Stat stik und Volkswirtschaft.
Arbeitsstreitigkeite.nn. ei verhardlungen im Bankgewerbe sind am Sonn⸗
derd dernder worden. Der im Neichsarbeitsministerium vorgestern abend
efällte Schiedsspruch des Selkichtung autae 1e ür tas Bankgewerbe regelt, wie die Tageszeitungen berichten, die Verhältnisse im Bankgewerhe zunächst für die Zeit bis zum 20. Inni 1920; er wird den Pasteien schriftlich zugestellt, die dann bis zum 11. d. M., 12 Uhr Miftags, dem Reichsarbeitsministerium, zu Händen des Vorsitzenden des Schlichtungsausschusses, schriftlich die Annahme oder Ablehnung des Schiedsspruchs zu erklären haben. Es sollen Assistenz⸗ kräfte mit kaufmännischer Vorbildung im 20. Lebensjahr ein Mindest⸗ eikommen von 3800 ℳ erhalten, das im 50. Lebensjahre auf 7000 ℳ steigt. In derselben Zeit soll das Gehalt der Bankbeamten mit selbständiger Tätigkeit von 3800 auf 8500 ℳ steigen. Bankbeamte in ge⸗ hobener Stellung sollen im 23. Lebensjahre 4000 ℳ verdienen und im 50. Lebensjahre 9500 ℳ erreicht haben. Bankbeamte ohne kaufmännische Lehrzeit beginnen mit 3200 ℳ und steigen bis auf 6500 ℳ. Entsprechend sind auch die Bezüge der ungelernten Bankangestellten, Kassenboten, Portiers usw,, der Büroburschen und des weiblichen Bankpersonals geregelt Bei den weiblichen Angestellten ist das Gehalt nach den Dienstjahren gestaffelt. Weiter sind auch u. a. das Lehrlings⸗ wesen und die Urlaubsfrage Gegenstand des Schieds⸗ spruchs. — In den Mitteilungen der Tagesblaͤtter über die Verhaftung des Geschäftsführers des „Allgemeinen Ver⸗ hbandes deutscher Bankbeamten“ Emonts ist häufig diese Organisation mit dem „Deutschen Bankbeamtenverein“ verwechselt worden. Im Inateresse eines klaren Ueberblicks über die Strömungen in der Bankbeamtenbewegung weist „W. T. B.“ darauf hin, daß der „Deutsche Bankheamtenvcerein“, dem auch das Gewerk⸗ schastskartell der Reichs⸗, Staats⸗ und Kommunalbankbeamten ange⸗ schlossen ist, gegenwärtig einen Gesamtbestand von über 45 000 Mit⸗ gliedern hat, wie in der Hauptverscuimmlung im Juni bekannt gegeben wurde. Diese Orgmisotion ist parteipolitisch völlig neutral; ihre Bestrebungen sind nur auf die Verfolgung wirtschaftlicher I ge⸗ rchtet. Der „Allgemeine Verband deutscher Bank⸗ beamten“ hat seine Mitgliederzahl noch niemals bekannt gegeben; es wird vermutet, daß sie höchstens 10 000, die Kassenboten einge⸗ schlossen, beträgt. Von seinen beiden Geschäftsführern ist der eine drjj tzt so piel genannte Emonts, während der zweite, Marx, von der U. S. P. D. als Kandidat für den Berliner Vollzugsrat prä⸗ sentiert und auch gewählt wurde.
Nach einer Meldung von „W. T. B.“ aus Breslau haben die dortigen Eisenbahnangestellten und arheitegv. unter denen in den letzten Tagen für einen Sympathiestreik mit den Eifenbahnern in Frankfurt a. M. agitiert worden war, gestern in einer Versammlung sich mit großer Mehrheit gegen eine Er⸗ neuerung des Ausstands ausgesprocher. Der fahrplanmäßige Verkehr bleibt daher ohne Störung bestehen.
In Frankfurt a. M. beschloß gestern nachmittag eine große Versammlung der ausständigen Eisenbahnangestellten und arbeiter, den Streikabzubrechen; sie stimmte auf Grund der von den Vertrauensleuten der verschiedenen Vor⸗ versammlungen gefaßten Beschlüsse einer Erklärung zu, in der es, wie W. T. W berichtet, heizt: Der Abbruch des Streiks wid empfohlen. Die Forderungen werden auf⸗ rechterhalten, besonders das Verlangen nach dem Rätesystem als innerer Betr'iebseinrichtung. Die gesamte Kollegenschaft wird aufgefordert, sich für eine Einheitsaktion bereitzuhalten. Vor der Oeffentlichkeit erkärt die Versammlung: Feierlich sprechen die Strei⸗ kenden ihren Entschluß aus, daß der Streikabbruch nur ein Waffen⸗ tellstand sein wird, falls dos Ministerium nicht innerlich zu einer Verständigung die Hand bietet. Der neue Streik würde den gesamten Staatsbarnbetrieb erfassen. Die Streikenden erklären ferner, daß jeder Versuch und jede Maßnabme der Verwaltung, die am Streik vereiligten Arbeiter, Hilfsbeamten und Beamten zu maßregeln, d. h. von ihren Dienststellen ohne Cinwilligung zu versetzen, zu entlassen oder sonst irgendwie zu schädigen, mit allen zu Gebote stehenden Mitteln zurückgewiesen werden wird. Wir warnen auch die öffentlichen Gewalten davor, aus Anlaß von Streik⸗ handlungen irgendwelche Strafmaäßnahmen einzuleiten. Der Verkehr wird sofort wieder aufgenommen.“
Auch die Eisenbahner in Darmstadt haben gestern nachmittag beschlossen, die Arbeit sofort wieder aufzunehmen.
Zur Streiklage im Eisenbahnbetrieb in Hannover
berichtet „W. T. B.“, daß sie sich vorgestern abend etwas verschärft habe. Einzelne Züge führen noch. Der Personenverkehr werde ungefähr zur HKälste aufrecht erhalten. Es sei aber zweifelhaft, ob
er sich weiter in demselben Maße werde durchführen lassen.
