mangel an Brot ersetzen. Verlieren wir uns darum nicht in Dehatten, mwährend das Volk vor dem Abgrunde steht. (Bewegung.)

Abg. Fischbeck (Dem): Das deutsche Volk blickt auf die Nationalversammlung und hofft auf sie, aber diese Debatten müssen den Eindruck machen, daß dem Volke Steine statt Brot gereicht werden. (Zustummung liss.) Nochdem die Prüfung der Ver⸗ ordnungen durch die Regierung felbst in Angriff genommen worden ist, werden naturgemäß gerade die Verordnungen, die jetzt den Gegenstand der Erörterung bilden, auch in den Keommissionen vor⸗ weggenommen werden. Eine schleunige Prüfung derselben münschen auch wir, und daber werden wir der Entschließung Arnstadt zu⸗ stimmen. Die Verordnung, belreffend die Kranfenkassen, enbält neben vielem Guten auch Eingriffe in wohlerworbene Angestellten⸗ rnechte, die wir zu wahren auch unsererseits bernfen sind.

Abg. Braun⸗Düsseldorf (Soz.): Für schnelle und gründliche Prüfung bin auch ich, aber des halb brauchen wir den Kommissionen nicht noch eine Marschroute befonders vorzuschreiben. Ausführungen wie die des Abg. Winnefeld fönnen nur dars beitrogen, die wilden Streiks zu unterstützen. (Unruhe rechts.) Die ven Herru Rösicke angefochtene Verordnung ist wefentlich desbalb auf dem Papier stehengeblieben, weil ihre Ausführung in den Händen der Land⸗ räte lag. Um wirksam zu werden, muß'e sie eine Verschärfung erfahren. Zu den Bauern⸗ und Landarbeiterräten habe ich doch mehr Vertrauen als zu den Landräten oder den Ass ssoren die viel⸗ foch früher die Eatscheidung gegeben haben. Die Verordnung

Not der Zeit gehorene Notverordnung. Jetzt ist keine Zeit zu Ex⸗ perimenten, jetzt breunt uns das Feuer auf den Nägeln. Alles muß daran gesetzt werden um eine intensive Bestellung zu ermöglichen, so rasch als möglich künstlicher Dünger beschafft werden. Es ist doch ein Unding, daß aus Kohlenmangel Getreide nicht ausgedroschen werden kann. Wenn die Bergleute nach Brot rufen und gleichzeitig die Arbeit niederlegen, so nehmen sie damit ihren Kindern das Brot vom Munde weg. Die Landwirtschaft bedarf der Stüchstofflieferung, aber die Arbeiter legen die Stickstoffwerke still, dann hekommen wir bloß die halbe Ernte und find im nächften Jahr vom Auslau e noch viel abhängiger als in diesem.

Abg. Wurm (ll. Soz.): Wer, ist schuld, das gerade jetzt bier in Mitteldeutschland die Streikbewegung ausgebrochen ist? (Stürmische Rufe bei der Mehrheit: Sie!) Die Bergarbeiter in den Braunkohlenbezirken haben schon vor 14 Tagen die Einsetzung der Betriebsräte als Beginn der Sozialisserung gekordert und gleich⸗ zeitig erklät daß sie zwar alles tun würden, um einen Streik zu verhüten, daß dieser aber sicher kommen müsse, wenn die Forderung abgelehnt würde. Dit Albeiter wollen die Demokratie auch in den Betrieben zum Ausdruck bringen, und die Betriebsräte sind das geeignete Mittel, um auf ruogiger, friedlicher Basis das Ziel, die Sozialisierung, zu erreichen. Kein Wunder, wenn die Ablehnung die Unruhe in diesen Bergarbeiterkreisen so gesteigert hat, daß jetzt die extremste Richtung, die auch unsere Sympathie nicht hat und nie gebabt hat, die Oberhand gewinnt. Mit der alten

