1919 / 74 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 31 Mar 1919 18:00:01 GMT) scan diff

Damit schließt die Besprechung. Die Forderung wird ge⸗ strichen, die Entschließung des Ausschusses wird angenommen. 2 Etat der Reichsfinanzverwaltung liegt

eine Entschließung des Ausschusses vor, die Regierung auf⸗ 88 ufordern möglichst bald eine Erhöhung der Bezüge aller der⸗ enigen enten⸗ und Unt erstützungsempfänger vorzunehmen, die einen gesetzlichen Anspruch auf Renten oder Unterstützung us Reichsmitteln oder aus den Mitteln der Reichsversicherung

haben und deren Bezüge seit dem 9. November nicht erhöht worden sind.

Abg. Severing (Scz.) befürwortet eine Erhöhung der Unter⸗ stützu gen de der Amebörigen von Kriegsgohangenen,

Der Etat wird bewilligt. Die Entschließung des Aus⸗ scchusses wir angenommen, ebenso in zweiter Lesung der Rest des Naotstats sowie der Haushalt der Schutzgebiete.

br dritter Lesung werden der Nachtragsetat und er Notetat ohne Erörterung gngenoömmen.

Abg, Hoch (Soz.) begntragt, den, noch auf der

Tagesordnung s eeec Ausschußbericht über die Verordnung, detreffend die Wahl der Vorstandsvorsitzenden bei den Orts⸗ rreankenkassen und der Kassenangestellten, vom 5. Februar 1919 owie üͤber die Verordnung, betreffend die Krankenversicherung, vom 3. Februar 1919 von der Tagesordnung abzusetzen. Abg, Schultz⸗ Bromberg erheht gegen die Absetzung Wider⸗ Fpruch. Das Haus Fenhe nicht aus mandengehen, ahne die wichgige Angelegenheit euledigt zu haben.

Abg. Weinchausem (Dem.) erwidert, daß im Ausschuß Be⸗ schlüsse vorbereitet seien, wonach eine Verzögerung dieser Angelegen⸗ heit keine Benachtollicung nach irgend einer Seite hervorrufen werde, da gerwisse Krankenkass en, die in Betracht kommmen könnten, nach dem 1. Aprill micht mahr wei ter bestehen würden.

Der Gegenstand wird von der Tagesordnung abgesetzt.

Präsident Fehrenbach: Dritgende Arbeiten für das Haus Uiegen zunächstt nicht mohr vor. Der Etat wird uns erst Mitte der übernächsten Woche zugehen können. Ich schlage deshelb Vertasung auf Mittwoch der übernächsten Woche vor, bitte aber, dem Praͤsidenten 98 zu überlassen, bei der gespannten politischem Lage auch früber,

ielleicht schon im Laufe der nächsten Woche, das Haus zusemmen⸗ treten zu lassen. .

Abg. Schultz (D. Nat.) bemerkt, daß die politische Lage nach außen und wielleicht nach innen so kaibich geworden sei, daß es undenkbar sei, daß die Nationalversammlung, der Mittelpunkt des deutscchen Veifassungswesens, jetzt ausei nandemnehe. Es könne scheinen, aals ob die Versangmlung aus Bequemlichkeit nicht hier bleiden wolle. Es sei genügend Beratungsstoff in der Krankenkassenverordnung und

in Anträgen vorhanden. Die Nationalpersammlung könne es nicht vperwomhworten, wenn aus Ree Abmwesenheit wie im November in erlin, wieder Unbheil entstehe.

Präsident Fechrenbach: Mein Vorschlag ist nicht aus Rück⸗ sichten der Bequeomli ckkeit erfolgt; gegen diesen, Vorwurf verwahre 5* mwich. Durch sosche Eyräcunden läßt sich der Präsident der Nation

versenrmillung mickt bestimmen. Mein Gewissen ist so schaf, wie 85915 Gewissen, und wenn dringende Arbeiten vorlägen, würde solche Borschläge nicht machen; aber eine Bersamnilung zusammen⸗ zuthalten ohne wirkich dringenden Anbeitsstoff. das üsst 9 ickt zulässig. Mein Vorscklag wird allen gerecht. Wenn irgend welche Erscheinungen ommen, werden wir sofont wieder zufammentreten. Irgendwelche Gahahr entsteht für das Vaterland und 88 das Vell nicht. b Aoa. Dr. Pachnicke (Dem): Haben dassesbe Pflicht⸗ gefühl wie 8 Vertreter anderer Alleidinas führen wir es nicht gauf den Loppen; wir haben 8 ian Herzen sitzen. Bei der Be⸗ sprechung aller Parteien mit dom Präsidenten ist mit Ausnehme des Abow. Schultz völl a9s Einverständmis erzielt worden, daß der Präsident diesen Vorschlag dem Hause macht. Es bedarf nur einer telegraphischen Benach richtigung, damit wir sofont mieder hier zur Stelle sind.

Abg. Schulltz⸗ Bronserg: Es ist mwir nicht im Traum ein⸗ Hefallen, den Vorwurf der Bequemli chkeit zu erheben: ich hbabe nur gesant, deser Eindmack könne im Lande entsteben. Auf die telegraphische Benackrichtigung können wir uns bei den schwierigen Verkshrsver⸗

bältn'ssen mickt verlassen. Aba Haase (U. Segz;): Beauemlichcei tsrücksichten sond für uns nemals maßgebend gewesen. Wir stimmen für den Vorscklgg 28 Prösidenten, weil wir die Enwantung, daß der drohende Konfflskt au gecllicken werden soll,. daburch unterstreichen wollen. Wenn sich d. Envartung nicht erfüllen follte, muß der Präsident das Parlament aufs schnellste wieder zusannnenrufen. 1 Das Haus beschließt die Vertagung bis Mittwoch sbber⸗ nächster Woche (9. April) mit der Ermächtigung für den Prä⸗ sidenten, die Wrsorseg. e auch früͤter wieder’ ein⸗

8II

G ““ A“ nech 1. Uhr.

ischen Minister Hirsch,

Am Regserun ggtische die preußi in und der Reichsminister

Dr. Südekum, Heine, Bra der Ernährungsamtes Schmidt. rüfidens Leinert cröffnet die Sitzung gegen 11 ½ Uhr. örmliche Anfragen der Sozigldemokraten ühber Beschäf⸗ tigung und Ansiedelung von Kriegsheschädigten und über Für⸗ sorge für die infolge des Kriegsdienstes geisteskrank und Neurotiker Gemordenen werden, wie der Landwirtschafts⸗ minister Braun namens der Staatsregierung erklärt, demnächst beantwortet werden. Das Haus setzt die Besprechung der Anträge auf Hebung der Landwirtschaft zur Besserung der Volksernährung fort.

