standes zu einem Drittel oder der Hälfte des Preises ranzösischer Ware auf den franzssischen Markt zu bringen
egönnen. Echiweiz. 1““ 1 Eine vom Bert Komitee Freiheit und Völkerbund einberufene Versammlung gegen die Friedensbedingungen hat gestern einstimmig eine Ent⸗ chließung angenommen, in der in jeder Beziehung ein Frieden es Rechts, nicht der Gewalt, gefordert wird.
„ 1 Nach einer Havasmeldung hat Ferid Pascha die Un⸗ bildung des Kabinetts beendet Er übernimmt das
Vorteftuille des Auswärligen, Ali Kemal das Innere, General Torgut das Kriegsministerium
3 Asi en. “ 8 I 8 “
11““ 16““ 2 Nach einer Reutermeldung hat in der vergangenen Woche eine siarke Zukammenziebung zahlreicher regulärer afaghanischer Truppen gegenüber den britischen Streitkräften stattgefunden. Der ofghanischen, an die Grenzstämme gerichteten Aufforderung, sich gegen die Eng⸗ länder zu erhehen, ist nur in sehr geringem Maße ennsprochen 1 In Kandahar wird der heilige Krieg gepredigt.
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EStatistik und Volkswirtschaft. Der Viehbestand Preußens am 1. März 1919. Das preußische Statistische Landesamt veröffentlicht jetzt das vorläufige Ergehnis der Viehzählung, die am 1. März d. J. in Preußen ausgeführt worden ist. Es unterschei t sich von den vor⸗ läusigen Ergebnissen früberer Zählungen durch größere Lücken. Die Unruhen im Lande, die häufigen Verkehrsstockungen und die er⸗ schwerte Postbesörderung nach und von den durch die Feinde besetzten Gebieten westlich vom Rhein haben an vielen Orten die rechtzeitige Ausführung der Erhebung behindert. Aus den durch die Demarkations⸗ linie gete lten Kreisen der Provinz Posen sind nur wenige Er⸗ ebnisse von den diesseits der Linie liegenden Gemeinden gemeldet Von den übrigen, unter polnischer Amtsacwalt stebenden Kreisen ist nicht bekannt, wie sich dort die Zähtung abzewickeit hat. Das Er⸗ gebnis umfaft insofgedessen leider nicht das ganze Staatsgebiet. Es stellt nur die Viehmenagen dar, wie Fe nach dem vorläusigen Abschluß der Zihlung im Staate mit Aneschluß der ganzen Provinz Posen und ohne die Stadtzreise Crefeld und Trier sowie die Landkreise Merseburg, Mayen, Adenat und Neuwied, die bisher im Rückstand blieben, vorhanden sind und der öffentlichen Bewirtschaftung oder der freien Selbstversorgung der Bevölkerung zu Gebote stehen. Da die diesmalige erste Frühjahrszählung nach dem Abbruch des Wellkrieges zeigt, wie die Viehwirtschaft nach den Abgängen in den Wintermonafen sich allmählich durch natürliche Vermehrung für das neue Wirtschaftsjahr wieder aufzurichten beginnt, sind in der amt⸗ lichen Veröffentlichung (Statistische Korrespondenz 1919 Nr. 17) zum Vergleich die Zählergebnisse vom 4. Dezember und vom Frübjahr 1918 mitaufgeführt. Aus der Gegenüberstellung der Zahlen kann man mit Genuntnung ersehen, daß das diesmalige Ergebnis bei ein⸗ zelgen Viehgattungen einen teilweise günstigeren Stand der Ver⸗ hältnisse zeigt als im Vorjahre.
Der Pferde bestand hat sich seit Dezember 1918 um 280 000 Tiere vermehrt und zaͤhlt jetzt 2, Millionen Stück. Den Zuwacks Lilden meist arbeitsreife, bei der Militärverwaltung nach der Demobil⸗ machung freigewordene Pferde; denn es ist in der Hauptsache die
Pabl der 5 Jatsre alten und älteren Pferde, die sich vermebrt hat. Der weitaus arößte Teil dieses Zugangs, nämlich 225 000 Pferde, ist erfreulicherweise in der Landwirtschaft untergebracht, und demzufolge hat sich der Bestand der landwirtschaftlichen Arbeitspferde auf 1 883 000 erhöbt, d. s. 230 000 Stück oder 13,a vH mehr als am 1. März des Vorjohrs. Es zeigt sich danach, daß die Landwirtschaft in das laufende Wirlschafte ihr mit einem wesentlich erhöhten Nutz⸗ viehhestand eingetreien ist, der den Abgang an Svanntieren aus der Rindergattung ausgleicht und zur Entlastung, hoffentlich auch zur Steigerung der Mücchergiebigkeit der bisherigen Spannkühe bei⸗ tragen wird.