Wir weisen jedenfalls diesen Weg weit von uns ab. (Zuruf des preußischen Justizministers Heine: Haben ihn aber unterstützt!) Wo, Herr Justizminister Heine, haten wir ihn unterstützt? (Justiz⸗ minister Heine: Ihr Blatt, die „Freiheit“, hetzt jetzt schlimmer, als es die „Rote Fahne“ tur! Beifall rechts.) Das ist unwahr, die „Freiheit“ hat niemals zu Gewalttaten gehetzt, sie hat sich immer gegen Putsche und Waffengewalt gewendet. Beweisen Sie, Heir Heine, als Jurist Ihre Behauptungen. Es ist kein ehren⸗ voller Standpunkt für einen Sozlaldemokraten, von rechts Becfall zu bekommen. Reichstag immer mit der äußersten Rechten gegen uns gestimmt!) Wenn zwei dasselhe tun, so ist es nicht dasselbe, wenn sie so furchtbare Folgen der Kohlenstreiks vorausfehen. Warum machen Sie sich dann nicht kiar, daß eine derartige Katastrophe vermieden, daß im Interesse des Landes nachgegeben werden muß. Die Arbeiter haben lange genug unter dem fapitalistischen Joch gelitten. Sie wollen jetzt praktisch mitzuarbesten und milzubestimmen das Recht haben, und das werden sie sich nicht nehmen lassen. (Beifall bei den U. Soz.)

Reichsarbeitsminister Bauer berichfet eingehend über die Ver⸗ handlungen, die am 13. und 14. Februar in Weimar mit den Ver⸗ tretern der Bergarbeiter des Ruhrgebiets, der fogenonnten Neunerkommission, und den Vertretern des Bezirkaberg arbeiterrats Halle über die Frage der Betriebsräte satt⸗ gefunden haben: In deesen Verhandlungen war ein volles Einverständnis erzielt worden. Auch über die letzte Streitfrage, daß die getroffenen Vereinbarungen nicht sofort in Kraft treten sollten und könnten, daß sie vielmehr einstweilen als Riicht⸗ linien hinausgegeben und später von der Nativnaly rsammlung in gesetzliche Form gebracht werden sollten. Nach Abschluß der Verhandlungen sind die Vertreter der Neunerkommisston in Essen in der Versammlung, in der sie Bericht erstätteten, für den Generalstreik eingetreten. Dieser wurde aber nur von Unabhängigen und Spartakisten beschlossen und kam deshalb nicht zur Durchführung. Aus Halle ging mir ein Telegramm zu, in dem der Bezirksberg⸗ arbeiterrat die umgehende Zusage verlangt, daß die getroffenen Vet⸗ einbarungen bis Sonntag, also vorigem Sonntag, Gesetzeskraft er⸗ langen sollen. Als ich darauf antwortete, daß dies nicht möglich sei, wurde am Sonntag der Generalstreik beschlossen. Er wande, wie sich aus dem Verlauf der Dinge ergidt, richt wegen dieser Diftferenz beschlossen, sondern aus politischen Gründen. (Sehr richtig! bei den Soz.), nachdem diefelden Herren, die hier in Weimar mit mir diese Vereinbarungen getroffen hatten, ihrer Versammlung dar⸗ über in einer Weise Bericht erstattet haben, die in keiner Weise der Wahrheit entspricht. Die Ausführungen und Beschlüsse in den Versammlungen beweisen, daß leider, leider doch wahr ist, was der Abg. Wurm nicht wahr baben will: daß es Arbeiterführer gibt, die in ziemlich leichtfertiger Weise Streiks anzeltein, nur um politische Geschäfte zu machen. (Sehr richtig! bei den Soz. Wider⸗ spruch bei den N. Soz.) Man hat die Einführung der Räterepublik in Bavern begrußt und hat ihre Durchführung für das ganze Reich verlangt. Man hat den Generalstreik verhängt, damit Regierung und Nationalversammlung abtrelten müssen, so stebt es wörtlich in der Resolution. (Hört! hört!) Der Streik im Halleschen Braun⸗ kohlengebiet und ebenso der in Leipzig ist tatächlich da hilft kein Streiten, aus politischen Gründen entstanden. Es ist die evolurionäre Gymnastik, die dabei zum Ausdruck kommt. es ist das Zestreben, durch ewige Beunruhigung unscres Wittschaftslebens die Vorbedingungen für eine neue soziale Revolution und damit für die Einführung der Räterepublik zu schaffen. Aehnlich liegen die Dinge in der Sozialisierungefrage, weil die Sozialisierung, wie Ihre Nertreter (z. d. U. S.) selbst zugeben müssen, im Augenblick nicht durchgeführt werden kann, fucht moan in agitatorisch demagogsscher Weise die Arbeiter mit Mißtrauen gegen die Regierung zu erfüllen. Dabei kann ich mitteilen, daß die Dinge schon in Fluß sind, daß in türzester Frift der Nationalversammlung eine Vorlage zugehen wird, die die Uebernahme des Kohlensyndikats aur das Reich als erste Maßnahme vorsieht. Zum Schluß wendet sich der Redner gegen den Vorwurf, daß die Regterung ohne zu ingende Not Gewalt anwende. Die Regierung sei froh, wenn sie keine Gewalt anzuwenden brauche, aber sie sei leider gezwungen es zu tun, um Gewalttaten und räuberische Erpressungen und Plünderungen verbrecherischer Elemente zu verhindern. (Beifall.) Vtzepräsident Schulz bittet die Redner, die noch zu dieser Fieage. sprechen wollen, sich möglichst kurz zu fassen, damt wenigstens hees Gegenstand der Tagezordnung heute noch erledigt werden une.