Hierquf mnimmt der Reichsminister des Ernährungsamts

Schmi dt das Wort, dessen Rede wegen verspäteten C ingangs des Stenogramms in der nöchsten Nummer dieses Blaftes im Wortlaute wiedergegeben werden wird.

Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten Braun: Meine Damen und Herren! Der Herr Staatskommissar für die Volks⸗ ernähxung hat ja bereits den ganzen Komplex der Fragen, die in den

eur Beratung stehenden Anträgen beha Helt werden, erörtert. Ich hätfe

docher kei ine Vexvanlassung, noch dariber zu sprechen, wenn nicht gestern einige Herren Begründer auf die Rede, die ich bei der Be⸗ des Regicrungsprogramms gehalten habe, zurückgekommen wären 6 Herr von Kessel hat gestern sein Befremden darüber ausgesprochen, daß ich in meiner Rede nicht Geleganheit genommen hätte, der Lad⸗ wirtschaft meinen Dant auszusprechen. Meine Herren, ich habe fürz⸗-⸗ lich in Weimar in einer Rede als Abgeordneter anerkannt, daß in de: Tat die Landwirtschaft, inshesondere die Frauen, alle ihre Kräfte ein⸗ gjebt hötten, um ihre Wirtichaft aufpecht zu erbalten. Ich sehe es aber nicht als meine Aufgabe am bei jeder Gelagenbeit der Landwärt⸗ schaft Da k ausgusprechen, wie ich es überhaupt nicht füg⸗ ee.;

zurückzuführen ist.

Die Herren Landwirte sollten sich doch auch etwas bescheiden und nicht dauernd verlangen, daß ainem Berufsstand bei jeder Gelegenheit Dank ausgesprochen wird. Es gibt bei uns in Deutschland auch noch andtre Berufestände, die unter den Kriegonöten schwer gelitten haben. Ich verweise nur darauf, daß der ganze städtische gewerbliche Mittel⸗ stand und große Gruppen von Arbeitern, die nicht an der Rüstungs⸗ industrie beteil,gt waren, sehr schwer gearbeitet und sohr schwer unter den wirtsckgflochen Lasten gehltten haben. Sie haben in den Kriegs⸗ Fahren in steigendem Maße hungern müssen und hungern heute noch, was für alle in der Landwirtschaft Beschäftigten nicht gilt: diese haben

sich im Kriege und bis heute noch satt essen können, ganz abgesehen

dovon, daß sie erhebliche Einnahmen erish haben.

Herr von Kessel meinte, wenn Verbitterung in der Landwirtschaft bestände, dann sei es Pflicht des Ministers, den Gründen nachzugehen und sie zu seeseitigen. Das erkenne ich dunchaus an und bemühe mich auch, den Gründen dieser Verbitterung nachzugehen. Ob es mir abet

mehr alg meinen Vorgängeirn gelingen wird, diese Urfachen zu be⸗

seit gen, coändge wir unter der Meock⸗de urp noch biel scklemmer als im Kriege unter der Knappheit leiden, das bezweifle ich. Sie können von mir nur verlangen, daß ich mich bemühe, Gründe, die zur Ver⸗

bitterung geführt haben, zu beseitigen; aber meinem Können ist durch

die Verhältnisse se eine enge Grenze gestect. Mein Herr Vorredner hat schon darauf hingewiesen, welche Schwierigkeiten es macht, die Land⸗ wirtschaft mit ausreichendem Dünger zu versehen. Das ist um so

bedauerlicher, als der hohe Stand unserer Landwirtschaft vor dem Kriege in det Hauptsache auf die steigende Verwendung künstlicher Düngemittel Nach der Richtung sind wir durch die Kriegswirt⸗ schaft wesentlich zurückgekommen. Es war bisher das Hauptbemühen der landwirtschaftlichen Verwaltung, dafür zu sorgen, daß der Land⸗ wirtschaft ausreichend künstlicher Dünger zugeführt wird. Schon vor⸗ gestern habe ich darauf hingeweesen, daß wir besonders Stickstoff und Kali in durchaus ausreichenden Mengen erzeugen können. Auf Drän⸗ gen der landwirtschaftlichen Verwaltung sind während des Krieges die Kalkstickstoffwerke erheblich ausgebaut worden, so daß wir heute zweifel⸗ los den Bedarf der inländischen Landwirlschaft nicht nur befriedigen, sondern auch darüber hinaus produgieren könnten.

Wenn wir dazu jetzt nicht in der Lage sind, so sind die Gründe, wie ich bereits erwähante, die, die zuch von meinem Herrn Vorredner unterstrichen worden sind. Gleichwohl sind wir auch jetzt in den letzten Tagen fortgesetzt bemüht gewesen und werden auch weiter be⸗ müht bleiben, alles daran zu setzen, um die noch vorhandenen Dünge⸗ mittel der Landwirtschaft so schnell wie möglich zuzuführen. Auf mein Drängen hat auch kürzlich der Herr Minister der öffentlichen Arbeiten verfügt, daß die künstlichen Düngemittel schneller auf den Bahnen befördert werden, als es bisher der Fall war. Durch eine Ver⸗ fügung vom 16. März hat er angeordnet, daß bei der außerordent⸗ lichen Wichtigkeit der Düngemittel für unsere Landwirtschaft his auf

weiteres die Wagen für die zur Beförderung zugelassenen Dünge⸗

mittel nach Maßgabe der Beförderungsmöglichkeit unmittelbar nach den Wagen für Vieh, Lebensmittel, Futtermittel und Zeitungsdruck⸗ papier gestellt werden. Ich hoffe, daß es auf diese Weise ermöglicht wird, daß wenigstens die vorhandenen Düngemittel so schnell wie möglich den Verhrauchsbezirken zugeführt werden, allerdings unter der Voraussetzung, daß nicht durch Streiks wieder der Verkehr voll⸗ ständig lahm gelegt wird. In der Hauptsache fehlt uns jetzt Stick⸗ stoff. Wir hätten vielleicht die Gelegenheit gehabt, Stickstoff aus dem Auesande in Form von Chilesecweter eirguführen; es wurden aber derartig hohe Preise gefordert, daß wir davon Abstand nehmen mußten, weil es ganz unmöglich gewesen wäre, ihn wirtschaftlich zu verwenden.