Gütersüge verkehrten nur in ganz beschränktem Umfange. Tie
streikenden Arbeiter hätten erklärt, daß Lebensmittelzüge durchgelassen würden. Nach einer weiteren Meldung des genannten Büros aus Hannover werden die Züge nach und von Berlin über Braun⸗ schneig und Hildesheim geleitet, da die Strecke über Lehrte von den Streikenden gesperrt ist. Die Züge nach Hamburg fahren über Soltau. In einer von der Streikleitung gestern vor⸗ mittag nach der Stadthalle einberufenen, von etwa 6000 Personen be⸗ suchten Versammlung wurde eine Entschließung gefaßt, nach der heute abend 7 Uhr Verhandlungen angeknüpft werden sollen zwischen den Streikenden, der Eisenbahndirektion, dem Schlichtungsausschuß, Vertretern des Magistrats von Hannover und Linden und Vertretern des Gen erkschaftskartells.
Aus Hamburg wird dem „W. T. B.“ berichtet, daß die Unterbrechungdes Zugverkehrs Hamburs — Berlin in Ludwigslust nur von kurzer Dauer gewesen ist und seit gestern der Zugverkehr sich wieder glatt abwickelt. Eine Versamm⸗ lung der Eisenbahner, die sich vorgestern mit den bekannten Berliner Forderungen b schäftigte, kam zu keinem Entschluß. Am heutigen Montag soll in einer Versammlung die endgültige Ent⸗ scheidung über die Stellungnahme der Hamburger Eisenbahner fallen.
Nach einer Meldung des genannten Vüros aus Bern dauert im Gebiet von St. Etienne der Ausstand der Gruben⸗ arbeiter an In Crausa (2) beschlessen die streikenden Gruben⸗ arbeiter, die Bewachungsleute aus den Gruben zurückzuziehen, nachdem ihre Forderungen zurückgewiesen worden sind. Der Nationalrat der Gewerkschaft der Gunwbenarbeiter erklärte dem Arbeits⸗ minister Calllard in Anwesenheit eines Verneters für ren nationalen Wicderaufkon, er tönne sich für ein Schieds⸗ gericht zwischen Streikenden und Grubenbesitzern nur dann verwenden, wenn die Sneikenden die Bewachungsabtetlungen in den Gruben wieder einsetzten. In Beaume wurde der Betrieb der S taats⸗ gruben emgestellt. In Belleau mwurden viele Fabriken stilgelegt, ebenso in Marbonne und Chatillo n. In Creuzot sind viele Arbeiter der Schneider⸗Werke wieder in den Ausstand getreten.
Kunst und Wissenschaft.
In der am 26. Juni unter dem Vorsitz des Sekretars Herrn Diels abgehaltenen Gesamtsitzung der preußischen Akademie der Wissenschaften las Herr Heider „über die morpholo⸗ gische Abteilung des Echinodermenstammes“. Bei allen Echinodermen beschreibt der Darmkanal ursprünglich eine Spiraltour, welche in einer horizontalen (äquatorialen) Ebene ge⸗ legen ift. Diese spiralige Einkrümmung des Darmes ist auf die hufeisenförmige Krümmung des Larvendarms zurückzuführen. Cs ergibt sich, daß die Medianebene der Larve der äquatorialen Ebene des ausgebildeten Cchinoderms gleichzusetzen ist. Der linke Somatocölsack der Larve wird zum oralen (aktinalen) Cölom, der rechte Somatveölsack der Larve zum aboralen Cölom der ausgebildeten
welches in der Medianebene der Larve lag, nimmt im ausgebildeten Echinoderm eine Hothsontese 8 ö“ Madreporenplatte gekennzeichnete aterale Symmet — ebildeten Echinoderms ist nicht auf die ursprüngliche Bilateral⸗ mmetrie der Larve zurückzuführen, sondern als sekundäre Erwerbung u betrachten. 8. Engler überreichte Heft 68 und 69 des „Pflanzenreichs eitere 12 Blätter der 8 hbeutschen und Polen längs der Warthe⸗Netze⸗Linie un ichsel⸗ Es Max Lenz, Geschichte der Königlichen Friedrich Wilhelms⸗Universität zu Berlin, .Hälfte (Halle a. S., 1918).
Die durch die Lage der
Leipzig 1919), Herr Penck w itung von Deut unteren Weichsel“.
In der Julifitzung der Gesellschaft für Erdku itzende Geheimrat Professor Dr. Albrecht Pen ck dem jüngst dahingeschiedenen Konsul Ernst Vohsen, dem Inhaber durch Herausgabe ] Reimerschen Verlags, Worte ehrenden Gedächtnisses. ort des Abends hielt Professor Dr. Fritz Fäger über das Thema: Fünf Kriegs⸗ und Forschungsjahre in Deutsch Südwestafrika. Nach fünfjährigem Aufenthalt in Deutsch Südwestafrika soeben heim⸗ gekehrt, berichtete der Reisende zunächst über die Zustände des Landes während der englischen Besetzung. en Ein behandlung machte die Eingeborenen unwillig zur Arbeit und er⸗ chaftlichen Leben Stehenden, besonders den Farmern, ihre Tätigkeit sehr. Nahrungsmangel herrschte nicht. Auch d h internierten die gewöhnlich Dem Reisenden wurde nicht Kaokogebiet,
widmete der
Den Vortrag
Die englische Eingeborenen⸗
schwerte allen im wir
aktiven Schutztruppe mit polizeilicher Erlaubnis, gewährt wurde, im e reisen. 8 eigentliches Forschungsziel, do 2t, besuchen, sonst abes konnte er mit seinem Assistenten Dr. Waibel ziemlich unbehindert reisen und hat im Laufe der fünf Jahre den größten Teit des Landcs kennen gelernt. 1b de beiden Forscher sind geographische Beschreibungen verschiedener Land⸗ schaften von Südwestafrika und geographische Abhandlungen über die Oberflächengestalt, die Kalkpfannen, die Winterregen, die Vege⸗ tationszonen, die Wasserverhältnisse Südwestafrika; fe graphischen Aufnahmen, eine 6.
Die Hauptergebnisse der einige hundert Meter lange Güterhallen des Haupteisenbahn,
und die Landwirtschaft etwa 2500 photo⸗ ins⸗ und eine geologische Samm⸗ Der Redner verbreitete sich dann über seine Tätigkeit an der Etoschapfanne, von der das noch ganz unbekannte Nordufer zum ersten Während des Krieges, der im Schutz⸗ gebiet durch den Friedensschluß von Khorab im Juli 1915 beendet wurde, waren beide Forscher Soldaten der Schutztruppe. Jäger war eine Zeitiang als Heliographist auf einem hohen Berge und batte dabei auch Gelegenheit geographischen Forschungen, die später durch eine Reise im Hinterland rgänzt wurden. Trotz der Kriegsumstände haben hres langen Aufenthalts im Lande
Sammlung von
Male aufgenommen wurde.
in der Namibwüste tätig
von Swakopmund e die Forscher dank Ergebnisse erzielt.
