1919 / 83 p. 22 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 10 Apr 1919 18:00:01 GMT) scan diff

unsere Feinde. Es kann die Zeit kommen, wo wir erhlären: nein, jesen Frieden der Gewalt und des Zwanges vmterschreiben wir hicht, (Stürmischer Beifall und Zustimmung.) Will man uns die eder aur Untergeichnung eines solchen Gewaltfriedens in die von unger und Entbehrung entkräftete Faust drücken, dann kann es sein, daß diese Faust nicht unterschreibt, sondern zum letzten Widerstand sich zusammenballt. (Stürmischer Beifall und Zustimmung.) Wenn neben das niedergeschmnetterte und vom Bolschewismus zerfressene Rußland auch noch ein niedergeschnnettertes Deutschland gestellt wird, dann kann es kommen, daß statt des milden Lichts des Friedens die Flammen aus dem Abgnund schlagen und der Zustand des Welt⸗ bollschewismus eintritt, der den Brudermord bedeutet und die Ver⸗ nichtung aller Kulttur. (Lebhafter Beifall.) Ein Volk von Millionen darf nicht auf die Dawer durch eine Minderheit maßlos geängstigt werden. Ich möchte diese Gelegenheit nicht vorübergehen lassen, ohne den Söhnen und Brüder nunseres Volkkes, die sich in dieser sckweren Zeit zur Verfügung gestellt haben, um wieder Ruhe und Ondnung zu schaffen, unseren aufrichtigsten Dank auszusprechen. (Lebbafter Beifall im Zentrum und rechts.) Die Tatsache, daß der Bolschewis⸗ mus in Bayern Fuß gefaßt hat, ist nicht mehr eine Angelegenheit, die Bayern allein angeht, sondern es ist die Pflicht des Reiches und aller deutschen Bundesstaaten, sich mit dieser Fmage zu beschäftigen. (Sehr richtia!) Was jetzt in Bayern geschieht, das ist die Be⸗ tätigung ds Geistes der Verneinuna, die sckließlich zum Chaos führen muß, und es wird schließlich nichts weiter übrig bleiben, als daß das baversche Volk zur Selbsthilfe aufgerufen wird, um sich von dieser „Sckwabingerei“ befreien, die von Fremdlingen nach Bavein

hineingetragen worden ist, die von bayerischem Wesen auch nicht das⸗

mindeste an sich hat. (Sehr richtig! und Zustimmung im Zentrum.) Was wir brauchen, das ist das tägliche Brot, und das muß geschaffen werden durch Arbeit, durch Zufuhren von außen und nicht zuletzt auch durch den Abbau rder die Abschaffung der Zwangswirtschaft, von der man woll sagen kann, daß sie vollkommen Fiasko gemacht hat. (Sechhr richtig!) Die neue Zeit brinat neue soziale Forderungen: nicht ihrem Inhalt nach sind diese sozialen Forderungcen neu, denn sie sind geboren aus dem Geiste, der sckon seit 1900 Jahren seine Werbekrnaft in der Welt bewiesen Kat. (Beifall im Zentrum.) Neu sind aber die Formen. Der Sozialisierunoscedanke wird von vielen falsch ver⸗ standden. Materielle Dinee llassem sich sozialisieren, geistige nicht (Sechr wahr!) Das Wort „Rätesystem“ erfreut sich nicht des hesten Klanges, aber man kann ihm einen guten und besseren Gebalct gehen. Der ietzige Regierungsvorschlag zur Einführung des Räte⸗ systems in die Verfassung ist kein Verlegenbeitspredukt. Er ist eine unumgänglich notrrendige soziale Forderung, die uns in ihrem lachlichen Gwundeebalt durchaus berechtiat erscheint. (Sehe richtig! im Zentrum.) Der Arbeiter darf nicht wie bisher Obiekt des Wirtschaftslebens sein, sondern er muß sein Subiekt werden. Das Rätesystem soll nicht einen Uebergang zur Klassenherrschaft bedeuten, aber es ist ein vortreffliches Mittel zur Verständigung zwiscken Arbeit⸗ gebern und Arbeitnehmern. Das Rätesystem ist die Krönung des Werkes der Gewerkschaften, aber die Gewerkschaften müssen auch ferner beibehalten werden. Die politische Arbeit muß bei der Volks⸗ vertretung bleiben, aber wirtschaftliche Fragen können durch das Räte⸗

rlament besser ausgearbeitet und vertieft werden. Von sämtlichen Fatete des Hauses wird eine gemeinsame Willenskundgebung der

ationalversammlung ins Land hinausgehen. Wenn wir so das Trenmende unserer Auffassungen über Politik und Wirtschaftsleben zurückstellen, dann werden wir dadurch unseren Forderungen dem Feinde gegenüber mehr Nackdruck verleihen. Dann wird der Weg des Leidens und der Kümmernis zu einem Weg des Heiles werden, und alle die verschlungenen Fäden werden sich zusammenfinden zu der geldenen Spirale, in der alles Menschenwerk der Gottheit entgegen⸗ reift. (Lebhafter Beifall im Zentrum.)

Abg. Hoch (Soz.): Ein wirklicher Friede ist nur dann erreicht, wenn es ein Friede des Rechtes ist, wenn unser Volk ohne Ver⸗ gewaltigung aus dem Kriege hervorgeht. Das soll keine Drohung sein. Auch wenn unser Volk seine volle Kraft wieder erlangt hat wird ein Krieg, wie wir ihn jetzt erlebten, nicht mehr möglich sein, weil dann alle Völker erkannt haben werden, daß ein solcher Krieg ein Verbrechen an der Menschheit ist, das unter keinen Umständen mehr vorkommen darf, (Beifall bei den Sozialdemokraten.) Wenn die Vergewaltigungsabsichten in feindlichen Völkern der Angst ent⸗ springen, daß in Deutschland der Militarismuvs wieder erstarken könnte, so ist das eine falsche Rechnung. Die anderen Völker sollten erkennen, daß in Deutscklland der Militarismus für alle Zeiten beseitiat ist, wenn wir zu einem gerechten Frieden kommen. (Beifall.) Ich begrüße die Einrichtung eines Stoaatsgerichtshofes, der unparteiisch die Schuld an diesem Kriege untersuchen soll. Die Schüuldigen werden sich wie in allen anderen Völkern so auch in unserem Volke finden. Schandtaten sind fraglos während des Krieges vorgekommen bei allen Heeren, auch bei unserem Heere. Ich erinnere daran, daß bei der Erschießung des enclischen Kapitäns die Militärbehörde die dringenden Bedenken des Auswärtigen Amtes gegen die schnelle Urteilsvollstreckung mit den Worten zurückwies: „Wir kennen kein Auswärtiges Amt!“ (Hört, hört!) Der Militarismus wird in unserem Lande unmöglich sein, wenn uns nicht eine andere Entwicklung aufgezwungen wird durch eine Vergewaltigung des deutschen Volkes.