Es ist gestern in der Debatte darüber Klage geführt worden, daß auch die Verteilung von Ammoniak nicht so vor sich gehe, daß die herechtigten Wünsche der kleinen Landwirte befriedigt werden. Ich muß zugeben, daß in der Tat, wie auf allen Gebieten unseres Wirt⸗ schaftslebens, auch hier sich der Tausch⸗ und Schleichhandel in be⸗ denklicher Weise herausgebildet hat. Es ist in der Tat zu verzeichnen, daß Landwirte, die die über die Verteilung von Ammoniak verfügen⸗ den Werke mit viel begehrten Lebensmitteln versorgen, bei der Be⸗ lieferung von Ammoniak bevorzugt werden. Ich bedauere diesen Mißstand. Es wird alles versucht werden, ihm entgegenzutreten. Allerdings sind die Erfolge ebenso gering, wie sie auf dem ganzen Wirtschaftsgebiet im Kampfe gegen den Schleichhandel sind.

Weiter ist die landwirtschaftliche Verwaltung bemüht gewesen, die für die landwirtschaftliche Arbeit notwendigen Betriebsstoffe, Kohle, Brennstoffe, Leuchtstoffe usw., der Landwirtschaft nach Möglich⸗ keit zuzuführen. Auch da sind uns ja Grenzen gezogen, erstens durch den geringen Bestand und zweitens durch die Schwierigkeiten, die sich hei der Verteilung und bei der Beförderung ergeben.

Bei der Verwertung des Heeresgutes, insbesondere bei der Ueber⸗ führung von Heeresgut an die Landwirtschaft, haben sich durch die überstürzte 2 Demobilmachung erhebliche Schwierigkeiten ergeben. Die Sache hat nicht so durchgeführt werden können, als das in den Demobilmachungsplänen festgesetzt war. Der ganz überstürzte Rück⸗ zug unseres. Heeres, der in der Hauptsache auf die kurzen Fristen, die von der Entente gestellt waren, zurückzuführen war, machte es ganz unmöglich, große Massen von Heeresgut an die Stellen zu bringen, wo eine gecignete zweckmäßige Verwertung gewährleistet war. Es ist dabei sehr viel kaput gegangen, sehr viel auf die Seite gekommen. Das wenige Heeresgut, das noch ordnungsmäßig zur Verteilung gelangen konnte, ist im Einvernehmen mit der Heeres⸗ verwaltung so verteilt worden, daß die wirtschaftlichen Bedürfnisse der landwirtschaftlichen Erzeugerkreise nach Möglichkeit berücksichtigt wurden.

Es ist kein Zweifel, daß insbesondere bei der Versteigerung von Pferden es nicht immer so zugegangen ist, wie es erwünscht gewesen wäre. Es hat sich inshesondere dabei der eine Mißstand ergeben, daß die Versteigerungen, auf die die Heeresverwaltung Gewicht legt, um möglichst hohe Erträge zu erzielen, oft dahin führten, daß statt ein gutes Gebrauchspferd dem Landwirt zuzuführen, es dem Betrieb des Roßschlächters zugeführt wurde, der es hei der heutigen Fleischknapp· heit sehr viel profitabler verwerten konnte. Dadurch sind der Volks⸗ wuͤrtschaft, insbesondere der Landrirtschaft, sehr große Werte verloren gegangen, was sich bei der Produktion jetzt sehr erheblich bemorkbar machen wird. Aber gleichgvohl hat die Heereevermaltung auf unsere Vorstellungen hin alles getan, um doch noch, soweit es hei der über⸗ stürzten Pemobilmachung moglich war, der der Lanapirtschaft die für sie Heeigneten Pferde hägafäßren. Ich glaube aber, daß das nicht mehr

gabhe ansehe, hier in schönen Warten Glogn 8 Herde hsa, d durch Gcttias Heneiadchch au. 8. 8

viel bedeuten wird, da die Heem werwaltung die Pferde, die sie jetzt

LI1.“ 88 APIeI1161144“

Zweifelhaft, ob

noch hat, wohl selber gebrauchen wird. Wenn aber noch Pferde 8— Verteilung kommen werden, sollen sie unter weitgehendster Berü sichtigung der 8.. 8 ais rehe 18 Verteilung ccese

auf a 188 wird verlangt, . die landwirts chaftli che Verwaltung dafür sorge, daß die landwirtschaftlichen Arbeiter mi

Schuhzeug ausreichend versorgt werden. Auch auf diesem Gebiete ist

von meinem Ministerium alles getan, was geschehen konnte. Es sin bei der neulichen Verteilung von Schuhzeug nach Mitteilung der Reichsstelle für Schuhversorgung wiederum 300 000 Paar instand ge⸗ setzete Militärschuhe an die landwirtschaftlichen Arbeiter zur Verteilung gelangt. Allerdings teilt die Reichsstelle gleichzeitig mit, daß weitere Schuhzeug im Laufe dieses Jahres wohl kaum an die landwirtschaft⸗ lichen Arbeiter zur Verteilung kommen wird, so daß damit gerechne werden muß, daß die landwirtschaftlichen Arbeiter versuchen müß sich das fehlende Schuhzeug auf andere Weise zu verschaffen.

Es ist dang i in der Debatte verlangt worden, daß dafür Sorge ge⸗ tragen nwird, die Ueberteuerungszulagen, die jetzt bei Bauten von Wirt⸗ schaftsgebäuden ufw. aus öffentlichen Mitteln gewährt werden, auch bei dem Bau von Ueberlandzentralen zu gewähren, die für die Inten⸗ siwierung der Landwirtschaft ja außerordentlich wichtig sind. Im Hin⸗ blick auf die Zweckbestimmung dieser Teuerungszulagen ist es mir sehr die Staatsfinanzverwaltung und die Reichsfinanzver⸗ waltung sich dazu werden entschließen können. Was für die Ueber⸗ landzentralen gilt, wird naturgemäß auch für andere wirtschaftliche Unternehmungen in Anspruch genommen werden, so keine Grenze gibt und man g die Zweckbestimmung, die dahin ging, die Wohnungsfrage einigermaßen zu lösen, das Wohnungsbedürfnis zu befriedigen, sehr weit Uhreenas hen würde. Ich glaube, das würde weit über die finanzielle Leistungsfähigkeit von Staat und Gemeinde, die ja, wie Sie aus den Ausführungen des Herrn Finanzministers ent⸗ nehmen konten, sehr gering ist, hinausgehen.