Verkehrswesen.
Im Postverkehr zwischen den besetzten deutschen und dem unbesetzten sind folgende Aenderungen eingetreten: 1 Aus der belgischen Zone nach dem unbesetzten Deutschland können jetzt mit gewissen, im besetzten Gebiet veröffentlichten Ein⸗ Postanweisungen und Zahlkarten ferner auch Wertbriefe von solchen Banken, die durch den komman⸗ dierenden General des Besatzungsheeres dazu ermächtigt worden sind. Zur Versendung in Wertpaketen und Wertbriefen zwischen der britischen Zone und dem unbesetzten Deutschland sind Schmuck und Zierat aus Elfenbein zugelassen worden. Der Meistbetrag für Postanfirsge nnd Nachnahmen aus dem französischen Zone Hrückenkopfgebiet
Rheingebieten Deutschland
schränkungen
unbesetzten Deutschland nach genommen Elsaß⸗Lothringen Postanwei⸗ und Zahlkarten aus der Nheinpfalz bis zum — erlauht, höhere Beträge unter be⸗ sonderen, im besetzten Gebiet veröffentlichten Bedingungen. Nach der Rheinpfalz darf von jetzt ab geschriebener vesestoff fur die Blinden (Blindenschriftsendungen) verschickt werden. gesamte besetzte Rheingebiet b Elsaß⸗Lothrimgen und Brücgenkopfgebiet von Kebhl! erteilte Erlaubnis zum Versand behördlicher Akten in Postpaketen bezieht sich auch auf die Akten der Rechtsanwälte und Notare.
Das „Merkblatt über den Post⸗, Telegramm⸗ und Fernsprechverkehr zwischen dem unbesetzten Deutsch⸗ land und den von belgsschen, britischen, amerikanischen und französischen Truppen besetzten deutschen Gebieten“ ist, wie solgt, zu berichtigen:
1) Die „Allgemeine Anmerkung zu A1 bis 1Vin Spalte 14 erhält am Schlusse folgenden Zusatz: „Diejenigen Zeitungen, Druckschriften usw., die zur Einfuhr in die besetzten Gebiete nicht zu⸗ gelassen sind, dürfen auch nicht als Verpackungsstoff fi nach diesen Gebieten benutzt werden.“
2) Unter Al belgische Besatzungszone ist
a. in Spalte 9 an Stelle der Zeilen 10 bis 12 (von „bis“ bis .100 ℳ“ zu setzen: „mit bestimmten, im besetzten Gebiet ver⸗ öffentlichten Einschränkungen“,
Spalte 10, Zeile 7, an Stelle des Punktes hinter „zuge⸗ lassen“ zu setzen: „, ausgenommen Sendungen solcher Banken, die durch den kommandierenden Gencral des Besatzungsheeres zum Ver⸗ sand von Wertbriefen ermächtigt worden sind“,
alte 11, Zeilen 9/10, die Angabe von „bis“ bis „3 kg“ zu streichen und in Zeile 11 zwischen „Potete“ und „in“ folgender Zusatz zu machen: „sowie Pakete mit Akten der Rechtsanwälte und
unbesetzten Deutschland Höchstbetrag bis zum Höchstbetrag vn 50 ℳ — Höchstbetrag von
sungen bis
Die für das (ausgenommen
r Sendungen
d. in Spalte 14 unter „Zu A 1“, Absatz 5, die Angabe von „Für“ bis „durch“ zu ersetzen durch: pakete nach der belgischen Zone müssen äußerlich durch“
3) Unter AIl britische Besatzungszone ist
a. in Spalte 14 unter „Zu A II“, . „Schriftstücken“ einzuschalten: „einschließlich der Akten der Rechts⸗ anwälte und Notare“,
b. an derselben Stelle, Absatz 11, unter Ziffer 1, Zeile 3, und unter Ziffer 2, Zeile 2 hinter „Edelsteine“ cinzuschalten:
„sowie Schmuck und Zierat aus Elfenbein“, an derselben Stelle, Absatz 11, unter unter Ziffer 2 schließlich der Akten
Zeilen 5 bis 8,
„Die Bücher⸗
Absatz 7, Zeile b, hinter
Ziffer 1, Zeile 3, und binter „Schriftstücke“ einzuschalten: „ein⸗ der Rechtsanwälte und Notare“. 4“+½ Unter A III amerikanische Besatzun in Spalte 9 an Stelle des Punktes hinter „Zugelasse „, auch telegraphische Post⸗ und Zahlungsanweisungen. anzösische Besatzungszone, Lothringen ist in Spalte 6 der *zu ersetzen durch: „3 und 5“. 6) Unter Afranzösische Bes ckenkopfgebiet von Kehl, ist in S Punktes hinter „anweisungen“ zu setzen: genommen“. 7) Unter A IV französische Besatzungs pfalz usw. ist a. am Schlusse der Angaben in Spalte 2 als neuer Ab
esestoff für die
gszone ist
5) Unter 4 IV fr.
a. Elsaß Puntt hinter atzungszone, palte 9 an „telegraphische aus⸗
zone c) Rhein⸗ nachzutragen:
ec. nur nach der Rheinpfalz: geschriebener L Blinden (alle Blindenschriftsendungen).
c. in Spalte 9, Absatz b, am Schlusse das Zeichen *) zu er⸗ setzen durch: nach Maßgale der von den Besatzungsbehörden voffenen Anordnungen und Beschränkungen; 8— 1 Spalte 1 Absatz a, Zeile 10, die Angabe „handelt*) zu ersetzen durch: „handelt; ferner Pakete mu Alten der Rechts, b Notare*)“; 1 “ unde Reahe 11) Absatz b, letzte Zeile, das Zeichen „††)“ n ersetzen durch: „und Pakete mit Akten der Rechtséanwälte urd ütSzalte 13 der ganze bisherige Wortlaut (einschließlich der Berichtigungen) in den Zeilen 1 bis 19 von „Nicht“ bis Weutsc, land“) zu streichen und durch folgende Angabe zu “ „Ueber die zur Einfuhr in die französische Zone zugelassenen Zei usu. werden die in Betracht kommenden Stellen besonders bena Frichtigt (Die bisher im Merkblatt aufgeführten Blätter sind auch weiterhin
W Spalte 14 die ganze Anmerkung*) von „Aus“ bis „worden ist.“ zu streichen.