rum müssen wir fordern, daß der Friede ein Rechtsfriede sein muß. (Beifall.) Ebenso wie den Frieden mit der Entente erstreben’ wir auch den Frieden mit dem benackbarten russischen Volke. Ich⸗ frage die Regierung, ob es richtig ist, daß die russische Regierung ausdrücklich und auf das bestimmteste unserer Regienung erklärt hat, sie sei bereit, Frieden zu schließen und denke nicht daran, ihre Heere über unsere Grenzen zu führen, verlancçe aber, daß auch unsere Heere innerhalb unserer Grennen bleiben. Ebenso wichtig wie der Friede nach außen ist aber auch, daß wir Frieden im eigenen Lande be⸗ kommen. Die scklimmsten Ausschreitungen können ja mit Waffen⸗ gewalt niederoeschlagen werden, aber das ist kein wahrer Friede. (Sehr richtig) Damit wird denen in die Hände gearbeitet, die nur darauf lauern, bis das arbeitende Volb sich selbst durch Bruderkämpfe so sehr geschwächt hat, daß die anderen mit den Errungenschaften der Revolution aufräumen und die alte Gewaltherrschaft wieder einführen können. (Lebhafte Zustimmung bei den Soszialdemokraten.) Wir müssen dringend bitten, daß die Trurvven nicht dort eingreifen, wo es der eigenen Bevölkerung möglich ist, die Ordnung auf⸗ recht zu erhalten. Die traurigen Erfahrungen der letzten Zeit werden dech auch in den letzten Anhängern einer gewaltsamen Minderheitstaktik davon überzeug! haben, daß durch diese Gewalttaten die Revolution nicht gefördert, sondern in jeder Beziehung geschädiat wird. (Sehr richtig! Die Regievung muß danach streben, daß die Trumpen vor Aus⸗ schreitungcen und Uebergriffen gewarnt und daß solche Ueberariffe ebenso schnell und scharf bestraft werden wie die von der anderen Seite. Es ist ein Befehl veröffentlicht worden, der ausging, vom Oberkommando Noske, Abteilung 3. In diesem von einem Offizier von Hoffmann unterschriebenen Befehl wird die Schutzhaft über einen Anhänger des Spartakusbundes verhängt, nur aus dem Grunde, weil der Mann dem Spartakusbund angehört, der zu Gewalttätigkeiten aufreist. Der Grund ist nicht etwa der, daß der Verhaftete selbst zu Gewalttätigkeiten aufgefordert hat. (Hört, hört! bei den Sozial⸗ demokraten.) Soweit darf man unter keinen Umständen gehen. (Sehr richtigt bei den Sozialdemokraten.) Ich erwarte von der Regierung eine Erklärung, daß solche Befehle ungültig sind, und daß die auf Grund solcher Befehle Verhafteten sofort wieder freigelassen werden. Nur die furchtbare wirtschaftliche und seelische Not unseres Volkes erklärt die traurigen Zustände, unter denen wir jetzt leben. Gewiß tut Arbeit bitter not, aber nicht planlose Arbeit, sondern geregelte Arbeit: Der Ertrag der Arbeit muß gerecht verteilt werden. Heute, wo Hunderttausende schwer leiden müssen, darf es keinen Ueberfluß geben. Zur Beseitigung des Hungers müssen alle Kräfte zusammen⸗ halten. Deshalb lehnen wir mit aller Entschiedenheit die Räte⸗ republik ab, denn sie bedeutet nicht die Vereinigung der Kräfte, sondern die Verewaltigung der Mehrheit darch eine Wörderheit Wir lehnen jede Vergermaltigung ab, auch eine Diktatur des Kapitalismus. Sehr richtig! bei den Sonaldemobwaten.) Auch der Zucker

muß weiter öffentlich bewirtschaftet werden, sonst wandert er in die Bonbonfabriken. Beim Gemüse und bst ist erst eingegriffen worden, als es höchste Zeit war, um so unverant⸗ wortlicher sind die Forderungen, die jüngst in Berlin auf einer Tagung der Gemüse⸗ und Obsthändler erhoben worden sind. Die ersten Lebensmittel aus dem Ausland kommen jetzt herein. Man kann sie aber nicht mechanisch nach der Einwohnerzahl verteilen. Auch in vielen Mittelstädten herrscht bittere Not. Das Pfund Mehl soll 2,50 kosten. Wer kann denn das bezahlen? Bei solchen Preisen müssen ja Lohnforderungen kommen. Wohnungen für die minder⸗ bemittelten Kreise müssen geschaffen werden. Ein schamloser Woh⸗ nungswucher macht sich breit. Die Schuldigen gehören ins Zucht⸗ haus. Unsere Kriegsgefangenen kommen hoffentlich bald zurück. Aber wir müssen inzwischen auch dafür sorgen, daß sie bei uns leben und wohnen können. Die Regierung befürchtet eine Abwanderung der Beamten in die hochbezahlten Industriestellen. Wir schlagen den um⸗ gekehrten Weg ein. Arbeiterräte müssen dafür sorgen, daß in der Industrie nicht mehr zu hohe Gehälter gezahlt werden. Den Satz von der Heiligkeit des Eigentums können wir in dieser schweren Zeit nicht anerkennen. Jeder der mehr hat als er braucht, darf dieses Mehr nur noch als Eigentum der Gesamtheit verwalten. Zur Durch⸗ setzung dieser weitgehenden Forderungen brauchen wir eine starke Regieruna. Ein Teil selbst der allernächsten Mitarbeiter der Re⸗ gierung arbeitet nicht mit den, sondern gegen die neuen Männer. (Sehr richtig! links.) Ersatz wird schwer zu finden sein aber die Schwierig⸗ keiten sind zu überwinden. An dem Wort, daß, wer ein Amt hat auch Verstand bekommt, ist etwas Wahres. Jetzt muß schnell ge⸗ arbeitet jetzt muß riskiert und probiert werden. Darum brauchen wir die Arbeiterräte als vorwärtstreibenden Faktor. Die National⸗ versammlung darf sich dieser Entwicklung nicht entgegenstellen, son⸗ dern muß dafür sorgen daß sie sich in Formen vollzieht, die der Ge⸗ samtheit zum Segen gereichen. Wenn es uns gelinat, auf der Grund⸗ lage eines gerechten Friedens für den inneren Frieden zu arbeiten dann dürfen wir hoffen, wenn schnell gehandelt wird daß wir trotz der traͤurigen Zeit in der wir leben noch zu einem Zustand der Freiheit und Gerechtigkeit der Menschenwürde und des Menschenglückes kommen werden. (Beifall bei den Sozialdemokraten.)

Um 1 % Uhr wird die Weiterberatung auf 3 % Uhr vertagt.

Nach der Pause nimmt das Wort

der Reichsminister des Aeußern Graf von Brockdorff⸗ Rantzau: Seit meiner Programmrede vom 14. Februar hat sich die Lage nicht wesentlich geändert. Zwar ist der Krieg noch nicht beendet, aber man darf annehmen, oaß der Friede vor der Tür steht. Die Friedensarbeit fällt zusammen mit meinen Plänen für die Reform des auswärtigen Dienstes. Wir brauchen einen möglichst vollkommenen Apparat, um aus der unerhört schweren Lage in der sich Deutschland befindet, zu einem erträglichen Frieden zu gelangen. Wir bdürfen nicht zu hoffnungsvoll sein, brauchen aber auch nicht zu verzweifeln. Unsere Gegner haben uns während des Winters durch die immer maßloseren Forderungen ihrer press zu erschrecken und an das Schlimmste zu gewöhnen versucht. Jetzt hört man mildere Töne. Jetzt wird erklärt, Deutchland werde uͤberrascht sein, wie maßvoll die Forderungen sind, die man zu stellen gedenkt. Wir wollen uns weder durch die düsteren roch durch die freundlicheren Zukunftsbilder aus der Stellung drängen lassen, die wir am Friedenstische einnehmen müssen. (Sehr richtig!) Wir stehen vor harten und kühl rechnenden Feinden und haben ihnen gegenüber nur eine Waffe: Das ist die Berufung auf rie Friedensgrundlagen, über die wir Anfang November, bevor wir unsere Waffen und unsere Glacis auslieferten, einig ae⸗ worden sind. (Sehr richtig!) Ein Frieden, der sich von dieser Grund⸗ lage in einem wesentlichen Punkte entfernt, können wir nicht unter⸗ zeichnen! Lebhafter Beifall.) Die territorialen Forderungen der Gegner geben mir jetzt nur zu wenigen Bemerkungen Veranlassung. Erneut muß ich die deutsche Forderung anmelden, daß der elfaß⸗ lothringischen Bevölkerung das Recht zuerkannt wird, über ihr künf⸗ tiges Geschick durch unbeeinflußte Willensäußerung selbst zu bestimmen. (Lebhafte Zustimmung.) Unsere Gegner sollten einsehen, daß die Art,

wie Elsaß-⸗Lothringen jetzt behandelt wird, für den künftigen Frieden’

