““
88 8 1 89— bei dem General Nudant nachdrücklich Einspruch gegen
das Vorgeben der fronzösischen Behörden in Saarlouis erhoben I
und gebeten, die getroffenen Maßregeln sosort rückgängig zu machen.
Im Reichearbeitsministerium ist nach einer Mitteilung „Wolffschen Telegraphenbüros“ der Entwurf eines Ge⸗ setzes über Betriebsräte fertiggestellt. Die Betriebs⸗ räte sollen an die Stelle der Arbeiter⸗ und Angestelltenaus⸗ schüsse treten, jedoch erweiterte Befugnisse erhalten. Hierbei wird auch das Mitbestimmungsrecht bei Ein⸗ stellungen und Entlassungen geregelt werden. Der Entwurf wird in nächster Woche mit Vertretern der Arbeitgeber und Arbeitnehmer beraten werden. 6
Die Entschließung des Arbeitsausschusses des Zentralaus⸗ schusses der Lederwirtschaft, in der dieser sich für sofortige Aufhebung der Zwangswirtschoft und der Beschränkungen von Ein⸗ und Ausfuhr unter Berücksichtigung bestehender Devisen⸗ bestimmungen ausgesprochen hat, berührt die besfehende Rechtslage in keiner Weise. Um Jertümer zu vermeid n, wird von maßgebender Seite durch „Wolffs Telegraphen⸗ büro“ ausdrücklich darauf hingewiesen, daß sämtliche Vorschriften, betreffend Beschlagnahme und Höchst⸗ preise von rohen Häuten und Fellen sowie Leder aufrechterhalten bleiben. Personen oder Firmen, die hiergegen verstoßen, werden wegen Höchstpreieüberschreiturg oder Beschlagnahmebruchs bestraft. Das Zurückhalten von Vorräten in rohen Häuten, Fellen oder Leder ist unzulässig
und hat Enteignung zur Folge.
Das Reichseisenbahnamt hat unterm 24. April d. I. einige Aenderungen der Nummern Ia und Id in Anlage 0 zur Eisenbahn⸗Verkehrsordnunag verfüsat. Das Nähere geht ans der Bekanntmachung in Nr. 92 des Reiche⸗Gesetzblatts vom 30. v. M. hervor.
Der Geschäftsbericht des Reichsversicherungs⸗ amts für das Jahr 1918 ist der Nationalversammlung zugegangen. Der Bericht ist in Nr. 3 der Amtlichen Nach⸗ rich'en des Reichsversicherungsamts 1919 (Verlag von Behrend u. Co., Berlin,) veröffentlicht. “ “
8b
Das Geschäftslehen in München entwickelt gestern wieder in gewöhnlicher Weise. ruht noch, der Postzustelldienst ist mieder aufgenvommen. In der Nacht hat es in vesschiedenen Stadtvierteln neuerdinas wieder kleine Schießereien gegeben. In der Verfolgung der Dachschützen wurden zahlreiche Haue⸗ suchupgen und Verhaftungen vo genommen. Es wu den neuerdinas Absyperrnngen, zum Tei! mit Drahtverhauen,
“
vorgenammen und Geschötze und Maschinengewehre aufgestellt. b Wie die „Müncher Pest“ meldet, sind dem Aktionsous schunß dr sozioldemokratischen Partei eine hetröch liche Anzahl von
Be⸗
Beschwerden über willkürliche V rhaftw gen, hrutele handfsung von Gefangenen und überhastete Ex kutionen zu⸗ gehangen.
der R aierung Hoffmann beantragt.
Der Stadtkommandant Herrgott hat bis auf weiteres die linksradikalen Zeitungen verboten. Von dem Revo⸗ lutionstribunal sind bereits einige Mitglieder verhaftet worden.
Die Kommunißenregierung hat für über eine Million falscher 20⸗Markscheine gedruckt und im Umlauf gebracht.
Ueber den Ausbau des Räte gedankens in Bayern melden die „Neuesten Nachrichten“, daß die Regierung Hoff⸗ mann fest entschlossen sei, alle gesunden un wertvollen Bestand⸗ teile des Rätegedankens dem Staats⸗ ind Wirtschafteleben Bayerns nutzbar zu mochen. In den lotzten Tagen hätten zwischen Bamberg und Berlin Ve handlungen in der Rätefrage stattaefunden. Ein Gesetz über Arbeiter⸗ und Bauernräte in Bayern sei bereits in Ausarbeitung. Dieser Gesetzentwurf sei dazu bestimmt, die Interessen der arbeitenden Schichten zur Geltunag zu bringen und jede Sicherheit auf gesetzlicher Grund⸗ lage zu geben.
Die Erhebungen wegen des versuchten Putsches gegen die ungarische Gesandtschaft in Wien sind soweit abgeschlossen, daß die verhafteten 5 Personen gestern dem Landesaericht ein⸗ gelirfert werden konnten. Die behördlichen Bemühungen be⸗ schränken sich, wie „Wolffs Telegraphenbürs“ meldet, nunmehr darauf, den noch flüchtigen Gesandtschaftsheamten Hayos aus⸗ zuforschen und zu ermitteln, wohin die aus dem Gesondtschafts⸗ gebäude entwendeten 150 Millionen gebracht worden sind Man nimmt an, daß sich diese Summe noch in Wien befindet, und zwar an einem soschen Orte, daß weder die deutsch⸗österreichische noch ouch die gegenwärtige ungarische Regierung von dem Gelde Besitz ergreifen kann. Bei den bisherigen Vernehmungen wurde die Auskunft über das Geld verweigert und nur erklärt, daß damit keinerlei Mißbrauch getrieben werde, sondern daß es für die nächste ungarische Regierung verwahrt bleibe.
— Der Chef der italienischen Waffenstillstande kommission General Segre hat gestern bei dem Staatssekretär für Heer⸗ wesen Dr. Deutsch Verwahrung gegen das Ueberschreiten der Demarkationslinie durch deutsch österreichische Formationen in Kärnten erhoben. Der Staatssekretär antwortete, obiger Quelle zusolge, daß die ganze militärische Aktion der Landesregierung und der Bevälkerung des Landes nur durch den unrechtmäßigen Anoriff der Jugoslawen aufgezwungen worden sei. Obwohl der Zweck ausschließlich die Abwehr des Angriffs gewesen, habe sich im Zuge der militärischen Ope⸗ rationen unvermeidlich aus taktischen Gründen ergeben, daß die Demarkationslinie an einzelnen Stellen habe überschritten werden müssen Die deutsch österreichische Regierung habe jedoch bereits den Befehl gegeben, den weiteren Vormarsch einzustellen. Sie werde neuerdings im gleichen Sinne die strenasten Weisungen nach Klagenfuet ergehen lassen.