Mannigfaltiges.
Am 13. Juli treffen, wie „Wolffs Telegraphen büro⸗ meldeh 68 verwundete Offiziere und 251 verwundete M 1 chn bte aus England in Rotterdam ein. Dem 1“ a tbhabe die Amerikaner durch den Colonel Charkes C. Wey 8 9 netfah lassen, daß am 26. Juni 2900 Deutsche aus Charlet 0 S. C. mit der Bestimmung Rotterdam abbefördert worden seien,
Ihre Ankunft wird um den 7. Juli herum in Rotterdam erwartet
Bebra, 6. Juli. (W⸗T. B.) Seit 4 ½ Uhr nachmittag steht di knotenpunktes Bebra in Flammen, mit ihr mehr als hunde Eisenbahn wagen. Fortgesetzt erxplodieren feuerge ährli Güter, wie Benzin und dergle chen. Der ungünstige Wind gefoͤhrde auch den Personenbahnhof. Die Entstehungsursache ist noch unbekannt,
Kattowitz, 6. Juli. (W T. B.) Wie die „Ostdeutsch Morgenpost“ erfäͤhrt, kam es am Sonntaanachmittag in Korte hg 8 schweren Ausschreitungen bei einer Messenkundgebung, ineh gegen die Besetzung Oberschlesiens durch die Armee Hal er 16 spruch erhoben und dem Wunsche Nachdeuck gegeben I sol e daß Oberschlesien durch amerikanische Truppen besetzt I 8 1on 4000 Polen, die aus der weiteren Umgebung nach Kattowit gekommen waren, um die Kundgebung zu stören, entrissen der Frauen und Kindern die Fahnen und schlugen damit auf 6 ein schrien die Redner nieder und warfen sie von den Tribünen herunttt, Auch ge⸗e ie Polizeibeamte d die Soldaten des Grenzschutzeh Auch gegen die Polizeibeamten un⸗ ut die zur Aufrechterhaltung der Ordnung kommandiert waren, winte sie gewaltsam vor. Die Unruhen dauerten etwa eine Stunde, bi militärische Verstärkungen eintrafen. Es sind einige Tote und eime Anzahl Verletzter zu verzeichnen.
Mailand meldet, breitet sich die Erregung der Bevölkerung über die Teuerung von ‚en Distrikten der Romagna, Emilin und von Toscana aus allmählich über die anderen Provinzen ans und hat hier und da zu ernsten Unruhea geführt. In Imola he⸗ Bologna wurden drei Personen getötet und viele verwundet. Gewalttätigkeiten und Plünderungen nehmen in 8 0, magnaund Emilia einenernsten Charakter an. Die Matz ging nahezu vollständig in die Hände der örtlichen Soz alistengruppen und der republikanischen Vereinigungen über. „Sie haben die Kon⸗ trolle über den Verkauf der Lebensmittel übernommen. Agenten dieser Vereinigungen mit roten Binden um din Arm habe
wagen an, setzen die Lebensmittelpreise fest und beaussichtigen den Martt. Diese Agenten nebmen auch alle Automobile, die sie au treiken können, in Beschlag, begeben sich damit auf des platte Land und requirieren überall. Die Preise sind ungefib auf die Hälfte herabgesetzt. Alle Bevölkerungsklassen unterstütze diese Beweqgung. Aus Florenz meldet der „Avanti“, daß die
Gewalt beschlagnahmten Lebensmittel würden zu den 8 di Arbeitskammer festgesetzten Preisen abgegeben. Ein großer Teil se
die Hilfsaktion der Regierung für die nach Tansenden zählenden
habe sich geweigert, die Menge anzureiten. Die vielen neuentstanden
Schwierigkeiten Herr geworden und hätten sich überall durchgesetz Dem Beispiele der Romagna werde das übrige Italien folgen. J. Palermo suchte die Regierung der Volksbewegung gegen die Teuerung dadurch zuvorzukommen, daß sie kurzer Hand 21 bekannte Lebensmittelschteber ins Gefängnis werfen ließ.
Wmisterda m 6. Fuli (W . ) Nach einer Meldumg aus Washington hat das Luftschiff „R. 34“ das britische Luft fahrtministerium verständigt, daß es auf seinem Ozeanflug über Neu⸗ Schottland mit starken Gegenwinden zu kämpfen hatte und daß d Benzin auszugehen beginne. Zwei Zerstörer haben Befehl erhalte sofort von Boston nach der Fundy⸗Bai auszufahren, um dem Lu schiff Hilfe zu leisten. Nach einer Reutermeldung aus London wutke
die Ankunft des Luftschiffes wahrscheinlich für Sonntag zu erwarte sei. Man glaubt daraus schließen zu können, daß das Luftschiff de Hilfe der Zerstörer schließlich doch nicht benötigen wird.
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)
Familiennachrichten.
Verlobt: Frl. Inge von Lauchert mit Hrn. Pastor Ludwig Thimm (Potsdam—Sanssouci). — Gräfin Jrene Klinkowstryem mi Hrn. Leutnant Friedrich vo- Gordon (Bremin bei Lianno, Westpr.
Verehelicht: Hr. Hauptmann Fritz von der Decken mit Frl. Mari Luise Krug von Nidda (Schloß Gersdorf, Kr. Görlitz). 8
Gestorben: Hr. Polizeipräsident Max von Wehrs (Königsben
Penzlin, geb. Gräfin von Bernstorff (Peckatel).
Verantwortlicher Schriftleiter: J. V.: Weber in Berlin.
Verantwortlich für den Anzeigenteil: Der Vorsteher der Geschäftsstelle Rechnungsrat Mengerina in Berlin. Verlag der Geschäftsstelle (Mengerina) in Berlin. . Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagsanstalt, “ Beerlin, Wilhelmstraße 3323. — 9* Sechs Beilagen (einschließlich Börsenbeilage)
Spalte 7, Absatz a, Zeile 5, die Ziffer „50“ abzuändern Fouxm. Das die beiden Somatocble trennende Mesenterium,
Erste, Zweite, Dritte, Vierte und Fünfte Zentral⸗Handelsreaister⸗Beilage.
Amsterdam, 5. Juli. (W. T. B.) Wie die „Times“ 1
auf den Wegen nach der Stadt Posten gefaßt, halten die Bauert..
