1919 / 163 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 22 Jul 1919 18:00:01 GMT) scan diff

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uch die Verkehrsmittel in der Stadt und im Hafen waren außer Betrieb. Vermittags durchtog ein nach Tausenden zählender hug die Straßen. In Nürnbera ftreikte der mößte Teil der

rheiterschaft, Zeitungen erschienen nicht. Der Straßenbahnverkehr ruhte. In Königoberg i. Pr. veranstalteten feiernde Arbeiter, darunter Eisenbahner, Arbeiter der Elektrizitäts⸗ und Gaswerke, Straßenbahner und Arbeiter einer Reihe privater industrieller Be⸗ triebe einen Umzug durch die Stadt mit Fahnen und Schildern, auf denen die Internationale gefeiert wurde, zum Walter Simon⸗ Platz, wo mehrere Redner der Unabhängigen Ansprachen hielten. Die Straßenbahnen verkehrten nicht. Die an das EClek⸗ zrizitätswerk angeschloffenen Zeitungen konnten nicht erscheinen. In Bremen ist der Tag ruhig verlaufen. Auf verschiedenen rößeren Werken hatten die Arbeiter die Ardeit niedergelegt. In den Füerlahnbetrieden, Brotfabriken und auf dem Wasserwerk wurde purchweg gearbeitet. Die Srraßenbahnen verkehrten. Versamm⸗ sungen und Umzüge der Arbeiter haben nicht stattgefunden. In Braunschweig Pbeteiligten sich am Ausstand die Arbeiter aller Werke im Verein der Braunschweiger Metall⸗ industriellen, der Teiswarenfabriken und der Eisenbahnwerkstäatten Hauptbahnhof und Bahnhof Ost. Der Streik im Baugewerbe dauert weiter. Die Angestellten der Industriebetriebe beteiligten sich 8t am Streik. In den Betrieben der Konservenindustrie wurde nicht gestreikt, da die Streikleitung von vornherein angeordnet hatte, daß diese Betriebe wegen der Wichtigkeit für die Lebensmittel⸗ dersorgung nicht stillgelegt werden sollten. Vormittags und Nach⸗ mitlags fanden Versammlungen der Kom munisten und Unabhängigen att. In Düsseldorf war nur ein Teil der Arbeiter, der von en Unabhängigen und Kommunisten ausgehenden Streikansoge ge⸗ folgt. Der Straßenbahnverkehlr war nur von 9 x⅛ bis 2 Uhr ein⸗ estenlt. In Beuthen war die Deutschland⸗Grube zu 80 vH ausständig; die Arbdeit ruhte auf Wolsgang und Graf Franz, auf dor Baildon⸗Hütte und den Huldschiner Gruben. Im übrigen hat die oberschlesische Arbeiterschaft die Streikparole wenig beachtet.

In Wien waren mit Ausnabme der Bäckerläden und Lebens⸗ iit lgeschäfte die in den ersten Morgenstunden offen hielten, alle ü Gasthäuser, Kaffeehäuser und Kaufläden geschlossen. Auch der Verkehr der Straßenbahn war eingestellt. Die von der sozial⸗ demokratischen und der kommunistischen Gee Vormittags im Innern und in den Arbeiterbezirken veranstalteten Versammlungen und raßenumzüge nahmen einen ruhigen Verlauf.

Laut „Telegraaf“ hat der vom niederländischen Nationalarbeiter⸗ sckrelariat erlassenen Aufforderung, gestern einen allgemeinen De⸗ monstrationsstreik zu veranstolten, in Amsterdam nur die Ver⸗ etnigung des Personals im öffentlichen Dienst Folge geleistet. Laut amtlicher Mitteilung befinden sich nicht, mehr als 400 Arbeiter im Ausstand. Kein einziger technischer Betrieb hat irgend eine Stockung aerlitten. In Rotterdam streiken nur einzelne Hafenarbeiter⸗ gruppen.

In Insterhurg kam es laut „W. T. B.“ am Freitag und ESonnabend zu bkutigen Unruben. Der Arbeiterrat, der Vor⸗

and des Kieisveieis dr S. P. D. und die soztaldemokratische

raktion der Stadtverordnetenversammlung baben infolgedessen an den Reichswehrminister, den Minister des Innern und das Generalkommando Königsberg folgende Drahtung gerichtet: „Am Freitag, den 18., kam es nach dem Einrücken der 5. Jäger zu Pferde auf dem Neuen Markt zu blutigen Zu⸗ sammenstoͤtzen. Am Sonnabend versuchte dann ein größerer Haufen, etwa 200 Mann, mit Seitengewehren, Revolvern und Handgranaten bewaffnet, die Feste iweier Gewerkschaften zu sprengen. Beim An⸗ griff auf die Vergnügungslokale gab es vier Tote und mehrere Ver⸗ wundete. Da es uns seit Revolurionsbeginn gelungen ist, alle Gewaltakte auch ohne militärisches Eingreifen zu verhindern, im Gegenteil das beste Einvernehmen zwischen der arbeitenden BFölkerung und den hier garnisonierenden Truppenteilen bestand, eöfuchen wir 1) die Jäger zu Pferde sofort abzutransportieren, 2) weitere Grenzschutztruppen unter keinen Umständen berzulegen, 8) den uͤbrigen Insterburger Truppen das Tragen von Wassen außer Piaeh zu verbieten.“ Nachdem Staatskommissar Winnig, der vor⸗ gestem in Insterburg eintraf, mit den Vertretern der Gewerkschaften und dem Magistrat verhandelt und bei dieser Gelegenheit versprochen shat Sorge dafür tragen zu wollen, daß für Beseitigung der Miß⸗ tände baldmöglichst gesorgt werde, war am Sonntag in Insterburg