Abg. Beohrens (dnat. B.) wendet sich gegen die Norwuürfr.

hn Partei treibe agrarpolitische Mägchen, und spricht uber den

Arbeitermangel auf dem Lande.

gewesen sind.

ist auch kein Anfang einer Bodenreform, sondern sie ist eine aus der

Mi itärgewalt darf man solcher Entwicklung nicht entgegentreten.

(Justizminister Heine: Sie haben ja im

dauer

Reichsiustizminister Dr. Landsbera: Herr Wurm wirst uns vor, daß wir nicht genug zur Sozialisierung getan hätten. Wir haben seinerzeit, als noch die Unabhaͤngigen in der Regterung waren, die Soztaltsierungskommission eingesetzt. Dieser Gedante ging zerade vom Abg. Haaze aus. (Hört! Hört!) Diese Kommässion, in der zumeist Unakängice siten, hat bisher ledilich vorgeschlagen, die Schätze des Grund und Bodens für Nattonaleigenkum zu erklären, und zwar sollie das nur eine Demonftration sein. Die Empfindungen, vengs 22 Heim Ausdruch gegeben hat, sind auch die der Regierung. Aich wir sehen mit Entsetzen, daß unser Velk dem Abgrund ent⸗ gegeneil;. Wir wissen nicht, ob Warnungen imstande sein werden, es auf diesem Wege aufzuhaften. Aber wer haben heute den Beschluß gefaßt, ihnen Worte zuzurufen, die in gleichem Maße von der Liebe zu unserem Volt wie von der Sorge um fein Schicksal eingegeben sind. Sie werden sie noch beute oder morgen in der Zeitung lesen. Jua diesem Aufruf ist auch das Versbrechen einer Kodifikation des gesamten Arbeiterrechts enthalten, das Kabinert hat schon vor einiger Zeit beschlossen, durch die zuständigen Reichsministerien ein solches Gesetz ausarbeiten zu lassen. Es soll alle Wünsche erfüllen, in denen sich die Arbeiter aller gewerksche filichen Richtungen einig elen Diesfes Gesetz soll beherrscht sein von sozialem und freiheitlichem Geiste, es soll zeigen, daß die deutsche Demokratie sich nicht nur politisch, sondern auch auf sozialem Gebiete betätigen will. Dieses Gesetz soll in erster Linie ein Koalitionsrecht schaffen. Wir haben ja bisher in Deutschland ein Koalition recht nicht, wenigstens kein postlives. Dieses wertvollste Recht des Arbeuers darf aber fortan nicht in einem negaliven Satz enthalten sein. Weiter soll der Gesetzentwurf mit der Rechtsunfahigkeit der Berufsvereine aufräumen. Es geht nicht an, daß Berufsvereine Millionen von Mitgliedern zählen und Vermögen besitzen und nicht fahig sind, einen Gegen⸗ stand von 10 ein urlagen. Weiter wird der Gesetz⸗ entwurf die Einigungsämter bringen sowie die Ausgestaltung der Betriebsräte, die im Produktionsprozeß, aber auch nur im Pro⸗ duktionsprozeß auf wirtschaftlichem Gebiete einen maßgebenden Ein⸗ fluß haben sollen. Sie sollen die Organe der konstitutionellen Arbeit sein. Die Reichsregierung wird zu den Vorarbeiten wie auch zur Verabschiedung dieses Arbeiterrechts selbstverständlich Arbeiter aller gewerkschaftlichen Richtungen und auch Arbeingeber zuziehen, und sie spricht die Hoffnung aus, daß namentlich die deutschen Arbeiter mit Lust und Liede an diesem Gesetz mitarbeiten werden, dos die magna charta der deutschen Arbeitem werden soll. (Beifall.)