Arbeiterschaft Herrin der Stadt sei. Sämtliche von der Menge m.
der Bevölke ung des Erdbebengebietes überwiesen worden, weil sich⸗ obdachlosen Familien vollkommen unzureichend erwiesen habe Bei den Zusammenstößen mit der bewaffneten Macht, bemert der „Avanti“, sei in die Luft geschossen worden. Die Kavallert
örtlichen Sowjets zur Regelung der Lebensmittelversorgung seien der
bei Mineola die drahtlose Nachricht vom „R. 34“ aufgefangen, daß
Pr.). — Frau Udi Maltzan Freifrau zu Wartenberg um.
FeeHKh,rI 2. 4
Dentsche Nationalversammlung in Weimar.
117. Sitzung vom 5. Juli 1919. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Büro.)
Am Regierungstische: der Kommissar der Reichsregierung Dr. Preuß.
1 Ge Fehrenbach eröffnet die Sitzung nach 2¹⁴ w.
Eingegangen ist der Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Ratifikation des Friedensvertrages.
Das Andenken des verstorbenen Mitgliedes Staro sson (Soz.) ehrt das Haus in der üblichen Weise.
Dann wird die zweite Beratung des Entwurfs 8 Verfassung für das Deutsche Reich fort⸗ gesetzt.
. Die Bestimmungen über das Amt des Rei chsprä⸗ sidenten werden entgegen dem Antrage der Unabhängigen Sozialisten auf Streichung angenommen bis auf Artikel 41, über den später namentlich abgestimmt wird.
Nach dem Artikel 45 schließt der Reichspräsident
Bündnisse und Verträge mit auswärtigen Mächten. Kriegs⸗ erklärung und Friedensschluß erfalhen durch Reichsgesetz. So bald ein Völkerbund mit dem Ziel des Ausschlusses aller Geheimverträge geschlossen ist, bedürfen alle Verträge mit den Völkerbundsstaaten der Zustimmung des Reichstags. „ Abg. Dr. Heinze (D. V.) befürwortet einen Antrag seiner Fenn auf andere Formulierung: Das Verfahren zum Erlaß eines Reichsgesetzes ist viel zu kompliziert und erfordert zu lange Fel so baß eine Kriegserklärung vielleicht gemeinsam mit dem Friedensschluß erfolgen könnte. Es genügt, wenn für Kriegserklärungen einfach die Entscheidung des Reichstags erforderlich ist. Ferner können Bündnisse in Frage kommen, bei denen die fremden Staaten Geheim⸗ haltung fordern. (Hört, hört! link 2») Wir können doch Bündnisse nicht daran scheitern lassen, daß sie der Zustimmung des Reichstags bedürfen, wodurch sie öffentlich gemacht würden. Wie die Dinge jetzt liegen nng endlich die Bestimmung über den Völkerbund gestrichen Fenden. Die von uns beantragte Formulierung entspricht diesen drei Punkdten.
Ein Antrag des Abg. Gröber (Zentr.) will gleich⸗ falls die Bestimmung über den Völkerbund streichen, ebenso
ein Antrag der Unabhängigen Sozialisten.
Reichskommissar Dr. Preuß: Die Komplikationen, die der Abg. Dr. Heinze befürchtet, sind praktisch ganz und 88 ausgeschlossen. Im übrigen würde durch den Antrag Heinze etwas Wesentliches nicht heändert werden, wenn statt eines Reichsgesetzes die Zustimmung von
teichsrat und Reichstag gefordert wird.
Abg. Gröber (Zentr.) befürwortet den Antrag, den letzten Albsatz der Verfassung, betreffend den Völkerbnud, zu streichen. Als der Entwurf ausgearbeitet wurde, glaubte man allgemein, daß Deutsch⸗ land sofort nach Friedenséschluß in den Völkerbund aufgenommen werden würde. Nachdem das nicht geschehen ist, haben wir keine Veranlassung, einen Wechsel auf die Zukunft zu ziehen, sondern es ist besser wir warten ab, bis wir in den Völkerbund aufgenommen sind, und ziehen dann die staatsrechtlichen Konsequenzen.
Abg. Dr. Cohn (IU. Soz.): Der Antrag Heinze hat die Tendenz, die Kriegserklärung zu beschleunigen und zu erleichtern. Wir wollen das Gegenteil. Wenn wir noch eine schroffere Fassung finden könnten um die Entstehung von Kriegen zu erschweren, 1 würden wir sie vor⸗ schlagen. Im übrigen beantragen wir, in Absatz 3 zu bestimmen, 8 nicht nur Bündnisse und Verträge mit fremden Staaten, die sich auf Gegenstände der Reichsgesetzgebung beziehen, der Zustimmung des Reichstags bedürfen sollen, sondern alle Bündnisse und Verträge mit fremden Staaten überhaupt in Konsequenz dieses Antrages. Aus anderen Motiven als denen, die den Abg. Gröber zu seinem Antrage geführt haben, beantragen auch wir die Streichung des Absatzes, be⸗ treffend den Völkerbund.
Abg. Dr. Quarck (Soz.): Ich bitte, beide Anträge abzulehnen.
Es lohnt nicht, um einmal volkstümlich zu sprechen, jeden Dreck dem
Reichstage voriulegen, und wenn andererseits unsere Feinde der Idee des Völkerbundes untreu geworden sind und eine Koalition zur Ver⸗ dewaltigung Europas beschlossen haben (hört, hört! rechts), so haben wir es gewiß nicht nötig, ihnen auf diesem Wege zu folgen.
Albg. Dr. von Delbrück (D. Nat.): In so kritischen Tagen wie sie dem Ausbruche eines Krieges vorausgeben würden, muß die Entscheidung des Reichstags genügen. Der Passus, betreffend den Völkerbund, muß im Interesse der Würde des deutschen Volkes ge⸗
strichen werden. Deutschland hat es nicht nötig, nachdem seine Auf⸗
nahme in den Völkerbund abgelehnt worden ist, bei Herrn Clemenceau gewissermaßen seine Visitenkarte abzugeben. (Lebhaftes Bravo!)
Der Antrag Heinze (D. 9) und der Antrag der Un⸗ bhängigen werden abgele nt, der Antrag Gröber entr.) wird angenommen. Art. 45 wird also in der
Fassung des Ausschusses unter Streichung des Absatzes, be⸗ treffend den Völkerbund, angenommen.