Der Kärntner Landesausschuß meldet die Ein⸗ nahme von Bleiburg und Eisenkappel, wobei den südslawischen Truppen 26 Geschüͤtze und über 100 Maschinengewehre ab⸗ genommen wurden.
Der Straßenbahnverkebr
Der Aktionsaueschuß hat die sofortige Enfetzung eines besonderen Untersuchunge kommissars über diese Fälle bei
“ 15
Die deulsch⸗böhmische Londe regierung lot durch
das Staatsamt des Aeußern den in Wien vertretenen Entente⸗ mächten eine Reihe von Denkschriften überreicht, in denen sie gegen die von den Tschechen bisher in Deutsch Böhmen ge⸗ troffenen Maßnahmen Einspruch erhoben und die Aufmerksam⸗ keit der auf der Friedene konferenz vertretenen Mächte noch vor Beaginn der diesbezüglichen Verhandlungen auf das völker⸗ Verhalten der ischechischen Besetzungsmacht ge⸗
rechtswidrige lenkt wird.
Ungarn.
. Das Ungarische Korrespondenzbüro meldet unter dem 6 Mai über de militärische Lage:
Im Süden, zwischen Donau und Theiß, ist die Lage unverändert. In Szegedin stehen Kolonialtruppen.
Theißlinie: Die Lage ist unverändert. Bei Csongrad machsen gestern Nachmittag 1 Uhr 30 Minuten die Rumänen nach Artillerievorbereitung einen Angriff über die Brücke, der in unserem Gewehr⸗ und Maschinengewehrfeuer zusammenbrach. Auf der Brücke liegen die Leichen von 30 bis 40 Rumänen. Das gegen die Stadt gerichtete GEranatfeuer verursachte nur geringen Schaden. Im Ge⸗ biet von Miskolcs Veger hat der Feind sein Vordringen nicht fort⸗ gesetzt. Im Salgotarjaner Verteidigungsabschnitt war in den Nach⸗ mittagsstunden des 4. Mai der linke Flügel infolge starken feind⸗ lichen Drucks gezwungen, nachzugeben und auf die linke Linie Nagy⸗Szecseny — Tajti — Matranovak sich zurückzuziehen. Die Tschechen haben Nagy⸗Sceny durch einen unter Deckung von Panzerzügen durchgeführten Angriff für kurze Zeit in Besitz cenommen. Wir haben jedoch die Stadt durch einen von Balassag Yarmat aus an⸗ gesetzten Gegenangriff am Nachmittag um 4 Uhr zurückerobert. Auf der Ipolv⸗Linie Patrouillenkämpfe, welche alle zu unserem Vorteil entschieden wurden.
Jenserts der Donau nichts Neues. Die Tschechen führen seit vier Togen kraftvolle Angriffe gegen den Salgotarjaner Ver⸗ teidigungsabschnitt. In diesen Kämpfen wenden sie alle Kriegsmittel und Waffenattungen mit größter Energie an. Der Aufmarsch der Budapester Arbeiterbataillone in das befohlene Gelände ist mit voller Kraft im Zuge.
— Einer Meldung des „Wolffschen Telegraphenbüros“ zufolge
ist in Efseg eine bolschewistische Verschwörung entdeckt
worden. Die Führer sind verhaftet. Französisches Militär hält die Stadt besetzt. Die Verschwörung plante, in den ersten Maitagen die slamonische Republik auszurufen. Agram und Belgrad sollten diesem Beispiele folgen. Eine Volksmenge zog vor das Gefängnis und verlangte die Freilassung der Ver⸗ hafteten. Vorgestern wurde der Generalstreik erklärt. 8
1.“ Frankreich.
„MNooch einer omtlichen, von der „Agence Havas“ ver⸗ hreiteten Mitzeiluna versammelten sich der Präsident Wilson und die Ministerpräsidenten Lloyd George un Clemenceau vorgestern nachmittag, um sich über die im Triononpalast zu den Sitzungen der Konferenz getroffenen Verfügungen Rechenschaft abzu egen. Zu der heutigen Sitzung, in der der Päl minorfriedensvertrag der deutschen Dele⸗ gotion überreicht wird, werden zugelassen die Bevoll⸗ mächtiaten der Vereinigten Staaten, Großbritanniens und der Deminione, Frankreichs, Italiens, Japans, Belgiens, Brosiltens, Griechenlands, NPortugals, Rumäniens, Serbiens und der tschecho⸗ slowakischen Republik. Die BeVvoll⸗ mächtigten werden von je einem Sekr⸗tär für jede der Machkte begleitet sein. Es wurde gleichfalls besch ossen, daß Verteeter der Presse zugelassen werden, und zwar in einer G samtzahl von 30 für die Großmächte und die Dominions, 10 für de Mächte mit besonderen Interessen. Deutscherseits werden on der Sitzung die sechs deutschen Bevollmächtiaten, ferner die Ministeroldirektoren Simons und von Stockhammern, der Gesandte von Haniel, die Legationsräte Rödiger und Frei⸗ herr von Lersner teilnehmen, außerdem ein deutscher Steno⸗ graph, ein Dolmetscher und fünf Vertreter der Presse.
Der französische Botschaftsrat Saint Quentin hatte gestern eine Zusammenkueft mit dem Legationsrat Freiherrn von Lersner, bei welcher er ihm die richtig befundenen deutschen Vollmachten zurückgab. Heute vormittag fiadet eine erneme Zusammenkunft statt, bei welcher Freiherr von Lersner die Vollmacht der Geaner mit den von deutscher Seile zu machenden Bemerkungen übergeben wird.
Der Text des Präliminarfriedens mit Deutsch⸗ land wurde in einer geheimen Sitzung gestern nachmittag den Delegterten der mit Deutschland im Krieg befindlichen alliierten
Rußlannd.
9 Reuter meldet amtlich aus Murman vom Wir nahmen Meselskavpag, 25 Meilen füdlich Urosozero. Der Feind leistete heftigen Widerstand.