Abg. Dr. Cohn (II. Soz.): Mein Freund Düwell mußte leider abreisen, weil morgen unser Parteitag“ in Berlin beginnt. Henke und ich sind dazu verurteilt, allein hier weiter an der Versammlung teilzunehmen. (Vizepräsident Schul;z rügt die letzte Wendung.) Dem Reichsmmister Bauer habe ich zu erwidern, daß die Delegierten aus dem mitteldeutschen Industriegebiet keige Vollmacht zum endgültigen Abschluß von Verhandlungen hatien, sondern ihren Auftraggebern lediglich die Bedingungen der Regierung mitteilen konnten. Es ist nicht richtig, daß der Parleivorstand der U. S. P. D. den Plan des Vorwärtsputsches schon vorher kannte. Ledebour, der abein in Frage kommen könnte, gehörte damals schon dem Vorstand nicht mehr an. Die Arbeiter beschweren sich mit Recht darüber, daß die Regierung eine Politik mit dopveltem Boden treibt. Alle Versprechungen über geplante Sozialisierungen werden nichts nützen, ehe man nicht die richtigen Leuie mit der Sozialisierung befraut. Niemand schätzt die Verdienste und die wissenschaftlichen Fähigkeiten des Winisters Gothein höher als ich, aber gerade er ist als letzter Schüler Gobdens für die Durchführung der Sozialisierung am wenigsten geeignet. Wir werden die angekündigte Kodifikation der Arbeiterrechte mit aller Uabefangenheit prüfen, aber wenn damit das konstitutionelle Fabrik⸗ system erreicht werden soll, so will ich gleich sagen, daß diese Form heute schon überholt ist und die Arbeiter nicht mehr befriedigen kann. 1 Vizepräsident Schulz: Dr. Cohn war der letzte Redner. Nach ihm haben sich noch drei Minister gemeldet (Unruhe), ich bitte die Herren Minister, sich recht kurz zu fassen. (Zustimmung.) „Reichsarbeitsminister Bauer: Schon die bloße Ankündigung einer Kodifikation des Arbeiterrechts genügt Herrn Dr. Cohn, die Absichten der Regierung zu verdächtigen. Es fehlt ihm die Fähig⸗ keit, abzuwarten und zu prüfen. (Sehr wahr!) Die Delegierten der mitteldeutschen Arbeiter hatten versprochen, für die Vereinbarungen einzutreten. Dies Versprechen haben sie aber nicht gehalten, obwohl die Betriebsrate als dauernde Einrichtung neben den Arbeitskammern vorgesehen waren.

Reichswirtschaftsminister Wissell: Die Durchführung der Sozjalisierung ist nicht, wie Abg. Dr. Cohn angab, dem Kollegen Gorbein, sondern dem Reichswirtschaftsamt übertragen. Die Re⸗ gierung wird die Versprechungen ihres Aktionsprogramms sehr bald durchführen. In der allernavsten, wahrscheinlich nur nach Tagen bemessenen Zeit wird dem Haule ene Vorlage zugehen, die diese Absicht der Regierung in die Tat umzusetzen sucht.

Reicheminister Gothein: Nack den liebenswürdigen Worten, die mir Dr. Cohn gewidmet hat, hatte ich annehmen können, daß er meine pub'ezinische und politische Tätigkeit genauer verfolgt hätte. Dann müßte er wissen, daß ich nicht Anbänger des reinen manchesterlichen Freihandels bin, sondern immer auf dem Standpunkt Friedrich Lists gestonden habe. Unbedingter Anhänger Cobdens bin ich nur in dem einen Punkt, daß ich immer überzeugter Pazifist gewesen bin. Damiit schließt die Generaldiskussion. Eine Spezialdebatte findet nicht mehr statt. Die Beschlüsse zweiter Lesung werden nach Ablehnung des Antrags Schiele mit einem lediglich redak⸗ tionellen Amendement der Abgg. Löbe und Genossen auch in dritter Lesung bestätigt. Bei der Gesamtabstimmung gelangt das Gesetz mit großer Mehrheit endgültig zur Annahme. Die von den Deutsch⸗Nationalen beantragte Enischließung, wonach die erwähnten 3 Verordnungen der Kommission zur schleanigen Beratung überwiesen werden sollen, wird gegen die Stimmen

der U. Soz. und der meisten Soz. ebenfalls angenommen.