Nach Artikel 46ernennt und entläßt der Reichspräsident
die Reichsbeamten und Offiziere. Er bann das Ernennungs⸗
und Entlassungsrecht durch andere Beamte ausüben lassen. Abg. Dr. Cohn (U. Soz.): Wir stehen auf dem Stand unkt, daß alle öffentlichen Funktionäre das Recht zur Ausübung ihres Amtes nur herleiten können aus dem Vertrauen der Bevölkerung und daß sich dies Vertrauen bekunden muß durch die Wahl. Die hter gewählte Formulierung Ptest im Widerspruch mit den Gegenwartsforderungen des Erfurter Programms. Es wird die Herren von der Mehrheits⸗ sozialdemokratie vielleicht interessieren, das zu hören. (Sehr gut! und Heiterkeit bei den U. 182 Und es wird eine geschichtliche Be⸗ deutung beanspruchen, wie die Heren sich bei der Abstimmung hierzu stellen werden. Wir beantragen die Streichung des Art. 46. Art. 46 wird unverändert angenommen. Nach Artikel 47 hat der Reichspräsident den Oberbefehl ber die gesamte Wehrmacht des Reiches. . Abg. Dr. Cohn (U. Soz.) beantragt Streichung auch dieses Artikels. Art. 47 wird unverändert angenommen. Art. 48 bestimmt, wenn ein Land die ihm nach der Reichs⸗ erfassung oder den Reichsgesetzen obliegenden Pflichten nicht erfüllt, kann der Reichspräsident es dazu mit Hilfe der bewaff⸗ neten Macht anhalten.
Abg. Katzenstein (Soz.) begründet einen Antrag, wonach der Reichspräsident verpflichtet sein soll, unverzüglich die Genehmigung des Reichstages einzuholen und seine Maßnahmen aufzuheben, wenn der Reichstag die Genehmigung versagt ußerdem soll er seine Maß⸗ nahmen nur treffen können „unter Verantwortlichkeit des gesamten Reichsministeriums“.
eichskommissar Dr. Preuß: Alle die Kautelen, die Herr Katzenstein wünscht, sind eigentlich in der Verfassung schon enthalten; denn der Reichspräsident kann ja nichts verfügen ohne verantwort⸗
liche Gegenzeichnung, und damit ist die Kontrolle des Reichstags sichergestelt
Abg. Dr. Heinze (Dt. Volksp.): Es ist richtig, am Wesen der Sache wird durch den Antrag nichts geändert. Aber formell wird das gonge vS sehr erschwert, und das ist in solchen Fällen nicht erwünscht. jir wollen eine möglichst starke Regieung, und deshalb lehnen wir Ihren Antrag ab. 1 1
Abg. Katzenstein (Soz.): Wir stehen auf dem Standpunkt: In einem solchen Falle, wenn also der innere Krieg erklärt wird, ist es besser, man warket einen Tag länger, als daß man übereilt zu so tiefgreifenden Maßergeln greift. Damit, daß der Reichstag möglicher⸗ weise hinterher die getroffenen Maßnahmen mißbilligt und ihre Auf⸗ hebung durchsetzt, macht man die Toten nicht wieder lebendig.
Abg. Koch⸗Cassel Gerade um schlimme Wirren und
um größeres Blutvergießen zu vermeiden, muß in solchen Fällen rasch eingegriffen werden. Deshalb lehnen wir den sozialdemokra⸗ tischen Antrag ab. Abg. Dr. Cohn (U. Soz.): Wenn nicht einmal die schwachen Kautelen angenommen werden Lah.. g ist es denkbar, daß sich von hinten herum durch unsichtbare Kanäle Einflüsse auf den Reichs⸗ präsidenten geltend machen, die ihn veranlassen könnten, unter Ver⸗ antwortlichkeit eines einzigen, vielleicht auch übelberatenen Ministers Gewaltmaßnahmen ins Werk zu setzen, ohne Gesamt⸗ ministerium und das Parlament etwas davon weiß. Wir bitten also, den ganzen Artikel 48 zu streichen, oder, wenn er aufrechterhalten werden sollte, wenigstens den Antrag Katzenstein anzunehmen.
Reichskommissär Dr. Preuß: Ich möchte noch auf den selt⸗ samen Widerspruch aufmerksam machen, in dem Herr Dr. Cohn sich bewegt. Vor wenigen Tagen erst kat er es gerügt, daß wir nicht einen Einheitsstaat durchführen, und jetzt legt er sich dagegen ins Zeug, daß auch nur die bundesstaatlichen und verfassungsmäßigen Rechte des Reiches gegenüber den Einzelstaaten nötigenfalls durch eine Exekution 1.“ Reichsregierun 8 estellt werden.
Abg. Dr. Cohn (U. Soz.): Unsere Haltung ist ganz einfach. sind gegen jede Möglichkeit eines gewaltsamen Vorgehens einer
egierung. 8 8 8
Art. 48 wird in der Fassung des Ausschusses ange⸗
nommen.
Das Haus geht nunmehr zu der gestern ausgesetzten Ab⸗ stimmung über Artikel 41, der das Amt des Reichspräsidenten betrifft, über. Vorher begründet noch b
Abg. Dr. von Schulze⸗Gaevernitz (Dem.) einen An⸗ trag, statt „Reichspräsident“ zu sagen: „Reichswart“. Die Be⸗ Phtega soll Jahrhunderte gelten, deshalb sollte auch ein deutscher Ausdruck in eine deutsche Verfassungsurkunde gesetzt werden. Heute ist er ungewöhnlich, in 14 Tagen wird er sich eingebürgert haben.
Der Antrag wird abgelehnt. 1
Entsprechend einem Antrag Siehr (Dem.) beschließt das Haus die Fassung, daß zum Reichspräsidenten wählbar ist „jeder Deutsche, der das 35. Lebensjahr vollendet hat“. (Damit entfällt die Formulierung des Entwurfs, nach der der Gewählte mindestens 10 Jahr Deutscher sein soll, und der Antrag der TCCö daß der Gewählte als Deutscher geboren sein muß.) 8g
Die Bestimmung des Entwurfs: „Gewählt ist, wer die meisten Stimmen erhält“, wird abgelehnt und damit einem Reichsgesetz vorbehalten. Inzwischen ist der Ministerpräsident
auer am Regierungstisch erschienen. Die gestern zurück⸗ gestellte Abstimmung über Art. 38, betreffend Zeugnisverweige⸗ rung der Abgeordneten, ergibt die Annahme in der gestern vom vg Ablaß (Dem.) begründeten besseren juristischen Formu⸗ ierung.