Europas und der Welt ausschlaggebend ist. (Sehr richtig!) Es sollte aus einem Zankgpfe] ein Bindeglied zwischen den beiden großen Völkern werden, die künftig noch mehr als bisher auf gute Nachbarschaft ange⸗ wiesen sind. (Wiederholte Zustimmung.) Im Osten haben wir eine schwere Krise durchgemacht. Sie scheint vorläufig überwunden, denn die Entente hat sich bereit finden lassen, auf die Landung bei Danzig zu verzichten. Aber sie hat ihren Anspruch darauf in aller Form aufrecht⸗ erhalten, und es bedarf größter Wachsamkeit, damit die Forderung, die wir aus sachlichen und rechtlichen Gründen unbedingt al lehnen mußten, nicht wiederholt wird. (Beifall.) In der Frage Nord⸗ sckleeswigs haben sich die Dinge zugespitzt. (Hört, hört!) Mehr oder

weniger unzuständige Unterhändler Dänemarks suchen bei der Entente

immer weitergehende Forderungen auf Kosten des geschwächten Deutsch⸗

lands durchzusetzen. (Hört, hört!) Eine skrupellose Agitation möchte den Hunger auch der Deutschen Mittelsckleswigs zur Erpressung von Zustimmungserklärungen im dänischem Sinne ausbeuten. Diesen Machenschaften kann nicht scharf genug entgegengetreten werden. (Lebhafte Zustimmung.) Einsichtige dänische Politiker sind sich darüber klar, wie schwer ihr Land unter einer deutschen Irredenta leiden müßte und wie trügerisch der Gewinn wäre, den Dänemark jetzt als Danaer⸗ geschenk der Entente davontragen könnte. (Sehr richtic!l) Wenn die frühere deutsche Regierung im vergangenen Herbste erklärt hat, daß sie auch auf die streitigen nordschleswigschen Gebiete die Wilsonschen Grund⸗ sätze anzuwenden entschlossen sei, so hat sie dabei nur ungweifelhaft dänisch besiedelte Bezirke im Auge gehabt. (Sehr richtig!) Die Vorbereitungen für die Angliederung Deutsch⸗Oesterreichs sind inzwischen weitergeführt worden. Die österreichische Kommission unter der Führung des berühmten Rechtsgelehrten Klein ist bekannt, und auch die deutsche Kommisssion wird bald bekannt⸗ gegeben werden. Unterströmungen, die dem Zusammenschluß entgegen⸗ wirken, beirren mich nicht. Wir stehen vor einer historischen Ent⸗ wicklung, die mit innerer Notwendigkeit ihren Lauf nimmt. Darum möchte ich davor warnen, diese Entwicklung zu überstürzen. Das ist nicht nötig. Es könnte schaden. Es genügt, wenn wir ruhig und sachlich an der Aufgabe fortarbeiten. (Bravo!) Unsern Gegnern machen offenbar die finanz ellen Forderungen mindestens ebenso große Schwierigkeiten wie die territorialen Forderungen. Das ist kein Wunder. Es ist erst recht ganz ausgeschlossen, die Frage der finan⸗ zellen Ansprüche an Deutschland ohne Verhandlung mit unseren Sachverständigen zu lösen. Wir sind bereit, am Friedenstische den Eeanern sowohl auf ihre Schadensforderungen wie auf ihre Fragen nach unserer Zahlungsfähigkeit mit voller Offenhei: Rede und Ant⸗ wort zu stehen. Es wird rascher zum Ziele führen, wenn sie at uns verhandeln, als wenn sie von Woche zu Woche, von Monat zu Monat versuchen, untereinander, über Sätze einig zu werden, die vor der Wirklichkeit die Pkobe doch nicht bestehen. (Sehr gut!) Unsere Geaner sollten die politische und wirtschaftliche Lage Deutsch⸗ lands bei ihren Berechnungen leidenschaftsloser ins Auge fassen. Sie können es nicht zerstückeln und lähmen und dabei gleickzeitig aus seiner Volkswirtfchaft die cewaltigen Ueberschüsse berauszieben, die sie von ihm erwarten. (Zustimmung.) Nur ein wirtschaftlich erstarkendes Deutschland kann seinen bisherigen Feinden helfen, wirtschaftliche Schäden des Krieges wieder gut zu machen. (Wiederholte Zu⸗ stimmuna.) Dazu bedürfen wir der Freigabe des industriell und landwirtschaftlich so wichtigen Westens, der jetzt nicht nur vom Feinde besetzt, sondern entgegen dem Waffenstillstandsabkommen von dem übrigen Deutschland abgeschnürt ist. Wir bedürfen der schleunigen Aufhebung der Blockade, dieser grausarsten Maßregel mit der man trotz Waffenstillstand weiter gegen uns Krieg führt. (Lebhafte. Zu⸗ stimmuna.) Wir brauchen endlich die Zufübrung von Lebensmitteln unter Bedinaunden, die uns ihren Ankauf überhaupt möglich machen.” (Sehr wahr!) Wir verkennen nicht die hochherzige Gesinnung mancher, die sich um die Belieferung dor Mittelmächte mit Lebensmitteln be⸗ müht haben Gann hesonders sind wir dem Papste dankbar, der noch in jünester Zeit seinen Einfluß für eine schleunige Hilfe gogen die Hungersnot eingesetzt hat. (Lebhafter Beifall.)

Be! der Aus⸗

führung handelt es sich aber um sehr kühle, geschäftliche Fragen. Dy Preise und die Art der Bezahlung lassen uns diese Lieferungen nicht als Wohltat empfinden, und ein Vergleich mit der Art, wie die dont⸗ schen Bshörden das belagerte Paris nach dem Wafsenstilstand mit Lebensmitteln versahen, faällt nicht zu ihren Ungunsten aus. Aber wirn erwarten mehr von unseren westlichen Gegnern als Lebensmittel. Wir brauchen Rohstoffe, um wieder zu arbeiten, und um diese Rohstoffs u kaufen, brauchen wir Kredit. Wenn die Gegner Deuts chland wirklich sar fähig halten, ihnen soviel zu leisten wie sie sagen, so müssen sie an seine Zukunft glauben, wie ich an seine Zukunft glauben muß. Dann müssen sie aber auch zur Gewährung von Kredit bereit sein. ESehr rich g!) Zu jedem Geschäft gehört Vertrauen. Wer es uns schenkt, wird nicht enttäuscht werden. Ein ähnliches Verhältnis wirtschaft⸗ licher Ergänzung besteht zwischen Deutschland und dem Osten. Nach⸗ dem die Furcht vor der der russischen Wirtschaft durch deutsches Kapital jeden Daseinsgrund verloren hat, sollten sich das deutsche und das russische Volk auf das besinnen, was sie einonder zu bieten haben. Dazu gehört freilich, daß das neus Rußland von jeder Form der Vergewaltigung uns gegenüber Ab⸗ stand nimmt. Abgeordneter Hoch hat soeben an mich die Frage gerichtet, ob es zutrifft, daß die russische Regierung ausdrücklich und auf das bestimmteste unserer Regierung erkläxt hat, sie sei be⸗ rreit Frieden zu schließen, und daß sie gat nicht daran denke, ihre Heere über unsere Grenzen zu führen, daß sie nur verlange, daß auch unsere Heere innerhalb unserer Grenzen bleiben. Eine der⸗ artige Erklärung an die deutsche Regierung ist seitens der russischen Regierung nicht erfolgt. (Bewegung.) Die von mir nur flüchtig gestreiften dringendsten Probleme der Gegenwart und der nächsten Zukunft stellen dem Ministerium des Auswärtigen Aufgaben Furtunft. Art und größter Zahl. Wie sind diese Aufgaben mit den vorhandenen Kräften zu bewältigen? ch 1 82 es eine alte Uebung ist, meinem Ministerium das Vertrauen zu versagen. (Heiter⸗ keit.) Die Lösung der Aufgaben wird dadurch nicht erleichtert. Ich weiß, daß man erklärt, im Ministerium des Auswärtigen gehe alles seinen alten Schlendrian weiter. Wer das sagt, hat keinen Einblick in die Wandlungen, die sich bereits vollzogen haben und noch vor⸗ bereiten. Ich habe nicht die Neigung von der Kritik meiner Vor⸗ gänger zu leben, es mag zwar eine reichliche Nahrung sein, aber sie wäre unverdaulich. Ich bin fest entschlossen, Wandel zu schaffen. Zunächst handelt es sich um eine Reform der Organisation. Statt der bisherigen Eintellung nach Materien führe ich das Regional⸗ süsts ein. Jedes wichtige Land wird seinen Spezialreferenten be⸗ ommen. Dadurch werden wir wirkliche Sachkenner heranbilden, die ein Land in seiner Gesamtheit übersehen können. Den Auslands⸗ kommissionen sollen besondere Sachverständige zugeteilt werden, um die sozialen Einrichtungen jedes Landes zu studieren und Fühlung mit den Arbeiterkreisen zu gewinnen. Hand in Hand mit der organisa⸗ torischen Reform geht eine Reform des Personals. Durch den Weg⸗ S der Unterscheidung zwischen diplomatischer und konsularischer aufbahn wird die Auswahl unserer Anwärter für die höchsten Posten auf eine wesentlich breitere Grundlage gestellt. Es wird sich als notwendig herausstellen, um die Wandlung, die Deutschland inner⸗ lich vollzogen hat, auch nach außen zum Ausdruck zu bringen, Ver⸗ änderungen auf einigen neutralen Auslandsposten E1“ Ich

