rung an seine früheren Wohnplätze erfolgt, womit die Belegung der Wohnungen entsprechend stieg. Die Ergebnisse der Erhebung von 1918 bieten also im Vergleich mit den gegenwärtigen Verhältnissen ein zu günstiges Bild.
——
Arbeitsstreitigkeiten.
Zum Ausstand der Angestellten der Berliner Straßen⸗ bahnen, der Hoch⸗ und Unterarundbahn und des Omnibusbetriebs teilen die Tagesblätter mit, daß gestern zwei große Versammlungen der Streikenden stattfanden, in denen Mitglieder der Streikleitung Bericht über die Lage erstatteten. Es wurde einstimmig eine Entschließung gefaßt, in der die aufgestellten wirtschaftlichen Forderungen als gerechtfertigt bezeichnet werden und der Wille ausgesprochen wird, bis zur Er⸗ füllung der Forderungen im Ausstande zu verharren. Gleichzeitig wurde auch die Bereitwilligkeit bekundet, jederzeit mit dem Arbeit⸗ geberverband in Verhandlungen einzutreten, sobald dieser es wünscht. In den Kreisen des Großberliner Vollzugsrats ist man bemüht, vermittelnd in den Ausstand einzugreifen. Für den heutigen Nachmittag hat er die Vertreter der Behoöͤrden, den Ober⸗ bärgermeister von Berlin, die Leitungen der Verkehrsunternehmungen und die Vertreter der streikenden Angestellten zu einer Verhandlung geladen. — Die Bürvangestellten der Großen Berliner Straßenbahn haben gestern nachmittag im Gewerkschaftshause nach inem Vortrag des Syndikus der Gesellschaft Dr. Moser, der ihnen den Kontrakrbuch nachwies, beschlossen, den Streik abzubrechen und heute die Arbeit wieder aufzunehmen.
Der Verband mittlerer Reichspost⸗ und Telegraphenbeamten hat, wie die „Tägliche Rund⸗ schau“ berichtet, bei seiner letzten Tagung folgende Ent⸗ schließung gefaßt: „Alle Streiks und alle wilden Versammlungen zum Zweck, den Streikgedanken zu pflegen, sind nach wie vor
it aller Entschiedenheit zu verwerfen. Nur die Standes⸗ rganisationen sind zur Regelung solcher Fragen berufen. Das Wohl Gesamtheit muß — dem Ernst der Zeiten Rechnung tragend — das eigene Schicksal gestellt werden. Der Bezirkstag spricht anderseits die unbedingte Erwartung aus, daß nunmehr eine baldige und wirksam durchgreifende Gehaltsregelung vorgenommen wird und daß die Wünsche noch Aenderung der Personalordnung für nittlere Postbeamte endlich restlos erfüllt werden.“ Zum Ausstand der Eisenbahnangestellten und arbeiter in Frankfurt a. M. wird dem „W. T. B.“ von zuständiger Seite mitgeteilt: „Der in Berlin vorläufig beigelegte Eisenbahnerstreik ist von den Führern nach Frank⸗ surt a. M. und Umgegend verlegt worden. Kein Wunder, daß die politischen Wühlereien gerade dort Ersolg gehobt haben! Frank⸗ furt a. M. ist der Siz des Zentralrates, der die bekannten kom⸗ munistischen Flugblätter verbreitet, und seit Monaten der Herd der radikalen Verhetzung unter den Eisenbahnern. Die Inszenierung bdes Streiks in Frankfurt gerade im jetzigen Zeitpunkt beweist biederum, wie volksfeindlich und selbstsüchtia die politischen Draht⸗ her vorgehen. Sofort nach der für Anfang näͤchster Woche angekündiglen Natifikation des Friedens durch Deutschland soll der den allen Deutschen fo heiß ersehnte Rücktransport unferer armen Kriegsgefangenen beginnen. Mittelpunkt für diese riesigen Trans⸗ porte wi naturgemäß Frankfurt a. M. sein müssen. Selbst wenn aber bis dahin der Sueik beendet sein sollte, sind die Schäden, die er im Betriebe und unter dem Maschinenpark der Eisenbahn anrichtet, so bedeutend, daß der Transport der Gefangenen dadurch empfindlich leiden muß. Schuld daran sind dieselben Leute, mit der Verbilligung der Lebensmittel nicht zufrieden sind, weil nicht nur den Eisenbahnern, sondern dem ganzen Volke zugute ommt! Es ist die Pflicht der Regierung, in Frankfurt den Hetzern ebenso energisch zu Leibe zu gehen, wie das in Berlin geschehen ist.“ — Eine Meldung der „Frankfurter Zeitung“ vom gestrigen Tage besagt, daß der Streik der Frankfurter Eisenbahner durch die Einbeziehung der anderen Stationen des Direktionsbezirks in die Bewegung eine wesentliche Verschärfung erfahren habe, die sich auf wirrtschaftlichem und postalischem Gebiet immer mehr bemerkbar mache. Von Freitag an werde der Eisenbahnvertehr voll⸗ ftändig eingestelt. In den Kreisen der Streikleitung nehme man an, daß sich auch die Bezirke Hannover, Cassel und Erfurt der Be⸗ wegung anschließen werden. Die Bewegung sei, von belanglosen Zwischenfällen abgesehen, bis jetzt ruhig verlaufen.
wird
“ Verkehrswesen.
Zu Wertbriefen an Gefangene in sollen möglichst feste Umsch'äge aus unglasiertem Papier und haltbarer Siegellack verwendet werden. Bei Verwendung un⸗ geeigneter und schwacher Umschläge sowie schlechten Siegellacks gehen zahlreiche Wertbriefe schon in der Schweiz beschädigt ein und müssen neuverpackt werden. Hierdurch entstehen zum Schaden der Gefangenen Verzögerungen; auch Verluste von Teilen des Inhalts können die Folge der Verwendung minder⸗ wertigen Verpackungsstoffes und Siegellacks sein.
Paketen an Gefangene in Belgien brauchen Zoll⸗ inhaltserklärungen nicht mehr beigefügt zu werden.