Nach Art. 49 kann der Reichspräsident bei Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung unter Verantwortung des gesamten Reichsministeriums mit Hilfe der bewaffneten Macht einschreiten und die zur Wiederherstellung der Sicherheit und Ordnung erforderlichen Maßnahmen treffen, zu einem bestimmten Teile auch die Grundrechte außer Kraft setzen. Die Genehmigung des Reichstages ist einzuholen. Die Maßnahmen sind aufzuheben, wenn der Reichstag die Genehmigung versagt.
Die Abgg. Frau Agnes (U. Soz.) und Gen. bean⸗ tragen die Streichung des Artikels.
Ein gemeinsamer Antrag der Abgg. Dr. Beyerle (Zentr.), Dr. von Delbrück (D. Nat.), Haas (Dem.) und Dr. Heinze (D. V.) schlägt eine Formulierung vor, wonach der Reichspräsident die „nötigen Maßnahmen treffen und er forderlichenfalls mit Hilfe der bewaffneten Macht einschreiten kann“, sowie den Zusatz „Bei Gefahr im Verzuge kann die Landesregierung für ihr Gebiet einstweilige Maßnahmen treffen. Die Maßnahmen sind auf Verlangen des Reichspräsidenten außer Kraft zu setzen.“ “ b
Hierzu beantragt Abg. Katzenstein (Soz.), hinter „auf Verlangen des Reichspräsidenten“ zu setzen: „oder des Reichstages“.
Abg. Dr. Beyerle (Zentr.): In dringenden Fällen müssen auch Maßnahmen von nachgeordneten Behörden und Landesregierungen getroffen werden können. Das bedingt ihre Verantwortung.
Abg. Katzenstein (Soz.); Wenn der Reichstag die Maßregeln des Reichspräsidenten für ungültig erklären kann, so geht es nicht an, eine Ausnahme für Landesregierungen zu schaffen. .
bg. Dr. Cohn (U. Soz.): Art. 49 würde einen Rechts⸗ ustand schaffen, der hinter dem von 1848 zurückbleiben würde. Dieser Artäkel gibt 16 Willkür zu weiten Raum. Was könnte ein Präsident, der ein Trabant der Tö wäre, damit ausrichten? Sogar Eigentum und Postgeheimnis werden dem Belieben des Reichs⸗
räsidenten unterworfen. So wird die Bestimmung zur schlimmsten Ehehäens des Polizeistaates und eine Gefahr für das deutsche Volk.
Regierungskommissar Dr. Preuß: Auch Herr Abg. Dr. Cohn könnte ohne den Belagerungszustand nicht auskommen. Das haben seine Parteifreunde in Bremen und München und an anderen Stellen hinreichend bewiesen. Das Unterträglichste bei dem früheren Zu⸗ stande ist gewesen, daß die Regierungsbehörden bei Verhängung des Belagerungszustandes keine Verantwortung zu übernehmen brauchten, weil die Militärbehörden in diesem Falle selbständig waren. Der Entwurf legt nun die Verantwortung für die Verhängung des Be⸗ lagerungszustandes völlig in die Hand des Reichspräsidenten und der Regierung. Selbst der Abgeordnete Cohn kann nicht leugnen, daß die Regelung, die der Entwurf trifft, ein Paen wesenescher Fortschritt gegen früher ist. (Abg. Cohn: Auf dem Papier! Widerspruch gegen den Zwischenruf.) Der Abg. Cohn hat sich dann in seinen in mehrfacher Hinsicht interessanten Ausführungen gerad vu zum Verfechter der Unantastbarkeit des Privateigentums aufgeschwungen. (Heiterkeit.)
ch kann ihn darüber beruhigen, daß das Privateigentum nicht ohne Entschädigung angetastet werden wird. Ich glgube, daß nicht einmal Zeitungsdruckereien behelligt werden. eischinengewehre, Hand⸗ granaten und ähnliches Privateigentum wird allerdings, im Augenblick weiß ich nicht ob mit oder ohne Entschädigung, unschädlich gemacht.
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Uundauernde Heiterkeit.) Die nähere Regelung des Belagerungszu⸗ tandes wird durch ein Reichsgesetz, ich nehme an in ruhigen Zeiten, erfolgen. Wir würden uns freuen, wenn die Unabhängigen mit uns daran arbeiten würden, den Belagerungszustand überhaupt überflüssig su 1 (Lebhafte Zustimmung, zahlreiche Rufe: Sehr wahr, ehr gut!
Abg. Dr. Graf zu Dohna (D. V.): Man kann dem Abg. Cohn insoweit Recht geben, daß der Belagerungszustand einer Neuordnung bedarf, und das geschieht durch den Entmurf.
Abg. Haas (Dem.): Die Ausführungen Dr. Cohns beispielsweise über den Schutz des Telegraphenwesens sind wohl kaum ernst zu nehmen. Wo seine Parteifreunde das Heft in die Hand bekamen, gingen sie zuerst an die Besetzung der Telegraphen⸗ und Telephonämter und haben ganz außerordentliche Störungen verursacht. Die Bedenken Cohns gegen den Artikel sind völlig unbegründet. Was hat der Präsident alles zu tun! Vor der Anordnung des Belagerungszustandes muß er erst das ganze Reichsministerium zusammenberufen. Nach seiner Anordnung hat er unverzüglich den Reichstag einzuberufen. Das kann doch zu ganz außerordentlichen Konsequenzen führen, beispiels⸗ weise, wenn der Reichstag nicht beisammen ist. (Zustimmung.)
Abg. Holl (Soz.) führt Beschwerde über das Vorgehen der Un⸗ abhängigen zurzeit der Räterepublik in Bayern und bemerkt: Ihre erste Tat war die Verhängung des Belagerungszustandes, Beschlag⸗ nahmen, Verhaftungen, Versammlungsverbote, Zensurerlasse erfolgten rücksichtsloser und schlimmer als je vorher. Die Unabhängigen haben verstanden, ihre Macht drückender als die Reaktion auszuüben. (Teb⸗ haftes Hört! hört! Unruhe bei den Unabhängigen Sozialdemokraten.)