möchte ausdrücklich betonen, daß es der 8 zustehen muß, an

einzelne Posten wichtiger Art im Ausland Männer zu setzen, die durch ihre öffentliche Arbeit das Vertrauen der Heimat gewonnen haben, daß es aber doch die Hauptsache bleiben wird, für einen hochwertigen fachmännisch gebildeten Eigenersatz zu sorgen. Das schwerste Hinder⸗ nis für die Reform ist, so seltsam es klingt, der mangelnde Raum. Wir brauchen ein neues Dienstgebäude für das Auswärtige Amt. Dann müssen die Mitarbeiter auch wirklich gut entlohnt werden. Trotz aller Sparsamkeit muß das erfüllt werden. Auch mit der besten Organisation und dem besten Material ist keine gute aus⸗ wärtige Se zu treiben, wenn die Quelle, aus der wir die Kraft für den Außendienst schöpfen, vergiftet wird oder versiegt, wenn das Volk, für das wir arbeiten sollen, sich in innerem Kampfe verzehrt. Ich glaube trotz alledem an ““ Zukunft. Alle Staaten, die in diesem Weltkrieg verwickelt worden sind, ob Sieger oder Besiegte, sind in der gleichen Not. Wohl hat Deutschland den tiefsten Sturz durchgemacht, aber die Zerstörung von Kulturwerten, die dieser Krieg zur Folge hatte, trifft auch die Völker, die sich jetzt im Glanze kriegerischer Erfolge sonnen möchten. Sie alle haben Unermeßliches an nationalen Werten opfern 18g Kaum ein Volk wird von dem Frieden, der in Paris geschlossen werden soll, nicht enttäuscht sein, und diese Enttäuschung birgt in sich eine furcht⸗ bare Gefahr. atte der Krieg, der überall die alten Ordnungen auflöste, anarchischen Ideen Vorschub geleistet, so wird der Frieden, der statt des ersehnten Behagens wiederum Mühsal und Ent⸗ behrung bringt, den zersetzenden Einflüssen weiter“ Vorschub leisten. Hier steht der allgemeine Feind, hier ist die allgemeine Aufgabe. (Sehr wahr!) Hier hilf kein gegenseitiges Beschuldigen, kein Grübeln über die Vergangenheit. Wir müssen gemeinsam die Hand an das Werk legen, das unseren Kindern und Enkeln eine würdige Zukunft sichern soll. Ein Symbol dieses Entschlusses ist Deutschlands Verpflichtung, Belgien und Nordfvankreich wieder ae zubauen. (Sehr wahr! limks.) Wir sind die Vexrpflichtung ein⸗ gegangen in dem vollen Bewußtsein, daß wir sie nur in werktätiger Gemeinschaft mit unseren Gegnern erfüllen können, und wir be⸗ klagen es doppelt, daß ihr Mißtrauen die Erfüllung durch gehässigen Mißbrauch unserer Kriegsgefangenen zu erzwingen sucht. Dadurch wird, was ein Werk der Versöhnung sein sollte, eine Saat neuen Hasses. Wer in Wahrheit danach strebt, daß der Krieg der Welt eine neue desfsogh von dem Zusammenleben der Völker bringen soll, der muß alle Motive des Hasses, der Rache, der Vergeltung aus den Friedensbedingungen zu entfernen suchen. Wenn wir die Frage nach der Schuld stellen zund sie offen und wahrhaft beantworten wollen, so geschieht es nicht aus solchen Motiven, sondern, um die vergangenen Ffehler zu erkennen und einen deutlichen Strich unter unter sie zu machen. Die Erforschung der Schuld darf nur ein Mittel der polttischen Erziehung sein. Auch dabei soll der Blick nicht nach rüchwärts, sondern nach vorwärts gerichtet werden, in eine Völker⸗ gemeinschaft hinein, in der die Förderung der nationalen Interessen nicht mehr im Gegensatz zu dem Dienst an der Menschheitsentwicklung steht. Lebhafter, wiederholter Beifall.)

Abg. von Payor (Dem.): In der Etatrede des Reichsfinang⸗ ministers war die wichtioste Mitteilung, daß unser Bestand an Schatz⸗ anweisungen um weitere 6 Milliarden erhöht werden muß, und daß aus neuen Steuern nicht weniger als 7 Milliarden herausgeholt werden müssen. Unsere Feinde würden sich aber irren, wenn sie aus diesen großen Ziffern Schlüsse ziehen wollten auf Deutschlands finanzielle Leistungsfähigkeit. Unsere Gegner haben die Zeit verpaßt. Im Oktober vorigen Jahres waren wir wirtschaftlich schwer geschwächt, heute sind wir auf einem nicht mehr zu unterschreitenden Tiefstand unserer Wirt⸗ schaft angelangt. Damit müssen unsere Gegner genau so rechnen wie wir selbst. (Sehr richtig!) Ich spreche hier als Vertreter der bürgerlichen Demokratie, dee, überwiegend sozialistisch, der Grundcharakter der gegen⸗ wärtigen Reichsregierung ist, das ist ersichtlich an der Verteilung der Regierungssitze zwischen den Mehrheitsparteien und auch an Handlungen und Unterlassungen der Regterung die nur einer vorwiegend soziali⸗ stischen Weltanschauung entsprungen sein können, wenn ich auch zugeben will, daß diese Weltanschauung eine etwas mildere Schattierung ist als diejenige, dee uns der Abgeordnete Hoch heute vormittag vor⸗ getragen hat. Wenn wir hätten annehmen können, daß eine rein sozialistische Reglerung genug Rückhalt in unserem Volke gehabt hätte dann hätten wir uns damit abgefunden obwohl die Erfahrungen der ersten beiden Revolutionsmonate manche Bedenken bei uns erregt haben. (Sehr richtig! bei den Demoknaten.) Die Wablziffern aber haben unzweifelhaft auf eine Koalitionsregierung hingewiesen, und wir baben gealaubt uns von einer Mehrbertsreqierung nicht aus⸗ schließen zu sollen. Wir tragen die Nerantwortlichkeit für die Re⸗ gierung mit, aber glauben Sie deshalb nicht daß wir blind gegen die Febloriffe und Unterlassungen der Regierung seien. Das Verhältnih zwischen Regierung und Mehrheitsparteien gebietet uns Zurückhaltung und Vermeidung aller öffentlichen Polemik. Es muß aber wohl ein

großer Irrtum in der Berichterstattung verliezen, wenn wir heute sesen, daß der Ministerprasident einer I aus Cassel srklarz hade die Demokratie mache in soztalen Fragen der Regierung mehr Scwieriokerten als das Zentrum. Das kann nur ein Feten sein, denn die Demokratie betrachtet es als ihre Pflicht, der Regierung überhaupt keine Schwierigkeiten zu machen, und sie macht ihr auch keine Schwierigkeiten. Die uns gebotene Zurück⸗ haltung schließt unsere Kritik und unseren Rat an die Regierung nicht aus. Ich werde allerdings einen auf unsere

Lage mehr Rücksicht nehmenden Ton finden als der Abgeordnete Hoch.