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Wie de, Allgemeine Verband der deutschen Bankbeamten mitteilt, haben sich die Berliner Bankleitungen geweigert, mit den Angestellten⸗ und Arbeiterausschüssen über die geforderte Auszahlung der Beihilfen in Unterhandlungen einzutreten. Die Bankleitungen verwiesen die Ausschüsse an die Organisationen. Da nach den Bestimmungen der Verordnung vom 23. De⸗

gember 1918 die Bankleitungen verpflichtet sind, mit den usschüssen zu verhandeln, riefen die Obleute der in Frage kommenden Ausschüsse im Beisein des Verbandsleiters Marx gestern vormittag die Vermitslung des Reichsarbeits⸗ ministeriums an. Das Reichsarbeitsministerium ließ darauf den Verband Berliner Bankleitungen wissen, daß die eiagzelnen D rektionen gesetzlich verpflichtet seien, mit den Aus⸗ chüssen zu verhandeln. Es steht also zu erwarten, daß die Ver⸗ handlungen in den einzelnen Instituten in den nächsten Tagen eginnen werden und daß damit der durch die anfängliche Weigerung der Bankleitungen geschaffene neue Konfliktstoff, der bereits bei der Mitteldeutschen Kreditbank Berlin und der Commerz⸗ und Diskonto⸗ bank in Hamburg zur Ueberreichung befristeter Erklärurgen geführt Hat, zunächst aus dem Wege geräumt ist. DTimes“ meldet aus New York, daß außer dem Streik im New Yorker Hafen, wo 500 Sehisfe und an der Küste, wo weitere 700 Schiffe stilliegen, auch in Chieago 100 000 Arbeiter des Baugewerbes ausgesperrt worden sind, nachdem 80 000 Arbeiter infolge von Lohnforderungen die Arbeit niedergelegt hbatten. In Boston streiken die Straßenbahnangestellten und 100 000 Arbeiter der Zigarrenindustrie. 8

2„ Kunst und Wissenschaft.

Die Berliner Universität wird zur daukbaren Er⸗ immerung an ihren Stifter König Friedrich Wilhelm III. am Sonn⸗ bg. dem 3. August d. J., Mittags 12 Uhr, in der neuen Aula der Universität einen Festakt veranstalten.

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Verkehrswesen.

Die „Fankfurter Zeitung“ meldet aus Frankfurt: Das

Livilkommissariat IV teilt mit, daß durch die Aufhebung der Blockade nunmehr auch der Güterverkehr zwischen dem besetzten und dem unbesetzten Gebiet frei ist. Verboten bleibt nach wie vor die Ein⸗ und Ausfuhr von Waffen, Munition vnd Kriegsmaterial; die Aus⸗ fuhr von Farhstoffen, Platina, Gold und Silber, gemünzt und in Barren, sowie fremdem Geld ist shne Genehmigung des interalliierten Wirtschaflskomitees in Koblenz nicht gestattet. Aus diesem Grunde wird die Kontrolle der Postpakete mit aller Strenge Farchgefahe werden. Kohlentransporte unterliegen auch weiterhin den bis⸗ herigen Bestimmungen. Der sonstige Güterverkehr ist keinerlei Beschränkungen unterworfen; damit sind auch die bieher geltenden Bestimmungen für Ein⸗ und Ausfuhr von Möbeln usw. aufgehoben.

Von jetzt ab sind nach dem von den Polen besetzten Teil der Provinz Posen gewahnliche offene Briessendungen auf dem Wege über Wien⸗Warschau gegen die Ausglandsgebühr zugelassen. Die Wiederaufnahme des unmittelbaren Eisenbahn⸗ und Postverkehrs ist in nächster Zeit zu erwarten.

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Für die britische Zone der besetzten deutschen Rheingebiete find die bisherigen Beschränkungen in der Ein⸗ und Ausfuhr von Waren in Paketen mit der Post mit folger den Ausnehmen aufgehoben worden.

Verboten sind nur noch: a) die Ein⸗ und Aussuhr von Woͤffen, Munition und Kriegehedarf; dieses Verbot bezieht sich nicht auf Jagdwaffen und Jagdmunition; b) die Ausfuhr aus der brilischen Zone von Farbstoffen, Chemikalien,

latina, Gold, Silder, gemünztem Geld und ausländischen

erten. Die Beschränkungen für den Austausch von Geld⸗ briefen und Wertpaketen bleiben zunächt noch für beide Richtungen in Kraft.

Zwischen dem unbesetzten Deutschland und der belgischen Zone der besetzten deutschen Rheingebiete ist in beiden Richtungen der Austansch von gewöhnlichen, einge⸗ schriebenen und Wertpaketen bis zum Hecchewicht von 25 kg, ohne und mit Nochnahme bis 100 bei Sendungen nach, bis 800 bei Sendungen aus der belgischen Zone, mit folgen⸗ den Einschränkungen zugelassen worden: Name und Adresse des Absenders sowie der Gesamtinhalt eines jeden Pakets müssen auf dessin Außenseite und auf der Paketkarte an⸗ gegeben sein.

Verboten sind 1) schriftliche FteilFahaan jeder Art in den Paketen und auf den Paketkartenabschnitten, 2) die Ein⸗ und Ausfuhr von Waffen, Munition und Kriegsmaterial jeder Art, 3) die Ausfuhr aus der belgischen Zone von lebenden Tieren und vorbehaltlich besonderer Genehmigung von Farbsoffen, chemischen Erzeugnissen, allen Edelmetallen, ge⸗ münztem Geld, ungemünzlem Gold und Silber sowie von Papier⸗ geld und Weripapieren jrder Art. Die Ausfohr von Geld, geschäftlichen, staatlichen und allen sonstigen beweglichen Wert⸗ papieren darf wie seither nur durch die besonders dazu ermäch⸗ tigten, vnter Aufsicht der Alliierten stehenden Banken erfolgen, 4) die Einfuhr in die belgische Zone von Büchern und sonstigen Druckwerken unterliegt auch weiterhin den bis⸗ herigen Sonderbestimmungen.

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kach den Vereinigten Staaten von Amerika werden gewöhnliche offene Briefe und Postkarten auf Gefahr des Absenders zur Besörderung angenommen.

Nach einer Reutermeldung aus London teilt dos Postamt mit, daß jetzt wieder Post für Deutschland angenommen

ird.

Vom 20. d. M. an sfind die Postschalterdienststunden an Sonn⸗ und Feiertagen im Oberpostdirektions⸗ bezirk Berlin auf die Zeit von 8 9 ¾ Vm. festgesetzt worden, der Postschalterdienst von 12—1 Nm. fällt weg. Jedoch werden in der Zeit von 19—1 ° bis auf weiteres Einschreibbrsefe gegen die be⸗ sondere Einlieferungsgebühr angenommen. Hinsichtlich der Aufliefe⸗ rung von Telegrammen verblelbt es einstweilen bei den bisherigen Einrichtungen.