In die Fortsetzung der ersten Beratung des Verfassungs⸗ entwurfs wird auf Vorschlag des Vizepräsidenten Schulz wegen der vorgerückten Süunde nicht mehr eiagetreten.

Nächste Sitzung Montag, 10 Uhr (Fortsetzung der ersten Lesung des Verfaffungsentwunfs). 1

Schluß um 6 ¼ Uhr. 8

der 21 er Ausschuß. b demokratische Partei, der revolutionäre Arbeiterrat und der par Plamentarische Bauernrat reichen im Laufe der nächsten Tage ihre

die Vereinigung aller Deutschen,

Bayern.

Der Rätekongreß hat vorgestern laut Meldung des „Wolffschen Telegraphenbüros“ folgendes Ministerium ge⸗ wählt: Präsident, Jnneretz und Aeußeres: Segitz, Handel, Gewerbe und Industrie: Simon (Fürth), Kultus: Niekisch, Justiz: Endres (Würzburg), Finanzen: Jaffe, Landwirt⸗ schaft: Dirr (Anhofen), Soziale Fürsorge: Unterleitner, Militärische Angelegenheiten: Scheid, Verkehr: Frauen⸗

dorfer.

Waͤhrend der Vormittagssitzung des Rätekongresses erschien eine Abordnung im Hause, die mitteilte, daß gegen eine auf der Theresienwiese veranstaltete Versammlung, die abge⸗ halten wurde, um zu einem einheitlichen Beschluß zu kommen und die durchaus friedlich verlaufen sei, geschossen worden sei, wobei es drei Tote und neun Verwundete gegeben hätte. Diese Mitteilung führte zu einer erregten Erörterung, in der von verschiedenen Seiten die sofortige Abberusung bezw. 8 wurde. In Anbetracht dieser Vorgänge brachte der Arbeiterrat Lan⸗ eine Exekutive zu

haftung des Stadtkommandanten Dürr verlangt

einen Antrag ein, sofort

schaffen, damit gegen alle, die die Ruhe und Ordnung stören, vorgegangen werden könnte. Der Antrag fand einstimmige Annahme; ebenso ein Antrag, die Soldatenräte Sauber und Simon zu Militärbevollmächtigten für München zu er⸗

nennen, die alle Befehle gegenzuzeichnen haben.

Zu Beginn der Nachmittagssitzung des Rätekongresses gab

der Präsident Niekisch folgende Erklärung des Akttonsausschusses bekannt:

Als provisorischer Aktionsausschuß gilt für die nächsten Tage 2 Die Mebrheitspartet, die unabhängige soztial⸗

namentlichen Vorschläge beim Aktionsausschuß ein, der die ent L 1

fprechenden Mitglieder kooptiert und bei der nächsten Tagung des

Kongresses durch den Kongreß bestätigen läßt.

Sodann beschäftigte sich das Haus mit der Bildung des oben mitgeteilten Mioisteriums. Darauf gab der Arbeiterrat

Landauer eine Erklärung des Stadtkommandanten Dürr bekannt, in der dieser anerkennt, daß der aus den A.⸗, B.⸗ und S⸗Räten Nationalrat) sonverän sei, daß er allein die Befugnis habe, die neue provisorische Negierung des Volksstaats Bayern ein setzen, und daß er sich selbstverständlich dieser Regierung unterstelle. Weiter sprach er sein leohaftes Bedauern über die Verhaftung einzelner Mitglieder traurigen Mißverständnis wurzele, und bedauerte besonders die brutale Brhandlung von Dr. Levien. weiter, daß er die Abverufung der Schutzwache im Landtage nicht veravlaßt habe, und daß die Truppen des 3. Armee⸗ korps, etwa 600 Mann, nicht in München einrücken würden. Sie seien nur zur Ablösung der Mannschaften vorgesehen ge⸗ wesen, die durch die ständige Bereitschaft erschöpft waren, und mürden nur im Einverständnis mit der neuen Regierung in München einrücken. Kenntnis. 8 6

bestehende Kongreß (provisorischer

des Kongresses aus, die in einem

Dürr erklärte noch

Das Haus nahm von diesen Erklärungen

Gestern fand in Dresden eine große sammlung

für den Anschluß Deutsch⸗Oesterreichs an Deutsch⸗ land statt. böhmische Frage, Dr. Herold über den Anschluß Deutsch⸗ Oesterreichs und Hofrat Huette über das Selihstvestimmunas⸗ recht der Deutschen und über die Haltung der Tschechen. Zum Schluß der Versammlung gelangten laut Bericht des „Wolssichen Telegraphenbüros“ nachstehende Entschließungen einmütig zur Annahme: 8