Sehr richtigl!) Wir sind Nationalversammlung von 1848. befreit von unerhörtem Druck, eine herrliche Zukunft von Freiheit, Fortschritt, Wohlfahrt und Macht vor sich, und die Nationalversammlung war das Sinnbild dieser, ganzen Herrlichkeit. Heute liegt Deutschland am. Boden, wir sehen einer jahrzehntelangen Entbehrung und Selbstzucht entgegen. Wir sollen den Frieden schließen das ist eine undankbare Aufgabe. Der Sprung damals vom Feudal⸗ und Hörigkeitsstaat zum Volksstaat, der Sptung von der politischen Rechtlosigkeit zur Regierung des Volkes war unendlich viel größer als der Sprung jetzt vom par⸗ lamentarischen Regierungssystem zur Republik. Wer darf uns also einen Vorwurf machen, wenn wir nicht wieder in der Feststimmung von 1848 sind und diese Feststimmung nicht in die deutsche Be⸗ völkerung hineintragen können? (Sehr richtig!) Der erhoffte seelische Aufschwung des Volkes, die geistige Veredlung der Nation durch die Revolution sind leider nicht eingetreten. (Sehr richtig) Wenn man aber fragt, ob wir nicht statt der Revolution es bei der schrittweisen Entwicklung hätten lassen wollen, so 16 man, daß die Revolution durch den Krieg und seine Folgen veranlaßt war. (Sehr richtig!) Wir leiden hier auch unter der Wahl unseres Tagungsortes; sie ist für die Presse und für uns und für die Regierung unbequem (Sehr richtig!) Schuld daran sind die Zustände in Berlin, die wir nicht ändern können. (Aba. Frau Zietz: Preußische Versammlung!) Wir sollten dankbar sein dafür, daß Welmar uns freundlicherweise eine gast⸗ lichee Wohn⸗ und Arbeitsstätte bietet (lebhafter Beifall) und, wenn auch Capua weit entfernt ist, wenigstens redlich umter eigenen Opfern für unsere Ernährung sorgt. (Beifall.) In einigen Monaten hoffen wir wieder in das dem deutschen Volke geweihte Haus in Berlin einzuzieben. Die Presse der Rechten hat wiederbolt geklaagt über das viele Wasser, das hier nutzlos talab läuft, und über die Mühle, die klappert aber kein Mebl gaibt. (Abg Frau Zietz: Sehr, eichtig! Heiterkeit.) Nur ein Mensch kann diesen Vorwurf erheben, der in diesen

leider nicht so populär wie die Damals sah das Volk,

deiden Monaten nicht gewacht, sondern geschlafen hat. Wir haben eine

Regierung geschaffen einen Reichspräsidenten erwählt, die politische Lage in Innern und Aeußern gründlich untersucht, über den Waffen⸗ stillstand gesprochen, eine Reichswehr geschaffen ja sogar eine Reichs⸗ marine. (Heiterkeit.) Wir haben uns um die Kriegsgefangenen ge⸗ sorat und um die Sicherung unserer Währunag Wir haben die Grund⸗ lage zur Sozialisierung gelegt, und schließlich hbat unsere Verfassungs⸗ kommission mit einem Geist und einer Geschicklichkeit, für die wir ihr nicht dankbar genug sein können, den größten Teil ihrer Aufgabe bereits gelöst (Lebhafter Beifall.) Sie hat eine Verständiguna über die schwierigen Kapitel der Verfassung angebahnt, die uns ein praktisch brauchbores Nerfassunascesetz in Aussicht stellt. Alles das in zwer Monaten. Angesichts aller dieser Leistungen dürfen wir wohl sagen: Es ist eine gewaltige Summe Arbeit, die wir geleistet haben. Es ist auch erne aroße Summe von Opfern vnd Verzichten die wir auf uns genommen haben, und wir dürfen hoffen, daß uns die Nachwelt das einmal besser anrechnen wird als die verstimmte Gegemwart. (Beifall) Schuld ist das Bild das die auswartige Politik hietet. Wir können frob sein aus den Ausführungen des Herrn Reichsministers ersehen zu können, daß er der Zykunft nicht boffnungslos sondern mit einer gewissen Festiakeit entgegen⸗ sicht. Meinee Erachtens hat es wenia Wert, jetzt auf die Gesckichte des Krieaes seine Entstehung und Entwickluno Rück. blicke zu weifen. Viel nötiger ist es zu sehen, wie wir aus unseren Elend herauskommen. Jedes Volk bor von jeher. die Ne. zuno gehabt, wenn es gesiegt hat, seine militärischen und politischen Führer als Halbgötter zu feiern und, wenn es besient wird, nach enem Schuldigen zu fuchen Unsere Niederlage ist aroß agenug, um es ver. ständlich zu machen, daß dieser pfhychologische Vorgang cauch bei uns Platz greift. Der Ministerpräsident hat uns eine Untersuchung der schreren Vorgänge durch einen Staatsgerichtshof zugesagt, und wie man hört, dürfen wir den Entwurf in den nächsten Tagen erwarten

¹ Die Ansichten über diesen Plan sind geteilt, bei une und wahrsche nlich

auch in den anderen Fraktionen. Ich möchte die Gelegenheit nicht vorüber gehen lassen obne meine mahnende Stimme über das geplante Vorgehen zu erheben. Wer Schuld hat, soll sein Recht finden, aber nicht in der geplanten Form und nicht in diesem Augenblick (Sehr richtig!) Die Bedenken dagegen sind doch sehr erhsblich. Zunächst wer soll Richter se’n? Die höchsten Richten des Reichs, die man sonst der Weltfremdbeit beschuldigt. oder Professoren des Völker⸗ rechts oder Politeker oder Mischung aus allen? Ob in diesem Falle das Gute auf das Schlimme abfärben wird, oder ungekehrt, das weiß niemand. Was soll alles vor diesen Gerichtshof kommen? Wer soll vor den Gerichtsbof kommen? Und nie soll das Verfabren enden? Mit Todesurteil oder Verbannung oder Zuchthaus oder Verweis? Und weiter: die Schuld unserer Politike: und Feldherren kann doch nicht allein beurteilt werden nach unseren Feststellungen, sondern dazu gehört auch das Material das unsere Gegner haben, und die haben es doch schon abgelehnt einen internationalen Gerichtsbof einzusetzen. Wir würden durch ein solches Verfahren auch m Innern wieder greße Unrube und Aufregung erzeugen. Ich fürchte sehr, ein solcher Akt selbstquälerischer und sebststrafender Politik würde uns nichts nützen sondern schaden. Und ich wörde daher raten, wenn es noch möglich ist davon abzusehen Wenn erst einmal die Archive geöffnet sein werden, und wenn die Menschheit wieder für ein obiektiveres Urteil fähig sein wird, dann mag die Weltgeschichte ihr in⸗ appellables Urteil sprechen. (Beifall.) Die unmittelbare Einwirkung der Nationalverfammlung auf die auswärtige Politik ist natürlich eine beschränkte. Die bevorstebende Verständigung mit Deutsch⸗Oesterreich ist das einzia Erfreuliche was uns auf dem Gebiete der auswärtigen Politik bevorsteht: die Nationalversammlung will die Vereinigung durchäeführt wissen. (Lebh. Beifall und Zustimmung.) Und hoffent⸗ sich wird nichts versäumt um diesen Willen zu⸗ Tot werden zu lassen. Im weiteren gilt es, den Frieden zu schließen. An wohlgemeinten Ratschlägen dafür fehlt es nicht, so wird uns häufig die Direktive an die Hand gegeben, wir möchten uns mit dem einen oder anderen Alliierten anfreunden und so die Koalition sprengen. Wir wissen seider aus besserer Kenmtnis, daß diese Idee unausführbar üst. Die auswärtige Politik Deutschlands ohne Waffen, ohne innere Ruhe, ohne Nahrungsmitiel und ohne das stäukende Bewußtsein, keine Fehler gemacht zu haben, hat einen schmerzlich kleinen Spielraum. Sehr wahr!) Sie kann nur bestehen in der festen Betätigung des