Dänemark. “
Der Verteidiaungsminister Munch hat sich vorgestern in einer Versammlung in Kopenhagen laut Bericht des „Wolffschen Telegraphenbüros“ folgendermaßen über die nord⸗ schleswiasche Frage ausgesprochen:
Die Lösung der dänischen Grenzfrage bietet nicht dieselben Schwierigkeiten wie die Grenzfragen, die an gewissen Orten die Leidenschaften in Bewegung setzen. Von allen Grenzfragen, die gegenwärtig in Paris und Versallles erörtert werden, ist sie wohl am leichtesten zu lösen. Wir haben Grund auf Bereitwilligkeit zur Er⸗ füllung der Wünsche des dänischen YVolkes zu rechnen. Und darüber ist kein Zweifel: Das dänische Volk besteht auf der Forderung, in der gleich nach 1864 die Dänen nördlich und südlich der Königsau sich vereinigt haben. Wir wünschen uns das Selbstbestimmungsrecht der Völker, das nun sowohl von den Siegern wie von den Besiegten verkündigt wird. Unsere Wünsche gehen dahin, daß die Grenzen des Reichs nach dem Willen der Grenzbevölkerung gezogen werden. Wir wünschen alle die Ge⸗ biete, wo die Bepölkerung ernstlich dänisch denkt und fühlt, mit Dänemark vereinigt, aber nicht mehr. Wir wollen keine Bevölke⸗ rung dadurch „anlocken, daß wir ihr augenblicklichen ökonomischen Vorteil in Aussicht stelen. Wir legen darauf keinen Wert, doß Leute, deren Herzen in Deutschland bleiben, dänisch stimmen. Die, welche sich uns nicht narional ongeschlossen fühlen, müssen da bleiben, wo sie hirg hören. Die schleewigsche Frage muß jetzt gelöst werden. Sie darf nicht von Süden her über unsere Grenze ver⸗ pflanzt werden. Das neue Dänemark muß ein reines Land sein, von Dänen bewohnt. Das nationale Einheitsgepräge, das unsere Stärke war, muß gewahrt werden; nur dadurch werden die Bedingungen geschaffen, um die Lösung, die nun bevorsteht, dauerhaft und endgültig
zu machen. Schweiz.
In der Bundesrat’sitzung vom 5. Mai berichtete der Bundespräsident Ador über seine Reise nach Paris, die er wegen nationaler Fragen, die den Völkerbund und die Schweiz berüͤhren und deren Besprechung für die Schweiz von Wichtigkeit war, unternommen hatte. Wie die „Schweizerische
8 8
Depeschenagentur“ mitteilt, hat der Präsident dabei die ug zeugung gewonnen, daß kie Alliierten den Interessen 1 Schweiz in weilgehendem Maße Rechnung tragen ung ig⸗ Wünschen wohlwollendes Interesse entgegenbringen werg Ador wies darauf hin, daß die internationalen Verträg⸗ Schweiz sich auch in dem Rahmen des Völkerhundes einflg würden, und glaubt, daß es der Schweiz möglich sei, mn Bunde beizutreten. v11“““
Preußische Landesversammlung. 18. Sitzung vom 6. Mai 1919. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Büro.)
Am Regierungstische die Minister Hirsch und Dr. 8i dekum.
Der zweite Vizepräsident Frentzel eröffnet die Sitzu um 214 Uhr mit der Mitteilung, daß der erste Vizeprästhe Dr. Porsch wegen Fortdauer seiner Erkrankung einen weiten Urlaub nachgesucht habe. Dr. Porsch sei auf das he durch den in diesen Tagen erfolgten plötzlichen Tod sei Gemahlin betroffen worden. Der Präsident hat dem P Dr. Porsch das Beileid des Hauses aus Anlaß dieses Trau falles telegraphisch ausgesprochen. Er erbittet und erhält m Hause die Ermächtigung, am Grabe der Verstorbenen ein Kranz niederlegen zu lassen.
Der Präsident Leinert ist als Mitglied der deutsch Friedensdelegation in Versailles bis auf weiteres verhintde an den Sitzungen der preußischen Landesversammlung e zunehmen. 8
Auf der Tagesordnung steht zunächst der mündliche 9 richt des Geschäftsordnungsausschusses über die Schaffun einer dritten Vizepräsidentenstelle.
Berichterstatter Meyer: Angesichts der Verhinderung . Präsidenten und der Erkrankung des ersten Vizepräsidenten hat der Ausschuß dahin entschieden, die Frage, ob ein dritter Vizepräsiden zu bestellen sei, aus den Beratungen über die vorläufige Geschist ordnung auszuscheiden und jetzt zur Erledigung zu bringen, damit Wahl eventuell sofort erfolgen kann. Zu der Frage, ob künftig unt den drei Vizepräsidenten ein bestimmtes Rangverhältnis bestehen sah hat der Ausschuß nicht Stellung genommen.
Das Haus beschließt ohne Erörterung nach dem Ausschuf antrage, eine dritte Vizepräsidentenstelle zu schaffen.
Abg. Herold (Zentrum) beantragt, für die Reihenfel der drei Vizepräsidenten heute sofort eine feste Regelung zu beschlieg und demgemäß einen ersten, zweiten und dritten Vizepräsidenten ind bisher üblichen Weise zu unterscheiden. Danach wäre heute die Stal des dritten Vizepräsidenten zu besetzen.
Der Antrag Herold wird angenommen und zum dritte Vizepräsidenten des Hauses der Abg. Dr. von Krit (D. Nat.) durch Zuruf gewählt.
Das Mandat des Abg. Rau (Soz.) für den zehng Wahlkreis des Regierungsbezirks Oppeln erklärt das Ha für erloschen.
Allgemeine Rechnungen über den Staatshaushalt h Rechnungsjahre 1914 und 1915 sowie die Uebersichten ün die Staatseinnahmen und ⸗-ausgaben für die Rechnungssct 1916 und 1917 werden dem Rechnungsausschuß überwitt
Hierauf folgt die erste Beratung des Entwurfs d Staatshaushaltsplanes für das Rechnung jahr 1919. . 8 2
Es findet zunächst ’eine allgemeine Aussprache stat.