Abg. Katzenstein (Soz.) beantragt, in dem Art. 49 in der Wendung „Zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung“ die Worte „und Ordnung“ zu streichen, und führt aus: Meine Freunde haben die sofortige Aufhebung der Militärjustiz ge⸗ fordert und sind auch für die sofortige Abschaffung der Todesstrafe eingetreten. Gewaltanwendungen, die von den Unabhängigen ja nur verurteilt werden, wenn sie „planlos“ geschehen, mu vorgebeugt werden. Das geht nur durch Gewalt. Wer sich dagegen erklärt, gleicht den Brandstiftern, die nach der Feuerwehr schreien. Die Rechts⸗ sicherungen halten wir ohne Rücksicht auf Parteiinteressen für unbedingt notwendig. (Beifall.)
Abg. Dr. von Delbrück (D. V.): Ich hätte nicht erwartet, daß jemand, wie die Unabhänagigen es ollen, diesen Artikelz zu streichen wünscht. Gewalttätige Störungen der Ordnung müssen eben durch Gewaltanwendung unterdrückt werden. Wenn Spartakus durch Raub, Mord, Plünderung die öffentliche Sicherheit stört, kann doch die Regierung nicht mit der Hand in der Tasche zusehen. Lehnen Sie den Antrag Cohn auf Streichung dieses Artikels ab. Geifall.
Minister Heine wendet sich gegen den Antrag Katzenstein auf Streichung des Wortes „Ordnung“ und führt aus: Dadurch würde der Inhaber der vollziehenden Gewalt verhindert werden, wirtschuft⸗ liche Maßregeln zu treffen, z. B. die Festsetzung von Höchstpreisen, die Anordnung des Verkaufes von Nahrungsmitteln, also Maß⸗ regeln, die an sich zweckmäßig und notwendig sein önnen, aber sich nicht ohne weiteres unter den Begriff der „Sicherheit“ subsumieren lassen. Gegen Mißbränche ist man jetzt geschützt dadurch, daß die Re⸗ gierung, die den Belagerungszustand, um den Ausdruck zu gebrauchen — ich möchte wünschen, daß später einmal ein anderer gewählt würde, (Zuruf bei den Unabhängigen Sozialdemokraten: ist viel Schlimmeres!) —, verhängt, daß also die Regierung nichts weiter ist als der Ausschuß der Mehrheit des Parlaments.
Abg. Dr. Cohn (U. Soz.): Ich gebe zu, es kann Notzustände geben, wo die Möglichkeit bestehen muß, besondere Anordnungen zu treffen, die die öffentliche Sicherheit gewährleisten. Wogegen ich mich wende, ist, daß man diesen Zweck erreichen will mit allen den Mitteln, die aus dem alten Belagerungszustandsgesetz übernommen sind, also epentuell auch mit Mitteln, die außerhalb der bestehenden Gesetze liegen. Im letzten Grunde handelt es sich für Sie (zu den Sozial⸗ demokraten) doch nur darum, Ihre Gewalt zu mißbrauchen zum Schutze Ihrer Parteiregierung. (Sehr richtig! bei den Unabhängigen Sozial⸗ demokraten.) Sie spielen sich seit November 1918 auf als die Hüter und Generalpächter der wahren und einzigen Gesetzlichkeit. Es tut not, daß Ihnen einmal die heuchlerische Larve abgerissen wird. (Lebhafter Beifall bei den Unabhängigen Sozialdemokraten. Große Unruhe urd Lärm bei den Sozialdemokraten.) Ihr Geschrei nach Gesetzlichkeit ist nichts weiter als der Schrei nach dem Bürgerkriege zum Schutze ihrer Parteiinteressen.
Vizepräsident Haußmann; Der Ausdruck „die Maske vom Gesicht reißen“ verstößt gegen die Ordnung des Hauses, wenn er gegen
Abgeordnete gemeint ist.
Art. 49 wird in der Fassung des Antrages Beyerle mit der Einfügung nach dem Antrag Katzenstein (Soz.) angenommen; der Antrag Katzenstein auf Streichung des Wortes „Ordnung“ wird abgelehnt.
Der Art. 51 (Gegenzeichnung), Art. 52 Pertretung des Reichspräsidenten) und Art. 53 (Reichsregierung) werden ohne Erörterung angenommen.
Die Artikel 54 und 55 werden verbunden zur Beratung ge⸗ stellt. Sie bestimmen:
Der Reichskanzler und auf seinen Vorschlag die Reichsminister werden vom Reichspräsidenten ernannt und entlassen. Der Reichs⸗ kanzler und die Reichsminister bedürfen zu ihrer Amtsführung des Vertrauens des Reichstages. Jeder von ihnen muß zurücktreten, wenn ihm der Reichstag durch ausdrücklichen Beschluß sein Vertrauen ent⸗
zieht.
„Abg. Dr. Hsinze (D. V.) beantragt, in Art. 55 aus⸗ drücklich zu sagen: „Der Reichspräsident ist in der Wahl des Reichs⸗ kanzlers und der Reichsminister frei'. Er führt aus: Mit unserem Antrage, der theoretisch am Entwurfe nichts ändert, wollen wir praktisch die Demokratie in die richtigen Wege leiten. Bisher sind die Minister gusschließlich mechanisch den Parteien entnommen worden. Es ging sogar so weit, daß die Minister auf die Parteien kontingentiert und dem Reichspräsidenten einfach zur Annahme präsentiert würden. Das widerspricht durchaus dem Wesen des parlamentarischen Systems, der Reichspräsident muß in der Wahl der Reichsminister völlig freie Hand haben, er muß das Recht haben, nach sachlichen Erwägungen auch Fachminister zu berufen, die keiner Fraktion angehören.
Reichskommissar Dr. Preuß: Der Wortlaut des Entwurfes be “ gehörten Anschauungen nicht entgegen. Genau so war er gedacht.
Abg. Dr. von Delbrück (D, Nat.): Nach Lage der Dinge muß der Reichspräsident die Minister auf den Vorschlag des Reichskanzlers wählen; unter den Umständen erscheint die Fassung des Ausschusses zweckmäßiger als die des Antrages, das Ziel würde in beiden Fassungen erreicht werden. —
Abg. Koch⸗Cassel (Dem.): Der Antrag ist überflüssig, weil alles, was er wünscht, durch die Fassung des Ausschusses erreicht wird.
Abg. Dr. Quarck (Soz.): Parteilose Minister sind heute nicht mehr möglich. Wer im öffentlichen Leben steht, hat auch die Ver⸗ Ffdhehtn sich politisch zu betätigen, alle Erwerbskreise müssen mit⸗ arbeiten. 8
Abg. Wurm (U. Soz.): Heutzutage kann man nicht einem Kabinett angehören und nur Ressortminister sein. “
Die Fassung des Entwurfes wird angenommen. .