illens, einerseits friedlich zu sein und andererseits sich nicht miß⸗ handeln zu lassen. Eine solche Politik wird die Nationalversamm⸗ lung hinter sich haben. (Beifall.) Unsere schwache Position kann auch durch den Hinweis auf das Wilsonprogramm wohl gemildert, aber nicht beseitigt werden. Die Vorbereitung des Friedens scheint nach den Ausführungen des Ministers Graf Brockdorff in der richtigen Weise zu erfolgen. Die Vorschläge für Reformen des Auswärtigen Amtes begrüße ich, vor allem die Aufhebung der Trennung zwischen der diplomatischen und der Konsulatskarriere. Mögen diese Pläne so rasch wie möglich durchgeführt werden. (Beifall.) Der zu bildende Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten darf seine Tätigkeit nicht mit der Vorbereitung des Friedens erschöpfen, sondern er muß auch nachher an der auswärtigen Politik mitwirken. (Sehr richtig!) In der inneren Politik geht ein starker teilweise fanatischer unitarischer Zug durch das Reich, wohlwollend gefördert durch den Reichsminister es Innern. Der Höbhepunkt dieser unssarb an eremin⸗ bestand

dem Plan einer A fteilung, Preußens. wird soviel Einheit

u geschaffen, daß es ein Fehler wäre, auch noch die Form der einzelnen Staaten zu zerschlagen oder das wenige, das ihnen an eigenen

tionen noch bleibt, von Reichs wegen so zu beschneiden, daß es ihnen vereckelt weren müßte. Die lezte Kundgebung der vereingten Ro⸗ gierungen der größeren Bundesstaaten betrachte ich allerdings nicht als eine besonders glückliche Staatsaktion. (Sehr mwahr!) Für die Trennung und Zusammenlegung der Einzelstaaten ist aber nur dann eine Berechtigung gegeben, wenn sie Fetragfn ist von dem Willen der überwiegenden Mehrheit der in Frage kommenden Bevolkerung. (Sehr richtig!) In diesen Streiks, die jetzt die Sicherheit des Reiches erschüttern, liegt eine Planmäßigkeit, es handelt sich um eine von verhältnismäßig wenigen geschaffene und geführte Bewegung, die uns russische Zustände und die Diktatur des Proletariats bringen soll. Es ist ausgeschlossen, daß sich die deutsche Bürgerschaft, Bauernschaft und Arbeiterschaft in ihrer Mehrheit widerstandslos unter dieses Joch beugen wird. Verständlich ist die Anklage gegen die Regierung, daß sie sälange versäumt hat dieser Bewegung entgegenzutreten. Dauernd Ruhe wird uns nur der Friede und eine reichlichere Ernährung bringen. (Sehr richtig!) Leider ist die militärische Macht der Regierung nur klein, Verbrecher, Mörder und Plünderer verdienen keine Schonung, und wer sich aus politischem Fanatismus mit diesen Elementen zu⸗ sammenfindet, der muß sich auch darüber klar sein, daß ihn die Ge⸗ sellschaft als einen Feind behandeln muß und wird. (Sehr vichtig!) bei den Demokraten.) Es ist erfreulich, daß die Regierung frei von jeder unbegründeten Reaktionsfurcht sich an den Versuchen, Ordnung s schaffen, tüchtig beteiligen will. Wir und alle besonnenen Staats⸗ ürger werden ihr dabei alle Unterstützung gewähren. Teils hoff⸗ nungs⸗ und teils sorgenvoll sehen wir den Versuchen der Sozialisierung und der Gewährung eines stärkeren Einflusses der Arbeiterschaft auf die Gesamtheit entgegen. Auch diese Bewegung krankt vielfach an Einseitigkeit und Doktrinarismus. Die Ausbeutung des Räte⸗ gedankens zur politischen Vocherrschaft oder Alleinherrschaft muß ver⸗ hindert werden. Hier muß man die Dinge um so schärfer aus⸗ einanderhalten, als auch einzelne demokratische Organe der Presse in diesem Punkt das Augenmaß und Wirklichkeitsmaß verloren zu haben scheinen. Wir von der demokratischen Partei stellen uns fest auf den Boden des demokratischen Prinzips, von dem wir nicht abweichen. Daraus ergibt sich für uns folgendes: nicht die geistreichste Abhandlung vernwischt bei uns den Gedanken, daß wir einzutreten hoben für die Gleichberechtigung aller, also auch der Arbeiter, wie wir auch zu kämpfen haben gegen jedes Vorrecht und jedes Uebergewicht. Mag es ein Fürst von Gottes Gnaden für sich in Anspruch nehmen oder ein deutscher Landarbeiter, der sich mehr dünkt als die anderen. Einem Reichswirtschaftsrat, in dem wie alle anderen Erwerbszweige auch die Arbeiter ihre ausreichende Vertretung haben, treten wir, wenn er auf witschaftlichem Boden bleibt, nicht entgegen, obwolhll wir schwere Be⸗ denken gegen ihn haben und uns alle Zweifel in Einzelfragen noch vorbehalten, aber das Rätesystem, das einseitigen Standes⸗, Erwerbs⸗ und Interessenvertretungen die ausschließliche Macht in die Hand spielen soll, das verwerfen wir grundsätzlich und entschieden. (Sehr richtig!) bei den Demokraten.) Wir mollen nicht eine Klassenherr⸗ schaft gesetzlich sanktionieren. Wir freuen uns der Erklärungen, die der Ministerpräsident abgegeben hat. Würde die Regierung auf diesem Gebiet den Boden der Demokratie verlassen, dann müßte sie auf die Unterstützung der Demokratie perzichten. Dagegen sind wir durch⸗ aus damit eigverstanden, daß die Betriebe die sich dafür eignen, in Gemeinwirtschaft übernommen werden Wir sehen doch in dem Privatbetrieb die beste Wärtschaftsform. Wohl aber sind wir im Inter⸗ esse des Friedens und unserer Ruhe bereit, mit der Regierung so weit zu gehen als sie selbst es uns vorschlägt. Weiter geben wir nicht denn zu Exvperimenten ist jetzt nicht die Zeit. (Sehr richtig!) Deshalb sind wir mit der von der Regierung vorgeschlagenen Einfügung des neuen Artikels von 34a in die Verfassung einverstanden, die aber die Greme, die nicht überschritten werden darf, schon erreicht. Aber die Regelung schließt wenigstens den Mißbrauch dieser Orgaanisa⸗ tionen zu politischer Vergewaltigung anderer Stände aus. Wenn man mit vollen Händen den Arbeiterm Rechte und Vorteile zuweist dann verdienen diejenigen, auf deren Kosten das geschieht, wenigstens ein Wort der Anerkennung für die Einsicht ünd Opferwilligkeit mit der sie nicht nur ihren Besitz, sondern auch ihre unentbehrliche Mitarbeit weiterbin zur Verfüaguna stellen (Beifall.) Jede Opferwilligkeit aber hat ihre Grenzen. Im Gegensatz zu Hoch sind wir für den schleunigsten Abbau der Kriegswirtschaft und erheben diese Forderung im Namen des gesamfen werktätigen Bürgertums. (Beifall.) Ein so hoch⸗ stohondes Nolk wie das deutsche kann nur untergehen wenn es sich selbst aufgibt. Das wollen wir aber nicht. Wir stellen der Re⸗ gierung weiteshin unser Vertrauen zur Verfügung, denn höber als alles andere steht uns jetzt die Rettuna des Vaterlandes. Möge es unseren gemeinsamen Bemübunoen gelingen, die Nation aus sckwerer Nacht dem Licht entgegenzuführen. Lebhafter Beifall bei den Demokraten.)