1““
Am Sonnabend, den 5. Juli, wird der bereits angekündigte Seebäderdienst der Deutschen Luft⸗Reederei durch regelmäßige Flugzeugverbindung eröffnet werden. Die Linien erstrecken sich von Berlin über Hamburg nach Westerland⸗Sylt, ferner von Berlin nach Swinemünde mit Kraftwagenanschluß nach Ahlbeck, Heringsdor; und Bansin sowie von Berlin nach Warnemünde⸗ Heiligendamm. Die Flugdauer beträgt von Berlin nach den ge⸗ nannten Ostseebädern ungefähr 1 ½ Stunde, von Berlin nach Ham⸗ burg 2, und von Hamburg nach Westerland ebenfalls 2 Stunden. Alles Nähere sewie Annahme von Fluggästen und Paketen durch die Hamburg⸗Amerika⸗Linie und deren Agenturen.
Manunigfaltiges. 1
Der Fremdenverkehr Groß Berlins zeigt auch für den abgelaufenen Monat Juni eine bemerkenswerte Steigerung. Nach den amtlichen Quellen stellt die „Centralstelle für den Fremdenverkehr Groß Berlin“ fest, daß Berlin im vergangenen Monat 124 624 Gäste beherbergte gegen 121 406 im Mai. Es kommen davon auf den Polizeibezirk Berlin 113 142, auf Charlottenburg, Schöneberg, Wilmersdorf 5482. Bemerkenswert ist das Zunehmen der Fremden aus den bisher feindlichen Ländern gegenüber dem Rückgang des Besuchs aus den vormals verbündeten. Immerhin ist Oestereich mit 893 Gästen, Ungacn freilich nur mit 83 vertreten, die aber zumeist nicht ummittelbar aus Ungarn hierherkomen. Aus Rußland einechl. der Randstaaten kamen 851, aus Polen 587, aus der Türkei 45: Frankreich ist mit 52 vertreten, England mit 42, Italien mit 30, Amerika mit 80, Belgien mit 24, die Balkanstaaten insgesamt mit 43. An der Spitze der skandinavischen Staaten steht Schweden mit 321, es folgt Dänemark mit 279, Holland ist mit 525 vertreten, die Schweiz mit 173, Spanien erscheint wieder mit 62 Gästen. Hervorzuhecben bliebe freilich, daß in den letzten Tagen der Eisen⸗ bahn⸗ und Straßenbahnstreik und die Gerüchte über bevorstehende Verpflegungsschwier igkeiten den Zuzug nach Berlin merklich be⸗
einträchtigt haben.
891
Anfragen aus Kreisen der Obsterzeuger und Obst⸗ n erkennen, daß Unklarheiten über den Handel mit hestehen. Der Handel mit Frühobst ist freigegeben.
8
Frankreich
Das Relchsernährungsministerium hat sich wiederholt gegenüber An⸗ trägen der Regierungen einzelner Freistaaten dahin ausgesprochen, daß irgendwelche Beschränkungen des Handels mit Frühobst, sei es durch Vorschrift von Versandscheinen oder andere Absatzbeschränkungen, nicht erlassen werden können. Anordnungen über den Verkehr mit Frühobst, welche Absatzbeschränkungen enthalten, ermangeln daher der Rechtsgrundlage und sind ungültig.
Die Fischerei auf den Gewässern der Provinz Brandenburg wird zurzeit durch Raubfischerei mit Hilfe von Handgranaten außerordentlich geschädigt. Der Fischerei⸗Verein für die Provinz Brandenburg, Berlin W. 62 (Lutherstr. 47), hat eine Belohnung von 100 ℳ ausgesetzt für jede Anzeige, die zur Be⸗ strafung der Fischfrepler führt. “
Halle (Saale), 3. Juli. (W. T. B.) In dem Prozeß wegen Ermordung des Oberstleutnants von Klüber, der am 2. März in Halle nach dem Einrücken der Re⸗ gierungstruppen während der spartakistischen Unruhen von einer Menschenmenge zur Saale geschleppt, in den Fluß gestoßen wurde und durch Schüsse schwer verletzt unterging, wurde heute nach zehn⸗ tägiger Verhondlung vor dem hiesigen Schwurgericht das Urteil
efällt. Von den elf Angeklagten wurde der Militärinvalide Otto Bauer wegen Mordes zum Tode verurteilt. Wegen Beihilfe zum Morde erhielten der Schauspieler Heinrich Gierbold dreizehn Jahre sechs Monate, der Handlungsgehilfe Rudolf Richter zwöͤlf Jahre, der Geschirrführer Kurt Kyritz zehn Jahre Zuchthaus, wegen Totschlags der Mechaniker Grich Fiedler neun Jahre Zuchthaus. Gegen die übrigen Ange⸗ klagten Monteur Max Rädel, Soldat Stephan Thaler, Schlosser Max Jungmann und Arbeiter Oskar Subhle wurde wegen schweren oder einfachen Landfriedensbruches auf Zucht⸗ haus und Gefängnisstrafen erkannt. Der Maurer Max Kelz erhielt wegen gefährlicher Körperverletzung sechs Monate Ge⸗ fängnis. Der Arbeiter Musculus murde freigesprochen.
B.)
Witten (Ruhr), 3. Juli. (W. T. B.) Gelegentlich des Wochenmarktes kam es hier zu Unruhen. Da die Kommunisten auf dem Platz selbst rachts ausrichten konnten, zogen sie durch die Straßen und zwangen die Lebensmittel⸗ und Zigarrengeschäfte, ihre Wagren billig abzusetzen. Nachmittags wurde ein Manufatturwarengeschäft gestürmt und teihweise geplündert. Die Polizei und die Sicherheits wehr, die energisch eingriffen, nahmen zahlreiche Verhaftungen vor und stellten die Ruhe wieder her. Die Erregung der Bürger über das ortsfremde Grsindel ist sehr groß.
Dortmund, 3. Juli. (W. T. B.) Die Zahl der bei den Unruhen Verletzten übersteigt bisher fünfzig. Heute nachmittag traf hier eine Abteilung Artillerie ein. Wie das Freikorps Düssel dorf mitteilf, sind einige Geschütze an verschiedenen Stellen der Stadt aufgestellt worden. Am Nachmittag kam es nur noch ver⸗ einzelt zu Plünderungsversuchen und kleineren Zusammemottungen, gegen die jedoch die Regierungstruppen nachdrücklich einschritten. Die Zahl der Verletzten hat sich weiter etwas erhöht. Der Bahnhof
sowie alle öffenrlichen Gebäude sind von den Regierungstruppen besetzt.