An Rindvieh sind zurzeit 9„ Millionen Stück vorhanden, während noch am 1. März 1918 über 10 Millionen gezählt wurden. Der Rindviehbestand hat also seit dem Frühjabr 1918 trotz der Herabsetzung oder des teilweisen Nußsfals der Fleischration für die Bevölkerung während des Sommerssrnd Herbstes 1918 und der ersten Monate dieses Jahres mehr als 1 Million, d. h. 11,1 vH, eingebüßt — ein Zeichen dafür, wie sehr das Gewicht der Rinder, die für die Fleisckhersorzung der Bevölkerung be⸗ ansprucht werden, gesunfen ist. Eine bedeutende Lücke weist bdas Großvieh mit beinahe 400 090 Stück auf; zurzeit sind 444 000 Ochsen, Bullen und Stiere und 5,1 Millionen Kühe gegen 525 000 Ochsen usw. und 5,4 Millionen Kühe am 1. März 1918 vorhanden. Einen empsindlichen Eingriff hat ferner das J ungvieherlitten, indem es sich in dem gleichen Zeitraum von 3 Millionen auf 2,8 Millionen, d. h. um über 80)00) Stück oder 244 vH vermindert hat. Diese Einbuße erscheint teilweise dadurch abgeschwächt, daß die Kälber zurzeit in einer um 77000 Stück stärkeren Menge — rund 1 Million — als am 1. Mä’z 1918 vorhanden sind. Diese Zunahme ist offenbar eine Folge davon, daß die Kühe im vergangenen Jahre mehr vor Abschlachtung geschont waren. Daher zeigt sich auch seit Dezember 1918 ein Zuwachs von 165 000 Kälbern. Da die Fleisch⸗ versorgung der Bevölkerung auch weiterhin in der Hauptsache auf die inländischen Quellen angewiesen bleibt, wird diese Vermehrung der Kälber wenig dazu beitragen können, den bisherigen Abgang und die weitere Lücke, die schon bei dem Jungvieh durch neuere Abschlach⸗ tungen entstehen wird, auszufüllen, und so steht auch in diesem Jahr ein weiterer Rückgang des gesamten Rindviehbestandes bevor. In rein landwirtschaftlicher Beziehung zeigt sich die Vtehwirtschaft, ge⸗ messen an der Arbeiteleistung der Tiere, insofenn günstiger als im Vorjahr, als der Abgang an Großvieh, soweit es sich bei ihm um Arbeitstiere handelt, durch die ansehnliche Zunahme der landwirt⸗ schaftlich benutzten Pferde rcichlich ausgeglichen ist, da der Arkeits⸗ menge nach 1 Pferd 2 Stück Großvieh gleichwertig ist. Diese Zu⸗ nahme hat ein besseres Stärkeverhältnis zwischen den beiden Tier⸗ gattungen derart bewirkt, daß im laufenden Wirtschaftsjahr in der Landwirtschaft auf je 10 Stück Großvieh durchschnittlich 4 Arbeits⸗ e kommen, wäͤhrend ein Jahr vorher das Verhältnis 10 zu
war.
Im Gegensatz zum Rindviehbestand liegen bei der Schweine⸗ zucht nech Ausweis des Zählergebnisses günstigere Möglichkeiten für ihren Wiederausfbau vor. Der Schweinebestand beziffert sich jetzt auf rund 47 Millionen Stück. Von der öffentlichen Hand im ver⸗ flessenen Jahr in geringerem Maße zur Deckung des Fleischbedarfs der Bevölkerung herangezogen, konnte er sich trotz der Verminderung um 1,7 Million Stück seit Dezemher 1918, trotz der vielen anderen, kaum genau erfaßbaren Abschlachtungen so weit behaupten, daß er diesmal den tiefsten Stand rom Frühjahr 1918 um 1,8 Million Stück übertrifft. Dabei weist er einen recht ansehnlichen Nachwuchs von 3,8 Millionen Ferkeln und Läufern auf, der um 1,2 Million Stück stärker ist als zu gleicher Zeit des Vorjahrs, und ferner einen Bestand von 1,1 Million Stück Zuchtschweinen, der seinerseits eine Zunahme um 100 000 Tiere gegenüber der Zahl vom 1. März 1918 verzeichnet. Diese Zahlen lassen demnach im laufenden Jahre eine be⸗ friedigende Entwicklung der Schweinezucht erwarten.
Bei der Schafhaltung ist auch diesmal ein weiterer wesent⸗ licher Fortschritt wahrzunehmen. Schon der vorangegangene
Dezemberstand, rund 3½ Millionen Schafe, wles eine Zunahme um 256,000 Stück gegen die Zahl im Dezember 1917 auf. Durch den natürlichen Zuwachs schon innerhalb des verflossenen Vierteljahrs ist der Schafbestand bis zum 1. März d. J. auf 3,8 Millionen Köpfe angewachsen, d. h. er hat sich gegen Dezember 1818 um 460 000 Stück oder 13,7 vH und im Vergleich mit März 1918 um 172 000 Stück oder 4/ vH vermehrt. In seiner Zusammensetzung weist er diesmal einen fortpflanzungsfähigen (seit März 1918 um über 111 000 Stück reicheren) Stamm von 2, Millionen und einen Nachwuchs von über 1,2 Million Stück auf. Nach den geschilderten Entwicklungs⸗ verhältnissen der Rinder, Schweine und Schafe zu urteilen, scheint die öffentliche Viehbewirtschaftung mehr die Nutztiere der Ninder⸗ gattung und die Schweine zur Deckung des verminderten Fleisch⸗ bedarfs der Bevölkerung herangezocen zu haben und bei den Schafen schonend aus Rücksicht auf Gewinnung von Wolle vorgegangen zu sein.
Bei der übrigen Kleintierzucht (Ziegen, Kaninchen und Geflügel) zeitigte die Maͤrzzählung Bestände, die in den Winter⸗ monaten infolge zahlreicher Abschlachtungen beträchtlich gesunken sind. Nur die Ziegen, von denen ein verhältnismäßig geringer Teil junger Lämmer abgeschlachtet wurde, haben bei ihrer augenblicklichen Menge von 2,3 Millionen Stück im Vergleich mit der Zahl im März des Vorjahres um 54 000 meist ältere, herangezüchtete Ziegen ugenommen und bilden auch in diesem Jahre einen Not⸗ behelf für die mangelnde Milchnahrung der Bevölkerung. Von den Kaninchen verbleibt ein Rest von 3,, Millionen (gegen 4,s Millionen im März 1918), für die Fortpflanzung ein immerhin ansehnlicher Grundstock. Bedauerlich erscheint der weitere scharfe Rückgang des Geflügel bestandes von 283,6 auf 25,7 Millionen Stück innerhalb des Vergleichsjahres. Er ist fast ausschließlich auf die Verminderung der Hühner seeit⸗ März 1918 um 3,125 Millionen oder 11,95 vH auf 23,28 Millionen) zurückzuführen, die eine weitere Erschwerung unserer Eierversorgung zur Folge haben muß. Im Gegensatz hierzu hat sich die Gänse⸗ und Truthühner zucht auch im abgelaufenen Jahre, unbekümmert um die herrschende große Futterknappheit, weiter ausgedehnt: trotz der zahlreichen Abschlachtungen seit dem Herbst 1918 weisen die augenblicklichen Bestände der Gänse (1, Million) und der Trut⸗ hühner (rund 220 (00) im Vergseich mit den Mengen im Frühjahr 1918 einen Zuwachs von 217 000 bezw. 35 000 Stück auf. Der Bestand an Enten — rund 841 000 ist nur um 4000 kleiner als im März 1918.