Meine Herren, noch einige Worte zu den Vielchandeleswerbände auf die ja der Herr Staatekomaissar auch bereits hingewiesen k. Es wärd neuerdings in der Oesffentlickkeit eine sehr lekchafte Pro⸗ paganda gagen die Tätigkert der Vichhandelsverbände entwi ckellt. (Zukunf.) Sie sagen: mit Rechit. Ich möchte Sie doch bitten, diese Propaganda mit elwas Vorsicht aufzunebmen. Sie geht nämllich, sowweit ich becbachten konnte von den Imnteressenten aus, die in ührer Erwerbstätigkeit durch die Vieckhhandebeverbände wesenülich Hheaait k sind. Das muß dech etwas zur Vorsicht mahnen. vorwegschicken, meine Herrem: ohne die Regelung der Wieh⸗ und Fleisschversorgung durch die Viehhandelsverbände wäre es uns während der Kriegezeit und auch bis jetzt sicherlich ganz unmöglich gewesen, die städtische Bevölkerung wenigstens einigermaßen mit dem kleinen Quantum von Fleisch, was ihr zugebilligt werden konnte, zu ver⸗ sorgen. Diese Organisation war notwendig, um dieses wichtige Lebensmittell durch die öffentliche Hand zu bewirtschaften. Nun hat sich allerdings ergeben, daß dicse Viehhandelsverbände mit sehr hohem Ueberschuß abgeschlossen baben. (Sehr richtig!) Bei Errichtung der ““ ist festgesetzt worden, daß sie für ihre Ge⸗ schaclsunkosten 7 % des Un satzes in Anscpruch nebanen können. Nach⸗ dem belannt 8.eg⸗ daß sich mit diesen 7 % seehr gut wirtschaften Uüßt, ist dieser Satz auf 6 % herabgesotzt verben und beträgt auch heute noch soviel.

Meine Damen und Herren, ich weise darauf hin, daß der Privat⸗ viehhandel, der früher die Vermittlung hwische n Erzeuger, Schlächter und Verbraucher hesorgte, woll kaum mit 7 % bei Deckung seiner Unkosten und seines Gewinnes ausgekommen se. n wird, er hat sicher mit einem höheren Bruttogewinn als 6 oder 7 % gerechnet. Wenn Sie das berücksichtigen, dann müssen Sie zugeben, daß durch die Organisation der Viehhandelsverbände zweifellos Erzeuger und Ver⸗ braucher nicht mehr belastet worden sind, als sie belastet worden wären, wenn der freie Handel auf diesem Gebiete so wie früher tätig gewesen wäre.

Wenn gleichwohl bei diesem Prozentsatze, der nach den Erfah⸗ rungen des freien Handels sehr niedrig bemessen ist, so hohe Ueber⸗ schüsse erzielt worden sind, so ist das darauf zurückzuführen, daß Viehhandelsverband und seine DOrgane bei der Aufbringung des Viehes keine Schwierigkeiten hatten, weil Zwangsmaßregeln zur Verfügung standen, und kein Risiko bei der Abgabe und Verwertung des Viehes hatten, weil Abnahme und Preis vollständig gesichert waren.

Es entsteht nun die Frage, ob man nicht gut getan hätte, von vornherein diesen Satz niedriger zu bemessen. Man mußte allerdings, da der Viehhandelsverband das Risiko für das Geschäft übernahm, vorsichtig operieren, damit sich nicht für den Staat schließlich die Notwendigkeit ergab, Zuschüsse zu zahlen. Aber ich gebe jetzt zu, daß die Viehhandelsverbände zweifellos die Provisionssätze zu hoch an⸗ gesetzt haben, und solange sie tätig sind, wird man überlegen müssen, ob es nicht angebracht ist, diese Prozentsätze noch etwas herabzusetzen, wobei ich allerdings bemerken will: wenn wirklich eine Herabsetzung um 1 geschieht, so wird der Verbraucher das, wenn es auf die paar Gramm umgerechnet wird, die an den Verbraucher gelangen, viel⸗ leicht noch nicht einmal durch einen Pfennig Minderausgabe merken.

Nun, meine Damen und Herren, möchte ich Ihnen, weil die Sache in der Presse so eingehend erörtert worden ist, auch die Höhe der Ueberschüsse nennen, die erzielt worden sind. Die preußischen Viehhandelsverbände haben 1916 einen Reingewinn von rund 31 Mil⸗ lionen Mark erzielt (Hört, hört!), 1917 einen Ueberschuß von 62 Mil⸗ lionen Mark. (Hört, hört!) Das Ergebnis von 1918 liegt natur⸗ gemäß noch nicht vor, weil das Jahr mit Ultimo März abschließt. Aber nach den Bekundungen der Viehhandelsverbände wird das Er⸗ gebnis für 1918 sehr viel geringer, nicht halb so hoch sein, wie das des Vorjahres.

Meine Damen und Herren, gestern hat Herr Abgeordneter Held hier erklärt, unter Himvweis auf diese Ergebnisse der Viehhandelsver⸗ de, daß volle Klarheit über das Geschäftsgebahren dieser Verbände

geschaffen werden muß. Dem stimme ich durchaus zu. Deswegen habe ich Ihnen hier auch die Zahlen gegeben. Wenn das hohe Haus glaubt, daß es sich einen genauen Einblick in das Geschäftsgebahren der Vieh⸗ handelsverbände schaffen muß, so hat es ja die Möglichkeit daru. Nach der Verfassung hat das hohe Haus sogar das Recht, eine Unter⸗ suchungskommission eim usetzen. Alfo ich stelle durchaus anheim, dies zu tuan. Ich habe als. Vertxveter der landwirtschaftlichen Verwaltung

nicht das gerinsste Interesse darvm, daß eine Unklarheit über das Ge⸗ schäftsgebaren der Viehhandelsverbände bestehen bleibt. Ist bei diesen

etwaß vorgekonunen, was sich nicht nach außen hin auch dem Erzeuger

der Weise verfügt worden:

daß es dann gar

und dem Konsumenten gegenüber rechtfertigen läßt, dann müssen, wenn sich dabei Schuldige ergeben, diese auch zur Rechenschaft gezogen werden.