Abg. von der Osten (D. Nat.); Wir sind ein armes A geworden, aber viele Deutsche scheinen sich dieser Tatsache noch u. bewußt zu sein. Es steht zu befürchten, daß das vorhandene Des sich noch vergrößern wird. Im Interesse des Wirtschaftslebens d man den Sozialisierungsbestrebungen nicht allzu weit nachgeben. 2 Eisenbahnen erfordern jetzt einen Zuschuß von 2,2 Milliarden. ü Betriebsverwaltungen dürfen aber nicht Zuschüsse aus den Taschen⸗d Steuerzahler fordern, sie müssen sich doch wenigstens selbst erbalr Angesichts der Pläne, die die Regierung auf dem Gebiete der Sch durchführen will, wird auch der Schuletat durch gewaltige Kosten technische Aufgaben, z. B. in Verbindung mit der Einführung! Einheitsschule, eine außerordentliche Belastung erfahren. Infolge! Erhöhung der Baukosten hat sich in Ostpreußen, besonders in Grenzbezirken, eine ernste Notlage herausgebildet, weil die von Regierung ausgeteilten Baugelder hinter den gegenwärtigen (. fordernissen erheblich zurückbleiben. Die Erwartung des Rednu daß die Regierung hier baldigst eingreifen wird, beantwortet Finanzminister Dr. Südekum durch zustimmendes Kopfnicken.2 Verwaltungsreform, fährt der Redner fort, muß so ausgeführt wen daß möglichst wenig Neues eingerichtet und eine möglichst weitgehn Vereinfachung, namentlich durch Ausnützung aller modernen technis Mittel geschaffen wird. Neuzeitliche Errungenschaften, wie Sten graphie und Schreibmaschine, haben sich erst sehr langsam bei! Behörden eingeführt. Das muß anders werden. Die Besetzung Stellen darf nur mit solchen Leuten erfolgen, die etwas von dem lernt haben, was sie machen sollen. (Abgeordneter Hoffmann: richtigl!l) Das Wort „Freie Bahn dem Tüchtigen“ soll nicht so g gefaßt werden, daß für tüchtig jemand gehalten wird, der lediglicht sozialdemokratischer Agitator hervorgetreten ist. Unsere finanzl Lage erfordert eine Regierung, die weder Furcht vor oben noch! unten hat. In dankenswerter Weise haben herworragende ci demokratische Führer bereits öffentlich ausgeführt, daß sie vor n 9. November dem Volke Versprechungen gemacht haben, die sich im mehr als absolut undurchführbar erweisen. Gegenüber den A. lösungserscheinungen kann sich nur die ehrliche Zusammenalt aller Kreise durchsetzen; daß wir nahezu bankrott gestreikt t zeigt ein Blick auf die Valuta. Während die Mark vor Revolution sich wenigstens noch auf der Hälfte ihres Wertes! halten bat, ist sie infolge des Streiks im Ruhrgebiete auf weng als ein Viertel ihres Werts gesunken. Leider arbeitet auch der 9 amtenkörper nicht mehr mit der gewohnten Sicherheit. Zahlret Beamte sind von der Furcht vor dem Terror befallen und lassen dadurch in der Führung ährer Amtsgeschäfte beeinflussen. Sihl daran ist die sinnlose Verhetzung der Felh enossen. die es übecht erst möglich gemacht hat, daß russische Bolschewisten, die sich Rußland nicht mehr halten können, Deutschland zu ihrem Tumn platz gemacht haben. (Lebhafter Widerspruch der Unabhängige Allen Ständen muß zugerufen werden, daß sie ihr Pflichtbewußt gegenüber dem Staat neu belehen. Unserer Generation ist die gabe gestellt, die Lösung des Gegensatzes zwischen dem eberechůi Individualismus und den harten Notwendigkeiten des Staatsgedont zu finden. Alle früheren Kulturen sind an der Nichtlösung g. Problems zugrunde gegangen. Sie könnte nur erfolgen durch Upö seitiges Vertrauen aller Volksschichten. (Aba. Hoffmann: 2 hätten Sie vor dem 9. November sagen sollen, aber da haben den Herrenstandpunkt vertreten.) Der Redner wehrt sich unter währenden Zwischenrufen der Unabhängigen und Beifallske
ebungen der Rechten dagegen, daß er vor dem 9. November Herrenftandpunkt vertreten haben, soll. Dem Rätegedanken, er fort, stehen viele meiner Parteifreunde nicht ablehnend fehg sobald er einen gesunden Kern enthält. Das Zweikammersystem, bem eine Kammer die Arbeit vertritt, kann außerordentlich nit wirken.
1
1 8e
Nillliarden belaufen.
Die bisherige Politik bat zweifellos durch die Verkess
b her Elemente großen Schaden an erichtet. In der Zu⸗ kunft muß die. Losung heißen: nicht Klassenkampf 6 Fe r⸗ gemeinschaft, nicht Kampf sondern Versöhnung. Die Illufionspolitik die von der Beachtung der Wilsonschen Friedensvorschläge einen Ver⸗ söhnungsfrieden erwartete, hat sich als völlig verfehlt herausgestellt. Wir erwarten jedenfalls von der Re ierung, daß sie keinen Frieden unterschreibt, der die Ehre des deutschen Volkes antastet. (Lebhafte Zwischenrufe der Unabhangigen.) Ein Schuft ist der, der sich heute im eigenen. Volke zankt, während draußen der Feind steht. (Leb⸗ hafter Beifall.) Nur Selbstvertrauen, Sparsamkeit und Arbeit uns vor dem Untergang retten. (Lebhafter Beifall.)