Der Abgeordnete Hartl sprach über die deutsch⸗

An die Wiener Regierung! Die hiesige große Versammlung im Gewerbehause in Dresden, einberufen von den Ortsgruppen Dresden des deutsch⸗österreichischen

Volksbundes und der groß⸗deutschen Vereinigung spricht der Re⸗ gierung der deutsch⸗österreichischen Nepublit für ihr bisheriges Ein⸗

treten zur politischen Einigung der Deutschen ihren Dank aus.

Sie hofft zuversichtlich, daß alle Schwierigkeiten, auch die schwer⸗

überwunden weiden, um das eine Ziel, der erneuten Wirklichkeit zuzu⸗ führen. Die Versammlung erhebt auch energisch Einspruch gegen das schändliche Vorgehen der tschechischen und jugoslawischen Re⸗ giexung, das dahin geht, weitere Teile deutschen Gebietes zu unter⸗ jochen, ein Vorgehen, das nur ig dem imwperialistischen Machtgefühl dieser Völker seine Begründung finden kann. An die Nationalversammlung in Weimar! Dank für das einmütige Bekenntnis zum Wiederanschluß Deutsch⸗ Oesterreichs und den Anschluß Deutsch⸗Böhmens und des Sudeten⸗ landes. Die Versammlung hofft, daß es den deutschen Vertretern bei der allgemeinen Friedenskonferenz durch mannhaftes Auftreten gelingen wird, unseren vergewaltigten, durch imverialistischen Ueber⸗ mut der kleinen Völker entrechteten Volksgenossen das Recht der Selbstbestimmung zu sichern. Die Versammlung appellierr an das gesamte einsichtige Deurschland, den Bruderzwist fallen zu lassen in der Stunde der höchsten Not, wo tschechrscher, jugoslawischer und polnischer Imperialismus weite deutsche Landstrecken überflutet, deutsches Gut und Leben gefährdet und mehrere Millionen Volks⸗ genossen entrechten will. „Eine gleiche Entschließung wurde an die sächsische Re⸗ gierung gerichtet.

Die Dresdener Arbeitslosen und Kommunisten, veranstalteten gestern eine Protestversammlung, in der sie den Generalstreik von heute früh ab erklärten. An die Ver⸗ sammlung, an der ungefähr 12 —13 000 Mann teilnahmen, schloß sich ein Umzug, der sich unter Hochrufen auf den Bol

wiegenden wirtschaftlichen,

schewismus und unter dem Gesange der Arbeiter⸗Marseillaise;

durch die Straßen der Stadt bewegte.

In Leipzig dauert der Generalstreik der Arbeiter und Bürger fort. Der Arbeiter⸗ und Soldatenrat läßt durch Maueranschsag bekanntmachen, daß von 9 Uhr Abends an bis 5 Uhr früh kein Bewohner sich außerhalb seiner Wohnung aufhalten darf. Wer nach 9 Uhr Abends ohne behördlichen Ausweis auf der Straße angetroffen wird, wird durch die Sicherheitswache festgenommen; bet Widerstand wird von der Waffe Gebrauch gemacht werden. Wie es heißt, ist diese Maßnahme angeordnet worden, um Plünderungen vorzubeugen, da die Stadt Nachts ohne jede Beleuchtung ist. Im übrigen herrscht in Leipzig Ruhe. 8 8

8 Sachsen⸗Weimar.

Die in Weimar anwesenden bayerischen Mit⸗ glieder der deutschen Nationalversammlung von der sozialdemakratischen Partei, der bayerischen Volkspartei, der deutschen demokratischen Partei und dem bayerischen Bauern⸗ bund haben sich auf eine in ihrem Auftrag von Vogel (Soziolist) und Dr. Quidde (Demokrat) ge⸗ zeichnete Erklärung geeinigt, die sie dem bayerischen Gesandten in Berlin von Preger zur Uebermittlung an die derzeitigen Machthaber in München zugestellt haben. Die Erklärung wendet sich, wie „Wolffs Telegraphenbüro“ meldet, gegen die Behinderung des Landtags infolge der Gewalttaten fluchwürdiger Verbrecher, und dagegen, daß bis

auf weiteres ein provisorischer Nationalrat, gewählt von den örtlichen Arbeiter⸗, Bauern⸗ und Soldatenräten, die Aufgabe des Landtags übernehmen, insbesondere ein neues Ministerium

einsetzen solle.