Mailand, 3. Juli. (W. T. B.) Der zufolge haben am 1. Juli in Forli sowie anderen großen italienischen Orten im Zusammenhang mit der Teuerung ernste Unruhen stattge⸗ funden. Viele Läden wurden geplündert und zerstört. Es kam zu heftigen Schießereien.
„Times“
Rom, 3. Juli. (Stefani.) Die Erdbebenkatastrophe im Gebiete von Mugello hat 100 Tote und fünf Verwundete gefordert. Der Schaden on Matcrial und künstlerischen Werten ist groß. 8 1
Amsterdam, 3. Juli. (W. ) Der „Daily Chronicle“ meldet, daß am 2. Juli 2000 deutsche Kriegsgefan gene im Getangenenlager von Hswestry aufsässig wurden. Da sie ihre Mittagsration vnicht rechtzeitig erhalten hätlen, hätten sie sich geweigert, zum Appell zu tommen. Sie bewaffneten sich mit schweren Stöcken und drohten in Massen anzugreifen. In aller Eile kamen englische Verstärkungen von einem anderen Lager an und unterdrückten mit aufgepflanztem Bajonett den Aufstand.
2. X (△ 1 T. B.) Der 8
Nr. 54 des Zentralblatts der Bauverwaltung, herausgegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten am 2. Juli 1919, hat folgenden Inhalt: Ueber Knickfestigkeit, — Vermischtes: Tag für Denkmalpflege. — Preiserteilung im Strauchwettbewerb für 1919. — Bewirtschaftung von Ziegeleierzeugnissen und ge⸗ branntem Kalk in Bayern. — Bücherschau.
Handel und Gewerbe.
Deutschen Nickel⸗Werke,
— Die Vereinigten hen . s Westfälisches Nickelwalzwerk
Aktien⸗Geselschaft, vorm.
Fleitmann, Witte u. Co. in Schwerte, schlagen laut Meldung des „W. T. B.“ vor, für das Geschäftsjahr 1918/19 22 vS (i I. 30 vH, zu verteilen. Die ordentliche Generalversammlung findet am 5. August 1919 statt.
— Der Roheisenverband hat laut „W. T. B.“ in den letzten Tagen die Preise für den Monat Juli festgelegt, und zwar sind die Preise wie folgt erhöht worden: Haematit um 42 ℳ, Siegerländer Stahleisen um 31,50 ℳ, Spiegeleisen um 30 ℳ, Gießereiroheisen 1 und 2 um 33,50 ℳ, Lurxemburger Gießereiroheisen um 37 ℳ. Die Verkaufsgrundpreise für den Monat Juli stellen sich mithin wie folgt: Haematit auf 430 50 ℳ, Sieger⸗ länder Stahleisen auf 395 ℳ, Spiezeleisen auf 432 ℳ, Gießerei⸗ roheisen 1 auf 439 ℳ, Gießereiroheisen 2 auf 438 —ℳ0, Luxemburger Gießereiroheisen auf 391,50 ℳ.
Wien, 2. Juli. (W. T. B.) Der Verwaltungsrat der Alpine Montan⸗Gesellschaft teilte noch mit, daß im zweiten Vierteljahr des laufenden Geschäftsjahres eine weitere Verschlechterung der Lage des Unternehmers eingetreten ist. Die Erzeugung in den wichtigsten Artikeln sowie der Absatz an Eisen⸗ fabrikaten seien weiter zmückgegangen. Der letztere zeige für die ersten fünf Monate des Jahres einen Ausfall von 1,33 Millionen Meterzentner gegen den entsprechenden Zeitraum des Vorjahres.
Prag, 3. Juli. (W. T. B.) Die Prager Eisen⸗ industriegesellschaft teilt mit, daß die Betriebsergebnisse der mit März abgelaufenen ersten drei Vierteljahre des Geschäfts⸗ jahrs gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahrs cinen Aus⸗ fall von nahezu zehn Millionen Kronen aufweisen. Die Absatzrückgänge betragen in 1000 Meterzentnern: Eisenfabrikate 1130, Phosphatmehl 30 und Steinkohle 2850. Die ungünstigen Er⸗ zeugungs⸗ und Absatzverhältnisse erfuhren in allerletzter Zeit eine weitere Verschlechterung.
te von autwärtigen Wertpapiermärkten.
Wien, 3. Juli. (W. T. B.) An der Börse herrschte an⸗ gesichts der Unsicherheit wegen des deutsch⸗österreichischen Friedens⸗ vertrags sowie in Berücksichtigung der Ziffern des Haushaltprovisoriums sroße geschäftliche ö“ vor, doch war die Stimmung im Anschlusse an die feste Haltung der Berliner Börse und die Be endigung des Berliner Essenbahnerstreiks sowie ferner auf Gerüchte
[von dem bevorstehenden Zusammenbruch der ungarischen Räͤteregierun
ziemlich widerstandsfähig. Die Mehrzahl der Kurse der gehandelte Wertpapiere bewegten sich auf höherem Stande, doch konnten die erzielten Besserungen schließlich nicht voll behauptet werden. Haltung zeigte der Anlagemarkt.
Wien, 3. Jult. (W. T. B.) Amtliche Notierungen der Deutsch⸗Oesterreichischen Devisenzentrale. Berlin 217,80 G., 218,30 B., Amsterdan 1410,00 G., 1412,00 B., Zäürich 667,00 G., 668,50 B., Kopenhager 811,00 G., 812,50 B., Stockbolm 843,50 G., 845,00 18 “ 735,50 G., 737,00 B., Mark⸗ noten 216,05 G., 216, 8 1 1
Wien, 3. Jult. (W. T. B.) (Börsenschlußkurse,) Türkische Lose 402,50, Orientbahn 1800,00, Staatsbahn 876,0), Südbahn 168,00, Oesterreichische Kredit 552,00, Ungarische Kredit 595,00, Anglobank 341,00, Unionbank 468 00, Bankverein 414,00, Länderbank —,—, Tabakaktien 1344,00 Alpine Montan 910,00, Prager Eisen 2550,00, Rima Muranyer 868,00, Skodawerke 722,00, Salgo Kohlen 860,00, Brüxer Kohlen —,—, Galizia 1560,00, Waffen —,—, Lloydaktien 3825,00, Poldihütte 722,00, Dalmlir 499,00, Oesterreichische Goldrente 113,00, Oesterreichische Kronenrente 79 90, Februarrente 80,20, Mairente 79,90, Ungarische Goldrente 111,00, Ungarische Kronenrente 69,00. .