Abg. Schultz⸗Bromberg (D. Nat.): Der Tag der Etats⸗ beratung ist der Tag der Kritik. Anlaß zur schärfsten Kritik ist gegeben Denn was haben die Männer der Revolution versprochen und was haben sie aebalten? Was ist aus unserem Vaterlande ge⸗ worden, seitdem die Revolution herrscht? Der Ministerpräsident feierte den Sieg über den Militarismus, aber weder er noch einer seiner Kollegen würde noch auf diesen Bänkern sitzen, wenn die Rechte des alten Militarismus ihn nick! sckhüte mürden. (Sehr richtig! rechts.) Graf Brockdorff klaäate über mangelndes Vertrauen. Unter Bismarck genoß das Auswärtige Amt unbestrittenes Vertrauen. Möge es sich jetzt mit altem, bismarckischem Geiste erfüllen. Wir müssen wieder werden, was wir nicht mehr waren und auch nicht mehr sind Realpolitiker. Persönliche Sorge macht uns der Staats⸗ gerichtshof nicht zumal wenn er wirklich objektiv urteilt, aber man möge bedenken, daß sich das Rad der Geschichte dreht. Es könnte auch einmal ein Revolutionsgerichtshof kommen, der die anklaat, die diese Revolution gemachb haben. (Sehr gutl rechts.) Unfaß⸗ bar ist mir, wie man auf den Gedanken der Zertrümmerung Preußens kommen konnte. Das arößte Glück für Deutschland war das Bestehen eines soschen großen Staates. Durch den geplanten Reichswirtschafts⸗ rat wird wenn er Gesetze fordern kann die Nationalversammlung aus⸗ geschaltet. Die Kriegswirtschaft muß schneller abgebaut werden. Bevor unsere Friedensunterbändler sich an den Verhandlunastisch setzen, muß die Nationalversammlung ihnen noch einmal das Gewissen schärfen und ihnen sagen welchen Frieden das deutsche Volk erwartet. Jeder von uns ist entschlossen, einen Frieden der Gewalt abzulehnen. Das deutsche Volk hat ein Recht auf einen Frieden der Ver⸗ ständigung. Denn die Alliterten haben die Wilsonschen Be⸗ dincungen angenommen. Wenn man, uns Elsaß⸗Lothringen nimmt, werden Gedanken, die die Franzsosen seit 1871 hatten, bei uns sein: Immer daran denken, aber niemals davon sprechen! Schleswig⸗ Holstein ist schwer beunruhigt durch den Plan, einen unabhängigen Kanalstaat zu errichten. Das ist für Deutschland unannehmbar. Zu unserer Genugtuung ist der Durckzug der pelnischen Armee durch Danzig derbirdert. Aber diese Armee rird sich nicht nach Osten gocen die Bolschewisten wenden, sondern auf Bromberg und Danzig sich richten. Wenn ein Stück unserer Ostvrovinzen losgelöst wird, kommt das Ganze ins Rollen. (Sehr richtig!) Wir erwarten von nseren Unterhändlern diesen Standvunkt soewie die Forderung nach Rückaobe der Kolonien und nach Rüchsendung unserer Gefangenen. Mit Entrüstung lehnen wir ein Schuldbekenntnis für den Krieg ab, das allen Tatsachen direkt widersprechen würde. (Beifall rechts.) Mög⸗ lich wäre es allerdings, daß die Regierung aus Haß gecen die alten Machthaber nackoibt und ihnen die Schuld beimißt. Das deutsche Volfk hat keine Schubd. (Rufe bei den Sozialdemokraten: Eure Reden sind daran schuld!) Mögen unsere Friedensunterhändler sich an den Verbandlunastisch setzen, erfüllt von dem Gedanken, deß hinter ihnen ein Vossk vor 70 Millionen steht, das entschlossen ist lieber das letzte einzusetzen, als einen Frieden der Gewalt und der Schmach auf sich zu nehmen. (Lebhafter Beifall rechts.)

Prösident des Reichsministeriums Scheide mann: Wenn ich recht. verstarden habe, hat der Vorredner gesagt, er losse es dahin⸗ estellt, cb etwa die jetzioe Remierung sich bei der Erörterung der Schuldfrage von ihrem Haß gegen ihre Vorgänger seiten lasse. Ist das dem Sinme nach richtig, Herr Abgevrdn h. Dann kann ich darauf nur antworten:

Ich kenne kein Wor

vrdgeser? (Zurgf. Jorohli).

Ihnen (nach rechts) nicht erneut Gelegenbeit gäbe, sich icber meinen Ton aufzuhosten, um das zu konnzeichnen, was ich wohll über eine zer⸗ artige Unterstellung fühle. (Bravol bei den Sczlaldemokraten.)