8 Mannigsaltiges.

Der Kohlenverband Groß Berlin hat unier dem 21. Jult folgende Bekanntmachung über Festsetzung von Kokspreisen erlassen:

In Abänderung des durch die Bekanntmachung des Kohlen⸗ verbandes Groß Berlin vom 26. Juni 1919 festgesetzten Höchstpreise für oberschlesischen Schmelzkoks wird auf Grund der Bekanntmachung des Bundesrats über Errichtung von Preisprüfungsstellen und die Versorgungeregelung vom 25. September, 4. November 1915 (Reichs⸗ Hdeschb en S. 607 und 728) in Verbindung mit der Anordnung der

andeszentralbehörden über die Errichtung des Kohlenverbandes Groß

Berlin vom 21. Rußgft 1917 für die Stadtkreise Berlin, Charlotten⸗ burg, Neukölln, Berlin⸗Schöneberg, Berlin⸗Lichtenberg, Berlin⸗ Wilmertdorf sowie die Landkreise Leltow und Niederbarnim mit Genehmigung der Staatlichen Verteilungsstelle für Groß Berlin folgendes bestimmt:

§ 1. Bei Lieferurg von oberschlesischem Schmelzkoks an das Kleingewerbe, sowie für Zentralheizungs⸗ und Warmwasserbereitungs⸗ anlagen in 88- nicht unter 30 Zentnern darf der Preis von 3,20 je Zentner bei Lieferung frei Keller nicht überschritten werden. Der Preis ermäßigt sich, soweit der Koss von dem auf den Hof des Grundstücks gefahrenen Wagen durch den Wagenführer ohne Mit⸗ wirkung anderer Arbeiter abgeworfen wird, um 10 4 je Zentner, soweit der Koks auf dem Straßendamm vor dem Grundstück des Ver⸗ brauchers wird, um 15 je Zentner, bei Selbstabholung durch den Verbraucher um 55 je Zentner, bei Lieferung ganzer Waggonladungen ab Renengamessecj im Gebiet des Kohlenverbandes sowie frei Waggon aller Bahnhöfe im Gebiet des Kohlenverbandes um 75 je Zentner.

§ 2. Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen dieser Bekannt⸗ machungen unterliegen der Bestrafung ma § 17, Ziffer 2 der Be⸗ tanntmachung des Bundecrats über die Errichtung von Preisprüfungs⸗ stellen und die Versorgungsregelung vom 25. September und 4. No⸗ vember 1915.

§ 3. Die Preissestsetzungen des § 1 sinden auf alle seit dem 15. Inli 1919 ausgeführten Kokslieferungen Anwendung; im übrigen tritt diese Bekanntmachung mit dem Tage ihrer Veröffentlichung in Kraft. E1X““ I“ .

Wie „W. T. B.“ von unterrichteter Seite erfährt, wird der gesamte bieherige Betrieb der Flugzeugmeisterei Adlershof in allernächster Zeit geschlossen werden. Diese Maß⸗ nahme bängt mit den Friedensvertragsbestimmungen zusammen, welche keine deutschen Luftstreitkräf e mehr zulassen und die Aus⸗ lieferung des Fliegergeräts wie auch der Hallen und Flugzeug⸗ hehausungen fordern. Was übrigens die Hallen angeht, so sind sie zum Teil Beutehallen die ohnchin zurückgegeben werden mössen.

hie Flugzeugmeisterei Adlersbof war im Kriege das Zennrral⸗ depot für den gesamten Nachschub für alle Fliegerformationen. Zeitweilig waren dort bis zu 20 000 Mann beschäftigt. Noch im November 1918 zühlte die Belegschaft ca. 13 000 Köpfe. Trotz aller bisherigen Bemühungen der zvständigen Neichsstellen konnte sie nicht auf eine Zahl herabgemindert werden, die in einem angemessenen Verhaͤltnis zu den in Adlershof noch zu leistenden Arbeiten steht; 9r. beträgt immer noch etwa 4800 Mann, deren Kündigung nunmehr unmittelbar bevorstehen dürfte. Diese Kündigung wud den Adlershofer Angestellten und Arbeitern nicht unerwartet kommen, da schon unabhäͤnoig

vom Friedensvertrag in der letzten

Fat allen Einsichtigen klar geworden war, 8n ein Fo⸗tbestehen der nsagen zu Laften des Neichs auf die Dauer unmüglich war. Im Gegensatz zu den Spandauer Betrichen waren die Aovlers⸗ bofer Anlagen keine Heeretwerkstätten, die schon lange vor dem Keiege bestanden und ihren technischen Einrichtungen nach für die Dauer gedacht wasen. Vielmehr handelte es sich bei Adlershof um reine Kriegsanlagen, zumeist provisorische Bauten, die überwiegend nicht einmal auf fiskalischem Boden, sondern auf gepachtetem Ge⸗ lände stehen und laut Pachtvertrag wirder abgebrochen werden müssen. Ein Teil der gekündigten Angestellten und Arbeiter wird wieder eingestellt werden können, sobald die ganze Anlage ans dem Ressort des bisher zuständigen Kriegsministeriunds von der für die noch verbleibenden Verwertungs⸗ und Abbauaufgaren zuständigen Zivilverwaltung übernommen ist, was baldigst geschehen kürste. Auch sonst ist für die Arbeiter und Argestellten rach Mög⸗ lichkeit g-so gt worden. So sollen sie bis zum Ablauf der Kündi⸗ gungsfrist bei vollen Lohn beurlaubt werden. Die Arbeiter, welcke sich fofort einer anderen Beschäftigung zuwenden, sollen außerdem über die vernagtmäßige Frist hinaus für eine Woche Lohn und andere Vergünstigungen zwecks Erleichterung des Ueberganges in die neue Tätigkeit erhalten. .

Die Rückführung der Kriegsgefangenen mitd in folgender Weise stattfinden: An den Grenzübergangs⸗ stationen (Häfen) werden die Transporte durch Abnahmekom⸗ missionen festlich empfangen, die ihre schnellste Ueberführung in die Durchgangslager veranlassen. Hiec ö. unterziehen sich die Heimgekehrten zuerst einer gründlichen Reinigung und werden neu eingekleidet. Es wird besonders darauf hingewiesen, daß im Durchgangslager keine Quarantäne vorgesehen ist. Der rurze Aufenthalt von 3 bis 4 Tagen dient nur dazu, um den Heim⸗ kehrenden die erstrebte sofortige Entlassung aus dem EE1“ nste zu ermöglichen, ihre begrändeten Forderungen zu efriedigen und ihnen alle möglichen Gänge später zu ersparen. Nur sanitäre Maßnahmen könnten einen längeren Aufenthalt mit sich bringen. Jeder Hein kehrende erhält bei ordnungsmäßiger Entlassung im Durchgangslager: 1) einen Entlassungsanzug, 2) 50 Entlossungs⸗ geld, 3) die Gebührnisse seines Dienstgrades für 8 Wochen einschließlich Verpflegungsgelder, 4) einen Freifahrschein bis iu dem Ort, wohin, er entlassen werden will. Der Heimlehrende betritt das Lager als Soldat und scheidet beim Verlassen endaültig aus dem Militärdienst aus. Im Interesse eines jeden heimkehrenden Keiegsgefangenen liegt es, sich der kurzen, für ihn nur vorteilhaften Behandlung im Durch⸗, gangslager zu unterwerfrn. Für die Zeit im Lager hat die Heeres⸗ verwaltung für Abwechslungen und Annehmlichkeiten gesorgt. Das Kriegsministerium ist zurzeit damit beschäftigt, alles das, was die Kriegsgefangenen interessieren könnte, in einem besonderen Merk⸗ blatt zusammenzustellen, das nach Fertigstellung den Behörden und der Presse zugänglich gemacht werden wird.