Nun noch ein Wort über die Verwendung dieser Ueberschüsse. Da sind die verschictenartigften Wünsche laut geworden. Auf der einen Seite haben sich die Erzeuger auf den Standpunkt gestellt: dieser Ueberschuß sei das Geld, das sie zu wenig bekommen hätten, während naturgemäß die Verbraucher den Standpunkt einnehmen: das sei das Geld, was sie zuviel gezahlt haben. Ich habe erst schon erwähnt, meine Herren, daß ohne die Viehhandelsverbände die Erzeuger nicht mehr be⸗ kommen hätten, die Verbraucher vielleicht noch mehr bezahlt hätten. weil dann die Fen Hngeshenh n beim freien Handel noch viel höher gewesen wären als bei dieser Organisation, so daß eigentlich an sich ge⸗ nommen beide Teile nicht geschädigt sind.

Von diesem Gesichtspunkt ist die Staatsregierung ausgegangen bei der Verfügung über die Ueberschüsse der Viehhandelsverbände, die übrigens in deren Statuten bereits umschrieben sind. Die eventuellen Ueberschüsse der Viehhandelsverbände sollen zur Förderung und zum Wiederaufbau der Viehzucht verausgabt wenden.

Meine Herren, über die Ueberschüsse von 1916/17 ist in folgen⸗ Für Futtertrocknung und Strohauf⸗ schließungsanlagen sind 4720 000 ausgegeben worden. Für An⸗ lage von Beispielswirtschaften 5 400 000 ℳ, zur Seuchenbekämpfung 1300 000 ℳ, zur Förderung der vesa doe rerfichecaung 10 500 000 ℳ, zur Verbesserung von Wiesen, Weide, Moorkultur 1 500 000 ℳ, zur Förderung der Viehzucht, insbesondere auch der Schaf⸗ und Ziegen⸗ zucht 10 420 000 ℳ, an die Landwirtschaftskammern für Einrichtung von Tierzuchtsinspektionen, Prämiierung von Vieh 18 700 000 ℳ, zum Ausbau von wissenschaftlichen Fachschulen für Tierzucht 7 300 000 ℳ. Aus den Einnahmen von. 1918 sind bereits in Aussicht genommen für die Anlage eines Instituts für Milchwirtschaft, Tierfütterung und Tierzucht 9 000 00 und für Viehseuchenbekämpfung 5500 000 ℳ. Weiter sind bereits bewilligt für Städte zur Anlage von Gefrier⸗ und Kühanlagen 4 500 000 ℳ, zur Wurstfabrikation, Zentralschlächtereien 500 000 ℳ, zu Einrichtungen auf städtischen Schlachthöfen 1 260 000 und zu Zuschüssen zur Milchversorgung für Städte 3 000 000 ℳ. Ueber die Restbeträge ist noch zu verfügen. Es wird darüber verfügt werden müssen nach der Zweck⸗ bestimmung, die in den Statuten der Viehhandelsverbände klarge⸗ legt 9

Diese Verwendung der e gerschäsfs. wie ich sie hier vorgelesen habe, ergibt, daß nicht ein einzelner Stand oder eine einzelne Person oder eine einzelne Gruppe durch diese Ueberweisungen bevorzugt oder materiell bereichert wird, sondern daß diese Mittel in der Tat objektiv zur Förderung und zum Wiederaufbau unserer Viehzucht im weitesten Umfange Verwendung gefunden haben, also für die Zwecke der Allge⸗ meinheit verwendet worden sind. Das soll auch in Zukunft so ge⸗ halten werden. Ich glaube, man kann auf andere Weise nicht zweck⸗ räßiger über diese Mittel verfügen. Soviel darüber!

Dann noch einige Worte zur Arbeiterfrnage, die ja entscheidend für die weitere Enwicklung unserer Landwirtsckaft ist. Soll der land⸗ wirtschaftliche Betrieb intensiver und ertragreicher gestaltet werden,

oll insbesondere auch der Gartenbau, der besher etwas sticfmütterlich

behantelt worden ist (sehr richtig! rechts 5), jetzt weiter entwickelt und besser ausgehildet werden, Kann ist eine bessere Allgemeirnbeildung und

fochliche Auelbildung der in der Landwirtschaft tätigen Personen durch⸗ cus geboten. Es wird dazu nötig sein ich habe bereits vorgestern vmauf hingewiesen —, insbesondere das ländliche Fortbildungsschul⸗ wesen sehr viel einheitlicher zu gestalten und es sehr viel mehr in schlicher Hinsicht auszubauen. Naturgemäß wird es ja immer not⸗ wendig sein, daß sich die Landwirtschaft mit höheren Löhnen abfindet und vor allen Dingen für geordnete Arbeitsverhältnisse sorgt.

Es ist ganz richtig von dem Herrn Abg. Sckanidt in seiner gestrigem Rede darauf hingewiesen worden, daß sich dort, wo durch hüngsftag⸗ bereits geregelte Arbeitsverhältnisse auf dem Lande ge⸗ schaffen sind, ein sehr erfreulicher Zuzug von Aubeitskräftem aus der Stadt bemerlbar macht. Das soll den Landwirten cinen Fingerzeig geben, wie sie zu ihrem Teil dazu beitragen Lönnen, Arbeitskräfte aus der Stadt cusis Land hinauszubringen.

Es ist dann in den Anträgen der Herren Gräf und Genossen ver⸗ langt worden, daß bei Verpachtung von Domänen den Domänenpächtern die Verpflichtung auferlegt wird, die Verhältnisse mit ihren Arbeitern durch Tarifverträge zu regeln. Neuen Pächtern kann diese Verpflichtung nicht mehr auferlegt werden, weil ich angeordnet habe, daß frei werdende Domänen nicht mehr verpachtet werden sollen. (Sehr richtig! rechts.) Ich halte es für notwendig, die Domänen vorläufig der land⸗ wirtschaftlichen Verwaltung zur Verfügung zu halten, um die großen Aufgaben, die ihr gestellt sind, dadurch daß sie auch einen großen Staatsbesitz an landwirtschaftlichen Betrieben in die Wagschale werfen kann, in sachkundiger und erfolgreicher Weise zu verfolgen. Wie weit es möglich sein wird, Pächtern, die jetzt schon in der Pacht stehen, wjiese Bedingung aufzuerlegen, kann ich nicht übersehen Ich halte es für sehr wahrscheinlich, daß die meisten Domänenpächter im wohlver⸗ standenen eigenen Interesse dafür Sorge tragen werden, Tarifverträge mit ihren Arbeitern abzuschließen, um geordnete Arbeitsverhältnisse auf ihren Domänen zu schaffen. Es unterliegt keinem Zweifel, daß sie dadurch ihrer Wirtschaft den allerbesten Dienst leisten können; denn eine intensive Wirtschaft läßt sich nur dann durchführen, wenn geregelte Arbeitsverhältnisse in der Wirtschaft bestehen.