g. Schmedding (Zentr.); Als ich vor einiger Zeit zu Notetat sprach, konnte ich die “ Stardes 88 8 dunklen Farben schildern; nachdem jetzt der eigentliche Haushaltsplan vorliegt, zeigt sich, daß ich noch nicht dunkel genug geschildert habe. denn der neulich auf 786 Millionen errechnete Fehlbetrag wird in
irklichkeit weit höher sein. Da die Eisenbahnperwaltung höchstens die Hälfte der erhofften Mehreinnahmen, die Bergwerksverwaltung überhaupt keine Ueberschüsse bringen wird, und noch die nichtetatisierten Beträge für die Erwerbslosenfürsorge sowie für Revolutionsschäden
inzukommen, so wird sich der Fehlbetrag auf mindestens zwei
1 ela Dabei ist noch nicht in Betracht gezogen, daß wir wahrscheinlich von Preußen einige Landesteile verlieren werden womit die Lnft döraus eggezemen Einnahmen auf das Verlustkonto kommen. Durch den Fehlbetrag der zwei Milliarden erhöht sich die Staatsschuld einschließlich des Fehlbetrags von 1918 um 4 Milliarden und wird sich auf fast 19 Milliarden belaufen. Diese ungünstige Aussicht würde uns weniger bange manchen können, wenn es sich um einen bald vorübergehenden Zustand handelte. Leider muß man aber annehmen, daß die Einkommens⸗ und Ergänzungssteuer im nächsten Jahre stark heruntergehen werden; infolgedessen wird von ihnen nicht viel mehr übrig bleiben als sie zur Verzinsung und Tilgung der Staatsschuld nötig ist. Bei dieser Lage der Dinge ist es dringend nötig, überall möglichste Sparsamkeit in allen Zweigen der Verwaltung eintreten zu lassen. (Sehr richtig!) Wir, müssen zu der altpreußischen Einfachheit zurückkehren und überall Zurückhaltung in Kosten verurfachenden Neuerungen eintreten lassen (cGehe 1n Zustimmung.) 1 müssen aufhören, die Staatsregierung, oo es nicht unbedingt nötig ist, mit neuen Anregungen zu bestürmen deren Durchführung Geld kostet. Das erfordef! use Rlcfelün hen auf das Wohl des Volkes, denn dieses muß in erster Linie verlangen daß wir nicht dazu beitragen, daß die Staatsschuld eine Höhe annimmt, die deren Verzinsung und Tilgung in Frage stellt. Früher halfen wesentlich die Ueberschüsse der Eisenbahnverwaltung aus, indem sie ährlich mehrere Millionen zur Bestreitung der Ausgaben der übrigen
jessorts darbot. Bei den anhaltenden hohen Materialpreisen und hoben Arbeitslöhnen ist leider für längere Zeit auf einen Ueberschuß bei der Eisenbahnverwaltung nicht zu rechnen, ganz abgesehen davon, daß die Staatseisenbahnen ja wahrscheinlich auf das Reich übernommen werden, eine Frage, über die man übrigens verschiedener Ansicht sein kann. Wir werden aber hei dieser Lage der Dinge nicht daran vorbei⸗ kommen können, auch in Preußen die Steuerschraube noch kräftiger an⸗ zuziehen. Das darf aber nicht in Form der rohen Zuschläge, sondern auf dem Wege besserer gerechterer und gleichmäßigerer Veranlagung geschehen. Außerdem werden wir mit möglichster Beschleunigung an eine Reform des Einkommensteuergesetzes herantreten müssen. An⸗ gesichts der schlechten Finanzlage muß man den Mut der Regierung bewundern, wenn sie es noch gewagt hat, auf verschiedenen Gebieten Vorschläge zu neuen Ausgaben zu machen. Es handelt sich dabei zu⸗ meist um Ausgaben, die geeignet sind, das Wirtschafbsleben zu be⸗ fruchten, die Bautätigkeit zu beleben oder die Notlage der Beamten und Staatsarbeiter zu lindern. Redner geht auf die Einzeletats ein. Bemerkenswert ist u. a., daß ein besonderer Haushaltsplan für die Generalordenskommission nicht mehr vorlieat: ein letzter Rest er⸗ scheint im Etat der Regierung, der sie angegliedert ist. Gegen diese Angliederung wird sich nichts einwenden lassen, aber es dürfte doch in Frace kommen, die ganze Generalordenskommission aufzuheben, da die Einnahmen aus zurückkommenden Drden nur mit 18 000 Mark etatisiert sind, wohincegen der ganze Apparat der Verwaltung in der Ordenskommission noch 28 000 Mark kostet. Bei diesen schlechten Verhältn ssen zwischen Einnahmen und Ausgaben wäre es doch besser, auf Rücksabe der Orden zu verzichten und sie den Ordensrittern und deren Erben als historische Erinnerung an frübere Zeiten zu über⸗ lassen. Immerhin werden durch Abschaffung der Orden 450 000 Mark erspart, nicht gerechnet die großen Beträge, mit denen der Etat in der Regel überschritten wurde. Wenn ich die ungünstige Finanzlage des Staates, so schließt Redner, rückhaltslos dargestellt habe, so tat ich das in der Ueberzeugung, daß in der rückbaltlosen Offenbeit eine heilende Kraft liegt. (Sehr richtia!) Zum Verschleiern und Versteckenspielen sind die Zeiten zu ernst geworden. (Sehr richtic!) Möaen die heutigen Verhandlungen dazu beitragen, daß das preuß'sche Volk seine ernste finanzjelle Lage allgemein einsieht und mit Fleiß und Sparsamkeit in anhaltender Arbeit alle Kräfte daran setzt, wieder zu besseren Verbält⸗ nissen zu kommen, damit wir wieder in die Lage kommen, in erhöhtem Maße die Güter der Kultur zu pflegen. (Beifall.)
