gierung für die Unterzeichnung geboten gewesen wäre. Auch dieser Antrag wird abgelehnt, und zwar mit 269 gegen 20 Stimmen bei 4 Enthaltungen.
Darauf wird der zweite Satz des Antrags Gräf⸗Porsch⸗ Friedberg, in dem es heißt, daß die preußische Staatsregierung diesen Standpunkt gleichfalls zum Ausdruck gebracht hat, gegen die unabhängigen Sozialdemokraten angenommen. Der Schluß⸗ satz, in dem die Landesversammlung der Staatsregierung ihr Vertrauen ausspricht, wird von den Mehrheitsparteien gegen Deutschnationale Volkspartei, Deutsche Volkspartei und⸗ unab⸗ hängige Sozialdemokraten angenommen. Damit ist der An⸗ trag Gräf⸗Porsch⸗Friedberg unverändert angenommen worden. Lebhafter Beifall bei der Mehrheit.)
„Damit ist dieser Punkt der Tagesordnung erledigt.
Dann folgt die erste Beratung des Gesetzentwur s 8 über die Cö1“ IEö“ Fischgewässern. Das Gesetz bezweckt eine planmäßige Ausnutzung der Fischbestände in Binnengewässern, um der Volksernährung auch dadurch eine möglichst große Menge Nahrungsmittel zuführen zu könenn. em 1“ räumt das Gesetz die Entziehung privater Fischgewässer ein, wenn die Nutzungsberechtigten eine ordnungsmäßige⸗ Bewirt⸗ schaftung nicht übernehmen, verzögern oder die Fischgewässer mangelhaft nutzen.
Alg. Weissermel (D. Nat.) ist mit der gegenwärtigen Fassung des Gesetzes nicht einverstanden und beantragt Ueber⸗ weisung an den Agrarausschuß.
Abg. Oellerich (Soz.) bedauert, daß der Friedensvertrag uns den größten Teil unserer Hochseefischdampfer entzieht. Von 150 Hoch⸗ seefischdampfern, bemerkt er, werden wir nur 70 behalten. Infolge⸗ dessen wird eine einigermaßen ausreichende Belieferung des Lebens⸗ mittelmarktes mit Seefischen kaum möglich sein. Deshalb ist das Gesetz gerade, weil es Eingriffe in unvollkommene private Bewirt⸗ schaftung von Fischgewässern ermöglicht, im Interesse der Volks⸗ ernährung zu begrüßen. Der Redner bezweifelt, daß solche Behörden, wie die Landwirtschaftskammer in Hannover, mit Nutzen an der Durchführung des Gesetzes beteiligt werden dürfen. Die in dem Gesetz genannte Landwirkschaftskammer in Hannover genießt bei der Bevölkerung nicht das mindeste Vertrauen, weil sie zur Zeit den „Hindenburgspeck“ zu einem 4⸗ bis 5 fachen Preise an die Industrie⸗ bevölkerung weitergegeben hat, obwohl sie ihn teilweise umsonst er⸗ bielt. Im Ausschuß werden wir Vorschläge machen, die zur Durch⸗ führung der Absicht des Gesetzes besser geeignet sind als Behörden, die, wie die Landwirtschaftskammer in Hannover, sich an die neue Zeit nicht gewöhnen können.
Abg. Dinslage (Zentr.): Der Staat muß für möglichst gute Bewirtschaftung der Fischgewässer sorgen. Wir sind also mit dem Gesetzentwurf einverstanden, haben aber Bedenken dagegen, daß der Oberfischmeister die Entscheidung hat, also zugleich Ankläger und Richter sein soll. Es wäre besser, die Entscheidung dem Bezirks⸗ ausschuß zu übertragen. Der Ausschuß wird auch prüfen müssen, ob die Beschwerde nicht statt an den Landwirtschaftsminister an das Landeswasseramt gehen soll.
Abg. Wenke (Dem.): Wir stehen dem Gesetzentwurf durchaus sympathisch gegenüber. Wir haben aber Bedenken dagegen, daß der Bauern⸗ und Landarbeiterrat gehört werden soll. Es ist nicht praktisch, diese Institution, die keineswegs dauernd gesichert ist, in ein Gesetz hineinzubringen. Vorläufig haben wir die Räterepublik noch nicht. (Ruf bei den U. Soz.: Sie wird vorbereitet!) Das Bedürfnis für dieses Gesetz müssen wir leider anerkennen, denn die Fischgewässer sind nicht genügend ausgenutzt worden. Wir wünschen auch, daß im Land⸗ wirtschaftsministerium für das Fischereiwesen eine hauptamtliche Stelle geschaffen wird, sowie daß die Zahl der Oberfischmeister ver⸗ mehrt wird, und daß Wanderlehrkurse für Fischer ins Leben gerufen werden. Der Ertrag unserer Fischerei wird sich bedeutend vermehren⸗
lassen, wir könnten uns wohl vom Auslande vollständig unabhängig
machen. G
Abg. Dr. Leidig (D. V.): Auch wir haben Bedenken, daß der Bauern⸗ und Landarbeiterrat zum ersten Male in der Gesetz⸗ gebung verankert werden soll. Schon deswegen bedarf das Gesetz im Ausschuß einer eingehenden Beratung. Da bei der Nutzung der Fisch⸗ gewässer guch die Interessen der Industriellen berührt werden, die ihre Abwässer in die Flüsse leiten, sollte bei der Ausführung dieses Gesetzes auch der Handelsminister hinzugezogen werden. Bei diesem weitgebenden Eingriff in die Privatrechte muß ein verwaltungsrecht⸗ licher Schutz gegeben werden. Hier soll, wenn der Oberfischmeister nach der Anweisung des Ministers Verordnungen erläßt, die letzte Instanz wieder der Minister sein. Solange wir Privateigentum haben, muß eine gewisse Sicherung für die Privatrechte gegeben werden.
Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten Braun: Meine Damen und Herren! Von fast allen Rednern ist die Not⸗ wendigkeit dieses Gesetzes anerkannt worden. Das Gesetz entspringt der Not der Zeit, die uns zwingt, alle Lebensmittelquellen unserer Volksernährung nutzbar zu machen. Ebenso, was ja bereits anerkannt worden ist, wie dies für die Nutzung der Ackerfläche gilt, gilt es auch für die zur Befischung geeigneten Wasserflächen. Es handelt sich hier freilich um einen Eingriff in Privatrechte, aber nur in solche Privat⸗ rechte, die nicht wirtschaftlich im Interesse des Allgemeinwohls genutzt werden. Dort, wo sie wirtschaftlich genutzt werden und die Ergebnisse der Fischerei der Volksernährung zugeführt werden, kommt dieses Gesetz nicht in Frage, dort wird es nicht Anwendung finden. Ich gehe daher konform mit den Ausführungen des Herrn Abgeordneten Weissermel, wenn er sagt, es sei nur norwendig, wenn die Rücksicht auf die Allgemeinheit es erheischt. Darüber sind wir vollständig einig.
Auf die Einzelheiten der Vorlage will ich hier nicht eingehen und demgemäß auch nicht auf alle Ausführungen einzelner Herren Vorredner; nur auf einige Dinge möchte ich wenige Worte verwenden. Die Länge der Pachtzeit, Vorschriften darüber, daß nicht eine unsach⸗ gemäße Vetterwirtschaft, wie einer der Herren Redner meinte, ge⸗ trieben wird, das ist eine Angelegenheit der Ausführungsbestimmungen und der Behörden, die die Ausführung dieses Gesetzes zu überwachen haben.“ Es wird zweifellos dafür Sorge getragen werden, daß das Gesetz auch sahgemäß ausgeführt wird, so, daß der Zweck des Gesetzes, die Fischerei möglichst ergiebig und wirtschaftlich zu gestalten, erreicht wird. Es wird dabei auch die Möglichkeit geboten werden, die Berufs⸗ fischer in möglichst weitgehendem Maße ihr Gewerbe ausüben zu lassen.
Es ist dann beanstandet worden, daß im § 2 unter den Körper⸗ schaften, die vor Anordnung der Zwangswirtschaften gehört werden sollen, auch die Landwirtschaftskammer in Hannoder genannt worden ist. Das ist geschehen, weil für die Provinz Hannover kein Fischerei⸗ verein besteht; es besteht ein solcher nur für den Regierungsbezirk Hannover. Es wird Sache der Erörterung im Ausschuß sein, ob die Anhörung dieses Fischereivereins genügt, also die Landwirtschafts⸗ kammer ausgeschaltet werden kann.
Daß auch der Bauern⸗ und Landarbeiterrat gehört werden soll, entspricht der Bestimmung im Gesetz über die Sicherung der Acker⸗ bestellung, wo diese Anhörung ebenfalls vorgesehen ist. Nachdem er⸗ klärt worden ist, und wohl auch durch einen Beschluß der National⸗ versammlung sanktioniert werden wird, daß die Bauern⸗ und Land⸗
„
Bedenken getragen, neben den sachkundigen Vereinen, die vor Ein⸗ führung der Zwangswirtschaft gehört werden sollen, auch die Bauern⸗ und Landarbeiterräte zu hören. Fallen sie später weg, so bleiben immer noch die sachkundigen Fischereikorporationen, die im Gesetz vorgesehen sind, und die übrigens, wie ich einem der Herren Vor⸗ redner erwidern möchte, nicht als Aufsichtsbehörden hier⸗ in Frage kommen, sondern nur als sachkundige Organe, die gehört werden sollen, bevor von der Behörde die Zwangsmaßnahmen ergriffen werden.
Es sind dann weiter Bedenken dagegen geäußert worden, daß die Verfügungen von dem Oberfischmeister getroffen werden und daß in letzter Instanz der Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten die Entscheidung haben soll. Es ist darauf verwiesen worden, daß es sich hier um tiefgehende Eingriffe in Privatrechte handle, und daß man demgemäß den von den Zwangsmaßnahmen Betroffenen die Möglichkeit geben müsse, gerichtlichen Schutz in Anspruch zu nehmen. Meine Damen und Herren, wollte man diese Zwangsmaßnahmen auf den Weg des Verwaltungsstreitverfahrens schieben, so würde der Zweck der Anordnung der Zwangswirtschaft unter Umständen illu⸗ sorisch gemacht werden; denn es handelt sich hier um eine Not⸗ maßnahme, die unter Umständen schnell ergriffen werden muß, und daher kann man diese Sache nicht auf das Gleis eines unter Um⸗ ständen jahrelang schwebenden Verwaltungsstreitverfahrens schieben. (Zuruf rechts.) — Meine Herren, wenn Sie der Auffassung sind, können wir uns ja vielleicht in der Kommission darüber verständigen. Aber es kommt hier darauf an, daß erst einmal die Anordnung der Zwangsbewirtschaftung durchgeführt wird. Ob die Berechtigung dieser Zwangswirtschaft später im Verwaltungsstreitverfahren nachgeprüft und entschieden werden soll, darüber kann man ja im Ausschuß noch reden. Ich kann im Augenblick nicht übersehen, ob das mit dem Zweck des Gesetzes im Einklang steht.
Zum Schluß möchte ich nur zu den Ausführungen des Ab⸗ geordneten Wenke bemerken, daß eine hauptamtliche Stelle für Fischerei in meinem Ministerium bereits eingerichtet ist. Ich habe bereits vor einiger Zeit einen Landoberfischmeister angestellt, der ledig⸗ lich die Aufgabe hat, die Interessen der Fischerei zu bearbeiten und für die Förderung der Fischerer tätig zu sein. Wir werden ja bei der Beratung meines Etats noch Gelegenheit haben, im einzelnen auf diese Materie einzugehen. Jedenfalls bin ich bestrebt gewesen von meinem Amtsantritt an, diesem Gebiet meines Ressorts weit⸗ gehendste Aufmerksamkeit zuzuwenden. Dieses Gesetz soll mit ein Mittel dazu sein, die Fischerei auf den Binnengewässern auf die Höhe zu heben, auf die sie nach den natürlichen Vorbedingungen ge⸗
hoben werden kann, damit sie uns den höchsten Ertrag sichert und unserer Volksernährung reichlich Fische zuführt.
Abg. Mehrhof (U. Soz.) begrüßt es, daß hier im Interesse der Lebensmittelversorgung die Rücksicht auf Privatinteressen fallen gelassen ist. Hoffentlich schwinge sich die Regierung auch auf anderen Gebieten der Ernährung zu solhen einschneidenden Maßnahmen auf.