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8g WCA1“ Arbeiterbewegung. Die beiden kleinen Teilausstände auf 8 F rieh W. T
rdinand⸗ Grube bei Kattowitz und im Kokereibet der staatlichen Bauinspektion III in Bielschowitz sind, .B.“ zufolge, estern wieder erloschen. Im Rvbniker Grubenrevier sind alle Belegschaften eingefahren, doch machen sich in der Rydultauer Ecke des Rybniker Kreises, sicherlich von pol⸗ nischer Seite genährt, anarchische Zustände schlimmster Art geltend. Stäͤndig wird auf der Straße geschossen und mit Handgranaten geworfen. Die ruhige, anständige Bevölkerung ist ihres Lebens nicht mehr sicher. Der Terror eines kleinen Teils von Unruhestiftern, die man ruhig als Perbrecher zu bezeichnen in der Lage ist, herrscht in der er⸗ schreckendsten Form. Nach einem Bombenattentat auf die Schule wurde in der Nacht zum Donnerstag wieder ein solches auf den Wachtmeister Feist in Bobuschowitz unternommen. Jetzt wird wieder mit der Werbung für den Allgemeinausstand gespielt. Ueber 90 vH der anständigen Bevölkerung des Kreises bestürmt die cinschlägigen Behörden um Schutz gegen diesen maßlosen Terror. Seitens der Staatsregierung wird nunmehr mit den schärfsten militärischen Maßnahmen gegen dieses Treiben eingeschritten werden.
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Kunst und Wissenschaft.
Der Gemäldegalerie des Berliner Kaiser Friedrich⸗ Museums sind im letzten Monat ein paar besonders wertvolle Geschenke zugefollen. Karl Haberstock in Berlin stiftete der Galerie ein Werk des Antonius van Dvck, die Oelskizze zu einer Anbetung der Hirten. Dr. A. Gotschewski in Hamburg schenkte ein Gemälde des David Vinckboons, ein im Frcien sitzendes Bauern⸗ paar. Als Geschenk von ungenannter Seite erhielt das Museum das⸗Dovypelbildnis von Karl Gcorg Urlaub, das den Künstler und seine Frau darstellt. Ein nicht minder kostbares Geschenk fiel dem Kunstgewerbemuseum zu. Es ist ein Hauptwerk der Meißner Porzellanmanufaktur von ihrem führen den Meister Johann Joachim Häaändler, die Löwin aus unbemaltem Porzellan, 80 cm lang, die der Meister für den Garten des Japanischen Palais in Dresden um 1733 modelliert hat.
“ Ausstellungsnachrichten.
Die von dem Deutschen Werkbund, der Generalkommis on der Gewerkschaften Deutschlands und dem Berliner Kunstgewerbe⸗Museum auf Anregung des preußischen Kultusministeriums veranstaltete Aus⸗ stellung „Einfacher Hausrat“ im Kunstgewerbe⸗Museum, Prinz Albrecht⸗Str. 8, ist bis zum 31. Mai verlängert worden. Sie ist täglich außer Montags von 9 bis 3 Uhr und Dienstags und Donnerstogs von 6 bis 8 Uhr geöffnet.
Verkehrswesen.
Heft 5 vom Jahrgang 1919 der „Zeitschrift für bahnen“, die im preußischen Ministerium der öffentlichen Arbeiten herausgegeben wird und zugleich Organ des Vereins deutscher Straßenbahn⸗ und Kleinbahnverwaltungen ist (Verlag von Julius Springer, Berlin), erschien mit folgendem Inhalt: Die Große Be liger Straßenbahn; Staatsbeihilfen für Kleinbahnen; Die niederländischen Kleinbahnen in den Jahren 1915, 1916 und 1917.— Gesetzgebung: Preußen: Erlaß der Preußischen Regierung vom 26. März 1919, betr. Anwendung des vereinfachten Enteignungsverfahrens beim Bau einer Hoch⸗ und Untergrundbohn in Berlin von der Ecke der Christiania- und Schwedenstraße bis zur Ecke des Kottbuser Dammes und der Weserstraße. — Kleine Mitteilungen: Neuere Pläne, Vorarbeiten, Genehmigungen, Betriekseröffnungen und Be⸗ triebsänderungen von Kleinbahnen; Elektrizitätsverwertung; Beton⸗ Gleisbetten für Eisenbahnen (mit 5 Abbildungen); Zulässiger Rad⸗ druck für Straßenbahnoberbau. — Bücherschau, Zeitschriften⸗ chau. — Mitteilungen des Vereins deutscher Straßenbahn⸗ und Klein⸗ bahnverwaltungen: Straßenbahn⸗ und Kleinbahn⸗Berussgenossen⸗ schaft; Patentbericht (mit 5 Abbildungen).
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Das „Archivfür Eisenbahnwesen“ preußischen Ministezium der öffentlichen Arbeiten herausgegeben wird (Verlag von Julius Springer, Berlin), enthält in Heft 3 des Jahrgangs 1919 folgende Beiträge: „Zur Umbildung des deutschen Eisenbahngüter⸗ tarifs“ von Herrmann, Wirklichem Geheimen Oberregierungsrat; „Die Arbeiterpensionskasse, die Krankenkassen und die Unfall⸗ versicherung bei der preußisch⸗hessischen Eisenbahngemeinschaft im Jahre 1917“ von Staphan; „Die Ertragsfähigkeit der schweizerischen Nehbenbahnen“ von Dr. Ing. Weber (mit einer Karte); „Die Saharaeisenbahn, Entwicklung und keutiger Stand der Frage“ von Baltzer, Geheimem Oberbaurat (mit einer Uebersichts⸗ karte); Die Eisenbahnen im Königreich der Niederlande in den Jahren 1914 bis 1917. — Kleine Mitteilungen: Die Forderungen der eng⸗ lischen Eienbahner beim Uebergang zur Friedenswirtschaft; Organi⸗ sation der Staatsverwaltung der Eisenbahnen der Vereinigten Staaten von Amerika; Verstaatlichung der schwetzerischen Seetalbahn; Die
Stlaatseisenbahnen in Baden in den Jahren 1916 und 1917; Die
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g „ „ “ 6 Eisenbahnen in Brasilien. — Rechtsprechung: Ha delsenrg des Reichsgerichts vom 4. November 1918. — Gesetzgedung; Deutsches Reich; Preußen; Deutschösterreich; Frankreich; Italien. 8.