London, 30. Juni. (W. T. B.) Privatdiskont 3 ½, Silber 53.
London, 3. Juli. (W. T. B.) 2 ½ % Englische Konsols 53½, 5 % Argentinier von 1886 95 ¼, 4 % Brasilianer von 1889 (3, 4 % Japaner von 1889 —, 3 % Portugiesen —, 5 % Russen von 1906 —, 4 ½ % Russen von 1909 —, Baltimore and Ohio —, Canadian Pacific 170, Erie —, National Railways of Mexico 10, Peunsylvania —,—, Southern Pacific —,—, Union Pacifie —,—, United States Steel Corporation 118, Anaconda Copper —, Rio Pinto 59, Chartered 22/1, De Beers def. 23, Goldfields 15⁄½12 Randmines 3. 1 3
Parts, 3. Juli. (W. T. B.) 5 % Französische Anleihe 88,35, 4 % Französische Anleihe 71,40, 3 % Französische Rente 62,82, 4 % Span. äußere Anleihe 115,30, 5 % Russen von 1906 59,00, 3 % Russen von 1896 35,50, 4 % Türken unif. 74,50, Suezkanal 5920, Rio Tinto 1720.
Amsterdam, 3. Julit. (W. T. B.) Wechsel auf Berlin 18,15, Wechsel auf Wien 8.35. Wechsel auf Schweiz 47,55. Wechsei ouf Kopenhagen —,—, Wechsel auf Stockholm 64,25, Wechfel auf New Yorf 259 25 Wechsel auf London 11,84 ½, Wechsel auf Paris 39,70, Wechsel auf Christiania —,—. — 5 % Niederlaͤndische Staatsanleibe von 1915 92 h⁄6. 3 % Niederländische Staats. anleihe 60 ½, Köntgl. Niederländ. Petroleum 726, Amerika⸗Linie 420 ½, Niederländ.⸗Indische Handelsbank 267 ½, Atchison, Topeka u. Santa F6 101 ½1 6. Roch Island —, Southern Pacifie 109‧% Southern Railway 28 ⅜, Unton Pacific 143, Anaconda 155 ⁄6, Unite States Steel Corp. 112 ½, Französisch⸗Enalische Anleibe —. Hamburg⸗ Amerika⸗Linte —. Eröffnung sehr fest, Schluß schwächer.
Kopenhagen, 3. Juli. (W. T. B.) Sichtwechsel auf Hamburg 32,00, do. auf Amsterdam 166 50, do. auf schweiz⸗ Plätze 78,75, do. auf New York 429,00, do. auf London 19,65, do. auf Paris 66,00, do. auf Antwerpen 65,00.
Stockholm, 3. Juli. (W. T. B.) Sichtwechsel auf Berlin 29,25, do. auf Amsterdam 153,00, do. auf schweizer. Plätze 72 30, do. auf Washington 394,00, do. auf London 18,07, do. auf Parts 60,60, do. auf Brüssel 59,00. .
New York, 2. Jult. (Schluß.) (W. T. B.) Das Geschäft an der Fondsbörse war auch heute wiederum sehr lebhaft und die Stimmung erwies sich als sehr fest. Im Vordergrunde des Inter⸗ esses standen Steels sowie Eisenbahnaktien, denen sich Gummi⸗, Tabak⸗ und Lebensmittelwerte anschlesfen. Auch in Oelwerten fanden umfangreiche Umsätze zu steigenden Kursen statt. Wenngleich zeit⸗ weilig die Stimmung insolge von Gewinnrealisationen etwas matter wurde, so schloß die Börse doch in sehr fester Haltung. Verschiedene Werte hatten einen neuen Höchststand zu ver⸗ zeichnen. Umgesetzt wurden 1 501 000 Aktien. Gelb: Sehr fest. — Geld auf 24 Stunden Durchschnittssatz 6, Geld auf 24 Stunden letztes Darlehen 6 ½, Wechsei auf London (60 Tage) 4,50,00, Cable Transfers 4,52 50, Wechsel auf Paris auf Si 9t 6,51,00, Silber in Barren 107 ½, 3 % Northern Packfic Bonds —, 4 % Verein. Staaten Bonds 1925 —, Atchison, Topeka u. Santa Fé 101 ½, Baltimore und Ohio 43, Canadian Pacific 157 ⅛, Chesapeake u. Ohio 63 ½, Chicago, Milwaukee u. St. Paul 42 ½, Denver u. Rio Grande 7 ⅜. Ilinois Central 98 ¾⅜, Louisville u. Nasbville 118, New Pork Central 80 ½., Norfolk n. Western 107 ⅜, Pennsylvania 45 ½, Reading 88 ½, Southern Pacifte 106 8, Union Packfic 133, Anaconda 1““ 73 ½, United States Steel Corporation 109 ⅞, do⸗ pref. 116 ¼.
Berichte von auswärtigen Warenmärkten. 7
Lonvon, 30. Juni. (W. T. B.) Kupfer per Kasse 87. London, 1. Juli. (W. T. B.) Wollauktion. Die Haltung war, was feine Sorten betrifft, lebhaft und fest; geringe Sorten waren billiger angeboten.
Liverpool, 2. Juli. (W. T. B.) Baumwolle. Umsatz 3000 Ballen. Einfuhr 2401 Ballen, davon 1700 Ballen ameri⸗ kanische Baumwolle. — Für Juli 19,83, für September 19,54, für Oktober 19,45.
New York, 2. Juli. (W. T. B.) (Schluß.) Baumwolle loko middling 33,40, do. für Juli 32,30, do. für August 32,0, do. für Sept. 32,20, New Orleans loko middling 33,25, Petroleum refined (in Cases) 20,25, do. Stand. white in New York 17,23, do. in tanks 9,25, do. Credit Balances at Oil City 4,00, Schmalz prime Western 35,52 ½, do. Rohe u. Brothers 38,00, Zucker Zentri⸗ fugal 7,28, Weizen Winter 237 ½, Mehl Spring⸗Wheat clean 9,50 — 19,00, Getreidefracht nach Liverpool nom., Kaffee Rio Nr. 7 loko 22 ½, do. für Juli 21,10, do. für September 20,90.