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Vom 1. Angust d. J. wird die 8E11“ G. m. b. H. die von ihr eingeführten Salzheringe durch den freien Handel absetzen. Von diesem Tage ab werden Salzheringe nicht, wie bisher, den Bezirkszentralen zur Weiterverteilung ge⸗ liefert, sondern seitens der einführenden Zentralstelle durch Vermittlung der Importeuvre dem Greoßhandel auf Bestellung übergeben, der in der Lage ist, die Ware unter Preisverbindung frei innerhalb Deutschland abzusetzen. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, daß hinsichtlich der Einfuhr von Salzberingen icgend eine Veränderung in den gesetzlichen Bestimmungen oder in der Handhabung nicht eintritt. Die E nfuhr aselht nach wie vor ein⸗ schließlich durch die Reiche fischversorgung G. m. b. H. oder als deren Beauftragte durch die durch Zusammenschluß der In porteure ge⸗ bildete Salzberingseinfuhrgesellschaft m. b. H. Für sämtl'’che anderen Fischwaren behalien die bisherigen Bestimmungen ihre rollt Gültigken.

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Königsberg i. Pr., 21. Juli. (W. T. B.) Am 19. d.M. entgleiste auf der Strecke Gerdauen Friedland ein Schienenkraftwagen der Eisenbahndirektion Koͤnigs⸗ berg, in dem sich Vertreter der Cisenbahnbeamten und der Arbeiterschaft befonden, die von einer Dienstreise durch das Abstimmungsgebiet der Provinz zurückkehrten. Bubenhände alten in einer Gleiskrümmung bei Bahnhof Spirau Steire

auf die Schienen gehäuft, die der Wa euführer erst im letzten Augen⸗

blick bemerken konnre. Das Fahrzeug wurde die Böschung hinab⸗ geschleudert, wobei die Insassen zum Teil darunter zu liegen kamen. Der Vertreter der Arbeiterschaft Woltzmann wurde getötet, während die übrigen Insassen mit mehr oder minder schweren Verletzurgen

davon kamwen.

Nr. 59 des „Zentralblatts der Bauverwaltung“ herausgegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 19. Jull 1919 hat folgenden Inhalt: Amtliches: Erlaß vom 13. Juni 1919, betr. die Beseit igung von baurechtlichen Bestimmungen aus den Wohnungsordnungen. Dienstnachrichten. Nichtamtliches: Die Neubauten des Eymnasiums in Jena und des Realgymnasiums in Bünde. Das zutünflige Schnellbahnnetz für Griß Berlin. Vermischtes: Wettbewervde für Entwurse zu einem Teilbebauungsplan der Stadtgemeinde Crimmitschau, zu einer Dopvelbürge schule am Riederwald in Frankfurt a. M. und zu ein m städtischen Verwaltungs⸗ gebäude in München. Pythagoräischer Lebrsotz. Büc erschau.

(Fortsetzung bes Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)

Familiennachrichten.

Verebelicht: Hr. Legationssekretär Cecil von Renthe Fink mit

. Christa Gräsin Vitzthum von Eckstädt (Oberhofen, Thunersee).

Geboren: Ein Sohn Hin. Oberstleutnant Ludwig Ritter von Poschinger (Hanau). 1

Gestorben: Hr. Polizeipräsident a. D. Dr. jur. Mar Lewald (Kattern Kr. Breslau). Frau Käthe von Dallwitz, geb. von Holtz (Limbsee bei Freystadt, Westpr.) Frau Anna VBertha Schäfer, geb. Petersen (Hamburg).

Verantvortlicher Schriftleiter: Direktor Dr. Tyrol, Chaxlottenburg⸗

Verantwortlich für den Anzeigenteil: Der Vorsteber der Geschäftsstelle, Rechnunasrat Mengerina in Berlin. 1

Verlag der Geschäftsstelle Menagerina) in Berlin. Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagsanstall, Berlin, Wilhelmstraße 32. Sechs Beilagen (einschließlich Börsenbeilage und Warenzeichenbeilage Nr. 55) und Erste und Zweite Zeutral⸗Handelsregister⸗Beilage. W1“

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Erste Beilag

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nzeiger un Preußischen Staatsanzeiger.

Berlin, Dienstag, den 22. Juli

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1919.

Deutsche Nationalversammlung in Weimar. 61. Sitzung vom 19. Juli. (‚((Bericht von Wolffs Telegraphenbüro). Am Regierungstisch: der Reichsfinanzminister ber g.er und der Reichswehrminister Noske.

Präsident Fehrenbach cröffnet die Sitzung 9,45 Uhr. Zunächst erfolgt Beratung eines Gesetzes über die Zahlung der Zölle in Gold. Das Gesetz verlangt wegen des gesunkenen Wertes des Papiergeldes die Begleichung der Zölle in vollwertigen Zahlungsmitteln, um der Entwertung der Reichsmarkwährung zu begegnen.

. Abg. Rießer (D. V.) begrüßt die gesetzliche Stärkung unserer Valuta, erklärt das Gesetz für berechtigt und tritt für sofortige Ver⸗ abschiedung ein.

Reichsfinanzminister Erzberger dankt dem Abg. Rießer, da

fich seine Ausführungen mit den Absichten der Reichsfinanzoerwaltung decken.

Abg. Molkenbuhr (Soz.) verspricht sich von der durch das Gesetz zu erwartenden Hebung der Valuta Vorteil für das Wirt⸗ schaftsleben bemängelt aber Teile der Begründung des Gesetzes.