Abg. Heilbrunn (Dem.): Herr von der Osten hat die De⸗ batte auf eine Plattform geführt, auf der sich ein guter Teil oder alle Mitglieder des Hauses zusammenfinden können. In einer Stunde, wo unsere Unterhändler in Versailles sich einem srachsüchtigen und schontngslosen Feinde gegenüborbefinden, ist es nicht Zeit, daß wir uns in politischen Kämpfen zerfleischen, sondern wir haben alle Er⸗ scheinungen kühl und objektiv darauf zu prüfen, wie wir in stiedlichem Kampfe Mißstände und unglückselige Zustände andern können, ohne daß der Volksgenosse gegen den Volksgenossen feindlich angeht. (Sehr richtig!; bei den Demokraten.) Ueber unsere Finanzlage angesschts des Etatsentwurfs für 1919 zu sprechen, ist überaus mißlich. Alles, was uns vorgelegt ist, beruht auf Schätzung, wir haben nur eine einzige Reserde, das ist die Umgestaltung des Einschätzungswesens. Es dürfte tatsächlich ein offenes Geheimnis sein, daß die Einkommen nur gichtig erfaßt wurden, wo wir Staatskommissare im Hauptamt hatten, daß die Einkommen aber überall da, wo besonders die Natu⸗ ralien auf Schützung beruhen, nur zu einem Bruchteil des wirklichen Steuersolls veranlagt wurden. Aber auch diese Resewe ist schließlich illusorisch, denn der ganze Steuerekat hängt ja von der Entschließung der Reichsinstanzen ab. Auch Herr von der Osten befürchtet eine Schwächung der preußischen Finanzen nicht nur von der Uebernabme der Eisenbahnen auf das Reich, sondern auch von den allgemeinen wirt⸗ schaftlichen Maßnahmen dos Reiches. Ich komme auf denselben Prä⸗
missen zu einem anderen Schluß: Wir können uns die drei Instanzen
Reich, Staat und Kommune überhaupt nicht mehr leisten, vor diese absolute Notwendigkeit stellt uns schon die finanzielle Frage, daß wir mehr und mehr zu einem Einheitsstaat, zu einem einheitlichen Deutschen Reiche gelangen. Nicht nur verwaltungstechnisch, sondern eben auch mit Rücksicht auf die großen finanzpolitischen. Fragen muß die Vereinheitlichung des Reichsköwers gefördert werden. In die alten Instanzen haben sich ja jetzt soaar neue eingeschoben, so in den
ommunen die Arbeiterräte, die sich nicht nur als Kontrollinstanzen auftun, sondern auch direkb in die Kommunalverwaltungen mit Maß⸗ nahmen eingreifen, die sehr weittragende finanzielle Konsequenzen haben. So hahen die Arbeiterräte in vielen Kommunen Arbeitslosenunter⸗ stützungen festgesetzt und kehren sich nicht an die inzwischen auf diesem Gebiete erfolgte reichsgesetzliche Normiemmg. Sie haben auch sonst neue Organe, neue Instanzen geschaffen oder gefördert, die Ausgaben verursachen, Uund damit — und das ist das gefährliche — ist in dem
Lanzen Staatskörper eine gewisse Anarchie eingeführt, indem die alte
Konkrolle nicht mehr funktioniert und nirgend für Deckung der neuen Ausgaben Sorge getragen wird. Wir Demofraten sehen die politischen Fragen, die der 9. November aufeworfen hat, in ihren Grundlagen els gelöst an, die demokratische Republik ist eingesetzt und muß in der neuen Verfassung ein festes Fundament erhalten. Nun soll man dis Demokratie endlich auch einmal praktisch werden lassen, und dem Rl es in der Praxis, wie wir wahrzinehmen alauben, nicht sbera Arwandfrei bestellt. In den oberen ünd namentlich in den mittleren Fkanen wird vielfach noch ganz nach den alten Renpten tregiert und mmandiert. In einem Falls hat das Kultusministerium die Zu⸗
WWö W“ 11 8 g 1
sammenerziehung von einigen Märchen, Schületinnen einer überfüllten höheren Töchterschule, zum Zweck der Vordereitung zum Examen auf
einer Knabenschule als einen Verstoß gegen den heiligen Geist unserer
Schulverwaltung abgelehnt!. Dus ist zwar nur ein kleines, aber doch sehr charakteristisches Beispiel. Unsere Verwaltung muß pon Grund aüf mit neuem Geist erfüllt und nicht nur mit eissem Tropfen, ondern mit einer ganen Masse demokratischen Dels erfüllt werden, Wir hrauchen den besten Mann. Aber die Auswab! soll nicht nach der Parteischablone erfolgen. Heute hat jeder die Pflicht, zu arbeiten für den gesamten Stgat. In niederträchtiger Weise aber wird Staats⸗ gut versckleudert. Die innere Motol muß vieder gestärkt werden. Der Rätegedanke hat auf der äußersten Rechten eine gewisse Gegen⸗ liebe gefunden. Graf Westarp und Hoffmann finden sich wieder zu⸗ sammen. Das Rätesystem ist aber nichts anderes als das umgekehrte preußische Herrenhaus. (Sehr richtig!) In den Betrieben wird dieses System nur nachteilig wirken. Es wird nicht mehr gearbeitet, sondern politisiert. (Sehr richtig!) Kontrolle durch die Massen ift notwen⸗ dig, ader nicht das Hineinreden durch die Massen. Auf diesem unglück⸗ lichen Abwege befinden wir uns in Deutschland. Es wird geredet und geredet und nicht gearbeitet, den ganzen Tag von früh bis Abends. Die Sigatsmaschine arbeitet genau so langjam wie vor der Revolution. Die Krigsgewinne sind noch, immer nicht erfaßt. Die Regierung soll aber marschieren. Kein Mensch kümmert sich mehr um die Kriegs⸗ gesellschaften. Im linksrheinischen Gebiete schwimmen sie in Stiefern und Schuhen. (Heiterkeil.) Die Lebensmittel werden verteuert durch die Valuta. Schuld sind die Streiks. Der deutsche Kaufmann muß wieder Arbeitsgelegenheit haben. Wir müssen zu einer Verbindung der internationalen Arbeit kommen. Das ist unsfere Hoffnung. Wenn wir uns durch Theorien abschließen, die dem Auslande fremd sind, so kommen wir nicht zu gemeinsamer Arbeit. Wir wervben hoffentlich bald zu einem Frieden kommen. Wir können ihm aber nicht zustim⸗ men, wenn er uns ehrlos und zu Sklaven macht. (Beifall.) Hierauf wird die Fortsetzung der Beratung bis Mitt⸗ woch, 12 Uhr, vertagt. 8 “
Schluß 6 Uhr.
Parlamentarische Nachrichten.
Der Entwurf eines Gesetzes, betreffend die
Aufhebung der Ortsschulinspektionen, ist nebst Bearündung der reußischen Landesver⸗ san mlung zugegangen. Der Gesetzentwurf lautet, wie olgt:
Für den Umfang des Staatsgebiets wird verordnet:
§ 1. ö““
Das Amt des Lokalschulinspektors wird aufgehoben. Mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes erlischt die Amtsbefugnis der bisherigen Lokalschulinspektoren.
§ 2.
Die Schulzutsichtsbehörden sind befugt, die bisber den Lokal⸗ schulimspektoren obliegenden Geschäfte, soweit sie nicht wegfallen kennen, und die mit dem Amte als Lokalschulinspekior nach gesetzlicher Vorschrift oder durch Verwaltungsanordnung allgemein oder im einzelnen Falle verbundenen Geschäfte anderweit auf Behörden oder einzelne Fachleute zu übertragen.