Bücherschau.
Theater und Mufik.
Im Opernhause wird morgen, Sonnabend, zum 100. M⸗ „Rigoletto? mit den Damen Hansa, von Scheele⸗Müller, Birtale ström und den Herren Kirchner, Schwarz, Habich, Funck, Bachmann, van de Sande und Krasa besetzt, aufgefuͤhrt. Musikalischer Leiter ist der Kapellmeister Otto Urack. Anfang 7 Uhr.
Im Schauspielhause mwerden morgen „Die Journalisten⸗ in der bekannten Besetzung gegeben. Spielleiter ist Albert Patry.
Anfang 7 Uhr. Mannigfaltiges.
In der gestrigen Sitzung der Berliner Stadtver⸗ ordneten stand die Wahl der beiden Stadtverord⸗ neten vorsteher und ihrer Stellvertreter auf der Tagesordnung. Bei dieser Wahl, an der sich die Mitglieder der demokratischen Gruppe nicht beteiligten, weil sie die Wahl zweier Vorsteher mit gleichen Rechten als nicht mit der Städteordnung vereinbar halten, wurden die Stadve ordneten Dr. Weyl und Heimann zu Vor⸗ stehern gewählt. Die Wahl der Stellvertreter wurde vertagt. Ueber die Vorlage, betreffend die Festsetzung von Vergütungen für die Teilnahme der Stadtverordneten an den Sitzungen, empfahl der vorberatende Ausschuß, daß den Mitgliedern der Versammlung für jede Sitzung der Versammlung, der Ausschüsse und der Deputationen, an denen sie teilnehmen, eine Entschädi⸗ gung von 6 ℳ gewährt und schleunigst das Recht erwirkt werde, daß den Mitgliedern der Versammlung und den Magistratsmitgliedern freie Fahrt auf der Straßenbahn, Stadtbahn und Hoch⸗ und Unter⸗ grundbahn gewährt wird. Die Vorlage wurde angenommen. An⸗ genommen wurde ferner ein Antrag der beiden sozialdemokratischen Gruppen, betreffend Bildung von Beiräten in Straf⸗ anstalten, und nach Erledigung weiterer kleinerer Vorlagen die Sitzung geschlossen.
Das Garnisonsportfest im Deutschen Stadion im Grunewald am morgigen Sonnabend wird zum ersten Male einen Ueberblick über den Fortschritt der Leibesübungen im Heere nach Einführung des Sports geben. Das Programm besteht aus Leicht⸗ athietik, Fünfkampf, Gepäckmarsch und Fußballspiel. Die Wett⸗ kämpfe beginnen um 3 Uhr Nachmittags. Der Eintritlspreis für alle Plätze beträgt 1 ℳ. Während der Vorführungen konzertiert die Kapelle des Elisabeth⸗Regiments.
Magdeburg, 22. Mai. (W. T. B.) Bei einer Ex⸗ plosion von Artillerieschießbedarf im Artilleriedepot Gerwisch wurden 6 Arbeitergetötet und vier Arbeiter und Arbeiterinnen zum Teil schwer verletzt.
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)
Opernhaus. (Unter den Linden.) Sonnabend: 130. Dauer⸗ bezugsvorstellung. Dienst⸗ und Freiplätze sind aufgehoben. Zum 100. Male: Rigoletto. Oper in vier Akten von Giuseppe Verdi⸗ Tert von Piave. Musikalische Leitung: Otto Urack. Spiel⸗ leitung: Hermann Bachmann. Anfang 7 Uhr.
Schauspielhaus. (Am Gendarmenmarkt.) Sonnab.: 143. Dauer⸗ bezugsvorstellung. Dienst⸗ und Freiplätze sind aufgehoben. Die Journglisten. Lustspiel in vier Aufzügen von Gustav Freytag. Spielleitung: Albert Patry. Anfang 7 Uhr.
Sonntag: Opernhaus. Mittags: 256. Kartenreservesatz. Der Dauerbezug, die fländig vorbehaltenen sowie die Dienst⸗ und Freiplätze sind aufgehoben. Mittagsvorstellung zugunsten des Vereins „Berliner Presse“: Die Walküre, 1 und II. Akt. Anfang 11 ⅞ Uhr.
Abends: 131. Dauerbezugsvorstellung.é Dienst⸗ und Freipläͤtze sind aufgehoben. Der Wildschütz. Komische Oper in drei Akten (Dichtung frei nach August von Kotzebue). Musik von Albert Lortzing⸗ Anfang 7 Uhr.
Schauspielhaus. Nachmittags:
Dauerbezug, die ständig vorbehaltenen plätze sind aufgehoben. 17. Volksvorstellung zu ermäßigten Preisen: Die Kreuzelschreiber. Anfang 2 Uhr. — Abends: 144. Dauer⸗ bezugsvorstellung. Dtenst⸗ und Freiplätze sind aufgehoben. Coriolan. Historisches Drama in fünf Aufzügen (14 Verwandha von William Shakespeare. Spielleitung: Dr. Reinhard Biuuck. Anfang 7 Uhr. e., Die Ausgabe der Juni⸗Dauerbezugskarten für 29 Vor⸗ stellungen im Opernhause und 28 Vorstellungen im Schauspielhause findet an der Theaterhauptkasse gegen Vorzeigung der Dauerbezugs⸗ verträge von 9 ¼ bis 1 Uhr statt, und zwar: am 28. d. M. für den 1. Rang, das Parkett und den 2. Rang des Opernhauses und am 29. d. M. für den 3. Rang des Opernhauses und für alle Platz⸗ gattungen des Schauspielhauses. 88
16 a. Kartenreservesatz. Der sowie die Dienst⸗ und Frei⸗
Familiennachrichten.
Verlobt: Frl. Gisela von Tschoppe mit Hrn. Landgerichtsrat Walther Boeckh (Cdarfotten hege Perlin .een h — Frl. Nora Lueder mit Hrn. Hauptmann Hans Arndt (Breslau).