Es ist dann auch moniert worden, daß durch die hohen Löhne, die die Eisenbahnverwaltung für Streckenarueiter draußen in den länd⸗ lichen Bezirken zahlt, der Landwirtschaft die Arbeitskräfte entzogen werden. Das ist keine neue Erscheinung und auch keine neue Klage. Bis zu einem gewissen Grade ist auch früher schon darüber geklagt woͤrden, daß die staatlichen Betriebsverwaltungen durch ihre höheren Löhne der Landwirtschaft Arbeitskräfte entziehen. Dies tritt jetzt viel

schärfer in Erscheinung, weil die Eisenbahnverwaltung, will sie das

Verkehrswesen aufrecht erhalten, gezwungen ist, hohe Löhne zu zahlen, um die erforderlichen Arbeitskräfte, die durch die überaus hohen Löhne in der Munitionsindustrie verwöhnt sind, zu erhalten. (Zuruf rechts: Puch in der Stadt!) 1t Für die gilt es ebenso. Die Arbeitskräfte, die in den umliegen⸗ den ländlichen Betrieben beschäftigt werden, werden veranlaßt, wegen dieser hoch bezahlten Arbeit zu der Eisenbahnverwaltung hinüber⸗ Auf die vielfachen Vorstellungen, die dieserhalb an das Land⸗ wirtschaftsministerium gelangt und an das Eisenbahnministerium Hrit oeach den sird, hat der Minister der öffentlichen Arbeiten unter dem 28. Februar 1919. bereits einen Erlaß herausgegeben, in dem er zusführt, nachdem er die Sachlage geschildert hat

Aus diesem Grunde sind in Zukunft Arbeitskräfte nicht mehr e einl⸗ zustellen, die bei Ausbruch oder während des Krieges in der Land⸗ oder Forstwirtschaft tätig gewesen sind, es sei denn, daß sie von einem nicht gewerbsmäßigen Arbeitsnachweise trotz Kenntnis ihrer Eigenschaft als landwirtschaftliche Arbeiter zur Einstellung zuge⸗ wiesen sind.

Meine Herren, auch das Demobilmachungsamt hat durch eine Verordnung vom 16. März 1919 zu dieser Frage Stellung genommen und in § 3 dieser Verordnung folgendes zum Ausdruck gebracht:

Arbeitgeber außerhalb der Land⸗ und Forstwirtschaft dürfen bis zur Aufhebung dieser Verordnung Arbeitskräfte nicht einstellen, die bei Ausbruch des Krieges oder während desselben in der Land⸗ oder Forstwirtschaft tätig gewesen sind, es sei denn, daß sie für land⸗ oder forstwirtschaftliche Arbeiten nicht mehr tauglich sind.

Mehr kann z. Z. auf diesem Gebiet nicht geschehen. Was von seiten der Staatsregierung geschehen konnte, ist erfolgt. Dabei darf man nicht verkennen, daß wir jetzt auch von unseren Verkehrseinrich⸗ tungen das höchste Maß von Leistungen verlangen. Alle die Klagen über unzureichende Dünger⸗ und Kohlenversorgung sind zum Teil auch Verkehrsfragen, und setzt man die Eisenbahnverwaltung nicht in die Lage, ihre Betriebsmittel wieder hochzubringen, macht man ihr gar Schwierigkeiten, dann kann man von ihr natürlich nicht das höchste Maß von Leistungen verlangen.

Meine Herren, dann noch ein Wort zur Wohnungsfrage. Herr von Kessel meinte gestern, ich hätte das Verhalten einzelner Ar⸗ beitgeber in bezug auf die Bereitstellung geeigneter Wohnungen für die ländlichen Arbeiter nicht verallgemeinern dürfen. Ich habe es nicht verallgemeinert; ich habe ausdrücklich hervorge hoben, es seien einzelne Fälle, wo das vorgekommen ist, und habe darauf hingewiesen, daß uns die Dinge mitgeteilt, und daß sie amtlich festgestellt worden sind. Er verlangt Beoweise. Es würde zu weit führen, wenn ich eine Reihe Be⸗ weise vorlegen wollte. Ich möchte nur eine Stelle aus der amtlichen Mitteilung des Demobilmachungsamtes vom 10. März verlesen, worin es unter anderem heißt:

Durch Prüfung der Verhältnisse an Ort und Stelle hat sich überein⸗ stimmend ergeben, daß es zur Aufnahme von deutschen Landarbeitern an Unterkünften fehlt, vor allem aber, daß auf dem Gebiete der behelfsmäßigen Unterbringung fast nichts geschehen ist.

Die vorhandenen Unterkünfte sind meist zur Aufnahme von Ostarbeitern bestimmt; vielfach haben in den Unterkünften Kriegs⸗ gefangene gehaust, so daß bei dem Fehlen von Ausbesserungsmaterial und Wohnungseinrichtungen sich die Unterkünfte in einem sehr un⸗ wohnlichen und zum Teil gesundheitsschädlichen Zustande befinden.

Eine ganze Reihe anderer Zuschriften sind uns auch noch zu⸗ gegangen, die die Verhältnisse zum Teil sehr drastisch schildern. Auch sind mir Zuschriften zugegangen, die sich über das Vorgehen einzelner landwirtschaftlicher 8 beschweren, die nicht nur ihre Ar⸗ Peieer sondern zum Teil auch Lehrer und sonstige auf dem Lande tätige Beamte mit wirtschaftlichen Nachteilen bedrohen, wenn sie eine polit sche Haltung einnehmen, die Arbeitgebrn nicht gefällt. Auch da hat Herr Abgeordne ter von Kesselb bemängelt, baß ich Feine Beweise und Leine einzelnen Fälle beigebracht habe. Ich kann Ihnen hier nicht eine große Anzahl Berirchte ver⸗ lesen; davon muß ich Abstand nehmen. Aber wenn es Sie interessiert, will ich eine kleine Liste mitteilen, die ich aus Zuschriften habe aus⸗ ziehen lassen, woraus Sie ersehen, welcher Art das Vorgehen dieser Arbeitgeber ist:

Amtsrat Lücke, Domäne Borschütz, kündigt dem Anspänner Schröder wegen sozialdemokratischer Agitation.