1* Reichsfinanzminister Erzberger: Von einer Verschärfung des Schutzzolles durch die Valuta kann man wohl nicht sprechen, dagegen hat sich das Verhältnis zwischen den inländischen Produktionskosten und dem Zoll verschoben. 1

Abg. Wurm (U. Soz.): Wir stimmen dem Gesetz nicht zu. Es ist uns unbegreiflich, daß dieselbe Partei, die im Jahre 1902 gegen die Zölle gekämpft hat, nunmehr einer dreifachen Erhöhung der Zölle zustimmt. Denn diese Erhöhung ist der eigentliche Kern des Gefetzes. Die Valuta wird sich infolge diecses Gesetzes nicht bessern, sondern ver⸗ schlechtern, da die Nachfrage nach Gold auf dem ausländischen Markte⸗ steigen wird.

Abg. Dr. Raschig (Dem.): Mein Vorredner irrt mit Behauptung, das Gesetz bringe eine dreifache Zollerhöhung. Durch den Stand unserer Valuta hat vielmehr eine Ermäßigung der Zölle auf den dritten Teil stattgefunden. Das Gesetz stellt den früheren Zu⸗ stand nur wieder her. 6

Reichsminister E

das Wesen der Vorla 8 9 15 5 8 ss 1 1 Crcs 8 Industrie, die der Abg. Wurm begreiflich

1

rzberger: Der Abg. Wurm fperkennt völlie ge. Sie enispricht weder den Wünschen der r g

g

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Agrarier, noch denen der J sch. gc⸗ funden hat. Sie entspricht lediglich dem Wunsche des Reichsfirenz⸗ ministeriums, d. h. sie will nichts anderes als die durch die Valuta ein⸗ getretenen finanziellen Nachteile für das Reich beheben. Die Nachfrag

nach Gold wird durch dos Gesetz in keinem besonderen Gyade gefördert, da die Zahlung ja auch mit einem enlsprechenden Mehr von Papiergeld erfolgen kann. Dadurch wird sich die Nachfrage nach⸗ unseren im Auslande herumschwirrenden Geldnoten steigern und ver⸗ mutlich die Valuta elwas bessern. Es ist ganz gleickgültig bei der Beurteilung dieser Vorlage, ob man 1902 für oder gegen die Zölle ge⸗ timmt hat. Hier handelt es sich nur um die Wiederherstellung eines anerkannt gesetzlichen Zustandes. Eine Folge der Vorlage wird ver⸗ mutlich auch die Abwendung der Gefahr sein, die unserem Wirt⸗ sckeftsleben durch die Ueberschwemmung mit Fertigfabrikaten droht. Es soll nicht bestritten werden, daß wir Fertigfabrikate nötig haben; in noch höherem Grade aber bedürfen wir Rohstoffe. (Beifall.)

Abg. Moll kenbuhr (Soz.): Im Jahre 1902 standen die Nah⸗ rungsmittelzölle im Vordergrund des Kampses. Diese bestehen aber nicht mehr, und die Vorlage hat nichts mit ihm zu tun. Die Be⸗ hauptung des Abg. Wurm von einer Verdreifachung der Zölle ist voll⸗ kommen unhaltbar. Das Gold ist nicht im Preise gestiegen, das Papier dagegen im Preise gesunken. Das Gesetz gleicht den Unter⸗ schied wieder aus; da es die Valuta bessern wird, liegt es durchaus im Interesse der Arbeiter, denn es steigert die Kaufkraft der Löhne. Wer daher die Vorloge ablehnt, erweist der Arbeiterschaft einen schlechten Dienst. (Lebh. Beifall.)

Abg. Wurm (U. Soz.) hält seine Auffassung unter andauern⸗ dem lebhaften Widerspruch der Mehrheitssozialisten aufrecht.

Danach wird das Gesetz ohne weitere Aussprache allen drei Lesungen gegen die Unabhängigen ange nommen.

Es solgt die erste und z ite Beratung des Gesetzentwurfes über den Absatz von Kali⸗ salzen vom 25. Mai 1910 und seiner Abänderungsgesetze, sowie Abänderung des Gesetzes

5 n 2

vVT1I Regelungder Kaliwirtschaft vom 24. April 1919.

Abg. Düwell (U. Sorn.): Der Gesetzentwurf ist die Folge des Gesetzes über die Sozialisierung des Kalibergbaues. Wir haben jenes Gesetz abgelehnt, weil es mit wirklicher Sozialisierung nichts zu tun hat. (Sehr wahr! bei den U. Soz.) Wir werden also auch dieses Gesetz ohne writeres ablehnen.

Damit schließt die erste Beratung. In zweiter Beratung wird der Gesetzentwurf mit einem Kompromißantraag Sachse (Soz.), Herold (Zentrum) usw. angenommen, wonach der Staatenausschuß er⸗ mächtigt sein soll. im Einvernehmen mit dem von der Nationalver⸗ lammlung einzusetzenden Ausschuß die Zahl der Mitglieder des Reichskalirats sowie die Verteilung der Sitze auf die einzelnen Gruppen abzuändern: doch sall eine Erhöhung ihrer Zahl auf mehr als 36 Mitolieder nicht zulässig sein. Hierauf wird der Gesetzentwurß auch noch in dritter Lesung ohne Erörterung angenom men. Es folgt die erste Beratung des Gesetzentwurfes, etreffend. Erhöhung der Pensionen von Reichsbeamten, die das 65. Lebensjahr vollendet haben, in Verbindung mit der ersten Beratung eines Gesetzentwurfes. betreffend die Pensionisierung von Reichsbeamten iafolge der Umge⸗ staltung des Staatenvesens.

Aba. Heinze (D. V.) zur Geschäftsordnung: Ich möchte den Herrn Präsidenten bitten. dafür Sorge zu tragen, daß uns die Vorlagen in Zukunft so rechtzeitig zugestellt werden, daß sie ge⸗ nügend vorbereitet werden können: der vorliegende, wie auch die näcksten Gesetzentwürfe sind uns erst heute früh, einigen unseren Mit⸗ gliedern überhaupt noch nicht zugegangen. ¹ Präsident Fehrenbach: Der Wunsch ist durchaus berechtigt; das Büro giht sich alle Mübe, ihm naczukommen. Aber wir leben bier, namentlich auch in bezug cuf die Druckerei, in bedränaten Ver⸗ hältnissen. Da die Gesetzenwürfe aber doch an den Ausschuß über⸗ wiesen werden, so steht, glaube ich, nichts im Wege, in Ihre Beratung einzutreten. (Zustimmung.)