Verehelicht: Hr. Pastor Otto Haendler mit Frl. Erika Bad⸗ stübner (Berlin). — Hr. Oberleutnant Georg von Oertzen mit
8 rl. Nora Romberg (Luzern). — Hr. Rittmeister Willy
von Rochow mit Frl. Stella Menshausen (Berlin). — 1
Hauptmann Joachim Leder mit Frl. Elisabeth Fürstner (z. Zt⸗ chreiberhau).
Gestorben: Frau Mathilde Gräfin Stosch, geb. von Gilgen⸗
heimb (Harthau). — Verw. Frau Geh. Medizinalrat Helene Horn, geb. Zimmermann (Berlin).
Verantworklicher Schriftleiter: Direktor Dr. Tyrol, Charlottenburs, Verantwortlich für den Anzeigenteil: Der Vorsteher der Geschäftestelle echnungsrat Mengerina in Berlin. Verlag der Geschäftsstelle Mengerina) in Berlin. Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagsanstalk⸗ Berlin. Wilhelmstraße 32.
ESeechs Beilagen “ seinschließlich Börsenbeilage und Warenzeichenbeilage Nr. 30) b
und Erste, Zweite und Dritte Zenkral⸗Handelsregister⸗Beilage.
Michtamtliches.
Preußische Laudesversammlung. 22. Sitzung vom 22. Mai 1919.
1“ (Bericht von Wolffs Telegraphenbüro.)
Am Regierungstische: die Minister Hirsch, Dr. am Zehnhoff, Fischbeck, Hänisch und Stegerwald.
Vizepräsident Dr. Frentzel eröffnet die Sitzung um 12 ¼ Uhr.
Gemäß dem Antrage des Wahlprüfungsausschusses wird der Abg. Stoessel (Soz.) als rechtsgültiger Inhaber des Mandats für den Wahlkreis Posen erklaͤrt.
Fur ersten Beratung steht der Nachtra g zum Ent⸗ wurf des Staatshaushaltsplans fAr 19,19, der die Ausgaben für das neu zu errichtenede Ministe⸗ rium für Volkswohlfahrt anfordert.
„Abg. Frau Hanma (Soz.): Die sozialdemokratische Partei ke⸗ hüt F Zustimmung die Errichtung des Ministeriums für 8 t
kswohlfahrt. Bei den schweren Folgen des Krieges ist die Hebung
der Bevölkerung in gesundheitlicher und moralischer Beziehung eine der dringendsten Aufgaben des Staates. Meine Partei hat den Wunsch, daß auf diesem Gebiete noch mehr Staatsmittel verwendet werden als either. Wenn wir auch die Ausgaben auf das notwendigste beschränken müssen, so sind doch die Ausgaben für die Wohl fahrtspflege ganz be⸗ sonders dringend, zumal wenn sie verwendet werden für vorbeugende Maßnahmen. Damit wild der Staat auch finanziell ebenso gute Er⸗ fahrungen machen, wie die Krankenversicherung mit der prophplaktischen Fürsorge. Die Aufgaben des neuen Amtes werden in erster Linie der Gesundheitspflege zu widmen sein. Dahin gehört vor allen Dingen die Bekämpfung der Volksseuchen, wie der Geschlechtskrankheiten und Tuberkulose. Beide sind namentlich Krankheiten der armen Bevölke⸗ rung. Der Gesundheitszustand unserer Bevölkerung ist jetzt geradezu erschreckend; nur 5 % der Bevölkerung können als vollkommen ge⸗ wachsen den Aufgaben der Gegenwart und Zukunft angesehen werden. 40 000 geschlechtskranke Personen befinden sich in Preußen in ärztlicher Behandlung, jährlich werden 100 000 neue Erkrankungen an Ge⸗ schlechtskrankheiten in den Krankenhäuseyn gezählt. Die Wirklichkeit übertrifft diese auf Schätzungen beruhenden Feststellungen noch bei weitem. Die Volksseuchen haben während des Krieges einen riesigen Umfang angenommen, sie finden in der Unterernährung einen günstigen Nährboden. Die Unierernährung ist die Hauptursache für die große Verbreitung der Infektionskrankheiten, namentlich der Tuberkulose und der Rachitis, sbenso wie der Säuglingssterblichkeit. Die Aus⸗ breitung der Tuberkulose hängt aufs engste zusammen mit der Wohnungsfrage, Eine groszügige Wohnungsreform würde deshalb wesentlich zur Volksgesundheit beitragen. Die Wohnungsreform ist nicht nur für die Großstadt, sondern auch für das Land notwendig. (Sehr wahr!) Die Unterkunftsräume der Saisonarbeiter und die Wohnungen der Landacbeiter sind vielfach Seuchenherde. Zur sitt⸗ lichen Habung des Volkes muß besonderer Wert auf den Aufbau der Jugendfürsorge gelegt weiden. Was soll man von einer Jugend er⸗ warten, die tagtäglich aufs neue erleben muß, daß man Betrug und Lüge für die Erlangung der notwendigsten Lebensmittel anwenden muß! Die bisherige Zwangserziehung hat vermutlich mehr geschadet als genützt. Auch auf diesem Gebiete sieht sich deshalb das neue Ministerium vor besonders verannvortungsvollen Aufgaben. Wir sind ein armes Volk und ein armes Land. Unser einziger Reichtum ist der Mensch. Wenn das Volkswohlfahrtsamt ernstlich zu seiner Förderung arbeiten will, kann es der tatkräftigen Unterstützung der Sozialdemo⸗ kratie stets sicher sein. (Beifall bei den Sozialdemokraten.) Staatsminister Stegerwald: Meine Damen und Herren! Die Kundgebung der Preußischen Regierung vom 25. März hat die
Bildung eines Ministeriums für Volkswohlfahrt in Aussicht gestellt.