Der Rätekongreß, fährt die Erklärung fort, will kein Ministerium, das sich auf das Vertrauen der Mehrheit des Volkes stützt, sondern nur ein von ihm vollkommen abhängiges Scheinministerium. Eine quf diele Weise zustande gekommene Regierung würde, wie uns auf Anfrage von zuständiger Seite erklärt wurde, viemals die Aner⸗ e Vertreter Baverns provisjorischen ausscheiden, in dem

Reichsregierung finden. Di zum Staatenausschuß müßten daher gemäß der Reichsverfassung in einem Augenblick für die Neufeststellung des Reich und seiner Sonverrechte die ents

kennung der

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schuß der Braunschweiger ratung weiterer Maßnahmen über die Errichtang der Räte⸗ republik Braunschweig zusammengekommen war, sprach er sich, wie G mehrstündiger Verhandlung dahin aus, daß die rufung beschloß, u zum Ausdruck, daß die revolutionäre Arbéiterschaft Braun⸗ schweigs 1 steht, aber den rechten Zeitpunkt für deren Errichtung in Braunschweig noch nicht als gekommen erachtet. die Gewähr haben, das Erreichte auch halten zu können. Es wurde ein neungliedriges Aktions komitee gebildet.

bibliothek hat das Aeußeres sowohl die Verletzung Hrunds als auch die empfindlichen Eingriffe in gesetzlich gewährleistete Rechte

tont, daß die deutsch⸗österreichische Regierung zwar gegenüber

Verhältnisses Bayerns zum Bhenben Beschlüsse gefaßt werven. Aber auch darüber hinaus würde die verschleierte Er⸗ richtung einer Räterepublik, wie sie in dem Beschlusse des Räte⸗

kongresses liegt, die unheilvollsten Wirkungen für Bayern haben. Auch unsere Feinde würden eine derartige Regierung niemals anerkennen, , sie würden vielmehr den Zwiespalt, der zwischen Bavern und dem

übrigen Reich dadurch enzstehen müßte, auszunutzen wissen, um dem

deutschen Volk, mit dem wir Bayern eins sind, eins dleiben wollen

und eins bleiben müssen, zusammengekettet jetzt im Unglück noch mehr als im Glück. bevingungen aufzuerlegen, als wir sie jetzt schon haben erdulden muf Eine Loslösung, zu der letzten Endes die Beschlüsse des Rälekongresses führen müßten, wäte die größte 5 nicht das Reich, sondern Bavern zugrunde richten und gerade die schaffende Bepölterung unscres Landes am schwersten treffen. Hinter dem Beschlusse des Rätekongresses steht nur eine verschwindende Minderheit des baverischen Volkes. Die große Masse des arbeitenden Volkes in Stadt und Land will von einer Regierung, die sich auf eine derartige Minderheit stützt, nichts wissen. ganzen bayerischen Vork erwählten Abgeordneten Bayerns zur deutschen Nationalversammlung, erklären deshatb. b 2 kongresses und eine von ihm gebildete Regierung nicht als Ausdruck

noch furchtbarere Waffenstillstand⸗ und Friedens⸗

sen.

Sie würde

Wahnsinnstat.

Wir, als die vom

den Beschluß des Ratre⸗ 12 39

es Volkswillens anerkennen zu können. Nur der baverische Landtag

ist herufen, eine neue Regierung zu bilden, ihm muß Geldgenheit zur ungestörten, vom Terror freien Tagung gegeben werden.

Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. In dem festlich geschmückten Landtagssitzungssaal in Coburg

wurde vorgestern die gesetzgebende Landesversammtung fur den Freien Voltsstaat Coburg eröffnet. Namens des Veoll⸗ zugsausschusses des A.⸗ und S.⸗Rates sprach der Abgeordnete Stegner, namens des Ministeriums Dr. Quark. Letzterer stellte in einem Handschreiben sein Amt der Landesversammlung zur Verfügung, 1

nachdem ihn die Landesversammlung darum ersucht hatte. Zum ersten Präsidenten

Abgeordnete Kirchner gewählt, zum Vizepräsidenten der Abgeordnete Arnold. demokratischen nommen, die gegen die Fortführung der Blockade und das weitere Festhalten der Kriegsgefangenen Einspruch erhebt.