Abg. Dr. Rießer (d. V.): Den Ausführungen des Grn Brockdorff, insbesondere der geplanten Reform des diplomatise und vr Dienstes stimmen wir im wesentlichen zu. ist vielfach die Frage aufgeworfen worden, ob die Revolution notwendig gewesen sei oder nicht. Politisch war sie neder für Deutschland noch für Preußen eine Notwendigkeit. Im Reiche war das parlamentarische Regime durchgesetzt, und mit der Sicherung des gleichen Wahlrechtes in Preußen war auch das autokratische Regiment in Preußen, vor allen Dingen das Herrenhaus er⸗ ledigt, das mir von jeher nur wie eine Mumie aus Preußens politischer Rumpelkammer vorgekommen ist. Wenn man nug einmal versucht, rein objektiv eine Bilanz zu ziehen über die Eat⸗ wicklung seit der Revolution, so wird man gerechterweise als Kredit⸗ posten in erster Linie zu rechnen haben, daß die Mehrheitssozial⸗ bdemokratie allem Widerstand zum Trotz die Einberufung der National⸗ versammlung durchgesetzt hat. Ob auch die Einführung des Wahl⸗ rechtes für Jugendliche auf das Kreditkonto zu buchen ist, ist schon zweifelbaft angesichts ders Tatsache, daß bei allen Streiks und bei allen Delikten und Verbrechen die auf der Straße sich abspielea. Jugendliche von 20 bis 24 Jahren in erster Reihe zu stehen pflegen. Ein kleinerer Kredwosten ist allenfalls die Aufhebung der Gesinde⸗ ordnung, obwohl sie mit der Einführung des gleichen Wahlrechtes in Preußen ganz von selbst gefallen wäte. Bei der Fest⸗ stellung der Debetposten muß die Vorfrage beantwortet werden, oh die Mebhrheitssezialisten überbaupt für das verantwortlich gemacht werden können, was die Unabhängigen und Spar⸗ takisten ausgeführt haben. Rein menschlich genommen würde man geneigt sein können, sie davon zu entlasten, aber politisch wird man unbedinat ihre Schuld beiaben müssen. Ist doch schon zu ver⸗ schiedenen Malen von berufenen Soialisten betont worden daß sie sich im Tempo, aber nicht in ihren Endzielen von den Unabhängigen unterscheiden. Wo aber der Unabhängige aufhört und der Spartakift anfänat das ist ein Preisrätsel das überhaupt nicht zu lösen ist. (Sehr gut! und Beisall.) Die Mehrheitssozialisten können die Unab⸗ hängigen nicht von ihren Rockschößen abschütteln und diese wieder. auch wenn sie wollten nicht die Spartakisten. Es lieat hier um einmal einen militärischen Ausdruck zu gebrauchen ane gewisse links⸗ seitige Lähmung der Mehrheitssozialisten vor.) (Sehr gut! und große Heiterkeit.) Wir gebören der Opposition an nicht der Rechten das möchte ich ausdrücklich betonen, weil man uns in durchsichtiger politischer Absicht gern mit der Rechten zusammenwerfen möchte. Wir sind und bleiben eine liberale Partei, die nach rechts und links ihre volle Umabhängigkeit zu wahren entschlossen ist, genau so wie die frühere nationalliberale Partei. (Zuruf bei den Sogzialdemokraten: Doppelseitige. Lähmung! Große Heiterkeit.) Am schwersten wiegt das Debetkonto auf wirt⸗ schaftlichem Gebiete. Wir haben infolge der wahnsinnigen Lohnforderungen von Arbertern die als Revolutionsgewennler den Kriegsgewinnlern würdig zur Seite stehen, und infolge der Streiks eine Krisis erlebt wie sie in unserer Wirtschaftsgeschichte noch nicht dagewesen ist. Ich bitte den Reichsfinanzminister, zu erwägen. nicht der Besitz von Kriegsanleihen den Inhabern eine privilegierte Stellung bei der Steuerzahlung, besonders bei der Kapitalrentensteuer, geben könnte. Die Verschleuderung des Heeresgutes ist soweit ge⸗, gangen, daß von acht Milliarden kaum drei Milliarden übrig⸗ geblieben sind. (Hört, hört! rechts.) Die Regierung bitten wir um Auskunft wie boch die Ausagaben der Arbeiter⸗- und Soldatenräte sind und ob die Oberrechnungskammer sich noch nicht damit beschäftiat bat. Zu dem Regrerunasvorschlaa über Verankerung des Rätesystems in die Verfassung hat meine Fraktion noch nicht Stellung genommen. Wir begrüßen aber jede Maßnahme, die ein friedliches, harmonisches Zusammenwirken von Arbeitgebern und Arbeitnehmern ermöglicht. Protest aber legen wir heute schon ein gegen jede Einmischung der Räte in die Leitung der Betriebe. Die Betriebsräte sollten durch Gesetz, nicht aber durch die Verfassung fest⸗ gelegt werden denn Verfassungsänderungen soll man möglichst ver⸗ meiden. Wir nehmen an, daß dann wenigstens die politischen Arbeiterräte aufhören werden. Die Sozialisierung ist von Kautsky, von den Gewerkschaften und auch von der Regierung zunächst als ein sehr gefährliches Erxperiment in der gegenwärtigen Zeit bezeichnet worden. Unter dem Druck des Generalstreiks hat aber die Regierung nun doch dieses Experiment gemacht Wann wird endlich der Wirt⸗ schaftsminister zu einem energischen Abbau der Zwangswirtschaft und zur Wiederzulassung des freien Handels schreiten? Die Auswahl der Regierungsmitalieder erfolat in den Einzelstaaten vielfach nur nach der Parteizugehöriakeit, ohne daß die erwählten hohen Staats⸗ beamten irgendeine Befähigung für ihren Posten mitbringen. Ich hoffe, daß der Reichswehrminister die Frage verneinen wird, ob richtig ist. daß der Rest unserer Flotte versteigert werden soll. (Hört, hört!)) Warum wird die Grenze nur gegen den russischen Rubel gesperrt, nicht aber auch gegen die russischen Agenten, die sich in München in Scharen herumtreiben? Wir wollen keinen Frieden schließen der von den Wilsonschen vierzehn Bedingungen abweicht. Die Bevölkerung in Elsaß⸗Lothringen mag selbst abstimmen obwohl wir bezweifeln, daß die Abstimmung die wahre Volksmeinung zum Ausdruck bringen wird. Von Deutschland darf nichts abgetrennt werden auch nicht Schleswig⸗Holstein. Ferner verlangen wir, daß im Aucenblick des Friedensschlusses die Blockade aufgehoben und der Wirtschaftskrieg beendet wird. Ein Schuld⸗ bekenntnis wollen wir nicht abgelegt wissen. Das deutsche Volk hat den Krieg nicht verschuldet. Wir verlangen ferner unsere Kolonien und vrotestieren gegen jede Erschwerung unserer Vereiniaung mit Deutsch⸗Oesterreich. Das Volk muß zu der Erkenntnis kommen, daß jetzt Diszivlin Arbeit und Sparsamkeit nötig sind. Es ailt nicht nur das Recht auf Arbeit sondern auch die Pflicht zur Arbeit. (Beifall bei der Deutschen Volkspartei.)

Abg. Seger (U. Soz.): Daß die deutsche Regierung kein Telegramm der russischen Regierung wegen Anbahnung von Verhand⸗ lungen erbalten hat, ist nur formell richtig, denn die vussische Regierung hat einen Funkspruch an alle erlassen, der auch in Nauen aufgenommen ist. Dieser Funkspruch wird dem deutschen Volke vorenthalten, obwohl das Wolffsche Büro, geschwätzig wie es ist, alle Nachrichten bringt, die allerdinas dem Zweck dienen, die Wahr⸗ beit zu verschleiern, als das deutsche Polk zu unterrichten. Die Nationalversammlung sollte dem Volke Frieden, Freiheit und Brot bringen, sie bat das Volk getäuscht. (Sehr richtig! bei den Unab⸗

hängigen Sozialdemokraten.) Die Nationalversammlung ist nur eine

verschlechterte Auflage des alten Reichstaas. Das werktätige Volk (Ruf bei den Demokraten: Werktätig?) bat keine Hoffnung mehr auf die Nationalversammlung. Die sozialistische Firma verhandelt kapitalistische Ware. In Wahrheit regiert das Zentrum (Sehr richtig! bei den Unabhängigen Sozialdemokraten), das die Regisseure

stellt. Die Firmenträger sind nichts anderes als Handlanger für das

Zentrum. Der Sinn aller Reden ist, es müsse gearbeitet werden, damit die Gesellschaft nicht untergeht. Möge das Bürgertum doch mit der Arbeit anfangen. (Lachen.) Die Revolution wird weitergehen, bis der Sozialismus venwirklicht ist. Vorher gibt es keine Ruhe. Die Regierung glaubt mit Gewalt das Rad rückwärts bringen zu können. Es ist ein vergebliches Beginnen. Auf allen Gebieten sehen wir die Versuche, den alten Geist wieder aufzulehen. Die Soziglisierunga, die bis jetzt durchgeführt ist, ist Sand in die Augen des Volkes. Das Räte⸗ syvstem wird kommen, soweit es mwärtschaftlich notwendig ist. Die Regierung regiert mit dem Belagerunagszustand. (Zurufe: München!) Eine Regierung die sich nur auf die Gewalt stütt ist geliefert. (Zurufe: München!) Die Vertretung die Deutschland zu den Friedensverbandlungen entsendet ist so zusammengesetzt daß sie das

größte Mißtrauen bei unseren Feinden erwecken muß. Die Arbeiter⸗

schaft ist überhaupt nicht darin vertreten und auf der anderen Seite führt nach wie vor Herr Erzberget das aroße Wort. Ist es wabr

daß Erzsberger noch während des Krieges eine Denks hrift ausgegrbeitet bat, in der die Annerion nicht nur großer Teile Frankreichg unh Belaiens, sondern auch ein Stück Enalands gefordert ist? (Große 8290