Bei der Besprechung des Staatshaushalts und auch von der Frau Vorrednerin ist die Bildung des Ministeriums begrüßt worden. Heute gestatte ich mir, die ersten Bedürfnisse des Ministeriums in Form eines Nachtragsetats von dem hohen Hause einzufordern. Ich hatte ursprünglich vor, bei dieser Gelegenheit eine umfassendere programma⸗
tische Darlegung über die Aufgaben der Wohlfahrtspolitik nach dem größten aller Kriege zu geben. Die gegenwärtige politische Gesamtlage ersckeint mir indessen zu größeren programmatischen Darlegungen auf einzelnen Gebieten nicht geeignet zu sein; sie werden vielmehr für eine politisch ruhigere und gefestigtere Zeit zurückgestellt werden müssen. Lassen Sie mich dahor heute lediglich einige Ausführungen über den
Ausbau, die Einrichtungen und die Aufgaben der vorgesehenen neuen Zentralbehörde machen.
Der Gedanke, die Pflege der Volkswohlfahrt und der Volks⸗ gesundheit wegen ihrer überragenden Bedeutung durch ein eigenes Ministerium bearbeiten zu lassen, ist keineswegs neu; um ihn aber zur Tat werden zu lLassen, bedurfte es leider erst des Weltkrieges und seiner Folgen. Der Krieg mit seiner ungeheuren Verwüstung kost⸗ baren Menschenlebens stellt die kriegführenden Staaten vor die große Aufgahe, an die Schließung der Lüchen in ihrer Bevölkerung mit Nach⸗ druck zu arbeiten. Dabei haben wir uns in Deutschland klar ein⸗ zuprägen, daß in keinem Zeitraum unserer Geschichte das Bevöl kerungs⸗ proccem vor größere Schwierigkeiten gestellt war als augenblicklich. Zunächst hat Deutschland durch den Krieg etwa 2 Millionen Menschen im leistungsfähigsten und kräftigsten Alter verloren. Dann sind viele Hunderttaufende, besonders Frauen uns Kinder, die an sich gesund waren, durch die Hungerblockade nicht mehr unter den Lebenden. Ferner sind zahlreiche Millionen unserer Volksgenossen infolge Unterernährung entkräftet, die Zeugungs⸗ und Gebärfähigkeit ist durch den jahrelangen Zustand der Unterernährung stark zurückgegangen. Die erste und wichtigste Bedingung für das Gedeihen eines Volkes, der Nahrungs⸗ mittelspielraum, früher eine Selbstverständlichkeit, ist heute der Gegen⸗ stand unserer größten Sorge. Deutschland hatte sodann vor dem Kriege mit das beste und kräftigste Menschenmaterial von den Völkern, wovon ein großer Teil in den letzten Jahren verloren gegangen ist. Doch alle diese Ungeheuerlichkeiten sind nur Nebenfragen im Hinblick auf das, was die Gegner Deutschlands uns jetzt als Friedensbedingungen aufnötigen wollen. Bei solcher Gesamtlage kann in Deutschland bis auf weiteres Bevörkerungspelitik nicht betrieben werden im Rahmen eines Ressorts, sie muß vielmehr der leitende Gedanke sein für unsere sesamte Staatskunst, unsere Wirtschaftepolitik, unsere Steuergesetz⸗ Eoung wie für unser öffentlickas Leben überhaupt.
Für das Ministerium sind drei Abteilungen vorgesehen, aus denen er Aufgabenbereich ohne weiteres hervorgeht: eine Abteilung für die Gesundheitsfragen im allgemeinen, eine zweite, in der die Wohnungs⸗
den 23 Mai
IE.eT.ANr Xrn
222 2 4 8 4 fürsorge bearbeitet werden soll — die Wohnung gehört bekanntlich und allgemeinsten
neben Nahrung und Kleidung zu den wichtigster Volksbedürfnissen —, und endlich ein dritte Abteilung, die die Für⸗ serge für die Jugend und die allgemeine Wohlfahrtspflege bearbeiten soll. Der bisherige Reichs⸗ und Staatskommissar für das Wohnungs⸗ wesen, Herr Geheimer Rat Scheidt, ist als Unterstaatssekretär für das neue Ministerium vorgesehen. Als parlamentarischer Unterstaats⸗
sekretär ist Herr Gräf bestimmt worden, der in seiner seitherigen Wirksamkeit bereits reiche Erfahrungen für verschiedene Zweige des
Amtes sammeln konnte. Im übrigen soll jeder Abteilung ein be⸗ sonderer Ministerialdirektor vomesetzt werden. Für die Medizinal⸗ abteilung ist ein Arzt in Aussicht genommen. Die Angelegenheiten
für Volksgesundheit wurden früher im Kultusministerium und in den letzten Jahren im Ministerium des Innern bearbeitet. Die Auf⸗
gaben dieser beiden Ministerien sind so umfangreich und vielgestaltig, daß die Fragen der Pflege der Volksgesundheit nicht immer aus⸗ reichend herausgestellt werden konnten. Der seitherigen Medizinal⸗ abteilung im Ministerium des Innern oblag die Aufgabe der Be⸗ arbeitung aller Fragen, die mit der Bekämpfung und Verhütung von Krankheiten und mit der Krankenpflege unmittelbar oder mittelbar in Beziehung stehen. Hierzu gehörte auch die Prüfung und Vor⸗ bildung der Aerzte und des Krankenpflegepersonals. Diese Aufgaben werden bei den jetzigen Gesundheitsverhältnissen unserer Bevölkerung
auch in dem neuen Ministerium einen großen Rahmen einnehmen,
wenn auch unter erwas veränderten Gesichtspunkten. Denn heute is die Krankheit in der Mehrzahl aller Fälle nicht mehr eine Privat⸗ angelegenheit der Betroffenen, sondern Sache der Allgemeinheit, sei
es, weil sie durch die Uebertragungsgefahr bedroht ist, oder von den.
durch die Krankheit in der Folge entstehenden Kosten belastet wird, oder daß Beziehungen zwischen Krankheit und Beruf bestehen. Der Zusammenhang zwischen Krankheit und Volkswohlfahrt ist schließlich noch dadurch gegeben, daß in den wirtschaftlich notleidenden Schichten
der Krankheitsverlauf ein besonders ungünstiger ist und daß die über⸗
tragbaren und die Gesundheit bedrohenden Leiden dort am meisten
verbreitet sind, wo ihnen wegen des mangelnden Verständnisses am
schwersten beizukommen ist.