Rio de Jani o. 28. I. B.) Kaffe Zufuhren: In Rio 9000 Sack, in Santos 12 000 Sack. ““
Familiennachrichten.
Verlobt: Frl. Marie⸗Elena von Pohl mit Hrn. Leutnant Hans⸗ Gottlieb Grafen von Stosch (Christinenhof bei Nieder Salz⸗ brunn— Schweidnitz). — Frl. Erika von Frankenberg⸗Lüttwitz mit Hrn. Hauptmann Hans Scheibert (z. Zt. Schwarzwaldau z. Zt. Ulbersdorf, Schles.).
Gestorben: Hr. Major Hans Hünke (Ober Stentsch). — Fr. Geh. Oberjustizrat Hermann Encke (Berlin). — Frau Gisela von Lübbers, geb. von Rohrscheid (Bad Harzburg).
Verantwortlicher Schriftleiter: J. V.: Weber in Berlin. Verantwortlich für den Anzeigenteil: Der Vorsteher der Geschäftsstelle,
Rechnungsrat Mengerina in Berlin. b Verlaa der Geschäftsstelle (Mengerinc) in Berlin. l1 Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagsanstalt, Berlin, Wilbelmstraße 32. 4
Sechs Beilagen
leinschließlich Börsenbeilage und Warenzeichenbeilage Nr. 50) und Erste, Zweite und Dritte Zentral⸗Handelsregister⸗Beilage.
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Erste Beila
en Reichsanzeiger and
Dentsche Nationalversammlnag in Weimar. itzung vom 3. Juli 1919 (Bericht von Wolffs Telegraphen Büro.)
Am Regierungstische: die Reichsminister Dr. Wissell.
Präsident Fehrenbach 2 ½ Uhr.
Zunächst wird die Anleihedenkschrift Jahr 1918 und die Anleihedenkschrift für die burch Kenntnisnahme erledigt.
Dann folgt die erste Beratung der RKeichs haushalts⸗ rechnungen für 1916 und 1917. Eine Aussprache findet nicht statt. Beide Rechnungen werden dem Ausschuß für den Staatshaushalt zur Berichterstattung überwiesen.
Hierauf wird die zweite Beratung des Entwurfs dnge Verfassung des deutschen Reiches fort⸗
Art. 4, der bestimmt, daß die allgemein anerkannten Regeln des Völkerrechts als bindende Bestandteile des deutschen Reichsrechts gelten, und Artikel 5, der bestimmt, daß die Staats⸗ gewalt in Reichsangelegenheiten durch die Organe des Reichs auf Erund der Reichswerfassung, in Landesangelegenheiten durch die Organe der Länder auf Grund der Landesverfassungen ausgeübt werden soll, werden nach unerheblicher Aussprache angenommen; ebenso Art. 6, der dem Reiche die ausschließ⸗ liche Gesetzgebung über die Beziehungen zum Ausland, über das Kolonialwesen, die Staatsangehörigkeit, Freizügigkeit, Ein⸗ und Auswanderung und Auslieferung, über die Wehrverfassung, das Münzwesen, das Zollwesen und das Pest⸗ und Telegra⸗ phenwesen einschließlich des Fernsprechweiens zuweist.
Zu Art. 7 liegt ein Abänderungsantrag Dr. Ablaß. vor, welcher die Streichung dieses Artikels fordert, der dem Reich die schließliche Gesetzgebung über Abgaben und sonstige ganz oder teilweise für Reichszwecke in Anpruch genommene
Einnahmen zuweisen will. In einem vom Antragsteller vor⸗
geschlagenen neuen Art. 8a ist das Wort „ausschließlich“ ge⸗ fallen; deshalb muß der erwähnte Artikel dem Artikel 8 nach⸗ geordnet werden. Die Abgg. Dr. Graf zu Dohna (D. Nat.) und Abg. Koch 1.) empfehlen, dem Antrag Ablaß mit Rücksicht darauf, daß die lsfähigkeit der Länder erhalten bleiben muß, zu folgen. Abg. Dr. Heim (Zentr.): Die Artikel 7 bis 10 sind als beson⸗ dere Errungenschaften für den Zentralstaat gekennzeichnet worden; durch sie hat man sich veranlaßt gefühlt, sogar von der Sterbestunde der Einzelstaaten zu sprechen. Sie sind von den Intellektuellen aus⸗ gegangen und wurzeln nicht im Volke. (Lebh. Widerspruch.) Den extremen Föderalismus lehne ich ebenso entschieden ab wie den extrenzen Unitarismus. Der Artikel 7 gibt dem Zentralstaat zuviel Gewalt; er ermöglicht ihm jeden Widerstand der Einzelländer radikal zu brechen, so weitgehende Kompetenzen dürfen wir dem Reich nicht uweisen. Auch in Kunst und Wissenschaft hat der Föderalismus seine Verrchizung wie gerade Weimar bezeugt. Am grenzenlosesten ist die Zentralisierung auf dem Gebiet der wirtschaftlichen Gesetzgebung. Jetzt, wo die schwarze Kohle knapp wird, will uns der Norden die weiße Kohle unserer Wasserkräfte nehmen. Nur der Schein des Föderativstaates bleibt bestehen. Wir fürchten nicht die Einheit, son⸗ dern die Einheit unter Berliner Herrschaft. Allzu weitgehende Zen⸗ tralisierung führt naturgemäß zur Zerstörung des Reichsgedankens. Die Gliedstaaten zu vergewaltigen, ist ein gefährliches Spiel. Reichskommissar Dr. Preuß: Der Entwurf deruht auf nonatelangen Verhandlungen, wobei auf die Wünsche der Einzel⸗ staaten in weitestgehendem Maße Rücksicht genommen wurde, und führten zu einer vollkommenen Uebereinstimmung mit den Einzel⸗ taaten. Die Verfassung ist nicht extrem föderalistisch, aber auch nicht extrem zentralistisch. Man soll hier doch nicht in dem Mißtrauen gegen den anderen zu weit gehen. Die Erfahrung wird zeigen, daß, nur wenn wir uns als Einheit betrachten, wir aus dem Elend dieser Zeit herauskommen. (Sehr richtig!) Heute ist es möglich, das Reich von seiner Einschnürung auf