Herr von Kalkstein auf Wohlau, Kr. Pr. seinen Arbeitern in Lohndifferenzen, welche vom Landarbeiker⸗ verband beigelegt werden. Am Tage darauf kündigt er drei Familien, weil sie bei der Verhandlung das Wort geführt haben.

Die Kätnerfrau Anna Jezirowski wird von dem Besitzer⸗ August Czyperrek in Gregersdorf die Kuhweide und Kartoffelland sofort gekündigt, weil sie sozialistisch agitiert und gewählt hat.

Der Gutsverwalter Quedenau, Gut Wensöwen, kündigte dem Arbeiter Richard Gelonka, weil er wegen Lohnerhöhung vorstellig geworden ist, und seine Mitarbeiter beweeen gt, sich zu organisieren, mit der Bemerkung: „Ihr Sozialdemokraten habt es soweit gebracht, daß Ihr nur eine Judenregierung habt.“

Meine Damen und Herren, das ist nur eine ganz kleine Auslese, aus der Sie ersehen wollen, in welcher Weise jetzt bercits von einzelnen landwirtschaftlichen Arbeitgebern vorgegangen wird. Das ist die alte Art und Weise, wie wir sie vor dem 9. November kennen gelernt haben. Ich hielt es deswegen für notwendig, diese Dinge hier zur Sprache zu bringen nicht um sie zu verallgemeinern. Denn wenn das erst eine allgemeine Erscheinung wird, dann ist ee zu spät, dann ist der große wirtschaftliche Schaden schon entstanden. Im Gegenteil, nachdem mir derartige Einzelfälle zur Kenntnis ge⸗ kommen sind, hielt ich es für notwendig, von dieser Stelle aus darauf hinzuweisen, um die Arbeitgeber zu warnen, diesem schlechten Beispiel zu folgen und in den alten Fehler zu verfallen. Den Anfängen soll man wehren, wenn die Sache nicht allgemein und ein großer wirt⸗ schaftlicher Schaden angerichtet werden soll. el Vorkommnisse sind eben die Vorstufe des Bolschewismus. Wenn man die Leute, die auf vegelem Weoge ihrer politischen Ueberzeugung Ausdruck gäben urd sich im Sinne ihrer polite schen Uoberzengung betätigen, in dieser Weise mit wirtschaftlichen Nachteilen bedroht und bestraft, dann weist man sie naturnotwendig auf einen unlegalen Weg in ihrer politischen Tätigkeit, die letzten Endes denen, die diese Dinge gemacht haben, sehr zu denken geben sollte, da sie schließlich selbst dadurch gestraft würden. (Zuruf rechts: Ist das bewiesen2) Hier handelt es sich um bewiesene Dinge.

Meine Damen und Herren, ich hoffe jg, daß die Aubeitsve chält nisse auf dem Lande auch durch die jetzt angebahnte zweckmäßige und umfassende Siedlungstätigkeit mehr gefunden werden, daß wir einen wesentlich salständigeren Landarbeiterstand bekomanen, der seor viel mehr Beziehungen zu den besitzenden zu dem Kleingrundlbesitz und dem mittleren Grundbesitz, hat, so daß sich allmählich die Kasten⸗ schelrung ci dem Lande verwischt n sich dadurch auch sozial und demgemäß wirtz schaftlich ein besseres Veubältnes zwischen den einzolnen in der Landwirtschaft tätigen Gmppern anbahrt.

Für mich ist die Sicelungsfvage vonvwicgend eine Wohnungs⸗ frage. Deenvegen ist auch im Programm der Ragierung danzuf hin⸗

diesen

Eylau, kommt mit

ewlesen, daß die edlung jetzt hhemnfüsser g ud umsassender zur

Bechesern erung der Wobhnnags⸗ urd Wirsscheffts estmisse der Arbe beiter

b brichen weiden efoll. Es böcnn. 5 jetzt in

erster Linie darauf an, daß man den Anbeitern, 2 auf dem Lande sind und die jetzt hinausgehen wollen, ein gemütliches Heim schafft, und insbesondere dieses Heim auch anit Pachtland versieht, sodaß sie sich cuch in ihrer freien Zeit auf ihrem Pachtland wirtschaftlich (be⸗ tätigen können. Ich habe auch dem Veulangen, daß hier gestern in

der Debatte ich glaube, von Herrn Grafen von Kanitz geäußert

wurbde, den Forstanbeitern mohr forstfecballsches Land pachtweise zu überbafsen, bereits entspr. ochen, sowie es laut geworden ist. Die Forst⸗ verm 1 ist angewiesen, diesen Wünschen in weitgshendstem Maße Rechmung zu tragen.

1 86 übe, daß, wenn es gelingt, den Gemeinden im Wege bder Siedllu möglichst viel Land zur Verfügung zu stellen, so daß sie das Landbedürfnis der in den Gemeinden wohnenden Arbeiter auf dem Wege der Verpachtung befriedigen können, es dann möglich sein wird, einen sehr viel festeren und besseren Landarbeiter⸗ stand zu schaffen. Darum stimme ich auch dem Herrn Abg. Schmidt zu: gerade aus diesfen erst miet⸗ und pachtweise angesetzten Land⸗ arbeitern G sich zweiffellos die besten Ansiedler stür selbstständige und bäuerliche Wirtschaften später rekrutieren; denn das sind die 616 vas sie dort enwartet, sie haben die notwendigen Erfehrungen gefiemtnelt, haben auch sch die mnötige Ausbildung erlangt; sie werden zweiffellos das beste Ansiedlermaterial zur Be⸗ setzung von selbständigen Bauernstellen aoeen Denn, will man jetzt in aller Eile die Leute das Land G brin ngen, meine Herren, do bonn cs manche werunglkückte Wirtschefft ged war bann es mancherlei L Leute geben, die mit den größten Hoffn 1 amsgegangen sind und 88 Jahr und Tag schon meist en ttäuscht t guf ihrer kleinen Wirtscheft sitzen. Es wäre ein Unrecht, die Leute hinaus zuschicken, bevor sie wissen, was ihrer dort harrt. Es wäre schaftlich auch ein sehr Sgs Nachteil, wenn man in dieser Weise vorgehen wollte. 8