Der Gesetzentwurf wird dem um 6. Mitglieder zu ver⸗ stärkenden landwirtschaftlichen Ausschuß überwiesen.
Bei der dann folgenden ersten Beratung des Gesetzent⸗ wurfs, der das Bürger⸗ und Gemeinderecht auch den Frauen in den Stadt⸗ und Landgemeinden zuspricht und die Regierung ermächtigt, die Verordnungen über die anderweite Regelung des Gemeindewahlrechts auch da einzuführen, wo sie bis auf weiteres nicht zur Geltung gelangt sind, erklärt
Abg. Frau Arendsee (U. Soz.) die Vorlage für eine Selbst⸗ verständlichkeit, mit der die Regierung auffallend lange zurückgehalten hätte. Noch immer fehle viel an der völligen Gleichstellung von Mann und Frau im öffentlichen Leben und in den staatsbürgerlichen Rechten; von den bürgerlichen Parteien hätten die Frauen auf diesem Gebiete nichts zu erwarten. 8 16“
Abg. Frau Gotthusen (Soz.) schließt sich dieser Behauptung unter Himweis auf Beschlüsse von Gemeindevertretungen mit bürger⸗ lichen Mehrheiten an und spricht sich für das Gesetz aus.
Abg. Frau Dr. Heine (Dem.) begrüßt den Entwurf und be⸗ antragt Penvweisung an den Gemeindeausschuß. “
Abg. Frau Garnich (D. V.) richtet an die sozialistischen Fraktionen die Frage, wie es habe kommen können, daß in der Reichs⸗ konferenz der Arbeiterräte nur eine einzige Frau vertreten gewesen sei. (Heiterkeit.) Das zeige doch, daß unter den Männern das Empfinden für die Gleichberechtigung der Frau noch nicht ganz durch⸗ gedrungen sei. Mit Ausschußberatung sei die Fraktion einverstanden. Die Zulässigkeit von Nücstbaef 18 Wählerliste, wie sie die Vor⸗ lage statuiere, sei nicht unbedenklich. Die Aufstellung neuer Wähler⸗ listen verdiene den Vorzug. (Beifall. — Zuruf rechts: Besser als gestern der Vater! Große Heiterkeit.)
Abg. Frau Haßberger (Zentr.) tritt ebenfalls für Ausschuß⸗ beratung ein. “ “
Ein Vertreter des Ministers des Innern teilt mit, daß in den allernächsten Tagen dem Hause ein Gesetzentwurf über die Neuwahl der unbesoldeten Magistratsmitglieder und Gemeinde⸗ vorstände zugehen werde. Der Zweck des jetzt zur Beratung stehenden Gesetzentwurfes sei gerade der, vorher den Frauen das Bürgerrecht zu verleihen. Die Ermächtigung zur Aufstellung von Nachträgen zu den Wählerlisten sei auch nur als Zwischengesetz gedacht, die Be⸗ stimmung sei nur vorübergehend; in dem im Herbst vorzulegenden Gemeindeverfassungsgesetz werde auch hierüber eine abschließende Regelung erfolgen. b
Abg. Riedel⸗Pritzwalk (D. Nat.) stimmt dem Entwurf zu. Ausschußberatung sei aber notwendig. “
Die Vorlage wird dem Gemeindeausschuß überwiesen.
Eine weitere Vorlage fordert 150 Millionen Mark zu weiteren Beihilfen für Kriegswohlfahrts⸗ ausgaben der Gemeinden.
Abg. Frau Ege (Scz.) fordert eine Erhöhung des Betrages. Abg. Dr. Weyl (U. Soz.): Die Gemeinden sind so verschuldet, daß sie einer wirksamen Unterstützung bedürfen. b
Abg. Riedel⸗Pritzwalk (D. N.) rühmt die große Opfer⸗ freudigkeit der Gemeinden. Sie werden auch in der jetzigen schweren Notzeit meist auf sich selbst angewieseff sein. 8
Abg. Berghaus (Dem.) stimmt dem Gesetzentwurf zu. Die Summe von 150 Millionen aber nicht ausreichend; die Lebens⸗ mittelteuerung mache erhöhte Unterstützungen notwendig.
Ein Regierungsvertreter führt aus, daß die Finanz⸗ lage des preußischen Staates keine höheren Zuschüsse gestatte.
Abg. Esser (Zentr.) tritt für Ausschußberatung ein und glaubt, daß die Gemeinden höhere Zuschüsse beanspruchen müßten, da sie hin⸗ sichtlich der Wohlfahrtsausgaben die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit erreicht hätten.
Nach weiterer Aussprache wird die Vorlage angenommen.
Es folgt die Beratung eines Gesetzentwurfs über die Neuwahl der Provinziallandtage. Die jetzigen Provinziallandtage werden aufgelöst, und die Neuwahl soll bis zum 1. August erfolgen.
Abg. Negenborn (D. Nat.) dankt den bisherigen Pro⸗ vinziallandtagen für ihre erfolgreiche Tätigkeit. (Gelächter der Un⸗ abhängigen Sozialdemokraten.)
8*
arbeiterräte in der Verfassung verankert werden sollen, habe ich kein). Ein Regierungsve;kreker stellt fest, daß die Vorlegund
des Gesetzentwurfs nicht auf die förmliche Anfrage der Unabhängigen zurückzuführen ist, sondern schon vorher beabsichtigt war.
Nach weiteren Ausführungen der Abgg. Schmedding (Zentr.), Scholich (Soz.), Dr. Ruer (Dem.), Stöcker (U. Soz.) und Dr. Leidig (D. V.) wird der Gesetzentwurf dem Gemeindeausschuß überwiesen. Dabei wird auch. die Not⸗ wendigkeit der Auflösung des Zweckverbandes Groß Berlin be⸗ nt. 1 38
Schluß 6 Uhr. Niichste Sitzung: Freitag, 12 Uhr (Haushaltsplan der Justizverwaltung).
Richtamtliches.