finanziellem Gebiet zu befreien und ihm seine Bewegungsfreiheit zu geben. Die Verfassung wird sicher nach vielen Richtungen föderativ wirken. Von einer Vor⸗ herrschaft Berlins wird künftig weniger die Rede sein als früher. Die Verstimmung gegen Berlin soll man doch nicht ausnutzen, um die Verfassung in Mißkredit zu bringen. Diejenigen, die in der Ver⸗ einigung der Einzelstaaten mit dem Reich unsere Zukunft sehen, müßten auf dem Boden dieser Verfassung stehen und sollten sie nicht ihren engeren Landsleuten verekeln. Das dient weder den Einzel⸗ staaten noch dem Reich, die heute weniger als je voneinander 3 trennen sind. 8 Das Haus beschließt nach dem Antrag Ablaaszßsßs. Darauf findet die gestern ausgesetzte namentliche Abstim⸗ mung über die Reichsfarben — Artikel 3 — statt. Der Antrag der Unabhängigen: „Die Reichsfarbe ist rot, die Ausgestaltung der Handelsflagge wird durch Reichsgesetz bestimmt“ wird gegen die Stimmen der Antragsteller ab⸗ gelehnt. 8 Uleber die gleichlautenden Anträge der Deutschnationalen Volkspartei und der Deutschen Nolkspartei: „Die Reichsfarben sind schwarz⸗weiß⸗rot“ wird namentlich abgestimmt. Der An⸗ trag wird mit 190 gegen 110 Stimmen bei 5 Stimmenthal⸗ tungen abgelehnt. Gegen den Antrag stimmen die beiden sozial⸗ demokratischen Parteien, ein Teil des Zentrums und die Minder⸗ heit der Demokraten. Das Ergebnis der Abstimmung wird mit Zischen von der Rechten aufgenommen. Der, Kompromißantrag der Abgg. Quarck (S Gröter (Zentr.): „Reichsfarben sind schwarz⸗rot⸗ Handelsflagge ist schwarz⸗weiß⸗rot mit einer Gösch in sch rot⸗gold in der oberen inneren Ecke“ wird in namentliche stimmung mit 211 gegen 80 Stimmen bei einer Stimmentha tung angenommen. Das Ergebnis wird mit lebhaftem Beifal auf der Linken aufgenommen. Dem Zischen rechts folgt e
45. S
eröffnet die Sitzung um
neuter starker Beisall von links.
Die Artikel 8 bis 10 regeln die sogenannte konkurrierende und normative Gesetzgebung des Reichs.
Artikel 8 zählt die Materien auf, für die das Reich die nicht ausschließliche Gesetzgebung hat. Dahin gehören u. a. das bürgerliche Recht, Strafrecht, Presse⸗, Vereins⸗ und Versamm⸗ lungswesen usw., Arbeitsrecht, Vergesellschaftung (Soziali⸗ sierung), Enteignungsrecht, Versicherungswesen, Theaterwesen. 8 1 Artikel 9 hat das Reich, soweit ein Bedürfnis für einheitliche Vorschriften vorhanden ist, die Gesetzgehung über
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Freitag, den 4.
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die Wohlfahrtspflege, den Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und das Bestattungswesen. Nach Artikel 10 kann das Reich im Wege der Gesetzgebung Grundsätze aufstellen für die Rechte und Pflichten der Re⸗ ligionsgemeinschaften, das Schulwesen, einschließlich des Hoch⸗ schulwesens, das Beamtenrecht, das Bodenrecht, Ansiedlungs⸗ wesen, die Bindung des Grundbesitzes, für Wohnungswesen und Bevölkerungsverteilung. Ein Antrag Ablaß m aus de
(Dem.) will das Bestattungs⸗ . 9 herausnehmen und unter Art. 10 ein⸗
gg rmann (Dem.) und Quarck (Scz.) be v, im Art. 10 dem Hochschulwesen das wissenschaft tswesen anzufügen. — “ rag des Abg. Grafen zu Dohna (D. Pp.) dill Art. 9 als solchen streichen und die darin aufgeführten drei etzgebungsmaterien dem Artikel 8 anschließen.
Abg. Vogel (Soz.): Im Gegensatz zu Herrn Dr. stehen auch wir bayerischen Sozialdemokraten auf dem Stan daß trotz der in diesen Artikeln festgelegten Erweiterung der ständigkeit des Reichs noch eine genügend weitgehende Berück tigung des einzelstaatlichen Eigenlebens übrig bleibt. Der Ged des Föderalismus ist aufgehoben worden durch die Revolution. Entwicklung zum Unitarismus ist notwendig aus außerpolitischen wie innerpolitischen Gründen, insbesondere wind dadurch den sepa tistischen Bestrebungen vorgebeugt, die schließlich doch nur den
0; Heim 2
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haben würden, daß die abgesplitterten Länder in kürzeste Spielball der anderen Länder werden würden. Auf 8d Seite haben wir eine Vereinfachung und Verbilligung Verwaltung dringend notwendig. . Abg. Graf zu Dohna (D. Vp.): Eine Aenderung in d ache ist durch unseren Antrag nicht beabsi ktigt und würde durch seine An⸗ nahme auch nicht herbeigeführt werden. Im übrigen begrüßen auch vir im Gegensatz zu Herrn Dr. Heim die Fortschritte, die der Ent⸗ wurf in der Richtung zum Unitarismus macht. Regierungskommissar Dr. Preu ß: Die vom Herrn Vorredner beanstandete Formulierung ist nach tagelangen Verhandlungen an⸗ genommen worden, weil sich die Einzelstaaten damit einverstanden erklärt hatten, mit einer anderen Fassung aber nicht. Demgegenüber kann das Bedenken, daß diese Fassung vielleicht eine theoretisch nicht ganz einwandfreie Systematik darstellt, nicht in Betracht kommen; ich bitte daher, den Antrag des Grafen Dobna abzulehnen.