8 8 1 1“

erklärte aber, die Geschäfte weiterzuführen,

wurde der sozialdemokratische

Es wurde weiter eine von der soztal⸗

Fraktion eingegangene Entschließung ange⸗

Braunschweig. Als vorgestern vormittag der im Schloß lagende Aus⸗ Arbeiterschaft zur Be⸗

verichtet, nach Aus⸗ verfrüht sei, und zu nehmen. Es kam

„Wolffs Telegraphenbüro“

der Rätetepublik vorläufig davon Abstand nach wie vor auf dem Boden der Räterepublik

Man müsse

In einer Nachmittags vor dem Schloß abgehaltenen allge⸗

meinen Arbeiterversammlung wurde hierzu beschlossen, heute in allen Betrieben Braunschweigs eine Urabstimmung vorzunehmen, ob die Arbeiterschaft für sofortige Ausrufung der Räterepublik ist oder ob sie einstweilen noch davon Abstand nehmen will.

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Aus Anlaß der Forderung der Königlich italienis

Waffenstillstandskommission nach Ausfolgung von wert⸗ vollen Handschriften und der pfandweisen Beschlag⸗ nahme kulturhistorischer Dokumente aus der Hof⸗

das deutsch⸗österreichische Staatsamt für völkerrechthcher Grundsätze

gegenüber der italienischen wurde be⸗

neuerlich 1 2 Geltung gebracht. Es

standskommission zur

dem Vorgehen der besetzenden Macht keinerlei Widerstand leisten könne, daß aber an das Verständnis des italienischen Staates für die Erhaltung diefer Kulturwerte appelliert und für den vorliegenden Fall gebeten werden müsse, Handschriften, die durch einen Trangport dem Verderben ausgesetzt werden

werigstens vorläufig in Wien zu belassen.

Vorgestern trat die Neichskonferenz der Ar beiterräte Deutsch⸗Oesterreichs min Wien zu⸗ sammen. Es waren 137 Delegierte erschienen. Ueber den ersten Punkt der Tagesordnung, politische Lage der Arbeiter⸗ klasse, reserierte Seitz und sagte u. a.: „Wenn wir heute das Voilk zur Arbeit aufrufen, um die Menschheit von Hunger und Arbeitslosigkeit zu retten, können wir es nicht durch Zwang, sondern nur, wenn wir die Herzen und Geister gewinnen.“

der Beratung betonten mehrere Redner die Notwendigkeit einer

rascheren Sozialisierung.

Der ungarische Ministerrat stellte vorgestern den Text des Gesetzentwurfs, betreffend die Wahl der Mit⸗ glieder zur Nationalversammlung, fest. Wie „Wolffs Telegraphenbüro“ mitteilt, wird die Zahl der Mandate 418 betragen, wonon auf die nicht besetzten Teile des Landes etwa 236 entfallen. Die Mandatsdauer beträgt zwei Jahre. Die Waͤhien werden auf Grund des Verhältniswahlsystems vorge⸗ nommen und finden am 10. Avril statt; die Nationalversamm⸗ lung tritt 0. April zusammen.

8 Polen. Die Kommission der Alliierten in Warschau ist nach einer Havasmeldung in das Posener Gebiet abgereist. Sie wird in Bromberg mit der deutschen Delegation zu⸗ sammentreffen, um mit ihr über die Anwendung der Bedin⸗ gungen des Waffenstillstandes, betreffend den deutsch⸗pol⸗ nischen Konflikt, zu verhandeln. .

Der Landtag hat einen Antrag Korfanty ange⸗ nommen, demzufolge sechs Jahresklassen für ein Jahr einberufen werden. Die Sozialisten traten für eine Miliz ein und stimmien daher gegen den Antrag Korfanth.

Großbritannien und Irland.

Eig gestern ausgegehenes Weißbuch schätzt nach einer Reutermeldung den Höchststand des Heeres in der Heimat und über See ohne das indische Heer auf 2 ½ Millionen Mann, deren Verminderung auf 952 000 im Werke sei. Die Rheinarmee einschließlich Franzosen und Belgier soll danach nach der Demobilmachung aus 23600 Offizieren und 380 000 Mann bestehen, die Heere im

nahen Osten werden zählen in Italien: 600 Offiziere und