Reichsfinanzminister Erzberger: Ich möchte betten, die Gefet⸗ enhpürfe so rasch wie möalich zu verabschieden. Es könnte vielleicht Kuffallen, deß der Reichsfineneminister selsst ouf Ausgaben drönat, aber es handelt sich hier un, Ausgoben, die sachlich begründet sind, vnd die vom Reiche unter allen Umständen geleistet werden misssen. Der erste Gesetzentwurf verfolat den offensichtlich, cvsgesprochenen Zweck, eine Verjüngung unserer Beamtenschaft herbeizuführen. Dieser Pvech soll dadurch erreicht werden, daß die Beamten, die das 8 Lebensjahr überschritten haben, in rascherem Tempo verabschiedet werden: das soll diesen Beamten dadurch erleichtert werder, daß ihnen ein Zuschlag guf ihre Pension in Höhe von 10 Prozent gewährt wird.

Irgend ein Druck soll auf sie natürlich nicht ausgeübt werden. Der sweite Gesetzentwurf betrifft die Pensionierung der Reichsbeamten infolge der Umgestaltung unseres Staatswesens. Vom Standpunkt der individuellen Freiheit jeder politischen Betätigung will die Regie⸗ rung keinen Beamten zwingen, der neuen deutschen Republik zu dienen, wenn er es mit seiner inneren Auffassung und mit den Tradi⸗ tionen seiner Familie nicht vereinbaren zu können glaubt. Deshalb soll es den Beamten erleichtert werden, in den Ruhestand zu treten, indem ihnen die Pension gewährt wird, auch wenn sie das 65. Lebens⸗ jahr noch nicht erreicht haben, und wenn auch die übrigen Voraus⸗ setzungen für die Pensionierung nicht gegeben sind. Selbstverständlich bezieht sich das nur auf politische Beamte, nicht auf Verkehrsbeamfe und gewisse Kategorien der unteren und mittleren Beamten. Ein Briefträger beispielsweise kann ohne Gewissenskonflikt in der Repu⸗ blik ebensogut seinen Dienst lun, wie im Kaiserreich. Die Reichs⸗ regierung soll mit Zustimmung des Staatenausschusses den Kreis der Beamten unigrenzen, die unter das Gesetz fallen. Ich empfehle Ihnen auch diesen Gesetzentwurf anzunehmen, er ist getragen vom Geist der politischen Freiheit und der sozialen Gerechtigkeit. (Beifall.)

Abg. Davidsohn (Srz.) schlägt vor, den Gesetzentwurf ohne reiteres an den Haushaltsausschuß zu überweisen und eine eingehende Beratung im Ausschuß und in der zweiten Lesung vorzunehmen.

Nachdem sich Redner aller Fraktionen mit dieser An⸗

gung einverstanden erklärt haben, werden beide Ge⸗ setzentwürfe anden Haushaltungsausschuß überwiesen.

Es folgt die erste Beratung der Gesetzentwürfe über die Entschädigungder insolge der Ver⸗ minderung der Wehrmacht aus dem Heere, der WMatleRund den Ftttruppen a u scheidenden Offiziere und Deckoffiziere, so⸗ wie über die Entschädigungder infolge der Ver⸗ minderung der Wehrmacht ausscheidenden Kapitulanten. (Kapitulantenentschädigungsgesetz.)

Preußischer Kriegsminister RKeinhardt: Mit der Einbringung

der Entschädigungsgesetze für die Offiziere und Kapitulanten des Heeres und der Marine erfüllt die Reichsregierung cine dreifache Pflicht. Sie muß in Erfüllung des Friedensvertrages abrüsten, sie muß die von der Abrüslung am härtesten betroffenen Berufssoldaten entschädigen für den Verlust ihres Lebensberufes, den sie im Vertrauen auf den Staat gewählt hatten, sie muß endlich Leben zu überführenden Männern belfen, in neuen in den Sattel zu kommen. (Zustimmung.) Diesen tragen die Gesetze Rechnung, söllem aber keineswegs ei lung für die Leistungen der aktiven Offiziere und Unter gangenen Kriege sein. Eine Geldentschädigung für di undenkbar. (Beifall.) Finanzlage gebotene Grenzlinie zwischen äußorster Sparsamkeit und der notwendigen wirksamen Hilfe inne ubalten. Im wesentlichen soll den mittleren Offizieren und den Kovpitulanten beim Berufswechsel geholfen werden. Den Offizieren mit über zehn Dienstjahren und unter den Bezügen eines Brigadekommandeurs soll, wenn sie ver⸗ hHeiratet sind, für 5, wenn sie ledig sind, für 3 Jahre anstatt des ihnen zustehenden Ruhegehaltes ein Uebergangsgehalt, das der Höchstpension entspricht, unter Weitergewährung der Teuerungszulagen zugebilligt wwerden. Den Offizieren unter zehn Jahren, die noch nicht pensions⸗ Herechtigt sind, wird zur Erleichterung des Ueberganges in das bürger⸗ liche Leben ein Jahr lang ihr Garnisongehalt weiterbezahlt. Die Zeit, die der einzelne seit dem 9. November Gehalt bezogen, aber nicht Dienst getan hat, wird von der bewilligten Uebergangszeit abgezogen. Die Kapitulanten erhalten als Entschädigung für das Nichterreichen des nötigen Dienstalters, das für die Gewährung der Prämie und des Zivilversorgungsscheins durch die Gesetze vorgeschrieben ist, eine ihrer cbgeleisteten Dienstzeit entsprechende Teilprämie, außerdem, wenn sie über 12 Jahre oedient haben, für zwei Jahre, sonst für ein Jahr ein Uebergangsgehalt 300 f

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t von monatlich Mk. 300,— für Verheiratete, von Mk. 202,— für Ledige, dazu eine einmalige Abfindung für Bekleidung und Ausrüstung von Mk. 300,—. Vor dem Kriege hatten wir in Deutsschland rund 30 000 aktive Offizieree einschließlich der Sanitäts⸗ und Vetärinäroffiziere und rund 100 000 Kapitulanten. Tausende von ihnen gaben ihr Blut ohne Rechnen und Markten für die Verteidigung von Deutschlands Größe und Ehre. Die unvergleichlichen Opfertaten der Offiziere des Beurlaubtenstandes und die in der Welt unerreichte Hirgabe an Tapferkeit unserer Unteroffiziere und Mannschaften muß. man sich immer gleichzeitig vor Augen halten, denn nur in dieser ge⸗ meinsamen Betrachtung und Wertschätzung erklärt sich, warum diese Männer des aktiven Kerns in ißrer Rolle als Vorbilder, als Rück⸗ grat des Ganzen so übermenschliche Leistungen im allgemeinen Wett⸗ kewerb aufbringen konnten und mußten. (Lebh. Beifall.) Während am 9. November zahlreiche Offiziere, namentlich Generale und Obersten, ferner auch zahlreiche Kapitulanten ausgeschieden sind, bat die große Masse der Kopitulanten ebenso wie die der mittleren Offi⸗ ziere ihr Schicksal vom Friedensvertrag und, nachdem sich dessen Linien erkennen licßen, zum Teil auch von diesem vorliegenden Gesetzentwurf abhängig gemacht. Von den augenblicklich noch vorhandenen 20 000 Offizieren kann das zukünftige Heer nur 4000 aufnehmen. Wir müssen versuchen, die besten für das veue Heer zu gewinnen, die große Masse muß ober in neue Berufe übergeführt werden. Zur Durchführung dieses schwierigsten Teiles der Abrüstung haben wir nur eine kurzbe⸗ messene Frist. denn sie sell bis Ende März 1920 aguf alle Fälle be⸗ endet sein. Dabei muß das Heer in den wenigen Monaten auch noch in eine vns cufcerwungene, ganz unzweckmäßige Organisation umge⸗ baut werden, während eleichzeitig die mannicfachsten Tacgesaufgaben geleistet werden sollen. Sie werden daher verstehen, daß ich Sie bitte, den vorliegenden Gesetzentwürfen Ihre volle Aufmerksamkeit zuzuwen⸗