Bayern. “
Der Verfassungsausschuß des Landtages, der den von der Regierung vorgelegten Entwurf einer Verfassungs⸗ urkunde für den Freistaat Bayern in den nächsten Tagen beschleunigt behandeln wird, hat in der gestrigen Sitzung, wie „Wolffs Telegraphenbüro“ meldet, den grundlegenden Artikel 1 in folgender Fassung angenammen: „Bayern ist ein Freistaat und Mitglied des Deutschen Reiches. Die bisherigen Landesteile Bayerns in ihrem ge⸗ samten Bestande bilden das Staatsgebiet. Die Grenzen des Staatsgebiets können nur durch Gesetz abgeändert werden.“ Nach einem weiteren Beschlusse des Ausschusses soll die Staats⸗ gewalt von der Gesamtheit des Volkes ausgehen; sie wird durch die Bestimmungen dieser Verfassung und der Reichsverfassung unmittelbar durch die Staatsbürger und mittelbar durch die in dieser Verfassung eingesetzten Organe ausgeübt. Die Fragen wegen der Beibehaltung der weiß⸗blauen Landesfarben wurden zur eventuellen Festlegung in der Verfassung bis zur zweiten Lesung zurückgestellt.
Baden.
Nach einer amtlichen von „Wolffs Telegraphenbüro“ ver⸗ breiteten Mitteilung haben die Franzosen den Kehler Sstaatsanwalt Werber verhaftet, well er gegen den Agenten Hompa in Legelsherst, einen Hauptführer der separatistischen Bewegung im Gebiete des Kehler Brücken⸗ kopfes, einen Haftbefehl wegen hochverräterischer Umtriebe erlassen hatte. Weiser wurden Amtsrichter Frisch und Oberamtsrichter Ruch in Haft genommen. Von Seiten der badischen Regierung ist die zuständige Reiche⸗ behörde ersucht worden, energisch Einspruch gegen diese völter⸗ rechtswidrigen Gewalltätigkeiten einzulegen und Freilassung der Beamten zu erwirken.
Braunschweig.
In der gestrigen Sitzung der Landesversammlung wurden für die beiden zur Unabhängigen sozialdemokratilchen Partei gehörigen Volksbeauftragten Junke und Gerecke, die ihre Aemter nieder gelegt hatten, da ihnen die Landes⸗ versammlung das fernere Vertrauen verweigert hatte, die Ab⸗ geordneten Antrick (Soz.) und Rönneburg (Dem.) gewählt. Die Ugabhängigen hatten vor der Abstimmung den Saal ver⸗ lassen, der Landeswahlverband hatte sich der Abstimmung ent⸗
halten. Die Unabhängigen sind damit ganz aus der Regierung
ge chieden. Oldenburg.
Der frühere Staatsminister Scheer ist, wie „Wolffs 8
Telegraphenbüro“ meldet, zum Bevollmächtigten beim Staaten⸗ ausschuß ernannt worden.
Hamburg. Im Auftrage einer Kommission des Senats und der
Arbeiterschaft erfolgte eine Veröffentlichung, wonach
vorgestern Vertreter des Senats, der Zwölferkommission, der Betriebsräte, des Arbeiterrats und der drei sozialistischen Par⸗ teien zu einer Sitzung im Rathaus zusammentraten, um die Mittel zu beraten, ohne Hinzuziehung ortsfremder Truppen die Ruhe wiederherzustellen zu vermeiden. Wie „Wolffs Telegraphen⸗Büro“ berichtet, begab sich eine Kommission nach Wandsbek, um mit dem Kommandeur der dort eingetroffenen Regierungstruppen Obersten von Wrede zu verhandeln. Unter der Be⸗ dingung sofortiger Einstellung aller Feindseligkeiten, insbeson⸗ dere des Vorgehens gegen die Bahrenfelder, Herausgabe der im Rathaus gemachten Gefangenen bis Donnerstag, 8 Uhr Vormittags, Rückgabe der widerrechtlich geraubten Waffen, Rückführung der befreiten Gefangenen und der Zusage, daß die militärischen Behörden, insbesondere die Kommandantur, nicht gestört werden, wurde zugesagt, daß zunächst nicht in das Hamburger Staatsgebiet einmarschiert werde. Der An⸗ trag der Kommission wurde an die vorgesetzten Behörden, darunter die Kommandantur Groß Hamburg, zur Entscheidung weitergegeben.
Der Kommandant von Groß Hamburg Lampl ver⸗ öffentlicht ine Bekanntmachung, in der er sagt, daß er nach wie vor die Kommandantur Groß Hamburg leite. Da sein Generalstabsoffizier Hauptmann Danner durch zwei Volks⸗
wehrleute verraten, durch Gesindel schwer mißhandelt worden und.
arbeitsunfähig sfei, beauftrage er den Oberstleutnant Manns⸗ feld mit der Leitung der Demobilisation. Die Volkswehr Groß Hamburg stehe nach wie vor unter seinem Kommando. Er fordere alle regierungstreuen Volkwehrkameraden und die or⸗ ganisierten Arbeiter auf, sich nicht vor den Wagen unverant⸗ wortlicher Putschisten spannen und für deren politische Ziele mißbrauchen zu lassen. Oie Behauptung von Führern und der Presse der regierungsfeindlichen Minderheit, die Kommandan⸗
tur und die Freiwilligentruppen hätten das Blutvergießen
provoziert, sei erlogen. Eine unparteiische Uitersuchung werde ergeben, welche unverantwortlichen politischen Drahtzieher glaubten, während dieser von langer Hand vorbereiteten Putsche im Trüben fischen zu können. 1
Nach dem vorgestern getroffenen Abkommen zwischen der Arbeiterschaft und dem Kommandeur der in Wandsbek einge⸗ troffenen Reichswehrtruppen wird, wie der Kommandant Lampl mitteilt, die politische Gewalt nach wie vor von Senat und Bürgerschaft und die vollziehende Gewalt gemäß dem Belagerungszustand durch ihn ausgeübt. Eine weitere Bekannt⸗
machung des Kommandanten Lampe besagt, daß die in Wandsbek⸗
Altona und Umagebung befindlichen Reichswehrtruppen zum Schutze des Lebens und Eigentums der Einwohnerschaft von Groß Hamburg eingetroffen seien. Der Führer der Reichswehrtruppen Oberst von Werder hat erklärt, daß eine Entwaffnung der durch die Regierungen von Groß Hamburg⸗Altona und Wandsbek ge⸗ gründeten Einwohnerwehren einem Bruch des vorgestern Abend
und weiteres Blutvergießen
getroffeen Abkommens glelchkommen würde, und ferner, daß
auch eine Beschränkung der Pressefreiheit, besonders Beschlag⸗ nahme von Bekanntmachungen oder Verhinderung der Verteilung von Zeitungen, einen Bruch des Abkommens bedeuten würde.