Abg. Hermann (Dem.) begründet seinen Antrag auf Ein⸗ beziehung des wissenschaftlichen Bibliothekswesens in Art. 10 mit dem Hinweis auf die Notwendigkeit, den shon vor 18 Jahren be⸗ gonnenen Gesamtkatalog der preußischen Universitätsbibliothek auf das ganze Reich auszudehnen. —
„Abg. Dr. 1“ (Zentr.); Die bayerische Volkspartei batte mich beguftragt, in der ersten Lesung des Ausschusses in einer Reihe von Punkten gegen die dem Reich zugedachte Gesetzgebungs⸗ hoheit Einspruch zu erheben, so vor allen Dingen in den Punkten: Bevölkerungspolitik, Mutterschaft, Säuglinas⸗, Kinder⸗ und Jugend⸗ fürsorge, Enteignungsrecht, Vergesellschaftung, Gewerbe und Berg⸗ bau aus Artikel 8, und in den Punkten: Recht⸗ und Pflichten der Religionsgemeinschaften, Schulwesen, Beamtenrecht, Bodenrecht und Wohnungswesen in Art. 10. Es liegt mir fern, heute Anträge nach
Richrung zu stellen, ich möchte aber doch gegenüber den Aus⸗ en des Herrn Dr. Preuß darauf hinweisen, daß die Verein⸗ ganz glatt, wie sie uns heute dargestellt worden ist, nicht vielmehr in den bayerischen Regierungskreisen nach wie ten Besorgnisse obwalten, ob die Zuständigkeiterweite⸗ chs nicht doch in vielen Punkten zu weit geht und sich da⸗ mit auch für die Reichsfreudigkeit als abträglich erweisen könnte. Abg. Koch⸗Cassel (Dem.): Der Weg zum Einheitsstaat soll und kann nicht an einem Tage gemacht werden, aber die Art. 9 und 10 führen doch auf den Weg zum Einheitsstaate hin. Sie erweitern die Zuständigkeit des Reichs in zweckentsprechender und verständiger Weise. ch glaube, die Kompetenz ist in der Weise geregelt, daß das Reich if dieser Grundlage auf Jahrzehnte hinaus eine fruchtbare Gesetz⸗ gebungsarbeit vor sich hat, ohne daß dadurch das Eigenleben der Einzel⸗ taaten irgendwie verkümmert wird. Den Antrag Dohna lehnen wir ab. Abg. Katzenstein (Soz.) wendet sich gegen die Abänderungs⸗ anträge. Die Einzelstaaten werden durch die Bestimmungen des Verfassungsentwurfes nicht so erheblich beeinträchtigt. Wir denken nicht an eine so weitgehende Zentralisierung, wie wir sie z. B. in Frankreich haben. Den besonderen Kulturaufgaben der Einzelländer wollen auch wir Rechnung tragen. Die Mäglichkeit zu besonderer Betätiaung wird durch den Verfassungsentwurf durchaus nicht in hedenklicher Art beeinträchtigt. Nach der erlittenen Niederlage muß aber auf den entsckeidenden Gebicten eine Zusammenfassung aller Kräfte stattfinden. Ganz besonders darf die Bevölkerungspolitik, die Mutterschafts⸗, Säuglings⸗, Kinder⸗ und Jugendfürsorge der Zu⸗ ständigkeit des Reiches nicht entzogen werden. Der Redner geht auf Einzelheiten ein. ¹. Präsident Fehrenbach bittet den Redner, nicht so stark auf Einzelheiten einzugehen, da das Haus sonst noch im Dezember über den zur Besprechung stehenden Punkt beraten würde.
Abg. Katzenstein bittet zusammenfassend um Ab
Abänderungsanträge. 8 “
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Die Art. 8 bis 10 werden unter Ablehnung des Antrages des Abg. Dr. Grafen zu Dohna mit den Aenderungen der An⸗ träge Ablaß und Hermann mit großer Mehrheit angenommen.
Ebenso erfolgt die Annahme des Art. 11, der Grundsätze über die Zulässigkeit und Erhebungsart von Landesabgaben betrifft.
Zu Art. 12, der von dem Gesetzgebungsrecht des Reiches handelt, begründet Abg. Haase (U. Soz.) einen Antrag der Unabhängigen auf ufügung des Satzes: „Ueber den Einspruch entscheidet nach näherer Vorschrift eines Reichsgesetzes ein oberster Gerichtsbof des Reiches.“ e
.
Der Redner führt aus, daß die Einzelstaaten gegen die Entscheidung der Reichsregierung ein Einpruchsrecht haben müssen, damit das Reich beispielsweise die Sozialisierung in den Einzelstaaten nicht hindern könne. Die Annahme des Antrages werde eine Quelle der Reichsver⸗ drossenheit stopfen.
Reichskommissar Do Preuß empfiehlt die Ablehnung des An⸗ trages der Unabhängigen. Ein Verwaltungsagericht kann doch nicht in der Sozialisierungsfrage eingreifen. Hier kommt das überragende Interesse des Reichs in Frage, das keine Rechts⸗ sondern eine Tat⸗ frage ist. Rechtsgarantien gewährt der Verfassungsentwurf den Einzelstaaten in völlig ausreichendem Maße. (Beifall.)
Nach weiterer unerheblicher Aussprache wird Artikel 12 unter Ablehnung des Abänderungsantrages der Unabhängigen in der Ausschußfassung angenommen.
Zur Annahme gelangen ferner nach kurzer Aussprache die Artikel 13 bis 16. E1 11“ g
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Nach Artikel 17 muß jedes Land eine freist afsfung haben. Die Volksvertretung muß in ellgemein leicher, unmittelbarer und geheimer Wahl von allen rei deutschen Männern und Frauen nach den Grund ältniswahl gewählt werden. Die Landesregie rtrauens der Volksvertretung. Grund ffür die zhlen zur Volksvertretung gelten auch für die Gemeinde⸗
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Die Abgg. Arnstadt (D. Nat.) und Gen. bea ntra⸗ die Bestimmung über die Gemeindewahlen zu streichen. ie; inze (D. V.) und Gen. beantra⸗
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dem die Streichung des Erfordernisses
ie Abgg. Frau Agnes (U. Scz.) und Gen. beantra⸗ gen, daß dieselben Wahlgrundsätze für alle Selbstverwaltungs⸗ örper und die Körperschaften des öffentlichen Rechtes gelten sollen.