Unter den Krankheiten bedürfen die übertragbaren Volksseuchen einer besonderen Beachtung. Während des größeren Teils des Krieges gelang es, durch die im Frieden bewährten Maßnahmen der Seuchen⸗ bekämpfung die Einschlexpung von Krankheiten wie Cholera, Fleck⸗
eber, Pocken usfw. zu verhüten. Nach dem unglücklichen Ausgang des
Krieges konnte der Einschleppung dieser Krankheiten nicht Einhalt geboten werden. Doch gelang es, durch die Methoden zur Vernichtung des Ansteckungsstoffes die Verbreitung auf die Bevöl kerung selbst und die Entstehung größerer Seuchenherde zu verhüten. Der Wiederaufbau d
es Seuchengrenzschutzes im Osten unter den veränderten Verhältnissen wird die Aufgabe der nächsten Zukunft sein. Biel schwierigere Aufgaben erwachsen dem Ministerium bei der
Bekämpfung der bei uns einheimischen B olksseuchen. Von
diesen hat insbesondere, wie das die Frau Vorrednerin bereits hervor⸗
gehoben hat, die Tuberkulose, die durch den erfolgreichen Kampf eine weitere
mehrerer Jahrzehnte in steter, steiler Abnahme war, Verbreitung erlangt und nimmt bei den Erkrankten einen un⸗ günstigeren Veilauf. Diese Verschlechterung erstreckt sich auch auf die Jugend unseres Volkes.
Widerstandskraft des menschlichen Körpers und den Einfluß der wirt⸗ schaftlichen Verhältnisse zu berücksichtigen.
Aehnliche Aufgaben erwachsen gegenüber der Bedrohung der Be⸗ völkerung durch die Zunahme der Geschlechtskrankheiten und die Ge⸗ fahren der akuten ansteckenden Krankheiten des Kindesalters für Leben
und Gesundheit, angesichts der geringen Widerstandskraft gerade dieser
Altersklassen. Je geringer unsere Mittel zur Bekämpfung der Volkskrankheiten geworden sind, um so mehr steigert sich das Bedürfnis nach zweck⸗
mäßiger Versorgung in öffentlichen Krankenanstalten. Diese werden
insbesondere auf dem Lande und in den ungünstiger versorgten Landes⸗ teilen vermehrt werden müssen. Dabei wird im Hinblick auf unsere
gegemrärtige Gesamtlage auf die größte Einfachheit Bedacht genommen werden müssen. Daß dies möglich ist und dabei trotzdem den ärztlichen
Anforderungen genügt werden kann, lehren die Erfahrungen.
Neben der Sorge für die Kranken und insbesondere der Er⸗ haltung und Erhöhung der gesundheitlich bedrohten Bevölkerungs⸗ schichten wird diesen eine verstärkte Sorgfalt zuzuwenden sein. Hier⸗ her gehören die Fürsorgestellen für Mutter⸗, Säuglings⸗ und Klein⸗ kinderschutz, die Schulgesundheitspflege und die Maßnahmen zur ge⸗ sundheitlichen Förderung der schulentlassenen Jugend beider Ge⸗ schlechter.
Im engsten Zusammenhange damit stehen die Einrichtungen der Gesundheitsfürsorge zum Schutze Gefährdeter, wie die Fürsorge⸗ stellen für Tuberkulose, die Beratungsstellen für Geschlechtskrankheiten, Trunksüchtige, Krüppel usw.
Die Fürsorge selbst liegt in den Händen der Gemeinden und Wohlfahrtsvereinigungen, die mit den Trägern der sozialen Ver⸗ sicherung und der Armenpflege zusammenarbeiten. Der Staat ist an der Organifation beteiligt. Die einzelnen Zweige dieser Gesundheits⸗ fürsorge stehen in einem inneren Zusammenhange und lassen sich in
kleineren Städten und auf dem Lande überhaupt nicht getrennt von
einander bearbeiten. Die Einrichtung von Wohlfahrtsämtern ist
für das ganze Land in Vorbereitung und an vielen Stellen schon weit gediehen.
Die Bedeutung der Wohlfahrtsämter für die Volksgesundheit
liegt darin, daß sie die gesundheitlich gefährdeten Schichten planmäßig
für die Untersuchung, die Fürsorge, die gesundheitliche Beratung her⸗ anziehen und bei drohenden oder beginnenden Erkrankungen die zweck⸗ mäßige Behandlung rechtzeitig veranlassend
Nicht minder wichtig ist die Ausgestaltung der Gewerbehygiene und der Berufskrankheiten sowie der Zusammenhang zwischen Arbeit
Hier beweisen die Erfahrungen der letzten Jahre, daß mit der Vernichtung des Ansteckungsstoffes allein nicht auszukommen ist; hier hat die Bekämpfung und Verhütung auch die
und Gesundheit. Um allen diesen Aufgaben gewachsen zu sein, bedarf es eines mit den modernen Methoden der Gesundheitspflege vertrauten Personals.
In die Vorbereitung der Aerzte müssen die Gebiete der sozialen Hygiene eingeschlossen werden, und die gesamte klinische Ausbildung muß möglichst darzauf eingestellt werden, daß der Blick der Aerzte für die Anfangsstadien derjenigen Krankheitsvorgänge geschärft wird, welche in ihrem Verlauf und ihren Folgen die Lernfähigkeit der Jugend, die Erwerbsfähigkeit der Erwachsenen schädigen oder welche die körper⸗ liche Tüchtigkeit der Frau als werdende Mutter und als Fürsorgerin ihres Nachwuchses gefährden.
Neben den Aerzten bedarf es der zweckmäßigen Vorbildung des für den Gesundheitsdienst unentbehrlichen weiblichen Fürsorgepersonals, welches in Zukunft nicht nur als Krankenpflegerin, sondern auch in der Stellung einer Fürsorgerin in den Wohlfahrtsämtern mitzuarbeiten berufen sein wird. Herbei wird auch die Heranziehung der Hebammen zu geeigneter weiterer Vorbildung erforderlich werden.
Schließlich wird eine gute Medizinalstatistk nachdrücklichst zu pflegen sein, damit das im Gesundheitsdienst stehende Personal sich an den Erfolgen seiner komplizierten Arbeit orientieren und daraus rechtzeitig die erforderlichen Lehren und Schlußfolgerungen ziehen kann.