Der Senat veröffentlicht eine Bekanntmachung, in der er zur Ruhe und Einsicht auffordert, um die Ernährung Ham⸗ burgs, die weitere Zufuhr von Lebensmitteln aus dem Aus⸗ land und das gesamte Wirtschaftsleben nicht in Unordnung zu bringen, und sich gegen die von der Zwölferkommission auf⸗ gestellte Behauptung wendet, daß die politische Gewalt auf die Betriebsräte und Volkswehr übergegangen sei. Bürgerschaft und Senat seien die gesetzmäßige Regierung.
In der Versammlung der Betriebsräte wurde eine Entschließung angenommen, wonach die Betriebsräte, die die Ordnung innerhalb eines Tages miederhergestellt hätten, die Gewähr für die fernere Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung übernehmen. Durch ihre erweiterte Zwölferkommission in Verbindung mit den sozialistischen Parteien Hamburgs fordern sie die sofortige Zurückziehung der in Hamburas Nähe befindlichen Regierungstruppen. Nur in diesem Falle sei Ruhe und Ordnung in Hamburg gewährleistet. 1
Dem „Hamburger Echo“ zufolge drangen in der Nacht zum Donnerstag in den Straßen von Harvestehude und Rotherbaum lichtscheue Elemente, mit Gewehren und Revolvern bewaffnet, in verschiedene Villen ein und raubten und erpreßten Geld, Wertsachen, Lebensmittel und Ge⸗ brauchsgegenstände. Einige Banden konnten abgefangen werden. Bei dem gestrigen Eindringen in das Justiz⸗ gebäude wurden Geldschränke erbrochen und die Justtzkasse geraubt. Gestern mittag versuchten sogenannte Junasozialisten in das Rathaus einzudringen um eine Anzahl höherer Be⸗ amten als Geiseln festzunehmen, was ihnen jedoch mißlang. Ueber die Zahl der Opfer hat man noch immer keine be⸗ stimmten Angaben Die Feuerwehr hat allein 12 Tote und 44 Verwundete in die Krankenhäuser transportiert.
Wie „Wolffs Telegraphenbüro“ meldet, wird auf Befehl des Kommandierenden Generals, Generalleutnants Mengel⸗ bier, über das Gebiet von Groß Hamburg und Umgebung der Belagerungszustand verhängt. Die vollziehende Gewalt geht damit auf die militärischen Befehls⸗ haber über.
Ungarn.
Das „Ung rische Korrespondenzbüro“ meldet über einen Putsch in Budopeß, der von gegenrevolutionären Offizieren vorbereitet und dirchgeführt wurde:
Die Bewegung nahm ihren Ausgang von der Engels⸗Artillerie⸗ kaserne. Hier gaben die Artilleristen einige Schüsse ab. Der Aufstand in der Engelskaserne wurde um so leichter niedergeschlagen, als bloß Offiziere daran teilgenommen hatten. Die Mannschaft, der man vor⸗ gab, alles geschehe im Namen des Armeekommandanten Haubrich, hat die gegenrevolutionären Offiziere bereits reumütig im Stich gelassen. Aus der Engelskaserne griff die Meuterei auch auf die Matrosen⸗ kaserne in Altofen über, von wo drei Monitore ebenfalls unter der Führung gegenrevolutionärer Offiziere unter rot⸗weiß⸗grüner Flagge donauabwärts fuhren und auf das Sowjethaus (Hotel Hungaria) drei Schüsse abgaben, die jedoch bloß geringen Schaden verursachten. In den späten Nachmittagsstunden bemächtigten sich 50 Zög⸗ linge der Ludwigsafademie unter Führung eines ehemaligen Husaren⸗ oberleutnants der Telephonzentrale auf dem Marie⸗Theresienplatz. Eine Kompagnie roter Soldaten eroberte jedoch nach kurzem Kampfe, bei dem mehrere Verwundungen vorkamen, die Telephonzentrale zurück. Die Zöglinge streckten die Waffen und wurden in der Martinovics⸗ kaserne in Gewahrsam genommen. In Budapest und Umgebung wurde der strengste Ausnahmezustand angeordnet.
Wie das „Neue Wiener Abendblatt“ aus Budapest erfährt, hat sich ein Teil der organisierten Arbeiterschaft gleichfalls gegen die Velksbeauftragten aufgelehnt. Der Volksbeaustragte Ribor Szamuely fordert die Gewerkschoften auf, ihn zum alleinigen Diktator von Budapest zu ernennen, damit er Ordnung schaffe. Szamuely und sein Anhang wollen auch die Mit⸗ glieder der fremden Missionen, die im Hotel Riz wohnen, ver⸗ haften und aburteilen lassen, weil sie verdächtig sind, an der gegenrevolutionären Bewegung mitgewirkt zu haben. Bis vor⸗ gestern abend waren die Kämpfe noch nicht beendet.
Im Zentralexekutipkomitee wurde unter dem Vorsitz des Präsidenten der Räteregierung Alexander Garbai aus Anlaß des Putschversuches eine Entschließung auf Antrag Bela Khuns angenommen, die besagt:
Mit Rücksicht darauf, daß die milde Handhabung der Diktatur die Bourgeoisie zu einer gegenrevolutionären Haltung ermutigt, be⸗ schließt das Zentralexekutivkomitee, die Diktatur des Proletariats in vollstem Maße und mit den schonungslosesten Mitteln anzuwenden und den regierenden Rat zu beauftragen, die Gegenrevolution der
Vourgeoisie in Blut zu ersticken.
Großbritannien und Irland.
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Nach einer Mitteilung der Admiralität wird der Zustand der deutschen Schiffe in der Scapa⸗Bucht untersucht. Bisher ist folgendes festgestellt: Das Großkampfschiff „Baden“ liegt etwa 3 Fuß unter der Wasseroberfläche und kann viel⸗ leicht trocken gelegt werden. Die Hauptmaschinen sind nicht beschädigt. Der Kreuzer „Emden“ hat nur leichte Havarien erlitten. „Nürnberg“ liegt stark zur Seite. Allem Anschein nach ist sie wenig beschädigt. Es ist wenig Hoffnung, den Rest der versenkten Schiffe zu heben.