Abg. Dr. Kahl (D. V.): Ein Staat, der nicht mehr in der Lage ist, seine Staatsform zu bestimmen, ist überhaupt kein Staat mehr und gibt die Souveränität auf. Mit dem Aufkommen monar⸗ chischer Bestrebungen, die eine geschichtliche Notwendigkeit darstellen könnten, muß auch die Reichsverfassung rechnen. Ist etwa die Räte⸗ republik Gotha eine freistaatliche Verfassung? Sie ist ein Zwangs⸗ staat. Arbeiter⸗ und Bauernräte sind keine Volksbe tretung im Sinne der Verfassung. Unerträglich und unverständlich ist auch die Fest⸗ setzung des allgemeinen für die Gemeinden.
Reichskommissar Dr. Preuß: Die hi ü würden am besten in einer Interpellation erledig ist sicher: es gibt keine Souveränität der Einzelsta mehr. In allen Bundesstaaten der Welt gibt e mungen für die Verfassung der Einzelstaaten. In einem mon Reiche können republikanische Stadtstaaten besteben, aber i deutschen Republik ist ein monarchischer Einzelstaat vollkommen un⸗
g. Dr. Dueringer (D. Nat.): Wenn der Entwurf einen
lweg zwischen ertremem Föderalismus und extremer Zentrali⸗ sierung einschlägt, dann müssen die Gliedstaaten des Reiches auch ihre Lebensfähigkeit behalten. Der ursprüngliche Entwurf kannte die Uniformierung auch nicht; sie wurde erst als sogenanntes demokratisches
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Prinzip eingeführt in der Absicht, alles möglichst gleich zu machen. Die Gleichmacherei aber ist kein demokratisches Prinziv. Das Wesen der Demokratie besteht in der Durchführung des Volkswillens, nicht in der Gleichmacherei. Eine solche widerspricht jeder natürlichen ge⸗ sunden Entwicklung. Preußischer Minister des Innern Hei Entwurf seiner neuen Landgemeinde⸗ das Proportionalwahlrecht vorgesehen. Selbstverwaltungskörper in der gleichen alle Selbstoerwaltungskörper, z. B. für so oder ein ganz kleiner Ausschuß gewählt bar. Auch der Begriff „öffentlich⸗rechtliche Kör chaften“ unbestimmt. Auch vie Kirchen sind Kü zaften aber keine Veranlassung, in die regelnd eimugreifen. ST5 1 7
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ist ganz Wir haben
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(Dem.]: Talsächlich ist ein e Monarchie und das Reich etwa eine Republik wäre, ganz unmöglich. Die Räterepublik verträgt sich nicht mit den in der Verfassung niedergelegten Grundsätzen. Grundforderung der Demokratie ist, daß bei Wahlen, der Ausübung bü alle Bürger gleichstehen. Wir müssen Freude am müssen alle mit dem Bewußisein erfüllen, daß unser Staat der 1
aller ist und jeder berufen, an diesem Staate mitzuarbeiten und mit ganzer Kwaft für i
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einzutreten. Allzu häufige Wahlen machen leicht Ist der Untergrund erst überall demo⸗ Wege zu stehen, den Selbstverwaltungs⸗ Abg. “ ꝛck (Soz.): Die Ablehnung des allgemeinen agel zerständnis für den organischen Aufbau des Staates. 2,48 ührt von den Gemeinden bis zur Reichs⸗ eit der Gemeinden Die Absicht ie unausgesprochen hinter den Anträgen st Besitzwahlrecht einzuführen, lehnen wir ab. Dr. Kahl (D. V.): Warum sollen denn nicht die Gemeinden 1 , selbst bestimmen können? Der e 1 2
kraft ihrer Autonomie ihr Wahlrecht NReichskommissar hat diplomatisch die Frage auf eine Interpellation abgeschoben. Die Räterepublik Gotha steht ganz gewiß im Wider⸗ spruch zu den demokratischen Grundsätzen. Dr. Cohn (U. Soz.): Auf dem Lande, wo Besitz und
g sind, könnte es ohne unseren Antrag wieder zu Ungleichheiten kommen. Ohne das allgemeine Wahlrecht zu den Kreis⸗ und Provinzvertretungen und auch zu allen anderen Körper⸗ schaften ist die Demokratisierung nicht vollendet. Wenn die Kirchen genötigt werden, sie durchzuführen, so ist es kein Schade darum. Da sie besondexen Schutz vom Staate fordern, hat der Staat sich
8 ihre Ordnung zu kümmern. Nach meinen wohl zu Informatijonen steht in Gotha die Sache ganz einfach so,
neben dem Parlament ein sozusagen berufsständiges Parlament im Zentralarbeiterrat eingeführt wurde, die Entscheidung aber bei Konflikten zwischen den beiden Körperschaften die Anrufung der Meinung des Volkes geben soll. Das ist doch im höchsten Sinne Demokratic.
Abg. Andre (Zentr.): Das noch durch andere Bestimmungen des es g allem bedarf es des Respektes vor Wahlrecht und den aus ihm folgenden Konsequenzen. Klare Verhältnisse müssen wir schaffen, unter der Losung: gleiches Recht für alle
Artikel 17 wird nach Ablehnung der Anträge in der Fassung des Ausschusses angenommen. 38
Artikel 18 handelt von der Gliederung des Reiches in
Länder.
ge (Zentr.) (zur Geschäftsordnung): Im Ein⸗
inen politischen Freunden bitte ich, die Beratung über den Artikel 18 einstweilen auszusetzen. Es finden zwischen mehreren Fraktionen Besprechungen stalt über eine Abänderung dieses Artikels, die nicht ohne Aussicht auf Erfolg zu sein scheinen, aber noch nicht zum Abschluß gelangt sind. Ich vermute, daß mein Antrag auch von anderer Seite unterstützt wird.
Vizepräsident Haußmann: Der Wunsch ist mir auch von anderer Seite schon unterbreitet worden. Ich möchte daran erinnern, daß für diesen Artikel eine längere Redezeit bewilligt ist, daß sich aber schon neun Herrn zum Wort gemeldet haben. 1
Beratung des Artikels wird ausgesetzt.
tikel 19 (Staatsgerichtshof) wird unverändert
„
Gewohnbeit mächtig
es gesichert. Aber vor
ange⸗
felgt der Abschnitt 2: Reichstag.
b Abschnitt Berichterstatter Abg. Katzensteig (Soz.). 1982
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