Um die Arbeiter so schnell wie möglich hinauszubringen, lege ich das größte Gewicht darauf, ihnen dort auch angemessene Unterkunfts⸗ räume zu schaffen und ihnen Pachthand zu geben, auf dem sie selsständig wirtschaften können. Ich weiß genau, daß man auf dem Gebiete der Eyprichtung von Gebäuden jetzt nicht viel erreichen kann; aber ich hHabe schon neulich darauf hingeriesen: es gibt in den Dölfern und auf den Güttern genug Unterkunftsräume, die sich bei gutem Willen wohn⸗ lich und ordentlich als Behelfsunterkünfte herstellen lasson. (Sehr richtig! bei den Sczialdemokraten.) Wenn der gute Wille dahinter steht läßt sich das nachen. Ich lege besonders großes Gewicht darauf, bei der Schasfung von Wohngelegenheiten für die Arbeiter auf m Lande die Arbeiter unter allen Umständen von ührem Arbeits⸗ verhältnis und ihrem Arbeitgeber unabhängi 9 sind. Die Gewährung von Wohhngelegonbeiten mit gleickzeitiger Abhhängigkeit von einem einelnen Arbeitgeber wird von den Acbeitern stets verpönt: man närd die Arbeiter nicht festhalten, sie nicht aufs Land hinausbringen können, wenn man versucht, sie nach diesor Richtung hin zu binden und zul brabast en.

Herr Abg. Graf v. Konitz meinte

Leute, die

aus der Stadt auf

8 0. 8 0*

gestern, er finde es erwas komisch, daß die Denkschrift so spät gekommen sei, wenn ich ihn recht ver⸗ standen habe. 8 rechts: Im letzten Moment!) Ja, meine Herren, die Frage, die in der Deftcschrift behandelr wird, ist allerdings Awas spät gekommen; die Dinge liegen so, daß das Reich die Ausfüchhrungsbestimmungen zu der Reichssiedlungsoronung bis heute noch nicht herausgegeben hat. Da wir jeden Tag darauf 1 ““ ist eben die Denkschrisst bis jetzt noch zurückgehalten worden, und d Gesetzesvorlagen konnten leider dem Hause auch noch nicht weil wir sie nicht abschließen können, bevor nicht das Reich die Aus⸗ 1e“ zu der Sieldlung gsordmeng vom 29. Januar hercwebringt. Es stolt zu erwarten, daß sie in den nächsten Tagen herauskommen, und dann werden auch die Vorlagen sofort dem Haufe zugehen. Aber, meine Herren, in einem gewissen Widerspruch dar: stand es doch, wenn Herr Abgeordnater von Kanitz im Anschluß ee meinte, man solle sich doch in dieser Siedlungefrage keiner Ucher stürzung schuldig machen. (Sehr richtig!

Ja, meine Damen und Herren, erst kam die Denkschrift etwas zu spät, und dann fürchtet Herr Graf von Kanitz eine Ueberstür vung. Es unterliegt keinem Zweꝛfe el, daß niemand daran denkt, eine wirt⸗ schaftlich so wichtige und in das Wirtschaftsleben so tief eingreifende Maßnahme mit Ueberstürzung auszuführen. Selbst wenn man es wollte, so würde es doch gar nicht möglich sein, überstürzt zu siedeln; denn wir können in diesem Ie hre leider nicht einmal das machen, was derkge nd notwendig wäre und wofür wir das Siedlungsland schon in der Hand haben, weil die Baumaterlalien fehlen und auch die sonstigen Voraussetzungen nicht gegeben sind. Also eine Ueberstürzung ist micht

zu befürchten; ich fürchte vielmehr, daß die tatsächlichen Hindernisse es uns unmöglich machen werden, die Sache mit der Eile gu betre 88 8 wie man es draußen erhofft und wie es durch die wirts schaftlichen Ve hältnisse geboten ist.

Wenn Herr Graf von Kanitz hier schon vor einer Ueberstürzung warnte und eine sehr gründliche Beh⸗ andlung der Vorlage ankündigte, dann ecrinnerte das doch zu sehr an die Stellungnahme, die die Herren von der Rechten früher in den Siedlungsfragen einnahmen. Sie sprachen sich auch stets dafür aus, daß die innere Kolonisation ge⸗ fördert werden sollte; aber keine Ueberstürzung, nur langsam so daß diese Erklärungen für die innere Kolonisation von den weitesten Kreisen immer nur als platonische Liebeserklärungen aufgefaßt wurden. Wenn die Sache praktisch werden sollte, dann wurden so viele Schwierig⸗ keiten gemacht, daß man über sie nicht himreg kam. Schon vorgestern habe ich dargelegt, daß wir im letzten Menschenalter doch is. mäßig sehr wenig in Preußen angesiedelt haben, und daß i n diesem Dempo nicht fortgefahren werden darf, wenn wir nicht alle die auf die innere Kolonisation gesetzt worden, aufs schlimmste ent⸗ täuschen wollen. (Zuruf rechts.) Es wird mir eben zugerufen, Sie wollen das Gesetz nicht auf dem Verordnungswege haben. Meine Herren, ich muß Ihnen offen gestehen: mir ist die Sache so⸗ wichtig und sie scheint mir so sehr der Beschleunigung zu bedürfen, daß es mir allerdings erwünscht wäre, das Gesetz als Notverordnung herausgeben zu können. Ich möchte auch darauf hinweisen, daß die Reichsregierung der Auffassung ist, der sich das Reichsjustitemt an⸗ geschlossen haben soll, daß kein Grund vorlioge, diese Ausführungs⸗ bestimmungen nicht im Wege der Verordnung zu erlassen. (Hört! hört! und Zurufe vechts: Darn brauchen wir kein Parlament!) In dem 8 § 24 der Reichssiedelungsordnung heißt es:

Der Gtaatssekretär des Reichsarbeitsamto ist ermächtigt, soweit nichts anderes bestimmt ist, nähem ften, insbesondere zur S pebe i Bässen. Soweit er von 1 Feen