— Der Kongreß der Arbeiterparteien in South Pest hat gestern mit den Beratuugen über die Attion, ihre politischen Forderungen durchzusetzen, begonnen.
Der Vorsitzende Mc. Gurk erklärte inz; seiner Eröffnungsrede dem „Nieuwen Rotterdamschen Courant“ zufolge, daß der Lauf der Ereignisse die internationale Tätigkeit der Partei gerecht⸗ fertigt habe, und daß die Endregelung des Friedens noch unbefrie⸗ digender ausgefallen wäre, wenn die Arbeiter nicht ihre eigene diplo⸗ martische Politik befolgt bätten. Die Politik der Regierung gegenüber Rußland scheine darauf hinzudeuten, daß sie entschlossen sei, tatsäch⸗ liche, beziehungsweise imaginäre Auswüchse des Bolschewismus anzu⸗ greifen, um auf diese Weise die freie Entwicklung der sozialistischen Unternehmungen überall zu behindern. Mc. Gurk machte die Regie⸗ rung feierlich darauf aufmerksam, daß die Zunahme der politischen Unzufriedenheit ernste Folgen für die Nation haben könnte. Er drang aber darauf, sich zur Erreichung der politischen Macht an den ver⸗ fassungsmäßigen Weg zu halten. Nur wenige verantwortliche Führer würden für die unmittelbare Tat zu politischen Zwecken zu finden sein. Der Sekretär des Transportarbeiterverbandes Williams verteidigte die unmittelbare Tat. Der Führer der Bergarbeiter Smillie gab zu, daß sie gegen die Ver⸗ fassung sei, und schlug vor, den Bericht darüber der Leitung zur nochmaligen Durchberatung zurückzusenden. Der Sekretär der Arbeiterpartei Henderson sagte, wenn die Gewerkschaften ihre Zustimmung erteilten, daß die Waffe des Ausstandes zu politischen Zwecken benutzt werde, dann werde der ausführende Ausschuß darüber
1 ¶☚ † 10 1 àμ — zu beschließen haben, ob er die Gefahr auf sich nehmen müsse oder lieber zurücktreten solle. Zum Schluß teilte der Vorsitzende mit, daß über eine besondere Entschließung, die diese Frage behandle, ab⸗ gestimmt werden würde.
— Blättermeldungen zufolge haben am Montag 10 000 Bergarbeiter des Distrikts Doncaster einen 24 stündigen Streik begonnen, um der Forderung nach Zurückziehung der britischen Truppen aus Rußland und nach Ent⸗ lassung aller politischen Gefangenen Nachdruck zu geben.
Frankreich.
Der deutsche Gesandte von Haniel hat dem Vorsitzenden der Friedenskonferenz Clemenceau eine Note zustellen lassen, in der er im Auftrage des Reichsministers des Auswärtigen den alliierten und assoziierten Regierungen mitteilt, daß als deutsche Bevollmächtigte zur Vertragsunterzeichnung nunmehr bestimmt sind erstens der Reichsminister des Aus⸗ wärtigen Hermann Müller und zweitens der Reichsminister Dr. Bell.
— Gestern nachmittag ließ der Oberst Henry den Ge⸗ sandten von Haniel davon in Kenntnis setzen, daß zur Ver⸗ meidung weiterer Unannehmlichkeiten die Freilassung des vorgestern abend verhafteten Mitglieds des Pressegruppe der deutschen Friedensdelegation, des Vertreters der „Deutschen Tageszeitung“ in Versailles, Wilhelm Scheuermann, ange⸗ ordnet worden ist. Scheuermann ist gestern abend wieder bei der deutschen Friedensdelegation in Versailles eingetroffen.
— Mehrere Kammermitglieder haben der „Agence Havas“ zufolge eine Entschließung eingebracht, die möglichst rasche Zerstörung des Niederwald⸗Denkmals als Züchtigung Deutschlands für die Versenkung seiner Flotte und die Verbrennung französischer Fahnen fordert.
— Das Kartell der französischen Arbeiterverbände hat der „Humanité“ zufolge vorgestern eine Tagesordnung angenommen, worin die Arbeiterschaft daran erinnert wird, daß ihre Forderungen ausschließlich durch den Generalstreik aller Länder und aller Verbände befriedigt würden. Er sei in Vorbereitung, um der bewaffneten Intervention in Rußland ein Ende zu setzen. Die Vertreter der italienischen und fran⸗ zösischen Arbeitergewerkschaften unternähmen augenblicklich Schritte bei den englischen Arbeiterorganisationen. Die Be⸗ wegung könne nicht beschleunigt, noch ihre Form geändert werden, ohne den Erfolg in Frage zu stellen. Das aber wäre sozial und wirtschaftlich so bedenklich, daß jeder es erkennen müsse. Deshalb sei ein sofortiger Generalstreik unmöglie
Im Senat stellte der Ministerpräsident Nitti das neue Kabinett vor und teilte mit, daß Kammer und Senat bald⸗ möglichst zu Besprechungen über die Regierungspoluik ein⸗ berufen werden würden. Im Augenblick mögen sie sich be⸗ schränken, die Genehmigung der Haushaltzwölftel nachzuprüfen. Der Minister des Aeußern Tittoni erkläcte, daß die italienische Delegation es als ihre Pflicht erachte, auf die ge⸗ mäßigten Forderungen des Landes vor ihrer Abreise Antwort zu geben. Tittom gab dann einen Ueberblick über den Stand der Friedensfrage und erklärte laut Meldung der „Agenzia Stefani“, ohne auf Einzelheiten einzugehen, die Kompensa⸗ tionen, die Italien in Afrika angeboten würden, für zufrieden⸗ stellend, aber die von Frankreich angebotenen sollten verbessert werden. Er hob ferner hervor, daß Italien nach dem Friedens⸗ schluß nicht wie die anderen Verbündeten demobilisieren könne, um ruhig an den Wiederaufbau heranzutreten. Tittoni fügte hinzu, daß die auswärtige Politik künftig eine Politik der Völker sei, die Zeit der Geheimverträge müßte end⸗ gültig abgetan sein. Der Minister wird von den Alliierten die Zustimmung zur Bekanntgabe des vollen des Londoner Vertrages im Parlament verlangen, und schloß mit den Worten: „Wer würde es wagen, von Ver⸗ zicht zu sprechen? Zu einem einzigen Verzicht sind wir bereit, zum Verzicht auf unser schwieriges Mandat, wenn wir die Unmöglichkeit erkennen sollten, es gemäß den Wünschen der Nation zu erfüllen.“ Darauf wurden die Haushaltzwölftel mit 297 gegen 7 Stimmen angenommen, worauf sich der Senat vertagte.