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den, sie zu prüfen und zu billigen. Einhbeitlich und uneingeschränkt er⸗ fennt die ganze Welt an, daß unsere Offiziere und Mannschaften in pinzig dastebender Weise ihre Pflicht und Schuldigkeit getan haben. Lebb. Beifall.) Diesem Geiste danken wir, daß die Mehrzahl der zirzelren Scklechiselder d'e Stätte eines Sieges sür uns, einer Miederlage für unsere Gegner im Westen und Osten, zu Lande, zu Wasser und in der Luft bedeutet. Unauslöschlicke Werte der Erinne⸗ rung bleiben damit unsern Kindern und Kindeskindern gesichert, und sie werden es allen Tapferen danken (lebh. Beifall), wie wir es schon jetzt den für uns Gefollenen aus tiefstem Herzen danken. (Lebh. Zu⸗ ftimmung.) Der Teil unserer wirtschaftlichen Lasten wird gern ge⸗ ftragen werden, der diesem Danke Ausdruck gibt. Nachdem wir nun lrotz unserer Waffenerfolge von den Menschen⸗ und Maschinenmassen aller fünf Wel'mächte überwältiat sind, stehen wir doch nicht am Ende des deutschen Mutes und der deutschen Jatkraft. (Lebh. Zustimmung.) Sie haben in diesem hohen Hause das Werk begonnen, unsere Heimat nen zu gestalten und mutig trotz all unserer Not einen neuen ge⸗ woltigen Wettbewerb aufzunehmen, durch den das deutscke Volk in feibeitlicher sozialer Betätigung eine neue Höckstleistung unter den Kulturvpölkern aufstellen will, an deren Spitze es sich bisher in kriege⸗ nur verwirklicht werden, wenn wir olle Kräfte zusammenfassen. (Lebh. Zustimmung.) Darum lassen Sie sich diejenigen nicht entgehen und

und die auch in den jüngst vergangenen Monaten dem jungen deutschen

Freistaate große Dienste geleistet haben. (Lebh. Zustimmung.) Helfen Sie den abgehenden Offizieren und Kapitulanten, sich auf die neuen Auf⸗ gaben vorzubereiten, machen Sie diese sturmbewährten Kräfte für aller Berufe, besonders aber für die Staatsorgane nutzbar, in denen die ge⸗ schichtliche hohe preußisch⸗deutsche Pflichtauffassung wichtiger ist, als alle Einzelkenntnisse. (Lebh. Zustimmung.) Damit liefern Sie in der Zeit des Abbruchs und aus diesem heraus als geschickte Werkmeister Bausteine der Wiederaufrichtung unseres Vaterlandes. (Lebh. Beifall.)

Abg. Davidsohn (Soz.): Diese beiden Vorlagen sind beson⸗ ders dringend, sie sollen schon am 1. August in Kraft treten. Mein Freund Stücklen war beauftragt, die Entwürfe hier zu erörtern. Aber unter der Voraussetzung, daß sie an den Haushaltungsausschuß über⸗ wiesen werden, behält er sich seine Ausführungen für die zweite Lesung vor.

Abg. Dr. Neumann⸗Hofer (Dem.): Die großen Taten unserer Soldaten, Offiziere und Mannschaften erkennen wir in vollem Umfange an. Es ist eine selbstverständliche Forderung, die Notlage dieser Helden zu mildern. Wir sind mit beiden Gesetzen einverstanden und stimmen der Ueberweisung an den Ausschuß zu.

Abg. Oberfohren (D. Nat.): Mit dem Offizierentschädigungs⸗ gesetz und dem Kapitulantenentschädigungsgesetz nehmen wir endgültig Abschied von unserer ruhmreichen Armee und Flotte. (Bewegung.) Das Schwerste, was uns der Niederbruch gebracht hat, ist die Auf⸗ lösung unserer Wehrmacht zu Wasser und zu Lande. Wir müssen unsere Dankesschuld gegen die Männer, die zum großen Teil ihr Leben für das Vaterland eingesetzt haben, abtragen. (Beifall.) Wir begrüßen die Gesetzentwürfe, weil sie anerkennen, wie unsere Offiziere und Mannschaften über vier Jahre einer Welt von Feinden standge⸗ halten haben und wie sie auch innerhalb der Reichswehr die junge Republik gestützt haben, an deren Stelle sonst das Chaos nach russi⸗ schem Muster getreten wäre. Wir freuen uns dieser Gerechtigkeit gegenüber allen politischen Umtrieben, die gegen das Offizierkorps in Szene gesetzt sind. Wir stimmen der Grundtendenz der Gesetzentwürfe, den Soldaten ein neues Leben zu erleichtern, durchaus zu. Mögen sie so wertvolle Faktoren bei der Wiederauftichtung des D Reiches werden. (Beifall.)

Abg. Schirmer (Zentrum): In der Anerkennuna der Verdienste der Armee ist das Haus immer einmütig gewesen. Wir werden nie vergessen, was unsere Offiziere und Soldaten getan haben. Wir sind mit der Ueberweisung an den Ausschuß einverstanden, in dem auch ähnliche Anregungen aus anderen Ständen geprüft werden müssen.