Endlich wird im nächsten Jahrzehnt der Frage der Volksernährung eine früher nie gekannte Sorgfalt zugewendet werden müssen. Der Nahrungsmittelspielraum für unser Volk wird noch lange Zeit im Vergleich zu den Verhältnissen vor dem Kriege stark verengt sein. Ein großer Teil unseres Sinnens und Trachtens wird daher darauf eingestellt werden müssen, wie wir unser Volk zwar einfach, aber doch hinsichtlich der Festigung und Mehrung seiner Kraft ausreichend und zweckmäßig ernähren können. (Sehr richt:g!) Auf dieses Ziel wird sowohl unsere Wirtschaftspolitik, die Aufklärung und Erziehung, das hauswirtschaftliche Schulwesen, als auch die physiologische Forschung eingestellt werden müssen. (Sehꝛ richtig!)
Nun wird man sich nicht verhehlen dürfen, daß an alle diese großen Aufgaben, deren Lösung der gegenwärtige Stand unserer Volks⸗ gesundheit mit Dringlichkeit erheischt, gegenwärtig unter besonders erschwerten Umständen herangetreten werden muß. Die gesundheitliche Not hat einen Umfang angenommen, wie wir das seit vielen Jahr⸗ zehnten in Preußen und in Deutschland nicht mehr beobachten konnten. Im umgekehrten Verhältnis dazu steht die Bereitschaft der Mittel. Es wird nicht immer leicht sein, beide Gesichtspunkte miteinander zu vereinigen: Und doch wird der Grundsatz betont werden müssen, daß auf diesem Gebiete trotz aller Beschränkungen eine zu weitgehende Sparsamkeit im Augenblick sich durch vielfach gesteigerte Mehrkosten in späteren Zeiten rächen müßte. (Sehr richtig!)
Daß eine gesunde und zweckmäßige Wohnung als der Eckpfeiler unserer sozialen Entwicklung, als unerläßliche Vorbedingung eines ge⸗ ordneten Familienlebens und damit als die Grundlage emer starken Bevölkerung anzusehen ist, darüber ist seit Jahrzehnten von einsichtigen Leuten viel geredet und geschrieben worden. Dabei ist leider nicht das geschehen, was nötig und auch was möglich gewesen wäre. (Sehr richtig!) Wir haben in der Stadt an der Beseitigung ungeeigneter Wohnungen nicht mit der notwendigen Energie gearbeitet. (Sehr richtig!) Wir haben dem städtischen Mietskasernenwesen in seiner Entwicklung einen zu großen Spielraum eingeräumt, wie auch dem Wohnungswesen auf dem Lande, insbesondere auch nach der hygienischen Seite hin, nicht eine ausreichende Sorgfalt zugewendet worden ist. Gegenwärtig nun steht das Wohnungswesen vor fast unlösbaren Problemen. Wir haben seit Jahrzehnten die gewaltige Konzentration der Bevölkerung in großen Städten und Industriezentren zu verzeichnen gehabt. Ob diese Menschenmassen künftig in ihren seitherigen Wohnonten beschäftigt und ernährt werden können, ist im Hinblick auf unsere gegenwärtige polit sche und wirtschaftliche Gesamtlage mehr als zweifelhaft. (Sehr richtig! im Zenturm.) Sehr wahrscheinlich erscheint vielmehr, daß ein nicht unerheblicher Teil dieser Menschenmassen seine Existenz wieder in länd⸗ lichen Bezirken wird suchen müssen. (Sehr richtig! im Zentrum.)
Von anderen Tatsachen abgesehen, zeigen die angedeuteten Zu⸗ sammenhänge, daß in gegenwärtiger Stunde eine großzügige städtische Wohnungsreform nicht möglich ist. In den Großstädten wird auf dem Gebiete der Wohnungspolitik einstweilen mit Notstands⸗ und Behelfsmaßnahimen gearbeitet werden müssen. Auf dem Lande da⸗ gegen wird eine großzügige Siedlungsreform durchzuführen sein. Durch die schnelle industrielle Entwicklung Dceutschlands ging die landwirtschaftliche Bevölkerung in den letzten Jahren immer mehr zurück. Jetzt dürfte der Zeitpunkt gekommen sein, wo diese Ent⸗ wicklung diametral entgegengesetzt gesteuert werden muß. Damit werden die Gesetzgebungen von Gewalten vor eine Riesenaufgabe
gestellt, insbesondere in der Gegenwart, wo Deutschland verarmt ist,
wo das Kreditwesen einer gewaltigen Erschütterung und Zerrüttung ausgesetzt ist und vor seinem tiefstem Tiefstand in der deutschen Ge⸗ schichte steht.
Und dennoch: diese Aufgaben müssen angepackt und einer ange⸗ messenen Lösung entgegengeführt werden. Auf Einzelheiten des Wohnungswesens möchte ich heute nicht eingehen; darüber hat sich der Herr Staatskommissar für das Wohnungswesen vor einigen Monaten auf einer Konferenz von Wohnungsachverständigen aus⸗ gesprochen. Diese Darlegungen sind als Druckheft erschienen und kürzlich allen Mitgliedern dieses hohen Hauses zugestellt worden. Einstweilen sind die Städte, gemessen an der vorhandenen Wohnungs⸗ möglichkeit, übervölkert, aber auch auf dem Lande fehlt es vielfach an Wohngelegenheit für solche städtischen Wohnungsschichten, die an sich bereit wären, auf das Land zurückzukehren. In den letzten Monaten konnte an diesen Verhältnissen, soweit Neubauten in Frage kamen, nur wenig geändert werden. Wir leiden schon seit langer Zeit an Kohlennot, und Kohlennot bedeutet Ziegelnot. (Sehr richtig! im Zentrum.) Durch das Wohlfahrtsministerium soll aber alles versucht werden, was zur Milderung der großen und allgemeinen Wohnungs⸗ not möglich ist.
Die Reichs⸗ und Staatsbehörden haben bereits den Grund für eine großzügige Siedlungs⸗ und Wohnungsfürsorge gelegt. Ich