— Heute sind Tittoni, Scialoja und Mag⸗ giorni Ferrarials Mitglieder der neuen italienischen Friedens⸗ abordnung nach Paris abgereist.
1 Belgien. I“
Der Kriegsminister hat in der Kammer eine Gesetzes⸗ vorlage zur Regelung der Demobilmachung eingebracht. Wie der Nieuwe Rotterdamsche Courant mitteist, wird das Heer nach der Demobilmachung aus 45 000 Mann der Jahr⸗ gänge 1914 vnd 1915 und aus 12 500 Freiwilligen bestehen, die jetzt eingeübt werden.
Schweiz.
Der Nationalrat hat nach einer Meldung der „Schweize⸗ rischen Depeschenageniur“ in namentlicher Abstimmung gemäß dem Antrage des Bundesrates und der Kommissionsmehrheit mit 139 gegen 18 Stimmen der sozialpolitischen und sozial⸗ demokratischen Fraktion den Antrag auf Amnestie für die im Generalstreik⸗Prozeß Verurteilten abgelehnt. Ein Antrag Bertoni auf Erlaß aller Ehrenstrafen wurde mit 114 gegen 18 Stimmen, ein Antrag Bossi auf Amnestierung aller seit 1. August 1914 von Militärgerichten Verurteilten mit 111 gegen 17 Stimmen abgelehnt
— Der Ständerat hat obiger Quelle zufolge unter Zu⸗
stimmung zu dem Beschluß des Nationalrates die Gesetzes⸗
vorlage über Einführung der 48 Stunden⸗Woche in öffentlichen Betrieben einstimmig angenommen
Amerika.
Der amerikanische Senat hat nach einer Meldung des „Wolffschen Telegraphenbüros“ die Heeresvorlage angenommen, durch die ein Kredit von 888 Millionen Dollar für die Unterhaltung einer Armee von 400 000 Mann be⸗ willigt wird.
— Die Vereinigten Staaten werden dem „Telegraph“ zufolge allen internierten Deutschen, die es wünschen, die Rückkehr in die Heimat geüatten. Der erste Transport geht am 25. Juli nach Rotterdam ab; es befinden sich mehrere Offiziere der Handelsflotte darunter.
Asien.
Einer Reutermeldung zufolge ist die Lage in Klein⸗ asien außerordentlich ernst. Es besteht die Gefahr, daß die
Wortlautes
riechischen Besatzungstruppen von den Türken vollständig aus leinasien hinausgedrängt werden. Die Griechen erwarten Verstärkungen aus Saloniki.
— Nach einer in den englischen Blättern vom 24. d. M. veröffentlichten drahtlosen Meldung aus Moskau hat in Persien ein Guerillakrieg gegen die britische Be⸗ satzung begonnen.
Handel und Gewerbe.
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— Wie dem „W. T. B.“ von berufener Seite mitgeteilt wird, haben sich am 16. Juni 1919 alle dem Reichsverbande der Deutschen Industrie angehörenden Verbände und Vereinigungen zu einer besonderen Fachgruppe „Holz“ und je einer Untergruppe für die Holz verarbeitende Industrie und die Sägewerksindustrie zusammengeschlossen. Die Fachgruppe betrachtet als ihre Aufgabe die Wahrnehmung aller gemeinsamen Interessen, insbesondere auch bei der Arbeits⸗ gemeinschaft der industriellen und gewerblichen Arbeitgeber⸗ und Arbeitnehmerverbände und gegenüber dem Neichswirt⸗ schaftsministerium, und ferner die Herbeiführung gegenseitiger Verständigung aller der Fachgruppe angehörenden Verbände und Vereinigungen bei auftauchenden widerstrebenden Interessen. Zu Vertrauentzmännern sind gewählt worden: für die Holz ver⸗ arbeitende Industrie: Herr Alfred Hannemann, Berlin W. 8, Unter den Linden 20, für die Untergruvpe Sägewerks⸗ Industrie: Herr Dr. Kubatz, Berlin W. 35, Lützowstraße 89/90. Dem Reichsverbande der Deutschen Industrie und damit der Fach⸗ gruppe „Holz“ noch nicht angeschlossene Verbände und Firmen, welche der in der jetzigen Zeit der Neu⸗ und Umgestaltung außerordentlich wichtigen Neubildung beitreten wollen, können sich mit einem der vorgenannten beiden Verbände in Verbindung setzen. 8
— In der gestrigen Aufsichtsratssitzung der Großen Berliner Straßenbahn wurde laut „W. T. B.“ bekanntgegeben, daß die weiteren Verhandlungen mit dem Verbande Groß Berlin zu einem — noch der Genehmigung der Verbandsversamm⸗ lung unterliegenden — Angebot des Verbandes geführt haben. Danach übernimmt der Verband das Unternehmen gegen Gewährung von 100 vH des Aktienkapitals in vom 1. Januar 1919 ab zu 4 vH verzinslichen und bis 1949 al pari zu tilgenden Verbandsschuldverschreibungen zuzüglich einer Abgeltung für den Tilgungsstock in Höhe von 37 ½ vH des Aktienkapitals in den gleichen Schuldverschreibungen, so daß die Aktionäre für je 100 ℳ Aktien Kapital 137 ½ ℳ zu 4 vH verzinsliche Groß Berliner Zweckverbands⸗ Obligationen erhalten. Der⸗ Betrieb des Unternehmens soll vom 1. Januar 1919 ab auf Rechnung des Verbandes gehen, die Ueber⸗ nahme zu einem noch festzusetzenden Zeitpunkte, spätestens am 1. April 1920 erfolgen. Der Aufsichtsrat beschloß, der Generalversammlung die Annahme des Angebots zu empfehlen. Die auf den 12. Juli berufene Generalversammlung wird aufgehoben und eine neue Generalversammlung auf den 17. Juli d. J., Vormittags 11 Uhr, mit folgender Tagesordnung berufen: ““ über vorstehendes Angebot, 2) Wahlen zum Auf⸗ ichtsrat.