Abg. Dr. Becker⸗Hessen (D. V.): Wir begrüßen die beiden Entwürfe mit wärmster Sympathie. Sie tragen nur einen beschei⸗ denen Teil unserer Dankesschuld an diejenigen ab, die in viereinhalb Kriegsjahren ihr Leben dem Vaterland zur Verfügung gestellt und uns auch in den letzten Monaten vor dem Chaos bewahrt haben. (Beifall.) Gerade deshalb hätten wir gewünscht, daß die Gesetzentwürfe uns früher vorgelegt wurden, damit wir sie in NRuhe hätten beraten hönnen. (Sehr richtig.) Wir werden unsere Wünsche zur Geltung bringen, vor allem dahin, daß auch den Offizieren sbatt der Rente eine Kapital⸗ abfindung gegeben werden kann und daß zur Beruhigung der Beteilig⸗ ten auch unsere alten Pensionscesetze abgeändert werden. (Beifall.)

Reichswehrminster Noske: Ich will nur feststellen, daß über Re Entwürfe Erwägungen mit den Beteiligten stattgefunden haben. Es ist von ihnen immer wieder erklärt worden, daß sie die Maß⸗ nahmen der Reichsregierung dankend anerkennen.

Abg. Seger (U. Soz.): Auffallend ist, daß die Beratungen so mit einem Loblied auf den Massenmord enden sollen. (Unruhe.) Zur rechten Zeit wird man im deutschen Volk solche Reden überhaupt nicht mehr hören wollen. Noch immer tritt der Militarismus, wie ein Vorgang in Königsberg beweist, alles Recht und Gerechtigkeit mit Füßen. (Sehr richtig! bei den U. Soz.) Es ist höchste Zeit, das jetzt noch vorhandene Gewaltinstrument vollkommen zu beseitigen. (Sehr richtig! bei den U. Soz.) Besser wäre, zuerst für die Kriegsbeschädig⸗

ten zu sorgen, als für die Offiziere. Aber die haben hier, wie bei den

Anstellungen, noch immer Vorrechte. Damit, wie mit anderen alten

Begriffen, wird der Haushaltungsausschuß aufzuräumen haben. Welche Dienste muß die Truppe der ietzigen Regierung leisten, wenn sie ihr solche Gegendienste zu leisten sich veranlaßt sieht. Neichswehrminister Noske: Daß wir auf schleunige Beratung des Gesetzes halten müssen, hat seinen Grund darin, daß die Friedens⸗ bedingungen, die die Regierung berücksichtigen mußte, erst seit kurzem feststehen. Außerdem hat sie wohlerworbene Rechte zu respektieren. (Zurufe.) In den letzten Monaten war der Dienst der Truppe, Deutschland vor dem Chaos zu bewahren. Dafür hat sie ihre Haut zu Markte getragen gegen verbrecherischen Unfug und verbrecherisches Treiben. (Großer Lärm bei den U. Soz., Zustimmung und Beifall.) Sie trat für den inneren Frieden ein. Dafür ist die Truppe unter ollen Umständen unseres Dankes wert. (Großer Lärm bei den U. Soz. Zurufe: Die Bande muß raus! Der Prösident bittett um Ruhe.) Wenn der Fall in Königsberg sich tatsächlich so abgespielt hat, so ist er in allerschärfster Weise zu verurteilen. Es geschieht aber und ge⸗ schab in den letzten Monaten außerordentlich viel an Gewalttaten. Ich kann nur daran erinnern, daß in mehr als einem Fall Redaktionen von den Parteifreunden Seegers erstürmt, die Redakteure mißhandelt und auch gezwungen wurden, gegen ihre Ueberzeugung Erklärungen ab⸗ auasben. Alles das bloß, weil sie das Recht der freien Meinungs⸗ bußerung gebraucht und den Unabhängigen unangenehme Dinge gesagt hatten. Wiederholt wurden Redaktionen unserer Parteiblätter in schändlichster Weise demoliert von den Parteifreunden Segers. Un⸗ geheurer Lärm bei den U. Soz. Zustimmung.) Gewalt halten die Unabhängigen auch heute noch immer für ihr Recht. Dabei ist es nie⸗ derträchtigste Schandwirtschaft, die er und seine Freunde getrieben baben. (Ungeheurer Lärm bei den U. Soz. Große Unruhe. Präsident Fehrenbach: Herr Minister, es geht nicht an, daß einem Mätglied des Hauses Schandwirtschaft vorgeworfen wird, ich muß das rügen!) In Leipzig wurden wiederholt willkürliche Verhaftungen vorgenommen. In dem Prozeß, der dort gegen Mitglieder der unab⸗ hängigen Spozialdemokratie geführt wurde, spielten zwei Mitglieder der unabhängigen Fraktion dieses Hauses lediglich deswegen nicht eine Rolle, weil sie durch ihre Immunität als Abgeordnete geschützt waren. Sonst ständen auch sie zur Verurteilung, die dort wegen niederträchtiger Erpressung verhängt wurde. (Lärm bei den U. Soz.)

Soldaten ausgesprochen hätte.

Lediglich wegen des Verdachtes, eine Beleidigung ausgesprochen zu baben, sind in Leipzig einzelne Personen wochenlang in Untersuchung gehalten worden. Wenn man von Eewalt reden will, dann muß es nicht einer aus Leipzig tun, der noch dazu Unabhängiger ist. (Großer Lärm bei den U. Soz.) Die Schuld der Soldaten muß in jedem ein⸗ zelnen Falle festgestellt werden. So oft handelten sie erst, nachdem sie bis oufs Blut gereizt waren. Keine Gemeinheit, Niederträchtigkeit und Lüge, die nicht Tag für Tag die unabhängige Presse gegen die Scldat Fr (Ernenter Lärm bei den U. Soz.: Sind ja Ihre Spitzel! Unruhe.) Nirgend konnten die Soldaten geben, obne von den Parteifreunden Segers und seiner Kameraden aufs Unflätigste und Unanständigste beschimpft zu werden. Die vor⸗ gekommenen Ausschreitungen sind lediglich die Folgen der schmählichen

. H Hetze, die natürlich außerhalb des Hauses gegen die Truppe ge⸗ rischen Leistungen befunden hatte. Dieser kühne Gedanke kann aber

trieben wurde. Gegen Schuldice sind wir unsererseits in allerstrena⸗ ster Weise vorgegangen. (Ungeheurer minutenlanger Lärm bei den U.

Soz. Zuruf: Bloß nicht gegen die Mörder! Der bum. jejen ich 1 z. Zuruf: Blo Mörder! Demonstrativer Bei⸗ diejenigen lassen Sie nicht verkommen, die die Abrüstung frei macht,

fall sonst im Hause. Die Zurufe auf der äußersten Linken wieder⸗ holen sich: Schwindler, Lump, unverschämter Mensch!)

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