3
Dieses Gesetz tritt mit 1; Oktober 1919 in Kraft. “ In der dem Gesetzentwurf beigegebenen Begründung wird ausgeführt:
Die Einrichtung der Ortsschulinspektion — in den gesetzlichen Bestimmungen zumeist mit Lokalinspektion bezeichnet — berubt auf Gesetz, zum Teil auf den Vorschriften des Allgemeinen Landrechts (§§ 12 flg. II. 12 A. L.⸗R.), zum Teil auf provinztalgefetzlichen Be⸗ stimmungen. Ibre Einrichtung ist auch in dem für den mfang des ganzen Staatsg bietes erlassenen Gesetze über die Beaufsichtigung des Unterrichts, und Erziehungswefens vom 11. März 1872 (Gesetz⸗ samml. S. 183) erwähnt (§ 2 ebenda). Seit dem Bestehen der Orts⸗ schulinspektion haben sich die Verhältnisse vollständig geändert; die früher infolge der Entfernung und des Mangels an guten Verkehrsmitteln recht schwierige Begzufsichtigung der Schulen durch die Bezirksregierungen und die Kreisschulinspettoren ist wesent⸗ lich erleichtert. Für den größten Teil des Staatsgebietes ist durch den Erlaß des Schulunterhaltungsgesetzes vom 28. Juli 1906 die örtliche Schulverwaltung geändert, und die örtlichen Schulverwaltungs⸗ organe, Schuldeputationen, Schulvorstände und Schulkommissionen sind neu eingerichtet worden und nehmen in weiterem Umfange an der örtlichen Schulverwaltung feil. Die wissenschaftliche und methodische Ausbildung der Lehrerschaft ist im Laufe der Jahre vervollkommnet und vertieft. Es erscheint deshalb entoehrlich, neben der Kreisschul⸗ inspettion noch eine besondere Ontsschulaufsicht beizubehalten. Bei den größeren, unter Leitung eines Rektors stehenden Schulsystemen besteht in der Regel auch schon jetzt keine besondere Ortsschul⸗ inspektion mehr. Es ist zwar nicht zu verkennen, daß für die jungen Lehrkräfte auch weiterhin eine Anleitung geboten bleibt. Die ÜUnter⸗ richtsverwaltung wird deshalb bedacht sein, diese Lehrkräfte nach Moglich⸗ keit an solchen Schulen zu beschäftigen, wo sie bei erfahrenen Rektoren, Hauptlehrern und älteren ersten Lehrern der nötigen Anleitung nicht ent⸗ roten. Den Rektoren, Hauptlehrern und Nren ersten Lehrern werden deshalb besondere Instruktionen für die Anleitung der jungen Lehr⸗ kräfte zu geben sein, und die Kreisschulinspektoren werden es sich an⸗ gelegen sein lassen müssen, den jungen Lehrkräften ihre besondere Auf⸗ merksamkeit zu schenken. Da es sich indessen nicht allenthalben durch⸗ führen läßt, die jungen Lehrkräfte an Schulen unter Leitung von Rektoren, Hauptlehrern und äfteren ersten Lehrern zu beschäftigen, wird es erforderlich werden, mit der Anleitung dieser jungen Lehr⸗ kräfte zuweilen besondere Schulmänner als Organe des Kreisschul⸗ inspektors zu beauftragen.
Nicht alle von den Ortsschulinspektoren bisher wahrgenommenen Geschäfte können wegfallen. So steht ihnen z. B. nach den Be⸗ stimmungen der Schulordnung für die Elementarschulen der Provinz Preußen vom 11. Dezember 1845 die Befugnis zur Verlängerung der Schulpflicht, zur Erteilung kürzeren Urlaubs usw. zu. Es ist not⸗ wendig, daß derartige Befugnisse Kreisschulinspektoren oder anderen Fachleuten übertragen werden.
Mit dem Amt des Ortsschulinspektors ist in Westrreußen das Amt des Schulvorstandsvorsitzenden — für den Fall der Abwesenheit des Schulpatrons — verbunden (§ 31 Nr. 1 der Preußischen Schul⸗ ordnung). Aehnlich liegt es in den Schulgemeinden der Provinz Posen auf Grund der Bestimmungen der §§ 12 flg. II. 12. A⸗ L.⸗R. Im Geltungsbereich des Schulunterhaltungsgesetzes vom 28. Juli 1906 sind die als Mitglieder zum Schulvorstand gehörigen Geistlichen nicht selten für die Dauer ihres Amts als Ortsschulinspektor zu Ver⸗ bandsvorstehern bezw. Schulvorstandsvorsitzenden bestellt. Es erscheint notwendig, der Schulaufsichtsbehörde die Befugnis zu geben, die Wahrnehmuna aller derartiger Aufgaben usw. nach Aufhebung der Oitsschulinspektion im Schulint resse und im Interesse der Be⸗ völkerung anderweit zu ordnen.
M; I“ X. 8 , 4 —2* 8
Stttistik und Volkswirtschaft.
Zur Arbeiterbewegung. v1“
Aus Kattowitz wird dem „W. T. B.“ gemeldet, daß der Be⸗ amtenausstand auf der Heinitzgrube beigelegt worden ist. Sämtliche Fanhenabsefahes 8 zurückgezogen worden. In Eintrachthütte ist ein kleiner Lohnausstand entbrannt. Sonst venssch, seszt RNuhe im oberschlesischen Industrie⸗
Der Ausstand der Postarbeiter und Postaus⸗ belfer in Düsseldorf wurde, „W T. B.“ zufosge, gesterg mittag beendet und die Arbeit auf sämtlichen Dienststellen auf⸗
bvenommen, nachdem eine Einigung über die Lohnforderungen erfolgt war.
In Frankfurt a. M. ist, wie „W. T. H. gerfährt, der Ausstand der Huchdrucker beende. Di- Arbeit wurde gestern mittag wieder aufgenommen.
Ein Bankbeamtenausstand begann, wie dem „W. T B.“ aus Versailles telegraphiert wird, am Montag in ganz Parts. Die meisten Großbanken haben geschlossen. Nichmitlags zwangen Ausständige den Crédit Lyonnais, die Schelter zu schließen, so baß der gesamte Bankverkehr ruht. Die Duektion des Crédit Wonnais und der Socteté Génerale erklären sich bereit, mit den Ausstondigen zu verhandeln, lehnen j⸗doch die Vermittlung der Epn⸗ fsderation Genérale du Travail ab. Die Zahl der Ausständigen beträgt etwa 15 000. Laut „Havasmeldung“ wurde die Ruhe nicht gestört. Trotz des Ausstands herrschte an ber Börse am Montag reger Verkehr. — „Populaire“ meldet, daß auch der Ausstand der Bekleidungsarbeiter tortdauert und auf andere Industrien übergriff. Mehrere Schuhfabrike n st hen seit Montag im Ausstand. Die großen Modenhäuser Pacquin und Dury verzeichneten gestern eine teilweise Arbeilsmederlegung der Arbeiterinnen. Die Kleinunternehmer der Betleidungs⸗ industrie wollen sich der Arbeiterbewegung anschlitßen. Der Bau⸗ arbeiterverband unterhandelt zit den ausständigen Vetbänden wegen eines Gemeinbürgschaftsausstandes. Das Blatt erwartet, daß alle diese Ausstände, die eine Lohnaufbesserung und sofortige Durchführung des Llchtstundentages bezwecken, in den allernächsten Tagen einen weiteren Umfang annehmen werden.
„ Nach einer von „W. T. B.“ wiedergegebenen Havasmeldung aus Rio de Janeiro sind die Dockarbeiter von Santos in den Ausstand getreten. Die Hafenarbeiten sind völlig lahmgelegt.