— Der erweiterte Arbeitsausschuß des Dachverbaäandes B der Metallwirtschaft hat laut Meldung des „W. T. B. in seiner gestrigen Sitzung zur Unterstützung der einheimischen Berg⸗ und Hüttenwerke beschlossen, dem Reichskommissar für Metallwirtschaft zu empfehlen, fernerhin, soweit es ohne Erschütterung des Wirt⸗ schaftslebvens durchführbar ist, die Festsetzung der Kontingentpreise für Sparmetalle in möglichster Annäherung an die Weltmarktpreife vor⸗ zunehmen. Der Reichskommissar für Metallwirtschaft hat dem⸗ entsprechend in Uebereinstimmung mit der Kriegsmetall⸗Aktiengesell⸗ schaft für einige Metalle mit Wirkung vom 27. d. M. neue Tages⸗ preise festgesetzt, über die alles Nähere aus den Tageszeitungen bezw. durch Anfrage bei der Kriegsmetall⸗Aktiengesellschaft zu erfahren ist. 2 see üng selbst wird durch die neue Preisgestaltung nicht
eeinflußt.
— Der Antwerpener „Matin“ vom 2. Juni 1919 hat unter der Spitzmarke “ eine Mitteilung veröffentlicht, wonach der Vorstand der Antwerpener Getreidebörse den Beschluß gefaßt hat, Staatsangebörige der Zentralmächte von der Zulassung zur Getreidebörse auszuschließen. Hierzu bemerkt der Vorstand der Mannheimer Produkten⸗ börse laut „W. T. B.“, daß grade von dem internationalsten aller Handelszweige, vom Getreidehandel, hätte erwartet werden dürfen, daß er sich von nationalistischem Chauvinismus am schnellsten freimachen werde. Ganz besonders hätte Antwerpen keinen Grund gehabt, einen so törichten Beschluß zu fassen; denn jeder, der die Verhältnisse im Getreidehandel kennt, weiß, d Antwerpen durch Deutsch- land groß geworden ist. Ohne das deutsche Hinterland ist der Antwerpener Handel zur völligen Bedeutungslosigteit verurteilt. Rotzerdam als Wettbewerber Antwerpens liegt als Endpunkt der Rheinschiffahrt günstiger als Antwerpen. Ohne Zweifel werde der Zeitpunkt wieder eintreten, an welchem die Antwerpener Börse infolge Wettbewerbs des tatkräftigen Rotterdamer Handels und der Rotterdamer Hafenverwal⸗ tung um die Gunst des deutschen Getreidehandels bitten werde. Auf den Ausschluß der Deutschen von der Antwerpener Getreide⸗ börse gebe es daher nur eine Antwort: Bovkott der Ant⸗ werpener Getreidehändler und des Antwerpener Schiedsgerichts. So lange bis dieser chauvinistische Beschluß nicht aufgehoben ist, muß es Ehrenpflicht aller deutschen Kaufleute
ein, in Zukunft ihre überseeischen Handels⸗
eziehungen nach Möglichkeit über Holland zu leiten Von der Einmütigkeit des deutschen Handels, insbesondere aber des deutschen Getreidehandels und der deutschen Mühlen rechts und links des Rheins erwartet man auf das bestimmteste, daß sie in dieser Angelegenheit geschlossen vorgehen.
Wien, 26. Juni. (W. T. B.) Die Gesamteinnahmen der Südbahn betrugen im April 19 260 000 Kronen (gegen das Vorjahr weniger 10 253 000 Kronen). Auf den G und Gepäckverkehr fallen hiervon † 260 000 Kronen (Abnahme 6 983 000 Kronen), auf den Güterverkehr 12 000 000 Kronen (Abnahme 3 270 000 Kronen). Die Betriebsausgaben sind gegen das Vorjahr wesentlich höher gewesen und übersteigen die Einnahmen um ein Beträchtliches. Der Verwaltungsrat ver⸗ schob angesichts der schwierigen finanziellen Lage der Gesellschaft und der bisherigen Unmöglichkeit, die von der Pertretung der französischen Inhaber von Prioritätsaktien gewünschte Klärung herbeizuführen, die Beschlußfassung über die Einlösung des am 1. Juli fälligen Zins⸗ scheins der zu 3 und 5 vH verzinslichen Schuldverschreibungen. .
Witen, 26. Junti. (W. T. B.) Ausweis der Oesterreichisch⸗- Ungarischen Bank vom 15. Juni 1919. Alle Summen in Tausend Kronen. (In Klammern: Veränderung seit dem Stande vom 7. Juni 1919.) Anlagen. Metallschatz: Goldmünzen der Kronenwährung, Gold in Barren, in ausländischen und Handels⸗ münzen, das Kilo fein zu 3278 Kronen gerechnet, 262 278, Gold⸗ wechsel auf auswärtige Plätze und auständische Noten 23 613, Silber⸗ kurant⸗ und Teilmünzen 57 238, zusammen 343 130 (Zun. 582), Kassenscheine der Kriegsdarlehenskasse 456 422 (Zun. 85), Eskont⸗ wechsel, Warrants und Effekten 2 810 401 (Abn. 195), Darlehen gegen Handpfand 8 787 915 (Zun. 4 482), Schuld der K. K. öster⸗ reichischen Staatsverwaltung 60 000, Darlehensschuld der K. K. Staatsverwaltung auf Grund besonderer Vereinbarung 22 034 000, Darlehnsschuld der K. ungarischen Staatsverwaltung auf Grund besonderer Vereinbarung 10 920 000 (—,—), Effekten 57 589 (Abn. 109), Hypothekardarlehen 273 586 (Abn. 147), Kassenschein forderung a. d. K. K. Staatsverwaltung 2 535 743 (Abn. 363 240) Kassenscheinforderung a. d. K. ungarische Staatsverwaltung 1 451 274 (Abn. 207 892), Forderungen a. d. K. K. Staatsverwaltun