8 Kunst und Wissenschaft.
Man kann sich ziemlich kurz fassen, wenn man über die 34. Ausstellung der Berliner Sezession berichten soll. Die Ausstehung erhält ihre Anziehungskraft durch 13 Wand⸗ gemälde, die im Hauptfaale nebenenander von 13 jüngeren und älteren Künstlern geschaffen worden sind. Ein Monumentalwerk fit unter den großen Bildern leider nicht zu finden. Auch Wrllp Jaeckel, der eine „Gethsemaneszene“ malte, und der bei früherer Gelegenheit eine gewisse virtuose Begabung für die malerische Bewältigung großer Flächen offenbarte, harte diesmal nicht Kraft genug, um das umfangreiche Feld wuchtig auszufüllen. Außer der stehenden Figur, der eine gewisse Kraft und Hoheit innewohnt, wirken die uͤbrigen Gestalten hohl, und die Londschaft erweckt den Eindruck von hintereinander aufgestellten Pappkulissen. Daß der begabte Künstler trotzdem das Zeug dazu besitzt, in einer glücklichen Stunde einmal ein wahrhaft munumentales Werk zu schaffen, beweisen die groß geschauten Zeichnungen, unter denen sich ein paar bedeutende Blätter besinden. Nächtr Jaeckel interessiert der amüsante und geistreiche Georg Walter Rössner am meisten, der in seiner witzigen ürt das Thema „Wiedersehen mit, Amerika“ behandelt. Wie es gelegentlich Orlir tat, so faßt auch et Wandmaletei ales Beschreiben der Wände mit großen Pinselzügen auf, und es entsteht ein stilreines Flächen⸗ gebilde. Aber: amüsant, geistreich, witzg — schon aus diesen an sich guten Eigenschaften geht hervor, daß ein Künstler, der nicht mehr als nur das ist, nicht für die Monumentalkunst geschaffen ist. Bruno Krauskopf wählte sich für seine Wandfläche das Motiv des „Abendmahls“, und das Bild des raffinierten Könnens sieht diesmal einem Kunslwerk zum Verwechseln ähnlich. Franz Heckendorf, Finetti, Erich Büttner wurden mehr schlecht als recht mit der ihnen estellten Aufgabe fertig. Klaus Richter gipyt eine vergrößerte Ullustration, Wilhelm Kohlhoff variiert ein Motiv Pechsteins in sehr krauser Art, und Erich Weske, der sein Talent wieder in schönen Zeichnungen offenbart, behandelt ein biblisches Motiv in archaisierender Weise. Ein sehr sellsamer Einfall war es, Paul Scheurich, dem geistreichen Schöpfer zierlicher und feiner Dinge, eine Wandflüche anzuverkrkauen. Der vortreffliche Künstler versigte zwar auch hier nicht völlig — es entstand ein Gebilde von angenehmer Gobelinwirkung —, aber deren riesige Gestalt des Narziß, die vornübenufallen scheint, wirkt aur⸗ geblasen und kraftlos. Schließlich ist auch noch Lovis Corinth zu erwähnen, der die schmalen Flächen an und über der Tür ebenso schmissig und begabt wie flüchtig ausmalte. Außer diesen höͤchst problematischen Wandgemälden sind noch Zeichnungen und Plastiken ausgestellt. Von den Plastiken notiert man Büsten von Franz Mezner, in dessen bekannter, wirkungsvoll stilisterter, ein wenig leerer Art. Der Kopf von Josepb Thorak ist eine gediegene unaufdringliche Leistung, und Martin Müller befestigt mit zwei Büsten und der Studie für eme Gartenplastik sein Ansehen als einer der hoffnungsvollsten Plastiker unter dem Nachwuchs. Wer nicht schon von früher her die Werke Bernhard Hoetgers als Bluff erkannte, dem wird diesmal die Gruppe „Mutter und Sohn“ hoffentlich die Augen öffnen. — Die Zeichnungen pendeln zwischen romantischen Spielereien, sanstem und kor⸗ rektem Biedermeiertum und wildestem Expressionismus“ hin und her. Außer den bereits genannten Blättern fallen einige knapre Landschaftsskizzen Linde⸗Walters und ein paar Blätter Lesser Urys in der Menge der netten und braven oder rohben und plumpen graphischen Schöpfungen auf. 1“
661
Verkehrswesen.
Für den Privattelegrammverkehr mit dem von hri⸗ tischen Truppen besetzten Teil der Rheinprovinz sind fol⸗ gende Orte neu zugelassen worden:
Bedburg, Kreis Bergheim, Beuel, Blankenheim Eifel, Burscheid, Bezirk Düsselvorf, Call, Cöln⸗Deutz, Cöln⸗Nippes, Elsenhorn⸗Uebungsplatz, Engelskirchen, Hennef, Sieg, Horrem, Bezirk Cz n, Lechenich, Niedeagen, Overath, Rommers kischen, Troisdorf, Wesseling, Bezirk Cöln.
Geschlossen worden sind die Telegraphenanstalten in Buisdorf, Hersel, Urfeld, Kreis Bonn, und Weiß, die bisher ausschließlich für den Telegtammverkehr in Angelegenheiten der Schiffahrt geöffnet waren.
8 S
†
Nr. 15 des „Zentralblatts für das Deutsche Reich“, herausgegeben im Reichsministerium des Innern am 2. Mai 1919, hat folgenden Inhalt: Handels⸗ und Gewerbewesen: Ausführungs⸗ bestimmungen zur Bekannmachung, betreffend die private Schwefel⸗ wirtschaft. Militärwesen: Zestsetzung einer angemessenen Frist für die nachträgliche Bewerbung von Milttäranwärtern.
Nr. 37 des „Zentralblatts der Bauverwaltung“, herausgegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten am 3. Malt 1919, bat folgenden Inhalt: Amtliches: Dienstnachrichten. — Nicht⸗ amtliches: Zur Frage des Brückenstaues. — Wegemale im polnisch⸗ ukrasnischen Grenzaebiet. — Die Bedeutung des oberen Netzegebiets für die Wirtschaftsfragen des Ostens. — Vermischtes: Verleihung der Würde eines Doktor⸗Ingenteurs ehrenhalber. — Wettbewerb um den großen Staatspreis auf dem Gebiete der Architektur. — Wohnungsfürsorge der Stadt München. — Verordnung ühber die Erxrichtung von Denkmälern in Bavern. — Schwierigkeiten bei den norwegischen Staatsbahnen.
I u.“ 8 3 8